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Prof. Dr.

Johannes Schmidt

Studiengang Handel / Warenwirtschaft und Logistik, 4. Semester

Volkswirtschaftslehre IV: Geld und Währung

Inhalt und Zeitplan:

27.01.2006: Geld und Geldangebot


Geldfunktionen und Gelddefinitionen
Akteure der Geldpolitik
Geldangebot, Geldnachfrage und Geldschöpfung im Bankensystem
Messung von Preisniveauänderungen
Inflation und Deflation
Preisindizes

30.01.2006: Geldpolitik und Transmissionsmechanismen


Geldpolitisches Instrumentarium der EZB
Transmission geldpolitischer Impulse

09.02.2006: Inflationstheorien
Geldnachfrage, Inflationserwartungen und Inflation
Nachfrage- und Angebotsschocks
Interpretationen der Quantitätsgleichung

14.02.2006: Geldpolitische Ziele und Strategien


Ziele und Zielkonflikte in der Geldpolitik
Geldpolitische Strategien und Heuristiken

16.02.2006: Makroökonomik der offenen Wirtschaft I


Internationaler Nachfrage-, Preis- und Zinsverbund
Bestimmungsfaktoren von Wechselkursen

21.02.2006: Makroökonomik der offenen Wirtschaft II


Makroökonomische Politik in der offenen Wirtschaft
Feste vs. flexible Wechselkurse

23.03.2006: Repetitorium
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Literatur zu Geld und Währung

Die Veranstaltung folgt im wesentlichen den geldpolitischen und außenwirtschaftlichen Kapiteln


des Buches:

PETER BOFINGER (2003): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die


Wissenschaft von Märkten. Harlow: Pearson.

Der Stoff der Vorlesung umfaßt die Kapitel 20–22 dieses Lehrbuches sowie ergänzende
Literatur aus anderen Werken; die Literatur ist – neben dem eigentlichen Skriptum –
prüfungsrelevant und wird in Kopie abgegeben.

Zum Thema Geldtheorie und -politik sowie zur offenen Wirtschaft existieren zahlreiche
Lehrbücher, die sich z.T. im Ansatz, in den Schwerpunkten und auch im (formalen)
Schwierigkeitsgrad unterscheiden. Zu empfehlen sind insbesondere die folgenden Bücher:

BOFINGER, P. (2001): Monetary Policy: Goals, Institutions, Strategies, and Instruments. Oxford:
Oxford University Press.

GÖRGENS, E., RUCKRIEGEL, K., SEITZ, F. (2001): Europäische Geldpolitik: Theorie, Empirie,
Praxis (4. Aufl.). Stuttgart: Lucius & Lucius.

HEINE, M., HERR, H. (2004): Die Europäische Zentralbank: Eine kritische Einführung in die
Strategie und Politik der EZB. Marburg: Metropolis.

JARCHOW, H.-J. (1998): Theorie und Politik des Geldes I (10. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht.

KRUGMAN, P.R., OBSTFELD, M. (2004): Internationale Wirtschaft: Theorie und Politik der
Außenwirtschaft (6. Aufl.). München: Pearson. [engl. Originalausgabe: KRUGMAN, P.R.,
OBSTFELD, M. (2003): International Economics: Theory and Policy (6. Aufl.). Boston etc.:
Addison-Wesley.]

MISHKIN, F.S. (2004): The Economics of Money, Banking and Financial Markets (7. Aufl.).
Boston etc.: Addison Wesley.

MUSSEL, G. (2002): Grundlagen des Geldwesens (5. Aufl.). Sternenfels: Verlag Wissenschaft
und Praxis.

Über die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kann man sich auch aus ihren
Veröffentlichungen informieren, insbesondere aus ihren Monatsberichten. Die Berichte können
auf den Web-Seiten der EZB oder auch (in deutscher Sprache) der Deutschen Bundesbank
heruntergeladen werden.
http://www.ecb.int

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http://www.bundesbank.de

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I. Geld und Preise
1. Geldfunktionen und Geld(mengen)definitionen

Was ist Geld?

Geldfunktionen

Geld als Recheneinheit und Wertstandard


Ý (Kredit -)Vertr äge werden in nominalen Wertstandards definiert
Ý Notwendigkeit der Stabilit ät dieses Wertstandards

Geld als Zahlungs - und Tauschmittel


Ý Mittel zur Erf üllung von Verpflichtungen (Steuerschulden etc.)
Ý ermöglicht effizienten Handel

Geld als Wertaufbewahrungsmittel


ÝGeld als „abstrakt -gesellschaftlicher “ Reichtum, der jederzeit
in „konkreten “ Reichtum (Kauf von Konsum - und Investitions -
gütern, Tilgung von Verpflichtungen) umgesetzt werden kann
ÝLiquidit ät als Geldhaltungsmotiv

Was ist Geld?

Geld(mengen) definitionen

Bargeld (Noten und Münzen) als „Kristallisationspunkt“


Ý Bargeld als zentraler Bestandteil jeder Gelddefinition
Ý perfekte Substitute des Bargeldes sind ebenfalls Geld, d.h. Einlagen
bei der Zentralbank (werden nur von Banken gehalten)

Weitergehende Gelddefinition:
ÝFinanzielle Aktiva haben unterschiedliche Geldnähe („ moneyness “),
d.h. sie lassen sich (ggf. mit Kosten) in Geld umwandeln bzw . als
Geld verwenden (Sparkonten, Wertpapiere etc.)
Ý Aufgrund dieser Substitutionsmöglichkeit kann es gerechtfertigt
sein, die Geldmenge weiter abzugrenzen und neben Bargeld
weitere Geldvermögensarten einzubeziehen.

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Geldmengendefinitionen im Vergleich

Euroland (Mrd. €, Okt. 2005) USA (Mrd. $, Okt. 2005)

M1 Bargeldumlauf (514,9) Bargeldumlauf


+ täglich fällige Einlagen (2.855,9) + Traveler’s checks
+ demand deposits
+ other checkable deposits

= 3.370,9 = 1.367,6
M1
M2 M1 M1
+ Einlagen mit vereinbarter Lauf- + savings deposits
zeit von bis zu 2 Jahren (1.085,5) + small-denomination
+ Einlagen mit vereinbarter Kündi- time-deposits (<100.000 $)
gungsfrist von bis zu 3 Monaten + balances in retail money
(1.547,9) market funds
M2 = 6.004,3 = 6.627,2

M3 M2 M2
+ Repogeschäfte (237,2) + large-denomination
+ Geldmarktfondsanteile (628,8) time-deposits (>100.000 $)
+ Schuldverschreibungen von bis + balances in institutional money funds
M3 zu 2 Jahren (123,5) + RP liabilities
+ Eurodollars

= 6.993,8 = 10.058,2

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Aufgabe zu Geldmengen:

Welche Geldmengen verändern sich wie bei den folgenden Transaktionen?

a) Sie zahlen €100 auf ihr Girokonto ein.

b) Sie überweisen €1.000 von Ihrem Girokonto auf Ihr Sparkonto, das eine Kündigungsfrist von
sechs Monaten aufweist.

c) Sie kaufen von Ihrem Kollegen Aktien im Wert von €5.000 und bezahlen durch Überweisung
von Ihrem Sparkonto (dreimonatige Kündigungsfrist) auf das Girokonto Ihres Kollegen.

d) Sie kaufen von Ihrem Kollegen Aktien im Wert von €5.000, heben den entsprechenden
Betrag von Ihrem Girokonto ab und bezahlen Ihren Kollegen in bar.

e) Sie kaufen von Ihrer Bank Aktien im Wert von €5.000 und bezahlen durch entsprechende
Belastung ihres Girokontos.

f) Sie kaufen von Ihrer Bank Schuldverschreibungen im Wert von €3.000 mit sechsmonatiger
Laufzeit. Zur Finanzierung dieser Transaktion verkaufen Sie an einen Kollegen
Geldmarktfondsanteile im Wert von €2.000. Der Kollege überweist Ihnen diesen Betrag von
seinem Sparkonto (zwölfmonatige Kündigungsfrist) auf Ihr Girokonto. Ihr Girokonto wird dann
für den Kauf der Finanzierungsschätze von Ihrer Bank mit € 3.000 belastet.

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2. Akteure auf den monetären Märkten im Euroraum

Geldpolitische Instanzen im Euro-Raum

Beschlußorgane der EZB

EZB-Rat Direktorium Erweiterter EZB-Rat

(Direktorium der EZB, (Präsident der EZB, (Präsident der EZB,


Notenbankpräsidenten Vizepräsident und vier Vizepräsident, Noten-
des Euro-Raums) weitere Mitglieder) bankpräsidenten der EU)

Entscheidungen über Durchführung der Beitritt von EU-Ländern


Geld- und Kreditpolitik Geldpolitik zur Währungsunion (u.a.)

Stellung der Europäischen Zentralbank

Vorrangiges Ziel: Sicherung der Preisstabilität (Art. 105 EGV)

Unabhängigkeit
der EZB und der
nationalen Notenbanken
(Art. 108 und 109 EGV)

Verbot der Kredit- Kein bevorrechtigter Haftungsausschluß


vergabe an die Staaten Zugang von Staaten zu („no-bail -out“-Klausel)
den Kreditmärkten
(Art. 101 EGV) (Art. 103 EGV)
(Art. 102 EGV)

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AggregierteBilanz des Eurosystems (per 31.10.05, Mio. €)
Aktiva Zentralbankgeldmenge/Geldbasis Passiva

Gold und Goldforderungen 149.086 Banknotenumlauf 539.661


Forderungen in Fremdwährung Verbindlichkeiten in Euro gegenüber
an Ansässige außerhalb des Kreditinstituten im Euro -Währ.geb. 149.207
Euro-Währungsgebietes 161.218 Verbindlichkeiten aus der Begebung
Forderungen in Fremdwährung von Schuldverschreibungen 0
an Ansässige im Euro -Währ.geb. 20.803 Verbindlichkeiten gegenüber sonstigen
Forderungen in Euro an Ansässige Ansässigen im Euro -Währungsgebiet 56.933
außerhalb des Euro -Währ.geb. 8.173 Verbindlichkeiten gegenüber Ansäs -
Forderungen in Euro an Kredit - sigen außerhalb des Euro -Währ.geb. 21.259
institute im Euro -Währungsgebiet 387.293 Sonstige Passiva 173.147
Wertpapiere in Euro von An - Kapital und Rücklagen 58.408
sässigen im Euro -Währungsgebiet 92.936
Forderungen in Euro
an öffentliche Haushalte 40.757
Sonstige Aktiva 138.349

Insgesamt 998.615 Insgesamt 998.615

Währungsreserven,
incl. Gold

Vereinfachte Bilanz einer Geschäftsbank


Aktiva Passiva

(8) Einlagen von Nichtbanken


(1) Banknoten und Münzen
- Sichteinlagen
- Termineinlagen
(2) Guthaben bei der Zentralbank
- Spareinlagen

(3) Guthaben bei anderen Geschäfts-


banken (9) Verbindlichkeiten gegenüber anderen
Geschäftsbanken

(4) Nettoauslandsforderungen
(10) Verbindlichkeiten gegenüber der
Zentralbank
(5) Wertpapiere

(11) Sonstige Verbindlichkeiten


(6) Kundenkredite

(12) Reinvermögen
(7) Sonstige Vermögensteile ( incl.
Realvermögen

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Konsolidierte MFI-Bilanz (incl. Eurosystem, 31.10.05, Mrd. €)
Aktiva Passiva

Kredite an Nicht -MFIs im Bargeldumlauf 510,5


Euro-Währungsgebiet Einlagen von Zentralstaaten 179,0
- Öffentliche Haushalte 832,9 Einlagen von sonstigen Nicht -MFIs 7.048,7
- Sonstige 8.133,6 Geldmarktfondsanteile 626,4
Wertpapiere ohne Aktien von Begebene Schuldverschreibungen 2.318,8
Nicht -MFIs im Euro -Währ.geb.
Kapital und Rücklagen 1.153,5
- Öffentliche Haushalte 1.540,5
- Sonstige 522,6 Passiva gegenüber Ansässigen
außerhalb des Euro -Währungsgeb . 3.442,5
Aktien und sonstige Dividenden -
papiere von sowie Beteiligungen Sonstige Passivpositionen 2.188,9
an sonstigen Nicht -MFIs im
Euro-Währungsgebiet 733,1
Aktiva gegenüber Ansässigen
außerhalb des Euro -Währungsgeb . 3.896,0
Sachanlagen 178,6
Sonstige Aktivpositionen 1.631,1

Insgesamt 17.468,3 Insgesamt 17.468,3

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%

-5
0
5
10
15
20
25
30
1960

1962
% 1964

0
1
2
3

0,5
1,5
2,5
3,5
Jan 96 1966

Mai 96 1968 Deutschland

Sep 96
1970
Jan 97
1972
Mai 97
Sep 97 1974

Jan 98 1976
Frankreich

Mai 98
1978
Sep 98
1980
Jan 99
Mai 99 1982
Inflationsraten in der Welt

Jahr
Sep 99

Inflation in Euroland
1984
Großbritannien

Jan 00

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1986
Mai 00

Inflationsrate (HVPI)
3. Preisniveau, Inflation und Preisindizes

1988
Sep 00
USA

Jan 01 1990

Datum
Mai 01 1992
Sep 01
1994
Jan 02
Japan

1996
Mai 02
Sep 02 1998
Jan 03
2000
Italien

Mai 03
2002

Inflationsziel der EZB


Sep 03
Jan 04 2004

Mai 04 2006
Sep 04
Jan 05
Mai 05
Sep 05

9
Nominales und reales BIP in Deutschland

Nominales BIP Westdeutschland Reales BIP Westdeutschland (in Preisen von 1995)
Nominales BIP Gesamtdeutschland Reales BIP Gesamtdeutschland (in Preisen von 1995)

2500

2000

1500
Mrd. €

1000

500

0
1960

1962

1964

1966

1968

1970

1972

1974

1976

1978

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004
Jahr

Für die Messung der Inflationsrate werden verschiedene Konzepte verwendet. Dabei sind drei
von besonderer Bedeutung:
• Preisindex der Lebenshaltung aller Privaten Haushalte, der in Deutschland zur Messung
der Inflationsrate verwendet wird;
• Harmonisierter Verbraucherpreisindex (HVPI) innerhalb der Europäischen Wirtschafts-
und Währungsunion, an dem die EZB ihr Preisstabilitätsziel festmacht (die
entsprechenden Daten bilden die Grundlage der Folie „Inflation in Euroland“ auf der
vorherigen Seite);
• BIP-Deflator, mit dem die nominalen Größen des BIP in reale, d.h. in Preisen eines
Basisjahres bewertete Größen umgerechnet werden. Ziel ist es, die auf Veränderungen
von Preisen basierenden Entwicklungen auszuschalten und so nur die reinen
Mengenveränderungen betrachten zu können. Mit Daten zum BIP-Deflator wurden die
Graphik „Inflationsraten in der Welt“ und „Nominales und reales BIP in Deutschland“
generiert.

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II. Geldnachfrage und Geldangebot
1. Geldangebot und Geldschöpfung im Bankensystem

a) Zentralbankgeldschöpfung und -vernichtung

Zentralbankgeldschöpfung und -vernichtung I

Geldschöpfung der Zentralbank erfolgt, wenn diese Vermögensteile (Aktiva)


von anderen Wirtschaftseinheiten (z.B. Geschäftsbanken) kauft oder Kredite
gewährt und mit Geld darstellenden Verbindlichkeiten (Banknoten oder
Sichtverbindlichkeiten) zahlt

Veränderungen in der Bilanz Veränderungen in der Bilanz


der Zentralbank der Geschäftsbank
Aktiva Passiva Aktiva Passiva

Zunahme der Zunahme der Zunahme der


Zunahme der
Kreditfor- Sichtverbind- Kreditverbind-
Sichtguthaben
derungenan lichkeiten lichkeiten
bei der
Geschäfts- gegenüber gegenüber
Zentralbank
banken Geschäftsbanken der Zentralbank
(100)
(100) (100) (100)

Zentralbankgeldschöpfung und -vernichtung II

Varianten derZentralbankgeldschöpfung

Ankauf von Schuldverschreibungen von anderen Wirtschaftseinheiten

Ankauf von Devisen von Geschäftsbanken

Gewährung von Krediten an Geschäftsbanken

Zentralbankgeldvernichtung

Eine Geldvernichtung durch die Zentralbank erfolgt, wenn die Zentral-


bank Vermögensteile an andere Wirtschaftseinheiten verkauft oder
Kredite zurücknimmt und dabei ihre Verbindlichkeiten (Banknoten-
umlauf oder Sichtverbindlichkeiten) vermindert.

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Vereinfachte Eurosystem-Bilanz, 31.10.05, Mio. €

Aktiva Passiva
Währungsreserven Bargeldumlauf 539.661
(incl. Goldreserven) 331.107 Einlagen von MFIs 149.207
Nettoforderungen gegenüber Sonstige Passiva 309.747
öffentlichen Haushalten 40.757
Kredite an MFIs 387.293
Sonstige Aktiva 239.458

Insgesamt 998.615 Insgesamt 998.615

Zentralbankgeldmenge von der Entstehungsseite (Aktivseite):


B = Währungsreserven + Kredite Staat + Kredite Geschäftsbanken
+ sonstige Aktiva – sonstige Passiva

Zentralbankgeldmenge von der Verwendungsseite (Passivseite):


B = Bargeld + Reserven der Geschäftsbanken

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b) Giralgeldschöpfung des Bankensystems

Giralgeldschöpfung I - passive Giralgeldschöpfung

Bei passiverGiralgeldschöpfungentsteht Giralgeld durch Einzahlung


von Banknoten auf ein Sichtguthaben bei einer Bank

Veränderungen in der Bilanz Veränderungen in der Bilanz


der Geschäftsbank X des Haushaltes Y
Aktiva Passiva Aktiva Passiva

Zunahme der
Zunahme
Sichtverbind- Abnahme
Zunahme an der Sicht-
lichkeiten der Bank-
Banknoten guthaben
gegenüber noten
(100) bei X
Y (100)
(100)
(100)

Giralgeldschöpfung II - aktive Giralgeldschöpfung

Bei aktiverGiralgeldschöpfungkauft die Geschäftsbank Vermögensteile


(Aktiva) von anderen Wirtschaftseinheiten oder gewährt Kredite und zahlt
mit Geld darstellenden Verbindlichkeiten (Sichtverbindlichkeiten).
Die Kreditgewährung ist der quantitativ bedeutsamste Vorgang:
Geld entsteht in der Regel auf dem Wege der Kreditgewährung von Banken

Veränderungen in der Bilanz Veränderungen in der Bilanz


der Geschäftsbank X des Haushaltes Y
Aktiva Passiva Aktiva Passiva

Zunahme der Zunahme der


Zunahme der Zunahme
Sichtverbind- Kreditverbind-
Kredit- der Sicht-
lichkeiten lichkeiten
forderungen guthaben
gegenüber gegenüber X
an Y bei X
Y (100)
(100) (100)
(100)

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c) Multiple Geldschöpfung und Geldschöpfungsmultiplikator

Geldschöpfungsmultiplikator I

Ausgangsannahmen

Geschäftsbank hat „freie“ Reserven (Guthaben bei der Zentralbank


oder Banknoten) z.B. aufgrund des Verkaufs von Devisen

Die „freie“ Reserve wird zur Kreditvergabe an einen Kunden genutzt,


dem in gleicher Höhe eine Sichteinlage gutgeschrieben wird

Von neu entstandenen Sichteinlagen wird vom Kunden ein gewisser


Anteil (b) in bar abgehoben

Für neu entstandene Sichteinlagen müssen die Geschäftsbanken eine


gewisse Mindestreserve (r) als Zentralbankguthaben halten

Geldschöpfungsmultiplikator II

M = mB
Geldschöpfungs -
multiplikator m: M = C+D und B = C+R
C
c = bzw. C = cM
M
R
r = bzw. R = rD
D
B = cM + rD = cM + r (M − cM )
= M [c + r (1 − c )]
M 1
m = =
B c + r (1 − c )

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Geldschöpfungsmultiplikator III

Periode Überschuß- Vergebene Zunahme des Zunahme Zunahme der Überschußre


reserve zu Kredite Bargeldumlau der Reservehaltu serve am
Beginn der (ÄM) fs (ÄC) Sichteinlag ng (ÄR) mit r Ende der
Periode mit c = 1/3 en (ÄD) = 1/4 Periode

1 1.500 1.500 500 1.000 250 750

2 750 750 250 500 125 375

3 375 375 125 250 62,5 187,5

4 187,5 ----- ----- ----- ----- -----

----- ----- ----- ----- ----- ----- -----

Ó ----- 3.000 1.000 2.000 500 -----

Geldschöpfungsmultiplikator IV

Schwächen des einfachen Multiplikatoransatzes

Mechanisches Modell der Geldschöpfung, ohne Berücksichtigung von


Zinsen und Preisen

Zentralbank beeinflußt in der Regel nicht direkt die monetäre Basis


(z.B. über Mindestreservebestimmungen), sondern indirekt über die
Refinanzierungszinsen (kurzfristige Geldmarktsätze)

Zentralbankgeldmenge ist keine rein exogene Größe, die von der


Zentralbank nach Belieben beeinflußbar wäre (Gefahr der Illiquidität
des Bankensystems, Zentralbank als „lender of last resort“)

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Erweitertes Geldschöpfungsmodell

iK

Kr D (iK , iR , Ausfallris iko )

iK0

M D (≡ Kr D )

Kr0 = M0 M (≡ KrB / NB )

Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

Vier-Quadranten-Schema

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK
Kr s(i R0)
iK 0

Kr D
iR iR 0 M 0* M
B 0*
=
B
m
M

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator
Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

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d) Expansive und restriktive Geldpolitik

Szenario: Expansive Geldpolitik I

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK
Kr s(i R0)
iK 0

Kr D
iR iR0 iR1 M 0* M
B 0*
=
B
m
M

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator
Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

Szenario: Expansive Geldpolitik II

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK
Krs(iR0)
iK0
Krs(iR1)

iK1
KrD
iR iR0 iR1 M0* M
B0*
=
B
m
M

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator
Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

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Szenario: Expansive Geldpolitik III

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK
Kr s(i R0)
iK 0
Kr s(i R1)

iK 1
Kr D
iR iR 0 iR 1 M 0* M 1* M
B 0*
=
B
m
M
B 1*

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator
Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

Szenario: Restriktive Geldpolitik I

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK
Kr s(i R0)

iK 0

Kr D
iR iR 1 iR 0 M 0* M

B 0* =
B
m
M

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator
Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

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Szenario: Restriktive Geldpolitik II

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK Kr s(i R1)
Kr s(i R0)
iK 1
iK 0

Kr D
iR iR 1 iR 0 M 1* M 0* M

B 0* =
B
m
M

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator
Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

Szenario: Restriktive Geldpolitik III

Zinsstruktur Kreditmarkt
iK Kr s(i R1)
Kr s(i R0)
iK 1
iK 0

Kr D
iR iR 1 iR 0 M 1* M 0* M
B 1*

B 0* =
B
m
M

Markt für
Zentralbankgeld Multiplikator

Quelle: Bofinger (2001), Kap. 3

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Geld- und Kreditmarktsätze in Deutschland

Geldmarktsätze und kurzfristige Bankzinsen in Deutschland 1975-1998

% Tagesgeldsatz Zins für kurzfristige Kredite Zins für kurzfristige Einlagen

16

14

12

10

0
Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan Jan
75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98
Quelle: Bofinger (2001), S. 64

Geld- und Kreditmarktzinsen in Europa

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Literatur zu den Abschnitten I und II

BOFINGER, P. (2003): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Wissenschaft


von Märkten. München: Pearson, S. 237–241, 372–389 (Abschnitt 14.2.3 und Kap. 20, nicht
kopiert)

CLEMENT, R., TERLAU, W. (2002): Grundlagen der Angewandten Makroökonomie: Eine


Verbindung von Makroökonomie und Wirtschaftspolitik (2. Aufl.). München: Vahlen, S. 72–82
(Abschnitt 4.1: Preisniveaustabilität).

SPAHN, H.-P. (1999): Makroökonomie: Theoretische Grundlagen und stabilitätspolitische


Strategien (2. Aufl.). Berlin etc.: Springer, S. 26–29 (Abschnitt 1.2.1: Geld und Kredit: Das
Bankensystem).

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 23


III. Transmissionsmechanismen der Geldpolitik

1. Das geldpolitische Instrumentarium der Europäischen Zentralbank

Geldpolitische Instrumente I

Offenmarktpolitik

An- und Verkauf von Wertpapieren gegen


Zentralbankgelddurch die
Zentralbank

Hauptrefinanzierungsgeschäft
, längerfristige Refinanzierungs-
geschäfte, Feinsteuerungsoperationen, strukturelleOperationen

Ständige Fazilitäten

Bereitstellung und Abschöpfung von Liquidität jeweils bis zum


nächsten Geschäftstag
Spitzenrefinanzierungsfazilitätund Einlagefazilität

Mindestreservepolitik

Verpflichtung der Geschäftsbanken, in Höhe eines bestimmten


Prozentsatzes ihrer Einlagen Zentralbankguthaben zu halten

Geldpolitische Instrumente II

Bezeichnung Transaktionsart Laufzeit Rhythmus Verfahren


Liquiditäts- Liquiditäts-
bereitstellung abschöpfung
Hauptrefinan- Befristete ----- Eine Woche Wöchentlich Standard-
zierungs- Transaktionen tender
instrument
Längerfristige Befristete ----- Drei Monate Monatlich Standard-
Refinan- Transaktionen tender
zierungs-
Instrumente geschäfte
der Fein- Befristete Devisenswaps Nicht Unregelmäßig Schnell-
steuerungs- Transaktionen Hereinnahme standardisiert tender
Offenmarkt - operationen Devisenswaps von Termin- Bilaterale
einlagen Geschäfte
politik Befristete
Transaktionen
Endgültige Endgültige ----- Unregelmäßig Bilaterale
Käufe Verkäufe Geschäfte

Strukturelle Befristete Emission von Standardisiert Regelmäßig Standard-


Operationen Transaktionen Schuldver- / und tender
schreibungen nicht unregelmäßig
standardisiert
Endgültige Endgültige ----- Unregelmäßig Bilaterale
Käufe Verkäufe Geschäfte

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Offenmarktpolitische Instrumente der EZB (I)

Hauptrefinanzierungsgeschäft

Durchführung im wöchentlichen Abstand in Form von Pensions-


geschäften (Repo-Geschäften)

Laufzeit: eine Woche (bis Anfang 2004: zwei Wochen)

Standardtender: Durchführung innerhalb von 24 Stunden

Zinstender: EZB legt Mindestzinssatz fest, Banken geben Gebote über


Beträge und Zinssätze ab, zu denen sie Geschäfte abschließen wollen

Übersteigt das Bietungsvolumen den vorgesehenen Zuteilungsbetrag,


werden die Gebote mit den höchsten Zinssätzen vorrangig zugeteilt

Offenmarktpolitische Instrumente der EZB (II)

Spitzenrefinanzierungsfazilität

Bereitstellung vonZentralbankgeldbis zum nächsten Geschäftstag


über Nacht zur Deckung eines vorübergehenden Liquiditätsbedarfs
zu einem im voraus festgelegten Zinssatz

Kann unbegrenzt in Anspruch genommen werden


Zinssatz als Obergrenze des Tagesgeldsatzes

Einlagefazilität

Anlage von überschüssiger Liquidität bis zum nächsten Geschäftstag


zu einem im voraus festgelegten Zinssatz

Kann unbegrenzt in Anspruch genommen werden


Zinssatz als Untergrenze des Tagesgeldsatzes

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 31


Offenmarktpolitische Instrumente der EZB (III)

LängerfristigeRefinanzierungsgeschäfte
Ähnlich wieHauptrefinanzierungsgeschäfte
, aber: Durchführung in
monatlichem Abstand, Laufzeit drei Monate

Feinsteuerungsoperationen

Durchführung von Fall zu Fall zur Steuerung der Marktliquidität und


des Zinssatzes; Ausgleich der Auswirkungen unerwartetermarkt-
mäßiger Liquiditätsschwankungen auf Zinssätze

Strukturelle Operationen
Beeinflussung derstrukturellen(grundlegenden) Liquiditätsposition
des Finanzsektors

Devisenswaps
Kauf (Verkauf) von Devisen gegen Kasse durch die EZB bei gleich-
zeitigem Verkauf (Kauf) auf Termin

Weitere Instrumente der EZB

Mindestreservepolitik

Verpflichtung der Geschäftsbanken, in Höhe eines bestimmten Pro-


zentsatzesihrer Einlagen -Mindestreservesatz- verzinsliche Einlagen
bei der EZB zu halten
Mindestreservesatz: 2% für
- täglich fällige Einlagen
- Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu 2 Jahren
- Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu 2 Jahren
- Schuldverschreibungen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu 2 Jahren
- Geldmarktpapiere
Veränderungen in der Bilanz
einer Geschäftsbank
Aktiva Passiva
Mindest-
reserve (100)
Einlagen
(5000)

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 32


Allgemeine Regelungen zur Geldpolitik der EZB

Bedingungen für die Zulassung zu den


geldpolitischenGeschäften der EZB

Institute müssen in dasMindestreservesystemeinbezogen sein

Finanziell solide Institute, die der harmonisierten


Bankenaufsicht
unterliegen
Gewährleistung einer effizienten Durchführung der Transaktionen

Sicherheiten

Kategorie-1-Sicherheiten: marktfähige Schuldtitel, die von der EZB


festgelegte einheitliche und im gesamten
Euro-Raum geltendeZulas-
sungskriterienerfüllen

Kategorie-2-Sicherheiten: weitere marktfähige und nicht marktfähige


Sicherheiten, die für die nationalen Finanzmärkte und
Bankensysteme
von besonderer Bedeutung sind; nationale Zentralbanken legen Zu-
lassungskriterienfest (Kriterien bedürfen Zustimmung der EZB)

Geldmarktsätze in Euroland (I)


Tagesgeldsatz und Schlüsselzinssätze der EZB

Tagesgeldsatz (EONIA) Hauptrefinanzierungsgeschäft Spitzenrefinanzierungsfazilität Einlagefazilität

4
%

0
Apr 99

Apr 00

Apr 01

Apr 02

Apr 03

Apr 04

Apr 05
Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Okt 99

Okt 00

Okt 01

Okt 02

Okt 03

Okt 04

Okt 05
Jul 99

Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05

Datum

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 33


Betrag in Mio. €
Betrag in Mio. €

100000
150000
200000
250000
300000
350000
400000
450000
500000

50000

0
1000000
2000000
3000000
4000000
5000000
6000000
7000000
8000000
9000000
28.06.2000

0
07.01.99
28.08.2000

28.10.2000
07.02.99
28.12.2000

28.02.2001 07.03.99
28.04.2001

28.06.2001 07.04.99

28.08.2001
07.05.99
28.10.2001

28.12.2001 07.06.99
28.02.2002
28.04.2002 07.07.99

28.06.2002
07.08.99
28.08.2002

Gebote (Betrag in Mio. €)


Gebote (Betrag in Mio. €)

28.10.2002
07.09.99
28.12.2002

28.02.2003 07.10.99

Datum

Datum
28.04.2003

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach


28.06.2003 07.11.99

28.08.2003
07.12.99
28.10.2003

28.12.2003
07.01.00
28.02.2004

28.04.2004 07.02.00
Zuteilung (Betrag in Mio. €)

28.06.2004
07.03.00
28.08.2004

Zuteilung (Betrag in Mio. €)


28.10.2004
07.04.00
28.12.2004

28.02.2005 07.05.00
28.04.2005

28.06.2005 07.06.00
Gebote und Zuteilungen im Mengentenderverfahren

28.08.2005
Gebote und Zuteilungen im Zinstenderverfahren
28.10.2005

34
%

0
1
2
3
4
5
6
28.06.2000

28.08.2000

28.10.2000

28.12.2000

28.02.2001

28.04.2001

28.06.2001

28.08.2001

28.10.2001

28.12.2001

28.02.2002
Mindestbietungssatz

28.04.2002

28.06.2002

28.08.2002

28.10.2002

28.12.2002

28.02.2003

Datum
28.04.2003

28.06.2003
Marginaler Zuteilungssatz

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach


Sätze im Zinstenderverfahren

28.08.2003

28.10.2003

28.12.2003

28.02.2004

28.04.2004

28.06.2004

28.08.2004

28.10.2004
Gewichteter Durchschnittssatz

28.12.2004

28.02.2005

28.04.2005

28.06.2005

28.08.2005

28.10.2005

35
Aufgaben zum geldpolitischen Instrumentarium der EZB:

1. Die Zentralbank will im Rahmen des Hauptrefinanzierungsgeschäft dem Bankensektor


Liquidität zur Verfügung stellen. Der Mindestbietungssatz im Rahmen des
Zinstenderverfahrens liegt bei 2,5%, angewendet wird das amerikanische Verfahren. Vier
Geschäftsbanken beteiligen sich und geben folgende Gebote ab:
• Bank A: 5 Mio € zu 3%, 5 Mio. € zu 2,8%, 5 Mio. € zu 2,6%, 5 Mio. € zu 2,5%
• Bank B: 5 Mio. € zu 2,8% und 10 Mio. € zu 2,6%
• Bank C: 5 Mio. € zu 3%, 5 Mio. € zu 2,9%, 5 Mio. € zu 2,7%
• Bank D: 10 Mio. € zu 2,5%.
Die Zentralbank beschließt, 40 Mio. € zuzuteilen.

a) Welche Bank erhält welches Volumen und muß welchen Zinssatz zahlen?

b) Wie hoch ist der marginale Zuteilungssatz?

c) Wieviel Geld würde jede Bank bei Anwendung des Mengentenderverfahrens erhalten (bei
einem angenommenen Festzinssatz von 2,5%)?

2. In einer Notiz im Wirtschaftsteil Ihrer Tageszeitung sehen Sie die folgende


Zusammenstellung von Zinssätzen:
- Spitzenrefinanzierungsfazilität: 3,50 %
- Hauptrefinanzierungsgeschäft: 2,50 %
- Einlagefazilität: 1,50 %
- Tagesgeld: 0,50 %
a) Erläutern Sie, um welche Zinssätze es sich hier handelt.
b) Einer der Zinssätze ist falsch abgedruckt. Welcher Zinssatz ist es, und warum kann er der
Höhe nach nicht in Kombination mit den drei anderen Zinssätzen vorkommen?

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 36


Geldmarktsätze in Euroland (II)
Geldmarktsätze in Euroland (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

Tagesgeld (EONIA) Monatsgeld Dreimonatsgeld Zwölfmonatsgeld

5
%

0
Sep 94

Sep 95

Sep 96

Sep 97

Sep 98

Sep 99

Sep 00

Sep 01

Sep 02

Sep 03

Sep 04

Sep 05
Mai 94

Mai 95

Mai 96

Mai 97

Mai 98

Mai 99

Mai 00

Mai 01

Mai 02

Mai 03

Mai 04

Mai 05
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Datum

Geldmarktsätze im internationalen Vergleich


Dreimonatssätze in Euroland, USA und Japan (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

Dreimonatssatz Euroland Dreimonatssatz USA Dreimonatssatz Japan

5
%

0
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

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Jul 94

Jul 95

Jul 96

Jul 97

Jul 98

Jul 99

Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05

Datum

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 37


Kapitalmarktsätze in Euroland
Renditen von Staatsanleihen verschiedener Laufzeit (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

2 Jahre 3 Jahre 5 Jahre 7 Jahre 10 Jahre

10

6
%

0
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Jul 94

Jul 95

Jul 96

Jul 97

Jul 98

Jul 99

Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05
Datum

Kapitalmarktsätze im internationalen Vergleich


Renditen von Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

Euroland USA Japan

10

6
%

0
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

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Jul 94

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Jul 96

Jul 97

Jul 98

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Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05

Datum

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 38


Geld- und Kapitalmarktsatz (I)
Geld- und Kapitalmarktsatz in Euroland (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

Dreimonatssatz Zehnjahressatz

10

6
%

0
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Jul 94

Jul 95

Jul 96

Jul 97

Jul 98

Jul 99

Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05
Datum

Geld- und Kapitalmarktsatz (II)


Geld- und Kapitalmarktsatz in den USA (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

Dreimonatssatz Zehnjahressatz

5
%

0
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Jul 94

Jul 95

Jul 96

Jul 97

Jul 98

Jul 99

Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05

Datum

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 39


Geld- und Kapitalmarktsatz (III)
Theorien derGeld-
Zinsstruktur.
und Kapitalmarktsatz in Japan (Quelle: Monatsbericht EZB, Dezember 2005)

Dreimonatssatz Zehnjahressatz

Empirisch ist meist folgendes zu beobachten:


6

• Der langfristige Zins ist normalerweise höher als der kurzfristige


5

• Kurz- und langfristiger Zins entwickeln sich im allgemeinen parallel, d.h. sie steigen oder
sinken gemeinsam
4

• Der kurzfristige Zins unterliegt stärkeren Schwankungen als der langfristige.


%
3

Zur Erklärung dieser Phänomene wird angeführt:


2

• Erwartungstheorie: langfristiger Zinssatz wird als Durchschnittswert der in der betrachteten


Periode erwarteten zukünftigen kurzfristigen Zinssätze angesehen
1

• Liquiditätspräferenztheorie: Für das geringere Risiko und die größere Liquidität der
kurzfristigen Papiere wird von risikoscheuen Wirtschaftssubjekten ein Zinsverlust in Kauf
0
Jan 94

Jan 95

Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Jul 94

Jul 95

Jul 96

Jul 97

Jul 98

Jul 99

Jul 00

Jul 01

Jul 02

Jul 03

Jul 04

Jul 05
genommen, m.a.W. können diese Wirtschaftssubjekte nur zur Haltung langfristiger
Wertpapiere bewegt werden, wenn Datumihnen dafür eine „Prämie“ im Form von höheren

Zinssätzen gezahlt wird.


• Die Erhöhung kurzfristiger Zinssätze schlägt über Arbitrageprozesse auch auf die
langfristigen Zinssätze und die Aktienkurse durch
• Die größere Schwankungsbreite der kurzfristigen Zinssätze ergibt sich aufgrund der am
Geldmarkt ansetzenden zentralbankpolitischen Maßnahmen, die verzögert und damit sich
abschwächend auf die Kapitalmärkte durchwirken.
• Andererseits kann das Hochschleusen des Tagesgeldsatzes als Schritt zur Sicherung des
Geldwertes angesehen werden und über einen Rückgang der Inflationserwartungen zu
sinkenden langfristigen Zinsen führen (inverse Zinsstruktur)

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 40


2. Grundstruktur des Transmissionsmechanismus

Grundstruktur des Transmissionsprozesses

Instrumente Zinsen für Bank-


Geldmarkt-
der EZB kredite an Private; Gesamtwirtschaft-
zinssätze,
(Haupt- Zinsen auf liche Nachfrage
Zinssätze für
refinanzierungs- Kapitalmarkt; (Preisniveau, BIP,
Refinanzierung
geschäft etc.) Geld- und Kredit- Arbeitslosigkeit)
der Banken
volumen

Operating targets/ Zwischenziele/


primäre monetäre sekundäre Endziele
Größen monetäre Größen

Geldangebotsprozeß

Transmissionsprozeß

Struktur des Geld-/ Kreditangebotsprozesses

Geldnachfrage der Privaten führt zu Kreditnachfrage bei Banken

Kreditangebot durch Bank führt zu Bedarf an


Zentralbankgeld

Von anderen Banken über Geldmarkt Von EZB über Refinanzierungskredite

Steuerung durchgeldpolitischeInstrumente der EZB:


Kontrolle über Zinsen am Geldmarkt und über Zinsen für Refinanzierung

Ziel: Kontrolle über Zinsen, die Banken für Kredite an Private fordern
und über Zinsen am Kapitalmarkt

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 41


3. Transmissionskanäle
a) Inflationserwartungen, Inflationssteuerung und Schocks
Um in unser einfaches makroökonomisches Modell, das wir im letzten Semester entwickelt
haben, Inflation zu integrieren, müssen einige Veränderungen vorgenommen werden, da bisher
von einem konstanten Preisniveau ausgegangen wurde:

• Es ist zu unterscheiden zwischen dem Nominalzins (der Zins, der – nominal – für eine
Anlage oder für einen Kredit gezahlt wird bzw. gezahlt werden muß) und dem Realzins (der
Zins, der sich ergibt, wenn man die Inflation aus den nominalen Zinszahlungen
herausrechnet). Dies führt zu einer Modifikation der gesamtwirtschaftlichen Nachfragekurve.
• Es ist zu berücksichtigen, daß die Unternehmen auf Nachfrage- oder Kostenänderungen
nicht nur mit einer Veränderung ihrer Produktionsmenge, sondern auch mit einer
Veränderung ihres Preises reagieren können. Dies erfordert eine Annahme über das
unternehmerische Preissetzungsverhalten. Im folgenden wird angenommen, daß die
Preisänderungen (und damit die Inflationsrate) bestimmt wird durch Änderungen der
Lohnstückkosten. Die Änderungen der Lohnstückkosten wiederum werden bestimmt von der
Situation auf dem Arbeitsmarkt, der Produktivitätsentwicklung und den Inflationserwartungen.
Abgebildet werden diese Zusammenhänge in der Phillips-Kurve.

Realzins, Investitionen und Nachfrage

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 42


Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 43
Unternehmen.
der
Preissetzungsverhalten
dem
aus
sich
ergibt
Inflations-rate)
und
Arbeitslosenquote
zwischen
(Zusammenhang
modifiziertenPhillips-Kurve
zur
Nominallohns)
des
Veränderung
und
zwischenArbeitslosenquote
(Zusammenhang
Phillips-Kurve
ursprünglichen
der
von
Schritt
Der
Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach
Phillips-Kurve für Deutschland
Ursprüngliche und modifizierte Phillips-Kurve

44
Lohnstückkosten und Inflation in Euroland
Lohnstückkosten (jährliche Veränderung in %) BIP-Deflator (jährliche Veränderung in %)

4
jährliche Veränderung in %

-1

-2

Q1-2005

Q3-2005
Q1-1992

Q3-1992

Q1-1993

Q3-1993

Q1-1994

Q3-1994

Q1-1995

Q3-1995

Q1-1996

Q3-1996

Q1-1997

Q3-1997

Q1-1998

Q3-1998

Q1-1999

Q3-1999

Q1-2000

Q3-2000

Q1-2001

Q3-2001

Q1-2002

Q3-2002

Q1-2003

Q3-2003

Q1-2004

Q3-2004
Quartal

Lohnstückkosten und Inflation in Euroland


Lohnstückkosten Euroland (Veränderung gegenüber Vorjahr in %) BIP-Deflator Euroland (Veränderung gegenüber Vorjahr in %)

18

16

14
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

12

10

0
1960

1962

1964

1966

1968

1970

1972

1974

1976

1978

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006

Jahr

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 45


Lohnstückkosten und Inflation in Deutschland
Lohnstückkosten Deutschland (Veränderung gegenüber Vorjahr in %) BIP-Deflator Deutschland (Veränderung gegenüber Vorjahr in %)

14

12

10
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

-2
1960

1962

1964

1966

1968

1970

1972

1974

1976

1978

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006
Jahr

Lohnstückkosten und Inflation in den USA


Lohnstückkosten USA (Veränderung gegenüber Vorjahr in %) BIP-Deflator USA (Veränderung gegenüber Vorjahr in %)

12

10
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

0
1960

1962

1964

1966

1968

1970

1972

1974

1976

1978

1980

1982

1984

1986

1988

1990

1992

1994

1996

1998

2000

2002

2004

2006

Jahr

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 46


Phillips-Kurve im Inflations -Output-Diagramm

Die obige Darstellung der Phillips-Kurve ergibt sich daraus, daß die Höhe der Arbeitslosenquote
wesentlich bestimmt wird durch die Höhe des gesamtwirtschaftlichen Einkommens. Je höher
das gesamtwirtschaftliche Einkommen (bzw. die gesamtwirtschaftliche Produktion), desto
geringer die Arbeitslosenquote und desto höher die Lohnsteigerungen, die in
Tarifverhandlungen durchzusetzen sind. Dementsprechend höher ist dann auch die
Inflationsrate.

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 47


Inflationsrate und Output-Lücke

Nachfrage- vs- Angebotsschock

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 48


Der wesentliche Unterschied zwischen Nachfrage- und Angebotsschocks liegt darin, daß im
Falle eines Nachfrageschocks die Zentralbank vor keinem Zielkonflikt steht und sie somit beide
Ziele (Preisstabilität und Outputstabilisierung) verfolgen kann. Im Falle eines Angebotsschocks
muß sie sich entscheiden, welchem Ziel sie den Vorzug gibt bzw. welche Kompromißlösung sie
anstreben will.

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 49


c) Quantitätstheoretischer Transmissionskanal

Quantitätstheorie und Inflation

Quantitätstheorie als Inflationstheorie

Quantitätstheorie als eine der ältesten ökonomischen Theorien


(erste Formulierung im Jahre 1568 von Jean Bodin)

Zentrale Frage: Wie kommt es zur Inflation?

Annahme: Geld wird in erster Linie zu Zahlungszwecken gehalten

Quantitätsgleichung: M . V = P . Y
mit M: Geldmenge
V: Umlaufsgeschwindigkeit
P: Preisniveau
Y: Transaktionsvolumen bzw. Sozialprodukt

Theorie: Erhöhung der Geldmenge erhöht (langfristig) nur das


Preisniveau Ý Position des Monetarismus
(M. Friedman: „Inflation ist immer ein monetäres Phänomen“)

Empirie der Quantitätstheorie weltweit

Inflation rate 10,000


Democratic Republic
(percent, of Congo
logarithmic Nicaragua
scale) Angola
1,000 Georgia
Brazil

100 Bulgaria

10

Kuwait Germany

1 USA
Canada
Oman Japan

0.1
0.1 1 10 100 1,000 10,000
Money supply growth (percent, logarithmic scale)

Quelle: Mankiw, N.G.: Macroeconomics (5. Aufl)

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 50


Empirie der Quantitätstheorie im Euroraum
Geldmengenwachstum und Inflation im Euroraum

Wachstumsrate M1 Wachstumsrate M3 Inflationsrate (HVPI) Wachstumsrate BIP nominal (reales Wachstum plus HVPI)

16

14
Veränderung gegenüber Vorjahr in %

12

10

0
Jan 96

Jan 97

Jan 98

Jan 99

Jan 00

Jan 01

Jan 02

Jan 03

Jan 04

Jan 05
Sep 96

Sep 97

Sep 98

Sep 99

Sep 00

Sep 01

Sep 02

Sep 03

Sep 04

Sep 05
Mai 96

Mai 97

Mai 98

Mai 99

Mai 00

Mai 01

Mai 02

Mai 03

Mai 04

Mai 05
Datum

Zur Bedeutung der Quantitätstheorie

Anwendungsfälle der Quantitätstheorie

Historisch: Gold- und Silberfunde im 16. und 17. Jahrhundert führten


zu einem Anstieg der Geldmenge (= Gold- und Silbermünzen)

Erklärungsansatz für beobachtete Hyperinflationen (z.B. in Deutsch-


land nach dem Ersten Weltkrieg)

Finanzierung von Staatsausgaben durch die Notenpresse ist


Hauptursache für hohe Inflationsraten in Entwicklungsländern

Probleme der Quantitätstheorie

Fehlende Theorie des Geldangebots: wie kommt es dazu, daß die


Geldmenge ausgeweitet wird? (Friedman: „Helikopter-Geld“)

Geldmenge ist in modernen Geldwirtschaften eine endogene Größe,


die nur eingeschränkt von der Zentralbank kontrolliert werden kann

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 51


Quantitätstheorie in Euroland

Ursachen für den geringen Zusammenhang zwischen Geldmenge


und Inflation in Euroland

Geldmenge M3 dient in hohem Maße als Wertspeicher (Quantitäts-


theorie nimmt an, daß Geld nur als Zahlungsmittel gehalten wird)

Inflation wird von zinsabhängiger gesamtwirtschaftlicher Nachfrage,


von Löhnen und Rohstoffpreisen bestimmt

Keine Finanzierung von Staatsausgaben über die Notenpresse

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 52


Aufgabe zum Transmissionsmechanismus

a) „Eine expansive Geldpolitik wird in dem Maße real wirkungslos, wie sie
Inflationserwartungen erzeugt.“ (E. Görgens, K. Ruckriegel).
Erläutern Sie diese Aussage ausführlich.
b) „Eine restriktive Geldpolitik, die die Inflation bekämpfen soll, führt in der Regel auch zu einer
Rezession. Wenn jedoch die Inflationserwartungen rasch genug zurückgehen, kann eine
niedrigere Inflationsrate auch ohne eine Rezession erreicht werden.“
Erläutern Sie, warum eine restriktive Geldpolitik in der Regel mit einer Rezession verbunden
ist. Warum kann bei schnell sinkenden Inflationserwartungen eine solche Rezession sehr
milde ausfallen oder sogar ganz ausbleiben?

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 53


4. Neoklassische vs. Keynesianische Inflationserklärung
Inflationserklärungen verwenden sowohl in der klassischen als auch in der keynesianischen
Theorie die Quantitätsgleichung; allerdings ist die Interpretation der Quantitätsgleichung in
beiden Ansätzen unterschiedlich. Im folgenden wird nun in die beiden Modelle aus dem dritten
Semester eine Inflationserklärung integriert.

4.1 Klassische Inflationserklärung

Das klassische Modell im 3. Semester bestand aus den folgenden Gleichungen:

Nn = (F ′)−1  w  (1)
P
 w
Na = f  (2 )
P
Yr = F (N ) (3)
Y r = C (i ) + I (i ) (4 )
S (i ) = I (i ) (5)
Mit Hilfe dieser Gleichungen werden die realwirtschaftlichen Größen bestimmt: der
*
 w
gleichgewichtige Reallohn   , die Beschäftigung N * , die Höhe der Produktion bzw. des
P
Einkommens Y r* , der Zins i * sowie die Niveaus von Konsum ( C * ), Sparen ( S * ) und
Investieren ( I * ).
Offen bleibt in dieser Modellierung, wie das Preisniveau P und der Nominallohn w bestimmt
werden; hier treten nun zwei weitere Gleichungen hinzu: die Quantitätsgleichung und eine
Gleichung für die Bestimmung des Nominallohns.
M ×v
P = (6)
Yr
 w
w =  ×P (7)
P
Gleichung (6) geht davon aus, daß die Zentralbank die Geldmenge exogen kontrollieren kann
und die Umlaufsgeschwindigkeit konstant (oder in ihren Veränderungen zumindest

prognostizierbar) ist. Da die Höhe der Produktion Y r allein durch realwirtschaftliche Faktoren

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bestimmt wird (Gleichung (3)), führt eine Veränderung der Geldmenge allein zu
Preisniveauänderungen, jedenfalls längerfristig. Gleichung (7) stellt eine sehr einfache
Lohnbildungsformel dar: die Tarifpartner haben ein bestimmtes Reallohnziel, das sich aus den
Gleichungen über den Arbeitsmarkt (Gleichungen (1) und (2)) ableiten läßt, und passen dann
ihre Nominallohnforderungen dem Preisniveau an, das durch die Geldpolitik der Zentralbank
bestimmt wird.
Was in diesen Gleichungen zum Ausdruck kommt, ist vor allem die Dichotomie zwischen einer
realwirtschaftlichen und einer monetären Sphäre: die realwirtschaftlichen Größen werden von
monetären Faktoren nicht beeinflußt, jedenfalls längerfristig nicht. Geld ist neutral, es hat keinen
Einfluß auf die realwirtschaftlichen Prozesse; expansive Geldpolitik schlägt sich längerfristig
ausschließlich in höheren Preisen nieder.
Kurzfristig ist eine Beeinflussung realwirtschaftlicher Faktoren durch die Geldpolitik möglich.
Diese Dynamik kommt in den Gleichungen zwar nicht zum Ausdruck (dazu müßte man sie
etwas komplizierter gestalten und insbesondere anstelle von Preisniveaus mit Inflationsraten
argumentieren), der Grundgedanke ist jedoch folgender: Bei expansiver Geldpolitik, d.h. einer
Geldpolitik, die über eine Erhöhung der Wachstumsrate der Geldmenge (z.B. durch niedrigere
Zinsen) die gesamtwirtschaftliche Nachfrage erhöht, steigt die Inflationsrate, da die
Unternehmen auf die erhöhte Nachfrage mit Preissteigerungen reagieren. Da dies bei zunächst
konstanten (oder zumindest weniger stark steigenden) Nominallöhnen mit sinkenden
Reallöhnen verbunden ist, ist es für die Unternehmen attraktiv, zusätzliche Arbeitskräfte
einzustellen. Die höhere Inflationsrate führt dann aber zu einer entsprechenden Lohnforderung,
die den Reallohn wiederum (wenn die Inflationsrate nun konstant auf dem höheren Niveau
bleibt) auf seine alte Höhe zurückführt. Damit fallen aber auch Produktion und Beschäftigung
auf ihr altes Niveau zurück. Nur immer weitere Erhöhungen der Wachstumsrate der Geldmenge
(und damit der Inflationsrate) würden dazu führen, daß die höhere Beschäftigung
aufrechterhalten werden kann.

4.2 Keynesianische Inflationserklärung

Für die keynesianische Inflationserklärung ist ebenfalls das entsprechende Modell aus dem 3.
Semester der Ausgangspunkt. Es besteht aus den folgenden Gleichungen:

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C = a + b(Y − T ) (8)
I = I (i ) = d − ni (9 )
Y = C+ I +G (10)
i = i (11)
N n
= F −1 (Y ) (12 )
Um nun hier Veränderungen des Preisniveaus einzubeziehen, ist es erforderlich, sich vor
Augen zu halten, daß das Inlandsprodukt nicht nur von der Verwendungsseite (Gleichung (10)),
sondern auch von der Verteilungsseite betrachtet werden kann. Dann ergibt sich in einer
geschlossenen Wirtschaft:
Y = C+ I +G (10)
Y = W + QH + QU (13)
Das Einkommen der Haushalte wird folgendermaßen verwendet:
W + QH = C + SH + T (14 )
Aus den drei Gleichungen (10), (13) und (14) folgt die Beziehung:
QU = (I − S H ) + (G − T ) (15)
Das Preisniveau ist die Relation zwischen nominalem und realem ( Y r ) Inlandsprodukt. Aus
Gleichung (13) und (15) ergibt sich damit:1
W Q H (I − S H ) + (G − T )
P =
Y
=
W Q H QU
+ + r = + + (16)
Yr Yr Yr Y Yr Yr Yr
Es zeigen sich nun zwei Triebkräfte der Preisentwicklung:
W
1. Auf der Angebotsseite sind dies einerseits die Lohnstückkosten und andererseits die an
Yr
QH
die Haushalte, d.h. die Unternehmenseigner ausgeschütteten Stückgewinne . Man kann
Yr
davon ausgehen, daß diese Gewinne auf eine „normale“ Geschäftsentwicklung hin kalkuliert
sind und insofern die Konstellation im Gütermarktgleichgewicht widerspiegeln.
QU
2. Die unverteilten Stückgewinne lassen sich als nachfrageseitige Bestimmungsfaktoren
Yr
des Preisniveaus verstehen. Nach Gleichung (15) steigt QU , wenn die Investitionsausgaben

1
Die folgenden Ausführungen sind entnommen aus: SPAHN, H.-P. (1999): Makroökonomie:
Theoretische Grundlagen und stabilitätspolitische Strategien (2. Aufl.). Berlin etc.: Springer, S. 48 f..

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zunehmen, die Haushaltsersparnisse zurückgehen oder der Staat sein Defizit erhöht. Bei

konstantem Produktionsvolumen, d.h. Güterangebot Yr führt dies zu einem


Nachfrageüberschuß auf dem Gütermarkt: Steigt z.B. bei gegebenen Haushaltseinkommen
und unveränderter Haushaltsersparnis die Investitionsnachfrage der Unternehmen, so wird
die konstante Produktionsmenge zu höheren Preisen verkauft.
Damit erleiden die Haushalte eine reale Einkommenseinbuße, die sie zu einer entsprechenden
realen Konsumeinschränkung zwingt. Dieses „Zwangssparen“ geht mit einem nominalen
Einkommensstrom an die Unternehmen einher. Der (unfreiwillige) Konsumverzicht wird also von
den Haushalten geleistet, während der mit der Ersparnis verbundene Vermögenszuwachs ( QU )

direkt bei den Unternehmen anfällt. Unter Berücksichtigung der Eigentumsrechte an den
Unternehmen findet letztlich eine Einkommens- und Vermögensumverteilung zugunsten der
Kapitaleigner statt. Eine Erhöhung der Gewinnausschüttung wird den Preisanstieg vergrößern,
weil der Konsum der Gewinnbezieher dann einen weiteren Nachfrageimpuls auslöst. Gewinne
verschwinden nicht durch ihre Verausgabung, sondern werden dadurch im Wirtschaftskreislauf
reproduziert. Der Ökonom NICHOLAS KALDOR beschrieb das treffend mit den Worten: „Arbeiter
geben aus, was sie verdienen; Kapitalisten verdienen, was sie ausgeben.“
Dies kann man nun auch mit der Quantitätsgleichung in Zusammenhang bringen. Setzt man die
Gleichung (16) in die Quantitätsgleichung (7) ein, so ergibt sich:
M ×v
P = r
=
W Q H QU
+ + r (17 ) bzw.
Y Yr Yr Y
W + Q H + QU
M = (17')
v
Wichtig ist in diesem Zusammenhang die umgekehrte Kausalität: Während in der klassischen
Inflationserklärung die Geldmenge die exogene und verursachende Variable darstellt, ist in der
keynesianischen Inflationserklärung die Geldmenge eine endogene Variable: sie ergibt sich (bei
konstanter Umlaufsgeschwindigkeit) aufgrund höherer Löhne und/oder Gewinne. Dies läßt sich
damit erklären, daß z.B. im Falle einer Preis-Lohn-Spirale die Unternehmen mehr Kredite
aufnehmen müssen, um die höheren Löhne und die gestiegenen Preise für Zwischenprodukte
und Investitionsgüter finanzieren zu können. Gibt die Zentralbank diesen
Finanzierungswünschen nach, so steigt die Geldmenge aufgrund der höheren Löhne und
Preise. Die gestiegene Geldmenge ist also ein Reflex der Erhöhung der Preise.

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4.3 Vergleich der beiden Modellierungen

Im klassischen Modell hat die Geldpolitik langfristig keinen Einfluß auf die Beschäftigung, da sie
nur das Preisniveau bzw. die Inflationsrate bestimmt. Die Höhe der Produktion hängt allein von
der Höhe des Reallohnes ab, den die Tarifpartner festsetzen. Eine möglicherweise
unzureichende gesamtwirtschaftliche Nachfrage wird nicht thematisiert bzw. als
unproblematisch angesehen, da ja prinzipiell jedes Angebot aufgrund des bei der Produktion
generierten Einkommens abgesetzt werden könne (SAY’sches Theorem). Ein höheres, von der
Geldpolitik bestimmtes Preisniveau führt kurzfristig (wegen der gesunkenen Reallöhne) zu einer
höheren Beschäftigung, der dann aber eine entsprechende Nominallohnanpassung folgt, um
wieder auf das alte Reallohnniveau (und damit das alte Beschäftigungsniveau) zu kommen.
Insbesondere gilt in dieser Modellierung, daß die Nominallöhne keinen Einfluß auf das
Preisniveau haben. Bei korrekten Inflationserwartungen bestimmen daher die Tarifpartner den
Reallohn und die Beschäftigung.
Das gesamte klassisch-neoklassische Modell läßt sich also folgendermaßen zusammenfassen:
„Die auf dem Arbeitsmarkt bestimmte Beschäftigung steuert auf dem Gütermarkt das
Produktionsvolumen, während auf dem Kapitalmarkt der Zinssatz die Verwendung der
produzierten Güter für konsumtive oder investive Zwecke bestimmt. ... Der Arbeitsmarkt steht
an dominanter Stelle, da er das Produktions- und Einkommensvolumen auf dem Gütermarkt
steuert. Der Kapitalmarkt bestimmt dann erst bei gegebenem Einkommen dessen Allokation in
Konsum und Investition bzw. Ersparnis.“2 Über die Quantitätsgleichung werden dann noch
Preisniveau und Nominallohn bestimmt; Geld und Geldpolitik können jedoch längerfristig keine
realwirtschaftlichen Größen bestimmen, Geld ist neutral.
Anders in der keynesianischen Modellierung: Hier haben die Löhne (bzw. die Lohnstückkosten)
einen direkten Einfluß auf die Preise; das Preisniveau ist also nicht nur ein Reflex
geldpolitischer Entscheidungen. Umgekehrt heißt das, daß in dieser Modellierung die
Lohnpolitik weniger für die Beschäftigung verantwortlich ist, sondern für die Inflation. Denn über
die Entwicklung der Lohnstückkosten wird (zumindest in einer relativ großen Volkswirtschaft)
die Inflationsrate bestimmt.
Ist die Lohnpolitik moderat und sorgt für geringe Zuwachsraten bei den Lohnstückkosten (etwa
indem die Löhne nur im Ausmaß der Produktivitätssteigerung zunehmen), kann die Lohnpolitik

2
HEINE, M., HERR, H. (1999): Volkswirtschaftslehre: Paradigmenorientierte Einführung in die Mikro- und
Makroökonomie. München: Oldenbourg, S. 205 f..

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nicht auch noch die Verantwortung für die Beschäftigung übernehmen; hier ist dann die
Geldpolitik gefordert. Praktisch hieße das, etwa durch niedrige Zinsen die Rentabilität von
Investitionen im Vergleich zu Finanzanlagen deutlich zu verbessern. Auf der anderen Seite
kann Lohnzurückhaltung oder gar Lohnsenkung in dieser Modellierung nicht zur Steigerung der
Beschäftigung beitragen; sie kann daher vor allem dann einen Sinn haben, wenn in der
Vergangenheit die Lohnstückkosten hohe Zuwachsraten aufwiesen und so die Inflationsrate
erhöht haben: Lohnmäßigung würde hier zu einem Rückgang der Inflationsrate führen. In der
keynesianischen Modellierung kontrollieren die Tarifpartner gar nicht den Reallohn, weil sich
dieser eben erst im Zusammenspiel mit der Geldpolitik der Zentralbank ergibt.
In der keynesianischen Modellierung ist Geld nicht neutral: ob durch geldpolitische Maßnahmen
die Beschäftigung dauerhaft gesteigert werden kann, hängt im wesentlichen von zweierlei ab:
erstens ob die von der Zentralbank initiierte Zinssenkung tatsächlich auch auf die gesamte
Zinsstruktur „durchschlägt“ und es daraufhin zu einer Steigerung von Investitionen und
Produktion kommt; zweitens ob im Laufe dieses Prozesses die Lohnsteigerungen moderat (d.h.
im wesentlichen im Rahmen des Produktivitätsfortschrittes) bleiben und somit keine Lohn-Preis-
Spirale eintritt. Wenn das passiert (sei es aufgrund „unmäßiger“ Gewerkschaften oder aufgrund
von Engpässen auf dem Arbeitsmarkt), muß die Zentralbank durch eine restriktive Politik
gegensteuern: sie führt dann mit Zinserhöhungen eine „Stabilisierungsrezession“ herbei, die die
Preis- und Lohnsteigerungsraten mit Hilfe der höheren Arbeitslosigkeit mindert. Auch von daher
ist es wichtig, daß ein Land keine „Inflationsmentalität“ hat, weil sonst gar keine
längerdauernden expansiven Prozesse möglich sind, sondern jede expansive Politik sich sofort
in Inflation umsetzt. Liegt keine solche „Inflationsmentalität“ vor, hat die Zentralbank in dieser
Modellierung durchaus auch eine beschäftigungspolitische Verantwortung.
Von dieser beschäftigungspolitischen Verantwortung der Geldpolitik könnte man nur absehen,
wenn man unterstellt, daß Preise und Löhne auch nach unten völlig flexibel sind; eine
Expansion wäre bei jeder beliebigen Geldmenge möglich, wenn man zugleich absolut sinkende
Preise und Löhne, d.h. eine Deflation, in Kauf nimmt. Dies kann aber schon deshalb nicht
zugelassen werden, weil es im Verlauf einer Deflation zu Erwartungs- und
Verhaltensänderungen der Akteure kommt, aus denen sich ein depressiver Zirkel entwickelt:3

3
Das Folgende ist entnommen aus: SPAHN, H.-P. (1999): Makroökonomie: Theoretische Grundlagen
und stabilitätspolitische Strategien (2. Aufl.). Berlin etc.: Springer, S. 162 f.

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 59


• Laufende Investitions- und Produktionsprozesse, die auf der Erwartung konstanter Preise
basierten, werden aufgrund der fallenden Preise unrentabel. Die Unternehmen machen
Verluste und ihre reale Schuldenlast steigt.
• Demzufolge treten Schwierigkeiten bei der Rückzahlung fälliger Schulden auf. Bei
Bankrotten der Schuldner erleiden die Gläubiger Vermögensverluste, die ihre
4
deflationsbedingten Realkassengewinne übersteigen können – mit entsprechenden
Konsequenzen für ihren vermögensabhängigen Konsum. Unterbrechungen in
Zahlungskreisläufen und Kreditketten bewirken Liquiditätskrisen und Bankzusammenbrüche
mit nachfolgenden negativen Multiplikatoreffekten auf dem Gütermarkt.
• Da die Unternehmen Geldvorschüsse im laufenden Produktionsprozeß wiederum in Geld
zurückzuerstatten haben, werden sie sich – wenn die Deflation in ihre Erwartungen eingeht –
durch Produktionseinschränkungen gegen weitere Verluste zu schützen versuchen. Damit
muß die Arbeitslosigkeit steigen und der Konsum aus Lohneinkommen sinken.
• Die Verschuldungsneigung geht zurück und Planungen für neue Investitionsprojekte werden
zurückgestellt: Ein fortlaufender Preisverfall bedeutet, daß die zukünftigen Verkaufserträge
relativ hinter den heutigen Kosten bei der Erstellung von Produktionsanlagen zurückbleiben.
Eine Rentabilität der Projekte wäre u.U. nur bei einem negativen nominalen Zinssatz
gewährleistet. Dieser ist am Markt jedoch nicht durchsetzbar, da potentiellen Kreditgebern
stets die vorteilhaftere Alternative einer Geldhaltung offen steht; im äußersten Fall könnte der
Zins auf Null sinken. Die Anpassung des Nominalzinses an Veränderungen des Geldwertes,
die im Fall der Inflation zumindest teilweise gelingt, versagt im Fall der Deflation.
• Schon eine Nominalzinssenkung auf Null tritt jedoch nicht ein, weil die steigende
Kreditnachfrage zur Bedienung von Altschulden auf eine erhöhte Liquiditätspräferenz der
Vermögensbesitzer trifft. Die Geldhaltung entwickelt sich zur dominanten
Investitionsstrategie, weil diese nun eine pekuniäre Ertragsrate in Höhe der Deflationsrate
abwirft. Da der Wert des Geldes in Relation zu den Gütern steigt, führt die Deflation somit zu
einer „Flucht aus den Gütern ins Geld“. Die generelle Folge ist ein Anstieg des realen
Finanzmarktzinses, was in Verbindung mit der deflationsbedingt sinkenden oder negativen
Ertragsrate auf Sachkapital einen ausgeprägt kontraktiven Effekt auf die gesamte
Wirtschaftsaktivität ausübt.

4
Bei einer Deflation wird ein gegebener Geldvermögensbestand aufgrund der sinkenden Preise
gemessen in Kaufkraft (Realkasse) mehr wert.

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 60


Erläuterung der Symbole:

N n : Arbeitsnachfrage
N a : Arbeitsangebot
w
: Reallohn
P
Y r : reales Inlandsprodukt
N : Beschäftigung
C: Konsum
I: Investitionen
i: Zins
S: Sparen
P: Preisniveau
M : Geldmenge
v: Umlaufsgeschwindigkeit
w: Nominallohn (i.S. eines Lohnsatzes, z.B. €/h)
T: Steuern
G: Staatsausgaben
W : Löhne (i.S. der Lohnsumme in einer Volkswirtschaft)
Q H : Unternehmens- und Vermögenseinkommen der privaten Haushalte (ausgeschüttete
Gewinne)
QU : unverteilte Gewinne der Unternehmen

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 61


Literatur zu Abschnitt III

BOFINGER, P. (2003): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Wissenschaft


von Märkten. München: Pearson, S. 392–414 (Kap. 21, nicht kopiert).

GÖRGENS, E., RUCKRIEGEL, K., SEITZ, F. (2002): Europäische Geldpolitik: Theorie, Empirie,
Praxis (2. Aufl.). Düsseldorf: Werner, S. 237–244 (Abschnitt 5.1.1: Interdependenz der
Zinssätze).

HEINE, M., HERR, H. (1999): Volkswirtschaftslehre: Paradigmenorientierte Einführung in die


Mikro- und Makroökonomie. München: Oldenbourg, S. 316–320 (Kapitel IV, Abschnitt 4.2.2:
Geldvorschuß und Einkommensbildung).

SPAHN, H.-P. (1999): Makroökonomie: Theoretische Grundlagen und stabilitätspolitische


Strategien (2. Aufl.). Berlin etc.: Springer, S. 41–45 (Abschnitt 1.2.5: Investieren und Sparen im
volkswirtschaftlichen Zusammenhang).

HEINE, M., HERR, H. (2004): Die Europäische Zentralbank: Eine kritische Einführung in die
Strategie und Politik der EZB. Marburg: Metropolis, S. 78–106 (Abschnitte 2.8, 3.1 und 3.2).

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 62


IV. Geldpolitische Regeln und Strategien
1. Sinn und Notwendigkeit geldpolitischer Regeln

Geldpolitische Strategien und Heuristiken

Instrumente Zinsen für Bank-


Geldmarkt-
der EZB kredite an Private; Gesamtwirtschaft-
zinssätze,
(Haupt- Zinsen auf liche Nachfrage
Zinssätze für
refinanzierungs- Kapitalmarkt; (Preisniveau, BIP,
Refinanzierung
geschäft etc.) Geld- und Kredit- Arbeitslosigkeit)
der Banken
volumen

Angesichts Operating targets/ Zwischenziele/


der Komplexi- primäre monetäre sekundäre Endziele
tät des Größen monetäre Größen
Transmissions-
prozesses
wurden für
Durchführung
der Geldpolitik
verschiedene
Geldmengen-
Regeln und Inflation
Heuristiken Taylor-Regel regel
Targeting
entwickelt (Monetarismus)

Bedeutung von Regeln und Strategien

Sinn von geldpolitischenRegeln

GeldpolitischeRegeln können dieEntscheidungsfindunginnerhalb


einer Zentralbank erleichtern

GeldpolitischeRegeln erleichtern die Kommunikation mit der


Öffentlichkeit

Arten von Regeln

Explizite Regeln beziehen sich darauf, wie für eine


geldpolitische
Variable ein Zielwert aufgestellt wird

Implizite Regeln geben an, wie eine direkte Aktionsvariable der


Zentralbank (z.B. Refinanzierungszins) angepaßt werden muß, um
die Zielvariable nahe am Zielwert zu halten

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2. Beispiele für Regeln und Strategien
a) Monetaristische Geldmengenregel

Monetaristische Geldmengenregel (I)

Grundlage:Quantitätstheorie

Umformulierungder Quantitätstheoriein Wachstumsraten


Mˆ ≡ π + Yˆ − Vˆ (Identität )
Mˆ 3 * = πˆ norm + Yˆ pot − Vˆ trend ( Potentialf ormel )

Gewünschte Inflationsrate: 1,5 - 2 % (Bundesbank), 1,5 % (EZB)


Wachstum des potentiellen BIP: 1,5 - 3 % (Bundesbank), 2 - 2,5 % (EZB)
Trendveränderung derUmlaufsgeschwindigkeit : -1 % (Bundesbank),
-0,5 % bis -1 % (EZB)
Referenzwertfür Wachstum von M3: 3 - 6 % (Bundesbank), 4,5 % (EZB)

Anwendungsmodalitäten

Mittelfristige Ausrichtung
Keine Reaktion auf (kurzfristige) Angebots- oder Nachfrageschocks

Monetaristische Geldmengenregel (II)

Durchführung (implizite Regel)

Wenn die Wachstumsrate der Geldmenge ihren Zielwert überschreitet


(unterschreitet), muß die Zentralbank den kurzfristigen Zinssatz
erhöhen (verringern), damit das Geldmengenwachstum zurückgeht
zunimmt).

Probleme der Regel

Stabilität der Geldnachfrage (zumindest kurzfristig) nicht gegeben;


Regel auf kürzere Perioden daher schwer anwendbar; Abweichung des
Geldmengenwachstums vom Zielwert rechtfertigt nicht in jedem Falle
eine Korrektur

Problematik der Berechung des Produktionspotentials: ist es unab-


hängig von geldpolitischen Maßnahmen, d.h. ist Geld neutral?

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 88


b) Inflation Targeting

Inflation targeting (I)

Grundlage: Inflationsprognose

Zentralbank erarbeitet eine Inflationsprognose (bedingte Prognose,


basierend auf einem konstanten kurzfristigen Zinssatz)
Ý diese Prognose soll m öglichst nah am Zielwertür
f die Inflationsrate
liegen

„Fan-Chart“ der Bankof England:


Die Inflationsprognose wird auf
zwei Jahre mit Hilfe von
Konfidenzintervallenangegeben:
jeder Farbbereich deckt zehn
Prozent der Wahrscheinlichkeit ab;
mit 90 % Wahrscheinlichkeit
liegt die Inflationsrate innerhalb
des Fächers

Inflation targeting (II)

Durchführung (implizite Regel)

Führt die bedingte Inflationsprognose zu einem Resultat über (unter)


dem Zielwert, so müssen die kurzfristigen Zinsen angehoben (gesenkt)
werden.

Probleme der Regel

Ausmaß der Zinskorrektur bleibt unbestimmt

Es bleibt unbestimmt, ob jede Zielabweichung bereits ein Grund für


Zinsänderungen darstellt (abhängig u.a. vom Zeithorizont)

Beurteilung der Inflationsprognose schwierig: eklektischer Ansatz,


Probleme einer „look-at-everything“-Strategie

Alternativer Ansatz: Beeinflussung der privaten Inflationserwartungen


und damit der Inflation

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 89


c) Taylor-Regel

Taylor-Regel (I)

Grundlage: Zinskanal

Taylor-Zins = realer Gleichgewichtszins + (erwartete) Inflationsrate


+α . Inflationslücke + β . Produktionslücke (α, β > 0)

Y − Y *
it = R + π t + α (π t − π *) + β  t 
 Y* 
Y − Y *
it = 0,02 + π t + 0,5(π t − 0,02 ) + 0,5 t  (USA )
 Y* 

Kann sowohl als positive Regel (Erklärung der beobachteten Politik)


als auch als normative Regel (Handlungsanweisung für die Geldpolitik)
betrachtet werden

Taylor-Regel (II)

Probleme der Regel

Korrekte Definition des neutralen Gleichgewichtszinses

Wahl der zu messenden Inflationsrate (Konsumentenpreisindex oder


die sog. Kerninflationsratecore
[ inflation], die z.B. Nahrungsmittel- und
Energiepreise ausschließt)

Berechnung der Produktionslücke schwierig; Differenzen zwischen


verschiedenen Meßkonzepten

Die unterschiedlichen Meßkonzepte können bei


gleicher Ausgangslage dazu führen, daß sich die
geldpolitischenEmpfehlungen gemäß derTaylor-
Regel in einem Spektrum von 1,5 Prozentpunkten
bewegen

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 90


Geldpolitik und Taylor-Regel (I)

Taylor-Regel in Deutschland

14

12

10

0
1970

1971

1972

1973

1974

1975

1976

1977

1978

1979

1980

1981

1982

1983

1984

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999
-2

Nominaler Geldmarktzins Realer Geldmarktzins Taylor (0,5/0,5) Inflationsrate

Quelle: Bofinger (2001), S. 299

Geldpolitik und Taylor-Regel (II)


Taylor-Regel für die USA
25

20

15

10

0
1970

1971

1972

1973

1974

1975

1976

1977

1978

1979

1980

1981

1982

1983

1984

1985

1986

1987

1988

1989

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

-5
nominal money market rate real money market rate
Taylor (0,5/0,5) inflation rate

Quelle: Bofinger (2001), S. 311

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 91


3. Die Strategie der Europäischen Zentralbank

Strategie der Europäischen Zentralbank (I)

Zwei-Säulen-Strategie

Erste Säule:
Wachstumsrate der Geldmenge M3; Referenzwert von 4,5 %

Zweite Säule:
Beurteilung der Aussichten für die Preisentwicklung anhand eines
breiten Indikatorenspektrums, das unter anderem enthält:
Löhne, Wechselkurs, Anleihenkurse und Zinsstruktur, verschiedene
Maße der realwirtschaftlichen Aktivität, Indikatoren der Fiskalpolitik,
Preis- und Kostenindizes, Unternehmens- und Konsumentenumfragen.

Was passiert, wenn die beiden Säulen unterschiedliche Signale geben?

Erklärung der tatsächlichen Geldpolitik mit Hilfe der Taylor-Regel oder


auch einer Wechselkursorientierung

Strategie der Europäischen Zentralbank (II)

Taylor-Regel für
5 den Euro-Raum
(1999 - 2000)
4

2
Taylorzins mit Kerninflationsrate
Taylorzins bei HVPI
Tagesgeldsatz
1

0
Apr 99

Aug 99

Apr 00
Jul 99

Nov 99

Jul 00
Jan 99

Jan 00
Sep 99
Feb 99

Jun 99

Dez 99

Feb 00

Jun 00
Mrz 99

Mai 99

Mrz 00
Okt 99

Mai 00

Quelle: Bofinger (2001), S. 306

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 92


Aufgabe zu geldpolitischen Regeln:

W. FILC und H. SANDTE schreiben in einem Aufsatz über die Geldpolitik der Deutschen
Bundesbank, daß diese Politik Anfang der neunziger Jahre zu restriktiv gewesen sei und
dadurch die Rezession 1992/93 mitverursacht habe. Sie begründen diese Ansicht damit, daß
unter Zugrundelegung einer (leicht modifizierten) Taylor-Regel ein sehr viel niedrigerer Zinssatz
angezeigt gewesen wäre: „Die güterwirtschaftlichen Folgen der zinspolitischen Restriktion,
gemessen anhand von Differenzen zwischen dem Tagesgeldsatz und dem Taylor-Zielzins,
waren die Rezession der Jahre 1992/93, die erst nach der zinspolitischen Lockerung
überwunden werden konnte.“
a) Erläutern Sie allgemein die Grundgedanken der Taylor-Regel sowie die Vorgehensweise, die
sich daraus für die Geldpolitik ableiten läßt.
b) Erläutern und begründen Sie die obige Aussage von FILC und SANDTE anhand der
Graphiken, die die Daten für Deutschland wiedergeben.

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 93


Literatur zu Abschnitt IV

HEINE, M., HERR, H. (2004): Die Europäische Zentralbank: Eine kritische Einführung in die
Strategie und Politik der EZB. Marburg: Metropolis, S. 123–155, 173–188 (Abschnitte 4.1, 4.2,
4.3, 5.1 und 5.2).

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 94


V. Makroökonomik der offenen Wirtschaft

1. Makromodell der offenen Wirtschaft

In einer offenen Wirtschaft werden die werden die Ergebnisse des Wirtschaftsprozesses sowie
die Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik gegenüber einer geschlossenen Wirtschaft durch drei
Zusammenhänge modifiziert:

• Internationaler Nachfrageverbund: In einer offenen Volkswirtschaft hängt die


gesamtwirtschaftliche Nachfrage auch von den Exporten ab; gleichzeitig wird ein Teil des
inländischen Einkommens für ausländische Güter ausgegeben (Importe).
• Internationaler Preisverbund: Bei freiem Warenverkehr werden die Güter in dem Land
gekauft, wo sie am billigsten sind. In einer offenen Volkswirtschaft wird die Inflationsrate
somit wesentlich von der Veränderung des Geldwerts im Ausland bestimmt.
• Internationaler Zinsverbund: Bei freiem Kapitalverkehr sind die Anleger bestrebt, ihr Geld
dort anzulegen, wo die Erträge am höchsten sind. Für die Notenbank eines kleinen Landes
kann das bedeuten, daß sie nicht mehr in der Lage ist, eine eigenständige Zinspolitik zu
verfolgen.

Internationaler Nachfrageverbund

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 121


Makroökonomik der offenen Wirtschaft

Makromodell der offenen Wirtschaft Geldpolitik bei Nachfrageschock

Gesamtwirtschaftliche Nachfrage in der offenen Volkswirtschaft:

Yn = a + bY + G + I − nr + X − M

Importe: M = mY Exporte: X = mF Y F

Eingesetzt in die Formel für die gesamtwirtschaftliche Nachfrage:

Yn = a + bY + G + I − nr + m F Y F − m Y

Als Gleichgewichtseinkommen ergibt sich:

Y0 =
1
(1 − b + m )
[a + G + I − nr + m F Y F ]

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 122


2. Wechselkurse und Wechselkursregime

Wechselkurse; Auf- und Abwertung

Wechselkurs in Preisnotierung

x Einheiten Inlandswäh rung (€ )


Wechselkur s : SP =
1 Einheit Auslandswä hrung (z. B. $ )
Steigen Abwertung
des Wechselkurses: der Inlandswährung
Sinken Aufwertung

Wechselkurs in Mengennotierung

x Einheiten Auslandswährung (z.B. $)


Wechselkurs : SM =
1 Einheit Inlandswährung (€ )
Steigen Aufwertung
des Wechselkurses: der Inlandswährung
Sinken Abwertung

Exporte und Importe

 S P • PF 
X = f (Y Ausland ) + f  
 P  „realer“
 S P • PF  Wechselkurs
M = f (Y ) + f  
 P 

Folge einer (realen) Aufwertung: Folge einer (realen) Abwertung:

Exportmengen und -werte gehen Exportmengen und -werte steigen;


zurück; Importmengen sinken, Importwerte
Importmengen steigen, Importwerte können steigen, fallen, oder
können steigen, fallen oder gleichbleiben, abhängig von der
gleichbleiben, abhängig von der Entwicklung der €-Preise der
Entwicklung der €-Preise der Importgüter
Importgüter

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Determinanten des (nominalen) Wechselkurses

Kaufkraftparität

P = S P ∗ PF (absolute KKP )
Wenn : ln S = s , dann gilt :
∆s = π −πF ( relative KKP )
Die Kaufkraftparität ist nur langfristig gültig

Zinsparität

Se − S ST − S
i−i F
= i−i F
=
S S
(ungedeckte Zinsparität) (gedeckte Zinsparität)

Veränderungen der realen Wechselkurse

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Zins und Wechselkurse - flexible Kurse

Zins und Wechselkurse - Feste Kurse

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Fixe vs. flexible Wechselkurse

Fixe Wechselkurse

Expansive Geldpolitik ist bei fixen Wechselkursen nicht bzw. nur für
das Leitwährungsland möglich; starke Abhängigkeit von Auslands-
entwicklungen

Feste Kurse sichern für den Außenhandel stabile Wettbewerbs-


verhältnisse

Flexible Wechselkurse

Verfolgung einer weitgehend autonomen Zinspolitik möglich (vor allem


für große Währungsräume), allerdings keine völlige Immunität
gegenüber außenwirtschaftlichen Störungen

Wechselkursinstabilität, da die tatsächlichen Auf- und Abwertungen


oft keinerlei Bezug zu makroökonomischen Fundamentaldaten (z.B.
Inflationsunterschiede) aufweisen

Geldpolitik und Wechselkurse

Ob fixe oder flexible Wechselkurse: die Geldpolitik kann den


Wechselkurs nicht völlig außer acht lassen, da Abwertungen mit
Problemen/Gefahren verbunden sind

Abwertung führt zu einem inflationären Impuls (Importgüter werden


teurer) mit Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale

Abwertungen, die die Erwartung weiterer Abwertungen erzeugen,


führen zu Vermögensumschichtungen: Anleger versuchen, die Geld-
vermögen, die sie in Währungen mit Abwertungsrisiko halten, in harte
Währungen umzutauschen; dies führt zu einer weiterern Verstärkung
des Abwertungstrends

Abwertungen führen dazu, daß die im Ausland aufgenommenen


Kredite schwerer zu bedienen sind
Abwertungen führen zur Verschlechterung der „terms of trade“: für
eine Einheit importierter Güter muß eine wachsende Menge inlän-
discher Güter geliefert werden

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Aufgaben zur Außenwirtschaft:

a) 2003 und 2004 hat der Dollar gegenüber anderen Währungen abgewertet. Im Economist
vom 15. März 2003 findet sich in einer Reportage über den Zustand der Weltwirtschaft dazu
folgende Aussage zur Geldpolitik: „Die richtige Antwort der Zentralbanken in Europa und
Japan auf die Aufwertung ihrer Währungen ist eine Lockerung der Geldpolitik.“ (Original:
„The correct response by central banks in Europe and Japan to an appreciation of their
currencies is to ease monetary policy.“)
Erläutern und begründen Sie diese Aussage.
b) Der argentinische Peso hat seit Anfang des Jahres 2002 gegenüber anderen Währungen
stark abgewertet. In einer Reportage des SZ-Magazins (Nr. 12, 21. März 2003) über die
Situation Argentiniens berichtet der Reporter von einem Empfang in Buenos Aires und
schreibt: „Es war nicht zu übersehen, daß etliche männliche Gäste [gemeint sind Argentinier]
die Vorteile der Abwertung des Peso tragen – ausländische Designerhemden und -schuhe,
die nur noch ein Drittel des ursprünglichen Preises kosten.“
Kommentieren Sie diese Aussage.

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Literatur zu Abschnitt V

BOFINGER, P. (2003): Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Wissenschaft


von Märkten. München: Pearson, S. 416–436 (Kap. 22, nicht kopiert).

HEINE, M., HERR, H. (2004): Die Europäische Zentralbank: Eine kritische Einführung in die
Strategie und Politik der EZB. Marburg: Metropolis, S. 108–117, 156–163, 188–196 (Abschnitte
4.4 und 5.3).

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Weitere Übungsaufgaben

1. Vervollständigen Sie die nachfolgende Tabelle, indem Sie das nominale und reale BIP und
den BIP-Deflator berechnen. Basisjahr der Berechnung sei das Jahr 1996.

BIP-Komponenten (ohne Im- und


1996 1997 1998 1999
Exporte)

Konsumgütermengen 200 202 205 200

Konsumgüterpreise 6 6,5 6 6,5

Investitionsgütermengen 50 52 55 50

Investitionsgüterpreise 5 5,5 5 6

Menge an staatlichen Waren und


40 42 44 40
Dienstleistungen

Preise staatlicher Waren und Dienst-


7,5 8 7,5 8
leistungen

Nominales BIP (jeweilige Preise)

%-Veränderung gegenüber dem Vorjahr

Reales BIP (Basisjahr 1996)

%-Veränderung gegenüber dem Vorjahr

BIP-Deflator als Preisindex

%-Veränderung gegenüber dem Vorjahr

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2. Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Axel Weber, hat sich vor kurzem zur
geldpolitischen Strategie der Europäischen Zentralbank geäußert. Die Süddeutsche Zeitung
schreibt hierzu in ihrer Ausgabe vom 13.07.2004:
„In einem Zeitungsinterview hat er [Axel Weber] soeben die monetäre Analyse als ‚wichtig,
aber nicht zentral’ bezeichnet. Man solle diese weder vernachlässigen noch überbetonen.
Mit anderen Worten: Weber hält als Mitglied des EZB-Rates die Beobachtung der
Geldmenge für notwendig, aber nicht hinreichend.“
a) Wieso ist für eine Zentralbank die „Beobachtung der Geldmenge“ wichtig? Erläutern Sie,
für welche wirtschaftspolitischen Ziele der Europäischen Zentralbank (EZB) die
Geldmenge von Bedeutung ist (bzw. sein kann) und erklären Sie die dahinterstehende
Theorie.
b) Warum ist die Beobachtung allein der Geldmenge für die Erreichung der
wirtschaftspolitischen Ziele der EZB „nicht hinreichend“?
c) Erläutern Sie die geldpolitische Strategie der EZB. Welche Vorteile und welche Nachteile
sind mit dieser Strategie verbunden?

3. Die steigenden Ölpreise der letzten Monate haben Befürchtungen ausgelöst, die
Inflationsrate könnte in Europa wieder steigen. Die EZB hat gesagt, sie würde die
Entwicklung aufmerksam beobachten, bisher gab es jedoch keine geldpolitische Reaktion.
a) Wie könnte die EZB auf steigende Ölpreise reagieren? Inwiefern kann es dabei zu einem
Zielkonflikt kommen?
b) Inwiefern könnte der Zielkonflikt durch Gespräche und Vereinbarungen mit den
europäischen Gewerkschaften gemildert werden?
c) Warum tritt dieser Zielkonflikt nicht in dem Maße auf, wenn die Preise z.B. aufgrund eines
Investitionsbooms steigen?

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4. Für die Formulierung der geldpolitischen Strategie einer Zentralbank gibt es verschiedene
Regeln und Heuristiken. Bekannt sind vor allem die Geldmengenregel, das Inflation
Targeting und die Taylor-Regel.
a) Erläutern Sie kurz die Grundgedanken dieser drei Regeln.
b) Die Zentralbank eines Landes stehe vor folgenden Daten, die zum Teil aus der Statistik,
zum Teil aus eigenen Schätzungen und Berechnungen der Zentralbank hervorgehen:
– Wachstumsrate der Geldmenge: 3,5%
– Höhe des tatsächlichen Bruttoinlandsprodukts (BIP): 1.040 Mrd. €
– Inflationsrate: 2 %
– Prognostizierte Inflationsrate für das nächste Jahr: 2,1%
– Geschätzte Veränderung der Umlaufsgeschwindigkeit: –1%
– Zentralbankzins (Zins für das Hauptrefinanzierungsgeschäft): 4%
– Höhe des potentiellen BIP (BIP bei Vollbeschäftigung): 1.000 Mrd. €
– Inflationsziel der Zentralbank: 2% (wobei eine Über- oder Unterschreitung dieses Ziels
um jeweils 0,5 Prozentpunkte als akzeptabel angesehen wird)
– Geschätzte Wachstumsrate des potentiellen BIP: 2,5%
ünden Sie, zu welcher geldpolitschen Empfehlung Sie aufgrund der obigen Daten
kommen, wenn Sie Ihrer Empfehlung die Geldmengenregel zugrundelegen.
ünden Sie, zu welcher geldpolitschen Empfehlung Sie aufgrund der obigen Daten
kommen, wenn Sie Ihrer Empfehlung das Inflation Targeting zugrundelegen.
ünden Sie, zu welcher geldpolitschen Empfehlung Sie aufgrund der obigen Daten
kommen, wenn Sie Ihrer Empfehlung die Taylor-Regel zugrundelegen (Höhe des realen
Gleichgewichtszinses: 2%, Gewichtungsfaktoren: jeweils 0,5).
(Hinweis: Ihre Empfehlung muß nicht zwingend quantitativ ausfallen, also einen
bestimmten Zahlenwert für die geldpolitische Entscheidung beinhalten. Das ist nur dann
erforderlich, wenn die Daten dafür ausreichend sind; in den übrigen Fällen genügt eine
qualitative Aussage über die geldpolitische Entscheidung.)

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5. a) Kleinere Länder erhoffen sich durch die Fixierung ihres Wechselkurses gegenüber
anderen Währungen oft einen „Stabilitätsimport“. Erläutern Sie, was damit gemeint ist und
warum es durch die Wechselkursfixierung zu einem solchen Stabilitätsimport kommt.
b) Warum ist es problematisch, wenn ein kleines Land mit fixen Wechselkursen die
Geldpolitik zur Ankurbelung seiner Wirtschaft benutzen möchte?
c) Ein Land habe seinen Wechselkurs gegenüber anderen Währungen fixiert. Kann dieses
Land eine Abwertung durchführen, ohne den nominalen Wechselkurs zu ändern? Wenn
ja, wie ist das möglich? Wenn nein, warum nicht?

6. a) Erläutern Sie die folgenden Begriffe:


– nominaler Wechselkurs in Mengennotierung
– realer Wechselkurs
– reale Aufwertung
b) Erläutern Sie, warum in einem System fester Wechselkurse ein Land mit einem Defizit in
der Devisenbilanz eine restriktive Geldpolitik durchführen muß. Warum ist das bei
flexiblen Wechselkursen nicht erforderlich?
c) Ein kleines Land, das in ein System fester Wechselkurse eingebunden ist, möchte seine
Wirtschaft durch eine expansive Politik ankurbeln. Welche geld- und fiskalpolitischen
Maßnahmen schlagen Sie vor, von welchen raten Sie ab? Begründen Sie Ihre Meinung.

7. Sind die folgenden Aussagen richtig oder falsch? Geben Sie jeweils eine kurze Begründung
für Ihre Ansicht.
a) Bei Gültigkeit der relativen Kaufkraftparität verändert sich der reale Wechselkurs gemäß
der Inflationsratendifferenz zwischen zwei Ländern.
b) In einem Land, das den Wechselkurs seiner Währung gegenüber anderen Währungen
fixiert hat, kommt der Geldpolitik eine größere Bedeutung für die Ankurbelung der
Wirtschaft zu als der Fiskalpolitik.
c) Die aktive Giralgeldschöpfung durch eine Geschäftsbank ist bei ihr mit einer
Bilanzverlängerung verbunden.
d) Der Nominalzins ergibt sich aus der Differenz zwischen Realzins und Inflationsrate.
e) Der langfristige Zins ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf
dem Kapitalmarkt und kann daher nicht von der Zentralbank beeinflußt werden.

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8. Aus der Zeitschrift The Economist können Sie folgende Information entnehmen

Land Preis eines Bic KKP bezogen Aktueller Big-Mac- Unter-(-),


Mac in auf den US-$ Wechselkurs Preis in US-$ Überbewertung(+)
Landeswährung (Preisnotierung) gegenüber dem
US-$ in %
USA 2,63 US-$ ---
GB 1,90 Pfund 0,63
EWWU 2,53 € 1,03
Japan 294,00 Jen 120,28
Rußland 33,50 Rubel 24,50
Israel 13,90 Schekel 4.04

a) Ermitteln Sie für die Länder rechnerisch den Wechselkurs des US-$, der sich gemäß des
Kaufkraftparitätentheorems ergeben müßte. Zeigen Sie mit Hilfe des Wechselkurses,
welche Währung gegenüber dem US-$ unter- bzw. überbewertet ist.
b) Welche grundlegenden Einwände sprechen gegen das Kaufkraftparitätentheorem?

9. In einer offenen Volkswirtschaft gelten die folgenden Werte bzw. Funktionen:


C = 100 + 0,8 Y verf
Y verf = Y − T
T = 0,25 Y
I aut = 300
G aut
= 600
M = 100 + 0,1Y
X aut = 600
a) Ermitteln Sie das Gleichgewichtseinkommen.
b) Wie verändert sich das Gleichgewichtseinkommen und der Außenbeitrag bei einer
Erhöhung der autonomen Exporte um 100 Mrd. €?
c) Im Ausland sind neue Güter entwickelt worden, die von den Privaten Haushalten als so
attraktiv empfunden werden, daß sie zulasten der privaten Ersparnis gekauft werden.

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Gesamtwirtschaftlich macht sich dies durch zusätzliche autonome Importe und
zusätzlichen autonomen Konsum in Höhe von jeweils 50 Mrd. € bemerkbar. Welche
Veränderung des Gleichgewichtseinkommens resultiert aus diesem Vorgang?
d) Aufgrund der zunehmenden internationalen Integration kommt es zu einer deutlichen
Ausweitung der Importe, die zu einem Anstieg der marginalen Importquote auf 0,225
führt. Ermitteln Sie die Veränderung des Multiplikators und – isoliert betrachtet – den
Anstieg der Importe. Wie stark müßten die Exporte steigen, um etwaige negative
Einkommenseffekte für das Inland zu kompensieren?

10. a) Der reale Wechselkurs ist um 2% gestiegen, die inländische Inflationsrate beträgt 3%
und die ausländische Inflationsrate 4%. Ermitteln Sie die Veränderungsrate des
nominalen Wechselkurses.
b) Die prozentuale Veränderung des nominalen Wechselkurses ist 5%, der reale
Wechselkurs ist um 8% gestiegen, und die inländische Inflationsrate beträgt 3%. Wie
hoch ist die ausländische Inflationsrate?

11. Sie haben die Möglichkeit, 1 Mio. € für ein Jahr in Euroland oder in den USA anzulegen.
Sie konsultieren den Finanzteil Ihrer Zeitung, aus dem Sie die folgenden Informationen
entnehmen. Leider ist der Terminwechselkurs nicht lesbar. Welche Höhe muß er aber
haben, wenn sie wissen, daß die beiden Anlagemöglichkeiten das gleiche Risiko haben?
Aktueller Wechselkurs (Preisnotierung) 1 $ = 1,1 €
Erwarteter Kassakurs nach einem Jahr 1 $ = 1,2 €
Zins (Inland) 8%
Zins (Ausland) 7%
Anlagebetrag: 1 Mio. €

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12. Welche Geldmengen verändern sich wie bei den folgenden Transaktionen?

a) Sie nehmen einen Kredit von €30.000 bei der A-Bank auf. Die Kreditsumme wird Ihnen
zunächst auf Ihrem Girokonto gutgeschrieben. Sie bezahlen damit alte Rechnungen im
Umfang von €8.000, wobei dieser Betrag auf die Girokonten Ihrer Gläubiger überwiesen
wird. Bei der B-Bank zeichnen Sie im Rahmen einer Neuemission Aktien im Wert von
€15.000, wobei Sie durch Belastung Ihres Girokontos bezahlen.

b) Zum feierlichen Beginn Ihres BA-Studiums richten Ihnen Ihre Eltern ein Termingeldkonto
mit sechsmonatiger Laufzeit ein und zahlen darauf €10.000 ein. Ihre Mutter finanziert
diese Transaktion durch Verlauf von Aktien an eine Kollegin, die für die Aktien wiederum
mit der gerade fällig gewordenen Auszahlung aus einem Repogeschäft bezahlt.

c) Sie tilgen durch Belastung Ihres Girokontos die letzte Rate Ihres Kredites in Höhe von
€2.000.

d) Zum Geburtstag erhalten Sie von Ihrem Großvater ein Bargeldgeschenk in Höhe von
€5.000. Das Geld legen Sie in zehnjährige Bundesanleihen an, die Sie von einem
Kollegen erwerben, der diese Einnahme auf seinem Termingeldkonto (dreimonatige
Laufzeit) parkt.

e) Für Ihre laufenden Ausgaben im Jahresurlaub holen Sie sich kanadische Dollars im
Wert von €1.000. Die Bank belastet dafür Ihr Girokonto.

f) Im Hinblick auf Ihr zukünftiges Einkommen als BA-Absolvent nehmen Sie bei Ihrer Bank
einen Kredit in Höhe von €500.000 und kaufen damit eine Wohnung in Heidelberg. Der
Verkäufer der Wohnung, dem die Einnahme auf seinem Girokonto gutgeschrieben wird,
tilgt mit der Einnahme Schulden bei seiner Bank.

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2. „Wenn alle eine hohe Inflation erwarten, kommt es auch zu einer hohen Inflation.“
a) Erläutern Sie den Prozess, wie es aufgrund allgemein hoher Inflationserwartungen zu
einer tatsächlichen höheren Inflation kommen kann.
b) Wie kann eine Zentralbank darauf reagieren und vor welchem Zielkonflikt steht sie
möglicherweise? Welche Gegebenheiten können dazu führen, dass dieser Zielkonflikt
gemildert wird?

13. Erläutern Sie kurz folgende Begriffe aus der Geldpolitik:


- ständige Fazilitäten
- Zinstenderverfahren
- Marginaler Zuteilungssatz
- Mindestreserve

14. Im Monatsbericht der europäischen Zentralbank für März 2004 heißt es auf S. 21:

„Trotz der Verlangsamung des M3-Wachstums seit dem Sommer 2003 ist im Euroraum immer
noch deutlich mehr Liquidität vorhanden, als zur Finanzierung eines inflationsfreien
Wirtschaftswachstums erforderlich ist. Ob dieser Liquiditätsüberschuss auf mittlere bis lange
Sicht zu inflationären Spannungen führen wird oder nicht, hängt vor allem davon ab, inwieweit
und wie schnell die Portfolioumschichtungen in Zukunft wieder rückgängig gemacht werden
und/oder wie kräftig das Wirtschaftswachstum im Eurogebiet ausfallen wird. Im Falle einer nur
sehr zögerlichen Anpassung der Portfoliostruktur seitens der Anleger im Euroraum und/oder
einer rascheren Konjunkturerholung als derzeit erwartet könnte die Überschussliquidität
mittelfristig zu inflationärem Druck führen.“

a) Was versteht man unter M3? Nennen Sie die Bestandteile dieser Größe. Welche
weiteren Aggregate lassen sich innerhalb dieser Größe M3 bilden?

b) Warum kann der von der EZB beschriebene Liquiditätsüberschuss zu inflationären


Spannungen führen? Erläutern Sie die Theorie, die dieser Überlegung zugrunde liegt.

c) Was ist mit der Aussage gemeint, dass durch das Rückgängigmachen von
Portfolioumschichtungen die Gefahr inflationärer Spannungen gemildert wird?

d) Warum kann eine rasche Konjunkturerholungen bzw. ein kräftiges Wirtschaftswachstum


zu einer höheren Inflationsrate führen?

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 150


15. Ein Kollege zeigt Ihnen eine neue Zeitschrift mit Informationen für Anleger und fragt Sie
nach Ihrem Urteil bezüglich der Qualität. Sie finden darin auf einer Seite folgende
Informationen zusammengestellt:

- Die amerikanische Zentralbank hat vor kurzem den Leitzins auf 4,25 % angehoben.

- Dollar-Leihgelder per ein Jahr werden zurzeit zu 7 % Zinsen gehandelt.

- Das Magazin prognostiziert einen Anstieg des europäischen Leitzinses auf 2,5 %
innerhalb der nächsten sechs Monate.

- Dollar werden zurzeit gegen Euro für sofortige Lieferung zum Kurs von 1,30 $/€
gehandelt.

- Die Inflationsrate in China (Konsumentenpreise) liegt zurzeit bei 3,9 %.

- Euro-Leihgelder per ein Jahr werden zurzeit zu 4 % Zinsen gehandelt.

- Die deutsche Arbeitslosenquote ist um 1,4 Prozentpunkte über der spanischen.

- Dollar werden zurzeit gegen Euro für Lieferung in einem Jahr zum Terminkurs von 1,40
$/€ gehandelt.

- Der Zinssatz für brasilianische Anleihen mit einem Jahr Laufzeit beträgt 19,24 %.

Sie empfehlen Ihrem Kollegen daraufhin, die Zeitschrift abzubestellen. Warum?

Prof. Dr. Johannes Schmidt, Berufsakademie Mosbach 151

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