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DEUTSCHE SPRACHE:

SPRACHE UND
KULTUR

Prof. Dr. Arvi Sepp

Wintersemester 2023
I. Organisatorische Informationen
DEUTSCHE SPRACHE: SPRACHE
UND KULTUR
(ARVI SEPP / GEERT CRAUWELS)

Arvi Sepp Geert Crauwels


Kulturgeschichte, Landeskunde Kulturspezifisches
und Übersetzung Kommunizieren

50% der Gesamtnote


50% der Gesamtnote
NOTENVERTEILUNG
(TEIL ARVI SEPP)

Mündliche Prüfung: 70%


Übersetzungsklausur am 21. Dezember: 30%
Insgesamt (für den Teil von Arvi Sepp): 100%
PRÜFUNGSSTOFF

1. Übersetzungsübungen
2. Alle Powerpoint-Präsentationen
MATERIALIEN AUF
CANVAS
MÜNDLICHE PRÜFUNG

Mündliche Prüfung mit Vorbereitungszeit (15


Minuten)
3 Zettel
1. ZETTEL
Zettel mit Definitionen, Titeln, Namen, Textauszügen, Begriffen, Ereignissen,
Stichworten usw.

Beispiel: Definieren Sie möglichst präzise eine


historische Persönlichkeit (1), ein Ereignis (2) oder einen
Begriff (3) und situieren Sie diese innerhalb einer
Epoche: (1) ‘Graf von Metternich’, (2) ‘Völkerschlacht’,
(3) ‘Dolchstoßlegende’, …
 verbinden mit Epochen, Namen, Titeln, inhaltlich
erläutern, …
2. UND 3. ZETTEL
Eine Bildfrage (aus den Powerpoint-Präsentationen):

z.B. Benennen Sie dieses Bild und erklären Sie seine


Bedeutung in der deutschen Kulturgeschichte.
(Emblem des Rheinbundes)
2. UND 3. ZETTEL
oder eine inhaltliche Frage:
Stellen Sie die großen Entwicklungslinien der deutschen Kulturgeschichte dar
Welche Rolle spielte Napoleon in der Entwicklung des deutschen
Nationalgefühls?

oder eine Kombinationsfrage:


Vergleichen Sie Merkmale unterschiedlicher Epochen (diachron) oder
unterschiedlicher Gebiete bzw. Regionen (synchron)
Wie unterschieden sich die Wirtschaftssysteme in der DDR und der BRD
(1949-1989)?
ÜBERSETZUNGSKLAUSU
R
Übersetzungsklausur aus dem Niederländischen
ins Deutsche zu den Themen ‘Geschichte’ und
‘Politik’.

Termin: 21. Dezember 2023 (vor Ort)


ZIEL DER
LEHRVERANSTALTUNG

 Prüfungsstoff aktiv bearbeiten und kuturgeschichtlich


einordnen können
 Einsicht, Verständnis, Zusammenhang sollen zum Tragen
kommen.
 Beherrschung eines geeigneten Vokabulars aus den
Gebieten der Geschichte, Kultur und Politik
II. Deutsche Nationwerdung: 19. Jh.
1. Politischer Kontext
DEUTSCHLAND ALS
“VERSPÄTETE NATION”

Deutschland als “verspätete Nation”: Entwicklungsgeschichte


Deutschlands
HEILIGES RÖMISCHES REICH
DEUTSCHER NATION (1789)
GESCHICHTLICHE
WEICHENSTELLUNGEN IM 18.
JAHRHUNDERT/JAHRHUNDERTWEND
E
1. Französische Revolution 1789
2. Eroberungsfeldzug Napoleons: Zusammenstoß zwischen dem “neuen”
Frankreich und den aufgeklärt-absolutistischen Großmächten Preußen und
Österreich bzw. den noch feudalistisch regierten übrigen Ländern des
Reiches (Schlacht bei Austerlitz, Dezember 1805)
3. Umgestaltung der territorialen und politischen Verhältnisse
• Unter Napoleons Protektorat bildet sich aus den deutschen Mittelstaaten der “Rheinbund” (Bayern,
Baden, Württemberg)
• Schwächung des alten Reichsverbandes, Säkularisierung, Reformen nach französischem Vorbild
(Einschränkung der Vorrechte des Adels, Bauernbefreiung, Erneuerung und Demokratisierung des
Verwaltungsapparates…)

4. Der Austritt des Rheinbundes aus dem Hl. Römischen Reich deutscher
Nation bedeutet dessen Ende
Gründung des Rheinbundes, 1806
Der Rheinbund (Staatenbund): 1806-1813
Konföderation deutscher Fürsten, die eine Militärallianz mit dem
Kaiserreich Frankreich bildeten.

= napoleonische Herrschaftssicherung
Rheinbund-Emblem 1806
DER RHEINBUND
Folge: Auflösung des Reichsverbandes und weitere Zersplitterung
der innerdeutschen Verhältnisse
Schlacht bei Jena und Auerstedt (14. Oktober 1806): Preußische
Niederlage
SYMBOLMOMENT: EINZUG
NAPOLEONS IN BERLIN UND
VERSCHLEPPUNG DER QUADRIGA

“Einzug Napoleons in Berlin” von Charles Meynier, 1810


Widerstand gegen Napoleon und deutsche Staatsbildung:
die Befreiungskriege 1813-1815
KULTURELLE
DARSTELLUNG DER
BEFREIUNGSKRIEGE
Dichterische, patriotische Darstellung der
Befreiungskriege:
- Theodor Körner
- Ernst Moritz Arndt
- Friedrich Ludwig Jahn

→ vermittelten das populäre Gedächtnis der Befreiung (vor allem mit der
Jahrhundertfeier 1913 und der Propaganda anlässlich des Ersten Weltkriegs Teil
der kollektiven Identität geworden.
Erinnerungsort Völkerschlacht: Leipzig, 1813
DIE VÖLKERSCHLACHT
Einzug der alliierten Truppen in Leipzig am 19. Oktober 1813
Lützower Jäger:
Symbol des deutschnationalen Widerstandes gegen Napoleon
Gerhard Johann von Scharnhorst
Kennzeichen der L.J. → Künftige Nationalfarben: Schwarz, Rot, Gold
https://
www.youtube.com/watch?v=tK32y36b-AY&index=7&list=PLzuWdv
SduNtWIrVrqiCrFy_UAFgafeIgg

(ab 25:00)
Rückkehr der Quadriga (1814): wichtiges Moment des kollektiven
Nationalgefühls
Viktoria! – Die Rückkehr der Quadriga 1814 (Rudolf Eichstaedt)
Das Völkerschlachtdenkmal
VÖLKERSCHLACHTDENK
MAL BEI LEIPZIG (1913)
Der Wiener Kongress: Bedeutung und Folgen
Restaurationszeit
DER WIENER KONGRESS

18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815


Niederlage und Abdankung Napoleons:
England, Russland, Österreich und Preußen
als Sieger hervorgegangen > bestimmende
Mächte
Ziel: Territoriale, politische und rechtliche
(Neu-)Ordnung Europas
Vorsitzender: Graf von Metternich (1810 -
1848 österreichischer Staatskanzler)
DER WIENER KONGRESS
Zurück zur alten Ordnung?
Ziel des Kongresses (unter
Führung v. Fürst Metternich) =
Restauration (=
Wiederherstellung der Ordnung
vor 1792) + Gleichgewicht der
europäischen Mächte, u.a.:
Frankreich: Verlust aller von
Napoleon eroberten Gebiete
Holland + ehemals habsburgischen
Niederlande = Königreich der
Niederlande

Neuordnung Europas nach dem Wiener Kongress von 1815


Deutscher Bund = 41
+/-souveräne Staaten
EUROPA 1815
TERRITORIALE
VERÄNDERUNGEN

Österreich tritt z.B. Belgien an die Niederlande ab


Preußen überlässt Russland die polnischen Gebiete. Dafür erhält es
z.B. die Rheinprovinz (Trier, Köln, Aachen, Jülich und Berg)
DER DEUTSCHE BUND
Die Staaten des vormaligen Heiligen Römischen Reiches (mit
Ausnahme von Belgien) formen den Deutschen Bund als losen
Zusammenschluss unabhängiger deutscher Fürstentümer
35 erbliche Fürstentümer und 4 freie Städte
Ö und Preußen nur mit Gebieten, die Teil des Römischen
Reichs waren, vertreten
Die Staaten bilden weder einen Bundesstaat (der eine deutsche
Einigung vorausgesetzt hätte), noch einen Staatenbund (der eine
verbindliche Verfassung benötigt hätte), sondern nur einen
lockeren Staatenverband ohne eigenes Staatsoberhaupt.
Die Souveränität bleibt bei den Fürsten und den Senaten der
Freien Städte.
DER DEUTSCHE BUND
Restauration ↔ Liberalismus
Nationalismus
LIBERALISMUS/
NATIONALISMUS VS.
RESTAURATIVE BEMÜHUNGEN
Folgeerscheinungen der französischen Revolution: Der
Liberalismus hatte 1789 in Frankreich die politische Macht
gewonnen und erregte damit ungeheuren Eindruck in ganz Europa.

Die Liberalen forderten:


- einen Verfassungsstaat (d.h. einen Staat, in dem die Verteilung
von Rechten und Pflichten zwischen Fürst und Parlament durch die
Verfassung geregelt sind [parlamentarische Demokratie])
- Volkssouveränität (statt dem Gottesgnadentum der
absolutistischen Herrscher)
Der Deutsche Bund war aus Sicht vieler Zeitgenossen
primär ein Instrument zur Unterdrückung nationaler
und liberaler Bewegungen. Für sie war dieses Bündnis
von monarchischen Einzelstaaten kein Ersatz für einen
vom liberalen Bürgertum geforderten Nationalstaat.
Errichtung der Walhalla (‘Halle der Gefallenen’) in Regensburg
(Bayern)
Kompensatorisches Gedenkbauwerk
< Walhall, der Ruheort der tapfersten gefallenen Krieger in der
germanischen Mythologie.
Die Walhalla, Regensburg (erbaut 1830-1842)
Innenansicht des Büstensaales
2. Kultureller Kontext
WEIMARER KLASSIK

Der Ausdruck Weimarer Klassik


bezeichnete im Verständnis des
19. Jahrhunderts die Zeit, in der
das "Viergestirn" Wieland,
Goethe, Herder und Schiller in
Weimar wirkte.
BIEDERMEIER

Als Biedermeier wird die Zeitspanne von 1815


(Wiener Kongress) bis 1848 (Beginn der
bürgerlichen Revolution) in den Ländern des
Deutschen Bundes und im Kaisertum Österreich
bezeichnet
Zentral: Kultur und Kunst des Bürgertums
Als typisch gelten der Rückzug ins Private, in den
apolitischen Raum, das Glück in der
Beschränkung, Verinnerlichung und
kleinbürgerlicher Idylle
GRÜNDE FÜR DEN
“RÜCKZUG INS PRIVATE”
Nach den Wirren der napoleonischen Kriege sehnten sich
die Menschen nach Ruhe und Ordnung.

Die von österreichischen Staatskanzler Metternich


durchgesetzten “Karlsbader Beschlüsse” 1818 erwirkten
eine starke Einschränkung jeglicher politischer
Betätigung.

Es wurde eine strenge Zensur für alle Veröffentlichungen


eingeführt, Literaten wie Heinrich Heine und Georg
Büchner emigrierten, ebenso Karl Marx.
Karl Spitzweg, “Der Kaktusliebhaber” (1850) Id., “Zeitungsleser im Garten”
VORMÄRZ
Sammelbezeichnung für die oppositionelle bis
revolutionäre politische Literatur der Jahrzehnte vor der
deutschen Märzrevolution von 1848
Strebt im Gegensatz zum Biedermeier politische
Veränderung und eine Verbesserung der Lebensumstände
an, fordert vom Bürgertum die Rückkehr eines
politischen Bewusstseins mit dem Ziel der Revolution
Wichtigste Vertreter: Heinrich Heine, Georg Büchner,
Autorengruppierung “Junges Deutschland” (Bettina von
Arnim, Christian Dietrich Grabbe)
Wichtige Genres: Brief und Reisebericht
Die Märzrevolution 1848
DAS REVOLUTIONSJAHR
1848
Der revolutionäre Funke springt von Frankreich (Abdankung
des Königs Louis-Philippe, Ausrufung der Republik) auf ganz
Europa über
Volksversammlungen, Demonstrationen, Forderungen nach
Pressefreiheit, Verfassung, Volksmiliz, einem bundesweiten
Parlament
Wien: Straßenkämpfe, Metternich flieht nach GB
Erhebungen in den Ländern der Donaumonarchie: Italiener,
Tschechen, Ungarn fordern Autonomie
Blutige Aufstände in Preußen
Erste Zugeständnisse der Herrscher wechseln sich mit
Versuchen ab, die Aufständischen militärisch zu bekämpfen
Reichsverfassung:
-Abschaffung der Standesvorrechte
-Freiheit der Meinungsäußerung, Religion und Wissenschaft
-Unverletzlichkeit der menschlichen Person

→ Grundlage für die Verfassung von Weimarer Republik und BRD


Erinnerungsort: Paulskirche in Frankfurt am Main
PAULSKIRCHE
PAULSKIRCHE
PAULSKIRCHE

Nationalversammlung (Präsident: Heinrich von Gagern) Germania (Paul Veit)


KARIKATUR 1848
REAKTION UND BISMARCKZEIT (1850-1890)

Die Revolution gilt als gescheitert, trotz


einiger Neuerungen setzt sich in den
meisten Staaten die Reaktion wieder
durch konservative Revision von
liberalen Verfassungsrechten
Der Deutsche Bund von 1815 wird unter
österreichischem Vorsitz
wiederhergestellt
1862 wird Otto von Bismarck
preußischer Ministerpräsident
Reichsgründung 1871
DEUTSCHES REICH (1871-
1918)
Reichsbanner Reichsadler
Anton von Werner: Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871)
KAISERKRÖNUNG UND REICHSGRÜNDUNG

18. 01. 1871: Kaiserkrönung Wilhelm I.,


preußischer König, im Spiegelsaal von Versailles
Kaiserreich wurde unter preußischer Herrschaft und
ohne Österreich gegründet

 Frankreich trat Elsass und einen Teil von


Lothringen ab und zahlte Reparationen (5 Mrd.
Franc)
FOLGEN
Vollendung der Einigung Deutschlands unter preußischer Führung
Veränderung des Kräfteverhältnis in Europa
Vertiefung des deutsch- französischen Gegensatzes durch
Abtrennung von Elsass – Lothringen
Wirtschaftsaufschwung im ganzen dt. Reich aufgrund der
Reparationszahlungen
REICHSVERFASSUNG
1871
dt. Reich = Nationalstaat
Vormachtstellung Preußens:
- König von Preußen ist zugleich deutscher
Kaiser
- Armee untersteht dem (preußischen) Kaiser
- Preußen hat großen Anteil des dt. Reiches
Wirtschaft und die soziale Frage
GRÜNDERJAHRE, HOCHBLÜTE DER
INDUSTRIELLEN REVOLUTION

Reparationszahlungen Frankreichs und


Gebietsgewinne verhelfen Deutschland zu einem
wirtschaftlichen Aufschwung
>Ausbau der Industrie und des Eisenbahnetzes,
Aufschwung der Großbanken, Fabriksgründungen
Gesellschaftlicher Umbruch: Niedergang des
Bauerntums und der Handwerker> Arbeiterstand
entsteht
Ruhrgebiet wird zu einem der größten
Industrieräume Europas
Wirtschaftlicher Aufschwung: Typische Gründerzeitstraße in Chemnitz
Paul Friedrich Meyerheim: Vor der Vollendung
(1873)
SOZIALE FRAGE:
MARXISMUS UND
SOZIALISMUS
Diskrepanz zwischen wirtschaftlichem Aufschwung und
krassen sozialen Missständen
Bevölkerungsexplosion und Landflucht führen zu
Ausbeutung der Arbeiterschaft: Leben am
Existenzminimum, ohne soziale und rechtliche Sicherheit
Arbeiterbewegung und Sozialismus entstehen:
intellektuelle Grundlage der Bewegungen sind “Das
Kommunistische Manifest” (1848) und “Das Kapital”
(1867) von Karl Marx und Friedrich Engels
Gründung von Gewerkschaften und Arbeiterbünden
Deutsche Auswanderung in die USA (1848-1914): größte etnische
Minderheit
Gründe: - sozial: Proletarier
- politisch/philosophisch: die Linke
- militärisch: Dienstverweigerer
Die ‘Forty-Eighters’

Theodor Hecker bei der Abreise in die USA (1849)


Idealisierendes Bild der deutschen Auswanderung, 1850
Hermann Heights Monument (1897), New Ulm (Minnesota)
Kolonialismus
POLITISCHE ENTWICKLUNGEN DER
ZWEITEN JAHRHUNDERTHÄLFTE
IM ÜBERBLICK
1884/85 Deutsche Kolonien in SW-Afrika, Kamerun, Togo,
Ostafrika und im Pazifikraum (Neuguinea)

1887: Österreich-Ungarn besetzt das früher türkische


(osmanische) Bosnien-Herzegowina und annektiert es 1908

1888: Wilhelm I. stirbt

1890: Entlassung Bismarcks durch Wilhelm II. leitet das sog.


Wilhelminische Zeitalter ein, auch bekannt als Zeitalter des
Imperialismus
DEUTSCHE
KOLONIALTERRITORIEN
Bismarck-Denkmal in Deutsch-Ostafrika
Das Deutsche Eck (Koblenz):
Erinnerungsort Wilhelm I
KAISER-WILHELM-I-DENKMAL

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