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Vorlesung Allgemeine

Psychologie I

Wahrnehmung III

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 1
Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Einführung
• Rezeptoren und Reizverarbeitung
• Psychophysik
• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Farbe
• Raumwahrnehmung 1: Tiefe
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen
• Gestaltprinzipien
• Objektwahrnehmung
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 2
Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Größenkonstanz
• Optische Täuschungen
• Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 3
Wahrnehmung

Die Abbildungsgröße eines Objektes auf der Netzhaut


(der Sehwinkel) hängt sowohl von der Größe des
Objekts ab als auch von seiner Entfernung.
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Größenkonstanz

Trotz unterschiedlicher Netzhautbildgrößen sehen wir


ein und dasselbe Objekt bei unterschiedlicher
Entfernung in konstanter Größe (:=Größenkonstanz)
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 5
Größenkonstanz

Um Größenkonstanz zu erreichen, muss daher die


anhand von Tiefenkriterien erschlossene Entfernung des
Objekts mit seinem Sehwinkel verrechnet werden.
Vorhersage: Je weniger Tiefenkriterien um so schlechtere
Größenkonstanz.

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Größenkonstanz

Versuchsanordnung von Holoway & Boring (1941)

von Vp so einzustellen, dass ihre Größe der realen


Größe der Testskreisscheibe entspricht
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Größenkonstanz

Größenkonstanz
(Tatsächliche Größe der Scheiben ist gleich)

Sehwinkel
(Retinale Abbild der Scheiben ist gleich)

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Größenkonstanz

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 9
Größenkonstanz

Emmert‘sches Gesetz: Je weiter ein Nachbild entfernt ist,


desto größer wirkt es.1
Dies liegt an der Verrechnung von erschlossener
Entfernung und Sehwinkel.

1 Größe = Sehwinkel x Abstand x k


Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I k ist eine empirische Konstante
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Größenkonstanz

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 11
Größenkonstanz
Größenkonstanz:
Wahrgenommene Größe hängt ab von
• Größe des retinalen Abbildes
• Wahrgenommene Distanz
• Auch weitere Informationsquellen
werden genutzt:
• Größe vertrauter Objekte
• Beziehung zu Texturinformation

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Größenkonstanz

Ausblick: Andere Wahrnehmungskonstanzen

Farbkonstanz Helligkeitskonstanz

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Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Größenkonstanz
• Optische Täuschungen
• Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen

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Größenkonstanz

Geometrisch-optische Täuschungen:
Die Verrechnung von retinaler Größe und erschlossener
Entfernung kann als Erklärung für Größentäuschungen
dienen.

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Größenkonstanz

Müller-Lyer-Täuschung

Die auf der Retina gleich großen Linien werden als Kante (links) oder Ecke
(rechts) gesehen, und daher unterschiedlich weit entfernt vermutet.
Ein fernes Objekt dass ein gleich großes Retinabild wie ein nahes Objekt
erzeugt „muss“ größer sein, so zumindest die Interpretation des visuellen
Systems.
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 16
Größenkonstanz

Müller-Lyer-Täuschung

Da die Täuschung auch unter diesen Bedingungen auftritt


(ohne offensichtliche Entfernungsinterpretation) gibt es
vermutlich mehrere Ursachen (z.B. etwas weitere
Augenbewegungen in der größer erscheinenden Figur).
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Größenkonstanz

Müller-Lyer-Täuschung

Da die Täuschung auch unter diesen Bedingungen auftritt


(ohne offensichtliche Entfernungsinterpretation) gibt es
vermutlich mehrere Ursachen (z.B. etwas weitere
Augenbewegungen in der größer erscheinenden Figur).
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Größenkonstanz

weitere ähnliche Täuschungen....

Ponzo-Täuschung

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Ames‘scher Raum

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Größenkonstanz

weitere ähnliche Täuschungen....

Mond-Täuschung

Das ist eine Veranschaulichung des subjektiven


Eindrucks.
Besser bei nächster Gelegenheit draußen ansehen!

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Größenkonstanz

Mond-Täuschung

Der Mond am Horizont erscheint aufgrund der vielfältigen


Tiefeninformationen im Gelände (Verdeckung,
Linearperspektive, Strukturgradienten etc.) weiter entfernt
als im strukturenlosen Zenit.
Deckt man Gelände ab, erscheint der Mond am Horizont
so groß wie der Mond im Zenit (Kaufman & Rock, 1962).
Die geschätzte Entfernung des Himmelsgewölbes
erscheint am Horizont größer als im Zenit.

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Größenkonstanz

Mond-Täuschung

www.wikepedia.de

Horizontmond erscheint weiter entfernt als Zenitmond,


und wird wegen des gleichen Netzhautbildes daher als
größer wahrgenommen
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 24
Fazit

• Die Verrechnung von retinaler Größe und


wahrgenommenem Abstand erlaubt es, die
tatsächliche Größe von Objekten zu schätzen.
• Dazu werden verschiedene Informationsquellen
herangezogen.
• Wenn der Abstand falsch geschätzt wird, kommt es zu
Verzerrungen in der Größenwahrnehmung (optische
Täuschungen)

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 25
Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Bewegung
• Bewegungsdetektion
• Bewegung des Betrachters
• Biologische Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 26
Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Bewegung
• Bewegungsdetektion
• Bewegung des Betrachters
• Biologische Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen

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Bewegungswahrnehmung

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Bewegungswahrnehmung

Bewegung sticht hervor.

Wo ist der Vogel ?

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 29
Bewegungswahrnehmung

Bewegungs-Detektor

Rezeptoren

Verzögerung ( )

Multiplikation (M)

www.viperlib.com

Der Detektor ist selektiv für


• Bewegungen in eine Richtung.
• Bewegungen deren Geschwindigkeit der Dauer der
zeitlichen Verzögerung entspricht.
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 30
Bewegungswahrnehmung

Reichardt-Detektor (1961)

Wenn zwei derartige Detektoren verknüpft


werden, entsteht ein Schaltkreis der
prinzipiell in der Lage ist
Bewegungsrichtungen zu erkennen (sog.
Reichardt-Detektor).

Vergleiche Abbildung: Bewegungen von


links nach rechts erhöhen
Ausgangsaktivität. Bewegungen von rechts
nach links verringern Ausgangsaktivität.
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 31
Bewegungswahrnehmung

Bewegungs-Nacheffekte

http://dogfeathers.com/java/spirals.html http://www.lifesci.sussex.ac.uk/home/George_Mather/Motion/MAE.HTML

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 32
Bewegungswahrnehmung

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 33
Bewegungswahrnehmung

Ermüdung von Bewegungsdetektoren als


Erklärung für Nacheffekte
Impulsrate einer
richtungsspezifischen Zelle
auf einen Bewegungsreiz in
bevorzugter Richtung
(Barlow & Hill, 1963)
Mit Reizdarbietung steigt
Entladung steil an, fällt dann
wieder ab.
Mit Reizende sinkt die
Entladungsate unter das
Niveau der Spontaktivität.

Goldstein (2002, S. 292)


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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 34
Bewegungswahrnehmung

Ermüdung von Bewegungsdetektoren als


Erklärung für Nacheffekte

-5 5

Unbewegter Eindruck entsteht, wenn Detektoren für


Gegenrichtungen gleich aktiv sind.

-3 5

Ermüdung eines Detektors erzeugt Wahrnehmung der


Gegenbewegung.

35
Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 35
Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Bewegung
• Bewegungsdetektion
• Bewegung des Betrachters
• Biologische Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 36
Bewegungswahrnehmung
Trennung von Eigen- und Fremdbewegung

Retinale Bildverschiebung: Augenbewegung oder


Objektbewegung?

Objektbewegung F
nach rechts
oder
Augenbewegung
nach links?

In beiden Fällen
bewegt sich das
retinale Bild nach
links
links links links links

Gleiche proximale (retinale) Bildbewegungen können durch


Kognitive Psychologie. Wahrnehmung Abb. 7.13. Copyright © 2004 by J.Hoffmann

Objektbewegung oder durch Augenbewegung entstehen.


Wie trennt das visuelle System Augen- und Fremdbewegung?
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 37
Bewegungswahrnehmung
Trennung von Eigen- und Fremdbewegung

Trennung durch:
1) retinale Informationen.
(ökologischer Ansatz, Gibson).
2) propriozeptive Rückmeldung aus Augenmuskeln
(inflow-Modell).
3) efferente Kommandos an Augenmuskeln (outflow-
Modell, Reafferenzprinzip).

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 38
Bewegungswahrnehmung

Trennung von Eigen- und Objektbewegung


Die Information zur Trennung von Eigen- und
Objektbewegung steckt im Reiz selbst (Gibson, 1966).

Bewegt sich das Objekt,


verdeckt und enthüllt es
andere, unabhängig
davon, ob sich das Auge
bewegt.

Goldstein (2002. S. 299)

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Bewegungswahrnehmung

Trennung von Eigen- und Objektbewegung


Die Information zur Trennung von Eigen- und
Objektbewegung steckt im Reiz selbst (Gibson, 1966).

Bewegt sich alles im


Gesichtsfeld, dann liegt das
an der Eigenbewegung des
Betrachters.

Goldstein (2002. S. 299)

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Bewegungswahrnehmung

Trennung von Eigen- und Objektbewegung

Aber: Man kann auch bei einer einzelnen


Wolke am sonst wolkenlosen Himmel
entscheiden, ob sich die Wolke oder das Auge
bewegt.

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Bewegungswahrnehmung
Trennung von Objekt- und Augenbewegung

Das visuelle System besitzt extraretinale Informationen über


Augenbewegungen.
Die retinale Bildänderung wird verglichen mit der
Bildänderung, die infolge der Augenbewegung erwartet wird.
Übereinstimmung => keine Objektbewegung
keine Übereinstimmung => Objektbewegung

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 42
Bewegungswahrnehmung
Trennung von Objekt- und Augenbewegung

Ein paar Beispiele.....

retinale
Situation Bildänderung Augenbewegung Wahrnehmung
Aktive Exploration der Ja Ja Keine Bewegung
Umgebung
Objektbewegung vor Ja Nein Bewegung
unbewegtem Auge
Verfolgung eines Nein Ja Bewegung
bewegten Objekts Abbildung auf der Fovea

Betrachtung der Nein Nein Keine Bewegung


ruhenden Umgebung
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 43
Bewegungswahrnehmung
Trennung von Objekt- und Augenbewegung

Welche Information wird genutzt?

inflow-Modell outflow-Modell (Reafferenzprinip)

Blickrichtung Efferenzkopie

retinales Bild retinales Bild

Rückmeldungen (Propriozeption) Motorische Kommandos (Efferenzen)


von den Augenmuskeln für Augenbewegungen
Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 44
Bewegungswahrnehmung
Trennung von Objekt- und Augenbewegung

Inflow-Modell:
Bewegungseindruck bei:
• Bildverschiebung ohne Änderung der Augenposition
• Ruhendem Bild trotz Änderung der Augenposition.

Outflow-Modell:
Bewegungseindruck bei:
• Bildverschiebung ohne Augenbewegungskommando.
• Ruhendem Bild trotz Augenbewegungskommando.

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 45
Bewegungswahrnehmung
Empirische Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen
Eigenbewegung, Objektbewegung und Bewegungswahrnehmung

Proprio- Retinale
Situation Efferenz Wahrnehmung
zeption Bewegung
Aktive Exploration einer Keine
ja ja ja
unbewegten Umgebung Bewegung
Passive Bewegung des
nein ja ja Bewegung
Augapfels
Nachbild und aktive
ja ja nein Bewegung
Augenbewegung
Nachbild und passive Keine
nein ja nein
Augenbewegung Bewegung
Verfolgung eines bewegten
ja ja nein Bewegung
Objektes mit den Augen
Blickintention bei gelähmter
ja nein nein Bewegung
Augenmuskulatur

Kognitive Psychologie. Wahrnehmung Abb. 7.14. Copyright © 2004 by J.Hoffmann

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 46
Quadrat bewegt sich, wenn man die Augenposition passiv bewegt.

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Bewegungswahrnehmung
Empirische Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen
Eigenbewegung, Objektbewegung und Bewegungswahrnehmung

Proprio- Retinale
Situation Efferenz Wahrnehmung
zeption Bewegung
Aktive Exploration einer Keine
ja ja ja
unbewegten Umgebung Bewegung
Passive Bewegung des
nein ja ja Bewegung
Augapfels
Nachbild und aktive
ja ja nein Bewegung
Augenbewegung
Nachbild und passive Keine
nein ja nein
Augenbewegung Bewegung
Verfolgung eines bewegten
ja ja nein Bewegung
Objektes mit den Augen
Blickintention bei gelähmter
ja nein nein Bewegung
Augenmuskulatur

Kognitive Psychologie. Wahrnehmung Abb. 7.14. Copyright © 2004 by J.Hoffmann

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 48
Nachbild scheint sich zu bewegen, wenn man den Kopf bewegt.

Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 49


Bewegungswahrnehmung
Empirische Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen
Eigenbewegung, Objektbewegung und Bewegungswahrnehmung

Proprio- Retinale
Situation Efferenz Wahrnehmung
zeption Bewegung
Aktive Exploration einer Keine
ja ja ja
unbewegten Umgebung Bewegung
Passive Bewegung des
nein ja ja Bewegung
Augapfels
Nachbild und aktive
ja ja nein Bewegung
Augenbewegung
Nachbild und passive Keine
nein ja nein
Augenbewegung Bewegung
Verfolgung eines bewegten
ja ja nein Bewegung
Objektes mit den Augen
Blickintention bei gelähmter
ja nein nein Bewegung
Augenmuskulatur

Bewegungseindruck, wenn
Kognitive Psychologie. retinale
Wahrnehmung Bewegung
Abb. 7.14. und Efferenz nicht
Copyright © 2004 by J.Hoffmann

übereinstimmen (rote Felder).


Kein Bewegungseindruck, wenn retinale Bewegung und Efferenz
übereinstimmen (weiße Felder).
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 50
Bewegungswahrnehmung

Empirische Beobachtungen zum Zusammenhang zwischen


Eigenbewegung, Objektbewegung und Bewegungswahrnehmung

Proprio- Retinale
Situation Efferenz Wahrnehmung
zeption Bewegung
Aktive Exploration einer Keine
ja ja ja
unbewegten Umgebung Bewegung
Passive Bewegung des
nein ja ja Bewegung
Augapfels
Nachbild und aktive
ja ja nein Bewegung
Augenbewegung
Nachbild und passive Keine
nein ja nein
Augenbewegung Bewegung
Verfolgung eines bewegten
ja ja nein Bewegung
Objektes mit den Augen
Blickintention bei gelähmter
ja nein nein Bewegung
Augenmuskulatur

Übereinstimmung mit Proriozeption spielt keine Rolle


Kognitive Psychologie. Wahrnehmung Abb. 7.14. Copyright © 2004 by J.Hoffmann

=> Das outflow-Modell (Reafferenzprinzip) ist richtig.

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 51
Bewegungswahrnehmung

Reafferenzprinzip (von Holst & Mittelstaedt, 1954)

Goldstein (2002, S. 294)

Bewegung wird wahrgenommen, wenn Efferenzkopie und


afferentes Signal von der Retina eine Differenz aufweisen.
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Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Bewegung
• Bewegungsdetektion
• Bewegung des Betrachters
• Biologische Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen

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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 53
Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen

Menschen sind besonders sensitiv für die


Wahrnehmung von menschlichen
Körperbewegungen.

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Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen


Beispiel 1. Random dot- walker (Johansson, 1975)

fröhlich

nervös

weiblich

A B C D
durchschnittlich ? ? ?
http://www.biomotionlab.ca/Demos/BMLwalker.html

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Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen


Beispiel 1. Random dot- walker (Johansson, 1975)

A B C D
durchschnittlich fröhlich weiblich nervös
http://www.biomotionlab.ca/Demos/BMLwalker.html

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Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen

Beispiel 2. Scheinbewegung am Körper (Shiffrar, 1975)

Regel des kürzesten Weges Regel des anatomisch Möglichen


(bei Bildfolgeintervalen > 200 ms)
Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 57
Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen

200 ms / Frame 700 ms / Frame

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Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher
Körperbewegungen
• Bewegungswahrnehmung ist
Integration von Vorwissen und
visuellem Eindruck
• Diese Verarbeitung braucht Zeit.

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Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen


Beispiel 3. Vorhersage eigener Körperbewegungen

Knoblich et al. (2002)

Folgt ein l
oder ein r ?

Vorhersage des Buchstaben bei


eigener Handschrift möglich.

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Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen


Beispiel 3. Vorhersage eigener Körperbewegungen

Knoblich et al. (2002)

Folgt ein l
oder ein r ?

Vorhersage des Buchstaben bei


eigener Handschrift möglich.

Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 61


Bewegungswahrnehmung

Wahrnehmung menschlicher Körperbewegungen

Woher kommt die Sensitivität für menschliche


Körperbwegungen ?
Vermutlich simulieren wir innerlich die Bewegung.
Das geht besonders gut bei Artgenossen, die ähnliche
motorische Kompetenzen besitzen,
und
am besten bei der Wahrnehmung eigener Körperbewegungen,
die nur der Akteur exakt replizieren kann.

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Fazit

• Die Wahrnehmung von Bewegungen ist wichtig, um


sich in der Umwelt zu orientieren.
• Eigen- und Fremdbewegung werden aufgrund des
Reafferenzprinzips getrennt.
• Wir sind besonders sensibel für biologische
Bewegungen.

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Wahrnehmung

• Wahrnehmung I: Von der Umwelt ins Gehirn


• Einführung
• Rezeptoren und Reizverarbeitung
• Psychophysik
• Wahrnehmung II: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Farbe
• Raumwahrnehmung 1: Tiefe
• Wahrnehmung III: Wahrnehmung elementarer Eigenschaften
• Raumwahrnehmung 2: Größe
• Bewegung
• Wahrnehmung IV: Visuelle Eindrücke verstehen
• Gestaltprinzipien
• Objektwahrnehmung
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Prof. Dr. Wilfried Kunde. Allgemeine Psychologie I 64
Literatur

Goldstein, E. B. (2008). Wahrnehmungspsychologie.


Heidelberg. Spektrum Verlag. Kapitel 8-9.

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