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Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

4.) Räumliche Tiefe und Größenkonstanz: (WA4)

A.) Einführung:

• Eine große Errungenschaft der visuellen Wahrnehmung ist die Transformation der beiden
zweidimensionalen retinalen Bilder unserer Umwelt in eine dreidimensionale Wahrnehmung mit
wahrnehmbarer bildlicher Tiefe.

• Es gibt mehr als ein dutzend Cues


(Hinweise/Informationen) für räumliche/
visuelle Tiefe. Unter „Cues“ ist hier „jegliche
sensorische Information, welche zu einer
sensorischen Einschätzung führt“, zu
verstehen. (auch „Tiefenkriterien“ genannt)

„any sensory information that gives rise to a


sensory estimate“ - Ernst & Bülthoff, 2004

• All diese Cues liefern mehrdeutige und


darüber hinaus sogar häufig
gegensätzliche/widersprüchliche
Informationen.

- z.B. beim Schauen eines Films → manche Cues zeigen an, dass alles was man sieht, in der
gleichen Distanz/Entfernung von einem ist. Andere Cues hingegen zeigen an, dass manche
Objekte näher oder ferner zu einem sind, als andere. (z.B. Perspektive, Schattierung, etc.)

• Im echten Leben werden Cues für räumliche Tiefe meist durch die Bewegung des Beobachters
oder des Objektes in der visuellen Umwelt hervorgerufen. Manche Cues, die wir nutzen, sind
aber nicht visuell, sondern basieren z.B. auf Berührung oder Gehör, etc.
• Dieses Thema legt den Fokus auf diejenigen Cues für räumliche Tiefe, welche wir bei statischen
(bewegungslosen/ruhenden) Objekten im Raum nutzen. Diese Cues können unterteilt werden
in…

- Monokulare Cues → Tiefenreize, welche lediglich die Nutzung eines Auges benötigen,
obwohl sie auch genutzt werden können, wenn jemand beide Augen geöffnet hat. Die
Existenz solcher Cues ist schon alleine deswegen logisch, da es uns möglich sein muss,
Tiefe wahrnehmen zu können, wenn ein Auge geschlossen ist.
- Binokulare Cues → Tiefenreize, welche die gleichzeitige Nutzung beider Augen benötigen.
- Okulomotorische Cues → auch „kinästhetische“ Cues genannt, sind Tiefenreize, welche
durch die Empfindungen der muskulären Kontraktion der Augenmuskeln produziert werden.

Übersicht:

1. Wie erhalten wir einen Eindruck räumlicher Tiefe, obwohl wir nur zwei zweidimensionale
Netzhautbilder haben?

- Analytische Herangehensweise → Welche Informationen stehen prinzipiell zur Verfügung?


- Empirische Herangehensweise → Nutzen wir diese Quellen?
2. Wie schaffen wir es, die Größe von Objekten als konstant wahrzunehmen, obwohl sich die
Größe des Abbildes ändert?

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B.) Informationsquellen für räumliche Tiefe:

1.) Okulomotorische Informationen: (Okulomotorik = Augenbewegung)

1. Akkommodation der Linsen, um scharf zu stellen → Um einen Punkt im Raum scharf sehen zu
können, wird die Krümmung der Augenlinsen variiert (Akkommodation). (Akkomodation gehört
zur monokularen Raumwahrnehmung)

- Bei näheren Objekten wird die Linse z.B.


dicker und bei weiteren Objekten dünner.
- Mit der Zeit lernt man, welche Entfernung mit
welcher Stärke der Krümmung
zusammenhängt, so dass auch umgekehrt
aus der Änderung der Linsenkrümmung ein
Rückschluss auf die räumliche Tiefe möglich
ist. Hier ist die Entfernung auf ca. 10 m
beschränkt.

2. Konvergenz der Augen, um ein Objekt zu


fokussieren → Zur Betrachtung naher
Gegenstände werden die Augen von den nasal
gelegenen Augenmuskeln nach innen gedreht
(sie „konvergieren“), während die Augen bei der
Betrachtung weit entfernter Objekte parallel
stehen. (Konvergenz gehört zur binokularen
Raumwahrnehmung)

- Bis zu einem Abstand von etwa 3 Metern kann das Gehirn aus der Konvergenz der
Blickachsen Informationen über die Entfernung entnehmen.

➠ Beide Cues/Kriterien können in einer Situation nur jeweils einen einzelnen Wert produzieren. →
Das heißt sie können nur zur Distanzbestimmung jeweils eines Objektes zu einem Zeitpunkt
beitragen.

2.) Monokulare Informationen:

• Monokulare Cues für Tiefe werden oft auch „bildliche“ oder „bildhafte“ Tiefenreize („pictorial
cues“) genannt, weil sie oft von Künstlern genutzt werden, um dreidimensionale Bilder auf einer
zweidimensionalen Leinwand zu erschaffen.

1. Verdecken von Objekten („interposition“) → ein Objekt überdeckt Teile eines anderen und
70 („Kulissenwirkung“)
dadurch wirkt das Verdeckte weiter entfernt als das Verdeckende. COGNITIVE PSYCHOLOGY: A STUDENT’S HANDBOOK

movement of
- Aufgrund der Eigenart unseres Wahrnehmungsapparates, movement b
fehlende Teilstücke von bekannten Formen unwillkürlich im two objects.
through the
Geiste zu ergänzen, vermuten wir in dem Fall, in dem eine apparent spe
Form eine andere verdeckt, ein „Hintereinander“ und kämen faster the nea
Graham (197
nicht auf die Idee, dass der nur teilweise sichtbaren Form ein can generate
Stück fehlt. of all other c
one eye at a
- Diesem Prinzip verdanken wir unter anderem die random dots.
majestätische Wirkung von hintereinander liegenden of part of th
simulate the
Bergketten oder die enorme räumliche Wirkung von dimensional
mehrschiffigen gotischen Kathedralen, etc. three-dimensi
from its surro
Figure 2.20 Kanizsa’s (1976) illusory square.

72 Oculomot
object. Ramachandran (1988) presented observers The pictorial
with a visual display consisting of numerous all be used a
very similar shaded circular patches, some those with n
illuminated by one light source and the remainder also depends
illuminated by a different light source. The perceiving co
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- Im Theater wird dieser Effekt zusammen mit dem Prinzip der Größenkonstanz (kommt später
noch) genutzt, um im begrenzten Raum des Bühnenhauses weiträumige Saalfluchten zu
simulieren.
- Je mehr Überschneidungen von Formen zu sehen sind und je mehr Schichtungen wir
ablesen können, umso stärker wird unser Raumeindruck.
- Beispiel (siehe Abbildung oben) → Kanizsa’s „illusory square“ (1976) — Man hat den
Eindruck, dass ein gelbes Viereck über bzw. vor 4 violetten Kreisen liegt, obwohl viele
Konturen des Vierecks fehlen.

2. Relative Höhe im Gesichtsfeld → Objekte, deren tiefster Punkt sich im Blickfeld höher
befinden, werden als weiter entfernt gesehen. Jedoch nur unterhalb der Horizontallinie. Je
näher oberhalb dieser Linie, desto weiter weg (z.B. Wolken).

- Objekte, die sich im zweidimensionalen Abbild nahe an der Horizontallinie befinden, werden
als weiter entfernt interpretiert als Objekte, die weiter darüber oder darunter gesehen
werden.

- Auf dieser Heuristik beruht u.a. die


Mondtäuschung → optische Täuschung,
durch die Mond und Sonne in
Horizontnähe größer erscheinen als bei
größerer Höhe am Firmament, obwohl
es dafür keine physikalische oder
astronomische Ursache gibt.

Studie zur relativen Höhe im Gesichtsfeld: (Buchner, Brandt, Bell & Weise, 2006)

• Je weiter entfernt das Auto ist, desto höher sind die roten Lichter im Blickfeld und je näher sind
sie beieinander. (Alles andere konstant gehalten!) Räumliche Tiefe
Die Nutzung monokularer Informationen
Spielen Merkmale der Autos eine Rolle? Umso weiter
entfernt das
Auto ist, desto
höher sind die
• Mittlere Abbildung → Die faktische Verteilung von roten Lichter im
Blickfeld und je
Höhenposition und horizontalem Abstand bei gängigen näher sind sie
Fahrzeugen. beieinander

alles andere
konstant
• Ergebnis → Hohe und nahe beieinander stehende Lichter gehalten!
führen zur Überschätzung des Abstandes. Niedrige und
BIASED DISTANCE PERCEPTION WHILE DRIVING 301

weit auseinander stehende Lichter führen teilweise zur


Unterschätzung des Abstandes. 16
Räumliche Tiefe
Buchner, Brandt, Bell & Weise (2006)
Die Nutzung monokularer Informationen
• Hohe und
Distanzeinschätzung (m)

• nahe
beieinander-
stehende Lic
führen zur zur
führen
Überschätzung
Überschätzun
des Abstandes.
des Abstande
• Niedrige und
Faktischer • weit
Abstand
auseinander-
stehende Lic
führen teilweise
führen teilwe
niedrig hoch niedrig hoch zur Unter-
zur Unter-
weit auseinander nah beieinander
schätzung des de
schätzung
17
Position der Rücklichter Abstandes.
Abstandes
Figure 1. Horizontal separation and vertical position above the ground of backlights of a random sample of cars.
Buchner, Brandt, Bell & Weise (2006)
(Minimum and maximum vertical positions were taken from §53 of the German Road Traffic Licensing Regulations
[Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung]; see http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/stvzo/index.html. Passenger
cars must not be wider than 250 cm according to §23 of the German Road Traffic Licensing Regulations.)

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3. Relative Größe im Gesichtsfeld → wenn zwei Objekte gleich groß sind, nimmt das nähere
einen größeren Teil des Gesichtsfeldes ein.

- Sehen wir mehrere identische Objekte in unterschiedlichen relativen Größen, so „lesen“ wir
diese als verschieden weit weg und nicht als verschieden große Exemplare, die sich in
gleicher Entfernung befinden.

4. Gewohnte Größe → Wissen über die Größe eines Objektes beeinflusst die Wahrnehmung.
Dies funktioniert i.d.R. nur dann, wenn andere monokulare Informationen fehlen.

- Ist uns die Größe eines Gegenstandes bekannt, können wir aus seiner relativen Größe (also
wie groß er auf dem Retinabild ist), seine Entfernung abschätzen.

5. Lineare Perspektive → Parallele Linien werden mit zunehmender


Entfernung konvergierend wahrgenommen.

- Jeder kennt das Beispiel der Eisenbahnschienen oder einer


Straße, die sich scheinbar am Horizont zu einem Punkt
vereinigen. Dieser Effekt der „stürzenden Linien“ zeigt sich bei
allen geraden Kanten und Grenzen von Körpern, die räumlich
parallel zueinander liegen.
- Wir wissen, dass sie parallel verlaufen, und kommen nicht in
Versuchung tatsächlich anzunehmen, dass sie sich am Horizont
vereinigen — stattdessen lesen wir auch in deren Abbild als das
einer räumlichen Situation.

6. Atmosphärische Perspektive („Luftperspektive“, „aerial perspective“) → entfernte Objekte


wirken oft weniger scharf. Je weiter ein Objekt entfernt, desto mehr Luft und fein schwebende
Partikel befinden sich zwischen Beobachter und Objekt.

- Gegenstände in großer Ferne erscheinen unschärfer, heller und bläulicher. Diese


Entfernungsinformation verdanken wir dem Umstand, dass wir in einem „trübenden Medium“
leben - der Luft, die uns umgibt.
- In der Atmosphäre trüben sowohl die eigentlichen Luftmoleküle als auch Wasserdampf und
Schwebteile wie Ruß, Rauch oder Sand das Sonnenlicht und das Licht, das von den Körpern
reflektiert wird.
- Diese Trübung bewirkt, dass sich die Kontraste in der Ferne verringern, schwarze Flächen
erscheinen nicht mehr schwarz, weiße nicht mehr weiß, die Farben verlieren ihre Sättigung
und zeigen an sonnigen Tagen einen immer größeren Blauanteil, je weiter entfernt ihre
Position vom Betrachter ist. (Diese Wirkung kann man sehr gut an Tagen sehen, an denen
starker Dunst herrscht.)

- Im Gegensatz dazu achte man einmal auf die


Lichtwirkung der Aufnahmen der Astronauten
auf dem Mond oder der Bilder, die von den
Space Shuttles übertragen wurden → Keine
noch so kleine Trübung des Himmelschwarz.

- Abbildung → Im Vordergrund auf dem Bild ist


die Farbe Schwarz bis Dunkelblau. Mit
zunehmender Entfernung hellt sie sich auf. Die
entfernten Bergketten sind nur noch wenig
dunkler als der Himmel.

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7. Texturgradient → gleich weit voneinander entfernte Objekte, z.B. Muster auf dem Fußboden,
scheinen mit zunehmendem Abstand des Beobachters entfernter, 2 BASIC
immer PROCESSES
dichterINgepackt.
VISUAL PERCEPTION 69

- Wichtiger Hinweisreizcues
für are
dasthose requiring only the use of one
visuelle System, der
eye, although they can be used readily when
Schlussfolgerungen auf Entfernungen
someone zulässt.
has both eyes open. Such cues clearly
- Meist ist der Texturgradient
exist, because
an denthe world
Boden still gebunden:
retains a sense of
depth with
Objekte, die den gleichen closed. Binocular
one eyezueinander
Abstand cues are
haben,
those involving both eyes being used together.
erscheinen dem Beobachter mit zunehmender
Finally, oculomotor cues are kinaesthetic,
Entfernung immer dichter „gepackt“.
depending on sensations of muscular contrac-
- Obwohl es sich bei dertionDarstellung
of the muscles um
around
einetheebene
eye.
Fläche handelt, führt die Veränderung in der Textur zum
Eindruck von Tiefe. („Textur“
Monocular lat. cues
für „Gewebe“, also
„Oberflächenattribut“)Monocular cues to depth are sometimes
- Wenn man den Boden called
wegnimmt, wiebecause
pictorial cues, in dem theyfolgenden
are used by
artists trying to create the impression of three-
Experiment, verschlechtert sich die Tiefenwahrnehmung.
dimensional scenes while painting on two-
Monokulare Informa
dimensional canvases. One such cue is linear Monokulare
Die Nutzung Informationen
des Texturgr
Figure 2.19 Examples of texture gradients that can
Studie zum Texturgradient:perspective.
(Sinai, Ooi Parallel
& He,lines 1998)
pointing directly away
from us seem progressively closer together as
Die Nutzung des Texturgradienten
be perceived as surfaces receding into the distance.
From Bruce et al. (2003).


they recede into the distance (e.g., the edges
Aufgabe „PerzeptuelleofÜbereinstimmung“
a motorway). This convergence → „Teile of dem
lines
Aufgabe Au
Perzeptuelle Übe
Versuchsleiter mit, wo ercreates
dass die Distanz stimmt!“
a powerful impressionplatzieren
das Vergleichsobjekt
two-dimensional drawing.
of depth in soll,
a so
However, distances were systematically over-
estimated when there was a gap (e.g., a ditch)
Pe
Another cue related to perspective is aerial in the texture pattern. „Teile dem Versuchs
perspective. Light is scattered as it travels A further cue is interposition, in das which Vergleichsobjekt
- Die Probanden standen vor the
through einer Grube, (especially
atmosphere der Texturgradient
if it is a nearer object hides Versuchsleiter
part of a more so „Te
dass die Distanz s
distant
fehlte also. Sie solltendusty),
sich making
nun vor morederdistant
Grube objects
so lose con- one from view. The strength of this cue can
positionieren,
trast and seem hazy. O’Shea, Blackburn, and
Versuchsleiter das
dass sie den gleichen Abstand zur Grube wie ein Target be seen in Kanizsa’s (1976) illusory square (see Aufgabe
Ono (1994) mimicked the effects of aerial per-
dahinter einnahmen. spective by reducing the contrast of features
Figure 2.20). There is a strong impression of
?
Versuchsleiter so
Blind lau
Person
a yellow square in front of four purple circles
- Ergebnis → Es zeigte sich,a dass
within picture.die
ThisPersonen den Abstand
led those features to even though many ? of the contours of the yellow
überschätzten, wenn appear more distant.
der Texturgradient fehlte. Ohne die square are missing. Versuchsleiter
Grube „Drehe Di
Grube schätzten sie den Monokulare Informationen
Another monocular cue is texture. Most
Abstand korrekt ein. Auch die Größe
objects (e.g., carpets, cobble-stoned roads) pos-
Shading provides another monocular cue
to depth. Flat, two-dimensional surfaces do not
Target
gehe blind
die Distan
der Grube an sich wurde überschätzt.
sess texture, and textured objects slanting away cast shadows, and so the presence of shading? Person
Texturgradienten
from us have a texture gradient (Gibson, 1979; indicates the presence of a three-dimensional
• Aufgabe „Blindlaufen“see →Figure
„Drehe 2.19).
dichThisum is 90º
a gradient
& gehe
change) of texture density as you look from
(rateblind
of so Sinai,
weit,
Ooi &dass
He (1998;die Distanz
vgl. auch
?
stimmt!“
Eysenck & Keane, 2015, p. 63)

the front to the back of a slanting object. If


- Auch wenn ein Versuchsleiter hinter
you were unwise der toGrube
enough stand the
stand between
KEY TERMS
und die Probanden ihn instruieren Gru
sollten, wo das Objektrailszuofplatzieren
a railway track
sei,and solook
dass along
esit,den
the gleichen Abstand
monocular cues: cueszurtoGrube
depth thathat,
can bewie
details would become less clear as you looked used with one eye, but can also be used with
die Probanden, überschätzten sie den Abstand im
into the distance. In addition, the distance
Gegensatz zur Bedingung
both eyes.
ohne Grube. Target
between the connections would appear to binocular cues: cues to depth that require
both eyes to be used together.
• Fazit → Die Distanz wirdreduce.
also Sinai, Ooi, and He (1998) found that
nur richtig oculomotor cues: kinaesthetic cues to depth
observers were good at judging the distance of Grube
wahrgenommen, wenn die Beschaffenheit des 5 produced by muscular contraction of the
objects within seven metres of them when the muscles keine Grube
Bodens gleichförmig ist.ground
Probanden schätzten Sinai, Ooi around the eye.vgl. auch
& He (1998; Eysenck & Keane, 2015, p.
in-between was uniformly textured.
Wahrgenommene Distanz (m)

Entfernungen gut ein, wenn der Boden eine 4,5


gleichmäßige Textur hatte. In der
Experimentalbedingung, in der sich die Grube 4
im Boden befand, wurde diese Bodentextur Target-
unterbrochen und die Targetdistanz überschätzt. 3,5
9781841695402_4_002.indd 69 12/21/09 2:09:20 PM

3
- Da wie schon zuvor erläutert anhand des
Texturgradienten Tiefeninformationen
2,5
gewonnen werden und dieser mit dem Boden
quasi verbunden ist, führt die Unterbrechung 2
dieser Information durch eine Grube zu einer blind laufen perzeptuelle
schlechteren Einschätzung der Tiefe. Übereinstimmung
- (Gestrichelte Linie = „Target-Distanz“)
Sinai, Ooi & He (1998; vgl. auch Eysenck & Keane, 2015, p. 63)

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Exkurs: „Fourier-Transformation“ und „Frequenzfilter“

elt sie? Lächelt sie?


Das geheimnisvolle Lächeln
• „Grobe und „feine“ Textur entspricht unterschiedlichen „räumlichen Frequenzen“ der visuellen
Information.
• Es gibt Evidenzen, dass das visuelle System Eingangsinformationen (auch) in Form von

der Mona Nein!


Lisa
„räumlichen Frequenzen“ kodiert.

Was bedeutet das?

• Beispiel → Das geheimnisvolle Lächeln der Mona Lisa

Fourier-Transformation
Sinuswellenmuster
- Linkes Bild → Die „tiefen Frequenzen“ in der Mona Lisa.
Lächelt Sie? Ja!
- Rechtes Bild → Die „hohen Frequenzen“ in der Mona
Lisa. Lächelt Sie? Nein!

„tiefen• Frequenzen“ in der


Die Fourier-Transformation Mona
ist eine Die
Lisa „hohen Frequenzen“ in der Mona L
mathematische
Beschreibung aus der Fourier-Analyse, wie kontinuierliche,
aperiodische Signale in ein kontinuierliches Spektrum Fourier-Transformation
zerlegt werden.
e, 2015, S. 89f)vgl. Eysenck & Keane (2015, S. 89f)vgl. Eysenck & Keane, 2015, S. 89f)Fourierkomponenten eines Rechteckmuster
• Die Funktion, die dieses Spektrum beschreibt, nennt manJede Sinuswelle ist durch drei Merkmale gekennzeichnet.
Jedes Muster
75
auch „Fourier-Transformierte“ oder „Spektralfunktion“. vgl. Goldstein (2002, S. 89ff) durch die Add
verschiedene
• Benannt nach dem Mathematiker Jean Baptiste Joseph
Fourier (1768-1830). Fourier-Transformation Sinuswellen, d
Frequenz, Ko
Phase untersc
• Annahme → „Jedes sich wiederholende Muster kann Fourierkomponenten eines Rechteckmusters erzeugt werde
durch die Summe von Sinuswellen dargestellt werden.“ Jedes Muster kann Das „Spektrum
durch die Addition Frequenz- und
verschiedener Information.
- Jede Sinuswelle ist durch 3 Merkmale gekennzeichnet Sinuswellen, die sich in
Frequenz, Kontrast und
→ Frequenz, Kontrast und Phase Phase unterscheiden,
erzeugt werden.
Das „Spektrum“ enthält
• Abbildung unten → Fourierkomponenten eines Frequenz- und Kontrast-
Rechteckmusters Information.

- Jedes Muster kann durch die Addition verschiedener Sinuswellen, die Levine (2000, Demo-Software)

sich in Frequenz, Kontrast und Phase unterscheiden, erzeugt werden.


- Das „Spektrum“ enthält Frequenz- und Kontrastinformation.
76
• „Dekomponierung“ eines 2-dimensionalen Musters → Auch 2-dimensionale
Levine (2000, Demo-Software)
Muster können in Sinuswellen-Komponenten zerlegt werden, d.h. Bilder bzw. Szenen können
prinzipiell durch Fourier-Komponenten (= Sinuswellen unterschiedlicher Frequenz und Phase,
sowie unterschiedlichen Kontrastes) beschrieben werden.

76
Fourier-Transformation
Allgemeine Psychologie 1
Fourier-Transformation
Skript 2017/18 Maximilian Bungart

Dekomponierung Dekomponierung eines 2-dimensionalen Musters


- Es kommt daseines 2-dimensionalen
Merkmal der „Ausrichtung“Musters
hinzu.
Auch 2-dimensionale Muster
können in Sinuswellen-
Komponenten zerlegt werden, d.h.
Bilder bzw. Szenen können
prinzipiell durch Fourier-
Tieffreq. Welle Komponenten (= Sinuswellen
unterschiedlicher Frequenz und
Phase, sowie unterschiedlichen
Kontrastes) beschrieben werden.
Es kommt das Merkmal der
Ausrichtung hinzu.
Hochfreq. Welle
Niedrige Frequenz- Hohe Frequenz-
Original komponenten komponenten
Auch 2-dimensionale Muster können in Sinuswellen-Komponenten
zerlegt werden.
Kommt dieser Art der Repräsentation eine psychologische Realität zu? → Frequenzkanäle
77
Bruce et al. (2003)
Kommt dieser
dasArt der Repräsentation eine psychologische Realität zu?
• Es gibt starke Evidenz dafür, dass visuelle System Frequenzinformationen verarbeitet.
• Es scheint UnterschiedeGoldstein
zwischen 78
(2002, S.dem
93) dorsalen (magnozellulären) und ventralen
(parvozellulären) Pfad (vgl. WA2) in der Wahrnehmungsdominanz von tiefen und hohen
Frequenzen zu geben.

• Da die Pfade mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu arbeiten


scheinen, kann eine „Von grob zu fein“-Verarbeitungshierarchie
angenommen werden.
• Vermutlich kommt den Frequenzen Bedeutung für die „Textur“-
Erkennung zu.
• Es wird aber auch Bedeutung für die Objekterkennung (Thema
von WA5) gesehen. → Emotionswahrnehmung

- Beispiel → Dies ist ein gemorphtes Bild aus neutralem


Gesichtsausdruck (hohe Frequenzen) und wütendem
Gesichtsausdruck (niedrige Frequenzen)
- Ist das Bild groß, erkennt man den neutralen Gesichtsausdruck.
Dies ist ein gemorphtes Bild aus neutralem
Verkleinert man das Bild, sieht man den wütenden Gesichtsausdruck.
Gesichtsausdruck (hohe Frequenzen) und wütendem
Gesichtsausdruck (niedrige Frequenzen)
3.) Bewegungsinduzierte Informationen:

I.) Bewegungsparallaxe: („motion parallax“) Dies ist ein gemorphtes Bild aus neutralem
Gesichtsausdruck (hohe Frequenzen) und wütendem
Gesichtsausdruck (niedrige Frequenzen)

• Parallaxe → gehört zu den binokularen Raumwahrnehmungsinformationen. Der Mensch und


viele Tiere besitzen zwei nebeneinander liegende Augen, mit denen gleichzeitig derselbe Punkt
im Raum angeschaut werden kann und ein „stereokopisches“ (räumliches) Sehen möglich ist.

- Durch den kleinen seitlichen Abstand ist das Bild


der beiden Augen aus einer leicht unterschiedlichen
Perspektive gesehen, wodurch sich seitliche
Verschiebungen (sog. „Querdisparation“) zwischen
verschiedenen Punkten im Raum ergeben.

- Bis zu einer Entfernung von ca. 10m kann diese


Parallaxe vom Gehirn als räumliche
Tiefeninformation interpretiert werden.

77
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

• Bewegungsparallaxe → Bewegen wir uns durch eine Szenerie (z.B. im Auto), ziehen nahe
Objekte schneller am Auge vorbei, als weiter entfernte.

- bewegt man sich von einer Stelle zu einer anderen, führt dies zu einer größeren Bewegung
des Netzhautbildes von nahen Objekten, als für weiter entfernte Objekte → das wiederum
führt zum fortschreitenden auf- und zudecken von Objekten.
- Die Bewegung des Beobachters von Position 1 zu Position 2 führt zu einer größeren
Bewegung des Netzhautbildes von A denn von B.

➠ Die Bewegungsparallaxe ist ein Prozess, bei dem räumliche Tiefe durch
bewegungsinduzierte Information wahrgenommen wird. Sie bezieht sich auf den
Geschwindigkeitsunterschied, mit dem nahe und ferne Objekte an uns vorbeiziehen, wenn
wir uns bewegen. Räumliche Tiefe
Bewegungsinduzierte Informatione
- Am Beispiel eines Auges → Wenn sich das Auge von Position 1
nach Position 2 bewegt, verschiebt sich die Abbildung B (weiter Bewe
entferntes Objekt) von einer Seite des Gesichtsfeldes zur anderen.
Die Abbildung von A bewegt sich dagegen auf der Netzhaut von Die B
Position A1 zu A2 (nahe Objekte) und legt dabei im Gesichtsfeld nur Beob
Posit
eine kurze Entfernung zurück. Wenn sich dieser also von links nach führt
rechts bewegt, verschiebt sich das nahe Objekt um ein großes Bewe
Stück auf der Netzhaut und bewegt sich daher rasch durch das Netzh
denn
Gesichtsfeld des Beobachters. Das ferne Objekte legt eine viel
kürzere Strecke zurück und bewegt sich dadurch viel langsamer
durch das Gesichtsfeld des Beobachters.

II.) Fortschreitendes Zu- oder Aufdecken von Flächen:


vgl. Eysenck & Keane (2015, p. 64); vgl. auch Goldstein (2008, S. 189f)

• Der Tiefenreiz des fortschreitenden Zudeckens von Flächen ist dann vorhanden, wenn ein
weiter entferntes Objekt von einem näheren Objekt verdeckt wird, weil sich ein Beobachter
relativ zu den Objekten seitlich bewegt. Ein anderer Begriff hierfür wäre „Verdeckung durch
Bewegung“, da das Ausmaß der Verdeckung sich verändert, während die Person sich bewegt.
• Der gegenteilige Effekt, das fortschreitende Aufdecken von Flächen, ist der Abbildung bei der
Bewegung des Beobachters in die entgegengesetzte Richtung vorhanden, wodurch das weiter
entfernte Objekt aufgedeckt wird.

➠ Diese Tiefenkriterien, die beide mit


Bewegungsparallaxe und Überlappung in
Zusammenhang stehen (da sie auftreten,
wenn sich überlappende Oberflächen
scheinbar relativ zueinander bewegen),
sind besonders effektiv beim Erkennen
räumlicher Tiefe an einer Kante.

Rolle der bewegungsinduzierten Information bei der Wahrnehmung räumlicher Tiefe?

Studie: „Visual Cliff“ (Krist, Kavsek & Wilkening, 2012) (siehe Entwicklungspsychologie)

• In einer Versuchsanordnung wurden Kinder an die Kante einer Fläche gesetzt, hinter der ein
Abgrund zu sein scheint, welcher jedoch von einer Plexiglasscheibe bedeckt ist. Sie wurden
von dem Versuchsleiter herübergelockt.
• Der Texturgradient ist durch ein Schachbrettmuster gleichbleibend zur Fläche oberhalb und
unterhalb des Abgrundes konstruiert.

78
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

Tiefenwahrnehmung
• Kinder, die schon krabbeln können (ab 6 Monaten), zögern und weigern sich, über die Platte,
also über den „Abgrund“ zu krabbeln.
• Kinder, die 3 Monate jünger waren und noch nicht gekrabbelt sind, Visuelle
wurden Klippe
über den Abgrund
gehalten und zeigten eine niedrige Herzfrequenz. → spricht also indirekt für
Tiefenwahrnehmung

- gemeint ist, dass überhaupt ein Parameter anspricht, legt


nahe, dass die Tiefeninformation „ankommt“. Warum die
Herzfrequenz niedriger wird, ist damit nicht geklärt.
- Hinweis, dass Aspekte von Tiefenwahrnehmung
angeboren sind und zudem gibt es Hinweise, dass es
Bewegungs-Cues sind, die hier zur Tiefenwahrnehmung
genutzt werden.

• Die Krabbelkinder zeigten bei Anblick erhöhten Puls → Die ReaktionMethoden


drehtdersich also für die
Kleinkindforschung Entwicklung der (visuellen) Wah

unterschiedlich alten Kinder um.

➠ Das alles ist ein starker Beleg dafür, dass die Kinder, die ihre Umwelt bereits durch Bewegung
exploriert haben, diese auch zur Bewegungswahrnehmung nutzen. Die jüngeren Kinder, die
noch nicht gekrabbelt sind, zeigen durch die unterschiedliche Pulsfrequenz auf
Tiefendiskriminierung, aber keine Furchtreaktion.

4.) Stereoskopische Informationen: (auch „binokulare“ Raumwahrnehmung genannt)

• Stereokopisches Sehen (räumliches Sehen, Stereosehen, Stereopsis) vermittelt durch die


beidäugige Betrachtung von Objekten und Gegenständen eine echte, quantifizierbare
Tiefenwahrnehmung und räumliche Wirkung des Außenraums.
• Das stereoskopische Sehen ist die höchste Form des beidäugigen Sehens (Binokularsehen).
• Stereoskopische Informationen sind die Tiefeninformationen, die in den leicht unterschiedlichen
Bildern derselben Szene auf den Netzhäuten der beiden Augen bestehen. Man nennt diese
Information „Querdisparation“.

I.) Querdisparation:
Fixation Horopter Objekte auf dem Horopter
werden auf korrespondie-
renden Netzhautstellen
• Jeder Punkt auf einer Netzhaut korrespondiert mit einem abgebildet (= keine
Querdisparation)
Punkt auf der anderen Netzhaut.
[7.22 und 7.24]
• Fixiert man einen Punkt in einer räumlichen Anordnung,
so wird er auf korrespondierende Netzhautstellen
abgebildet, in diesem Fall in der Fovea.
• Die leicht unterschiedlichen Bilder derselben Szene auf
den Netzhäuten beider Augen werden zur 36

Tiefenwahrnehmung verrechnet.

- Wenn ich ein Objekt fixiere, denke ich mir, ausgehend von diesem Objekt, einen Kreis, der
durch den Fixationspunkt verläuft und die optischen Mittelpunkte durch beide Augen führt.

• Auf korrespondierende Netzhautstellen fallen aber auch alle Punkte eines virtuellen Kreises, der
durch den fixierten Punkt und den optischen Mittelpunkt beider Augen, den „theoretischen
Horopter“, verläuft. (Horopter ist eher elliptisch als kreisförmig)

- Alle Objekte auf dem Horopter werden auf korrespondierenden Netzhautstellen abgebildet,
im Gegensatz zu Objekten außerhalb, also vor und hinter dem Horopter.
- Ihre Bilder liegen auf disparaten, nicht korrespondierenden Punkten.

79
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

• Der Winkel zwischen einem Netzhautpunkt, auf Linkes und rechtes Auge
übereinandergelegt
dem das Objekt abgebildet wurde und dem Punkt,
wo es abgebildet würde, wenn es mit dem
Abbildungspunkt des anderen Auges
korrespondieren würde, nennt man
„Querdisparationswinkel“.

- Je weiter ein Objekt vom Horopter entfernt ist,


desto größer ist dieser Winkel (trotzdem kann R L

das Objekt zum Beobachter sehr nahe sein). R L

L R

2 Arten von Querdisparation:

• Man kann sich die Wirkung der Querdisparation am besten im Selbstversuch verdeutlichen,
wenn man einen Arm ausstreckt und abwechselnd mit dem rechten und linken Auge den
ausgestreckten Daumen fixiert. Der Finger „springt“ in diesem Fall nur unwesentlich. Fixieren
Sie dann ein anderes Objekt und halten Sie den Daumen entweder davor oder dahinter! In
diesen Fällen ist ein deutliches „Springen“ des Daumens zu beobachten. Beachten Sie die
Änderung der Springrichtung, je nachdem ob Sie den Daumen vor oder hinter dem fixierten
Objekt halten. Man kann diesen Sachverhalt auch als gekreuzte und ungekreuzte
Querdisparation beschreiben.

1. „gekreuzter Querdisparation“ → wenn Objekte vor dem Horopter liegen und somit auf den
äußeren (temporalen) Randbereichen der Netzhaut fallen.
2. „nicht gekreuzter Querdisparation“ → wenn Objekte hinter dem Horopter liegen und somit
auf den inneren (nasalen) Randbereich der Querdisparation
Netzhaut fallen.
Querdisparation
gekreuzt und ungekreuzt gekreuzt und ungekreuzt
• Wenn man den Punkt fixiert und
abwechselnd das linke und rechte Auge Fixation

verschließt, „kreuzen sich die Sehbahnen“ Fixation des Fixation der


schwarzen Punktes
zu den wahrgenommenen Rauten. → führt zu gekreuzter Fixation
schwarzen Rau
Wahrgenommene Wahrgenommene führt zu ungekre
Fixation des Punktes führt zu gekreuzter Position beim Querdisparation
Position beim
Schließen eines
für Querdisparation
Schließen eines
Querdisparation für die Raute. Auges die Raute.
Auges den Punkt
• Fixiert man dagegen die Raute, verlaufen
die Sehbahnen zu den wahrgenommenen
Punktpositionen ungekreuzt. → Fixation der
Raute führt zu ungekreuzter 38
Müsseler (2008, S. 30); vgl. generell Eysenck & Keane (2015, p. 64f)
Querdisparation für den Punkt Müsseler (2008, S. 30); vgl. generell Eysenck & Keane (2015, p. 64f)

Querdisparation
• Das unterschiedliche Ausmaß der Querdisparation lässt die unterschiedlich wahrgenommenen
Entfernungen zu den Objekten entstehen. korrespondierende Punkte und der Horo
Horopter
- Gekreuzte Querdisparation zeigt also an, dass das Objekt vor Panum-A
dem Horopter und mir nahe ist, ungekreuzte zeigt an, dass es
hinter dem Horopter und weiter weg ist. → je weiter weg, desto Nur bei Obj
größer die Disparität. im Panum-A
werden die
einem Obje
• Desweiteren werden nur die Objekte, die im sog. „Panum-Areal“ (um „fusioniert“.
den Horopter herum) liegen, zu einem Objekt auf der Netzhaut (D.h. nur in
fusioniert. Der Horopter ist nämlich genau genommen keine Linie, Areal wird d
Querdispara
sondern umfasst ein Areal gewisser Breite. Außerhalb dieses Areals, Tiefensehen
dem „Panum-Areal“, sehen wir Doppelbilder. → d.h. nur im
Panumbereich wird die Querdisparation zum Tiefensehen genutzt!
Müsseler (2008, S. 30); vgl. generell Eysenck & Keane (2015, p. 64f; Abb. Levine, 2000)

80
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

• Beispiel → das „schwebende Cocktailwürstchen“


„Stellen Sie sich in Richtung der von Ihnen am
weitesten entfernten Wand (oder eines
anderen entfernten Objektes) auf, und bringen
S i e d i e S p i t z e n d e r Z e i g e fi n g e r a u f
Armeslänge vor ihren Augen zusammen.
Blicken Sie nun mit beiden Augen durch die
Kerbe zwischen den sich berührenden
Fingerspitzen hindurch auf die Wand und
fokussieren Sie dabei die Wand.
Sehen Sie das Partywürstchen, das nun
zwischen Ihren Fingerspitzen schwebt? Woher
kommt es? Zum Beweis dafür, dass das
Würstchen ein Produkt der Binokularität ist,
lassen Sie es verschwinden, indem Sie ein
Auge schließen. Aber essen Sie es nicht auf!“

➠ Führt man die Zeigefinger genau in dem


Abstand vor den Augen zusammen, dass
sie im Panumbereich liegen, sieht man ein
Mit Dank an Michael Bach (vgl. DIE ZEIT vom 18.09.2008)
abgetrennte „Würstchen“ in der Mitte.

Zusammengefasst:

• Grundlage des stereoskopischen Sehens ist die Abbildung von betrachteten Gegenständen des
Außenraums innerhalb des sog. Panum-Areals. Dieses stellt einen Bereich vor und hinter der
Mit Dank an Michael Bach (vgl. DIE ZEIT vom 18.09.2008)
Fläche des Horopters dar, in dem auch Objekte binokular einfach gesehen werden, die nicht auf
exakt korrespondierende Netzhautstellen projiziert werden. Dies führt zu einer Querdisparation
der dargebotenen Prüfobjekte oder -bilder. Je kleiner die Querdisparation, desto höher ist die
Qualität des räumlichen Sehens.

Nutzen wir die Querdisparation zur Tiefenwahrnehmung?

Wie kann man zeigen, dass allein Aufgrund von Querdisparation Tiefenwahrnehmung möglich ist?

• Stereogramme → zweidimensionale Bilder die dem Betrachter eine dreidimensionale Wirkung


hervorrufen sobald sie aus einem bestimmten Blickwinkel heraus betrachtet werden.
• Die „Julesz-Stereogramme“ konnten zeigen, dass auch bei vollkommener Abwesenheit anderer
Tiefeninformationen allein mit Querdisparation räumliches Sehen möglich ist. Diese
Stereogramme waren zufällige Punktmuster. („Zufallspunkt-Raumbilder“)

81
Querdisparation
Allgemeine Psychologie 1 Querdisparation
Skript 2017/18 Nutzen Maximilian
wir diese Bungart
Information?
Nutzen wir diese Information?
• Zuerst wurden 2 identische Muster erstellt, dann wurde in Julesz
einem der Muster ein quadratischer Ausschnitt um eine Julesz-
Einheit nach rechts verschoben. Die freigewordenen Stereo
Stereog
Punkte einer Seite werden wieder mit Zufallspunkten
aufgefüllt.
[julesz-Bilder]
[julesz-Bilder]
• Man hat dann quasi ein künstlich hergestelltes
Querdisparationsbild, so wie Querdisparation immer
entsteht, wenn wir unsere Umwelt betrachten. Wenn man
diese Bilder in einem Stereoskop sieht, nimmt man z.B.
ein kleines Quadrat wahr, das vor dem Hintergrund
schwebt. Da die künstliche Querdisparation die einzige
Tiefeninformation in den Stereogrammen war, muss sie es
sein, die uns den Eindruck räumlicher Tiefe vermittelt hat.
Goldstein (2008, S. 196); vgl. generell Eysenck & Keane (2015, p. 64f)

- Stereoskop → ein von Charles Wheatstone (1838) Goldstein (2008, S. 196); vgl. generell Eysenck & Keane (2015, p. 64f)

konstruierter Apparat, bei dem der Blick des Betrachters


durch Spiegel auf die Halbbilder umgelenkt wurde: Auf einer
Holzlatte wurden links und rechts die verschiedenen Bilder
angebracht; in der Mitte befanden sich zwei Spiegel im
rechten Winkel zueinander, die man sich in geringem
Abstand vor die Augen hielt, so dass man mit dem linken
Auge das linke Bild und mit dem rechten Auge das Bild auf
der rechten Seite betrachten konnte. Diesen Apparat nannte
er Stereoskop, eine Bezeichnung, die für
Doppelbildbetrachter bis heute verwendet wird. (z.B. 3D-
Kinobrillen)

➠ Julesz konnte mit seinem „Random-Dot Stereogram“ zeigen,


dass das menschliche Gehirn Tiefe auch ohne jegliche
erkennbaren Objekte im Bild wahrnehmen kann.

(zum besseren Verständnis: youtube.com/watch?


v=v8O8Em_RPNg)

• In den Jahren nach dieser Entdeckung machte man sich dieses


Prinzip zu Nutze und entwickelte daraus sogar Bücher (z.B.
„das magische Auge“) in denen auf 2-dimensionalen Bildern 3
dimensionale Objekte versteckt waren. Diese konnten durch die
richtige Sehtechnik entdeckt werden.

II.) Exkurs 1: „Binokulare Rivalität“

• Was passiert, wenn man den beiden Augen unterschiedliche


Bilder präsentiert, die sich nicht vereinigen lassen? Es kommt
zu Wahrnehmungswechseln zwischen den Bildern (zufällig,
eher nicht steuerbar).

- treten immer dann auf, wenn jedem Auge gleichzeitig ein anderes Bild gezeigt wird
(„dichoptische Präsentation“). Die resultierenden Phänomene lassen sich grob als einen
unregelmäßigen Wechsel zwischen den beiden getrennt präsentierten Bildern beschreiben.
Obwohl es dabei häufig zu mosaikartigen Mischungen aus beiden Bildern kommt, kommt es
nie zu einer gleichzeitigen Wahrnehmung beider Bilder. Diesem Phänomen zu Grunde liegt
eine wechselnde Augendominanz.
- Abbildung → „Red“ und „Blue“ immer nur exklusiv für ein Auge sichtbar.
82
Querdisparation
Allgemeine Psychologie 1 SkriptBinokulare
2017/18 Rivalität
Maximilian Bungart
Was passiert, wenn man den beiden Auge
unterschiedliche Bilder präsentiert, die sich nicht
vereinigen
➠ Wird genutzt um (a) Bewusstseinsphänomene lassen?
zu untersuchen und (b) zu
testen, welche Stimuli eher dominant werden.
(1) Es kommt entweder zu
Wahrnehmungswechseln zwischen
den Bildern
• Außerdem kann es zur sogenannten „continous (zufällig, eher nicht
flash suppression“
steuerbar).
kommen → rapide Wechsel auf einem Auge lassen das Dies wird genutzt,
statische Bild aufum zu
testen, welche Stimuli eher dominant
dem anderen Auge trotz langer Präsentation unbewusst.
werden. (siehe Abb. 1)
(2) „Continous flash suppression“ (s.
Querdisparation
III.) Exkurs 2: (Livingstone, Lafer-Sousa & Conway, 2011)
Abb.): Rapide Wechsel auf einem
Auge lassen das statische Bild auf
Exkurs (I): Ein – auf den ersten Blick – kurioses Ergebnis
dem anderen Auge trotz langer
Ein auf den ersten Blick kurioses Ergebnis
Präsentation unbewusst.
Kunststudenten vs. vgl. Eysenck & Keane (2015, p. 115); Bild aus Yang, Brascamp, Kang & Blake (2014)
50

• Aufgabe → tritt das Quadrat (1) nach vorne heraus, (2)


Kontrollprobanden:

(in % korrekte Entscheidungen)


nach hinten zurück, oder (3) bleibt es in der Bildebene?
• Kunststudenten vs. Kontrollprobanden →
Kunststudenten zeigen schlechtere Leistung beim
Kunststudenten zeigen

Leistung
Entdecken von Stereogramm-Quadraten (im Julesz-
Stereogramm). schlechtere Leistung beim
Entdecken
• Mögliche Interpretation → Wenn von Stereogramm-
Künstler zeichnen
lernen, bekommen Quadraten!
sie beigebracht dabei manchmal ein
Auge zu schließen, damit monokulare Tiefenkriterien wie
z.B. Perspektive, Eine
Schattierung,
mögliche etc. sichtbarer werden.
Interpretation: Zufallsniveau*
Sie müssen sich also mehr auf monokulare
Sie müssen sich mehr auf Hinweise
verlassen; dies könnte dem Abbilden 3-dimensionaler
monokulare Hinweise verlassen; dies
Szenen auf 2-dimensionale
könnte dem Bilder förderlich
Abbilden sein.
3-dimen- Disparität (in Winkelminuten)
sionaler Szenen auf 2-dimensionale
5.) Übersicht: Bilder förderlich sein. * Aufgabe war: tritt das Quadrat
(1) nach vorne heraus,
(2) nach hinten zurück oder 45
Kriterien für räumliche Tiefe 0-2 m 2-30 m Über 30 m
(3) bleibt es in der Bildebene
Livingstone, Lafer-Sousa & Conway (2011)
Verdeckung √ √ √

Relative Größe √ √ √

Akkomodation & Konvergenz √

Bewegung √ √

Querdisparation √ √

Relative Höhe im Gesichtfeld √ √

Atmosphärische Perspektive √

! Vorsicht → ein weiteres, in der Vorlesung nicht erwähntes monokulares Tiefenkriterium ist die
Schattierung. Weitere Hinweise über die Dreidimensionalität von Körpern und Räumen
entnehmen wir ihrem Schattenwurf. Aus dem Lichteinfall lesen wir deren Volumen und
Oberflächenbeschaffenheit an, aber auch die vorherrschende Lichtrichtung und Lichtqualität.
Dabei setzt unser Gehirn im Zweifelsfalle voraus, dass das Licht von oben kommt, bevorzugt
von links oben. So können wir sehen, ob es sich um konvexe oder konkave Formen handelt,
wie die Grenzen und Übergänge dazwischen beschaffen sind, usw. Dementsprechend steigert
die schattierte Darstellung der Körper deren Wiedererkennungsgrad. Der Eigenschatten (die
dunklere, weil lichtabgewandte Seite) eines Körpers gibt ihm dabei Volumen und Ausdehnung,
während der Schlagschatten (der Schatten, den der Körper auf seine Umgebung wirft) seinen
räumlichen Bezug zu anderen Flächen und Körpern definiert - dabei kommt auch das Prinzip
der Verdeckung (siehe oben) als Wirkung hinzu.

83
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

C.) Integration der verschiedenen Tiefeninformationen/Tiefenkriterien:

Wie werden verschiedene Tiefeninformationen integriert?

• Meist haben wir Zugang zu mehreren Tiefenkriterien. Das wirft die Frage auf, wie wir diese
verschiedenen Informationen kombinieren, um dadurch Tiefenhinweise
Tiefe oder Entfernung/Distanz zu
beurteilen. Integration

1.) Jacobs (2002):

• Tiefenhinweise sind stets mehr-oder-weniger


mehrdeutig.
• Die Mehrdeutigkeit hängt vom Kontext ab.
• Wir geben stets den verlässlicheren (also weniger
mehrdeutigen) Hinweisen mehr Gewicht.
• Die Verlässlichkeit eines Hinweises steigt mit seiner
Konsistenz zu anderen Hinweisen. inkonsistent konsistent

- Beispiel → Binokulare Disparität ist z.B. eine eher inkonsistente Information, da ihr Wert
Abb. aus Goldstein (2008, S. 189) 48

weniger gut für ferne Objekte ist als für nahe. Eine konsistente Information ist z.B. der
Schatten eines Objektes, wohingegen eine eher inkonsistente Information z.B. das
Verdecken von Objekten ist (siehe Abbildung).

• Untersuchungen werden häufig mit „virtual reality“-Anordnungen durchgeführt. Denn damit


können visuelle Hinweisreize sehr präzise kontrolliert werden und Sie bieten dem Beobachter
virtuelle Umgebungen, welche in der Realität niemals existieren würden.
• Es geht aber auch einfacher… durch eine Anordnung wie z.B. den Ames-Raum.
2.) Der Ames-Raum:

• Ein „Ames-Raum“ ist ein Raum, dessen Wände und


Texturen verzerrt sind, um verschiedene optische
Täuschungen hervorzurufen.

• Von einem bestimmten, vorgegebenen Blickpunkt aus


wirkt ein Ames-Raum wie ein gewöhnliches Zimmer,
bei dem die Wände zueinander sowie zu Boden und
Decke rechtwinklig stehen.

- Tatsächlich ist der Raum jedoch trapezförmig


verzerrt. Auch wenn dem Betrachter die ihm
gegenüberliegende Wand parallel erscheint, ist
eine der beiden Ecken weiter entfernt als die
andere.

• Stellen sich nun zwei gleich große Personen in diese


Ecken, erscheint die weiter entfernte kleiner als die
andere.

• Bewegt man sich im Ames-Raum von der hinteren zur


näher am Betrachter gelegenen Ecke, so hat dieser
den Eindruck, man wachse, während man sich
rechtwinklig zu seiner Augenachse bewegt.

84
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

• Dabei ist zu beachten, dass der Betrachter nur mit einem Auge durch das Guckloch sehen darf
(monokulare Betrachtung).
• Beim einäugigen Sehen nutzt der Betrachter seine Erfahrung, um die Tiefeninformation aus
dem optischen Umfeld zu erschließen.

➠ Der Tiefenhinweis „konstante Größe“ (der Personen) wird hier ignoriert.


➠ Ein Blick in den Raum (durch das Schlüsselloch) liefert Tiefenhinweise, die normalerweise hoch
verlässlich (reliabel), hier aber fehlleitend sind.
➠ Diese Entfernungseinschätzung liefert aber den Hintergrund für die Größenwahrnehmung der
Menschen.

Wie schaffen wir es, die Größe von Objekten als konstant wahrzunehmen,
obwohl sich die Größe des Abbildes ändert?

D.) Größenkonstanz:

• Als Größenkonstanz bezeichnet man die


Beobachtung, dass Objekte des Sehens
trotz unterschiedlicher Entfernung in
annähernd konstanter Größe
wahrgenommen werden.

- Die Tendenz, dass jegliche Objekte


gleich groß erscheinen, unabhängig
davon, ob das retinale Abbild größer
oder kleiner ist. → wenn z.B. Jemand auf
einen zugeht, vergrößert sich
fortschreitend das retinale Abbild, aber
dennoch scheint deren Größe die selbe
zu bleiben.

• Eine der wichtigen Leistungen der visuellen Wahrnehmung ist es, die reale Größe der gesehen
Objekte schätzbar wiederzugeben. Das erfordert eine spezifische Leistung des Gehirns, die aus
dem Netzhautbild variabler Größe eine weitgehend konstant wahrgenommene Größe erzeugt.
• Auf der Netzhaut abgebildet werden Objekte in einer sich mit der Entfernung ändernden Größe,
ihrer „scheinbaren“ Größe oder auch „Winkelgröße“.
• Eine Reihe bekannter neurophysiologischer Mechanismen erzeugt aus dem variablen
Netzhautbild in der Wahrnehmung eine Korrektur der Entfernung. Hierzu werden
unterschiedliche Kriterien herangezogen, z.B. stereoskopisches Sehen (s.o.), vor allem aber
Vergleichsobjekte bekannter Größe sowie perspektivistische Rahmen und weitere optische
Tiefensignale (s.o.).
• Die Größenkonstanz kann durch Bilder für optische Täuschungen demonstriert werden.
Beispiele für täuschende Wahrnehmungen sind die Mondtäuschung (s.o.), der Ames-Raum
(s.o.) sowie eine Reihe von Figuren tatsächlich konstanter Größe in einer Fluchtlinien-
Darstellung (siehe Abbildung).

- Hier führt der Mechanismus der Größenkonstanz zum Gegenteil → Gleich große Objekte
werden durch ein höherrangiges Bezugssystem als unterschiedlich groß wahrgenommen.

Wieso zeigen wir Größenkonstanz?

• Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Der jedoch wichtigste Faktor bei der Beurteilung der
Größe ist die Entfernung des Objektes.

85
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

- Ein Objekt kann groß eingeschätzt werden, obwohl das retinale Abbild bei einer großen
Entfernung sehr klein ist.

Größenkonstanz
• Der Grund, warum häufig keine Größenkonstanz auftritt, wenn Objekte in einer sehr weiten
Entfernung beobachtet werden (z.B. wenn wir von einem hohen Gebäude nach unten schauen),
Welche Rolle spielt die Tiefenwahrnehmung?
ist vermutlich der, dass es uns sehr schwer fällt, Entfernungen richtig einzuschätzen.

➠ Diese Idee wurde in die „Größe-Distanz-Invarianz“-Hypothese eingebunden (Kilpatrick &


Ittelson, 1953).• Laut
Holway & Boring
dieser Hypothese, (1941)
ist für setzten
eine gegebene Probanden
Größe in diedie
des retinalen Abbildes
wahrgenommene Größe für ein Objekt proportional zu seiner wahrgenommenen Distanz.
➠ Wie im folgenden Ecke eines
Experiment L-Flurs
gezeigt werden konnte, ist diese Hypothese eher für unbekannte
Objekte als für bekannte Objekte anwendbar.
• In einem Arm des Flurs wurden in verschiedenen
1.) Evidenz: (HolwayAbständen
& Boring, 1941) Testkreisscheiben dargeboten

• Frage → Wie •beeinflusst


Die Größe einer Vergleichsscheibe
Entfernungsinformation im anderen
die Größenwahrnehmung Arm
des Beobachters?
war immer 3 m
• Im Experiment saßen die Probanden in der
entfernt
Ecke eines L-förmigen Flures. und sollte
• In einem Arm des auf
Flures wurden in
die passende
verschiedenen Größenabständen
Größe eingestellt
leuchtende Testkreisscheiben dargeboten.
• Im anderen Arm war eine leuchtende
werden.
Vergleichskreisscheibe in immer konstanter
Distanz (3 Meter) und sollte auf die Größe Größenkonstanz
der Testkreisscheibe eingestellt werden. Das Experiment von Holway & Boring (1941)
• Die Testkreisscheiben waren in 53
Entfernungen zwischen 3 und 36 Metern
positioniert. Goldstein (2008, S. 200ff; Abb. aus Goldstein, 2002) vgl. generell Eysenck & Keane (2015, S. 68ff)
• Aufgabe → Durchmesser der
Vergleichsscheibe so einstellen, dass er mit
Testscheibe übereinstimmt.
• Die Testkreisscheiben haben hier alle den
gleichen Sehwinkel (1º), sie erzeugen also
die selbe Abbildung auf der Netzhaut und
müssen, je weiter weg, immer größer
werden, um den Sehwinkel beizubehalten.
(Müssen mit steigender Distanz immer
größer werden, um den Sehwinkel nicht zu
verändern)
54
• Verschiedene Varianten des Experimentes (immer stärkere Ausblendung von
Goldstein (2008, S. 200ff; Abb. aus Goldstein, 2002) vgl. generell Eysenck & Keane (2015, S. 68ff)
Tiefeninformationen)…

1. Ohne Einschränkung des Probanden


2. Einäugig
3. Beim Einstellen durch eine Lochblende schauen
4. Stoffbespannung des Korridors → um Reflexionen zu verhindern.
5. Maximale Eliminierung der Tiefeninformation mit Hilfe von Stellwänden (Lichten & Lurie,
1950). → nur Testkreisscheiben sind zu sehen!

• Ergebnis → Die Probanden können in einer Anordnung ohne Einschränkungen die


Testkreisscheiben gut einschätzen und stellen die richtige Größe ein.

86
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

- Es herrscht also Größenkonstanz, denn trotz des gleichen Sehwinkels erkennen sie die
physische Größe der Reize. (sehr präzises Ergebnis)
Größenkonstanz
- Reduzieren die Versuchsleiter jedoch im Flur die vorhandenen Tiefen- und
Entfernungsinformationen immer mehr, verschlechtert sich die Größeneinschätzung
fortschreitend. Das Experiment von Holway & Boring (1941)
1. Entfernung konnte leicht beurteilt
werden.
2. Immer noch gute Beurteilung
3. Unpräzisere Bestimmung 1 = ohne Ein
4. Schlechteste Größeneinschätzung. 2 = einäugig
3 = Lochblen
4 = Stoffbesp
- Dieses Ergebnis ist des Korr
vorauszusagen, wenn die
5 = max. Elim
wahrgenommene Größe allein von der Tiefe
der Größe des Sehwinkels (Lichten & L
abhänge. 5
5

5. Die Wahrnehmung der Größe


entspricht exakt dem jeweiligen
Sehwinkel.

- Es zeigte sich also, dass die Probanden immer schlechter


Goldstein (2008, S. 200ff; die Größe
Abb. aus korrekt
Goldstein, 2002) vgl.einschätzen
generell Eysenck & Keane (2015, S. 68ff)

konnten und näherten sich mit ihrer Einschätzung immer mehr den Ergebnissen an, die man
erwarten würde, wenn man nur den Sehwinkel noch schätzt.
- Bei vollständiger Eliminierung = Sehwinkel, ungleich Größenkonstanz
• Erklärung → Wenn man von der Linse des Auges aus Linien zum obersten und untersten
Punkt des betrachteten Objektes zieht, ist der Winkel dazwischen der Sehwinkel. Er hängt
sowohl von der Entfernung des Objektes als auch von seiner Größe ab (weiter weg oder kleines
Objekt = kleiner Sehwinkel; näher oder großes Objekt = größerer). Ein nahes kleines Objekt
und ein weiter entferntes größeres Objekt können also denselben Sehwinkel haben und gleich
große Abbilder auf den Retinae erzeugen.
• Fazit → Die Ergebnisse illustrieren, wie wichtig die Entfernungsinformation für die
Wahrnehmung der Größe von Objekten ist. Wenn andere Tiefeninformation fehlt, wird die
Größeneinschätzung stark vom Sehwinkel beeinflusst. Dieser Zusammenhang zwischen
Objektentfernung und Größenwahrnehmung führte zur Annahme, dass es einen
Kompensationsmechanismus in der Wahrnehmung gibt, der die Größenkonstanz durch eine
Größenkonstanz
geeignete Umrechnung herbeiführt → Interne Korrektur der Relation Größe-Entfernung im
System! Die Müller-Lyer-Täuschung

2.) Mögliche Erklärung der „Müller-Lyer-Täuschung“: (siehe S.44)


Größenkonstanz … und eine mögliche Erklärung*
Die Müller-Lyer-Täuschung
• Mit den „Abzweigungen“ nach außen wirkt
die Gerade wie der innenliegende Teil einer … und eine mögliche Erklärung*

Ecke.
• Mit den „Abzweigungen“ nach innen wirkt
die Gerade wie der hervorstehende Teil
einer Ecke.

➠ Aber → Nicht alle Formen der Müller-Lyer-


Täuschung können so erklärt werden. Dies 57
ist nur eine mögliche Erklärung. vgl. Goldstein (2008, S. 205f)
* Nicht alle Formen der ML-Täuschung können so erklärt werden.
57
* Nicht alle Formen der ML-Täuschung können so erklärt werden.
vgl. Goldstein (2008, S. 205f)

87
Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

3.) Die Mondtäuschung: (siehe S.73)

• Die Mondtäuschung ist eine


Wahrnehmungstäuschung, nach der der
Mond größer wahrgenommen wird, wenn er
am Horizont steht, als wenn er hoch am
Himmel steht.

• Die Abbildung verdeutlicht die übliche


Erklärung, dass das „Firmament“ als
abgeflacht wahrgenommen wird
(„Himmelskuppel“).
• Erklärt werden kann dies durch die
wahrgenommene Entfernung → eigentlich
wirken Objekte, die näher an der
Horizontallinie sind und somit näher zu
reichhaltiger Tiefeninformation aus der
Umgebung, weiter weg, als Objekte im
leeren, tiefen- und entfernungsarmen
Raum.

- Der „Horizontmond“ sollte demnach als


weiter entfernt als der „Zenitmond“
wahrgenommen werden.

• Verbleibendes Problem → Der Mond über dem Horizont erscheint den meisten Beobachtern
nicht nur größer, sondern auch näher! Dies wird mit der üblichen Erklärung nicht gelöst.

- Der tiefstehende und der hochstehende Mond haben beide denselben Sehwinkel und bei 2
Objekten im selben Sehwinkel, aber unterschiedlicher Entfernung wird das als größer
wahrgenommen, was weiter weg ist. Der Horizontmond erscheint uns weiter weg, daher
nehmen wir ihn als größer wahr.

Studie: Kaufman & Kaufman (2000)

• In einer Stereogramm-Anordnung sollte ein Beobachter durch die Veränderung der


Querdisparation den linken Mond auf subjektiv halben Entfernung zum rechten Mond bringen.
• Der Beobachter kann dies einmal beim Horizontmond und einmal beim Zenitmond tun.
• Die Umrechnung der von den Beobachtern eingestellten Querdisparitäten ergab, dass der
variable Horizontmond etwa um den Faktor 4.2 weiter entfernt eingestellt wurde, als der
Zenitmond. (= Distanz des Horizontmondes wird als größer wahrgenommen)

➠ D.h. dieses Ergebnis spricht für die


Erklärung, dass die Distanz des
Horizontmondes offenbar als größer vom
„kognitiven Apparat“ berechnet wird, daher
wird - bei gleich großem Sehwinkel - der
Horizontmond als größer wahrgenommen.

➠ Das bewusste Urteil, der Horizontmond sei


näher, wäre dann eine „Top-Down“-
Korrektur (man weiß, dass es sich immer
um ein- und denselben Mond handelt).

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Allgemeine Psychologie 1 Skript 2017/18 Maximilian Bungart

E.) Zusammenfassung & Prüfungsfragen:

• Es gibt vielfältige Tiefenhinweise, die von unserem Wahrnehmungsapparat genutzt werden.


• Große Bedeutung kommt der binokularen Querdisparation zu.
• Die Integration der verschiedenen Tiefenhinweise scheint flexibel auf die Verlässlichkeit
(Reliabilität) der Hinweise zu reagieren.
• Größenkonstanz wird durch die kompensierende Verrechnung von Distanz und Sehwinkel
erreicht.
• Fehlen Distanz-Cues (oder sind sie fehlleitend), unterliegen wir Größentäuschungen.
• Für die klassischen Täuschungen gibt es aber nie nur eine Erklärung!
Prüfungsfragen:

• Welche Arten von monokularen Informationen gibt es um räumliche Tiefe wahrzunehmen?


• Was ist der Texturgradient? Welche Rolle spielt er in der Wahrnehmung? Schildern Sie ein
Experiment, das hierfür Evidenz liefert!
• Beschreiben Sie die Bewegungsparallaxe als Quelle der Wahrnehmung von räumlicher Tiefe.
• Nennen Sie ein Experiment, das die Rolle der bewegungsinduzierten Information bei der
Wahrnehmung räumlicher Tiefe verdeutlicht.
• Erläutern Sie das Prinzip der Querdisparation!
• Wie kann man zeigen, dass allein aufgrund von Querdisparation Tiefenwahrnehmung möglich
ist? Gehen Sie auch auf die Begriffe Horopter und Panum-Areal ein!
• Erläutern Sie das Julesz-Stereogramm!
• Geben Sie eine tabellarische Übersicht darüber, welche Informationen über welche räumliche
Tiefe für welche Entfernungen genutzt wird.
• Erläutern Sie die Rolle der Tiefenwahrnehmung aus der Umwelt anhand des Experimentes von
Holway und Boring (Größenkonstanz).
• Erklären Sie das Phänomen der Mondtäuschung.

89

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