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Wintersemester 2017/2018
am erwirtschafteten am Vermögens-
am Konsum
Vermögenszuwachs bestand
3
Steueraufkommen
4
Rechtsordnung
Verwaltungsrecht
Wirtschaftlicher
Sachverhalt
• Einkommen
• Umsatz
Eingriffs- Leistungs-
• Vermögen verwaltung verwaltung
Steuerrecht Transferrecht
Einwirkung 5
Einordnung des Allgemeinen Steuerrechts
(T/L, § 1 Rz. 49-77)
Europäisches
Grundgesetz Unionsrecht
Allgemeines
Gesetz über die Steuerschuldrecht Finanzgerichts-
Finanzverwaltung (Allgemeines Recht der ordnung
(Behördenorganisation) Steuerschuldverhältnisse) (gerichtlicher
Rechtsschutz)
Abgabenordnung
6
Einordnung des Besonderen Steuerrechts
(T/L, § 1 Rz. 78-93)
Europäisches
Grundgesetz Unionsrecht
Steuersubven-
Bilanz- und Internationales
tionsrecht
Unternehmens- Steuerrecht:
Gemeinnützigkeits- Steuerrecht
und AStG, DBA
Spendenrecht: (Besonderes
Steuerschuldrecht
§§ 51-68 AO, der Unternehmen)
Fördergesetze
(Beachte: Ehrenamtsstärkungsgesetz UmwStG
vom 28.3.13, BGBl. I 2013, 556)
8
Normenhierarchie (T/L, § 5 Rz.1-40)
Unionsrecht
Verfassung • primäres (EUV)
= Grundgesetz • sekundäres (EU-VO,
EU-Richtlinie)
Einfaches
Parlamentsgesetz
Allgemeine
Einzelsteuergesetze
Steuergesetze
(z.B. EStG, UStG)
(z.B. AO, BewG)
9
Normenhierarchie
Steuergesetze im formellen Sinn
(= Parlamentsgesetze)
10
Normenhierarchie
Erlasse
= Verwaltungsvorschriften des Bundesministers der Finanzen oder der
Finanzminister der Länder gegenüber ihren jeweils nachgeordneten Behörden
Schreiben
= Verwaltungsvorschriften des Bundesministers der Finanzen im Bereich der
Auftragsverwaltung seitens der Länder (Art. 108 III GG)
Verfügung
= Verwaltungsvorschriften der Oberfinanzdirektion an die nachgeordneten
Behörden (Finanzämter, Hauptzollämter) des jeweiligen OFD-Bezirks
12
Vereinheitlichung des Gesetzesvollzuges
durch Verwaltungsvorschriften
• ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften
• norminterpretierende Verwaltungsvorschriften
• normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften
13
Öffentliche Abgaben (allgemein)
• Geldleistung
• von
einem öffentlich-rechtlichen
Gemeinwesen auferlegt
14
Öffentlichen Abgaben (T/L, § 2 Rz. 9-31)
Steuern Vorzugslasten
(Gebühren u. Beiträge)
• ohne konkrete
Gegenleistung • Entgelte für eine Leistung
(voraussetzungslos) (Verwaltungspreis)
• Äquivalenzprinzip
Sozialversiche- Sonderabgaben
rungsbeiträge • Keine konkrete Gegenleistung
• konkrete • aber: gruppennützige
Verwendung
Gegenleistung ► Voraussetzungen:
• aber: Solidarprinzip = ► Homogenität der Gruppe
einkommensabhän- ►Gruppenverantwortung für die
gige Bemessung zu finanzierende Aufgabe
(Parafisci) ►jährliche Überprüfung
(Problem der Budgetflucht)
16
Steuerbegriff (§ 3 I AO)
• Geldleistung
• Wesentlichkeitstheorie
• Demokratieprinzip
18
Gesetzmäßigkeit der Besteuerung,
(Art. 20 III GG), s. T/L, § 3 Rz. 230 ff.
Einfachgesetzliche Verortung:
§ 3 AO: Steuerbegriff
Rechtsanwendung Rechtssetzung
(„Gleichheit vor dem (Art. 1 III, 3 I GG)
Gesetz“, Art. 3 I GG)
verpflichtet
• Exekutive Legislative
• Judikative
22
Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung
Legislative
Gesetzmäßigkeit Gleichmäßigkeit
Vorrang/Vorbehalt Rechtsanwendungs-
des Gesetzes gleichheit
Besteuerung:
Ermittlungs-
maßnahmen
Schutz der
Freiheitsgrundrechte
Prof. Dr. Roman Seer RUB
30
Industrieansiedlungsvereinbarung (Fall 1):
Literatur
BVerwGE 8, 329; 48, 166; BFH BStBl. II 1970, 696. 31
Kinderlasten (Fall 2):
Die X-Partei möchte den Abzug eines Kinderfreibetrages
vom Einkommen bei der Einkommensteuer abschaffen. Zur
Begründung führt sie an, dass aufgrund des progressiven
Tarifs gutverdienende Eltern privilegiert würden.
Literatur
BVerfGE 61, 319 ff.; 66, 214 ff.; 82, 60 ff.; 99, 216 ff., 112, 268 ff.
J. Lang, StuW 1990, 331; Seer/Wendt, NJW 2000, 1904.
32
Vorsorgeaufwendungen (Fall 3):
Der sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer N zahlt die
Höchstbeträge an Beiträgen in die gesetzliche
Sozialversicherung, weil er die sozialversicherungs-
rechtliche Beitragsbemessungsgrenze überschreitet. Nach
§10 Abs.1 Nr. 2, 3 EStG a.F. waren aber nur ein Teilbetrag
seines Arbeitnehmer-Anteils als Sonderausgaben bei der
Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer abzugs-
fähig. War dies verfassungsrechtlich haltbar?
Literatur
BVerfG v. 13.2.2008 – 2 BvL 1/06, BVerfGE 120, 125; Grün, DStR 2009, 1457;
Risthaus, DStZ 2009, 669.
BVerfG v. 6.3.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73; BFH v. 1.2.2006 – X B
166/05, BStBl. II 2006, 420; Wesselbaum-Neugebauer, FR 2007, 683.
33
Spendenabzug (Fall 4):
Literatur
Seer, DStJG Bd. 26 (2003), 11, 40 ff.; Geserich, DStJG Bd. 26 (2003), 245 ff.
34
Fahrten zwischen Wohnung u.
Arbeitsstätte (Fall 5):
Allgemeine Handlungsfreiheit
(Art. 2 I GG)
vermögensrechtliche
Ausprägungen
Eigentümerfreiheit Berufsfreiheit
(Art. 14 I GG) (Art. 12 I GG)
36
Schutz Ehe und Familie
(T/L, § 3 Rz. 162-170)
Diskriminierungs- Fördergebot
verbot
BVerfGE 133, 377: Art. 6 I GG gebietet nicht die zwingende (steuerliche) Besserstellung der Ehe im
Vergleich zu anderen Lebensführungsmodellen.
37
Schutz des Existenzmininums – BVerfGE 87, 153,
169 ff. – absoluter Mindestschutz
38
Sog. Halbteilungsgrundsatz in BVerfGE 93, 121,
135 ff., 93, 165, 172 ff. – EW-Beschlüsse (I)
39
Sog. Halbteilungsgrundsatz in BVerfGE 93, 121,
135 ff., 93, 165, 172 ff. – EW-Beschlüsse (II)
42
Übermaßverbot (I)
Merkmale:
1. Geeignetheit
= Verbot solcher Maßnahmen, die im Hinblick auf das verfolgte Ziel überhaupt
keine Wirkungen entfalten oder dessen Erreichen sogar erschweren
43
Übermaßverbot (II)
= Das verfolgte Ziel kann nicht auch durch ein anderes, gleich wirksames
Mittel erreicht werden, welches das betroffene Grundrecht nicht oder
weniger schwer einschränkt
Allgemeines Persönlichkeitsrecht
(Art. 1 I i.V.m. Art. 2 I GG)
45
Durchbrechungen des
Steuergeheimnisses
Schutzbereich (§ 30 II AO) =
Verhältnisse eines anderen, fremde Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse
Eingriff: Offenbaren oder Verwerten durch Amtsträger (§ 7 AO),
strafbewehrt, s. § 355 StGB
Grds.:
Keine Abweichungen im nationalen Recht von
DS-GVO möglich
Ausnahme:
Die in der DS-GVO normierten Öffnungsklauseln
ermöglichen Abweichungen im nationalen Recht
z.B.: §§ 32a – 32j AO
48
Betriebsprüfungsfall:
49
Vertrauensschutz – Allgemeine Merkmale (I)
Voraussetzungen:
1. Vertrauenstatbestand
50
Vertrauensschutz – Allgemeine Merkmale (II)
4. Kausalitätserfordernis
= aufgrund des Vertrauenstatbestandes muss der Stpfl. vertraut
und konkrete Dispositionen getroffen haben
51
Echte Rückwirkung (1. Senat)/Rückbewirkung
von Rechtsfolgen (2. Senat BVerfG)
Gesetzesbeschluss
Vergangenheit Gegenwart/Zukunft
abgeschlossenen
Sachverhalt Gesetzliche Neuregelung
greift ein in
52
Unechte Rückwirkung (1. Senat)/ tatbestandliche
Rückanknüpfung (2. Senat)
Gesetzesbeschluss
Gegenwart Gegenwart/Zukunft
53
Unechte Rückwirkung (1. Senat)/ tatbestandliche
Rückanknüpfung (2. Senat)
Gesetzesbeschluss
Vergangenheit Gegenwart
tatbestandsausfüllende
Tatsachen Rechtsfolge
Gesetzliche
macht Eintritt ihrer Rechtsfolgen
Neuregelung
von Gegebenheiten aus der Zeit
vor ihrer Verkündung abhängig 54
Steuerrechtsspezifische Abgrenzung anhand der sog.
Veranlagungszeitraumrechtsprechung in BVerfGE
127, 1 ff.; 31 ff.; 61 ff.; 132, 302 ff.
1. Steueranspruch
= Hauptanspruch, der das Steuerschuldverhältnis begründet
3. Steuervergütungsanspruch
= zur Beseitigung einer bestimmten Belastung: bei Überwälzung
(Bsp.: USt), bei Mehrfachbesteuerung (z.B. KSt).
4. Erstattungsanspruch (§ 37 II AO)
Steueranspruch
Finanzamt Steuerschuldner
Überwälzung mit
Steuer- Steuervergütung
vergütungs- Überwälzung ohne
anspruch Steuervergütung
Steuerträger
Steuervergütungsgläubiger 59
Steuervergütungsanspruch
(Bsp.: Vorsteuer nach § 15 UStG)
FA FA FA
38 57
-19 -38
19 19 19
+ 19 + 38 + 57
60
Haftungsansprüche (T/L, § 6 Rz. 62 ff.)
1. Haftungstatbestand
z.B. §§ 34, 69 AO für „Pflichtverletzungen“
oder §§ 73 ff. AO wegen des Auseinanderfallens von Haftungssubstanz und
Steuerschuld
aber auch zivilrechtliche Haftungstatbestände (z.B. § 128 HGB).
2. Haftungsumfang
z.B. §§ 34, 69 AO persönlich unbeschränkt
z.B. §§ 74, 75 AO gegenständliche Haftung
z.B. § 42d EStG unbeschränkt persönlich auf den vollen
Entrichtungsbetrag
62
Beteiligte im Steuerabzugsverfahren
(Lohnsteuer-Dreiecksverhältnis)
Finanzbehörde
Lohnsteuerabzugsverhältnis
Haftungsanspruch
Lohn- bzw.
Einkommensteuer
Zivilrechtliches
Steuerschuldner Arbeitsverhältnis Steuerentrichtungs-
= Arbeitnehmer pflichtiger
= Arbeitgeber
63
Steuerliche Nebenleistungen
(§ 3 IV AO, s. T/L, § 6 Rz. 4)
64
Steuerliche Nebenleistungen (§ 3 IV AO)
4. Säumniszuschlag, § 240 AO (dazu T/L, § 21 Rz. 363 ff.)
= Druckmittel ohne Strafcharakter zur Durchsetzung fälliger Steuern,
um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung anzuhalten
(entstehen ohne Festsetzung und betragen 1 % pro Monat)
5. Zwangsgeld, § 329 AO
65
Entstehung der Steuer (§ 38 AO),
T/L, § 6 Rz. 11; 20 ff.
• ESt: § 36 I EStG
§ 37 I 2 EStG (Vorauszahlung)
§ 38 II 2 EStG (LoSt)
§ 44 I 2 EStG (KapESt)
• KSt: § 30 KStG
• ErbSt: § 9 I ErbStG
• GewSt: § 18 GewStG
§ 21 GewStG (Vorauszahlung)
• USt: § 13 I UStG
66
Festsetzung der Steuer
(T/L, § 21 Rz. 114-120)
§ 155 I 1 AO:
67
Fälligkeit der Steuer
(§ 220 AO, T/L, § 21 Rz. 311-318)
68
Verhältnis Steueranspruchs - Zinsanspruch
T/L, § 21 Rz. 347-365
Karenzzeit
70
Fall 2:
71
Fall 3:
Literatur
BFH BStBl. II 1999, 323 (zu Trinkgeldern); BFH BStBl. II 2002, 169;
BFH/NV 2000, 996.
72
Fall 4:
73
Erlöschen des Steueranspruchs
(§ 47 AO, T/L, § 21 Rz. 319-345)
durch trotz
Erfüllung Nichterfüllung
74
Aufrechnung
(§ 226 AO i.V. mit §§ 387 ff. BGB)
Voraussetzungen:
• Gleichartigkeit (Geldleistung)
Grundgedanke
= Gerechtigkeit im Einzelfall,
keine allgemeine Gesetzeskorrektur
= sog. Koppelungsvorschrift:
(GmSOGB, BStBl. II 1972, S.603, 605 ff.)
77
Erlass aus Billigkeitsgründen
(§§ 163, 227 AO, T/L, § 21 Rz. 294 f., 329-342)
Billigkeitsgründe
1. Sachliche Unbilligkeit
Zweckverfehlung =
Aussage des Gesetzes geht in einem atypischen Einzelfall über den
Gesetzeszweck hinaus (außerhalb der teleologischen Reduktion)
Grundrechtsverletzung
(z.B. Übermaßbesteuerung in einem atypischen Einzelfall)
Vertrauensschutz
durch sog. Übergangs- bzw. Anpassungsregeln
nach einer Gesetzes- oder Rechtsprechungsänderung
78
Erlass aus Billigkeitsgründen
(§§ 163, 227 AO, T/L, § 21 Rz. 294 f., 329-342)
2. Persönliche Unbilligkeit
Erlassbedürftigkeit =
Ernsthafte Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Stpfl.
und seiner Familie
Erlasswürdigkeit =
mangelnde Leistungsfähigkeit nicht schuldhaft selbst herbei-
geführt und kein eindeutiger Verstoß gegen die Interessen der
Allgemeinheit
79
Festsetzungsverjährung (§§ 169 ff. AO)
(T/L, § 21 Rz. 296-300)
Anlaufhemmung:
31.12. Erklärungsjahr (§ 170 II 1 Nr. 1 AO)
spätestens
31.12. Entstehungsjahr + 3 (§ 170 II 1 Nr. 1 AO)
„regulär“, § 169 II AO
Ende:
1 Jahr für besondere Verbrauchsteuern
4 Jahre bei anderen Steuern
5 / 10 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung bzw.
Steuerhinterziehung
Umfangreicher Katalog von Ablaufhemmungen (§ 171 AO); letzte Ergänzung
durch Abs. 10a i.R.d. StModG (BGBl. I 2016, 1679, 1691)
80
Zahlungsverjährung (§§ 228 ff. AO)
(T/L, § 21 Rz. 343-345)
Literatur
BFH v. 15.11.2005 – VII R 16/05, BStBl. II 2006, 453; BFH v. 30.9.2008 –
VII R 18/08, BStBl. II 2009, 38; BFH v. 22.3.2011 – VII R 42/10, BStBl. II
2011, 607; BMF v. 30.1.2012, BStBl. I 2012, 149 (s.a. Anwendungserlass
zu § 37 AO, Tz.2.2., BStBl. I 2014, 290).
82
Fall 2:
A betrieb in Bochum von 2010 bis zum Jahr 2015 eine Trinkhalle. Da die
Umsätze kontinuierlich zurückgegangen sind, ist er in wirtschaftliche
Schwierigkeiten geraten. An Steuerrückständen (ESt, USt) sind
insgesamt 30.000 € zzgl. 10.000 € Säumniszuschläge aufgelaufen.
Obwohl A regelmäßig Ratenzahlungen geleistet hat, sind die
Steuerschulden angewachsen. In 2016 hatte A die Erteilung einer
Taxikonzession beantragt. Sie wurde ihm von der örtlichen
Genehmigungsbehörde mit dem Hinweis auf seine hohen
Steuerschulden versagt. A beantragt nun den Erlass seiner
Steuerschulden.
Literatur
BFH v. 27.9.2001 – X R 134/98, BStBl. II 2002, 176; s. aber auch BFH v.
26.10.2011 – VII R 50/10, BFH/NV 2012, 552; außerdem Farr, BB 2002,
1989 ff.; T/L, § 21 Rz. 329 ff.
83
Fall 3:
84
Fall 4:
85
Zuständigkeit der Finanzbehörden
(T/L, § 21 Rz. 38-45)
Sachliche Örtliche
Zuständigkeit Zuständigkeit
(§ 16 AO, FVG) (§§ 17-29a AO)
Fragestellung: Fragestellung:
Welchen sachlichen Welche von mehreren
Aufgabenkreis hat sachlich zuständigen
die Behörde? Behörden eines
Verwaltungsgebiets ist
räumlich zuständig?
z.B. Wohnsitzfinanzamt,
Belegenheitsfinanzamt
86
Sachliche Zuständigkeit
(§ 16 AO, FVG)
Funktionelle/Instan- Verbandsmäßige
zielle Zuständigkeit Zuständigkeit
= Funktionszuweisung = Funktionsbeschränkung
verschiedener Behörden auf die Angelegenheiten
in derselben Sache des Verbandes
Festsetzungsverfahren
(§§ 155 ff. AO)
Ermittlungs-
Erhebungsverfahren verfahren
(§§ 218 ff. AO) (§§ 85 ff., 134 ff.,
149 ff. AO)
Vollstreckungsverfahren
(§§ 249 ff. AO)
88
Paradigmenwechsel im
Besteuerungsverfahren
periodisch wiederkehrende
Massenfallverwaltung
kontrollierte Selbstregulierung
durch Bürger und Unternehmen
Prof. Dr. Roman Seer RUB
89
Automatisierter Steuerbescheid -
Selbstveranlagung
Selbstveranlagung = Steueranmeldung i.S. des §§ 150 I 3,
167 I 1 AO, SelbstberechnungsSt, Fiktion eines Steuer-
bescheides unter dem VdN (§§ 168, 164 AO)
Automatischer Steuerbescheid i.S. des § 155 IV AO n.F.
(s.a. §§ 35a VwVfG n.F., 31a SGB X) = echter
Steuerbescheid; hoheitliche Steuerfestsetzung, die n. § 155
IV 2 Nr. 2 AO n.F. mit einer Nebenbestimmung (z.B. VdN,
Vorläufigkeit) versehen werden kann (aber nicht automatisch
versehen ist)
automatischer Steuerbescheid enthält einen in Gestalt des
Programms antizipierten Behördenwillen = VA als
qualifizierte Willenserklärung
§ 155 IV 4 AO n.F. bezeichnet Zeitpunkt für den Abschluss der
hoheitlichen Willensbildung über den VA und dessen
Bekanntgabe (insb. relevant für § 173 I AO).
Ermittlungsverfahren
(§§ 85 ff., 134 ff., 149 ff. AO)
91
Stationen des Besteuerungsverfahrens
(T/L § 21 Rz. 150 f.)
Festsetzungsverfahren
(§§ 155 ff. AO)
92
Stationen des Besteuerungsverfahrens
(T/L § 21 Rz. 150 f.)
Erhebungsverfahren
(§§ 218 ff. AO)
93
Stationen des Besteuerungsverfahrens
(T/L § 21 Rz. 150 f.)
Vollstreckungsverfahren
(§§ 249 ff. AO)
94
Sachverhaltsaufklärung im Ermittlungsverfahren
(T/L, § 21 Rz. 170-203)
Untersuchungs- Kooperations-
maxime maxime
(§ 88 AO) (§§ 90 ff. AO)
Generalklausel
(§ 90 I AO)
Spezielle Mitwirkungspflichten
(§§ 93 ff. AO)
Eingriffsnormen Beweisnormen
(Gesetzesvorbehalt)
100
Mitwirkungspflichten (§§ 93 ff. AO)
Urkundenvorlage
§ 97 AO Hinzuziehen von
(Beachte: Wegfall der bish. Sachverständigen,
Subsidiaritätsklausel in § 97
II durch AHiRLUG,BGBl. I § 96 AO
2013, 1809)
Steuererklärungspflichten
§§ 149 ff. AO
Buchführungspflichten Außenprüfungspflichten
§§ 140 ff. AO §§ 193 ff. AO
102
Mitwirkungspflicht der Kreditinstitute
103
Mitwirkungspflicht der Kreditinstitute
(T/L, § 21, Rz. 198-200)
- Kein Bankgeheimnis:
§§ 101-106 AO sind abschließend (vgl. auch § 105 I AO).
Ein Bankgeheimnis wäre seit Inkrafttreten der EU-AmtshilfeRL
2011/16/EU (durch 2014/107/EU zum automatischen
Informationsaustausch erweitert) überdies irrelevant
§ 4 V EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG); s. FinanzkontenaustauschG
(FKAustG) v. 21.12.2015, BGBl. I 2015, 2531
- Kein Auskunftsverweigerungsrecht der Angestellten
der Kreditinstitute
- Daher: Aufhebung von § 30a AO durch StUmgBG v. 24.06.2017
strukturelles Vollzugshindernis, wodurch Konten zur
Aufdeckung von Spekulationsgewinnen verschlossen blieben
104
Amtshilfe
(T/L § 21 Rz. 260 – 266)
National: Art. 35 I GG,
International: § 117 AO
§§ 111 ff. AO
105
Auskunftsarten
einzelfall- gruppen-
Ersuchungs-/ bezogen bezogen
Anrufungs-
auskunft
§§ 4, 5 EUAHiG Spontan- automatische
auskunft
Auskunft
§§ 8, 9 EUAHiG § 7 EUAHiG
106
Änderung der EU-Amtshilfe-Richtlinie
(2014/107/EU)
• RL 2011/16/EU (DAC 1) wurde am 9.12.2014 durch RL
2014/107/EU (DAC 2) geändert
• Änderung sieht eine Verpflichtung zum automatischen
Informationsaustausch über Finanzkonten vor
• Änderung macht die bisherige, nur eingeschränkt
wirkende ZinsRL 2003/48/EG (geändert durch RL
2014/48/EU) zukünftig überflüssig
• Umsetzung in nationales Recht durch das Gesetz zum
automatischen Austausch von Informationen über
Finanzkonten in Steuersachen v. 21. Dezember 2015
(BGBl. I S. 2531)
• Weitere Änderungen der EU-AmtshifeRL durch RL
2015/2376/EU (DAC 3) u. RL 2016/881/EU (DAC 4) sind
durch Ges. v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000, umgesetzt
worden. 107
Steuerverwaltungsakt
(T/L, § 21 Rz. 50-82)
Funktionen:
1. Materielle Bestandskraft
= VA darf nur aufgrund einer gesetzlichen Vorschrift
aufgehoben oder geändert werden
2. Vollziehung
= VA bildet die Grundlage zwangsweiser Durchsetzung des
Rechts
3. Rechtsschutzbestimmung
= VA wird nur dann formell bestandskräftig (unanfechtbar),
wenn der durch den VA Beschwerte nicht fristgemäß den
zulässigen Rechtsbehelf (Einspruch, Anfechtungsklage)
108
einlegt oder mit diesem erfolglos bleibt.
Steuerverwaltungsakt
(T/L, § 21 Rz. 50-82)
Begriffsmerkmal Ausgrenzung
durch
durch durch E-Mail Bereitstellung
postalischen Brief (§ 122 IIa AO) zum Datenabruf
(§ 122 II AO) (§ 122a AO n.F.)
Ist der Bescheid dem A wirksam bekannt gegeben worden? Wann wird er
bestandskräftig?
Literatur
BFH BStBl. II 1989, 346.
113
Fall 2:
114
Fall 3:
115
Fall 4:
Der zuständige Sachbearbeiter (S) des FA erkennt nach Eingabe der
Daten in den PC, dass ihm bei der Veranlagung ein Fehler unterlaufen
ist. Gleichwohl versendet das Rechenzentrum der Landesfinanz-
verwaltung den maschinellen Einkommensteuerbescheid. S zeichnet
den Steuererklärungsvordruck nicht ab und vermerkt in der Akte, dass
die Versendung des Bescheides seinem Willen nicht entspricht.
Literatur
BFH v. 24.11.1988 – V R 123/83, BStBl. II 1989, 344; BFH v. 12.8.1996
– VI R 18/94, BStBl. II 1996, 627; BFH v. 23.8.2000 – X R 27/98, BStBl.
II 2001, 662; BFH v. 28.5.2009 – III R 84/06, BStBl. II 2009, 949; FG
München v. 30.4.2012 – 7 K 3542/09, EFG 2012, 1711; T/L, § 21 Rz. 73
ff.
116
Fall 5:
117
Fehlerlehre des Steuerverwaltungsakts
T/L § 21 Rz. 106 ff.
Wirksamkeit (§ 124 I, II Nichtigkeit (§§ 124 III, 125
AO) AO)
Auch rechtswidrige VA sind Nichtige VA sind unwirksam
grds. wirksam, § 124 II AO (§ 124 III AO), d.h. sie
Heilungsmöglichkeit erzeugen keine rechtliche
rechtswidriger VA Wirkung (eher seltener
Ausnahmefall!)
§ 126 AO: Heilung bestimmter Voraussetzung ist ein
Verfahrens- und Formfehler evidenter besonders
schwerwiegender Fehler
§ 127 AO: Unbeachtlichkeit von nach § i.S.v. § 125 I AO
126 AO nicht geheilten Verfahrensfehlern
u. örtl. Zuständigskeitsfehler, wenn Positivkatalog in Abs. 2
keine andere Entscheidung in der Negativkatalog in Abs. 3
Sache möglich wäre (Problem: z.B. sog.
Schätzungsbescheide)
118
Nichtigkeitsfall: fehlende inhaltliche
Bestimmtheit des VA (§ 119 I AO),
T/L § 21 Rz. 90 ff.
Doppelfunktion
Steuererklärung „Steuerfestsetzung
§ 150 I 3 AO i.V. m. gegen sich selbst“
§§ 18 I, III UStG, 41a (Selbstberechnungs-
EStG, 45a EStG steuer), §§ 167, 168 AO
Literatur
BFH v. 29.4.1987 – I R 118/83, BStBl. II 1988, 168; BFH v. 14.9.1993 – VIII R 9/93,
BStBl. II 1995, 2; BFH v. 18.8.2009 – X R 8/09, BFH/NV 2010, 161; zur Abgrenzung
BFH v. 2.12.1999 – V R 19/99, BStBl. II 2000, 284; T/L, § 21 Rz. 288.
123
Fall 2 zur Bestandskraft von Steuerverwaltungs-
akten:
Literatur
BFH v. 22.12.1987 – IV B 174/76, BStBl. II 1988, 234; BFH v. 25.10.1989 –
X R 109/87, BStBl. II 1990, 278; BFH v. 23.5.2007 – X R 33/04, BStBl. II
2007, 874; BFH v. 4.9.2008 – IV R 1/07, BStBl. II 2009, 335.
124
E-Government (TL, § 21 Rz. 7)
Literatur: Seer, StuW 2003, 40 ff.; ders., DStJG Bd. 31 (2008), 8 ff.
= elektronischer Informationsaustausch
innerhalb der Verwaltung und zwischen
Verwaltung und Bürger
125
Dialogische Struktur der
elektronischen Steuererklärung
Grundlagenbescheid
= besondere Rechtsform des VA
(§§ 171 X, 175 I 1 Nr.1, 182 I, 351 II AO)
für ein
gestuftes Besteuerungsverfahren
z.B.: § 60a AO; § 180 AO; § 184 AO
127
Grundlagen- und Folgebescheide
T/L, § 21 Rz. 83-89, 150, 436
§ 182 I AO
Folgebescheid
Bescheid über Solidaritätszuschlag
(§ 155 I 1 AO: z.B. des PersGes'ers)
128
Duales Korrektursystem bei
Steuerverwaltungsakten (T/L, § 21 Rz. 381- 465)
Steuerbescheide/
gleichgestellte Bescheide Andere Bescheide
• § 173 I AO:
Korrektur wegen nachträglich bekanntgewordener Tatsachen oder
Beweismittel
•§173a AO (neu):
Korrektur wegen Schreib- oder Rechenfehler bei Erstellung einer
Steuererklärung
•§174 AO:
Korrektur wegen widerstreitenden Steuerfestsetzungen
133
Korrektur von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff. AO
(T/L, § 21 Rz. 394-453)
Positive Tatbestandsmerkmale
• Tatsachen oder Beweismittel
abzugrenzen von Schlussfolgerungen und bloßen Bewertungen
• werden nachträglich bekannt = waren im Zeitpunkt des Erlasses des urspr.
Bescheides bereits vorhanden, aber dem FA noch unbekannt
− tatsächliche Kenntnis maßgeblich
− Tatsachen, die sich aus den Akten anderer Steuerpflichtiger ergeben, gelten auch
dann als nicht bekannt, wenn für deren Bearbeitung dieselbe Person zuständig ist
(BFH, BStBl. II 2013, 5).
• führen bei ihrer Berücksichtigung zu einer höheren/niedrigeren Steuer
(Rechtserheblichkeit) 135
Die einzelnen Korrekturvorschriften
Negative Tatbestandsmerkmale
• bei Änderung zugunsten des Stpfl.: Kein grobes Verschulden am
erst nachträglichen Bekanntwerden der Tatsache (s. § 173 I Nr. 2
AO)
• bei Änderung zulasten des Stpfl: keine Verletzung der
Ermittlungspflicht des FA (ungeschriebene Einschränkung des §
173 I Nr. 1 AO aus Treu-und-Glauben, so Rspr.)
• keine Änderungssperre gem. § 173 II AO
• Folgekorrektur (Abs. 4, 5)
Ein Rechtsirrtum der Finanzbehörde ist Voraussetzung
Die Rspr. fordert für Abs. 4 keine zwingende Alternativität
Den „bestimmten Sachverhalt“ i.S.v. § 174 IV AO versteht die Rspr. extensiv
als einen Sachverhaltskomplex (BFH BStBl. 2010, 586 [588] m.w.N.; 2013, 471
[473]; T/L § 21 Rz. 436)
139
Vertrauensschutz nach § 176 AO
(T/L § 21 Rz. 449 – 453)
140
Korrektur von Steuerbescheiden nach §§ 172 ff. AO
(T/L, § 21 Rz. 394-453)
unselbständiger Saldierungstatbestand
(Saldierung mit gegenläufigen
Fehlern)
141
Die einzelnen Korrekturvorschriften
Beispiel: a) b)
Bisheriger Steuerfestsetzung 10.000 10.000
Änderung gem. § 173 I Nr. 1 AO + 2.000 + 2.000
Materieller Fehler - 1.000 - 3.000
142
Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten
nach § 129 AO (T/L § 21 Rz. 389-392)
• Mechanische Versehen (Schreib-, Rechenfehler u. ähnliche Unrichtigkeit)
→ die Möglichkeit eines Rechts- oder Tatsachenirrtums muss ausgeschlossen
sein
144
Korrektur eines anderen SteuerVA,
T/L § 21 Rz. 456
rechtswidriger rechtmäßiger
VA VA
§ 130 AO § 131 AO
Rücknahme Widerruf
145
Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten
(1):
146
Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten
(2):
Professor W hat im Jahr 2014 für seine Habilitationsschrift einen mit 10.000
€ dotierten Geldpreis erhalten. In einer Anlage zur Einkommensteuer-
erklärung 2014 führt er aus: "Geldpreis über 10.000 €; einmaliger Zufluss,
der keiner Steuerpflicht unterfällt". Das Finanzamt veranlagt daraufhin die
ESt 2014 endgültig, ohne den Geldpreis zu erfassen. Nachdem ein
Schreiben des Bundesministers der Finanzen zur Besteuerung von
Geldpreisen ergangen ist, kommen dem Sachbearbeiter Zweifel an der
Behandlung des Steuerfalls. Er möchte den ESt-Bescheid 2014 ändern und
die 10.000 € als Einkünfte aus selbständiger Arbeit ansetzen.
147
Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten
(3):
Literatur
BFH v. 26.2.2002 – X R 59/98, BStBl. II 2002, 450; BFH v. 14.3.2012 – XI R 2/10,
148
BStBl. II 2012, 653.
Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten
(4):
Literatur
BFH v. 19.7.1993 – GrS 2/92, BStBl. II 1993, 897 ff.; BFH v. 22.7.2008 – IX R
79/06, BStBl. II 2009, 227; BFH v. 20.7.2010 – IX R 45/09, BStBl. II 2010, 969;
BFH v. 23.5.2012 – IX R 32/11, BStBl. II 2012, 675.
149
Fälle zur Korrektur von Steuerverwaltungsakten
(5):
150
Steueraufsicht
= jede Beaufsichtigung des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zur
Erfüllung des Auftrags des § 85 AO
Allgemein:
Besondere:
• Zollamtliche Überwachung, §§ 209 ff. AO (T/L, § 21 Rz. 258)
• Umsatzsteuernachschau, § 27b UStG (T/L, § 21 Rz. 259)
• Lohnsteuernachschau, § 42g EStG (eingef. durch EU-AmtshilfRLUmsG v. 29.6.13)
Gegenwartsbezogene, laufende Überwachung des
Steuerpflichtigen; Steueraufsicht als dauernder Zustand
151
Steueraufsicht
Steuerfahndung (§ 208 AO)
(T/L, § 21 Rz. 253-257)
Doppelfunktion
152
Außenprüfung
II. Ablauf
• keine offensichtlich
unzutreffende Besteuerung
Voraussetzungen:
- besonderes Zusageinteresse
- Unsicherheit über die rechtliche Beurteilung eines in
der Zukunft geplanten Sachverhalts
- kein Austesten eines „Steuersparmodells“
158
Verbindliche Auskunft (§ 89 II-VII AO)
Bindungswirkung
• aus sich selbst heraus (h.M.: begünstigender VA)
• Bindungswirkung ex nunc
159
Änderung des § 89 AO durch StModG
(BGBl. I 2016, 1679, 1684 f.)
160
Verbindliche Auskunft (§ 89 II-VII AO)
161
Fall 1:
H ist selbständiger Handelsvertreter und führt von dem Telefonanschluss in
seiner Privatwohnung gelegentlich Verkaufsgespräche. In seiner ESt-Erklärung
01 setzt er 50% der Telefonkosten als Betriebsausgaben an. Nach Rücksprache
mit H setzt das Finanzamt die ESt nach den erklärten Besteuerungsgrundlagen
endgültig fest. In der ESt-Erklärung 02 setzt H wiederum 50% der Telefonkosten
als Betriebsausgaben mit dem Vermerk an: "wie Vorjahr". Der Sachbearbeiter
hält nunmehr den Prozentsatz für zu hoch und schätzt ihn auf max. 30%.
Dementsprechend setzt er die ESt fest. H legt fristgerecht Einspruch ein und
verlangt einen Ansatz von 50% mit dem Argument, das Finanzamt sei durch die
frühere Verfahrensweise, auf die er vertraut habe, gebunden.
Literatur
BFH v. 14.2.2006 – III B 145/05, BFH/NV 2006, 1058 f.; BFH v. 7.10.2010 – V R
17/09, BFH/NV 2011, 865.
162
Fall 2:
Literatur
FG Düsseldorf v. 14.10.1992 – 5 K 144/90, EFG 1993, 64; FG
Niedersachsen v. 9.3.1993 – VII 314/90, EFG 1994, 182; Anders,
DStR 2012, 1779.
163
Fall 3:
Im Rahmen einer Außenprüfung entdeckt der Prüfer bei dem
Malermeister M für das Jahr 2015 einen ungeklärten
Vermögenszuwachs von 25.000 € auf einem Girokonto des M. Der
vorliegende ESt-Bescheid 2015 ist endgültig ergangen. Malermeister
M behauptet, er habe das Geld im Casino Hohensyburg gewonnen.
Das FA sieht darin eine bloße Schutzbehauptung, erhöht den Gewinn
um 25.000 € und berichtigt den ESt-Bescheid.
164
Fall 4:
Literatur
T/L, § 21 Rz. 20 ff.; BMF v. 30.7.2008, BStBl. I 2008, 831.
165
Wirtschaftliche Betrachtungsweise
im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145)
Grundgedanke:
"Für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen ist in
wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche
Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts
maßgebend" (US-Regel: "substance over form")
166
Wirtschaftliche Betrachtungsweise
im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145)
Gesetzliche Ausprägungen:
• Zurechnung von Wirtschaftsgütern (§ 39 II AO)
Grundsatz:
§ 39 I AO: Zurechnung zum Eigentümer, d.h. grds. Zurechnung nach
dem Zivilrecht
Ausnahme:
§ 39 II AO: Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche
Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den
Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der
Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, so ist ihm das
Wirtschaftsgut zuzurechnen.
Beispiel:
Sicherungseigentum 167
Wirtschaftliche Betrachtungsweise
im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145)
Gesetzliche Ausprägungen:
Gedanke:
Durch die Anknüpfung an das wirtschaftliche "Ist" auch in Fällen
gesetz- oder sittenwidriger Handlungsweise soll erreicht werden, dass
illegales Verhalten nicht ggü. legalem Verhalten steuerlich begünstigt
wird.
168
Wirtschaftliche Betrachtungsweise
im Steuerrecht (T/L, § 5 Rz. 70-145)
Gesetzliche Ausprägungen
• Unwirksame Rechtsgeschäfte (§ 41 AO)
Gedanke:
169
Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (1):
Eltern E übertragen auf ihren Sohn A ein Mietwohngrundstück unter
Vorbehalt eines lebenslänglichen Nießbrauchs.
Abwandlung:
Gleichzeitig vereinbart E mit A ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot,
das durch eine Rückauflassungsvormerkung gesichert wird.
Literatur
BFH v. 26.11.1998 – IV R 39/98, BStBl. II 1999, 263 ff.; BFH v. 20.12.2005
– X B 128/05, BFH/NV 2006, 704; BFH v. 28.3.2007 – IX R 37/05, BFH/NV
2007, 1891.
170
Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (2):
171
Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (3):
Ein 6-jähriges Kind kauft ein Buch. Die Eltern genehmigen den Kauf nicht.
Das Kind behält das Buch dennoch.
172
Fälle zur Rechtsanwendung im Steuerrecht (4):
173
Steuerumgehung (§ 42 AO)
(T/L, § 5 Rz. 116-134)
Grundsatz
Der Stpfl. kann sein wirtschaftliches Verhalten im Rahmen der Rechtsordnung frei
wählen und gestalten. Das Steuerrecht schränkt die wirtschaftliche Freiheit nicht
ein, sondern respektiert sie und knüpft an sie an. Die bloße Steuervermeidung
bleibt daher folgenlos (dazu: Drüen in: T/K § 42 Rz. 6 f.).
Ausnahme
Durch den Missbrauch qualifizierte Steuervermeidung:
Missbräuchliche Tatbestandsvermeidung (Steuertatbestände) oder Tatbestands-
erschleichung (Steuerbefreiungen, -entlastungen).
174
Steuerumgehung (§ 42 AO)
(T/L, § 5 Rz. 116-134)
Tatbestandsvoraussetzungen:
= Stpfl. nutzt die Diskrepanz zwischen Wortlaut und Zweck einer Norm zu
seinen Gunsten aus
4. Umgehungsabsicht
176
Fälle zur Steuerumgehung (1):
Abwandlung
S empfängt keine laufenden Unterhaltszahlungen mehr, weil er von den
Eltern Kapitalvermögen geschenkt erhalten hat. Von den daraus fließenden
Zinsen kann er seinen Unterhalt einschließlich der Miete bestreiten.
Literatur
BFH v. 19.10.1999 – IX R 30/98, BStBl. II 2000, 223; Pezzer, StuW 1994,
31 ff.; ders., Steuerberater-Jahrbuch 2000/2001, 61; T/L, § 5 Rz. 116 ff.
177
Fälle zur Steuerumgehung (2):
Die inländische GmbH G gründet die liechtensteinische Tochtergesellschaft
L, die in die ausländischen Leistungsbeziehungen als Vertragspartner
eingeschaltet wird. Die bei L eingehenden Zahlungen werden an die
Muttergesellschaft weitergeleitet. Außer einem liechtensteinischen Vorstand
(Rechtsanwalt R, der auch für andere Gesellschaften tätig ist) sind bei L
keinerlei Angestellte beschäftigt.
Literatur
BFH v. 29.10.1997 – I R 35/96, BStBl. II 1998, 235; BFH v. 19.1.2000 – I R
94/97, BStBl. I 2001, 222; BFH v. 25.2.2004 – I R 42/02, BStBl. II 2005, 14;
T/L, § 5 Rz. 116 ff.
178
Fälle zur Steuerumgehung (3):
Gestaltungsmissbrauch?
Literatur
BFH v. 18.7.2013, BStBl. II 2013, 934; T/L, § 5 Rz.121
179