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Einführung in die

Biologische Psychologie I
Sommersemester 2017
Neurotransmittersysteme & Pharmakologie

Aleya Flechsenhar
Lehrstuhl für Psychologie I
Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Klausur Biopsychologie
 Freitag 20.07.2018
 14:00 – 16:00 (Öffnung der Türen um 13:30)
 Großer Hörsaal Anatomie

 Aufbau: 60 Mehrfachwahlaufgaben mit je 4 unabhängigen


Antwortalternativen
 Maximal erreichbare Punktzahl ist 60 x 4 = 240
 Auswertung gemäß Bestehensvariante 1 (siehe §11a
Fachspezifische Bestimmungen bzw. Anlage 3: Multiple-Choice-
Verfahren)
 Prüfung ist bestanden wenn wenigstens 60% der Höchstleistung
erreicht wird: mindestens 144 Punkte

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Klausur Biopsychologie

Studierendenausweis +
weichen Bleistift +
Radiergummi mitbringen!

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Klausur Biopsychologie
Beispielfrage: Wofür wird der Hippocampus nicht benötigt?
 Für deklaratives Lernen
 Für prozedurales Lernen
 Für klassische Konditionierungsvorgänge
 Für perzeptuelles Priming

4
Klausur Biopsychologie
Beispielfrage: Wofür wird der Hippocampus nicht benötigt?
 Für deklaratives Lernen
 Für prozedurales Lernen
 Für klassische Konditionierungsvorgänge
 Für perzeptuelles Priming

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Rückfragen
Auf Anfrage haben die Dozenten beschlossen ein Portal auf
WueCampus für Fragen zu erstellen:

 bis 17.07.2018 (danach werden keine Fragen mehr beantwortet)


 Betreff: Thema der Vorlesung, über die Sie eine Frage haben, plus ein
Schlagwort zur Frage

https://wuecampus2.uni-wuerzburg.de/moodle/mod/forum/view.php?id=945795

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Veranstaltungsevaluation
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Wochen

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Gliederung
1. Synaptische Übertragung
2. Neurotransmitter
 Aminosäuren
 Monoamine
 Acetylcholin
 Unkonventionelle Neurotransmitter
 Neuropeptide
3. Pharmakologie
 Wirkmechanismen
 Drogen
 Psychopharmakologie

8
1. Synaptische
Übertragung

9
1. Synaptische Übertragung

Äußere
Anatomie der
Neurone

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 10


1. Synaptische Übertragung

Anatomie der Synapse


Kleine (niedermolare)
Neurotransmitter:
 Bildung im Cytoplasma der
Endknöpfchen
 Verpackung in synaptische Vesikel
durch den Golgi-Apparat

Große (hochmolare)
Neurotransmitter = Neuropeptide:
 Bildung im Cytoplasma des
Zellkörpers an den Ribosomen
 Verpackung in synaptische Vesikel
durch den Golgi-Apparat
 Transport zum Endknöpfchen über
Mikrotubuli

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 11


1. Synaptische Übertragung

Anatomie der Synapse


Im Gegensatz zu direkten
Synapsen (eng beieinander
liegende Orte der Neurotransmitter-
freisetzung und der postsynap-
tischen Rezeptoren) gibt es im
Nervensystem auch zahlreiche
indirekte Synapsen (größerer
Abstand zwischen Ausschüttungs-
und Rezeptorlokalisation)

Noradrenerge Nervenfaser im
cerebralen Cortex einer Ratte
(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 12
1. Synaptische Übertragung

Neurotransmitterfreisetzung (Exocytose)
 Vesikel sammeln sich in der
Nähe spannungsgesteuerter
Kalziumkanäle
 Eine Stimulation durch ein
Aktionspotenzial löst einen
Einstrom von Ca2+-Ionen aus
 Dieser Einstrom bewirkt ein
Verschmelzen der Vesikel mit
der präsynaptischen Membran

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 13


1. Synaptische Übertragung

Synaptische Übertragung ohne Neurotransmitter


 Sehr eng beieinanderliegende
Neurone bilden sog. gap
junctions, d.h. sie sind durch
feine röhrenförmige Kanäle
direkt verbunden (Connexine)
 Die Kommunikation ist dadurch
sehr schnell und bidirektional

gap junctions

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 14


1. Synaptische Übertragung

Erregungsleitung
EPSP:
Exzitatorisches postsynaptisches Potential

IPSP:
Inhibitorisches postsynaptisches Potential

15
1. Synaptische Übertragung

Neurotransmitteraktivität
1. Synthese
2. Speicherung
3. Abbau im Neuron
4. Exocytose
5. Hemmung über Autorezeptoren
6. Postsynaptische Aktivierung
7. Deaktivierung des Transmitters

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 16


1. Synaptische Übertragung

Neurotransmitterrezeptoren
Ionotrope Rezeptoren Metabotrope Rezeptoren
 Ionenkanäle öffnen sich bei  Bei Bindung des Neurotransmitters spaltet sich eine
Bindung eines Neurotransmitters Untereinheit des gekoppelten G-Proteins
an den Rezeptor: (Guanosin-Triphosphat-sensitives Protein) ab:
 Na+ strömt ein (EPSP)  Bindung der Untereinheit an Ionenkanal zur
 K+ strömt aus oder Cl- strömt Auslösung eines EPSP oder IPSP
ein (IPSP)  Auslösung der Synthese eines sekundären
 Sehr direkte, zeitlich umgrenzte Botenstoffes
Wirkung  Effekte entwickeln sich langsamer, halten länger an,
sind diffuser und variieren mehr
 Sonderfall:
Autorezeptoren
in der präsynap-
tischen Membran

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 17


1. Synaptische Übertragung

Begriffsklärung
 Ligand: Molekül, das an einen (postsynaptischen) Rezeptor bindet
(i.d.R. ein Neurotransmitter)
 Agonist: Ligand, der durch Besetzung
eines Rezeptors die Signaltransduktion
in der zugehörigen Zelle aktiviert
(körpereigene oder nicht-körpereigene
Verbindung)
 Antagonist: Substanz, die einen
Agonisten in seiner Wirkung hemmt,
ohne selbst eine pharmazeutisch
bedeutsame Wirkung auszulösen

(Sven Jähnichen, Wikipedia) 18


2. Neurotrans-
mitter

19
2. Neurotransmitter

Klassen von Neurotransmittern


Oberklassen Unterklassen Beispiele
Aminosäuren Glutamat, Aspartat, Glycin,
GABA
Monoamine Catecholamine Dopamin, Adrenalin,
Niedermolar

Noradrenalin
Indolamine Serotonin
Acetylcholin Acetylcholin
Unkonventionelle Lösliche Gase Stickstoffmonoxid,
Neurotransmitter Kohlenstoffmonoxid
Endocannabinoide Anandamin
Neuropeptide Hypophysen-Peptide Wachstumshormone
Hochmolar

Hypothalamus-Peptide Releasing-Hormone, Oxytocin


Gehirn-Darm-Peptide Cholecystokinin, Motilin
Opioid-Peptide Endorphine
Sonstige Peptide
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2. Neurotransmitter > Aminosäuren

Aminosäuren
Glutamat: γ-Aminobuttersäure (GABA):
 Wichtigster erregender Transmitter  Wichtigster hemmender Transmitter
 Beteiligt an allen sensorischen  Kann an manchen Synapsen auch
Systemen mit Ausnahme der erregend wirken
Schmerzwahrnehmung  Wird synthetisiert aus Glutamat
 Bindet u.a. an NMDA-Rezeptoren  Pharmakologisches Target von
 Relevant für synaptische Plastizität Beruhigungsmitteln
(Langzeitpotenzierung z.B. im
Hippocampus)

Umwandlung von Glutamat in GABA mittels Glutamat-Decarboxylase

21
2. Neurotransmitter > Monoamine

Monoamine
Monoamine sind Neurotransmitter die aus Catecholamine
einer einzigen Aminosäure synthetisiert
werden
Die Wirkung der Monoamine ist generell
etwas diffuser als die der einfachen
Aminosäuren
Je nach basaler Aminosäure werden zwei
Hauptgruppen von Monoaminen
unterschieden:
 Catecholamine (Basis: Tyrosin)
 Indolamine (Basis: Tryptophan)

(Pinel & Pauli, 2012, Biopsychologie) 22


2. Neurotransmitter > Monoamine

Dopamin
Verarbeitungspfade:
1. Nigro-Striatales System
( Striatum):
Bewegungsteuerung
2. Mesolimbisches System
( limbische Areale,
Amygdala): Belohnungssystem
3. Mesocorticales System
( Frontallappen): Exekutive
Funktionen
4. Tuberoinfundibuläres System
(Thalamus, Hypothalamus):
Regulation der Prolaktinausschüttung

(Birbaumer & Schmidt, 2010, Biologische Psychologie) 23


2. Neurotransmitter > Monoamine

Dopamin
Antipsychotika
 1.Generation: (konventionell)
Wirkung über die Hemmung der
 2. Generation: (atypisch) über den
Serotonin-Rezeptor.
1. Nigro-Striatales System
Hervorrufen extrapyramidal-motorischer
Symptome
2. Mesolimbisches System
Reduktion der positiven Symptomatik
3. Mesocorticales System
Minderung der negativen Symptomatik
4. Tuberoinfundibuläres System
Steigerung der Prolaktinproduktion

(Birbaumer & Schmidt, 2010, Biologische Psychologie) 24


2. Neurotransmitter > Monoamine

Noradrenalin = Norepinephrin
 Vermittelt die Stressreaktion des
Körpers
 Relevant für Aufmerksamkeits-
regulation und Vigilanz
 Wichtigster Transmitter im
sympathischen Nervensystem

(Birbaumer & Schmidt, 2010, Biologische Psychologie) 25


2. Neurotransmitter > Monoamine

Serotonin
 Wird auch als 5-Hydroxytryptamin
(5-HT) bezeichnet
 Relevant für eine Vielzahl
psychischer Funktionen (z.B.
Schlaf, Temperaturregulation,
Schmerzverarbeitung, Appetit,
Sexualverhalten)
 Auswirkungen auf die Stimmung
(„Glückshormon“)

(Birbaumer & Schmidt, 2010, Biologische Psychologie) 26


2. Neurotransmitter > Acetylcholin

Acetylcholin
Erster, durch Otto Loewi (1921) entdeckter Neurotransmitter
1936: Nobelpreis für Physiologie oder Medizin (zusammen
mit Henry Dale)

Experiment:
 An einem isolierten Froschherz führt
Vagusstimulation zur Verlangsamung
der Schlagfrequenz
 Eine Übertragung der umspülenden
Lösung auf ein anderes Herz führte
zu einer ähnlichen Verlangsamung
der Schlagfrequenz
 Eine gelöste chemische Substanz
(Acytylcholin) hatte einen Effekt auf die
neuronale Aktivität

(Schandry, 2011, Biologische Psychologie) 27


2. Neurotransmitter > Acetylcholin

Acetylcholin
Zwei Rezeptortypen:
1. Nikotonerg (Nikotin ist Agonist):
 Ionotroper Rezeptor
 Vermittelt u.a. Kontraktionen des Muskelgewebes
2. Muskarinerg (Muskarin ist Agonist):
 Metabotroper Rezeptor
 Befindet sich u.a. im vegetativen Nervensystem, der Großhirnrinde, dem
Striatum und im Hippocampus
 Wirkung je nach Rezeptor erregend oder hemmend

Botulinumtoxin:
 Verhindert die Ausschüttung von Acetylcholin aus den Vesikeln
 Stärkstes bekanntes Gift überhaupt (letale Dosis: 0,000003 mg)

28
2. Neurotransmitter > Unkonventionelle Neurotransmitter

Unkonventionelle Neurotransmitter
Lösliche Gase (z.B. Stickstoffmonoxid, Kohlenmonoxid):
 Produktion im Cytoplasma
 Diffusion durch die Zellmembranen (Substanzen sind fettlöslich)
 Stimulation der Produktion sekundärer Botenstoffe
 Beteiligung an der retrograden Transmission
(postsynaptische  präsynaptische Zelle)

Endocannabinoide:
 Neurotransmitter mit Ähnlichkeit zum Delta-9-
Tetrahydrocannabinol (THC)
 Werden erst unmittelbar vor der Freisetzung
produziert und vorwiegend von Dendriten und
Zellkörpern freigesetzt
 Vorwiegende Wirkung auf präsynaptische Neurone
29
2. Neurotransmitter > Neuropeptide

Neuropeptide
 Bildung im Cytoplasma des Zellkörpers an den Ribosomen
 Keine direkte Wirkung auf Ionenkanäle der postsynaptischen Zelle
sondern indirekte Wirkung auf Zellfunktionen und Zellstruktur
 Verteilung als Hormone über die Blutbahn

 Bisher wurden mehr als 100 Neuropeptide mit sehr unterschiedlichen


Funktionen identifiziert

30
3. Psycho-
pharmakologie

31
3. Psychopharmakologie > Wirkmechanismen

Pharmakologische Modulation

AGO = Agonistische Effekte ANT = Antagonistische Effekte

(Carlson, 2004, Physiologische Psychologie) 32


3. Psychopharmakologie > Wirkmechanismen

Pharmakologisch wirksame Substanzen


 Sedativa sind Alkohol und Inhalanzien, Barbiturate, Anasthetika
und Antiepileptika sowie Benzodiazepine und Anxiolytika.
 Stimulanzien sind Kokain, Amphetamine, Methamphetamin (ICE),
Koffein und Nikotin.
 Analgetika sind Opiate und nicht-opioide Analgetika (z. B.
antientzundliche Analgetika).
 Halluzinogene sind Tetrahydriokannabiol (Haschisch, Marihuana),
Meskalin, LSD, Phenzyklidin und Ketamin.
 Psychopharmaka umfassen noch Antidepressiva, Pharmaka
gegen bipolare Depression (Lithium), Antipsychotika und Anti-
Parkinson-Mittel.

33
3. Psychopharmakologie > Drogen

Drogen
Substanz Wirkmechanismus Effekte
Amphetamin, Ausschüttung von Sympathikusstimulation,
Methylphenidat Noradrenalin und Dopamin Euphorie, verringertes
(Ritalin) Schlafbedürfnis,
Aggressivität
Methamphetamin Ausschüttung von Sympathikusstimulation,
Noradrenalin und Dopamin Euphorie, verringertes
Schlafbedürfnis
MDMA (Ectasy) Ausschüttung von Euphorie, empathogene
Serotonin und Wirkung, Aggressivität,
Noradrenalin, etwas sympathische und
schwächerer auch Dopamin parasympathische Effekte,
Hyperthermie

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3. Psychopharmakologie > Drogen

Drogen
Substanz Wirkmechanismus Effekte
Lysergsäure- partieller Agonist an Wahrnehmungsverände-
diethylamid (LSD) Serotonin-(5-HT2A)- rungen, Halluzinationen,
Rezeptoren, zusätzliche sympathische und
Affinität für Dopamin- und parasympathische Effekte
Adrenozeptoren
Kokain Dopamin/Noradrenalin/ Stimmungsaufhellung,
Serotonin-Wiederaufnahme- Euphorie, gesteigerte Aktivität
hemmung Sympathikusstimulation
Heroin Bindung an Opioid- Euphorie, Analgesie,
Rezeptoren Atemdepression, Erbrechen
Morphin Opioidrezeptoragonist Analgesie, Übelkeit,
Erbrechen

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3. Psychopharmakologie > Psychopharmakologie

Psychopharmakologie
Anxiolytisch wirksame Substanzen:
 Barbiturate: Agonismus an der β-Untereinheit des GABAA-Rezeptors
 Benzodiazepine: Verstärkung der endogenen Wirkung von GABA
 H1-Antihistaminika: Antagonismus an Histamin-H1-Rezeptoren

Antidepressiva:
 Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI): Hemmung der
Wiederaufnahme von Serotonin in die Präsynapse
 Trizyklische Antidepressiva: Hemmung der Wiederaufnahme von
Serotonin, Noradrenalin und Dopamin in die Präsynapse
 Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer): Blockade der
Monoaminooxidasen und daher geringerer Abbau von Serotonin,
Noradrenalin und Dopamin im synaptischen Spalt

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3. Psychopharmakologie > Psychopharmakologie

Psychopharmakologie
Phasenprophylaktika / Stimmungsstabilisierer:
 Lithium: Vermutlich Absenkung des Noradrenalinüberschusses bei
manischen Episoden und Aktivierung der Serotoninproduktion bei
depressiven Episoden
 Bestimmte Antikonvulsiva: sehr variable Wirkmechanismen, z.B.
Inaktivierung von spannungsabhängigen Na+-Kanälen oder Erhöhung
der Synthese und Effektivität von GABA

Neuroleptika:
 Typische Neuroleptika: Antagonistische Wirkung auf postsynaptische
Dopamin D2-Rezeptoren
 Atypische Neuroleptika: Spezifischere Bindung an mesolimbischen
Dopamin D2-Rezeptoren, antagonistische Wirkung an 5-HT2A
Rezeptoren, teilweise auch Interkationen mit Acetylcholin, Histamin und
Noradrenalin
37
Literatur
 Birbaumer & Schmidt (2010). Biopsychologie (7.Auflage).
Berlin, Springer
 Kapitel 5: Funktionelle Anatomie des Nervensystems

 Pinel & Pauli (2012). Biopsychologie. München, Pearson.


 Kapitel 4: Nervenleitung und synaptische Übertragung

 Schandry (2011). Biopsychologie (3. Auflage). Weinheim,


Psychologie Verlages Union.
 Kapitel 5: Zusammenwirken von Nervenzellen –
Informationsübertragung und -verarbeitung

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