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Kunststoff-Spritzguss

Der Weg zur Null-Fehler-Produktion

Referent
Hans-Heinrich Behrens
Herstellungsverfahren Spritzguss
Status heute

Allgemein werden beim Spritzguss fertigungsbegleitende Q-Kontrollen


immer noch mit zuviel Aufwand durchgeführt, an größeren Anlagen oft
sogar bei jedem Teil!
Ursache: Alte (falsche) Prozesslehre ist immer noch Basis der Ausbildung,
was nach wie vor zur „Nichtbeherrschung der Prozesse“ führt, mit dem
Ergebnis, dass frühere Fehlerbilder die heutigen sind.
Folgen: Unnötige hohe Kosten durch
• Aufwendiges Prüfen und Kontrollieren,
• Nachbearbeitung manuell oder automatisiert,
• Reklamationen,
• zuviel Ausschuss,
• Energie - Vergeudung,
• Aufwendige Logistik.

Qualität produzieren anstatt kontrollieren!


Nur durch Qualität ist Wettbewerbssicherung heute und in Zukunft möglich!
Frühere u. heutige Prozesslehre

Spritzgussprozess heute wird immer noch auf die Maschine reduziert, obwohl
der Maschinenprozess an der Schneckenspitze endet.
Welche Voraussetzungen sind nötig

Sinnvolle Technik
• Nur leicht verständliche Bedienung der Steuerungen führt zur optimalen Nutzung.
• Komplexe Kühltechnik wird selten verstanden und führt oft zu fehlerhaftem Einsatz.
• Temperiergeräte werden mit zu kleinen Pumpenleistungen beschafft.
• Anguss-Handlinggeräte sind unnötige Energie-Schlucker.
• Beistellmühlen machen nur „kaufmännischen Sinn“ im Prozess ist Mahlgutver-
arbeitung nicht sinnvoll, da es zu instabiler Materialaufbereitung und zu „Staub-
vergasungen“ im Spritzzylinder führt.

Gute Ausbildung
Es müssen endlich Spritzgießer mit Schwerpunkt auf hohes Prozesswissen ausgebildet
werden:
• Kühltechnik und Beherrschung des Themas Thermografie.
• Visualisierung der Prozessparameter mit Kurvengrafik.
• Langzeitbewertung des Prozesses mit Trendgrafik.
• Werkzeugtechnik incl. Heisskanalkonzepte.
Beherrschter Spritzguss

Sensoren im Werkzeug bringen


„Licht ins Dunkel der Formteilentstehung“

Information zur Maschine

< 5% der Spritzguss-Werkzeuge sind mit Sensoren ausgestattet!


Der Quellfluss

Werkzeugwand
Erstarrte Randschicht
d r u ck
Ma sse
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Erstarrte Randschicht
Werkzeugwand
Entwicklung der Anspritzkonzepte

Vor 40 Jahren Kaltkanal:


• Niederfachig
• Kurze Kaltwege
• Geringere Engstellen

Heute -
- bei Kaltkanal:
• Hochfachig
• Lange Kaltverteilerwege
• Starke Engstellen durch
Tunnelanspritzung

- bei Heiß- auf Kaltkanal:


• Hochfachig
• Kaltverteilerwege
• Starke Engstellen durch
Tunnelanspritzung u. offene
Torpedodüsen
Prozess- u. Energieverluste

Die heute am häufigsten verwendeten Anspritzkonzepte vernichten Energie und


Prozess! Die Präzision der Maschinen endet an der Schneckenspitze, jedoch
ab hier beginnt für den Kunststoff oft ein endloser Leidensweg bis zur endgültigen
Ausformung des Spritzgussteiles . . . .
Engstelle Tunnelanguss Engstelle Maschinendüse

1) sehr beliebt:
Der Kaltkanal:
• Hochfachig
• Lange Kaltverteilerwege
• Starke Engstellen durch
Tunnelanspritzung
Engstelle Maschinendüse
Engstelle Tunnelanguss
2) sehr verbreitet: Engstelle Torpedodüse
Heiß- auf Kaltkanal:
• Starke Engstellen durch
Tunnelanspritzung u.
durch offene Torpedodüse
Hohe Energie- und Heisskanal
Prozessverluste Kaltkanal Ende Maschinen-
Prozess
Prozessgerechte Werkzeugkonzepte

Was ist nötig?


 Richtige Anguss- und Anspritzkonzept (sehr wichtig!!).
 Richtige Kavitätenauslegung (keine zu stark voneinander abweichenden Teile
bei Familienwerkzeuge).
 Stabile Werkzeug-Elemente (ca. 50% aller Werkzg. werden zu schwach gebaut).
 Optimales Kühlkonzept gestalten.
 Sensoren für Prozessabbildung vorsehen.
 Standardisierte Schnittstellen Werkzeug / Maschine.
 Kennzeichnung aller Anschlüsse „werkstatttauglich“ u. „plausibel“ anbringen.
 Verzugsfreies Entformen sicherstellen.
 Zugänglichkeit für Entnahme (Führungselemente) usw. . . .
Aber! . . . das alles ist teuer !
. . . jedoch, alle Spritzgießer wissen:

! Ist das Spritzguss-Werkzeug billig, wird die Produktion teuer !


Beispiel schlechtes Angusskonzept
Beispiel schlechtes Angusskonzept
Beispiel schlechtes Angusskonzept
Beispiel schlechtes Kühlen
Q-Fehlerbilder früher und heute

Trotz extrem verbesserter Technologien haben sich die Fehlerbilder und die
Qualitätsprobleme beim Spritzguss nicht gravierend verbessert!
Hauptfehler nach wie vor:
• Nicht voll ausgeformte Teile,
• Grat,
• Maßschwankungen,
• Brenner (durch Dieseleffekte),
• Verzug usw..
Hauptursache:
Fehlendes tiefes Prozesswissen aller am Prozess wirkenden Mitarbeiter von
der Projektierung bis zum Endprodukt Formteil.
Spritzguss wird überwiegend immer noch nach alten Philosophien gelehrt
wie z. B. „Umschalten auf Nachdruck bei nicht voll ausgefüllter Kavität“.
Elementare Basiskenntnisse zu Themen wie Kühltechnik, Trocknungstechnik,
Visualisieren der Formteil-Thermografie, Visualisieren des Maschinenablaufs,
Arbeiten mit Werkzeugsensorik fehlen allgemein in den Spritzgussfertigungen.
Bedenke: Die notwendigen Technologien gibt es seit Jahrzehnten!
Notwendige Ausstattung der SGM

Werkstattaugliche Steuerung
• Steuerung plausibel und verständlich mit Klartext-Darstellungen
Ausstattung für Werkzeug-Innendrucktechnik
• Hard - u. Software- Möglichkeiten für bis zu 8 Innendruck- Fühler
Kurvengrafik (min. 10 Bildschirmseiten frei belegbar)
• Abbilden des Gesamtprozesses mit Zusammenstellung von Kurvenauswahl
• Abbilden von Einzelprozessen wie
- Massedruck
- Schneckenbewegung
- Werkzeuginnendrücke auf Einzelseiten
- Möglichkeit Werkzeugwandtemperatur darzustellen
- Bewegungen der Maschine (z.B. Werkzeug öffnen/schließen, Auswerfer)
• Referenzkurven erzeugen, Darstellen und Abspeichern von allen Istkurven

Trendgrafik
Abbilden der Ist-Parameterwerte zu einer Trendlinie über einen längeren Zeitraum
aus einem Speicher von min. 20.000 Zyklen, frei konfigurierbar.
Warum Kurvengrafik?

Kurvengrafik wird benötigt, um


 den Prozessablauf mit seinen Parametern abzubilden,
 Ursachen von Prozess-Schwankungen zu analysieren,
 zu erkennen, ob die Sollvorgaben wiederholgenau machbar sind,
 Optimierung sichtbar zu machen (kein blindes Arbeiten),
 aufzuzeigen, welche Optimierungsmaßnahme nötig ist,
 Extremwerte aufzuzeigen,
 unregelmäßig auftretende Abweichungen abzubilden,
 den optimalen Prozess „dauerfähig zu gestalten“,
 alle relevanten Kurven als Referenz abzuspeichern und
 den Prozess reproduzierbar machen.
! Weniger als 5% aller Spritzguss-Einrichter arbeiten mit Kurvengrafik !
Prozessabbildung mit Kurvengrafik

Einspritzphase Nachdruckphase

1 1 = Massedruck
2 2 = Werkzeugwand Temperatur
4 3 = Werkzeuginnendruck
4 = Schneckenbewegung
3
Prozess- Kontrolle mit Trendgrafik

Prozess bei Weg-, danach Innendruck- Umschaltung

Weg-Umschaltung Innendruck-Umschaltung
Notwendige Vorgehensweise

Schon ab der ersten Abmusterung eines Werkzeugs ist die „prozess-


orientierte Vorgehensweise“ für den Erfolg der Serienfertigung wichtig!
Wie?
 Vor der Musterung notwendige Ausstattung der SGM sicherstellen.
 Schnittstellen Werkzeug/Maschine im Hinblick auf die Serienfertigung
prüfen, z.B. ob alle Anschlüsse richtig und plausibel gekennzeichnet sind.
 Prozess am Teil abbilden(!!) (Wärmebild u. Innendruck) und dokumentieren.
Dieses minimiert Korrekturschleifen, weil reproduzierbar!
 Der Prozess muss mit Innendruckkurve und Wärmebild an die Serien-
Fertigung übergeben werden.
Dieses ist nur möglich, wenn alle beteiligten Mitarbeiter die dafür
notwendige Ausstattung und entsprechende Qualifizierung haben.
Gewichtsstreuung bei . . .

... Weg- Umschaltung ... Innendruck-Umschaltung


Spritzgießer bedarfsgerecht ausbilden

Prozessbeherrschung ist nur mit dem notwendigen tiefen Prozesswissen möglich,


daher ist es dringend notwendig, dass
- die Ausbildung auf dem Stand der Technik stattfindet!
- die Prozessvisualisierung mit Kurven- u. Trendgrafik zur Ausbildung gehört!
- Prozesswissen der jeweiligen Herstellungsverfahren in den Vordergrund rückt!
- Jedes Kunststoffverarbeitungsverfahren muss Fachberuf werden!

Ein Facharbeiter an der Spritzgussmaschine muss folgendes beherrschen:


- Den gesamten Prozess mit Kurvengrafik abbilden und auch verstehen.
- Mit Werkzeugsensorik den Maschinenprozess regeln und überwachen.
- Mit Hilfe von Wärmebildern thermisch den Prozess optimieren u. reproduzieren.
- Trocknertechnologie verstehen.
- Kühltechnologie beherrschen (z. B. Wichtigkeit der turbulenten Strömung).

S p r i t z g i e ß e r muss zum Ausbildungsberuf werden!


Nur wenn sich die Ausbildung dahingehend verändert, kann
der Spritzguss wettbewerbsfähig seine Zukunft gestalten!
!!!!!FAZIT!!!!!

Null-Fehler-Produktion?
Es geht!
Wie?
Mit dem Etablieren der
notwendigen Prozesslehre !
Spritzguss hat noch viel Potential, um die
Kurven ansteigen zu lassen!

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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