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Beiheftezum

K A R L PREISENDANZ

AKEPHALOS
der kopflose Gott

* * HEFT 8 * *
J.CHINRICHS’SCHE BUCHHANDLUNG
LEIPZIG 1927
AKEPHALOS
DER KOPFLOSE
GO TT
VON

KARL PREISENDANZ

MIT 13 A B B I L D U N G E N IM T E X T
UND AUF 3 TAFELN
'fltn

2. unveränderte Auflage

LEIPZIG / J. C. m N RICH S’SCHE BUCHHANDLUNG


Beihefte zum Alten Orient
herausgegeben

von

Prof. Dr. Wilhelm Schubart


H eft 8

Die Beihefte erscheinen im Einverständnis m it


der Vorderasiatisch-Ägyptischen Gesellschaft. Sie
wollen eine Sam m elstelle für Arbeiten über den
Orient sein, die über den Rahmen des „Alten
Orient“ hinausgehen.
Vorwort.
Die kleine Studie über den kopflosen Go t t bildet einen A u s ­
s chnitt aus Stoffsammlungen, wie sie mir die l angjährige Be­
schäftigung mi t den griechischen Zauberpapyr i ergeben hat.
Sie war mi t anderen, wie der über die schwanzbeißende Schlange,
schon lange vorbereitet, ehe mir, nach Kriegsende, die anregende
und wertvolles Material sammel nde Arbei t von A. D e l a t t e ,
AKE<Pslst02 QEOÜ, zu Gesicht k a m ; sie gab mi t Anlaß, meine
Studie als Parallele zur seinigen zu entwickeln. So sehr meine
Auffassung u nd D e u tu n g der verschiedenen Überlieferungen des
Kopflosen meistens von der D e l a t t e s abweicht, so gern gestehe
ich zu, seinen Ge dankengängen und Ergebnissen vieles zu v e r ­
danken. Auch da, wo ich über vorläufige R e s u l t a t e u nd H y p o ­
thesen ni cht hi naus gek ommen bin. Bedauerlich schien d u r c h ­
weg, daß sich D e l a t t e nicht entschlossen hat , seinen B ei t ra g
auf gründlicher N a c h p rü fu ng der P a p y r u s t e x t e selbst auf zu ­
bauen. Sie h ä t t e ihn v or Fehlschlüssen b ewahrt , wie sie et wa
die B enu tz ung von C. W ESSELY S Skizze des Zauberbildes im
Pap. M imau t (Louvre) nach sich ziehen m u ß t e .
Als u n m i t t e l b a r a m W e g liegenden E x ku rs m ag m a n die
Abschweifung über die römischen Verfluchungstafeln des Museo
Kircheriano b e t r a ch t en u nd entschuldigen. Ihre sethianische
Herkunft , nach der sie RICHARD WÜNSCH, ihr erster, u m das
S tu d iu m der an ti ken Magie h ochve rdi ent er Herausgeber u nd
E r k l ä r e r , g et auf t hat, schien einer Na c hp rü fu ng gewisser e n t ­
s c h e id e n d e r Fragen zu bedürfen. Die Ausei nanderset zung m i t
D e l a t t e s kopflosem Gott, der zu S e t h- Ty ph on führte, b ra ch te
d ie se s p ä te Ep ikri tik ohne Zwang. Sie soll, das sei ausdrücklich
b e m e r k t, le d ig lic h eine sachliche Feststellung meiner eigenen
E rg e b n is s e u n d Ve rmu tu ng en bedeuten, in keiner Weise eine
P o le m ik geg en R ic h a r d WÜNSCH, den ich als Gelehrten und
M e n sc h e n hoch v e r e h r t h a b e ; seinen vorzeitigen Tod — auch er
— 4 —

eines der unersetzlichen Opfer des Kriegs — habe ich schwer


empfunden. Verlor doch mit ihm auch die Ausgabe der Z a u b e r ­
p apyr i eine organisierende und überall nachhelfende Kraft, die
sie schwer missen wird.
Im Lauf der Arbeit benüt ze ich, wo Text e der Zau be rp ap yr i
beizuziehen waren, meine eigenen Lesungen, wie sie auch das
neue Korpus (bei B. G. Teubner) bringen wird. Der Kürze und
Einfachheit halber bezeichne ich die einzelnen Papy ri in der
Reihenfolge der bald erscheinenden Gesamtausgabe mit den
Zahlen:
P I. II: die beiden Berliner P ap yr i; Ausgabe von G. P a r t h e y ,
Abhandl. d. Kgl. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1865,
S. 109— 167.
P III: Pap. Mi mau t im Louvre, 2391; C. W e s s e l y , Denkschr.
d. Kais. Ak. d. W iss. p h il. h is t. Kl. 36. Bd. Wien 1888
S. 139— 148.
P IV: Pap. der Bibliothèque Nationale, Paris, suppl. grec 574.
Das sog. Große Zauberbuch. Alte Ausgabe von
C. WESSELV, wie zu P III, S. 44— 126.
P V : Pap. des Britischen Museums in London X LVI . Ch.
Goodwin, F r ag me nt of a graeco-eg. work upon magic,
The Cambr. antiq. Soc. 1 852 ; C. WESSELY wie zu P III,
S. 127— 139; Fr. Kenyon, Greek Pap yr i in t he Brit.
Mus. I 1893, 6 4 — 81.
P VI: Pap. des Brit. Mus. X L V I I; C. WESSELY wie zu P. Il l,
S. 149 f., und Kenyon I 81.
P V I I : P ap. des Brit. Mus. C X X I ; C. W ESSELY , Neue griech.
Zaube rpapyr i, Denkschr. d. K. Akad. 42, Wi en 1893,
S. 16— 55; Ke nyon I 83— 115.
P V I I I : Pap. des Brit. Mus. C X X I I ; C. W e s s e l y , wie zu P VII ,
S. 55— 58; Kenyon I 115— 120.
P IX: Pap. des Brit. Mus. C X X I I I ; wie zu P VII , S. 60— 63;
S. 120.
P X : Pap. des Brit. Mus. C X X I V ; wie zu P VII , S. 63— 65;
S. 121— 123.
P X I : Pap. des Brit. Mus. C X X V ; Kenyon S. 123 — 125.
P X 11: Pap. des Ryksmus. van Oudheden zu Leiden; J . 384;
C. LEEMANS, Papyri graeci musei Lugd. Bat. IÏ 1885;
S. 10— 45; A l b r . D i e t e r i c h , J a hr b . f. Philol. Suppl.
XVI 1888, 749—828.
P X 111: wie zu P X 11, J 385 ; C. LEEMANS S. 77 ff. ; A. DIETERICH
Abraxas, Leipz. 1891, 154 ff.
— 5 —

Als Pap. von Oslo bezeichne ich das wichtige Zau be rbu ch der
Uni versit ät sbi bl iothek Oslo, das soeben S. E it r e m mi t eng­
lischer Übe rs et zung und E r k ä r u n g und in phot ographi scher
Wiedergabe veröffentlicht h a t : P ap y ri Osloenses, fascic. I
Magical P apyri . W i t h t hi rt een plates. Oslo 1925.
Die übrigen P a py ri des Korpus k o mmen u n t en ni cht in
B et r a c h t ; weitere, u n m i t t e l b a r b enü tz te L i te ra tu r wird an ihrem
Ort verzeichnet. Die gesamte Bibliographie der Zau be rp ap yr i
gibt mein Referat im Archi v f. Papyru sfor schu ng V I I I . 1/2,
1926.
F ü r einige förderlichen Hinweise darf ich Herrn Lic. A d o l f
J a c o b y , Hofprediger in Luxemburg, herzlichen Da n k aussprechen.

K a r l s r u h e , Ostern 1925. Karl Preisendanz.


Der kopflose Gott im Volksglauben.
Der Kopflose — uns ein Grausen, den religiösen Vorstellungen
alter Ku lt urmens che n wie heutiger N a tu r vö lk e r der ganzen Erde
eine v e r t r a u t e Gestalt. Nord- und Südländer Europas fü rch tet en
die Geister der Kopflosen, die bis in unsere Zeit hinein spuken:
er fährt doch GOTTFRIED KELLER > Grüner Heinrich von seiner
Gönnerin Frau Margreth, wie lebhaft es in ihrer J u g en d mit
solchem Geisterzeug hergegangen sei, „als sie, besonders noch
auf dem Lande, bei Tag und Na c h t durch Feld und Wa ld zu
gehen h at t e. Da waren kopflose Männer st und en we it ihr zur
Seite gegangen u nd näher gerückt, je eifriger sie betete, . . . und
sie schilderte mit ergreifenden Wor te n den peinlichen Zust and,
in dem sie sich befand, wenn sie nicht unterlassen konnte, die
unheimlichen Gesellen von der Seite anzusprechen, während
sie doch wußt e, daß dieses höchst schädlich sei“ . . . De nGer man en
waren die Kopflosen Gespenster von Verbrechern, die Hi nri ch tun g
durchs Schwert erlitten oder von Rechtswegen verdienten, ihr
aber in diesem Leben ent gi ngen: sie müssen kopflos oder den
v er b üß te n Kopf u n t e r m Arm t ragend irren bis zu ihrer Erlösung.
So auch die Verrücker von Flur stei nen: ihnen zerrt die Pflug­
schar den K op f vom Leib, ob sie nun schon im Diesseits oder
erst nach dem Tode diese Strafe fanden. Alle, die ihr H a u p t
durch Richtbeil oder Waffe von Gegner und Mörder verloren,
können zu kopflosen Spukgeistern werden. Darauf weisen wohl
alle charakt erist ischen Beispiele hin, die m an bisher aus den
Sagen und volkstümlichen Überlieferungen der nördlichen Länder
Europas für diesen Fall g esammelt h a t 1.

1 Beispiele für kopflose Geister in Menschen- und Tiergestalt hat für


den Norden mit reichen Literaturbelegen gesammelt F r . P ba dk l , Kopf­
lose Menschen und Tiere in |deutscher] M ythe und Sage; Mitteil. d. Schles-
Gesellsch. f. Volkskunde 6 (12) 1904, 37— 41. Auf ihn stützen sich meine An­
gaben für Deutschland vor allem. In Fluß dürfte die Frage nach dem Wesen
des Kopflosen gekommen sein durch H. F. F eilbergs Umfrage „Warum
gehen Spukgeister kopflos um ?“ in der Monatsschrift f. Volkskunde hrg. von
— 7 —

Auch der Süden k e nn t die kopflosen To t en ge st a lt en e n t h a u p ­


t e t e r Bösewichter. P l u ta r ch er zähl t1 von einem „ so nd e r b a r e n “
Fest auf K r e t a : da zeigte man der Menge das Bild eines Ko pf­
losen, des Molos. E r h a t t e ein Mädchen geschändet , und nach
der T a t fand man ihn ohne Kopf. Ungewiß, ob ihn göttliche
oder menschliche Rache ereilte. Und ein kopfloser Tri ton s tand
im Dionysostempel zu Tana gra, wie P aus ani as (9, 20, 5) be ­
r ic ht e t2. Als Grund seiner Akephalie n e nn t eine Sage die E n t ­
h a u p t u n g des Meerdämons durch einen T a na g r äe r : der Tri ton
h a t t e Vieh ger aubt , wu rd e von den Ei nwohnern mi t Wein ge­
f angen und im Schlafe der T ru n ke n he it überwältigt. Vorher
aber teilt Paus ani as eine andre, ältere Version der Sage mi t:
sie erzählt von einem Überfall des Tri ton auf Frauen, die im Meere
i hr rituelles Bad nahmen. Ihre Bitten riefen Dionysos herbei:
er k äm pf te den Dä mon nieder. Von einer E n t h a u p t u n g wird hier
nichts ausdrücklich e r w äh n t ; aber in beiden Überlieferungen
h an d e l t es sich um kopflose Darstellungen zweier F r au en sch änd er :
d aß phallische Vorstellungen in der Molos-Geschichte mitspielen
mochten, h a t S. E i t r e m , Beiträge 2, 48, v er m ut e t , und die T r i t o n ­
sage dürfte seine Ansicht n u r st üt zen. Kopf und Phallos in
Gleichstellung sind ni cht selten, und so k ön nt en aus den u r ­
sprünglich mit Verlust des Phallos be st ra f te n Molos und Tri ton
späterhin wohl kopflos gebildete Männer geworden sein. P a u ­
sanias freilich und P l u ta r ch wissen nichts von solchem Sinn
a ke phal er Gestalten, u nd ihren Gewährsl eut en lag eine U m ­
deut un g des fehlenden Kopfes gewiß fern. Aber der A n na h me
von Neueren, Ma n n h a r d t , Dü m m l e r , M. P. N i lsson (Griech.
Feste 1906, 440), Molos sei ein Vegetationsgeist, der gleich nach

F b. s . K b a l - s s , Am Urquell 4, 1893, 6— 8; 5, 1894, 78. 197. Vgl. für eine


Einzelheit neuerdings A . H a a s , Pommersche Sagen3, Lpz. 1921, 8; Fb. S.
K r a u s s , Slavische Volksforschungen, Lpz. 1908, 114. Der religiösen und re­
ligionsgeschichtlichen Bedeutung des Kopfes als besondern Teiles vom Men­
schen nach seinem Tode hat S. E i t r e m ein Kapitel seiner Beiträge zur grie­
chischen Religionsgeschichte II, Kristiania 1917, 34— 48, gewidm et. Hier
-auch wichtige Literatursammlung zum Thema.
1 De defect. oracul. 14 (417 E.) Auch Plutarch verstand den Sinn des
Festes nicht mehr: er nennt es atcm os. H . U s e n e r , Kleine Schriften 4,
1913, S. 344. 30 nennt den Bericht „merkwürdig“ ohne weitere Erklärung.
2 Vgl. H. U s e x e r , Dreiheit, Rhein. Museum N . F. 58, 1903, 187, 3.
D r e s s l e r , Roschers Lexikon d. M ythol. 5, 1161 f., bezieht den kopflosen Triton
nur auf die zweite Sagenfassung (Pausan. 9, 20, 5), als ob es sich bei der
ersten (Paus. 4) um eine Darstellung m it Kopf handle. Tatsächlich dürfte
doch nur der eine kopflose Triton m it zwei Sagenversionen, einer ältern und
einer jüngern, rationalistischen, in Frage kommen.
dem Beilager habe sterben müssen, ihrem Gedanken an s y m ­
bolische T ö t u n g des W a ch s tu ms , dem wird m an n ur mit Vorsicht
begegnen. Das Vorzeigen des kopflosen Bildes von Molos k an n
wohl uranfänglich auf die Strafe hingewiesen haben, die dem
Schänder und Vergewaltiger des J u n g fe r n t u m s auf K r e t a drohte,
einerlei ob damals die Gleichung von Kopf und Phallos tatsächlich
bestand. Und das Molosbild b r a u ch t keineswegs, wie Nilsson
meint, nur eine für das Fest zur e cht ge ma c ht e P u p pe gewesen
zu sein. Das Eidolon dieses Kopflosen k a n n bei so alter tüml icher
Feier gut in einem Kul tb il d aus äl test en Zeiten, wie es auch
die S ta tue des tanagr äi sch en Tri ton vorstellte, bes tan de n haben.
Aber davon v e r l a u t e t nichts, daß einer dieser Kopflosen
als S p uk d ä m o n umgegangen und den Lebenden unheimlich er­
schienen sei. Sie waren heroisiert noch im alten Sinne des W or te s ;
noch gehören sie ni ch t zu j enen Heroen s pät er er Zeit, die in der
Na c ht irrgeisternd einherliefen. So auch n icht Dionysos Kephal en
von M et hym na , ni ch t Orpheus von Antissa, Orion u. a., die nach
dem Myt hos ihren Kopf verloren h at t e n . Nur ihr H a u p t diente
da u nd do rt zu wu n de r h a f t e r Prophet ie, wie das Gorgoneion nach
mittelalterlicher Legende an der kleinasiatischen Küs te im Meer
a u f t a u c h t un d nach seiner Bewegungsart Windstille oder S tur m
vorhersagt ; das flossenversehene H a u p t der Gorgo m a c h t den
dämonischen Ei nd ru ck einer chthonischen Got thei t oder eines
gefährlichen Meergeistes ( 0 . G RUPPE, Griech. Mythol. 1903,
837, 3; Index unt . H a u p t ) . . . aber um kopflose Geister im eigent­
lichen Sinn h an de lt es sich auch hier nicht, so wenig wie bei
jenen abgeschni ttenen Köpfen, die in Italien eine Tra di ti on pro ­
phetischer Kr a f t besaßen: W. FURTWÄNGLER, Antike Gemmen,
3, 1900, 251 f.
Die Ta ts ac h e der Kö p fu ng wi rkt sich für Ku l t u nd Sage
anders aus: nicht der Kopflose, sondern sein Kopf als Wesen
für sich spielt irgend eine Rolle in der Geschichte der Gestalt,
wie auch Mimir nach seinem Tod nicht als Akephalos weiter­
lebt, dagegen dem Mythos sein weissagendes H a u p t liefert.
Solche Gestalten wurd en d a n n auch ni cht als kopflose Göt ter
oder Dä mone n dargestellt; n u r ihr prophetisches H a u p t kam
hin und wieder zur bildlichen Wiedergabe. Die Ab bi ldung ake-
phaler Wesen war n u r d a möglich, wo der Kopflose in seiner Ver­
s tüm me lu ng noch als wi rks am gedacht wurde, also ohne seinen
Kopf, und das war der Fall im Zaube r un d seiner L i t e r a t u r ;
die anders geart et en Beispiele von Molos un d Tri ton scheiden aus.
Hier t r e t e n jene Unheimlichkeiten in Kraft, von denen
9 —

Lukian im Lügenfreund spricht (Kap. 29): die Möglichkeit des


Wiedererscheinens von Gehenkten, Geköpften und Gekreuzigten
wird erwogen. Aber schwerlich dar f m an Tertul li ans Vorwurf
(Apologie 12) gegen die Heiden hierher beziehen: „ Oh ne Kopf
sind eure G ö t t e r ! “ oder seine Angabe (ad nat . 1, 10), Varro
spreche von „ d r e i h u n d e r t J u p pi t e r es ohne Kö pf e“ . . . Ob bei
solchem S pot t ü b e r h a u p t an kopflose Gestalten der Religion
oder nicht vi elmehr an alte, durch Unfall u m den Kopf gebracht e
Gö tt er st at ue n zu denken ist, die man ihrer Alt ert üml ichkei t
wegen in der Ve rs tümmel ung, ohne Ausbesserung durch Menschen­
h an d in den Tempeln st ehen l ieß? Sie zählen ni cht zu den
kopflosen Dämonen, so wenig wie der stoische r u nd e Go t t Varros
„o hn e H a u p t u nd V o r h ä u t “ , einer, der durch den Akrot eri as mos
seine R u n d h e i t erlangt hat , einer, mi t dem sich Claudius bei
Seneca, Apocoloc. 8, ni cht vergleichen darf! Und auch die Ge­
s tal t des Urmenschen der samo th rak is ch en Mysterien, den Hip-
polytos in seiner Wi derl egung aller Haeresien (Elench. 5, 8, 13 f.)
überliefert h at , scheidet für die Au fn a hm e u n t e r die kopflosen
Göt ter offenbar aus. Die Beschreibung dieses von T h r a k e r n un d
Phry ger n Kory ba s gena nnt en u nd im Kul thei ligt um ithyphallisch,
m i th i m m e l w ä r t s erhobenen H ä nd en d ar ges t el l te n, ,Ar ch an th ro po s“
l äßt sich ni cht leicht erfassen: „ E r begi nnt seinen Abstieg von
der Höhe oben — daher sein Na me Korybas, Höhe nsc hrei t er —
un d vom merkmallosen Gehirn, u m alle Prinzipien der d a r u n t e r ­
liegenden Dinge auf uns unbegreifliche Weise. Das b ede ut et
das W o r t : Seine S ti mme h ö rt en wir, doch seine Gestalt sahen
wir ni cht (Ev. Jo h. 5, 37). Seine S ti mme nämlich, die des A b ­
gesonderten un d Gekennzeichneten, h ör t man, welcher A r t aber
die Gestalt ist, h a t n i em a n d gesehen.“ Die Fas sung des Aus ­
druckes „die des Geköpft en und Gek en nze ic hn et en“ r ü h r t ledig­
lich von einer K o n j e k t u r der Göt ti nger Bear bei ter (1859) her.
Pa u l W e n d l a n d h a t sie in seine Ausgabe, Griech. Schrift­
steller 26, Hi ppol yt us 3, 1916, 91, aufgenommen. Aber die ein­
zige Ha nd sc hr if t f ü r den zweiten Teil des Elenchos weiß ni cht s
von ihr1.
Zu kopflosen Geistern wa nde ln sich Menschen, die mi t dem
Beil v om Leben zum Tod g e br a ch t wurden, jene „Pepeleki s-

1 a ito reta y fiivo v Hs. (cod. Par. Suppl. grec 164), äitotetafiEVOv D u n c k e r -
Sc h n e id e w in ; ,,des Beschriebenen“ G r a f K o n r . P r e y s i n g , Des hl. Hippo­
lytus . . . Widerlegung, übers. Münch. 1922, 100 (Bibi. d. Kirchenväter 40).
Nach ihm die Übersetzung oben. Den Hinweis auf die Stelle verdanke ich
FR. Dö lg er.
10 -

m eno i“ der Fluchtafeln a u s ' K y p r o s 1: sie werden neben den Seelen


aus Massengräbern, der Selbstmörder, Vergewaltigten, Vorzeitig­
gestorbenen, Unb egrabenen und Abg et ri ebenen2 beschworen und
zum Dienste der Schwarzen Magie beigezwungen. Sie sind es,
die nach ihrem Tod z aub er kr äf ti g wirken können: Aretaeus von
K a p p ad ok i en e r wä hn t im 2. nachchr. J a h r h u n d e r t das Blut
E n t h a u p t e t e r als besonders heilsamen T r a n k für Epi leptiker
(de curat, morbor. 1, 4), ein Volksaberglauben, der sich noch bis
auf unsere Zeit erhal ten h a t : Andersen erzählt in seiner Lebens­
geschichte, er habe 1823 einer Hi nr ich tu ng beigewohnt in Skelskör:
hier ließen El tern ihre epileptischen Ki nder einen Becher vom
B lu t der Geköpften t r i n k e n . . .
Auch die erst im Jenseit s durch E n t h a u p t u n g best raft en
S ün der der Hellenen mögen, wie die der germanischen U n t e r ­
welt, zu kopflosen Spukgeistern geworden sein, auch wenn sich
u n m i t t e l b a r e Belege k a um finden: schon Aischylos weiß von den
Göt t innen des Rechtes, die im Hades je nach den U n t a t e n der
Verurt ei lt en die Strafe des Köpfens oder Biendens an ihnen
vollziehen3.
Den alten Ku lt urvöl kern wie zahlreichen primitiven S t ä m ­
men erschien der T ot e n d ä m o n genau in der Gestalt seines Leich­
nams ; Wunde , Ve rs tü mmel un g an Kö rpe r u n d Gliedern lassen
die Art seines Todes erkennen. Aber diese A ns cha uun g v om
kopflosen Geist dü rf te erst spät er er Epoche angehören. Fehlt
sie doch ni ch t in der allerneusten Zeit: nach einem Berichte
von FR. W. H. M Y ER S4 besuchte der Geist eines von Chinesen
im Ka mpf e E n t h a u p t e t e n seine Schwester in Eu r o p a ; sie sah
den Brud er kopflos an ihrem Bet te u nd neben ihm den Sarg
des T ot en mi t seinem H a u p t e stehen. Das m u t e t a n wie un ­
heimliches Überlebsel äl test en Dä mo ne n gl au be ns 5.
Auch bei der Vorstellung von Geistertieren ohne Kopf wi r kt
To des ar t und B e s t a t t u n g mi t: oft wurde den Gö tt ern zum Opfer
ein R o ß h a u p t aufgest eckt ; die La ngoba rden opferten u n t e r P a p st
Gregor d. Gr. dem Teufel einen Ziegenkopf. Pferde, Hunde,

1 Defixionum tabellae ed. A u g . A udollext , Par. 1904. Nr. 27, 17;


vgl. 22, 30 f.
2 Aud. 22, 50, schreibt hier: -rovß änb K Jgävov ‘qui sint illi
dei a Saturno prolati, me fu git.’ Ich ergänze: to v s aTto %odvov inte& h'tas.
Zum Thema: S a m W i d e , ARW 12, 1909, 224— 233, S a l . R e i n a c h , ARW 9,
1906 , 312 ff.
3 Eumen. 75 f. und dazu E. M a a s s , Orpheus, 1895, 261 ff.
4 Human personality and its survival of bodily death, Lond. 1903, 2 ,4 2 4 f.
5 s. W . O tto , Die Manen, Berlin 1923, 92.
— 11 —

Ziegen ohne Köpfe gehen mit im Reigen germanischer Ge spe ns ter­


tiere; u nd die kopflose Schlange am griechischen S ternhi mmel
f indet ihre Er kl ä r u n g im Mythos vom Ka mpf e des Herakles
mit dem Drachen, dem der Heros den Kopf a b h a u t und Zeus
d urc h Verst ernung in dieser seiner letzten Erd enges tal t U n s t e r b ­
lichkeit in der Sphaera s icher t1. Die kopflose Taube, die wie
der akephal e Ophis im Zeichen des Steinbocks erscheint, mag
sich auf ähnlichen, mir u n b e k a nn t en , Sagengrund zur ückführen
lassen.
Tatsächlich aber wird die ursprüngliche Vorstellung vom
Kopflosen auf uralten B e s t a t t u ng s br au c h zurückgeführt. Oft
gaben die germanischen S t ä m m e dem Körper nicht unversehrt ,
sondern erst nach dem Loslösen einzelner Teile seine Bes tat t un g.
Hier — Moselgebiet, Nordfrankrei ch — fehlt der Schädel, dort
— Th ür in gen — ist alles v e r b r a n n t außer dem Kopf. Ein v o rn e h­
me r Gefolgsmann König Dagobert s e r k r an k t e auf den Tod; der
König eilte, und man beschloß — es k am aber nicht soweit —-
dem K ra n ke n „ n a c h He id e ns it t e“ den Kopf abzuschneiden und
seinen Leib zu v e r b r e n n e n 2. . . Aus solchem B r a u c h 3, der die
Wi ed er kehr des Toten ins Reich der Lebendigen verhindern
wollte, ist der kopflose Dä mo n geboren. Der Tod selbst, der
Hel, ist nach Holsteinsagen kopflos. Auch nach byzanti ni schen:
m a n sah vor einer großen Pes t in K ons t ant i no pe l die To des ­
göt ter als „schwarze Männer ohne Köpfe in ehernen Schiffen“
nach den künft igen K r a n k he it s or te n f a h r e n 4. Der Ve rni cht ung
geweihte Personen erscheinen kopflos, oder ihnen selbst er­
scheint ein kopfloser Geist, u nd wer n u r mi t dem Leib S ch at t en
wirft, m u ß bald s terbe n: ursprünglich Fälle, in denen der Be­
troffene sein Lebe n du rc h Kö pf ung verlor.
Auch im alten Italien k a n n t e m an den Brauch, den Leib
eines auf Reisen oder im Krieg Gest orbenen an Ort und Stelle
zu ver brennen, aber ein Glied, bisweilen den Kopf, zu er­
hal ten, um diesen Teil daheim zu b eg ra be n5.

1 Diesen Zusammenhang weist mir A d . J a c o b y nach. Panyasis frg. X ,


Schol. Arat. Phaenom. 64.
2 Leben des hl. Arnulph, Mon. Germ. scr. Merow. 2 , 4 3 2 .
3 A u f R. R. S c h m i d t , Die diluviale Vorzeit Deutschlands, Stuttg. 1912,
u n d Kosmos 6 , 8 3 f f . w eist A d . jA C O B Y ^ h in .
4 C a r l M e y e r , Der Aberglaube des M ittelalters, Basel 1884, 137. Der
Fall ist wohl entnommen Assemanni, Bibliotheca orientalis 2, 85. (Hinweis
A d . J a c o b y s .)
5 Belege bei E. R o h d e , Psyche4 2 3 , 1, m it Hinweis auf ähnliche Sitten
bei den Primitiven von Guinea und Südamerika.
— 12 —

In Ägyp ten zerstückelte m an den Leichnam, um ihn erst


s pät er wieder zusammenzuset zen u nd einzubalsamieren1. Noch
in jungen Zeiten wa r der Brauch nicht ganz vergessen, mag man
ihn auch in der Epoche der P y ra m i d e n b a u e r seltener geübt haben.
Leichen fa nd en sich, die vor der Beisetzung e n t h a u p t e t waren.
Und es gab Formeln, in denen die G ö tt er ersucht wu rde n, dem
T o t en seinen abgehauenen Kopf im Jenseits wieder zu geben.
Aufs Eng st e hing dieser Usus mi t dem Zer st üc kel ung smyt hos
des Osiris zusammen. Der Leichnam des ermordet en Gottes
wurde von Seth und seinen Spießgesellen in vielen Teilen über
Ägy pt en z ers treut : zu Abydos fand u n d verehrt e m an das H a u p t
des Osiris als Reliquie. Nach einer Version der Sage erhielt der
Got t m i t den Gliedern sein H a u p t wieder, ehe ihn Isis aufs neue
belebte.
Es gab aber auch eine alte Legende, die d av o n wu ß te , d aß
alljährlich ein Kopf aus P ap y ru s von Ä gy p te n her in gott-
gelenkter Meerfahrt nach Byblos komme. Lukian, der das W u n d e r
erzählt, Von der Syrischen Göttin, Kap. 7, h a t es selbst erlebt,
und er h a t das P a p y r u s h a u p t be tr a ch te t. Dieser schwi mmende
Kopf war, nach Lukian, für etliche Leute aus Byblos der Grund
zur Ann ahme , in der S t a d t sei Osiris beg rab en u nd die Adonis­
feiern d or t gelten ni cht dem Adonis, vi el mehr ausnahmsl os dem
ägypt ischen Gott. Von prophetischen, sprechenden oder än de rn
W u n d e r n dieses Heiligtums wird offenbar nichts b er ic ht et wie
von den schwi mmen de n Köpfen ähnlicher Sagen des A l t er tu ms :
in ihnen k am dem H a u p t die Wunde rrol le zu, in Ä gy p te n war
der wi ederbelebte kopflose Osiris das W u n d e r 2.

1 A . W i e d e m a n n , Der .Lebende Leichnam' im Glauben der alten Ägypter.


Zeitschr. des Vereins f. rhein. und w estfäl. Volkskunde, 14, 1917, S. 3— 36.
A . W a i n w b i g h t , The rite of dismembrement in A nc. E gypt. (The Labyrinth,
1912); Bull, de Ia Soc. arch. d ’A lex. 3 ,2 4 0 ff. (M. R u f f e r - A . R i e t t i , N o­
tes on tw o egyptian mum mies).
2 H. Gkessm ann , D ie Reliquien der kuhköpfigen Göttin in B yblos, F est­
schrift Ed. Hahn, S tuttg. 1917 (Studien u. Forschungen zur Menschenkunde
14) S. 250— 268 denkt bei dem Papyrushaupt an eine Osiriskrone aus Schilf­
blättern, „da es Köpfe aus Papyros nicht g ib t“ (256); „die Schilfkrone vertritt
den Kopf des G ottes, w ie die Kuhkrone den Kopf der G öttin.“ Lukian wird
aber schon ein richtiges, aus Papyros gebildetes Haupt gesehen haben. N ichts
in seinem Bericht w eist auf ein Diadem hin. Ein Widerspruch, an dem sich
G üessmann stößt (257), liegt wohl nur scheinbar in der Möglichkeit des ab­
gehauenen schwimmenden. Kopfes und der Erzählung von der bösen Tat Ty-
phons, der den Bruder in ganzer, unversehrter Gestalt in den Sarg sperrte.
D as Haupt stammt aus dem Abschnitt der Osirissage, der von der Zerstücke­
lung des Leichnams durch Seth berichtet. Vermutungsweise sei auf die Mög-
— 13 —

So ist dem Ägypt er die Vorstellung vom e n t h a u p t e t e n und


kopflosen Gott aus dem Mythos seiner Religion wohl v er t raut .
Im übrigen ka nn t e man in Ägypt en so gut wie überall bei pri­
mitiven und kul tivi ert en Völkern der Erde die Gestalten ge­
köpfter Menschen, ü ber wu nd en er Feinde, denen der König das
Ha upt vor die Füße legen ließ, Verbrecher, die durch E n t h a u p ­
t u n g ihr Vergehen b ü ß t e n 2.
Sie werden im Volksglauben leicht zu kopflosen Dä mone n
und besitzen wie alle gewaltsam Getöt et en besondere Zaube r­
kräfte. Die Geköpften geben fu r ch t ba re Gespensterfiguren ab,
wohl noch schrecklichere in ihrer grotesken Ve rkürzung als viele
ihrer Genossen, die absur dest e Frat ze n t ragen und zus ammen-
gehäuft e Schrecknisse aller Phant as i ea u sg e bu rt en in sich vereinigen.
Die grausige Gestalt des E n t h a u p t e t e n verfolgte den Men­
schen bis in seine Trä ume , und so h a t ihr Art emi dor auch in
seinem T r a u m b u c h zwei Kapitel gewidmet. Ausführlich be­
h an de lt er im 35. Ab s ch ni t t der Oneirokritika T r ä u me „ v om
Geköpftsein“ . Die Auslegung h ä ng t wesentlich vom S ta n d und
Beruf der t r ä u m e n d e n Personen ab; einerlei dagegen bleibt, ob
m an t r ä u m t , durch gerichtliche Verurteilung, von R äu be r n, oder

Iichkeit hingewiesen, daß dieses Papyroshaupt in einer Verfluchungstafel aus


Rom erwähnt wird. Bei Aud. 188 Z. 10 steht die „Verleumdung“ gegen den
Verfluchten: „Er ist es, der den n anvçcova des Osiris verbrannt h at.“ Is. L e w
verm utet in dem Papyrön ein Behältnis aus Papyros ähnlich der Kiste von
Ostia. Das Papyrosboot der Isis kommt für Osiris kaum in Frage; vielleicht
darf man an das Papyroshaupt des Oottes denken?
2 Für Rom vgl. D a b e mbek g- S a g l i o u. d. W. Supplicium (4, 2 , 1569)
m it Enthauptungsszene.
Für Ägypten die Abbildungen bei B c d g e , Osiiiiü I Kap. 6.
Die Bilder des Grabmals Ramses' IX. wimmeln von Darstellungen ge­
köpfter Gegner und solcher, denen Enthauptung bevorsteht: Mémoires de
I’Institut français d’archéologie orientale du Caire X V, 1907. Bemerkenswert
auch der abgeschnittene Kopf am obern Bogen der nach rechts umgewandten
neun Hieroglyphen für „Shos“ bei G. M a h p e r o , Les Hypogées royaux de
Thèbes (Biblioth. JÉgyptoI. 2, 1893, Études de m ythol. et d ’archéol. ég.) S. 111
Fig. 14. Zwei Messer oder Schwerter stecken noch über und unter dem Schaffot,
ähnlich jenen, die zur Hinrichtung Typhons dienen bei B ck g k , Os. I 48.
Nach Pap. Westcar gab es einen Zauberer Dedi, der abgeschnittene Tierköpfe
(Gans, Ente) wieder anzusetzen verstand. Menschenköpfe wieder zu erstatten,
getraute er sich aber nicht; vgl. H. Gmessmasâ a .a .O . 252; vgl. Altoriental.
T exte und Bilder, Tüb. I 1909, 29ü f. So kann auch der große Magier unter
den Göttern, Thot, der Isis nur einen Kuhkopf geben für das von Horos ab­
geschlagene Haupt.
Für den Brauch des Köpfens und Skalpierens bei Galliern, Iren, Römern
u . a . handelt, m it reichem Material, A d o j ,i »h e R e i n a c h , Les têtes coupées,
Revue celtique 34, 1913 S. 38— 60, 253— 286.
— 14 —

im Zweikampf die E n t h a u p t u n g erli tt en zu haben. Das 38. K a ­


pitel beschäft igt sich kürzer mi t dem T r a u m : „Sei nen Kopf in
den Hä nde n h a l t e n “ un d mit der Erwei te run g des Falles dadurch,
daß man glaubt, seinen eignen Kopf in den Hä nde n und einen
zweiten auf dem Hals zu t rage n (wie man im Mi ttelalter h a u p t ­
lose Heilige, so den h. Dionysius, m i t u n t e r darstellte). Fü r die
Geschichte des kopflosen Got tes haben diese T r ä u me mit Lösungs­
versuchen gar keine Bedeut ung. Ihre Anf ühr un g durch Arte-
midor kann n u r beweisen, daß die Vorstellung von Menschen
ohne Kopf und, in der Folge, auch von kopflosen Geistern allen
Bevölkerungsschichten des Al t ert ums d urchaus geläufig war.
Nicht n ur als s chmückendes Beiwort h a t die Zau be r li te r at u r
dem akephalen Dä mon das E p i t h e t o n ,der Furchtbare* ve r­
liehen. F u r c h t b a r ist auch seine Tät igkei t, die ihm noch eine
spätgriechische Schrift voll krauser Magie, das T e s t a m e n t Sa-
lomons1, beimißt. Alle Glieder h a t er wie ein Mensch, n u r der
Kopf fehlt i hm; sein Name l au tet „ M o r d “ . Denn er verzehrt
die Köpfe seiner Opfer, um sich selbst ein H a u p t zu verschaffen.
Und so viele er frißt, er wird nicht sat t. Durch seine B r u st ­
warzen blickt er, und seine Sti mme ist die der vielen Stu mmen,
denen er die Köpfe zerbrochen hat. Zehn Tage nach der Ge burt
f ä h rt er als Hauch oder Geist durch die Stimme des weinenden
Kindes. Nachts, zur Unzeit, bringt die Begegnung mit dem
Akephalos besonders Schaden. Die Stärke liegt ihm in seinen
H ä n d e n : wie eine Halszange legt er sie um den Na ck en der Men­
schen, die er mordet , und er schneidet ihnen den Kopf ab, um
ihn sich selbst anzueignen: „so verzehre ich ihn m i t dem Feuer
in mir durch den Hals. Ich bin es, der die Glieder v er b re nn t ,
den F üß en sende ich Behexung, ich schaffe W u n d e n . Und durch
den feurigen Blitz werde ich kraft los g e m a c h t “ .
Bis ins X V I I I . J a h r h . h a t sich die Überlieferung des kopf­
lo sen „ M o r d “ dämons erhalten. Aus dieser Zeit f ü h r t DELATTE
(S. 238) eine At hene r Handschr. (Bibi. Nat. 825) an, die einen
Exorzismus gegen den Phonos richtet. Seine Eigenschaften
u n d Wi rkunge n scheinen, hier kurz zu sammengefaßt , dem Testa-
m e n t u m Salomonis zu en t st am me n, wenn es sich ni cht in beiden
Fällen u m den Niederschl.ag des gleichen Volksglaubens handelt.

1 The Testam ent of Solomon . . . by C h e s t e r C h a k l t . Me. C o w s , Leipz.


1922 (Untersuch, z. N . T . hg. v . H . .W i n d i s c h H. 9), S. 35* Kap. IX. Über­
setzung von H. B o R k e m a n n , Das Testam ent des Salomo, Zeitschr. f. d. histor..
Theol. 1844, X IV 3, 9—-56. Nach F l e c k s Erstausgabe 1837.
- 15 —

In Beschreibung und N a m e n 1 dieses kopflosen Dämons Pho no s


möchte der französische Biograph des akephal en Gottes, ARM.
DELATTE, Spuren und Reste des alten ägyptisch-griechischen
Seth-Typhon erkennen, den er für den Ur a hn en dieses Spät*
iings aus astrologischer oder solarer H e r k u n f t hält. Solche He r ­
kunft des Dämons Phonos scheint aber schon d ad ur ch in Frage
gestellt, daß er nach der Beschreibung des T e s t a m e n t u m Salo-
monis gar ni cht zur Klasse der eigentlichen .Kopflosen' zählt,
sondern eher zu den Brustgesichtern, S te t ho k ep h al en : er h a t
einen Mund, die Köpfe seiner Opfer zu verschlingen, er blickt
durch die Brust war zen. Der richtige Kopflose besitzt weder
Mund noch Augen: er sieht aus wie ein E n t h a u p t e t e r . Der
Mord-Dämon Pseudo-Salomons gleicht eher jenem Unhold, den
der Schreiber des P ap yr us von Oslo mi t seiner zweiten Zeichnung;
im Bild (s. Taf. III 1) erhal ten h a t 2.

Der kopflose Gott auf Gemmen.


Ei re Gemme des Musée N u m i s m a t i q u e in At hen (Nr. 615)
zeigt die starkgliedrige, nackte Gestalt eines E n t h a u p t e t e n ohne
Geschlechtsmerkmale, der seine gefesselten Arme in die Hüft en
s t e m m t 3. Er schreitet aus, das rechte Bein voran gesetzt. Da ß
der Köpfungsakt noch n i ch t lange sich abgespielt hat, zeigen
wohl deutlich die drei als Blutquellen aus dem halslosen R u m p f
ragenden Zeichen, „d e minuscules dessins t ri angul ai res “ , über
dem Ha ls ans at z4. Hi nt er diesem lebenden Leichnam liegt ein Ti er­

I D e l a t t e liest <l>o>vog nach d e r Hs. Athen, b i b l . Sen. 5 5 (X V I. J h d t.);


dieser Name könnte nach seiner A nsicht als Verderbnis aus Tt j ä v t n gelten
(S. 239). 2 Vgl. unt. S. 46 andere Stethokephalen.
3 D e l a t t e , Fig. 1 S. 189; auch im Musée Belge 18, 1914, Taf. 2, 1. Bild,
4 Ähnlich im Bilde des Akephalos, das PII erhalten hat. Die „Fähnchen",
die aus seinem Hals ragen, kleinen Schlangenköpfen vergleichbar, bedeuten das
aufspringende Blut des Geköpften. Auch mittelalterliche; Darstellungen von
Enthaupteten, wie sie sich oft in Miniaturen alter Passionalhandschriften finden,
bilden das Blut so ab. F. P h i l i j t i , Kulturgesch. Atlas, gibt Taf. 24 die Zeich­
nung einer Hs. der Berliner Staatsbibliothek wieder (cod.gerni. fol. 282, Eneit
d e s H. v. Veldeckin, BI. 106 ob.), in der Turnus im Schiff ein Weib enthauptet
hat: Kopf und Hals zeigen das fließende Blut wie die Athenische Gemme und
der Berliner Akephalos. Die gleichen Blutflämmchen flackern aus dem Hals
des Rumpfes enthaupteter Märtyrer auf Miniaturen und anderen Darstellungen
d e r Passionalwerke des MAlters; vgl. A l b . B o e c k l e k , Das Stuttgarter Passio-
r .a i e , Augsb. 1923, auf vielen Bildern. Anders wieder die Mosaik der Villa ro-
— 16 —

köpf, vor ihm s teckt ein Schwert. Die griechische Umschrift


l aut et Bachych; Rückseite azaz, a r at h . An der Zugehörigkeit
des Kopfes zum E n t h a u p t e t e n b r a u c h t man k a u m zu zweifeln.
Er saß doch gewiß auf dem Hals des Kopflosen, und das Schwert
d ü r f t e das Mittel zur E n t h a u p t u n g gewesen sein. Den Kopf
hält D e l a t t e für den eines „Pfe rd es oder eher eines Esels“ .
Er gl aubt sich aber berechtigt, den Kopf als den eines Esels zu
deuten, weil er in der Figur des Kopflosen die Darst el lung eines
S et h-Typhon sieht, dem ja die Äg yp ter den Kopf eines Okapi,
s pät er eines Esels gaben. Er spri cht die beigegebenen Wor te als
typische Beinamen des Sonnengottes an, dem er Seth als solaren
Dämon gleichen zu dürfen meint.
W e r h a t die Gestalt e n t h a u p t e t ? D e l a t t e zieht zur A n t ­
wort eine zweite athenische Gemme aus der Samml ung ROSTOWITZ
bei1. Eine tierköpfige, bekleidete Gestalt s teh t in ovalem Ring,
den eine schwanzbeißende Schlange bildet, mi t griechischer U m ­
schrift ,, J a o S abaot h A b r a s a x “ . Ihre Linke hä lt „eine A r t Börse“
(Beutel), die Re ch te zückt ein Schwert gegen die eigene Kehle,
der Kopf ist der eines Esels. So DELA TTE, der hier wieder eine
solare Gottheit, die gleiche wie oben, zu erkennen mei nt : der
Uroboros leistet ihm Gewähr für die Ri chtigkeit dieser Deutung.
Der Dä mon weist, nach D e l a t t e , mi t seiner Ha l t u n g und Be­
wegung dar auf hin, daß er durch E nt h au p t u n g s g e f a h r be dr oht
sei. Auf der ersten Gemme ist der Ak t der Köp fu ng bereits
vollzogen. Durch w e n ? Nach DELATTES Auslegung m ü ß te man
an eine Art der Sel bst morde denken, die freilich in dieser Form,
S e l b st -E nt h au pt u ng , auch bei dämonischen oder göttlichen Wesen,
k au m möglich sein dürfte. Denn das eigenartige Mittel der
von Hippolytos (Widerl egung aller Haeresien 4, 30) kritisierten
Magier, L ä mm er n sich selbst den Kopf abschneiden zu lassen
— eine Prozedur, die auch n u r „ f a s t “ zu gelingen schien —
fällt doch ins Gebiet zauberischer Kunstkniffe, wenn es ü b e r ­
h a u p t prakti sch zur Probe gelangte und n icht eher lediglich
i m Inventar dieser Renommierrezept e mitlief; ka um aber in das
des religiösen Glaubens und Aberg laub en s2.

mana zu Zliten (Tripolis), die die Köpfung eines Vogels Strauß durch einen
Gladiator des Amphitheaters zeigt: da stürzt das Blut des Tieres in mächtiger
Fontäne aus dem Hals. Bild bei R é n é C a g n a t , Mosaïque de Tripolitaine,
Journal des savants 22, 1924 S. 101, Fig. 4.
1 D e l a t t e , Fig. 5 S. 209.
2 „Man bestreicht heimlich die Kehle (der Lämmer) mit einem ätzenden
•Giftstoff und läßt in der Nähe ein Schwert liegen. Das Tier will sich reiben,
— 17 —

Die Aus fü hr un g der Ros towit z-Gemme s t eh t an Güte und


Feinheit der des At hene r Mü nzka bi ne tt s bet rächt lich nach. Beide
gehören verschiedenen T ypen an, liegen auch zeitlich gewiß von
einander. F ü r die zweite möcht e ich die D e u tu n g des Esels­
kopfes bezweifeln. Die Ohren sind zu klein. Die Gegenst ände
in den H ä n d e n k a n n man auf der R e pr odu kt i on nicht deutlich
e r ke n n e n ; (Herrscher-) Stab, Gefäß oder Beutel k ö n nt e n sich
feststellen lassen: der Tierkopf unt ers chei det sich ni cht wesentlich
von dem des Anubis der Gemme bei C. W. K iN G , The Gnostics
(1887), F 5 (DELATTE, Fig. 2
S. 193). Ich halte die Gestalt
n i ch t für die eines S et h-Typhon.
A . DELATTE is t w o h l der
er ste , der d ie se „ g n o s tis c h e “
Gemme Kings richtig g edeutet
h a t ; ihre zwei Figuren sind
j et zt klar geworden: Anubis
mi t Schakal- oder Hun de kop f
steht vor der haupt losen
Mumie des Osiris; A b l a n a t h a n -
alba u nd Semeseilam („ewige
S o n n e “ ), im Zauber wohl be­
k a n n t e Dä mo n en na me n, k e n n ­
zeichnen das solare Wesen des
s p ä t e m Gottes der ägypt is chen
Abb. 1. Anubis-O siris-G em m e im B rit. Mus.
Unterwelt. Anubis, der Ein-
bal sami erer u nd Schützer der wi ede rzus ammenge set zt en Glieder,
s t e h t bewachend vor der Mumie — so soll er auch den t ot en
oder lebenden Besitzer un d Tr äger des Amul et s gegen feindliche
Angriffe verteidigen.

Seth in den Zauberpapyri.


W e n n A. D e l a t t e auf der athenischen Gemme Seth er­
bl ickt in seinem Wesen als Sonnengott, so n i m m t er die Vor­

stürzt zum Schwerte, reibt sich daran und tötet sich so und schneidet sich
fast den Kopf ab“ . . . Des hl. Hippolytus Widerlegung . . . übers, von G r a f
K o n r . P r e y s i n g (Bibi. d. Kirchenväter, 40, München 1922) S . 67; vgl. R.
G a n s c h i x i e t z , H ippolytos’ Capitel gegen die Magier, T exte und Unters, von
A . H a r x a c k -C . S c h m i d t 3, 9, 39 (Lpz. 1913) S . 45.
B eihefte z. AO. 8: P r e i s e n d a n z , 2
18 —

aussetzungen eines weit gehenden S ynkret is mus zur Gr undl age1;


ihm gelten Osiris, Horos, Apollon, Set h-Typh on und Bes gleich­
mäßig als solare Got t hei t en — einer wie der andere k an n kopf­
los dargestellt werden, sobald Osiris als akephal erwiesen ist.
Und die Beischrift der Gemme, das W o r t Bachych, weist nach
D e l a t t e immer auf eine Sonnengot thei t, gewiß keine unrichtige
Beobachtung. Aber Seth als S o nn en dämon bedarf erst noch der
nötigen Beweise. Sie schwinden bei genauer Un t er s u c h u n g s tar k
zus a mm en : G. ROEDER h a t in seiner Monographie des „ S e t “
(Roschers Lex. 4, 755: Set im Son nenmy th us ) festgestellt, d aß
das ägyptische Material zu dieser Frage „keineswegs zur Auf­
fassung des Set als eines ursprüngl ichen Sonnengottes zwinge“ .
Nur eine einzige Beziehung Ty ph o ns zur Sonne fi ndet sich: er
h a t nach offenbar al tem Mythos die Apophisschlange, sonnen­
feindliches Gewölk und Gewitter, von R ä ’s Barke aus beseitigt.
Da her sein R uh m, der Got t liebe i h n 2. Die T a t Seths für R ä
berechtigt nicht, ihn selbst als S on nengot t anzusprechen oder
gar mit ihm zu gleichen. Er spielt hier nu r die Rolle eines
Kä mpf ers im Dienste Räs. ROEDER selbst v e r m u t e t , dieser ganze
merkwürdi ge Zug im Seth-Mythos gehöre dem oberägyptischen
Lokal got t an, und Seth berühre sich mit Onuris, dem Go t t des
Gaues von Abydos, der gelegentlich auch für R ä kämpft . In
historischer Zeit k am Seth i mmer meh r in den Verruf eines bösen
Gottes, der endlich selbst die Apophisschlange bedeutet .
Aber auch die Beweise, die D e l a t t e für die solare N a tu r
Seths aus hellenistischer Zeit anf ührt , scheinen nicht h al t bar .
Er s ucht sie in den Zauberpapyr i, die nach ihrer jetzigen F a s­
sung im 3. und 4. nachchr. J a hr h . geschrieben sind, doch in ihren
H y mn en und mancherlei religionsgeschichtlichem Gut auf fr ühere
Zeit zurückgehen. Ihre za uberkundi gen Verfasser bedienen sich
Seths Hilfe ni cht selten. Da ist zunä chs t ein Offenbarungszauber,
den der Magier Nephotes in Briefform dem ägypt ischen Köni g
P sammet ichos mi tt ei lt : P IV 155— 285. Die lange P r a k t i k zer­
fällt in zwei A bs ch n it t e3. Verschiedenste Vorbereitungen und

1 E i t k e m stim m t, Pap. Osl. S. 47, D e l a t t e voll zu: „ D . ingeniously tries


to prove that the ‘headless’ god is identical with the Sun (the scarab) th at
in return is idendified with Osiris, Horus, Apollon, Bes, Seth or T yphon.“
2 Belege R o e d e e s Sp. 756 III.
3 Т н. Hoin x e r , Offenbanings:auber 11 S. 120 unterscheidet 3 Teile:
168— 222 Befähigungszauber (A), 260—285 vereinfachte Fassung der gleichen
■\rt von Zauber, nicht zum Brief gehörig (C); dazwischen (B) die Schüssel­
befragung. Ich sehe in C eine „Empfehlung“ (systasis), die der Lekanomantie.
19 —

Zeremonien sind nötig, u m dem aus übe nd en Magier oder Ade pt en


die Gun st Typ h on -S e th s zu sichern; ihm u n t e r s t e h t der ganze
Zauber, ohne daß er selbst zu erscheinen hät t e. Diese Prozedur
überliefert der Anfang des Nephotesbriefes, Z. 168— 221. Ihr
H ö h e p u n k t b e st eh t in einem H ym nos an den Got t:
„Mächt iger Typh on , Zep te rhal t er und Herrscher der H e r r ­
schaft d ort oben, Got t der Götter, Herr, Dun ke ie rs ch üt tere r,
Donnerbringer, S tü rm ig er 1, nächtl ich Bl it ze nd er 2, (Nacht gest irn
dre hender ?), Kä lt e und W ä r m e Hauchender, Fel sener schüt terer ,
der du Mauern erbeben machst , Wogenerreger, der Tiefe Er-
sch üt t er er und B e w e g e r . . .
Ich bin es, der mi t dir die ganze Erde d u r c hs u ch t und den
großen Osiris aufgefunden, den ich in Fesseln dir zugeführt.
Ich bin es, der im Bu nd e mi t dir k ä mp f t e gegen die Götter.
Ich bin es, der des Himmels doppel te Tore schloß und ein­
schläferte die Schlange, die m an nicht schauen k ann, der zum
Stehen b ra cht e Meer, Flut en, der Ströme Gewässer, bis du Herr
wurdes t über dieses Rei ch “ 3.
Nichts, glaube ich, d e u t e t in diesen Anrufen auf ein solares
Gottwesen hin. Ein mächtiger, f u r c h tb ar e r N a t u r d ä m o n , ein
Herr über Donner, Blitz, Nacht, S tür me und Finsternisse, ein
Erreger des Erdbebens, das ist Typ ho n. E r gilt dem Di cht er
des Hy mno s als Feind des „ g r o ß e n “ Osiris, den der Magier —
er gleicht sich einem Bundesgenossen Seths — überwäl ti gt h a t .
Die Anspielung auf die Sage vom K a m p f beider Göt ter ist u n ­
v er ke nn ba r ; T y p h o n wird als Sieger gedacht, die F o r t s e t z u n g
des Krieges un d sein En de k o m m t für den Zau be rer oder H y m ­
niker in diesem Fall ni cht in B et r a c h t : er will j a die Gunst des
Gefürcht eten erringen, und so k a n n er ihm nach dem Er hör ungs -
zeichen (Erscheinen eines Seesperbers) auch die Schmeichelei
w id men:
„ Em pf ohl e n (Vereinigt?) wurde ich deiner heiligen Gestalt,
Stärke empfing ich durch deinen heiligen Namen,
Teilhaftig wurde ich deiner, des Ausflusses des Guten,
Herr, Gott der Götter, Herrscher, D ä m o n . “
(B) vorausgeht; sie soll nochmals vor Beginn der Praktik die Gunst Typhons
sichern. Als „Befähigungszauber“ kann sie doch kaum genügen, da sie nur
eine hymnische Anrufung, keinerlei Vorschriften fürs Verhalten gibt.
1 „Leuchtender“ H o p f n e r ; P schreibt k tla n ix t (hulaTret*), va n H e r ­
w e r d e n kafm ixtu
2 vvxtaijrpartta, P v v x t a o t gärtrjte VAN HbEW. vvxtaaT(>(o'tg)ami'Td'}
3 F r . Zucker hat bei G. R oeder , Set a. a. O. 775, auch eine Übersetzung
der Seth-Anrufungen gegeben.
2*
— 20 —

Der Preis Seths als einer E m a n a t i o n des Gut en darf in solchem


Z u s a m m e n h a n g ni ch t stören. K o m m t es d ar auf an, den bösen
Got t zu gewinnen, ist eine Notlüge schon erlaubt. Heißt er doch
auch , , Hasser des Schl echt en “ u nd ,,Seth, der seinen Bruder
ni cht b e t r ü b t h a t “ — das Lob gilt nu r für den best i mmt en
Zweck.
Auch der eigentliche Schüsselzauber b ri ngt einen t ypho-
nischen Hymnos. Seth soll jeden Got t, den der Magier sich er­
b i t te t, zur Weissagung in das Gefäß senden, selbst Osiris oder
Sarapis. E r mu ß die Macht dazu besitzen, als Go t t der Götter.
D a r u m empfiehlt m an ihm den Zaube r mi t dem hymni schen
Gebet:
Dich rufe ich an, der vorzüglich u nt er den Göt t ern der Wa ffe1
waltet,
dich, der über die Himmlischen das Königszepter hält,
dich, der oben m i t t e n u n t e r den Sternen steht,
dich, den gewaltigen H e rr n über der Feste,
dich, der Fur cht , des Zitterns, des Schauders Erreger,
dich, den U n b e ka nn t en , Unüberwindlichen, den Hasser des
Schlechten,
dich rufe ich in St und en ohne Gesetz und Maß,
dich, der auf unauslöschlichem, durc hd ri ngend em Feuer schreitet,
dich, der oben über Schneestürme, un ten über finsteres Eis,
{dich), der über die Moiren Macht hat , A l l h e r r s c h e r . . .
Wi eder k ann m an keinen s onnengöttlichen Zug in T y p ho n s
Wesen fi nden; wieder t r i t t er n u r als f ur c h t b a r e r Na tur gei st
entgegen, der über dem Feuer schreitet. Der H ym ni k er m a g in
diesem Feuer das der Sonne gesehen h a b e n : Seth s et zt den F u ß
a uf den u nt erworfenen Sonnengott, Osiris. Da rum sucht ihn auch
der Magier in der S onnennähe: s o n n en wä r t s mu ß er blicken
u nd sprechen, wenn er die H ym n en zur E mp fe hl u ng an T y p h o n
re zi tie rt ; nicht abe r we nd et er sich der Sonne zu, weil er in ihr
selbst den Seth s ieht 2. Diese Gleichung l äßt sich aus der Vor­
schrift, die Gebete n ac h oben zu sprechen, ni cht ableiten. We der
] O P r iA O N Sienovta P "OPMON W ü n s c h , K O E M O N A . D i e t e r i c h , De
hymnis Orphicis, Kl. Schriften 1911, 104. ‘Ö IIAO N Pr. Als „großer Kämpfer“
wird Typhon in einem astrologischen T exte der thebanischen Königsgräber
bezeichnet; s. F e. B o l l , Sphaera, 1903, S. 163. Hier auch über die Bedeutung
Typhons am Sternhimmel, S. 162— 164.
2 Darum stellt auch H oefner , Off. II S. 243 die Gleichung S eth ~ S o n n e
fest. Auch er kann aber im Hymnos der Empfehlung „keinen einzigen Hin­
w eis auf die Sonnennatur des Seth“ finden; im ersten Hymnos stam m t das
Beiwort „Leuchtender“ nur aus einer Konjektur; s. S. 19, Anm. 1.
— 21 —

die Hymn en , die älter sein dürf ten als die ums tehend en Rezepte
der Zauberei, noch die vom magischen R e d a k t o r ver faßt e P r a k t i k
weisen d a r a u f hin, d aß Di cht er oder Magier in der Sonne Seth-
Typ ho n gesehen h ät t e n. Der Dichter t r e n n t beide scharf v o n ­
einander, und wenn Nephotes vom Na me n des Got tes r ü h m t :
Erde, Tiefe, Unterwelt, Himmel, Sonne, Mond und Ste rne zittern
vor ihm, so scheidet er ausdrücklich Sonne und Seth. Geläufig
aber wa r dem Verfasser des ersten Hymn os die Sage vom K a mp f
des Osiris und Typhon.
Als gewaltigen Allgott zeigt auch eine An ru fu ng des Seth
in P V I I (961— 970) den Dä m o n ; um sein Erscheinen b i t t e t der
Magier:
Her zu mir, du im leeren Li cht ra um, Unsichtbarer,
Allherrscher, Schöpfer der Götter,
Her zu mir, unbekä mpf lic her Dämon,
Her zu mir, der du den eigenen Bruder ni cht b e t r ü b t has t, Seth,
Her zu mir, feuerl euchtender Geist,
Her zu mir, nicht zu ve r ac ht en de r Go t t und D ä m o n ___
Mit un ver hü ll t er Schmeichelei sucht der Zaube rer den Got t
zu gewinnen. Andere wieder, so der Verfasser des ersten Stückes
in der Rolle von Oslo, sehen in Ty ph o ns M o r d t a t einen R u h m
für ihren S ch ut zp at r on un d nennen ihn „den, der seinen eignen
Bru der ges chla cht et “ . . . . Ist er gleich ein F euer dämon, d ar u m
b r a u c h t er ni ch t als S onnengot t ged ach t zu sein. Er w a l t e t über
dem Feuer, das man f ür cht et , das Unheil stiftet. Er ist j a der
typische Schadengott , der Ungl ück bringt und u nt er joc ht . So
s t eh t er auch da in P X I I 11,15 ff. Zur Ve rni cht ung von O r d ­
nung, Frieden, F r eun ds ch af t zitiert man ihn:
„Dich rufe ich an, den f ur c ht b ar e n Go t t im leeren Lu ft ­
r aum, den unsi cht baren, den großen Gott, der die Er de schl ägt 1
und den erhabenen Kosmos, der Verwirrungen liebt u nd Be­
s t ändi gkei t h a ß t un d die Wolken auseinander p e it s ch t .“ 2 Dann
die Bitte, in zwei Menschen Z wi et ra ch t zu stiften, „wie sie h a t t e n
T y p h o n un d Osiris (oder, bei Mann und We ib : T y p h o n und

1 i h r aara^ rirra P, woraus D BLATTE xaiaraS-arTa m acht (S. 200).


Aber Seth wird ja das Gegenteil von ordnender Tätigkeit zugeschrieben, und
außerdem hat er wohl sein Beiwort ‘P atathnax’ von dieser Wirkung; es dürfte
durch palindrotnische Umkehrung des Schlußteils von TraTa-Snvt(a)g eb ild et sein.
2 Seine Peitsche ist der B litz: so, glaube ich, zeigt ihn das erste Bild des
Pap. Oslo (Plate I): in der Rechten hält er drei Blitzstrahlen, die allerdings
durch die kindliche Kunst des Schreibers und Zeichners übel genug geraten
sind. O mont sieht in dem Strahlenbündel, das wohl bekannten Zeusstatuen
entnommen ist, Streifen von Zauberrezepten.
— 22 —

Isis)“ . In P X I I 11, 1 5 ff-, wie im demotischen P ap. muß er


den Gegner m i t Entzweiung, m i t Fieber schlagen: T y p h o n ist
auch hier dem Magier der „schreckliche Dä mo n im leeren L uf t­
r a u m, der Uns ich tb ar e, Allherrscher, Got t der G ö t t e r “ , aber
auch der „ Verder benbri nger und Vereinsamer, der es haßt ,
wenn es um ein Ha u s wohl s t e h t “ .
Ebensowenig weist im letzten Zauber des P IV, dessen Zweck
ni cht deutlich ersichtlich wird, etwas auf Gleichung des T y p h o n
mi t Osiris hin. Seths Bild m uß auf einen Ziegelstein gesetzt wer­
d en; m a n zeichnet ihn als laufenden Esel mi t verschiedenen
Zaube rwort en auf den Gliedern des Tieres, d a r u n t e r Sabaot h
und Abrasax. Und ein Gebet ri cht et sich an ihn, das neben
vielen t ypi schen Anrufungen des Seth, wie J ö E rb e th , Jö
P a k er b et h , J ö Bolchöseth, den Passus e nt hä lt : „ D u bist es,
der den Kosmos er s chü tt er t, ich rufe dich an, den großen Typ ho n,
du zweimal-großer T y p h o n ! “ Nichts in allen diesen Belegen
für Seth, was auf solare B ed eu t un g des Dämons hinwiese. Aber
als ewiger Feind des Sonnengot tes erscheint er. Er ist es, „ de r
Erde und Hi mmme l er schüt tert , der donnert, der die Schlange
verschlungen h a t und den Mond rings u m f a ß t u nd stündlich
den Kreis der Sonne a u s t i l g t “ . So wird Seth im P V I I 366
angerufen, wo er als weissagender Go t t zu einem Li cht zauber
zitiert wi rd1. T y ph o n ver u rs ac ht nach P lu ta r ch Finsternisse
der Sonne; er schafft auch ihren täglichen Unt ergang, sogar an
ihr stündliches Ab ne h me n durch Seths Schuld wird gedacht.
Die Schlange, die er ver schl un gen2 ha t, ist die Sonne: „Schl ange
am H a u p t e des R ä “ heißt sie in ägypt ischen Zeugnissen, auf
die TH. H O PFN ER , Offenbarungszauber II S. 8 8 hinweist.

G estalten der römischen Fluchtafeln,


Bei weiterer Ums ch au nach Set h- Typ ho n als solarem oder
kopflosem D ä mo n d r ä n g t sich vor allem die Not wendigkeit auf,
ihn in seinem ureigensten Verehrungsgebiet zu suchen, in den

1 So auch P. VII 365 a, IV 1323. E x t r e m glaubt eine ähnliche Stelle zu


finden in P VII 995 f. (1. Kol. des Verso), wo er die Lücke in P ergänzt:
Tidv?]ra>r, o ßpe/aiv . . . [ä xuraittmay.it>'; ti>v ?/ Syiir (Journ. of eg. Archaeol.
11, 1925, 80); ich las und ergänze: oi> ei u ß g jo v tv tr ; ö ßolyinv . . . [6 ^ (taivtov
xaT ä ] y. tL L u o v -/.eil x a t a y i]r 6 u ß o o i\; tzrä'/otrj ...
2 „eingeschläfert“ hat sie der Magier im Bund m it Seth nach P IV 190;
s. oben S. 19.
— 23 —

T ext en und Bildern der um 400 n. Chr. ent st and enen „ Set hi -
anischen Verfl uchungst afel n“ . Und tatsächlich, ein Blick über
die Bildskizzen, die RICHARD WÜNSCH seinem be ka n nt en Buch1

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Abb. 2. B leifluchtafel aus der Vigna M arini, Rom . W ünsch 16 A, Aud. 155.

beigegeben h at , beweist die Pflicht, sich mit diesem Stoff aus­


einanderzusetzen: wenigstens begegnen hier Spukgest al ten teils

1 R ic h a r d W ünsch, Sethianische Verfluchungstafeln aus Rom, Leipzig


1898.
— 24 —

ohne Kopf und Füße, teils nur mi t Kopf und ohne Leib; und de
rumpflose Eselskopf scheint nicht zu fehlen.
D och sollen in diesem Z us am me nh a ng auch andere religions-
geschichtliche Probleme gestreift werden, die R. WÜNSCH mit
Scharfsinn als erster angegriffen und offenbar ohne wesent­
liche Wider sprüche nach Möglichkeit erledigt hat. Seine ,,Sethi-
anischen Verfluchungstafeln“ sind seit ihrem Erscheinen G r u n d ­
lage für diesen ganzen Bezirk s p ät a nt i k e r Religionsforschung
geworden. Er h a t fast fünfzig Bleitafeln aus dem Museo Kir-
cheriano nach M. MATTERS lückenhaften An ga b en 1 neu gelesen
und besprochen; A u g . A ü DOLLENT über nahm WÜNSCHS E r ­
gebnisse ohne wesentliche Bereicherung und Na chprüfung der
Fragen in seine. S am ml un g der Bleitafeln.'2 Auch die zahlreichen
Benut ze r der Tex te haben sich alle auf WÜNSCHS Resul tat e ge­
s t ü t z t und berufen. So DELATTE (S. 191), G. R o jcder in seinem
„ S e t “ 3, der sich wohl durch das Verzeichnis „ G ö t t e r und D ä ­
m o n e n “ (S. 121) zur Ansicht verleiten ließ, in den Bleitafeln
wende sich der Zauberer meist an Typhon.
Tatsächlich geschieht das bloß in einem einzigen Fall ein­
wandfrei: Tafel 25 begi nnt m i t der An ruf ung des T y p h o n - S e t h 4.
Der folgende T e x t biet et seiner vielen Lücken wegen für eine
Bes t imm un g des Gottes soviel wie nichts; der Na me Seth be­
gegnet zusammenhangl os in drei Zeilen. Tafel 49 soll Seth
in der Form „ S i t h “ aufweisen: hier h an d el t es sich ab er nur
um Teile des b e k a n nt e n Zauberwort s Er eki si t hp he3; hier an
Seth zu denken, dazu b es ti mmt e WÜNSCH seine Auffassung der
beiden Ti er hä u pt er im Zauberbild, in denen er Eselsköpfe
sah. In allen anderen Belegen, die er f ür Seth als H a u p t ­
dämon der Bleitafeln gibt, wird der Got t nicht gena nn t.
WÜNSCH selbst spri cht (S. 93) sein Ve rwunder n über die
unleugbare Tat sac he dieser Namenlosigkeit auch aus, g l au bt aber,

1 M. M a t t e r , Une excursion gnostique en Italie, Straßbourg-Paris 1852.


2 A i d . Nr. 140— 187 . 3 Roschers Lex. 4, Sp. 776; vgl. o b . S. 18.
4 Vorher ergänzt W ü n sch : M yo s' Sy U T v f& v St,!*, unsicher und (vgl.
u n t e n ) , nach falscher Analogie, unwahrscheinlich. ) e i wäre wohl vor-
zitziehen, wie Pap. III 87.
5 Z. 29 steht . . .; T. 15 und 34 bieten: o tf O i/ (ar,<f&rjt
das ist lediglich eine Variation zu m th/i;. Die Formel steht auch T. 34:
r i f 'i - , 1 1 <*>,;»>,. Der ganze Logos (vgl. P r e i s k n d a n z , Berl. Phil. W och. 3 3 , 1913,
510— 512) heißt in palindromischer Normalform: f t > t^aoaoay^aoa
— 25 —

der t yphoni sche Na me sei aus Scheu nicht ausgesprochen, son­


dern durch Beinamen umschri eben. Diese Beinamen l a u t en 1:
„ D e r u n t e r der Er de wieder e r n e u t “ ,
„ D e r u n t e r der E r d e die Kreise h ä l t “ ,
„ D e r u n t e r der N ot we ndi gk ei t“ .
WÜNSCI-I erinnert, um den ersten Aus dr uc k zu erklären, a n die
W a n d e r u n g der Seelen, die sich im „Kr ei s des W e r d e n s “ be­
finden; er innert an den gleichbedeutenden „Krei s der Not wendig­
k e i t “ . Schwerlich darf m an für die D e u tu ng religiöser An sch au­
ungen so s pä te r Zeiten von P la t o n und Diogenes Laertius, die
WÜNSCH zitiert, allzuviel erhoffen. Und d a n n gerade T yp ho n
in diesen Z us am m e n h a n g zu bringen, h a t keine große Aussi cht ;
nirgends — so weit ich sehen k a n n —- ein Hinweis auf die Eigen­
schaft des T y p ho n -S e t h, als Diener der Not wendigkeit die Seelen
i mmer aufs neue a n den Kreis der Seel enwanderung zu fesseln.
Die zweite Bezeichnung l äßt WÜNSCH u n e r ö r t e r t ; d a f ü r
e rin ne rt er an die Wi ederbel ebung des Osiris d urc h Isis, deren
Tät igkei t auch ihrem Diener Seth zugeschrieben werden k o n n t e 2
sofern sie wirklich der A n a nk e gleichgesetzt wa r ! Aber diese An ­
n a hm e b e r u h t lediglich auf einer V e r m u t u n g WÜNSCHS, der
auch ohne triftige Gründe und Nachweise, wie mir scheint,
T y p h o n als den t ypi schen Diener der Ana nke bezeichnet.
Schon die Tat sache, daß Helios-Osiris sonst als der G o t t
angerufen wird, der ü b e r die Not wendigkeit gesetzt ist, s pr ic ht
gegen die Ann ahme , die Ty p ho n -S e th , den Üb erwi nder des Osiris,
als Diener der An ank e einführen möchte. Eh er h ä t t e W ü n s c h
eine Stelle des P I II a nf ühren können, wo Z. 120 Seth beschworen
wird „bei der hebräischen Sprache un d bei der Not wendigkeit

1 ö i'Tto y rjv ävaveä’Cojv


o VTto y rjv (d) xa teya tv xvxh a
o iicr'o t r tv ’A v ä v x ijv ,
Vgl. die Stellen in der Sammlung bei W ü n s c h S. 121.
2 Ich weiß nicht, ob W ü n s c h bei dieser Kombination an die Gruppe der
Isis als Nilpferdgöttin im Ram esseum und einem Königsgrab zu Theben, gedacht
hat, die den Stier oder Stierschenkel, d .h . Seth, an der Kette halt, während
ein sperberköpfiger Horos m it der Lanze auf ihn eindringt: näheres bei
F r . B o l l , Sphaera 1903, 215. Es handelt sich bei solchen Darstellungen doch
wohl eher um den nahenden Tod Typhons durch den Rächer Horos, als um
seine „D ienerschaft“ . Und auch wenn es in einem T ext der thebanischen
Königsgräber ( B r u g s c h , Thesaurus 121 f., Boll 163) heißt, Isis müsse die
bronzene K ette bewachen, m it der Typhons Vorderschenkel am Himmel an­
gefesselt sei, kann diese Überlieferung nicht beweisen, daß Isis den über­
wundenen „großen Kämpfer“ für ihre D ienste benutzt habe.
— 26 —

d e r Not \vendigkeiten1 einen Befehl zu erfüllen. Aber dieser Aus­


d r u c k dürfte k a u m genügen, die Unt er werf ung T yp ho ns unt er
Ana nk e als t ypisch und allgemein b e k a n n t festzustellen. Denn
viele andere Götter, selbst Helios, werden u n t e r dem Zwang
der Ananke (Maskelli Maskello) zur Au sf ühr un g von Wünsc hen
des Zauberers angerufen. So s t eh t schließlich diese Göt ti n über
allen Gestalten des magischen Pandai moni ons. Hier wieder an
ihn zu denken, d ar auf b r a c h t e n W ÜNSCH vo r allem die Zeich­
nungen der Bleitafein. Leider h a t er sich auf die Wi edergabe
nu r einiger Bilder beschränkt , ln ihnen begegnet als H a u p t ­
figur eine roh gezeichnete Gestalt, die aufrecht stehend ein
T i e r h a u p t auf langem Hals t rä gt . W e r ohne Ke nntni s der Dinge
den Kopf beurteilt, häl t ihn auf den ersten Blick nach W ÜNSCHS
Wi edergabe für den schlecht und primitiv gezeichneten Kopf
eines Pferdes. WÜNSCH selbst h a t in ihm einen Eselskopf und
d a n a ch in dem Dä mo n einen Seth gesehen. Anders M a t t e r
und K ING , die nach dem Bilde der ,,Excursion g n os t iqu e“ Taf. 10
einen H u nd oder Schakal und d emn ac h als Go t t einen Abraxas -
Anubis feststellten. Die Ohren des Tieres ent sprechen nach den
Skizzen von MATTER u nd W ÜNSCH in ihrer spitzen F or m nicht
denen des Esels; auch ein noch schwächerer Zeichner h ä t t e es
zuweg gebracht, gerade dieses Characteristicum des Grautiers
deutlich festzuhal ten. Dem Eselskopf Seths in P X I I 2 fehlen
die hohen Ohren nicht, un d auch i hn h a t kein Kü ns tl er gezeich­
net. In der recht en ausgestreckt en Ha nd t r ä g t die Gestalt nicht,
wie MATTER und KING meinten, eine Croix ansee, das Lebens­
symbol des Henkelkreuzes, sondern die Peitsche als „ga nz übliches
ägyptisches Zeichen der H e r rs ch a ft “ . Die ausgestreckte Linke
h äl t einen kreisförmigen Gegenstand, ungewiß, ob Reif oder
Scheibe. In ihm sieht W ÜNSCH das Symbol der schon er wäh n­
ten, auf die Seelenwanderung bezogenen „ K r e i s e “ . Ob nun
die römischen Jockeys un d ihre Za ub e re r3 sich viel mit solchen
1 . . . . l'io o x i^ w o e y.a ra rijs l-ßnaiv.i; ff lovt ? xai y.arä T/V ’At'ayxrjg Xaiv
' . - b y.aicoi' j laoy.e/ju MaoxelXoi ■ ovvTtheoov . . . Diese Zeilen des P III
115* — 123 gehören ans Ende der Sethanrufung Z. 94; sie sind in die
Heliosbeschwörung versprengt.
2 Bjid bei W<’.\~sch S. 88 nach „einem Leidener Papyrus“ . Die Zeichnung
ist in P X I! Kpl. 15 rach Z. 21 eingeschaltet. Auf der Brust: 2>;0-, unter dem
Speer der r. Hand: ./<</y<'>■, unter dem der 1. Hand: J io i/o a ijf, ooeoooj. Der
letzte Name erinnert an den ägyptischen Dekan (Sert) oder i«öoo)(Sasa-
Serti: B v d g e , The Gods of the Egytians II 304— 308.
3 Oder hier vielmehr ihr Zauberer: ich m öchte, ohne Kenntnis der Origi­
nale, für alle diese so ähnlichen Dokumente am liebsten e in e Person als Her­
steller annehmen.
— 27 —

dem einfachen Mann i mmerhi n verzwickten religiösen Ans cha u­


ungen abgaben, wie sie WÜNSCH zur E rkl är ung der Seelen­
wanderungskreise b e ib ra c ht e? Ob sie ni cht primitivere Zauberei
t r i e b e n ? An Ty p ho n -S e th als hier angerufenen und gezeichneten
Gott möcht e ich schon d a r u m ni cht glauben, weil seine sonstigen
magischen E p i t h e t a und „ w a h re n N a m e n “ gänzlich fehlen:
16 Erb et h, Io P ake r be th, Iö Bolchöseth, und wie sie alle heißen,
(vgl. P IV 279—284), sie begegnen in keinem der Texte. Nur
das W'ort Ch ychbachych und seine Va ri ant en t ret en auf. Und
wo sie in den Papyri u ndTaf el n stehen, meistens in Unt erwerfungs­
p ra k ti k en , ist nichts von Seth zu verspüren, vielmehr sind da
meistens S o nne ngo tt he it en im W e r k 1. Der Got t Bachachych
heißt bei AUD. nr. 250 a 1.2 ‘qui es in Egipto magn us d a e m o n ’,
un d nr. 251, Sp. 2, 10— 12 wird er bezeichnet als „ K ö n ig der
Geist er“ . Wohl ist m i t dieser Wo r tg r u p p e gerne der auch hier
d ur c hwe g v orh and en e Eulamo(s) ver bun den wie die „ s c h a u e r ­
liche Z w a ng s gö t t i n“ u nd i mmer Bainchöoöch, er ebenfalls eine
Li chtgottheit, „die Seele der F ins t er ni s “ ; nirgends aber eine Spur
von S et h - T y p h o n und seinen Namen. Und das ist doch eine
bemerkenswert e Erscheinung bei der überall t reu gehalt enen
T ra di ti on solcher Z a ube r wo rt gr up pe n, die d urc h au s ni cht immer
wähl- un d sinnlos ang ewan dt werden. Nu r in zwei k ar thagi schen
Zaubertafeln, Aul), nr. 252, 253, findet sich die Verbi ndung
der Gruppen Chychb ac h, Eul amö und J ö Er be th , aber hier ist
a n eine n ahe V e rw an d ts ch a ft oder gar Gleichsetzung der drei
Dä mo ne n keineswegs zu denken. Außer den beiden ersten G o t t ­
hei ten wird eben auch J ö Erbe th, d. i. T y p h o n oder Seth, an-
gerufen.
Die von WÜNSCH a ls Seth gedeutet e Figur möcht e ich
zunächst , wenn auf die Kopie des Herausgebers Verlaß sein darf,
dem Bild n ac h eher als pferdeköpfigen Dä mon a ns pr eche n2.
Den Pferdel enkern des Zirkus, denn um sie ha nd e lt es sich in
diesen Tafeln, dürf te ein P a t r o n der Hölle m i t dem Gesicht eines
Rosses wTohl v e r t r a u t gewesen sein. Am Pferdekopf an sich k an n
m a n in solcher Göt terwel t keinen Anstoß n ehmen; heißt j a auch

1 Vgl. A. D e l a t t e , Le Musée Belge 18, 1914 S. 10. Die Gruppe fehlt im


späten Pap. Oslo.
2 Vielleicht findet sieh der gleiche auf einer karthagischen Bleitafel, Audoll.
nr. 248 wieder: Stehender Dämon mit langen Ohren und Eselskopf (?), zwei
Schalen (?) in der linken, eine Fackel (?) in der Rechten. So die Beschrei­
bung Audollents ohne Bild. Die ‘Schalen’ wären dann ‘die’ Kreise.
28 —

Hekat e in P IV „pferdegesichtig“ 1. Die gnostisch-koptische


Schrift Pistis Sophia (ed. C. S c h m i d t 248, 18) n e n n t als Strafe
für einen Mörder diese Bu ße: „ W e n n seine Zeit durch die Sphaera
vol lendet ist, und er k o m m t aus dem Körper, so kommen die
Diener des J a l d a b a o t h un d führen seine Seele aus dem Kör pe r
und binden sie mi t ihren F üße n a n einen g r o ß e n D ä m o n m i t
P f e r d e g e s i c h t , u nd er v e r br in g t drei Tage, indem er mi t ihr
in der We l t umherkrei st . D a r na ch fü hr en sie sie zu den Ort en
der Kält e un d des Schnees und sie strafen sie do rt 3 J a h r e und
6 Monat e. “ D a n n wird sie von den 49 Dä mo n en des J a l d a b a ö t h
gepeitscht, sie k o m m t ins Chaos v or Persephone usw., bis sie:
nach der Dr e h u n g der Sphaer a zur V er ni ch tu ng in die äußere
Finsternis geworfen wird. Ähnlich die Läst er er (Schm. 250,
25): sie werden m i t der Zunge an den großen Dämon mi t Pferde­
gesicht gebunden, bevor sie ihrem En de verfallen. Da ß es sich
hier nicht etwa um eine Verwechslung m i t Seth handelt, zeigt
das „ F r a g m e n t ü her den Durchgang der Seele du rc h die Archont en
des Weges der Mi t te “ (333 f.), in dem die Seele auch zum Ort
des T yph on geführt wird, „d e s großen gewaltigen Archonten,
des mit dem Eselsgesicht“ , der die Seelen ra u bt und en tfü hr t
(s. SCHMIDT zur Stelle S. 334, 9). Auch den Kreis (Kyklos) der
Seelenwanderung k e n n t diese L i t er a tu r : Die Seelen müssen
zu ihrer Lä ut e ru n g eine Menge von Ve r wandl ungen d u rc h ­
machen, keine k o m m t aus ihrem Zirkel heraus, die ni cht den
letzten ihr best i mmt en Krei suml auf erledigt h at . Der Typ us
der Körper h äng t von der Größe der Vergehen ab (s. SCHMIDTS
Index u nt er „ K r e i s “ , „ K y k l o s “ , „ V er w a n d l u n g e n “ ). Es gibt da
Reptilien-, Vieh-, Tier- und Vogelseelen „ g e mä ß dem Kreis­
lauf (Kyklos) der Archont en jener S ph aer a und gemäß allen
Stellungen ihrer U m d r e h u n g “ (21, 35). J e d e r A r c ho nt h a t dabei,
vom „ S p u t e r “ getrieben, eilends seinen Kreis zu drehen.
Die Ans cha uun g solcher Bilder k ön n te möglicherweise bei
den Zeichnungen der Bleitafeln mitgesprochen haben. Ich
möcht e aber auch hier ni ch t anne hme n, der za ub ern de Jockey,
1 Das oft vorkommende Zauberwort tnw/ßo>s> deutet \V( s s r a als
irrrrdyfrcir: Roßerde, unter der ich mir aber nichts vorstelten kann. Ob nicht
eher an ursprüngliches inoyß-cov zu denken ist: Belasterin, Presserin der Erde?
Sehr leicht konnte daraus Im töyd-av werden, in dem der Magier wohl eher ein
Pferd der Erde oder der Unterwelt sah als eine ,,Roßerde“ . Das (schwarze)
Pferd war chthonisches Tier. Auch ix o y 'h o v begegnet, doch in Überliefe­
rungen, die diese Form nicht als ursprüngliche erscheinen lassen. E i t r e m ,
Pap. Osl. 73 (zu Z. 155), erklärt bei Annahme eines Zusammenhangs m it dem
‘Earth-quaker’ Poseidon: ‘lord of horses in the depth of the earth.'
— 29 —

oder sein magischer Beistand,' habe sich in den gnostischen


Spekul at ionen aus gekannt , oder er h abe gerade den eben be­
schriebenen „gr oßen Dä mon mi t P fer deges icht “ in seiner Zeich­
nu ng und A n ru f un g fe st ha lt en wollen. Nur d ar au f sei m i t dem
Beispiel aus der kopt ischen Pistis Sophia hingewiesen: es gab
t atsächlich solche Gestalten in der abergläubischen Spukwelt
jener Zeiten; sie müssen gar ni cht erst aus dem Bild der Blei­
tafeln k on s tr ui er t werden. Der Pferdegesichtige k a nn wohl der
Dä mon römischer u nd an de r er J ock e yp ar te ie n gewesen sein,
einerlei ob er Herrscherzeichen des Flageilums und Kreise der
Seel enwanderung1 in den H ä n de n hielt, wie W ü n s c h meinte,
oder aber die Peitsche des Pferdelenkers u nd die Räder, die
Kykla, des Rennwagens. Denn vielleicht ist auch diese D e u tu n g
möglich, der ich die der „Bei si t zer“ des Pfer degot tes rechts und
links von seinem Bild anschließe: sie selbst sind n ur mi t Kopf
und Hals sichtbar, der auf einem nach u n t en abgeschrägten
Gestell sitzt. Ich halte es für das J oc h eines Rennwa gens ; die
Senkrechte in seiner Mitte gleicht der Linie, die im J o c h der
Kot orni at enmedai lle bei W ÜNSCH S. 60 als Deichsel des Wagens
zu d eut en sein dü rf te ; die beiden sie abschließenden Bogen mögen
zwei Wagseile sein. Beweise f ü r die Ri cht igkei t meiner I nt er ­
p re ta tion der Bilder k a n n ich ni cht beibringen; und wenn ich sie
aus der Ge danken- un d Berufsphäre der Jockeys zu erklären
versucht habe, so mag dieses Bemühen schließlich auch falsch
sein. Denn möglicherweise stellt sich der Pferdegesichtige doch
mit Hilfe gelegentlicher weiterer F unde als Anubis heraus, den
M a t t e r und K i n g in ihm ohne Bedenken sahen. Es gibt auch
sonst Anubisdarstellungen, die sehr schwer den Schakalskopf
des Gottes als solchen erkennen ließen, wü ß te ma n nicht b es t immt ,
daß es sich n u r um einen Anubis h an d l e 2. Auch die A n d e u t u n g
d e r „ M ä h n e “ am Hals der Gestalt weist an sich wenig auf Pferd
und Esel hin. Sie b es teht aus so kurzen Haaren, daß m an in
ihnen eher Borsten als Mä hn e3 sehen möchte. Sie k ön n te n wohl

1 Die Texte sprechen immer von „den“ Kreisen, die Bilder geben nur
.:: Kvklos in der Hand des Dämons; vgl. S. 27, 2.
2 Aus welchen Gründen W üssch auch die tierköpfige Gestalt der Taf. 6
einen Seth hielt, weiß ich nicht. Er nannte sie S. 102 „ Typhon m it einem
--‘.i'.zenstengel im Munde“ . Der Kopf hat m it dem eines Esels nicht die ent­
wirr. :es:e Ähnlichkeit. M a t t e r sah auch hier einen Anubis. Denkbar wäre wieder
-i~ Pferdegesichtige, der den Siegeszweig im Mund hält. A uf ein Pferd kann
i - : n cas Band um den Hals hinweisen (wenn es sich nicht um eine Bindung
- i. Aus den Beischriften geht für die Deutung nichts hervor; s. S. 31, 2.
3 Männe hat der Seth des P X 1 I (s. ob.).
— 30 —

einem Schakal oder H und gehören. Vergleichen mag man mi t


diesem Kopf etwa die Anubisbilder auf der S k u lp t ur des Museo
Capitolino bei H. GRESSMANN, Tod und Au fers tehung des Osiris,
A. 0 . 23, 3 (1923) Abb. 9, oder den Anubis der Londoner
Gemme (s. ob. S. 17, Abb. 1), wo auch die kurzen Halshaare nicht
fehlen. Der lange Hals beider Köpfe er innert mehr an den
eines Pferdes oder Esels als an den eines Hundes oder Schakals,
obwohl auch ihn sehr viele Anubisbilder aufweisen. Vermutlich
haben diese Köpfe alle durch das bewußt e oder u n b e w uß t e Be­
streben des Zeichners, dem Tiergesicht doch auch menschliche
Züge zu verleihen, von ihrer eigentlichen Wesensform verloren
und so jene Unde ut li ch ke it erhalten, die uns in der I n te r pr et at i on
schwanken l äßt. Anubis als D ä mo n der Unt er wel t, als Ge­
hilfe der Isis bei der Wi ederbel ebung des Osiris, als Diener aller
Göt ter (P V I I 584) un d so auch der Ananke, er wäre sachlich
auch hier durchaus ni cht unmöglich. S te ht er doch auch, m i t
Szepter und Lebenskreuz, auf der e r wäh nt en Gemme des Bri­
tischen Museums vor der kopflosen Mumie des Osiris, der in
den Zaubert afel n nirgends fehlt. Und selbst die „ K r e i s e “ ließen
sich mi t Anubi s ver ei nbare n: er h a t nach Pl ut arch, de Is. et Osir.
44, die B ed eu tu ng des 6qI£cov xvxioc;; s. dazu PIETSCHMANN,
Real -Enzykl . I 2646/7. Mißlich bleibt d as Fehlen eines eindeutig
b es ti mmenden Namens für diesen tierköpfigen Dämon, wenn
m an ihn n icht in dem „ Z a u b e r w o r t “ Chychbachych und seinen
Wa n d lu ng e n er kennen will. In diesem Fall aber ließe sich wohl
ein ursprünglich als Anubis dargestellter Go tt a nn e hme n (s.
unt. S. 37, 2), dessen Croix ansee u n t e r der H a n d des Zeichners
ein Kreis wur de : dem Kreuze ab er nu r seinen r u n de n Ha ndgri ff
zu lassen un d seinen Träger als den Halt er der Kykl a zu be­
zeichnen, dazu ko nn t e in der Um geb un g dieser „ Ag no si a“ sogar
der äußerliche Ankl ang der W or t e Chychba und K y kl a Anlaß
gegeben haben.
Doch mag das alles in der Schwebe bleiben bis zur nächsten,
notwendigen Neukollation der römischen Bleitafeln und ihrer
Bilder. Keinesfalls glaube ich, a uf das j et zt v o rh and en e Material
gest üt zt , an Set h-Typhon als H a u p t g o t t dieser Verfluchungs­
t ext e, die ich d a mi t auch nicht für „s et hi an is ch“ hal ten kann.
Umsoweniger, als ein weiteres Ar gume nt, das R. WÜNSCH für
seine Ansicht vor br acht e, hinfällig werden dürfte.
Der H a up tt ei l der Anruf ungen begi nnt in d e n römischen
Tafeln meist mi t den griechischen W o r t e n : Ihr ,,dee Phrygi a,
dee Nymphe(e), Ai (Ei) don ea“ . . . Beim ersten Namen der „ s c he in -
31

bar durchsichtigen Form P h r y g i a “ lehnt WÜNSCH (S. 81 f.) den


Gedanken an Z us am m e n h a n g m i t den phrygi schen Kulten ab.
Er d en kt eher an eine „vielleicht zufällige W o r t ä h n l i c h k e i t “ .
D a ru m w e nd et er sich zu der nu r ein einziges Mal (Taf. 21, 9)
nach seiner Lesung als „dee P h y d r i a “ überlieferten F or m und
mei nt : aus diesem Anruf „dee ( E ) p h y d r i a “ — so von ihm ge­
än de rt — sei schließlich die andere regelmäßig überlieferte, doch
falsche Form „dee P h r y g i a “ e nt s ta nd en. Und so k o m m t WÜNSCH
zu einem Got t „ E p h y d r i a s “ , dem „ G o t t auf dem W a s s e r k r u g “ .
Als „ G o t t des Gewässers“ erschien ihm (S. 86) Osiris; denn er
gibt der Seele das „k üh l e W a s s e r “ ; er sagt einmal von sich in
P X l l 7 , 2 3 : „ I c h bin Osiris, das Wasser gehe iße n“ . Spät er
aber h a t WÜNSCH1 in diesem Got t Seth gesehen, weil sich eine
inschriftlose Gemme (Oxford) fand, die einen eselsköpfigen
Dämon mi t Palmzweigen in den Hän den, in einem Kr ug sitzend
— nu r der Oberköper ragt aus der Öffnung heraus — d ar stell te:
da n an n t e er diesen Go tt „ d e n auf dem W a s s e r k r u g “ u nd e r ­
ka nn t e in ihm Sgth, die Illustration zu dem aus den Bleitafeln
konstruierten, hypot het i schen Na me n „ E p h y d r i a s “ . T h . HOPFNER,,
Off. I S. 108, h a t ihm z ug e st im mt und zwar mi t der Er wei te rung
dieses Ergebnisses: Seth t hrone auf dem Krug, dem Symbol des
Osiris, zum Zeichen seines Sieges über den Gott.
WÜNSCH h a t weiterhin, im Anschluß an die D e u tu n g der
englischen Gemme, auch die Tierköpfe der Tafel 49 als sethi-
anische Eselsköpfe er klärt ; einer von ihnen sitzt auf einem Ge­
fäß, das „wohl auch ein K ru g sein soll“ . Ebenso bezieht WÜNSCH
die Gemme bei MATTER, Histoire du Gnost. pl. II C. 3, auf T y p h o n :
ein eselsköpfiger Got t stehe hier „ a u f einem Gegenstand, der
bei einiger P han tas ie für eine Hy dr ia gehalten werden k ö n n e “ .
Mag das alles inhaltlich st immen, mag es sich in den letzten
Fällen u m einen über Osiris t r i u m p hi e re nd e n T y p h o n handeln —-
ich lasse die Frage offen2 — der Na me eines Gottes Ephydrias,
bes teht jedenfalls nicht in der Überlieferung der Bleitafeln.

1 Archiv für Religionswissenschaft 12, 1909, 21 ff.


2 Ob man Darstellungen des Seth, zudem als Siegers über den guten Gott
Osiris, zu Amuleten verw andte? Sollte nicht doch auch hier ein Anubis in
Frage kommen, der den Krug des Osiris bew acht? Die Palmzweige als Teil
der Osirischen Sympathiepflanze sprächen dafür; vgl. auch das Biid bei
W ünsch S. 10: Anubis mit Palm zweig (Kynokephalonpflanze nach W ünsch ,
102) im Mund, unten die Agathodaim on-Schlange (s. ob. S. 2 9 ,2 ); Matter ^
H ist, du Gnost. 3, Pl. II Nr. 1 : Anubis m it Palme und Kerykeion; daneben
Fig. 3 ein Gott mit 2 Hunde(?)köpfen auf einer Hydria mit 2 Schlangen;.
- 32 —

Der zweite Name „de e N ym p h e ( e ) “ wird bei WÜNSCH (S. 81)


zu einem Go t t N ym phä ios : er ist ihm n u r eine and re B en en nu ng
für den ersten: „ of fenba r ein Go t t der Nym ph en , des Wa ss ers “ .
Und das dr i t t e W o r t „ A i d o n e a “ (o. ä.) ist nach ihm (S. 82)
eine Ve rmis chung von j üdi schem Adonai und hellenistischem
A i d o n e u s ; also h a t m a n es hier „ m i t einem He rrn der U n t e r ­
welt zu t u n “ . ln allen dreien möcht e WÜNSCH Einen Gott sehen:
Osiris als W a l t e r des Wassers und der Unterwelt.
Manche Ei nwän de stehen diesen Deu tu ng en entgegen! Z u­
n äc h st wird man sich nicht ganz bedenkenlos üb er die gut e Üb er­
lieferung des W or te s „ P h r y g i a “ hinwegsetzen, solang es v e r s t ä n d ­
lich bleibt. Der An fa ng l au tet klar genug: „ I h r . . . (folgen müssen
d a r a uf die N a m e n von G o t t h e i t e n ) . . . ich beschwöre E u c h “ .
Nichts im folgenden T e x t hi ndert , das Gerüst dieser Anrede
m i t ri cht igem Sinn zu füllen. Ich halte die Worte „dee Phrygia,
dee N y m p h e e “ f ü r durchsichtige Plur al formen: deae Phrygia,
deae Ny mp ha e , wobei m a n bei der Ort hogr aphi e dieser Texte
f ür deae auch das griechische t heai setzen kann. Der erste Plural
, ,d ea e “ f a ß t schon zu Anfang alle drei Formen zus amme n. Bei
der ersten, „ P h r y g i a “ , ist es t atsächlich ni cht nötig, an Phrygische
Kul t e in Rom oder Asien zu denken. So weit geh t dieser Magus
nicht, obwohl er im Zirkus u n t e r än de rn Göt terbi lder n auch die
M at er deorum, Kybebe, auf dem Löwen reitend, ein Sist rum
h al tend, zu sehen ge wohnt war. Aber, was er von seinen D ä ­
m on en fordert, ist u. a. die Pflicht, ihr Opfer „erfrieren zu lassen,
zu ersticken, es a u s z u dö r r e n“ . Und das besorgt die Dämonin,
die heißt „ P h r y g i a “ : nach Hesychs Glosse ist sie „die Aus dörr ende“
( phrygousa). Geradeso b en e n n t eine An ruf ung des P IV 1500
die zu gleichem Zweck b enü tz te Pfl anzendämoni n Zmyrna.
Diese Göt t in Phry gi a v er k ö r p e r t also eine der Personifikationen
der manni gfachen Fieberarten, die auch sonst gerne dämonisiert
we r de n1.
Da n n folgt die Ve rb in du ng : „ ( I h r ) . . . dee N y m p h e e “ . Ich
gl aube, n a c h der I n t e r pr et a t i o n der P hrygi a genügt schon die
Ü b e r t ra gu n g in lateinische Schrift, das Richtige zu zeigen: deae
Ny mp ha e , Sonderbar, daß m a n die pluralische Form v e r k a n n t e :
g anz deutlich h e i ß t es 1 7, 4 4: „ I c h beschwöre Euch, hagi(a)e
Nymph(a)e, bi nd et den A d e u d a t o s “ . . . 2 1 , 1 2 „ I c h beschwöre
Euch, hagi(a)e Nymph(a)e, bi ndet diese P f er d e“ . . . 25,28
die kopflose Mumie des Osiris auf der Londoner Gemme steht über einem
.ebenfalls gefäßähnlichen Ding; davor Anubis.
1 A udoll . 74, 6: 75 a 10; Arch. f. Rel. W iss. 12, 1909 S. 30.
— 33 -

,,heilige Ny mp hen, mäch ti ge“ . . '. Nicht an einen maskulinen


Got t Nymph ai os ist zu denken, sondern an die weiblichen Geister
der Wasserl ei tung oder der Quelle oder des Brunnens, wo der
Schade nzaube r niedergelegt w u rd e : so fand man die Tafel des
Museums von Arezzo (AUDOLL. 129) in einem Quell ,,di acqua
acidtila f e r r u g i n o s a . . . presso il fiume Am br a fra Arezzo e Bi-
t u r g i a “ . In ihr werden die „ A q u a e ferventes“ , oder die „ N i m f a e “
angerufen, den Q. Letinius Lupus zu beseitigen und zu töten.
Über ähnliche Fälle berichtet AtlDOLLENT, Vorrede S. 116 f.,
und WÜNSCH, Defix. Tabellae At t. IV 2, Praef. 29, 2 mit der
Ve rmut ung , man habe das Was ser gewählt, um den Zauberfluch
an die Manen der Geister von Schiffbrüchigen gelangen zu
lassen, während GAMURRINI (s. AUDOLL.) d ac ht e: ,,in alcuni
punti esalando u n ’ aura mefitica pot eva al certo arrecare la
m o r t e “ . Ve rbi ndet ni cht die Brunnen- oder Quelltiefe leicht
mit der U n t e r w e l t ? So ist im Zaube r Flußwasser Sarapis s y m­
pathisch, Quellwasser den Totengeistern, wie et wa P IV 256
zeigt. So verlangt der Verfasser der ersten Fluclitafel WÜNSCHS
(S. 6 f.) von Osiris: si forte occansione invenerit, praefocato
eutn P r a e s t e t i u m . . . in t ermas, in v a l n e a s . . . Aber die „ N y m ­
p h e n “ und „ N a j a d e n “ gehen ja in spät er er Zeit völlig über in den
Begriff weiblicher Dämonen ü b e r h a u p t ; sie brauchen schließ­
lich mit dem Wasser nicht mehr unbed in gt etwas gemein zu
haben. H ekat e selbst wird P IV 2614 „ N y m p h e “ gen an nt,
Aphrodite Z. 3220 „ M u t t e r und Herrin der N y m p h e n “ , wobei
man k a um mehr an die „ S ch a u m g e b o r e n e “ dachte.
So k ann schließlich kein Zweifel mehr walt en über die Deu­
t u n g des letzten Namens Aidonea oder Eidonea. Auch hier
k o mm t nur eine Göttin in Frage: die Herri n der Unterwelt,
die als He kat e P IV 2564, 2855 „ A i d o n a i a “ , 2726 „vielgestaltige
A y d n a i a “ heißt.
Aber auch im Abschluß dieser Anrufungen dürf te ein anderer
Sinn als der von WÜNSCH v e r m u t e t e liegen. Er ha t die verschieden
überlieferten Wor te ins Gebiet der Ephesia G r a m m a t a verwiesen,
in der Form ihres jetzigen Zust andes freilich sind sie ni cht leicht
verständlich. Ihr Ende dürf te sich aber aus der Fassung in
Taf. 19 erklären: „en koro (kat) oikoyse“ . Das wird doch wohl
sein: „en chörö kat oi koysai “ , „die ihr hier a m Orte w o h n t “ .
Zwischen dem Wort Aidonea und dieser Gruppe s teht d ur c h­
weg ein „ n e “ oder „ n e a “ . Da mi t weiß ich auch nichts Be­
st immt es zu beginnen. Mag es als unver st an dene Wiederholung
aus Aidonea so geschrieben, oder ein weiterer Go tt hei t sn ame,
Beihefte z. AO. 8: P r e i s e n d a u z . 3
34 —

wie Naiä(s) oder Neiä(s) sein oder auch ein Verderbnis aus „ d e a “ ,
so daß bei jedem der drei Na me n das G o t th ei t sp ra e di ka t s tünde:
deae Phrygia, deae Ny mph ae , Aidonaia d e a . . . , ein r ta selbst
wird k a u m darin stecken. Auch diese Stelle scheint eine gen au e
Na ch pr üf ung des Originals dringend zu verlangen.
Noch eine andere, neue Gest alt h a t R. WÜNSCH neben dem
D eu s E phy dr ias in die Göt terwel t der Zaubertafeln eingeführt:
die „heilige S y m p h o n i a “ . Ihr h at er (S. 109) eine Besprechung
gewidmet, um sie zus amme nzub ri ng en m i t der „ S y m p h o n i a “
der Sethianer des Epiphanios, einem Buche, das von der Sieben-
und Achtheit der Himmel spricht; jeder der sieben Hi mmel stehe
unt er einem Archonten, und die „ S y m p h o n i e “ dieser Herrscher,,
meinte WÜNSCH, bedeute nichts anderes als die Harmonie d e r
Sphären, sicher sei sie „identisch mi t der Hagia Symphoni a,
die unsere Tafeln a n r u fe n“ .
Wie gewagt es aber ist, aus diesen Stellen eine bewußte
Üb er ei n st im mu n g der Bleitafelmagier m i t den archont ischen
Sethianern abzuleiten, zeigt der T e x t selbst. Denn, genau n a c h ­
geprüft, e nt h äl t keine einzige Stelle, aus der WÜNSCH eine
Göt ti n „ S y m p h o n i a “ liest, diesen Namen. Als Zeugin voll in
Frage k o m m t ü b e r h a u p t nur Tafel 16 Z. 3 0 , 3 1 : „ D u heiliger
Eulaniön, und ihr, heilige Charaktere und hochheilige S y n p h ö n a 1
die auf diesem B lat t geschrieben s i n d“ . . . Die S y n p h ö n a sind
aber zweifellos die P lanet envokale zwischen dem linken Arm
des Pferdeköpfigen und seinem linken Beisitzer: a e e i o y ö
(jeder sieben Mal). In den P a py ri heißen sie auch „ p h o n e e n t a “ .
Hier sind sie die „ S y m p h ö n a “ , und WÜNSCH h a t aus ihnen
künstlich eine S ymph on ia hergestellt in einer K om bi nat i on, die
seine sethianische Theorie zu s t ü tz en versprach. Die anderen
Stellen sprechen ebenso gegen seine D e ut un g un d Konj ekt ur; :
Z. 73 l a ut et der T e x t : „ E u c h , heilige Engel, beschwöre ich, und
Erzengel und den heiligen Eu l am on und heilige Beisitzer und
heilige S y nph öna und heilige C h ar a k te r e“ . . . Hi er fehlt das
Ende des Wor te s völlig2: WÜNSCH ergänzte es wie in Tafel 26,
2 9 3 auf seine Weise. Da nach h a t er m i t AUDOLLfeNT auch die

1 gibt auch A k iw i,l e n t (S. 211), schreibt aber nach W ünschs


Vorgang utfiovta.. An die ‘allegorische G estalt’ dieser Symphonia glaubt
auch H v b k e t, Magia, Dictronn. des antiquités, D a r e m b e e g -sa g lio , V
1512. 19; an den ‘Xym phaios’ 1513, 19.
2 nyitz m ttfo tv[ta ] W ünsch statt ayta ovv<fnor[a. In den entsprechenden
Formen steht durchweg der A kkusativ; so müßte hier stehen ayiav owcpwviav.
3 *ai [utfoina] W ü n sch .
— 35

in Bleitafel A u d . 295 Z. 29 als' „ s y p h ö n i a k o i 1 dai mon es “ über­


lieferten (oder n ur so gelesenen) zu „ s y m ph o ni s ch en “ Dä mone n
gemacht . In ihnen sehe ich, wie auch WÜNSCH s pä te r selbst2,
weit eher t yphoni sche Geister, Dä mo ne n der Unterwelt.
Noch eine b e k a nn t e u nd doch u ner kl är te Gest alt der F lu c h­
tafeln ver langt D e ut un g : die des oft begegnenden E u l a m o n .
Er s teh t fast regelmäßig an der Spitze der t ypi schen Ei nl ei tungs­
gruppe: „ Eu l a m o n , hal t fest; Usiris, Usiris, Apis, Usiris, Mneu-
o ph ri “ . . . Oder er wird im Text ve rl auf gerufen als (heilig-)
heiliger Eul amon. Über ihn wurden schon verschiedenste E r ­
klärungen geäußert. WÜNSCH dachte, er bezeichne Osiris selbst;
aber ihn zu belegen als solchen ver mocht e er nicht aus der Z au b er ­
literatur. Auch erinnerte er an die Spielerei der Tafel 49 mit
den B uc hs t ab en des Wortes, das in dieser F or m freilich einen
„ E y l a m ö s “ s t a t t des „ E y l a m ö n “ v or au sse tzt ; das Spiegelbild
des Wo rts ergibt söma lye: „löse den K ö r p e r “ (des Gegners);
d ah i nt er s teht Z. 45: „ ka i t h (a n a t ö s o n ) “ „ u n d t öt e i h n “ . Diese
Va ri an te fehlt aber in der k ar tha gi sc hen Tafel A u d o l l . 243.
Ihrem Verfasser scheint diese Fas sung u n b e k a n n t geblieben zu
sein; er h ä t t e sie sonst gewiß auch a ng e b r a c h t ; d enn er wün s ch t
seinem Gegner ni ch ts Freundliches. Viermal erwähnen den
Eu l am on die Z a u b e r p a p y r i : P I II 57 n e nn t Eulamosi nach der
Chychb ac h-Grup pe in einem Unt erwerfungszauber, der sich an
dieser Stelle auf Osiris bezieht. P V I I 401 r uf t Eul amo an in
einer Formel, die ebenfalls B ac h y c h e nt h äl t u nd zugleich Bain-
chöööch un d Semesilam, also Li cht got thei ten, anr uft . Hier
ha nd e lt es sich u m eine U nt er jo chu ng spr ak ti k, die auf eine Blei­
tafel zu schreiben ist. So gibt auch P IX das Rezept zu einem
Bleitafel-Unterwerfungszauber, der die C hychbac h-Gruppe u nd
Bainchoööch verwendet . Hier s teht Z. 9: E u l a m ö s i s i r . . . wo
unsicher ist, wie das W o r te n de abzugrenzen ist; Eulamo, Eula-
mös und Eulamosi wäre möglich. Im Liebeszauber P X V I 18
fehlt die sonst übliche Um ge bu n g des Eu l am on ; das W o r t ist
l ückenhaft überliefert: E u l ( a m ) ö . . . . [Pap. Louvre 3378].
Die Zaubert afel n wechseln in der F o r m: Nr. 252 AUD.
schreibt den Eul amo breit in die zweiterste und vorl et zte Zeile
zus amme n mi t Erekisi pht he, J ö e r b e t h u. a. Sechs Va ri an ten
werden her gestellt: Eyl amö, ylamöe, l amöey usw., doch „söma-

1 a v fc o n a x o i : die beiden ersten Buchstaben bei Audollent als zweifelhaft


bezeichnet. Tyson schreibt der Verf. von Aud. 188, 3 für Typhon.
2 Besprechung von A u d o l l e n t s Buch, Berl. phil. W och. 2 5 ,1 9 0 5 ,1 0 8 0 .
3*
— 36 —

l ye“ fehlt, weil ja der Gr un df o rm das s am En de fehlt. Ähnliches


gilt für Tafel 49 bei WÜNSCH, die auch sonst aus der Typenrei he
der römischen P l a t t e n herausfällt; sie zeigt die F or m soma lye;
scheinbar h a t allein dieser Magier die Möglichkeit, durch Vari a­
t ionen „ S i n n “ in das W o r t zu bringen, gesehen1; die Erscheinung
ist in den uns b e k a nn t en Beispielen singulär. WÜNSCH verall­
gemei nert dagegen diese Ei nzel- Kennt ni s und mei nt : durch U m ­
drehen der ursprüngl ichen Buchs tabenf ol ge lye sörna sei Ey-
lamös e nt s tand en. Ich glaube, nach analogen Fällen aus dem
Gebiete der Zauberwort e, eher, Eiulamo(n) oder Eul amos wa r die
primäre, soma lye, die sinnfällige, spielerisch abgeleitete Form
Man k e n n t aus den Ephesia G r a m m a t a andere Beispiele solcher
Scherze durch syst emat ische und willkürliche Umst el lungen der
Originalworte.
A. DIETERICH dachte (bei WÜNSCH S. 84, 2) an die Wurzel,
die auch dem Gespenst Lami a zu Grunde liegt, an „ l a m “ , und
so wäre Eu l am on einer der „verschl ingenden U nt er w e l t s d ä mo n e n “ .
Diese D e ut un g scheint zunächst e i n zu l e uc ht e n: der „ g u t P a c k e n d e “ ,
„ g u t F ass end e“ , mag wohl Sinn h ab e n auf diesen Tafeln. Fast
alle Figuren der Zauberbi lder werden irgendwie in den Text en
e r wä hn t : Osiris auf dem Sarg, das Ha uptbi ld, der Dä mon mit
Tierkopf, die Beisitzer, die Charaktere, die 7 Vokale, die Ver­
fluchten. Nicht ge na n nt werden allein die Schlangen, die sich
einzeln oder paarweise um Mumi en kö rper wi nden; sollte nicht
in ihnen der E u l am o n zu suchen s e i n ? Die Ha lt un g, in der sie
sich um den Ge ba nnt en wickeln, ist u n v e r k e n n b a r die des F e s t­
h al t ens : „ E u l a m o n , h a l t fe s t“ . Aber freilich ni ch t auf allen
Tafeln, die Eu l am on n e nn e n, , f i nd et sich auch die Schlange. So
f e hl t sie in Nr. 20, wä hr en d „ E u l a m o n , hal t f e s t “ wie üblich den
Ei ng an g des Textes bildet.
Vielleicht bleibt noch eine andere Möglichkeit. Die regel­
mäßi ge Verbi ndung der Anfangs gruppe: „ E u l a m o n , hal t fest,
Osiris, Osiris, Apis, Osiris, M ne up h re “ legt die A n n a hm e nah,
daß wie Apis und Mneuphre mi t Osiris, so auch Eul amo und
Osiris identisch sind, wie schon WÜNSCH vorschlug. Das W o r t
Eu l am on oder Eul amos h a t als Ke rn den S t a m m ,,larn“ , der
auch sonst in N ame n wiederkehrt, die L i cht dämo nen bezeichnen.
So in Semesilam, Lai lam2; deutlicher noch in den zahlreichen
1 Der Verfasser von Taf. 34 (W ünsch) spielt m it Akrostichon: E v la /iw v
T'/Mftcove Aaucorev USW.
2 Vgl. Lamanthathre P IV 1184, Lamasir IV 864, Lamarmera V 15. Auch
Darda-lam P V III 82 bezeichnet den Sonnengott, der kurz vorher Lampsouer
(sonst Lampsou-Re) heißt; vgl. S, 62.
— 37 —

Va ri an ten von Lamps — , bei denen es sich überall u m Sonnen-


und Lichtgeister handelt . Ihnen würd e sich E u l am o n als der
Schön- oder Stark leuc ht end e, als Osiris selbst gu t beigesellen.
Diese Er kl är ungs vers uc he bezwecken, dem Sinn n ähe r zu
kommen , den der Magier dem Eu lamon -Ge spens t u nt erl egte
(falls er sich ü b e r h a u p t eine b es t im mt e Vorstellung von Gestalt
und N a me n mache n k on nt e un d wollte). Denn von der u r s p r ü n g ­
lichen B e d e ut u n g des Dämons besaß er schwerlich noch ein
Wissen: R. GANSCHINIETZ1 h a t einleuchtend das W o r t Eul amo
auf das assyrische ul lamu „e wi g“ z ur ückgef ührt und d a m i t
unsere Ke n nt ni s von Spuren dieses östlichen Ku l tu r- und S p r ac h ­
gebietes in der griechisch-ägyptischen Z a u b e r l i t e r a t u r wertvoll
bereichert.
Die Aus fü hr u ng des Zaubers im Ganzen, gewissermaßen
die Oberaufsicht, liegt d e m na c h offenbar in der Mac ht des S on n en ­
gottes Eulamo-Osiris; die Vollführung des Fluches im E i n ­
zelnen bleibt den niederen Dä mon en überlassen, dem Pfer de­
köpfigen — falls er n icht doch Anubis ist — un d seinen zwei
Beisitzern, der Phrygi a, den N y m p h e n und der Aidonaia.
So be r üh re n sich die Zau be rt af el n in ihrer Praxi s eng mi t
den ni cht seltenen, oben schon e r wähn ten Reze pt en der P apyri ,
die einen Unt er wer f un gs zau be r zum Inhalt un d den Licht- oder
S t e r n dä m on Bachyc h — Chychba: S te r n 2 — z um angerufenen
u nd au sf ü hr en de n Go tt haben.
Nach allem dem s t e h t zu befürchten, daß eine Suche nach
dem kopflosen oder geköpften Set h-Typ ho n, wie ihn D e l a t t e
auf jener at hen is chen Ge mme fand, in diesen Tafeln sich als
fruchtlos erweisen dü rf te — wenn der Nachweis, es han dl e sich
in ihnen ni cht u m D ok um en t e einer sethianischen Gn os ti ker­
sekte, als e r b r ac h t a n e r k a n n t wird.
1 Arch. f. Rel. Wiss. 17, 1914, 343 f. ^Unhaltbar istfM oisE S c h w a b s
Erklärung (Vocabul. de I’Angelologie, Mem. Äcad. Inscr. 10, 1897, 399), der
an hebr. c!?iy ‘U nivers,’ ‘D ien’, denkt. Als harmlose Verirrung mag das
Kuriosum von Passeri gelten: evlavco bene fruor (bei S c h w a b ) .
2 So die übliche Ableitung von 2 3 1 3 . Es scheint mir aber nicht erwiesen,
daß die Grundform so gelautet hat oder ob nicht die häufige Form xvxßa 'Kv '/,
oder ßa'/fixvy, das Ursprüngliche war (s. A iid o ll. 250 A 1 ZJa/a/u/, qui es in
Egipto magnus demon). Es gibt unter den ägyptischen Dekanen ( B u d g e ,
The Gods II 304— 308) einen Khukhu (K opt. und einen Baba (K opt.
'/„v). Der erste wird abgebildet als Anubis m it langem Stab in der Barke
stehend, zwei Köpfe steuern und rudern. Über Anubis ein Stern. D ie Ver­
bindung beider Namen könnte auch zu den Formen Chychbachych u. ä. ge­
führt haben. Um einen Lichtdämon oder einen m it ihm zusammenhängenden
handelt es sich in jedem Fall der Erklärung.
— 38 —

Eine P rü fu n g der Bilder und Tex te bleibt aber doch nicht


völlig ergebnislos. Denn Tafel 29 zeigt auf dem unt eren Teil
des Bildes eine auffallende Szene. Sie illustriert drastisch die
Te x t wo r t e an die Dä mo n en : „ B i n d e t den Artemios und ma ch t
ihn kopflos, fußlos, kraft los“ . Ähnliche Befehle werden, auch
gegen mehre re Personen, T. 2 7 , 3 2 ; 2 8 , 7 ; 3 8 , 8 ; 30, 19, 31 er­
teilt. Den unseligen Verfl ucht en zeigt das Bild m it ten im Akt
seiner Vernichtung. Zwei Dä mo ne n — der links st ehende mit
Vogelkopf1 — schlingen eine lange Ke t t e um die Gestalt des
Artemios, dem schon K op f2 und F üß e fehlen. W e n n nun die
Na me n der Li c ht g o t t he i t Ch ychbachych um diese Geister ge­
schrieben sind, wird m an sie n i ch t als sethianische Diener, sondern
als die des Sonnengot tes bezeichnen; Osiris ist ja auch U n t e r ­
weltsgott.
Und h i e r ver d ie n t auch jene at ti sche R a c h e p up pe aus dem
3. vorchristl. J a h r h . ihren Platz, die R. WÜNSCH (Philol. 61,
1902, 26— 31) beschrieben und abgebildet h a t (S. 27): die Blei­
figur eines Jünglings, die an Brust, Arme n und Beinen Fesseln
zeigt und des Kopfes durch einen Messerschnitt b e r a u b t wurde.
Nägel sind in Br us t und Unterleib eingeschlagen. Hier liegt
ein S y mp a t h ie z a u b e r vor, der sich gegen das Leben des Verfluchten
r icht et : das zeigt die T at sac he der gewaltsamen T r e n nu n g von
Kopf und Körper.
Diese kopflosen Figuren haben zwar nichts mit dem kopf­
losen Seth gemein, aber sie k önnen wieder zeigen, wie geläufig
jenen Kreisen die Vorstellung des durch E n t h a u p t u n g v er ­
ni ch tet en Menschen und d a m i t auch kopflosen Dämons war.
D em Bilde auf der Gemme DELATTES scheint sich eher
Tafel 49 aus Villa Al dobrandini zu nähern. Sie unt erschei det
sich in T e x t und Illustration s t a r k von den übrigen und h a t
in der Aus fü hr u ng der Zaube rwort figur en Ähnlichkeit mit AlJD.

1 W ü nsch denkt an einen Raben als Tier des Seth, den er in dem Dämon
selbst sieht. A d. J a c o b v erinnert mich an den Dämon Ornias bei F r . P radki,,
Griechische. . . Gebete (R el. Vers. u. Vorarb. 4, 2) 1907 S. 20, 95 (Orneas),
der auch als Ornai, Oman und Orniel begegnet {Catal. codd. astrol. 8 ,2 S. 15. 36;
17. 26; 39. 11).
2 'Schwach an K o p f übersetzt W . C küxert, Passows Wörterbuch d.
griech. Sprache Sp. 201, 69. Das Bild zeigt, wie wörtlich der Verfluchende
seinen Wunsch auffaßte. Erst das Mittelalter gab den geistig Kopflosen,den
Irren und Schwachsinnigen, eine akephale, enthauptete Patronin, die irische
Prinzessin Dvmphne (11. Jh.) in der flämischen Kirche von Gheel, ihrem K u ltort.
— 39 —

243. In der oberen linken E c k e ' e i n Tierkopf, umgeben von sechs


züngelnden Schlangen. Rechts davo n das Untergestell einer
b an d um wu n d e n e n Mumie, vor ihr eine Schlange. U n t er dem
Tierkopf eine zweite unförmliche Mumie, dane ben : ,,hal t fest,
E u l a m o n “ . Recht s u n t en wieder ein Tierkopf auf einer drei­
eckigen, tri cht er förmi gen Basis, deren Spitze sich nach u nt en
k eh rt , u nd die nach oben von einem m i t Kreuzlinien d ur c h­
zogenen Band abgeschlossen ist. Nach WÜNSCHS Auffassung
sollen die Tierköpfe wieder Eselsköpfe des Seth bedeuten. Aber
auch hier fi ndet sich keine A nd e u t u n g im Text , die auf diesen
Gott führ te. Die Form „ S i t h “ in den Zauberwort en . . atO-
und Mdifr, yuöijß-, gehört — vgl. ob. S. 24, 5 — der Vox magica
„ E r e k i s i t h p h e “ an, dte als Teil eines ganzen Zauberlogos in
dieser Li t e r a t ur wohl b e k a n n t ist. Der T e x t auf Tafel 49 ve r­
langt von den „heiligen Engeln und heiligen N a m e n “ , einen
Jock ey Eucherios und alle seine Pferde zu bi nden u n d ver ni ch ­
ten. So halte ich den Mumienfuß oben in d e r rechten Ecke für
den von einer Schlange angegriffenen Eucherios und die beiden
Tierköpfe für die seiner Pferde, die von den Dämonen g eb an nt
und schon körper- und fußlos ge ma c ht sind; die zweite Mumie
dürfte als die des Osiris gelten, umgeben von Abwa ndl ung s­
formen des Na me ns Eulamo.
Auf die B a n nu ng der Rosse weisen einmal die Schlangen
hin und d a nn wohl das mi t Kreuzlinien durchzogene Band u n t e r ­
hal b des zweiten Pferdekopfes. Diese Figur ist es, die W ÜNSCH
(s. ob. S. 39) für einen Seth „ a u f dem K r u g “ (Ephydr ias ) gehalten
h a t 1. Er mag mi t seiner D e u tu n g des Gefäßes das Richtige t r e f ­
fen. W e n n ich a uc h den Ti erkopf für den eines Pferdes und
nicht des Seth-Esels bet ra cht e, die Basis wird ein Behältnis sein.
Die Ve rfl uchung fand sich in einer A mp h or a , die noch die Asche
eines v e r b r a n n t e n Tot en enthielt, in ihr lag die Bleitafel. Der
Aschenkrug stellte dem Magier die Ve rb i nd u ng mi t der U n t e r ­
welt oder sie selbst dar . So k a n n er auch das zu v er nicht ende
Pferd des Gegners auf oder in die To t en ur ne st ecken: sie wird
es vernicht en, wie es im Befehl des Text es h ei ß t: „ B i nd et , fes-

1 Unter dem dreieckigen Untersatz befindet sich in W ünschs Skizze


noch eine weitere Figur, die vom Zeichner m it einfachen Linien schraffiert
eine Hydria darstellen könnte. Auf anderen Bildern bedeuten aber die so schraf­
fierten Teile einer Tafel Lücken oder Löcher der B leitafel. W ünsch scheint
nur das Dreieck unter dem „Sethkopf“ als Hydria zu betrachten. Eine Ent­
scheidung ist erst nach Neuvergleichung des Stücks möglich.
— 40 —

seit, hindert, p a c kt wie Schl angen1, werft nieder, schä di gt 5,vernich­


tet, t öt et , ze rs ch met t er t den Eucherios, den Jockey, und seine
gesamten Pf er de“ . Die bindende, b anne nde Kr a ft der Am ph or a
können die gekreuzt en Linien a n d e ut en . Wenn sich ni cht in
dem mystischen Dreieck eher ein anderes I n st r u m en t verbirgt.
Es gleicht nämlich in der Aus fü h ru n g d urc h au s den Keilen, die
im Kopf des geb a nn te n J ocke ys der Tafel 11 sitzen, besonders
dem genau gezeichneten auf der linken Seite. Diese Keile müssen
wie Nägel die Defixio bewirken: so k ön nt e auch der primitive
Zeichner des Bildes von Tafel 49 unt er dem Pferdekopf den
b an n en de n, festnagelnden Keil symbolisch an g eb ra c ht h a b e n . . .
Das gleiche Mumi enband wie das dieser Basis begegnet auch
s onst in den Bleitafeln: so auf dem t ypi schen Bild der Tafel 16.
Da ist Osiris auf dem Sarg, wie ihn WÜNSCH g en a n n t hat . Der
Oberkörper des Got tes ist mit Strichen kreuzweise bedeckt.
Die rechteckige Sargseite ebenso, nu r befindet sich in jedem
Rhomboid, das die Kreuzlinien bilden, ein P u n k t, der im ä h n ­
lichen Fall der Tafel 20 B fehlt. Ich sehe in diesen P u n k t e n die
Köpfe von eingeschlagenen Nägeln. Der Unt er sat z des Sarges,
die Rolle, ist wieder mit Kreuzst ri chen versehen so gut wie die
Pe it s ch e des Tierköpfigen, wie die Basis der beiden Beisitzer,
wie die Mumie und der Unt er sat z des g eb an nt en und von zwei
Schlangen u mwu nd en e n Verfluchten. Mit Bän der n und Stricken
sind auch die gefesselten Jockeys der Tafel 20 A B durchzogen
an Oberkörper und Knieen. Die Dämonen t ragen die Bänder
als Zeichen ihrer Gewalt und Fähigkeit, zu binden und banne n,
die Verfluchten als Beweis vollzogener Bi ndung und Bannung.
Den gleichen Zweck des Bindens und Fesselns, haben, glaube
ich, die häufigen Striche, die mit einem kleinen Kreis endigen.
Sie gleichen Stecknadeln oder Nägeln, und das mögen sie auch
sein. An beiden oberen Ecken des Osiriskastens stecken zwei
von ihnen, schräg eingeführt — die ganze Seite ist übernagelt.
Vier haften, in WÜNSCHS Zeichnung or na me nt al gebogen, im
Kopfe des Osiris; WÜNSCH dachte an eine Art göttlichen Kopf-

1 So möchte ich m it Hinblick auf die Schlangen am oberen Pferdekopf


das Wort d y.ortiaats Z. 54 deuten, d-xovtidg ist eine schnell zufahrende
Schlange (iaculus), axovri^eiv kann wohl bedeuten: wie diese Schlangen auf den
Feind zufahren.
2 airepyr,a>;Te von W ü n s c h nach Tafel 16,18 wohl richtig ergänzt. Dort
erklärt er, das Wort o w t^ y tiv bedeute: ,,bei der Ausübung des Zaubers
m ithelfen“ , also „schaden* . Ich denke an o w e o yä v m it der Bedeutung von
avff^ydtco& ai, oft gleich „schaden“ .
— 41 —

schmucks. Doch vergleiche i c h ' a u c h mi t i hnen jene drei Keile-


im Kopf des Pferdelenkers auf Tafel 11: sie sollen doch wohl
festnageln, eine bildliche Defixio. Solche Nägel sitzen auch in
Kopf un d Schultern der von einer züngelnden Schlange u m ­
w u n d e ne n Gest alt der Verflachungstafel, die R. WÜNSCH in
den Deisidaimoniaka A R W 12, 1909 Nr. 3 S. 41— 45 v er öffent ­
licht hat. Nu r sind es hier (Abb. 3) acht, auf den römischen P l a t t e n
n u r sechs. S t a t t der zwei, die dort in den oberen Wi nkel n
der Basis des Sarkophags sitzen, ragen vier aus den Schul tern
des Gebannt en, in dem WÜNSCH auch eine Osirismumie mit
s t a r k stilisiertem Ko pf pu t z sieht. Das Gestell fehlt, der Körper
der Figur ist wie bei den
„ s et hi ani sc he n“ Tafeln von einem
Netz gekreuzter B ä nd er bedeckt.
Solche Nägel liegen auch auf der
Br us t des t ierköpfigen Dämons c(_£
der römischen D o k u m e n t e ; sie
umgeben seine F ü ße ; sie bilden (\jwiut6fc
Zauberzeichen, die WÜNSCH in 0^
ihrer St ernform als Stern des <3 ^ N o f o
Osiris und (Arch. Rel. Wiss. 12,
1909 S. 39) als Anspielung auf
das K e rn wo rt der Bachych- h pht*'
W o r tg r up p e, Chychba (hebr. <xta.i
Stern), deu ten wollte1. Weil ein
solcher Nagelstern u nt er der Ahb‘ 3. Zaubertafel aus « . W Ü NSCH S Besitz.
Mumie von Tafel 16 st eht , hielt er sie für die göttliche des Osiris.
Ich denke eher: der aus Nägeln zus ammenges et zt e S tern zu
F üß en der Mumie des Verfluchten, den zwei Schlangen u m ­
schlingen, b ede ut et seine vollzogene Defixio, so auch Tafel 17 C.
So bieten auch die Zaubert afel n keinen akephalen G o tt.
D ie Pferdeköpfe des Al dobrandini st ücks wären als B e le g für
den geköpften Set h der athenischen G em m e DELATTES in Be­
t r a c h t g e k o m m e n , h ä t t e sich WÜNSCHS Ansicht als richtig be­
währt. Und d a mi t we ndet sich die weitere Un te r su ch un g des
kopflosen Dä mon s zu anderen D ok um en t en , d ie d en Akephalos
zweifelsfrei beweisen.

1 Dazu s. ob. S. 37.


— 42 —

Der kopflose Gott auf Zauberpapyri.


Diese Zeugnisse finden sich in den hellenistisch-ägyptischen
Zaub erpapv ri , diesem Sammel becken aller nur d enkbaren
fur ch tb are n Dämonen und Mischgottheiten.
D ie A n r u fu n g d e s akephal en Gottes wird in P. V Z. 96 ff.
m it ein em R ez ep t gegen Besessenheit v er bund en. Ein Gebet, das
eine M enge v o n Dämonen in einem At em zu Hilfe ruft. Ägyp­
tisc h e und hebräische El ement e vermischen sich hier vor allem.
V ie lle ic h t ist schon der Verfasser des Zaubers eine Konzession
an b eid e: J eu n en nt er sich, also wohl hebräisch, und Hiero­
glyphenschreiber, Zographos, scheint er zu sein. Seine „ S t e l e “ ,
als Exorzismus über den dämonisch Besessenen zu sprechen,
la u te t:
Dich rufe ich, den Kopflosen1
den Gründer Himmels und der Erden,
den Gründer von Tag und Nacht,
den Gründer von Licht und Finsternis.
Du bist der gute Osiris, den keiner je gesehen,
Du bist J ab as , du bist Japös,
Du hast Recht und Unrecht geschieden,
Du h as t geschaffen Weib und Mann,
Du hast gezeigt S aa t u nd Frücht e,
Du hast gemacht, daß die Menschen sich lieben und hassen.
Ich bin Moses, dein P r op het , dem du deine Mysterien übergeben,
die Israel feiert,
Du h as t gezeigt F e uc ht und Trocken und alle Nahrung.
Erhöre mich. Ich bin der Engel des Phapro, der gute Osiris.
Das ist dein wa hrer Name, der den P r o p h e t e n Israels über­
liefert wurde.
Erhöre mich, A r b a t h i a ö . . . S e t h . . . Aoth, Jaö.
Erhöre mich und bann e diesen Dämon.
Ich rufe dich an, den f ur c h t b a r e n und u ns i ch tb ar e n Got t im
leeren L u f t r a u m . . .
Heiliger Kopfloser, befreie den N. N. vom Dämon, von dem er
besessen i s t . . . A d o n a i . . . Abrasax, a e o ö y.
S tarker Kopfloser, befreie den N. N. vom Dä mon, von dem er
besessen i s t , . . . J o e l . . . Abr aöt h, befreie den N. N. Aoth,
Ab aöth, Isak, S abaöt h, Jao.
1 T h eo d . S cheruaxx (Griech. Zauberpapyri, T exte u. Unters, z. Gesch.
der altchristl. Lit. 34, 2 b , 1909, 14) faßt das bildlich und übersetzt: „Ich
nenne dich ohne A nfang“ .
— 43 —

Er ist der Herr der Göt ter;


Er ist der Herr der Welt ;
Er ist es, den die Wi nde f ür c ht en ;
E r ist es, der durch Befehl seiner Sti mme alles geschaffen.
Herr, König, Herrscher, Helfer! R et t e die Seele.
. . . J a ö t . . . A b rasax . . . Adönaie. . .
Ich bin der kopflose Dämon, der an den F üßen das Gesicht h at ,
Ich bin der Starke, der das ewige Feuer hält.
Ich bin die W a h r h e i t 1;
Ich bin, der es hasset, daß Un re ch t geschieht in der We lt ;
Ich bin, der blitzt und d on ne r t;
Ich bin, dessen Schweiß der Regen ist, der auf die Erde fällt,
d a m i t er sie bef rucht e;
Ich bin, der zeugt und v er ni ch tet ;
Ich bin die Gn a de 2 der Ewigkeit;
Mein Name ist ein Herz, - umschlungen von der Schlange.
K om m her aus und folge! ,
Die ganze An ruf un g zeigt ein deutliches Ne benei nande r
ägyptisch-griechischer und jüdischer El emente. Man sieht, wie
der Komp il at or gearbei tet h at . Die äg yp ti sche n Teile mag er
aus einem religiösen Buch g enommen h ab e n und in sie legte er
seine jüdischen ein, die mi t Moses, Isaks un d J ah we h s Na me n
operieren.
Der kopflose Got t aber ist hier kein anderer als Osiris; wird
er doch selbst bezeichnet als Osoronöphris, der Gute Osiris.
F as t alle P räd ik at e, die ihm die Anr uf un gen zulegen, treffen
auf Osiris zu. Und dieser Go t t k a n n auch wohl als Akephal os
erscheinen: sein von Seth ab gehauenes H a u p t s ch wa mm lange
im Meer, bis es bei Byblos l andete, wo es Isis f and. Man h a t
auch sonst Osiris kopflos dargest el lt: auf einem S a rk op ha g von
Kairo liegt er so als männl iche Gestalt (s. Taf. II 2), aus deren
e rekt em Glied der Samen in großem Bogen s pringt: „symbol e
réaliste de la bénédiction du dieu, qui se ré pa nd sur ses fidèles“
(DELATTE 234). Hi nt er und vor ihm Isis und Neph thy s, die
i hn wiederbeleben. Vgl. dazu S. 51.
Daß in einer der Anruf ungs rei hen des P V auch Seth be­
gegnen soll, l äßt aufhorchen. Ist er doch der grimmigste Feind

1 Die Stelle veranlaßt Js. Lb v y , D ivinités égyptiennes chez les grecs et


les sém ites (Cinquantenaire de l’école prat. des hautes études, P ar.1921 S. 27 6 ,1 )
zur Annahme, die Darstellung des kopflosen Gottes sei unmittelbar von der
kopflosen Göttin der W ahrheit und Gerechtigkeit, Met, beeinflußt.
2 la g t; P Id t o K DIETERICH, Xd o ts GOODWIN, REITZE N'STEIN.
- 44 —

des Osiris. Und gerade sein Name soll auch ihm verliehen w e r d e n ?
Zu nä c hs t m öcht e m an v er mu te n, der Passus sei durch einen
magischen Bearbeiter eingedrungen, der nichts mehr von all
diesen Z u s am m en hä n ge n v e r st an d . Hier würde es sich um eine
jüdische Part i e h and el n: der wa h re Osiris-Name, der Israels
P r oph et en überliefert wurde, s teht kurz zuvor da, und die An­
ruf ung: „ A r ba t hi a ö Rei bet at hel eberset h a r a b l a t h a . . . 1b Aöth
J a o “ weist gleichfalls auf hebräische Einsprengsel hin. D e l a t t e
schält aus den W or t e n ein selbständiges Seth heraus, während
der griechische T e x t des P a p y r u s diese T r e n nu ng nicht vor-
n immt . Es scheint mir unwahrscheinlich, daß der Magier gerade
diesen Na me n so ver st eck t u n te r sonst u n b ek a n nt e Wo r te ge­
s etzt h ä t te , m i t n u r einmaligem Vorkommen, wenn sich die A n ­
r uf u ng auf diesen Got t beziehen sollte. Doch wird man die
Stelle ni cht u n b e a c h t e t lassen dürfen, weil kurz nachher Osiris
als der „ f u r c h t b a r e und u n s ic ht b ar e Go tt im L u f t r a u m “ a n ­
gerufen wird. So hei ßt t at sächli ch auch T yp ho n in P X I I I I ,
15 und X I V (s. S. 21 f.). Aber diese Bezeichnung wi der spri cht
den Eigenschaften des Sonnengottes n i c h t : so k a nn er wie auch
sein Überwinder T y p h o n heißen, der die „obere H e r rr sc h af t “
au sich gerissen h a t . Ich bezweifle aber stark, d aß man hier
das W o r t seth in sel bst ändi ger B ed eu t un g aus seiner Umgebung
loszulösen berecht igt ist: es bildet n ur ein e der za h lr eic h e n Zu-
sammens et zungs formen des Zauberwort es „ B e r 1. . . 1 inmitten
hebräischer Umgebung. Ein Synkret is mus Seth-Osiris, wie ihn
DELATTE hersteilen möchte, liegt schwerlich v o r. Der akephale
Go t t ist in P V n ur Osiris.
In einer „ T r a u m f o r d e r u n g an Besas“ , die zwei Papyri ,
P V I I 222 ff. u nd V I I I 64 ff. erhalten haben, begegnet der kopf­
lose Go t t wieder. D e l a t t e h a t ihn hier m it Bes gleichgesetzt.
Bes ist der richtige Übelabwehrer. ln jeder Linie seiner
v er zer rt en Zwergengestalt v e r r ä t sich der Zweck seiner Exi st enz
im Gl auben der Volksmassen, nicht der offiziellen Religion. Er
ver sch eu cht allein durch seine Erscheinung die bösen Dä mo n en :
klein, höckerig, obszön kaue rn d auf seinem s t ar k bet ont en Ge­
säß mi t dem Löwenschweif, auf seinen Säbelbeinen. Halslos
sitzt der häßliche Kopf auf dickem R u m p f ; die Schlitzaugen
blicken schief: er ist „ a m b l y ö p o s “ , trief- oder blödäugig; s t ump f
die Nase, aufgerissen das Maul mi t he r au sh än ge nde r Zunge über

1 ß e o ß a / j, ßtoße/.ojy, ß e o ß io o y ik a to v o , ß e o ß ^ o i, ßao id 'e v, ßeoL>aü'orl, ßeod'ivr/^


ß z q ia u ß a , ß e o ta i, ß io o o O ', ßeococoviaoco .
45 —

■dem B a c ke n ba rt , und die Ohren hab e n die Schreckgestalt vom


Löwen. Den Schädel ziert ein Feder kopfput z, die Recht e schwingt
■eine Waffe, Schwert oder auch L ä r mi n st ru me nt e, die Geister
zu verjagen.
In der „ T r a u m f o r d e r u n g “ wird sein Bild beschrieben, wie
es der Z au be r nd e auf die linke Ha nd malen soll: ein nac kt er
Mann, auf recht stehend, m i t einer Krone auf dem Kopf, in der
Recht en ein Schwert, das schräg ans Gesicht läuft, in der Linken
einen Stab. So ist auch dem Rezepte des P V I I I eine Skizze
heigegeben (s. Taf. II 2), die Bes allerdings nicht völlig nackt,
sondern m i t Lendenschurz bekleidet, un d ni cht häßlich und
verwachsen, wie ihn die T e r r a k o t t e n bieten, sondern als Nor ma l ­
g es t a l t zeigt. Der Bes-Typ an sich aber ist festgehal ten: oft
begegnet er so als s chüt zender Kriegsmann.
F R . B o l l h a t 1 in der Figur des P V I I I das Bild des Orion­
Osiris gesehen, wie ihn Vett ius Valens als S te rn beschreibt: in
der Recht en z üc kt er ein Schwert, in der Linken häl t er das sogen.
Kerykion, das Zepter, bekleidet ist er bis zur Mitte des Körpers
(BOLL, S ph ae r a 167). Mag diese Beschreibung aber auch auf
das Sternbild des Orion-Osiris zutreffen, der P ap. sagt a u s dr ü ck ­
lich: „zeichne so den Bes“ . . . H ä t t e die Zeichnung dagegen
Osiris vorstellen sollen, d a n n wäre für den vorhe rgehe nden Te xt
doch wohl n u r ein kopfloser D ä mo n in B et r a c h t gekommen.
Die zweifellos bessere, zuverlässigere Überlieferung dieses
Zaubers, der v on Bes ein T r a umo r ak el zu erreichen sucht , gibt
P V II I . Nach der Beschreibung des Tintenstoffes, den man
zum Schreiben nötig ha t, ver la ng t er: „Seine (des Bes) H e r a u s ­
for derung sprich zur u nt er ge he nde n S onne“ . Und d ar au f folgt
ein H ym no s an Helios, der bei seiner A n k u n f t am Ort der To ten
aus dem E rd i nn er n den zuverlässig weissagenden, heiligen Dämon,
also doch wohl Bes, h er aussenden soll. Weitere Ang aben be­
ziehen sich auf das persönliche Erscheinen des Orakelgottes;
d af ür ist wieder eine Anr uf u ng erforderlich; sie zitiert Z. 91— 103
den „kopflosen Gott, der neben den F ü ß en das Gesicht hat,
der bli tzt und donn er t:
Du bist es, dessen Mund ewig voll Feuers ist, der über die
Not wendigkeit gesetzt i s t , . . . Jaö, S abaöt h, Adonai, Zabar-
bathiaö.
Du bist es, der auf dem Myr rhe ns ar g liegt, der als Ko pf­
polster H a r z und Er dp e ch h at , den sie n ennen An ou th, An out h.

1 Philologus 66 (N. F. 20), 1907 , 4 3.


46

Steh auf, Dä mon ; du tiist kein Dä mon, sondern das Blut


der zwei Sperber, die am Kopfe des Osiris sprechen und wa chen;
du bist der weissagende G o t t “ . . .
Die erste Fassung, P VII , ver zi cht et ganz auf den H y m n u s
an Helios, gibt etliche Anga ben für die P r a k t i k und ihre A n ­
rufung in P V I I I anders u nd unri cht ig wieder: nach ihr h a t der
Kopflose einmal (Z. 234) sein Gesicht auf den Füßen, d an n
(Z. 244) Kopf und Sehvermögen an oder in i hnen; sie spricht
v o n „zwölf“ Sperbern, die am H a u p t des „ U r a n o s “ reden, und
sie fügt ein: „Er we c ke deine nächtliche Gestalt, in der du alles
k ü nd e s t ; du bist der kopflose Gott, der in den F üß en h a t Kopf
und Sehvermögen, der blödsichtige Besas“ . Diese Fas sung des
P V I I bezieht also offenkundig die ganze An ru f un g des Ake-
phalos auf Bes. So wäre dieser Dä mon doch auch
als kopflos gedacht gewesen?
Das angekündigt e Bild des Gottes fehlt; aber
es ist gewiß nicht a nz unehmen, daß es den Kop f­
losen dargestellt hät t e. Es war ohne Zweifel kein
anderes als das des Bes von P V I I I . Die Vorstellung
des Bes als eines kopflosen Dämons wi derspricht
anderer, sicherer Überlieferung. Zwar h a t D e l a t t e
(Fig. 10 S. 239) gemeint, mi t der Figur eines Bes
aus Sardinien, Museum zu Cagliari, aushelfen zu
k önnen: sie gibt einen p l ump en Dä mon wieder, der
ÜchügerBDämon Bes darstellt und seinen Kopf u nm i t t e l b a r auf dem
ai]S cagnari. Rumpf, ohne v er bi nd en den Hals, sitzen h a t .
DELATTE n e n n t ihn „acéphale (st ét hocéphal e)“ ,
wobei freilich n u r die zweite Bezeichnung s t i m m t 1; d en n der
Gott verfügt ohne Zweifel über einen Kopf, der mi t drei h o c h­
ragenden Federn ges ch müc kt ist: nu r sitzt er an der Stelle des
Oberleibes; und die Arme wachsen gewissermaßen aus den Ohren.
Auch TH. HO PFNER schließt sich DELATTES Ansicht an. Dami t
ist aber noch ni cht die Angabe erklärt, Bes habe den Kopf
neben seinen F üßen (oder an oder auf ihnen). H O PFNER, Offen­
bar un gs zau be r II S. 91, möcht e hier an al tägypt ische Sieges­
inschriften denken, die gefesselte Besiegte darstellen mi t abge­
s chni tt enen Köpfen zwischen den Füßen. Aber das h a t mit
Bes nichts zu schaffen, und auch HO PFNER gibt zu, daß wir

1 D elatte erinnert an das libysche Volk, das Herodot erwähnt (4, 191:
äKtyaj.oi, oi ti toioi o rr^io i Tois d<pd'aX[j,ovs e%ovtss) und an die Blem m yer
des Piinius und Pomponius Mela.
_ 47 —

einen Myt hus von der Köpfung dieses Dä mo ns nicht kenn en:
„ E b e n deshalb aber wird er dem durch Set h-Typ ho n zer­
s tückelten Osiris gleichgesetzt“ .
Die Ri chtigkeit dieser Gleichung bezweifle ich. Wozu h ä t t e
d a n n der Zeichner des Besbildes in P V I I I den Dä mo n mi t K o p f
versehen, wenn ihn der T e x t ausdrücklich als akephal bezei chnet ?'
Die Papy ri kennen j a Zei chnungen des kopflosen Gottes: eine
bi etet der zweite Berliner P ap yr us . Nach D e l a t t e d eu t et die
Gest alt des P V I I I mit dem s chräg gehalt enen Schwert an, daß>
sie von bevo rs te hen der E n t h a u p t u n g b e dr o ht sei; er sieht in i h r
eine Parallele zu dem Bilde der Gemme Rostowit z im A t h e n e r
N a t i o n a l m u s e u m ; s. oben S. 16. Aber in den beiden Sit uati onen
liegt k a um eine Ve rwandt schaft . Es wäre s onderbar, wü rd e ein
Wesen, das erst geköpft we rden soll, aber noch i mmer seinen
Kopf auf dem Hals t rägt , schon zu Lebzeiten als kopflos bezeich­
n et ; der im H ym no s als Akephalos angeredete D ä mo n findet
seine Illustration schwerlich in der Skizze des P V I I I . Sein
Genosse im zweiten Berliner P ap y r u s wird d or t unzweideutig
als Mann ohne Kopf abgebildet.
Doch auch ohne solchen Ei nwand sehe ich in der Gestalt
des P V I I I keinen sich b edr ohenden Gott, vielmehr einen Dämon,,
der seinen Urspr ung in einer der üblichen und l andläufigen D a r ­
stellungen des Bes1 als s chüt ze nden Kriegers finden d ü rf t e : er
h äl t das Schwert zur Abwehr; daß er es übrigens in der Zeichnung;
ni cht an den Hals u nm it tel ba r, sondern an die Schläfe f ü h r t 2,
dürfte auch gegen D e l a t t e s Int er pret at i on sprechen. Bes war
gezeichnet als Orakelgott in seiner Stellung, die t ypi sch war für
ihn als Abwe hrer von Feinden, hier von bösen Dämonen.
Wa s in der An ruf ung selbst gesagt wird, bezieht sich alles
klar und eindeutig auf Osiris; so besonders die beiden Falken,,
die am Kopfe des Osiris sprechen un d wa ch en : Isis und Neph-
t hys b e hü t en in F al kengest alt den Sarg des Osiris; dieses Bild
h ä l t eine Vignette fest im P ap. des Hun ef er 3, eine andere irrn
„ B u c h von den Dingen der U n t er we lt “ , wo die Göt ti nnen den
Got t in seiner Erscheinungsform als Skarabaeus wiederbeleben4;;

1 Vgl. F r a n z B a l l o d , Prolegomena zur Geschichte der zwerghaften


Götter in Ä gypten, D iss. Münch. 1913, Abb. 72, 73, 90, 95.
2 i;i<pos xafimfi in'i t o v i ‘gd/rjXov xeifievov P V III 107.
3 s . H o p f n e r , Off. II Abb. 8 .
4 D e l a t t e , S. 208 Fig. 4. Andere Auffassung im D em ot. mag. pap. von
London-Leiden, ed. G r i m t t h - T h o m p s o n , Kol. 9 . 10 bei H o p m e r , Off. IL
S. 127: „Ich bin einer der zwei Falken, die über Isis und Osiris w achen.“
— 48 —

in Menschengestalt sind sie abgebildet auf dem Relief eines


Sarkophags zu Kair o1: hier beleben sie, nach herrschender Au f­
fassung. mit vier anderen den kopflosen Körper des Osiris.
Schwer erklärbar scheint der schon oben be r ühr te Aus druc k
in P V I I : Kopf und Gesicht habe der kopflose Got t an seinen
Füßen. D e l a t t e d en kt dabei (S. 2 1 0 ) an Darstellungen des
Bes, die Schlangen u nd Schakalköpfe an seinen F üßen zeigen2.
Ich fürchte, diese E rk l är u ng reicht hier ni cht aus; zumal ich
ni cht glaube, daß u n t e r dem kopflosen D ä mo n Bes zu verstehen
ist. Eine Sagenversion, nach der et wa Seth dem üb er wundenen
Osiris den Kop f vor die Füße gelegt habe, bevor er den Körper
Jn ac htz ehn Teile zerstückelte, b es teht offenbar nicht aus d rü ck ­
lich. Aber diese An s ch a uu n g h ä t t e sich nach einigen Bildern,
die aus ägypt ischem Kriegswesen überliefert sind, n u r folge­
richtig herausbilden können; m an b ra uc ht
wohl gar nicht erst nach einem Mythos
zu suchen, wenn m an sich die Monu­
men te vergegenwärtigt, die B ü D G E ,
Osiris I 176— 23 0 , Kap. VI, gesammelt
h a t : sie zeigen Hin ri ch tun gs akt e, die
Könige an Gefangenen vollziehen. Die
E n t h a u p t u n g e n st ehen durchweg im
Vordergrund, und vor allem kommen
hier die zehn Geköpften ‘from the
shield of N a r m e r ’ (Brit. Mus.) in Be-
Geköpfte G efangene'aus Ä gypten. ! ^ ^ Ami e an den Leib
g e fe sse lt, u nd z w isch en den e in w ä rts g e­
z o g e n e n F ü ß en lie g en ih re K ö p fe (BUDGE I 20 1 , 2 0 3 ).
An solche Siegesinschriften, wie sie auch das Gra bmal R am s es ’
IX. in Menge besitzt, h a t wohl HOPFNER gedacht, wenn er diesen
ägypt ischen Brauch zur Er kl ä r u n g unserer Stelle beizieht und
sie über set zt : der du Kopf und Gesicht „zwi schen“ den F üß en

1 Nr. 34 647, D elatte Fig. 8; s. unt. S. 51. und Taf. I I 2.


2 Vgl. W . WEBE», D ie äg. griech.Terrakotten, Berl. 1914T extbd. Abb. 92.
DüKjcLEjt verweist bei Roscher, Lex. der M ythol. I 2, 2886, auf einen Bes
•im Brit. Mus. (nr. 1207), der ein Auge in der Hand hält. P leyte wollte es
als „linkes dem Mond identisches U ta-A uge“ deuten, während D bexlek .
iede lunare und solare Beziehung des Bes ablehnt. Im Demotischen Zauber-
pap. Kol. 4, 8 (vgl. H opfner , Off. II § 206) erscheint der Sonnengott „in
Gestalt eines Priesters . . . mit einer Schnauze an seinen Füßen.“ Gklffith
erklärt: with jackals’heads on their feet indicating wariness and swiftness (?),
und zieht zweifelnd unsere Stellen zum Vergleich bei. Eine Spur für den
kopflosen Gott scheint hier auch Ad. Jacoby, wie mir, sehr fraglich.
— 49 —

h a s t 1. Eine Darst el lung des geköpften Osiris, dessen H a u p t


zwischen oder zu seinen F üßen liegt, fand ich freilich nicht. Das
reiche Bi ldmaterial in den Werken von BUDGE über Osiris und
die ägyptischen Göt ter e nt hä lt keines, das sich für diesen Fall
v e r we rt e n ließe. Wo Osiris kopflos erscheint, so auf dem Bas­
relief des Kairener Sarkophags und auf einem ähnlichen von
Philae, wo Serget und T u a (?) den Körper m i t magischen Zere­
monien behandeln — nirgends ist das H a u p t beigefügt. Selb­
s tän di g dagegen fi ndet es sich in den zahlreichen Abbildungen
der „ K o p f b ü c h s e n “ , für die BUDGE etliche Beispiele, so ausMeroë
un d Abydos, a n f ü h r t 2. Wohl gi bt es Belege für den kopflosen
Osiris, der sein H a u p t als Sonnendiskus in den er­
hobenen Hän den hält. Denn diese Bedeut un g ha t
doch, denke ich, Osiris als T e t im Pa p y r u s von Ani:
aus dem Querbalken des Henkelkreuzes, das den
Oberleib des Gottes bildet, er heben sich die beiden
Arme; die Hä n de hal ten den Diskus (BU D GE,
Os.I 51). Ich möchte, freilich ohne Ke nn tn is des
Originals, die Vignette aus dem „ B u c h von den
Dingen der U n t e r w e l t “ , die DELATTE3 als ,,buste
de femme acéphal e” erklärt, „ s o r t a n t de la m o n ­
t agne d ’Occident et do n t les bras levés s u pp o r t e n t
le disque solaire” , zunächst auch als h a u p t t r a g e n ­
den Osiris b e t r a c h t e n 4.
Man wird aber zur E rk lär un g des Kopfes, den ^ sb'd® ni g^c“ette
der Akephalos an den F üß en haben soll, weder den der Unterwelt.
Myt h os noch den Hinweis auf E n t h a u p t e t e , denen
d e r Sieger den Kopf vor die Füße legt, nötig haben. Der alte
Bes ta tt u ng s br au c h Ägypt ens genügt wohl vollkommen zur Deu­
t u n g des Ausdrucks. Beim Akroteriasmos, der vollständigen
Zerstückelung, wurde der Kopf „ abges chni tt en gesondert aufge­
stellt oder zwischen die Beine des Toten gelegt, um ihm die
Möglichkeit zu nehmen, ihn wieder a u f z u s e t z e n F ü r Ägypten

1 Vgl. die Art von Verstümmelung, die sich in den Kyraniden findet:
die abgeschnittenen Aidoia neben die Füße gelegt; S. 51 Anm. 3.
2 Vgl. Osiris I 56 Bild 3, 4; II 76 und sonst.
3 S. 233, Fig. 9, nach J eqtjiee, Le Livre de ce qu’il y a dans l’Hadès
p. 5. Von mir nicht eingesehen.
4 In den Händen tragen spätere Heilige des Christentums ihren Kopf
nach dem Martyrium: Bilder bei A. B öckler , Das Stuttgarter Passionale
(Augsb. 1923), Abb. 4 0 ,8 5 , 102; auch im cod. Hist. f. 415 Stuttgart solche
Märtyrer.
5 A. Wie d e m a s n , Der lebende Leichnam (s. ob. S. 12, 1) S. 29.
Beihefte z. AO. 8 : P r e i s e n d a n z . 4
— 50 —

ist Osiris der P r o t o t yp des Toten, an dem die Zerstückel ung


vollzogen wurde: dar um h a t er als Akephalos das H a u p t zwischen
oder an den Füßen.
Mit dem niederen Vol ksdämon Bes h a t Osiris als Akephalos,
soviel ich sehe, nichts gemein. Der von D e l a t t e und H o p f n e r
angenommene Synkret ismus scheint mir nach den vorh and en en
Überlieferungen nicht gerechtfertigt. Ich nehme dagegen an:
der Verfasser des Besas-Zaubers in P V I I I beabsichtigte, den
weissagenden Dämon Bes, der j a in Abydos eine Ora kel st ät te
h at te, zu seinem Dienst erscheinen zu lassen. Dazu war die
Zeichnung des Gottes, wie sie die Skizze des Pap. zur Verfügung
stellte, auf eine H a n d des Agierenden zu malen. Aber zur er­
folgreichen Zitierung des Dämons bedur ft e es noch der Ver­
mi tt l un g einer höheren Macht: sie fand der Zauberer i n Helios­
Osiris. Ein s pät erer Überarbei ter und Benut zer dieses Zaubers
in P V I I br acht e Verwi rrung in die bisher klaren Verhältnisse:
weil die O r akel pr ak ti k den Na me n des Besas führte, ver quickt e
er den Dä mon mi t dem kopflosen Osiris in der Heli osanrufung
vor allem an der Stelle, die vom Gesicht des Gottes sprach:
hier fügte er den „blödsichtigen Besas“ ein. Den H ym no s ließ
er ganz aus, weil er seinen Zweck — er sprach zu deutlich von
Helios s t a t t von Bes — nicht verstand. Bes als kopfloser Gott
dürfte weder in der Zau be rl i te rat ur noch in der K u n s t v er t r e t e n
sein.
Osiris k o m m t als Akephalos bis j et zt allein in Bet racht .
Auch als kopfloser Löwe begegnet er. P IV 2132 bes chrei bt
ein „ ba nnend es Siegel“ auf einem Eisenring, dessen Bildrit zung
ihn u n t e r dieser Gestalt verlangt. Den Kopf v e r t r i t t hier ein
Isisdiadem, m i t den F üßen t r i t t der Löwe auf eine Mumi e1. Lö­
wenköpfige Darstellungen des Sonnengottes sind ni cht sel ten;
Osiris hei ßt auch in einem ägyptischen T e x t ,,Ra, der große
Löwe in seiner Scheibe“ 2.
Der Mythos vom e n t h a u p t e t e n Osiris st eck t auch gewiß
in der An ruf ung des u n ge na n nt en Sonnengottes, die P X I I 2, 1 ff.
biet et :
„D a s F euer3 kam unversehens über die größten Dämonen,
und der Himmel verschlang, ohne ihn zu kennen, den Kreis des
heiligen Skarabäus, des s ogenannten Phörei. Der Skarabäus,
der beflügelte, an Himmelshöhe st ehende Herrscher, wurde ge-

1 Vgl. A. D i e t e r i c h , Abraxas 5 3 , 1. 2 Ebenda 5 2 .


3 D e l a t t e ergänzt: des Blitzes.
— 51

köpft, zerstückelt, sein Größtes und Herrliches wurde u n b r a u c h ­


b a r 1, und den He rrn des Hi mmel s schlossen sie ein u n d ver nicht e­
t en sie“ . Der Skarabäus, der Sonnenkäfer, ist die Sonne selbst.
E r bildet das H a u p t des kopflosen Sonnenherrschers, des Kheperä,
der aufs engste mi t Osiris z us a m m e n h ä n g t (vgl. B U D G E , The
Gods 1, 357). Ein Bild des Tot enbuches gi bt ihn wieder, wie
er auf einem Thr ons tu hl sitzt, Herrs chers tab und Lebenszeichen
in den Hän den, und s t a t t des Kopfes s t eh t der heilige S kar abäus
über seinem Körpe r (B U D G E , The Gods I, 356 Taf. 8). Und
so f ä h r t Kh eperä auch in seiner Barke üb er den Hi mmelsozean:
wieder v e r t r i t t der Sonnenkäf er sein H a u p t (B U D G E , Taf. 4 S. 334).
Im „ B u c h von den Dingen der U n t e r w e l t “ sieht man den heiligen
S k a r a bä us aus dem Gewölbe der Na c ht dav onkr iechen; er wird
sich in die S onn en bar ke begeben, den t o te n Osiris wieder zu
beleben. Der Hi mmel verschlingt ihn, Seth ist hier ni cht gena nn t.
„Seines Körpers v or ne hms t er und ruhmreichs ter Teil, dessen
seine Feinde sich bedienten, ist ev ident der K o p f “ 2. Ich v er ­
m ut e eher: des Osiris wertvollster Teil ist sein befruchtendes
Geschlechtsteil, das im Myt hos ebenfalls eine große Rolle ge­
spielt hat. Ihm, scheint mir, gilt auch der Preis der weiblichen
Gestalten des Sarkophags von Kairo: sie s t a un en über die pl öt z­
lich wieder eingetretene F r u c h t b a r k e i t des Phallos, der seinen
Samen in weitem Bogen von sich g i b t 3; s. Taf. II 2.
Auf i thyphallische Darst el lungen des Osiris, die m an al l en t­
h al ben finde, weist auch Pl ut arch , de Iside et Osir. 51, hin; sie
k äm en ihm zu wegen seiner Eigenschaften als Erzeuger und
Nährer. Wie ein Gegenstück zu dieser P apyrusst el le m u t e t der
Bericht P l u t a r c h s von der Rache des Horos an Set h an, de Iside
et Osir. 55: in Kopt os zeige m a n ein Horosbild, das in einer
H a nd die Aidoia Ty p ho ns h al t e; Horos habe den Feind ni cht
ganz ver nicht et , sondern n u r seiner „ L e b en s kr a ft und S t ä r k e “
b er aubt . Und an diese Schilderung erinnert wieder eine Z a u b e r ­
p r a k t i k der s p ät en Ky ra ni den (M e l y - r u e l l e 2 , 2 6 Nr. 20):
sie v er langt einen Mann mi t abgeschni ttenen Aidoia, die ihm
zu F üß en liegen: diese Gestalt kön nt e so gu t auf einen Osiris
wie auf einen Seth zurückgehn, sucht m an schon nach ihrer
Entstehung.

1 x a te x g ijo a z o P. D lE T . D E L . x a tc y g e ifc A J o a to schreibe ich.


2 D e l a t t e S. 247; zur Lesung vgl. Anm. I.
3 Vgl. das Zitat aus D e l a t t e ob. S. 43; die übliche Erklärung der
Sarkophagszene bezieht sich auf Wiederbelebung des Osiris durch Isis und
N ephthys; s. ob. S. 43. 48.
4*
— 52 —

Zum phallischen Kopflosen des Ka ir en er Sarges gehört die


Szene des Basreliefs von Philae: sie zeigt Serget und T u a (?)
am kopflosen Leichnam des Osiris ohne Phallos. Die Belebung
des To ten scheint hier noch ni cht eingetreten zu sein: dar auf
dürf te das Fehlen des zeugerischen Gliedes hinweisen.

Der „K opflose“ im Papyrus Mimaut.


Eine noch k a um gekl ärt e und er klärt e „Bi lds zene“ illustriert
den ersten Z au be r des Pap. Mi maut . Die Überschrift zur Zweck­
b ez ei chnu ng fehlt ; n u r am Schluß h ei ß t es: „ D as ist die P r a k t i k
m i t der Ka t z e ; sie üb er tr if f t jede a n d e r e “ . Aus Bemerkungen
im T e x t gehen ihre Absichten als Schade nzaub er im Zirkus
hervor. Man f ü h r t du rc h E r t r ä n k e n den Tod des heiligen Sonnen­
tiers, einer K a t z e 1, herbei. „ V e r g ö t t e r u n g “ ist der Aus dr uc k
f ü r diese Tod es art , die in der Z a u be r l i te r at u r ni cht selten für
gewisse Tiere v e r la n gt wird. Die Pro ze d ur begleitet ein kurzes
Gebet, an die zum Go t t sich wa nde lnd e Katze gerichtet:
„ H e r zu mir in der von dir a ng e no mme nen Gestalt der
Sonne, katzengesichtiger Got t! Ni mm an die Gestalt, die von
deinen Wi der sach er n (den N. N.) m i ß h an d el t wi rd: vergilt
i hnen u nd führe mir das und das aus. Denn ich rufe dich an,
heiliger Dämon, n i mm Stä rke an u nd Kr a ft gegen meine
Feinde, weil ich dich beschwöre bei den Namen J ao , Sabaot h,
A donai... Her zu m i r , . . . katzengesichtiger Gott, und voll­
bringe das und d a s “ .
In diesen Wo r te n liegt eine falsche Beschuldigung der Feinde
des Z a u b e r n d e n : er gi bt vor, seine Gegner h ä t t e n die Katze
g e t öt et , ni cht er selbst. Solcher „ V er l e u m d u n g e n “ k ennen wir
au s dieser L i te ra tu r etliche, in denen die Anklagen noch weit
d eu tl i che r zum Au sd ru c k k o m m e n 2. „ N i c h t ich h abe dir das
u n d das g e t a n “ gibt der Zaub er er vor, „ d e r (oder die) N. N. war
es“ . Die Mar te r un g der Katze, seines heiligen Tieres, wird Osiris
zwingen, h e r u n t e r z u k o m m e n und ihr beizustehen oder ihren

1 Der Anfang des P III ist in W e s s e l y s K ollation unverständlich. Nach


ihr geht auch D e l a t t e , der in Z. 1 [htijKovQov . . [. 5IJjjoov ’Eoifj * ■ « . . . va>
liest und herstellt. Seine Verweise auf den Jesusnamen in den ZPap. fallen
hier von selbst weg, da die Zeile heißt: Xaßmv aiXJovgor ^enTioiJ^oor Eotr[i>
iti 'C]wv[ja eg To vSmg • [c]i S[e] Ttriytis, kiye . ■ .
2 S. E i t r e m , Die rituelle Jiaßolrj. Symbolae Osloenses 1924, 43— 61.
— 53 —

Tod zu rächen: ni ch t am wirklichen Tät er, sondern an den vom


A de pt en ge na n nt en Gegnern oder K on ku rr e nt en, die er durch
seinen Schade nzaube r beseitigen möchte. Auf ein sauberes
P a p y r u s s t ü c k h a t er mi t b es t i m mt e m Schreibstoff zu zeichnen:
„die Wa ge n un d die Lenker und die Wa genk ör be und die R e n n ­
p fe rd e“ . Das wird um den Kör pe r der t o t e n Ka tz e gewickelt
u nd mi t ihr begr aben u n t e r geeigneten Zeremonien. Das Grab
m i t seinem R äu ch e r a l t a r wird in einer An ru f un g besprochen:
„Vollbringe mir das und das (Einsetzen des Befehls mi t gewünsch­
t e m Inhalt). Her zu mir, du (Geist) an dieser S t ä t t e “ (oder:
,an diesem G r a b m a l “) . . . „Zögere n u n nicht, zu erscheinen und
deinen A u ft r ag zu erfüllen. Sichere mich v or den Unterirdischen,
binde den Lauf der Rosse der N. N. (Za uberwor te: Aktiöphis,
E r e s c h i g a l . . . ) , b an ne s i e . . . Ich beschwöre den Geist un d alle
Dä mo n en dieser S t ä tt e, u nd mir erfülle sich das und das, jetzt,
j etzt, schnell, schnell. Denn ich beschwöre d i c h . . . bei dem
eben vollendeten Go t t u nd bei dem großen unt eri rdi schen Got t
u nd bei deinem Na me n, vollführe das un d das. N im m das Wasser
von der E r t r ä n k u n g her u nd spreng es in der R e n n b a h n oder
wo du sonst z a u b e r s t “ .
D a n n folgt ein Gebet, das m an üb er dieses Wa ss er beim
Sprengen spri cht :
„ I c h rufe dich an, die Erzeugerin aller Menschen, die die
Glieder des Meliuchos (d. i. Osiris) zus a mm en zwa ng u nd den
Meliuchos s e l b s t . . . Ich beschwöre dich, Dä mon, der du über
diese deine S t ä t t e gesetzt bist, un d dich, den D ä mo n hier deines
Geistes. K o m m zu mir noch heut e und in dieser Stu nd e und
vollbringe mir das und das1“ .
Wi eder Zauberwort e, mei st b e k a n n t e Logoi; u n t e r ihnen
auch Sabaot h, E u l a m ö s . . . Den Schluß der Kol umne bilden
zwei pri mi ti v vorgezeichnete S ch em at a für die Schreibform der
Zaube rwort e; das erste soll herz- oder t raub enf ör mi g geschrieben
werden, d. h. m i t jeder neuen Zeile fällt zu Anfang u nd End e
der äußers te B uchs tab e weg; das zweite offenbar flügelförmig:
n u r jeweils der vordere B uch st ab e wird getilgt. Mit der neuen
Kol umne werden die Skizzen fortgesetzt. Wi ede r fi ndet sich
ein Abriß der Herz- oder Flügelform m i t einer Zauberformel
und der Anwei sung: „herzf örmig wie eine T r a u b e “ . Diese drei

1 xoivov oder uotvd. Hier hat der Zaubernde immer seine persönlichen
Wünsche und Aufträge einzusetzen, nicht aber ‘ce qu’on dit d’ordinaire: les
noms, . . . voyelles, invocations usuelles etc.“ , wie D e l a t t e S. 206,18 annim mt.
— 54 —

Zeichnungen werden wohl'die sein, die auf drei schon vorher er­
w ä h n t e Bl ät tc h en gesetzt werden sollen: es hieß, m an solle aut
dem Rücken, im Maul und in der Speiseröhre der Katze je
ein Täfelchen anbringen. Die Inschriften werden die ver gott ete
Ka t z e gegen Angriffe feindlicher Dä mo n en schützen. Auch
Göt ter ko mmen ni cht ohne Amul et e aus.
D a nn aber folgt eine Szene, die sich wohl auf jene für das
„reine P a p y r u s s t ü c k “ vorgesehene bezieht. Zu ihr gehört gewiß
die schlecht er haltene erste Zeile der neuen Kolumne, die der
Herstellung bedarf: „ a uf das B l a t t wird gesetzt der übeltuende
D ä m o n “ . Er ist unzweifelhaft e rk en nb ar in der vom Beschauer aus
rechts gesehenen Figur. Sie stellt ein tierköpfiges Bild (Taf. I II 2)
Set h -Ty p ho ns dar. Der eselsköpfige Dä mon schwingt in er­
hobener Recht en eine Peitsche. In der Linken, die er in die Hüft e
s t e m mt , h äl t er einen langen Stab, wohl die Lanze des kriegerischen
Gesellen. Bekleidet ist er mi t einem Mantel, der über den
Obe rarm herabfällt, au ße r de m einem . Leibrock bis zu den
Knieen; ein Gürtel h ä l t ihn zus amme n. Er, das übeltätige
El ement , wird gerne beigeholt, gilt es, einen Gegner zu schädigen,
zu v er nic ht en oder unschädlich zu machen.
Links v om Beschauer steht, kleiner als Seth, eine andre
Gestalt: nackt, in der erhobenen Recht en einen Stock, in der
ausgestreckten Linken einen r unde n Gegenstand h al tend, wenn
es sich dabei ni ch t einfach um die F a u st oder Handfl äche handelt .
D e l a t t e will hier eine F ra u erkennen. Offenbar v er a nl aß t en
ihn zu dieser A n n a h m e die „ c h e v a u x p e n d a n t s “ auf der Zeich­
n u ng W E SSELY S u nd die A n d e u t u n g s ta rke r Brust warzen. Aber
im Original besitzt die Figur weder hängendes H a a r noch weib­
liche Brust. Lange Ha are sind durch verdickt e Federstriche
an den Kopfumrissen angezeigt; die Brus t ist männlich, un d das
Geschlechtsteil fehlt auch sonst bei männl ichen n a c kt en Z au be r­
figuren.
Kopfzerbrechen schafft freilich der Gegenstand, der sich
u n m i t t e l b a r an das En de des Stockes anschließt u nd den die
bisherigen B e t r ac h te r des Bildes mi t i hm zur Ei nhei t verband en .
D e l a t t e bezeichnet ihn als „boîte rectangulaire s urmont ée de
trois pet it s t ri angl es “ . Da r üb er s t eh t die Ang abe: „ r ech ter
Skeletos“ 1. Das weist auf eine Mumie oder ein Geisterwesen hin.
Den Abschluß des Ganzen nach u n t e n hin bildet eine rechteckig
ausgespart e Basis von Wor te n, die aus Beinamen des S et h -T yp ho n

1 axéletos \ Se^iög.
— 55 —

best ehen ( J o Er be th , Jo P ak er b6 th , Jo Bolchöseth u. a.) und mit


dem Befehl endigen: „ T u das und d a s “ . So nd erb ar genug, daß
diese W o r t g r u p p e nicht u n t e r dem Dä mo n st eht , zu dem sie
in Wi rkl ichkeit gehört, zu Seth. S onderba r auch die Beischrift
„ r ec h t e r Skeletos“ . Man wird sich folgerichtig nach dem linken
Gegenstück umsehn. In W e s s e l y s Zeichnung, die D e l a t t e
benut zt e, s u ch t m an es vergeblich. Das Original aber, und d a ­
nach die P hotogr aphi e (auch die bei E i t r e m 1), h a t es b e w ah rt :
Spuren der Notiz „linker Skeletos“ 2 st ehen noch tatsächli ch
neben dem erhobenen rechten U nt e r a rm Seths. Ich hoffe nicht
fehlzugehen mi t der E rkl är un g: die beiden, an sich nichtssagenden
Anga ben gewinnen ü b e r h a u p t erst Sinn und Zweck als K o r r e k t u r ­
noten. Sie wollen Seth als linksseitige, die noch u n be k a n n t e
Gestalt mi t S tab und „ b o i t e “ als rechtseitige Figur (vom Be­
s chauer aus gesehen) bezeichnen. Seth un d sein Gegenstück
sollen v e r t a u s c h t werden. Mit R ec ht : Seth g e bü hr t der Platz
üb er der ihn bezeichnenden Wor tg r up p e. Ist also Gestalt und
Te xt mi te in and er zu ver binden, so wird wie Set h und die u nt er
ihm stehenden W or t e „ J ö E r b e t h “ usw. — auch für den nach
rechts gehörigen „ r e ch t en Skeletos“ ein Kom pl ex des Textes
sich heraussteilen.
F ü r ihn dürf ten die Zeilen in B e t r a c h t kommen, die j et zt
den R a u m u n t e r Seth un d der kleinen Mittelfigur einnehmen.
Hier wird, nach meiner Lesung, angerufen „die mächtige und
s tark e Tot enhül le dieses Tieres“ 3; verschiedene Got t es name n
nennen sie „Mithras, Da mn ame ne us , heiligen König, Schiffs­
m an n, der die Barke Got tes des Herrn l enk t; großen Katzen-
gesichtigen, Lenker der Barke des H e r r n “ . Das alles bezieht
sich auf den S on nengot t, der auch spät er wieder angerufen wird
m it der Bitte, die Gegner zu bestrafen, „die dein heiliges Ab ­
bild — die K a tz e — m i ß h an de l t en ; sie sind es, die die heilige
Barke m i ß ha nd el t h a b e n “ . . . In der Gestalt des „ r e ch t en Ske­
l etos“ sehe ich den Sonnengott, in dem Gegenstand, den er mi t
seinem S tabe ber üh rt , den Sarg, aus dem er nach seiner M et a­
morphose von Katze zu Gott, durch die Beschwörung un d den

1 Pap. Osl. Taf. II; vgl. ebda S. 47. 2 axelerojs [dpiatjegös.


3 So lese ich die bisher sehr verschieden entzifferte Stelle Z. 71: öyxigm
ot r l o v j iv reo TOTtfp rfov ]rjt') vju hva roo>ov y.paTaibv v.ai io/vpor t o v L,(bov
t [ o in o ] v . W obei man an den Kadaver der getöteten Katze (£mor) denken
wird: er ist eine heroisierte Hülle geworden, die sich durch die Beschwörung
wieder beleben soll, doch zur Gestalt des Sonnengottes. Die „H ülle“ liegt
in dem Sarg, von dem gleich die Rede sein soll.
56 —

Befehl Seths gestiegen ist:. Z. 89 wu rde T y p h o n geboten, seinem


Un ter gebenen, dem Geist der Katze, zu befehlen mi t den W o r t e n :
„Voll ende mir das und das in deiner Gestalt, katzengesi cht iger
Dä mo n, vollführe mir das u n d d a s “ . . .
Anders D e l a t t e . E r h ä l t den vo n mir als Ka tz en sar g ge ­
deut et en Gegenst and für einen Kasten, der von Isis-Hekate ge­
t ragen, die Glieder des Osiris-Meliuchos bergen solle. Diesen
Sarg hier vorzuführen, dazu liegt kein zwingender Grund vor.
Isis wird nur als die Sammleri n der Osiris-Gebeine angerufen.
Die Zeichnung stellt n ur dar, was im vorliegenden Zauberprozeß
geschehen soll: das Erscheinen Seths, der Isis-Hekate und des
neu er standenen Sonnengottes. Nicht mit Unrecht vergleicht
DELATTE mi t dem Sarg, in dem die Katze beigesetzt wurde, den
des Osiris auf einigen „s e th i an is c he n“ Bleitafeln (s. Ab b. 2, in
der oberen linken Ecke), aus dem sich der Got t erhebt. F indet
m an zwischen beiden Darst el lungen auch keine un mi tt el b ar e
Überei ns ti mmu ng , um eine A r t pr imi ti v gezeichneter Särge wird
es sich in beiden Fällen handeln, d or t um den des Osiris, hier
um den der Katze, aus der ein neuer Osiris ersteht. Da ß er
nicht so im Bild erscheint, wie er angerufen wi rd: als k a t z e n ­
gesichtiger Dä mon, befremdet.
Auf den Gedanken, im „r e cht en Skeletos“ Isis m i t dem
Totenschrein des Osiris zu sehn, bracht e DELATTE der T e x t von
Z. 43— 53, in der t at säc hli ch Isis-Hekate un d Meliuchos-Osiris
an- un d beigerufen werden. Es wäre auch gar ni cht v er w u n d e r ­
lich, f ände m an diese Gest alt bildlich ver tr et en. W e ssely s
Skizze l ä ß t sie zwar ni cht erkennen, wohl aber das Original.
Zwischen den beiden Dä mon en rechts und links s t eh t eine kleinere
Gestalt, in er hobener Recht en eine langgeschweifte Peitsche
schwingend. Wohl erscheint sie j e t z t kopflos, u nd deshalb be-
zeichnete sie D e l a t t e als weiteren Beleg für den A ke p h a l os , . . .
aber nicht durch Absicht des Zeichners, sondern nur, weil ihr
der Kopf durch eine große Lücke im P a p y r u s gewaltsam a b ­
h anden kam. Von einer ake phal en Go t th ei t k an n hier keine Rede
se in , wie jeder, der das Original oder eine gut e Wiedergabe ein­
g e se h e n hat, erkennen m uß : so j et zt auch S. E it r e m , P ap. Oslo
S. 4 7 , und dann D e l a t t e selbst in einem Na ch trag zu seiner
S tudi e1, in dem er aber die A n n a h m e von Beziehungen dieser
Z a u be r pr a kt ik zum „ K r e i s “ des kopflosen Gottes aufrecht hält.

1 Le Musée Belge 26, 1922, 255: É tudes sur la Magie grecque VI, Nr. 2 :
àxfffa/.oz bai u o ).
57

Der Versuch, die Figur zu d eut en, mag d a r u m zu End e gef üh rt


werden. Sie ist nac kt , t r ä g t weibliche Brüste. Ihr linker U n t e r ­
ar m w a r ebenfalls wie der rechte erhoben, vielleicht t r u g auch
er eine Peitsche; Spuren des Schweifes scheinen noch er h al t en .
Da im T e x t dieses Zaubers n u r eine weibliche G o t t he it vorkommt,,
k a n n es sich bei der D e u tu n g allein u m sie, Isi s-Hekat e-Akti öphi s-
Ereschigal, handeln. Griechische, ägyptische, babyl oni sche Ele­
men te hab en sich in ihr vereinigt; DELATTE h a t schon von anderer
Seite her auf diesen Syn kret is mus hingewiesen1. Daß sie in­
m i tt en ihrer uns aus vielen Parallelen wohl b e k a n n t e n Z a u b e r ­
n a m e n auch H e r m - H e k a t e heißen solle, m ag noch ni cht ganz:
sicher s t eh n 2.
D a mi t k ön n t e n die drei Figur en des Ei ngangs zaubers von
P III eine I n t er p re t at i o n gefunden haben, die freilich teilweise
auch n i ch t über den W e r t eines Versuches hi naus g ek om me n
sein mag. Bildlich v er t r e t e n sind die beigerufenen H a u p t g o t t ­
hei ten Seth, Osiris, Isis. J e d e r Figur k o m m t eine b es t i m mt e
P ar t i e des Textes, je eine An- u nd Beirufung zu. Seth und;
Osiris müssen, falsch eingezeichnet, ihre Plä tze m i t e i n a n d e r
t auschen, der i hnen eigentümlichen Text e wegen3. Die drei Ge­
st al t en stehen, nach meiner Auffassung der Skizze, in diesem
Zu s am m e n h a n g : die beiden Göt ter Seth un d Isis erheben drohend
die Peitsche in ihrer Re ch t en gegen den Sonnengot t, den sie,
selbst v om Magier gezwungen, nötigen, die Befehle des Z a u b e r n ­
den auszuführen. Sie st ehen in den Teilen des Textes, die im
Reze pt formul ar unseres P a p y r u s als ‘xotva’ bezeichnet werden..
Wa s sie e n t ha lt en — Schaden-, Unterwerfungs-, Liebeszaubereien
— das ä n d e r t sich in j edem b es t i m m t e n Fall der pra kt is che n
Au sf üh ru ng des Rezeptes. So k a n n auch ni cht wohl, wie EITREM

1 Le Musée Belge 18, 1914, 41 f. Auf einem schwarzen Jaspis (Musée


Nationale, vitrine 117): weibl. Gottheit m it Kuhkopf, m it Schlange, Fackel in
jeder Hand. Über dem Kopf n v ç . . ., unter den Füßen eXeßia, unter dem.
r. Arm: unter dem 1. Arm h ß a a io v p; vgl. P IV 3020 eie - elo>; An­
fänge m it ßia- häufig in Zauberworten; vgl. auch ^ aveßia P IV 1587, wo aber
Entstehung aus fiareßcu (v /v /J vorliegen kann; faßa wird aus l(e)ß ia stammen;
m ovo wird ornio sein.
2 Z. 46: re ß jo vto o o v | aoxvia, vexvta, ijo }n >: r/' E o u t \ y.a 7 \
afiovfi. Es fragt sich, ob aus dem letzten Wort eine 'lioruxärr; gelesen werden
darf. In laue kann eine Variante von stecken, in eine Nach­
bildung von oova/.rfi.
3 Beschwörung der Isis-Hekate Z. 43— 48; des Helios-Osiris Z. 71— 86;.
des Seth-Typhon Z. 88— 94, wozu gehören die versprengten Zeilen 115*— 123
und die m it Epitheta des Gottes rechteckig beschriebene Basis, über der die'
Figur des Dämons (der ‘linke Skeletos’) stehen soll.
— 58 -

m ei n t e 1, die von mir als Isis-Hekate gedeutete mi ttlere Figur


eine menschliche Gestalt vorstellen, die in S et h-Typhons Ge­
walt sich befindet. Dem wi derspricht schon die geschwungene
Geißel der Figur. Wie m an sich in jenen abergläubischen Kreisen
den Zu s ta nd eines Wesens dachte, das von einem Dä mon in Be­
sitz genommen sein sollte, das zeigen die von ElTREM veröffent­
lichten Bilder des P ap. Oslo plastisch und drastisch genug.
Als Beispiel für den akephalen Go t t fällt die Szene des Pap.
Alimaut weg. Die von D e l a t t e durch die Schuld einer u nzu ­
länglichen E r s t a b bi l d u ng als kopfloser Dä mon behandel te Figur
ist das v e r st üm m el t e Bild einer ursprünglich u n v er s e hr t e n Isis-
Hekate.

Der kopflose Gott des Berliner Papyrus.


Einen sehr wertvollen Beleg für den kopflosen D ä mo n im
Zaube r h a t der zweite Berliner P ap y r u s erhalten. Bezweckt
wird in ihm eine Orakel sendung; er zählt zu den zahlreichen
Of f enbar ungs prakt iken. Die Anweisung, wie die H a n d l u n g im
einzelnen auszuführen sei, ist in zwei Fassungen überliefert, einer
kleineren, Z. 1—63, und einer ausführlicheren, der eine Zeichnung
des Akephalos beigegeben i st 2, Z. 64— 184. Der Zauber scheint
sich großer Beliebtheit und Ve rb rei tu ng erfreut zu haben. We n ig ­
stens ist im ersten Teil von zwei weiteren Vorlagen die Rede,
die der R e d a k t o r b e n u t z t hab e n will; zu ihnen k om m en dann
noch die beiden im Pap. II selbst erhal tenen Exempl are.
Leider fehlt uns der Anfang des ersten Stückes, der über
den Akephalos vielleicht ausführlicher berichtete. Denn der
jetzige Beginn b ri ngt u n v e r m i t t e l t An ru f un g und Befehl an den
Orakel got t und an vorher u n ge na n nt e „gewaltige D ä m o n e n “ ,
zu weissagen. Mi tzubringen für die P r a k t i k sei auch „ d a s “
Täfelchen, auf das „ d e r “ Kopflose gezeichnet wird un d das m an
zu sa mmengefal tet neben sich, an den Kopf legen m u ß ; Taf. I 1.
Diese Fassung scheint doch vorhergehende E r w ä h n u n g des
Täfelchens wie des Kopflosen vorauszusetzen.
Die andere Fassung der Z au be r h a n d l u n g gibt der zweite
Teil des P ap y r u s (Z. 64 ff.). Auch hier h a t das Bild des Kopf-
1 Les Papyrus magiques grecs de Paris, Videnskapsselskapets Skrifter II
1923, 27.
2 Sie gehört beiden Rezepten an; Fassung,A erwähnt sie Z. 47 als „das
unten gezeichnete Bild".
— 59 —

losen den W e r t eines Zwangsmittels. Es muß auf den Fetzen


v om Kleid eines gewaltsam Getöt et en gezeichnet und als Li cht ­
d ocht v e r b r a n n t werden. Da raufh in wird der Gott, von F e u er ­
qualen gefoltert, es vorziehen, dem mächt igen Zauberer zu er­
scheinen und ihm zu weissagen.
Der Zweck der Zei chnung geht aus Z. 45 ff. hervor: sie gilt
als letztes, kräftigstes Zwangsmittel, das den Gott, Apollon, zum
Erscheinen nötigen soll. Der Kopflose, dessen Skizze am End e
des P II st eht , wird mit My rr he n ti nt e auf ein P a p y r u s b l a t t ge­
malt, mi t einem Fet zen vom Kleid eines gewal tsam Getöt et en
u m w u nd en und in die F ußbo denh ei zun g eines Bades geworfen
oder, nach anderer Überlieferung, über ein Licht gehä ngt oder
d a r u n t e r gelegt. Denn der erste Fall wi rkt sich zu heftig aus;
d. h. den kopflosen Got t erregt die Ve r br en n un g seines Abbilds
so stark, daß sein Zorn dem Magus gefährlich werden muß. Und
eine weitere Vorlage rät, den Go t t d ad ur ch zum Erscheinen
zu veranlassen, d aß m an sein Bild in die Heizung eines Bades
wirft, fünf T a g e nach der Anrufung, mit den W o r t e n : „Abri
und Abrö, Exant ibi l, Got t der Götter, König der Könige, zwinge
j et zt einen freundlichen Orakelgeist zu mir zu k o m me n ; sonst
greife ich zu schlimmeren S tr a fe n “ . . .
Aus dieser unvol ls tändigen Überlieferung der H a n dl un g geht
k a u m hervor, welche Got t hei t mi t dem Akephalos gemei nt ist.
Dem Te xt nach m ü ß t e Apollon hier den Kopflosen b e d e ut en ;
in ihm scheint der Verfertiger der Anweisung den „ G o t t der
G ö t te r un d Köni g der Köni ge“ zu sehn; ihn m u ß . d i e F igur auf
hieratischem P a p y r u s darstellen. Er muß erscheinen auf den
Zau be rzwang hi n u nd dem Magier seine A n k u n f t durch einen
Peitschenschlag1 a n d e u t e n . . . Doch Apoll als Got t ohne Kopf,
als Dä mo n mi t der Geißel — er wi rkt in dieser Aufma chu ng,
besonders nach der bisherigen D e u tu n g des Akephalos, nicht
ohne weiteres glaubhaft.
Der Orakel dämon wird z unä chs t wieder angerufen als Apollon,
Herr des Gesanges und der Prophet ie. Aber der H ym n os v e r ­
m e n gt ihn gar bald mi t dem Sonnenherrscher; Apoll und Helios
sind dem Magier n u r mehr Ein Go tt : „Sei gegrüßt, Wa l t e r des
Feuers, Weit schauender, Herr des Weltalls, r os seb er üh mt er Helios,

1 So erklärt sich mir die textlich schwierige Stelle Z. 58/59: eäv §e aiofrr;
'tz'/.i^yr.~ u a [ o'i.niv
7 ov y .r u ir o r . . . x a T № £ . Verschiedene Versuche: u ito a iu ii'o :
Kifiivov Hopfner, /.taoi^uaaiv A bt. Ich ergänze am Schluß der Zeile fid(otiyo,-)
und erkläre aijoir „Siebung“ , Portion gesiebten Kümmels.
- 60

er dums pa nnend es Auge .des Zeus, über u nd über Schi mme rnd er ,
der die hohe Str aße zieht, Himmel durchfliegender, am Himmel
wandelnder, strahlender, segnender, Feuergewaltiger, du mi t dem
s chi mmernden Panzer, du mi t den Goldzügeln, m i t dem goldenen
Weg, alles sehender, umeilender, hörender. Dir gebären die licht­
bringenden F la mme n den Morgen, hi nt er dir schreitet die rosen-
füßige Göttin des Aufgangs, vor dir die Göttin des Unt ergangs,
flüchtig schwingt sich die Na ch t vo m Himmel, h ör t sie den Schall
deiner Geißel um den Nacken der F ohl en“ . . . D a n n wieder ruf t
der H ym no s Apollon an. Doch n u r auf kurze Strecke. Bald
geht er über in den typisch ägypt ischen Preis des Sonnengottes,
der verschiedene Gestalten h a t nach den vier Hi mmel sri ch tu ng en
hin:
„ E i n e n heiligen Vogel hast du auf deinem Gewand in den
Teilen des Roten Meeres (?), in den Gegenden nach Osten hin
die Gestalt eines u n mü ndi gen Kindes, sitzend auf der Lotosblume,
in den Gegenden nach dem Südwind hin ab er h as t du die
Gestalt des heiligen Sperbers, mi t der du die Glut s e n de s t in
die Luft, in den Gegenden dem Wes twi nde zu h as t du die Ge­
stal t eines Krokodils, den Schwanz einer Schlange, aus dem
du sendest Regengüsse und Schneegestöber, in den Gegenden
des Ostwindes has t du die Gest alt eines Drachen mi t einer luft-
gestaltigen Königskrone, mi t der du beherrschest das Leben
u n te r dem Himmel und auf der Erde; denn als Mo rgenrot 1 bist
du in Wa h r h e i t e r s c h i e n e n . . . Höre mich, größter Gott Kotumes,
Erl euc ht er des Tages, Kind beim Aufgang, D ur chwan dl er des
Himmelspols, der sich selbst bega tt et und Macht verleiht, Ver­
mehrer u n d Hell-Leuehtender, Schöpfer der Wasser, s t ä rk s te r
G o t t K o mm es “ . . . Dann wieder u nv er m i t t e l t er Übe rgang in
den Anruf des Phoibos. Aber der Son neng ot t ist im Ke r ns t üc k
des H y m n u s ganz u nve r ke nnb ar . In verschiedensten Phasen
erscheint er, eine Mischung aus griechischem Helios und ä g y p­
tischem Chepre und Osiris.

I Die hebräischen Elemente fehlen in W irklichkeit, abgesehen von einem


Sabaoth und Adonai in den Zauberworten. Denn die Worte . . . tm
■ atnn ••fio, erklären sich nicht als fcri yjfc* «s Morast» o l «*>>,£
(Parthey) oder tte M ointow yän (Abt), sondern als to r . . . frri yr oem/iov.
/■ ■, i &fhf yetn Ra d e ii mach k r ). Der angerufene Gott ist Herrscher auch
dts gefürchteten Erdbebens, sein Luftdiadem ist (vielleicht nach der rationa­
listisch angehauchten Erklärung des Redaktors) das Morgenrot. H o pfsers
Annahme (Off. II S. 97), der ägyptische Urgott und der Gott des Moses seien
dem Sonnengott hier gleichgesetzt wie auch dem Apollon, würde durch meine
1nterpretatton wegfallen.
— 61 —

Diesem Gott, Osiris-Helios, ist die Erfüll ung des Offenbarungs-


zaubers eigentlich zugedacht , un d die zweite Fas sung der P r a k t i k
im P a p y r u s ist die ursprüngl iche: erst in Ve rb in du ng mi t dem
Son neng ot t gewinnt die zauberische Beihilfe des Akephalos-
Bildes als eines fol ternden Zwangsmi tt el s Sinn. In der ersten
F a ss un g fehlt der Sonnengot t, die Zei chnung des Kopflosen wird
ver la ng t. Aber Apollon wird sich auf die V e r b r en n un g des Osiris­
bildes hin n i ch t b emü hen, dem Magier zu erscheinen. Man m ü ß t e
n u r einen so vollständigen S ynk ret i smu s von Osiris-Helios und
Apollon a nn e hme n , daß der Be nu t ze r dieser Zauberei en in Apoll
auch ohne irgendwelche Anspi el ung auf solare Ei gens chaft en
den Sonn en go tt gesehen h ä tt e. Die Ko mp os it ion der großen A n ­
ru f un g in der zweiten F as su ng scheint mir aber d ar au f ni cht
hinzu deut en . Denn sie schiebt die Best andt ei le zweier H y m n e n
auf beide Göt ter so auffällig und p lu mp durc hei nand er , daß
sich aus i hnen leicht ihre Zugehörigkeiten zu zwei ursprüngl ich ge­
t r e n n t e n An ru fu ng en des Helios und des Apollon ablösen lassen.
Ich möcht e in diesem Gemengsel weniger einen; a n sich wohl
möglichen u nd a n e r k an nt e n, S yn kr et i smu s Helios-Apollon sehn
als die Ungeschicklichkeit u n d Unwissenheit des Kompi lat ors, der
zur Fo rmu lie ru ng eines Offenbarungszaubers eine P r a k t i k mit
Hilfe des ake ph al en Osiris zur H a n d h a t t e, in sie aber eine zweite
einarbeitete, die durch den N a m e n des Allerweltsorakelgottes
Apollon bei den K u n d e n seiner K u n s t noch höher en Gl auben
zu fi nden ver sprach. Die erste Fas sung wird d a n n aus dieser
Ko mpi lat ion gezogen sein: sie ver zi cht et e ganz auf den So nn en ­
gott, da Phoibos Apollon f ür den Orakelzweck völlig zu genügen
schien. Die E n t s t e h u n g dieser D ok um en t e fällt wohl in eine
Zeit un d Umgebung, die sich in einer v ol lkommene n religiösen
Verwahrlosung u nd Ve rwi rrung befand. Aber sie h a t uns wenig­
stens das Bild1 des Akephal os hinterlassen.
An seiner wenig g ot twürdi gen A u f m a c h u n g u nd Gestalt
d ar f m a n sich n i ch t s t oß en ; sein Zeichner w a r kein Künst ler.
Ungefüg sitzt ein pl ump er Leib, schildähnlich ausgeführt, auf
^ebenso schlecht u n d roh gezeichneten Beinen. Aus dem in bre it er
Linie abge schni tte nen R u m p f ragen fünf „f äh nche nart i ge Ge­
bi lde“ , wie sie HOPFNER (Offenbarungsz. II S. 97) m i t DELATTE
n ennt . Sie bed eut en zweifelsohne das Blut, das aus der E n t h a u p ­
t ung s wu nd e spritzt, doch f r ag t es sich, ob i hnen auch der Zeichner

1 Wiedergabe bei P abth ey in der Ausgabe und bei S. Eitb bm , Zu den


Berliner Zauberpapyri, Videnskapss. Forhandl. 1923,1, Tafel. S. unten T af. I 1.
- 62

diese D e ut ung gab. Sie gleichen in seiner Skizze auffallend kleinen,,


auf d ün n en Hälsen sitzenden Vogel- oder auch Schlangenköpf en.
Nicht leicht zu d eu ten sind die Gegenstände, die der Kopflose
in seiner rechten und linken Hand hält. D e l a t t e , und mi t ihm
zweifelnd H<'PFN E U , sieht in dem Stab der Rechten, der oben
in zwei Kreisen, u n t e n in zwei Ha ken endigt, eine Blume. Ich
halte ihn eher für die Peitsche, m i t denen ägyptische G o t t he it en
nicht selten a us ge rüs tet sind. Ihren Schlag ha t der Magier beim
E i n t r i t t des her angezwungenen Dämons zu spüren. Die Linke
t r ä g t einen Zweig m i t 14 oder 16 B l ät t e r n; als Palmzweig de ut et
ihn HOPFNER, als den im T e x t e r w äh n te n zwölf bl ät t ri gen Lorbeer
DELATTE. Die E nt schei du ng ist schwierig, ver mut li ch aber h a t
der Zeichner im Kopflosen nicht Osiris, sondern Apoll gesehen,
und so m ag er ihn mit seiner Pflanze, dem Lorbeer, versehen
haben, der ja auch zur Aus führ ung der P r a k t i k ausgiebig v e r ­
wendet wird. Ob auch die Vorlage, solang sie noch u n ver dor ben
überliefert wurde, diesen Zweig aufwies, l äßt sich mi t unsern
heutigen Mitteln k au m entscheiden. Die ganze Gestalt ist be­
schrieben mit Zaub erwort en und -buchstaben, sie fehlen a u c h
ni cht u n t e r den Armen und Füßen. Lamps oure — der un ku nd ige
Schreiber schrieb Champsoure — , D a m na me n eu s und Semesilam
d eu t en auf die solare B ede ut ung der Gestalt hin, es sind die Li cht ­
dämonen, die als Schützer beigerufen werden, und auch die sieben
Planetenvokale, die sich auf dem R u m p f befinden, in verschi eden­
sten K om bi nat i on en auf dem übrigen Körper, st ehen gewöhnlich
in solarer U mgebu ng : zu ihr gehört hier auch der S karabaeus ,
den der Magier auf die Schwelle der Zi mme rt ür e zu malen hat.
Ich sehe in der Figur des Kopflosen die des Sonnengottes,
der den Weissagezauber erfüllen soll. Weniger seine Köpfung
als vielmehr die Tat sache, daß m a n sein Bild ins F eu er wirft,
bildet für ihn Folter und Zwa ng zu erscheinen. Die Z u t a t des
Apollon scheint mir Folge s pät er er Verwi rrung zu sein; doch mag;
man auch noch die Ve rmengung beider Göt ter als b ewuß te n
S ynkret is mus emp fu nde n haben.
Einen sehr ums tän dl ic hen und verwickelten Gang der Z a u b e r ­
h a nd lu ng gl aubt H O PFNER aus den tatsächli ch oft unklaren
Angaben des Text es ableiten zu müssen. Nicht Apollon-Kommes-
Rä soll offenbaren, sonder n ein ihm unterworfener Geist der
Erdtiefe. Der S onnengot t mu ß den Un ter wel t sgo tt he it en Hekate-
Baubö-Ereschigal u. a. den Befehl des Zauberers, ihm einen Orakel­
geist zu senden, überbringen. Ihn schicken sie denn auch in Ge­
st al t des Gewal tsamget öt et en, dessen kopfloses Bild auf einen
— 63

F et zen seiner Kleidung gezeichnet wurde. Mag d em Ko mp il at or


des zweiten Berliner P a p y r u s t e x t e s ein ähnlicher Gang der
P r a k t i k vorges chwebt haben, er v e r k a n n t e gewiß die B e d e u t u n g
des kopflosen Dä mo n s — ursprüngl ich galt die ganze H a n d l u n g
dem Sonnengot t, an den sich die H a u p t b e s t a n d t e i l e der A n ­
rufe ri cht en; sein Erscheinen sollte mi t der V e r b re nn un g seines
ak ephal en Sympat hiebil des erzwungen werden.

Zu zw ei Bildern des Pap. O slo1.


i.
Die Skizze des Kopflosen im zweiten Berliner P a p y r u s ist
bis j e tz t die einzige Darst el lung des Akephal os in der Z a u b e r ­
l i t e r at u r geblieben. Aber die Vorsicht scheint zu verlangen, das
vierte Bild des Pap. Oslo (Taf. 12) in diesem Z u s a m m e n h a n g ni cht
wortlos zu über gehen: es k ön n te möglicherweise neues Material
liefern.
Der T e x t dieses Zaubers b i et et eines der vielen Mittel, dem
Liebenden das ersehnte Wesen beizuzwingen. Die Anruf ung
r i ch t et sich an den „ mä c ht ig e n Gott, der g r ü n d e t u nd verödet,
den ein weißes Schwein erzeugt h at , der erschienen ist in Pelusium,.
der in Heliopolis h ä l t einen eisernen Stab, m i t dessen Hilfe du
das Meer entriegelt und d u rc h sc hr it t en un d alle Pflanzen aus ­
get rocknet h a s t . “ Der He raus gebe r und Erkl är er, S. E i t r e m ,,
h a t in seinem K o m m e n t a r (Z. 105, S. 56) festgestellt, daß diese
Go tt hei t Min von Kopt os sein müsse: auf ihn t rifft die Sage
von der G e b ur t aus einem weißen Schwein zu. W e n n ich recht
sehe, gl au bt E i t r e m eine Ve rmis chung von Min, Seth und J a h w e h
in der Go t th ei t dieser P r a k t i k zu erkennen. Die Er inner ungen
des Verfassers an Stellen der S ep t ua gi n ta scheinen sicher: die
A u st ro c kn un g des Weges durchs Rote Meer, die B ed e u t u n g
des eisernen Stabes in Psal m 2, 9. Aber an Seth m a h n t nichts
in diesen W o r t e n — auch der große We lt got t , jeder schöpferische
Got t k ann wieder vernicht en, veröden, was er oder ein anderer
a uf ge ba ut ha t. Vielleicht h a t sich E i t r e m durch die Tat sache
beeinflussen lassen, daß der u n m i t t e l b a r vora ns te hen de Liebes­
zauber mit einer An ru f un g S et h- Ty ph on s arbei tet . Die P r a k t i k
auf Spalte 4 we ndet sich nur an Min. Und das in seinem u r-
1 Vgl. Tafel 12, III 1 ; über die Bilder des Pap. O slos. K. P beisen dax z ,,
Phi!. Wochenschr. 46, 1926, 401— 7.
64

eigentlichen, solaren Wesen, auf das u. a. E r m a n hingewiesen


hat , Äg. Religion2, S. 17.
Denn die A bbi l du ng zeigt eine Dämone nges tal t , aus der mir
diese B ed e u t u n g erschließbar erscheint: eine Figur, die dem
Auge des Uneingewei ht en zu nä c hs t keine große Menschenähnl ich­
keit bietet. Das Zerrbild b e s t e h t der H a u p t s a c h e nach aus den
rohen Linien der F ü ße un d Arme. Der Leib ist n ac h u n t e n hin
a bgegrenzt durch drei Parallelstriche, u n t e r denen ziemlich lange
F rans en h e r v o r r a g e n : siesollenwohl einschurzähnl iches Kl ei dungs ­
s t üc k an de ut en. Un t er h a l b der E i n m ü n d u n g der Arme lassen
sich zwei Br us t wa r ze n er kennen; ober hal b der Hals, abe r kein
Kopf, keinerlei A n d e u t u n g von Gesicht u nd Haar. Dafür setzt
sich die linke Halslinie in einem Ti erkör per f or t: E i t r e m sieht
h i er eine Schlange mi t weitgeöffneten Kiefern und aus ges tr eckt er
Zunge. Er verweist auf die S ch langendars tel lung des Bildes 2,
das den brust gesi cht igen G o t t bi et et — eine Ähnl ichkei t zwischen
der Schlange in der re c ht en H a n d des Dä mo ns u n d des Tieres
auf dem Halse des Min l äßt sich n i ch t erkennen. Wohl aber
gleicht diesesTier den ebenso absonderlich gezeichneten Geschöpfen
auf H a u p t u nd O be r ar m des Dä mo n s der Spal te 7 im gleichen
P a p y r u s ; do rt stellen sie Sperber oder Fal ken dar : ihnen e n t ­
s p r ic ht wohl der Vogel auf dem Halse des Min. E r bezeichnet
das solare Wesen dieser G o t t h e i t unzweifelhaft. Auf diese Be­
d e u t u n g weist auch die Beischrift: Sesengen Ba rph ar ang es . Sie
f i n d e t sich mi t Vorliebe in Text en, die sich an den S onnengot t
r icht en; der E i ngang sza ub er des P ap. M i ma ut sei daf ür als
besonders bezeichnendes Beispiel a n g e f ü h r t Zweifelhaft bleibt
nu r: wollte der ungeschickt e Zeichner, dessen K u n s t die einer
u n g eü bt e n K i n d e r h a n d ni ch t übertrifft, wollte er einen kopf­
losen D ä mo n darstellen u nd über ihm einen Sperber fliegen
l a ss en? Oder wollte er einen sperberköpfigen Go t t zeichnen?
Die Frage wird sich m i t Sicherheit k a u m b e a n tw o rt e n lassen.
Er we ck t das Bild zu nä c hs t auch den Ei ndruck, der Zeichner
h abe einen kopflosen Dä mon zu skizzieren beabsichtigt, so spricht
die Analogie der Illustration auf E i t r . Taf .I gegen diesen Schein.
Denn auch d o rt sollte ein tierköpfiger G o t t gezeichnet werden,
S et h- Ty ph on . Ni cht m i t Eselsgesicht, sondern v er mut l ich mi t
dem Kopf eines Seesperbers. S t a t t des Kopfes abe r fügte der
pri mi ti ve Zeichner u n m i t t e l b a r an den Hals der Figur einen
ganz en Vogel, ohne Füße zwar, aber doch deutlich er ke nn ba r
durch Schnabel un d Kopf — der Res t e n t sp ri ch t den Darstellungen
d e r Sperber auf Kol umne VII . So k a n n der zweifelhafte Kün st l er
— 65 -

wohl auch bea bs ic ht ig t haben, dem Got t Min einen Sperber­


kopf zu verleihen, zeichnete aber wie vorher den ganzen Vogel.
Daß er i ms ta nd war, auch einen Vogelkopf dem Körpe r anzusetzen,
beweist das Bild der d ri t te n Kol umne: hier setzte er über
einen hals- und h aupt los en R u m p f den Kopf eines Hahnes. W a r u m
gab er Min einen ganzen Sperber als H a u p t ? Sollte et wa ein
kopfloser S o nn en go tt die Vorlage gebildet haben, eine akephale
Dä mone nges tal t, über der ein Falke s c h we b te ? Der Zeichner
des Pap. Oslo könnt e, u n k un d i g der Z us ammen hä nge, wohl eine
Verb al l ho rnu ng der Szene auf dem Gewissen haben.
Die Möglichkeit, daß ursprünglich ein kopfloser Sonnen­
go tt dargestellt war, liegt vor: Osiris als Sonnenherrscher wurde
auf den kopt ischen solaren Min über tr agen, der offenbar schon
f r ü h zu einer Zeugungs got thei t geworden ist, einem F r u c h t b a r ­
kei t sd ämo n, „ d e r die Weiber r a u b t , der Herr der Mä dc he n“
(E r m a n a. a. 0 . 18 nach Brit. Mus. 911), der sich also für die
Au sf üh ru ng einer Liebeszauberei vorzüglich eignet.
Daß der Schreiber hier t at säc hli ch den im T e x t angerufenen
Got t zeichnen wollte, scheint mir aus dem I n s t r u m e n t her vor ­
zugehn, das die Recht e in der Ha n d h äl t : eine ägypt ische Pei tsche1.
Diese dreiteilige Geißel en ts pri cht der gleichen, die eine Berliner
M i ns t a t u e t t e (Nr. 2439, E r m a n s Abb. 18) t rä g t . Nu r ist sonder­
barerweise auf uns er m Bild der Stiel nach oben gerichtet, bei der
S t a t u e h ä n g t er schräg abwärt s, aber auch sie hä lt die Peitsche
am Riementeil. Andere Göt ter fassen die Peitsche am Stiel und
lassen die Ri emen fallen; vgl. etwa BU D G E , The Gods 1, 508
(Tatenen), 506 (Seker).
Die Linke des Zau be r dä mo ns Min h ä l t zweierlei. Einmal
r a g t wie eine ver längert e Körperlinie aus dem Ei nwuchs des
Arme s ein steckenartiges I n s t r u m e n t in die Höhe: in ihm sehe
ich den „eisernen S t a b “ des Gottes. U n d d ann h a t die linke
H a n d selbst offenbar wieder ein schwer bes ti mmb ar es E t w a s 2
ergriffen — vielleicht sind es zwei Stricke — mi t dem sie eine
kleine Figur an den H a ar en p a c k t : ni cht n u r um einen Kopf,
wie E i t r e m meint, ha nd e lt es sich hier, vielmehr u m eine ganze
menschliche Gest alt ; um ihre P roport ionen ist es freilich schlecht
bestellt. Aber die Füße, der Leib lassen sich u n t e r h a l b des groß
g er at enen Kopfes leicht unt erschei den. Es ist die kindlich dar-

1 E itkem : a sword with the handle turned up, or is it really the old whip
of Min , . . . ?
2 E i t r e m unterscheidet nichts, sondern hält den Gegenstand wohl für
den Unterarm: in his left hand he is holding a human head by its hair.
B eihefte z. AO. 8: P r e i s e ü d a n z . 5
— 66 —

gestellte Gestalt der N. N., die der Dä mon zu Diensten des


zaubernden N. N. beizerrt1.
2.
Auf das Bild des brustgesichtigen Dämons, das dem zweiten
Zauber des Pap. Oslo beigegeben ist (s.Taf. 111 1), wurd e oben schon
hingewiesen. Diese P r a k t i k will das Mittel verleiben, Gun st und
Sieg zu erlangen, in erster Linie ist sie ein „ T h y m o k a t o c h o n “ ,
d. h. liier, sie versichert, die Neigung der Menschen dem Aus führ en­
den zu erhalten. Der Mitteilung des Rezeptes folgt die pri mi ti ve
Skizze des Stet hokephal os, den E1TREM, K o m m e n t a r S. 47, be­
zeichnet als ,,a queer combi nat ion of a dai mon akephalos and a
demon wi th a h e a d “ ; zu ihr lasse sich bisher eine genaue Parallele
ni cht finden. Doch verweist auch er auf den Brustgesichtigen
des T e s t a m e n t u m Saloinonis. Diese Gestalt verfügt über 2 Augen
oberhalb der Brustwarzen, und über ein weiteres zwischen i hnen:
es ist größer und bewi mp er t ; man könnt e dabei an eine Sonne
denken, wie sie Kinder zeichnen. Die rechte Schul ter scheint
a uß er dem noch einen kleinen Kopf zu t rage n, im Profil: Ohr
und Nase lassen sich wohl erkennen. Auf der Stirn dürf te ein
spiralförmiges Or n a m e n t sitzen. Die Nase des Unholdes (nicht
die des Miniaturkopfes) d e ut e t ein Strich in der Nabelgegend
an. während der Nabel selbst s t ar k nach links verschoben ist.
Ein breites Maul zieht sich quer über den Unterleib. Auf dem
B r u s t h a u p t wachsen Haare, und die Striche, die u nt er ha lb des
Kinns, also der Abgre nzung des Unt er körpers , schraffiert ange­
b ra ch t sind, zwischen den Schenkelansätzen, können ein Lenden-
tucii bedeuten, so m ei n t ElTREM, aber auch einen Bart. Die Rechte
häl t eine Schlange mit ausladendem, geschwollenem Bauch,
die Linke ein Lebenskreuz. Auf einer Basis mit dem Wo r t ,,Za-
g oure“ stehen die Füße-. Mit T y p ho n h at dieser Dä mon nichts
zu tun, wohl aber weisen die Za uberwort e, die in seiner An­
ruf ung begegnen, P e p h t h a , phöza, ph nebennouni, auf ein so­
lares Wesen hin. Denn sie stehen auch Z. 228 in einem Son nen­
gebet. So wird man doch auch in dem Brustgesichtigen des
Pap. Oslo eine nahe Ve r wand ts cha ft mit dem Kopflosen, dem
Sonnen-Osiris finden dürfen, wenn ich schon nicht glaube, daß
beide identisch sind.
1 Ähnlich zieht der hl. Maurus den Klosterschüler Placidus beim Schopf
über den See in einer Miniatur des Stuttgarter Passionale bei A. B oeckleb,
a. a. 0 . Abb. 36.
2 Ganz ähnlich die Zeichnung eines A m ethyststeines in Cabbols D iction-
naire I 2, 2138 Nr. 664.
- 67 —

Zweifelhafte Belege für den Akephalos.


1.
Vielleicht h a t sich in den Z a ub e rp ap yr i noch eine Spur des
Kopflosen erhalten. Und sie an einer Stelle des P IV, die man
bisher durch verschiedene Ko nj ek t ur e n verständlich zu machen
ver sucht h at . Sie s t eh t in der großen Agöge, der P r ak t ik , die
dem Zau be r nd en mi t Hilfe der Hekate-Artemis-Selene die
Geliebte zuf ühren soll, Z. 2441— 2707. In ihr fi ndet sich ein
beka nntge worde nes Beispiel von Diabole, Verleumdung, mi t der
die N. N., die Geliebte und Begehrte, bei der Göttin durch ge­
wisse Ansch wärz un gen mißliebig g em a c h t werden soll. Dort
wird ihr (Z. 2477) vorgeworfen: „Si e verriet verleumderisch
deine — der Göttin — heiligen Geheimnisse den Menschen. Die
N. N. ist es, die sagte, ich sei es, der sagte: ‘ Ich sah die größte
Göt ti n den himmlischen Pol verlassen, auf der Erde sandalenlos,
s chwert tragend den Gesichtslosen mi t N a me n r u f e n “ . . . äcojrov
orofinoaaav. Das könnt e, bei einer synkretistischen Gleichsetzung
der Selene und Isis, auf die Suche nach Osiris bezogen werden,
falls man meine Int er pret at i on billigt. Möglich wohl wäre auch
die De u t u n g : „I ch sah die G ö t t i n . . . auf der E r d e . . . schwert-
t ragend, gesichtslos ruf en d“ , will man 6vo/iä<saaar als i nt ran si t iv
gelten lassen. Dann wäre Selene die durch Mondfinsternis kopflos
gewordene Göttin, die ihren himmlischen Sitz verlassen hat .
Nur zwischen den beiden Möglichkeiten bleibt hier die Wa h l :
entweder ruf t die Göttin Selene-Isis den kopflosen Osiris, oder
sie stößt, selbst kopflos, in der N a c h t auf E rd e n Rufe aus. Auf
den ersten Fall wü rd e auch die V e rl eum du ng zutreffen: die
N. N. habe die „ My st er i en“ der Göt ti n v e r r a t e n oder profaniert.
Alle Ände rungen der Stelle durch Ko nj ek t ur e n scheinen mir
u nnö ti g1.
2.
Nicht in s Gebiet des kopflosen Dämons gehör t eine Stelle
des P V I I (Z. 605 f.), die nach S. E i t r e m s Lesung in den Sym-
bolae Osloenses 1924 S. 56 f. scheinbar zu den Belegen f ü r einen
ake phal en Got t zu zählen wäre. E s ha nd e lt sich auch hier um
eine ‘V e rl eu md un g’ : „D ie N. N. h a t gesagt:

1 äornov 6Sevaaodv W ü n sch , Aus einem griech. Zauberpapyrus (Kleine


T exte von H. Ltbtzmann 84, 1911) S. 7; ASivottaav K r o l l , Philol. 54, 563,
ävofirjoaoav oder m o u a r ovim v Eitrem , D ie rituelle J IA B O A H , Symbolae
Osloenses 1924 S. 56; tionov ra/idvau av R abke m acher.
5*
— 68 -

S abao th stieß die drei Schreie aus;


Pagoure ist mannweibl ich geworden;
M ar mo ro ut h wurde g e t ö t e t “ . . .
F ü r die Form „ g e t ö t e t “ (djtixar/j) schrei bt EITREM „ g e k ö p f t “,
(f'.Tfxo.T/,), mit Hinweis auf P X I I 2 , 7 , wo die Köp fu ng des
Sonnenkäf ers e r wä h n t wird (s. S. 50 f.) abe r die Än derung
scheint durch nichts g e f o rd er t1.

3.
Eines j ener Gebete, von denen J a m b l i c h (Myst. 7, 3) sagt,
sie würd en von den Äg y pt er n nicht n ur bei Ers cheinungszaubern,
sonder n auch zu allgemeinerem Zweck ver wert et, s t e h t in P IV
1598 ff. Es r ic ht e t sich an Helios-Osiris, ganz du rc h se tz t von
griechisch-ägyptischen Sy nk ret is men, auch von Z au be rwor te n
aller A r t und verschi edenst er H e r k un ft . So liest man Z. 1620:
,, Ich rufe dich an, den Großen im Himmel, Eilanchych, Akaren,
Bai, M i s t h r e n . . . S abaöt h, Adonai, Großer Gott, O r s e n o p h r e . . .
Eilonchoö, Akare, Bai Mi nt hre“ usw. Jüdische, ägyptische,
griechische Element e lassen sich hier unt erschei den; mi t Bai
t r i t t babylonisches hinzu, in Misthren un d Minthre, aus der
Vari ant e, darf man vielleicht Mithras sehn, in fiilan oder £ilon
vielleicht, mi t A n n a h m e einer Buchst abenverst el lung, Helios.
Auch Akare(n) scheint ve rstä ndli ch; a ka reno s h ei ßt der kopf­
lose Memnon in G. K a i b e l s E p i g r a m m a t a graeca aus In­
schriften (1878) Nr. 1013. Der Sonnengot t, dem die Wor te
gelten, wäre d an n auch hier kopflos gena nnt. Die gleichen
Zau be rwo rt e begegnen an a n d r e r Stelle wieder. So in P III
Z. 129 ff., wo der Z u s a m m e n h a n g Helios ebenfalls als a ng e­
rufenen G o t t sichert. N u r leidet der T e x t hier an schlechter
Überlieferung der Papyrusrol le; das W o r t l au tet offenbar mit
einer Ve r än de r ung Aka rb en . Der selbe Logos k e h r t w i e d e r im
demotischen Z a u b e rp ap y r us (Kol. 1 6 , 7 ed. G R IFFITH -T h ö MPSON)
als ,,Hea, Karrhe, B a l m e n t h r e “ . . . Man wird nach den m i t ­
geteilten griechischen Stellen auch hier schreiben: „ H e , A k a r r h e “ .
Indessen mag noch eine andere D e u tu n g zu überlegen sein als
die Gleichung v o n A k a r e ( n ) ~ A k e p h a l o s . Das W o r t er innert s t a rk

1 Kopflos sch e in t nur die Gottheit auf dem Siegelzylinder aus Teil ta'annak
bei H. Gkessjiaxx , Altoriental. T exte und Bilder, Tüb. II 1909 S. 102 Abb.
916. Die Köpfe des Gottes (Nergal ?) und des Adoranten sind offenbar später
zerstört worden.
— 69 —

an das iranische Akaranö, zeitlos, ewig1. Auch diese Bezeich­


nu ng würde ohne weiteres auf das Wesen des Sonnengottes
passen — er f ü hr t Z. 1669 den Na me n „ H er rs c he r der Z ei t “ —
und Akaren in dieser B ed eu t un g wäre ni cht das einzige Z a ub e r­
wort, das sich aus Religion u nd Sprache des asiatischen Ostens
in die griechisch-ägyptischen Papy ri ver ir rt h ä t te . Es beda rf
n u r der Eri n ne r un g an Bai oder Eul amo.

4.
Nicht ohne Schwierigkeit scheint die E rk l är u ng dreier kopf­
loser Gestalten, auf die mich Ad. JACOBY hinlenkt. Bei BOURIANT-
LORET, L e To mb ea u de Seti I2, findet sich u n te r vielen anderen
Un te r we lt s dä mone n einer, der menschlich gestaltet, s t a t t des
Kopfes zwei nach rechts und links aus einanders trebende Bogen­
aufsätze t rägt . G. RÖDER, der die Gestalt zu untersuchen die
Güte hat t e, h äl t diese Auswüchse nicht für Schlangen; sie kö nnt en
wohl als Bl uts trahlen g ed eu te t werden, die Zei chnung spricht
aber auch dafür nicht durchaus. Eb ens ogut d ürf te an Vogel­
köpfe auf gebogenen Hälsen g ed acht werden. Die Fun k ti o n des
Dämons ist wie sein Na me u n b e s t i m m t : „ D e r sich befindet auf
seinem a b 3 . t “ . Der Na me der zweiten, gleichen Gestalt, die
auf dem Grab Setis beg egn et 3, scheint vollends unverständlich.
Diese Dä mone n gehören, nach G. ROEDERS Mitteilung, zu den
undefinierbaren Geistern, die in dem großen Buche Am d u a t ,
„Das , was in der Unt er we lt i st “ , eine Rolle spielen, ohne daß
m a n jedem einzelnen von ihnen eine b es t im mt e B ed eut un g oder
T ät igkei t zuschreiben könnte. Mit Osiris habe n sie nichts zu
t un . Sie seien in diesem Z us a mm e n h a n g auch nur e r w äh n t
für den Fall, daß es sich t at s äc hl ic h u m kopflose (und ni cht etwa
um zweiköpfige) Dä mo ne n hande lt , die der D e ut un g du rc h die
Ägyptologen noch bedürfen.

1 Dazu H e i n r i c h J u n k e r , Über iranische Quellen der hellenistischen


Aion-Vorstellung. Vorträge der Bibi. Warburg 1921/22 (Lpz. 1923), S. 130/1:
über den Zruvan akaranö.
2 Mém. Mission Franç., Caire U, Paris 1886, I partie, pl. X X IV .
3 Ebda, II partie, pl. X X II.
— 70 —

Der A kephalos am Himmel.


F r a n z Bull ha t in seiner „ S p h a e r a “ (1903) den as tro no ­
mischen T r a k t a t eines griechisch schreibenden Teukros veröffent­
licht und besprochen, der wohl im ersten nachchristl. J a h r h u n d e r t
lebte. Dieser Gelehrte k e n n t un d nen nt u n t e r den Sternbildern,
die neben jedem Zeichen und Dekan des Tierkreises aufgehen,
auch den Kopflosen. Er ber icht et zum Steinbock: neben dem
dri t ten Dekan gehen auf die Hälfte des Rades, der Schwanz
des großen Fisches, der R ä u ch e ra lt ar und der kopflose Dämon,
der sein eigenes H a u p t t r ä g t 1. Und ähnlich überliefert ein spät er er
Astronom, der Teukros kannt e, zum Steinbock: in seinem Zeichen
erscheinen Nereus und Rabe und der Satyr, der seinen Kopf
verbirgt.
Beide Aut oren haben nach BOLLS Ansicht (S. 221) das gleiche
Sternbild im Auge. Sie kennen es wohl aus bildlichen Dars tel lun­
gen, haben es aber wahrscheinlich etwas verschieden beurteilt,
oder die S t er nkar te n, die jeder sah, wichen bildlich ein wenig
von ei nander ab. An solchen Überlieferungen fehlt es nicht in
der griechisch-ägyptischen Welt. BüLL ha t die Sphaer a des
Tempels von Dendera aus der ersten Kaiserzeit eingehend be­
h andelt und dabei konn te er mi t schöner Ausbeut e auch auf
andere alte Tierkreisbilder öfters hinweisen. Er gl aubt e auch,
den S at y r des Antiochos im Zodi akus des Nordt empel s von Esne
wiederzufinden: in einem geschwänzten Mann zwischen S te in­
bock und Wa s s e r m an n ; sein Kopf wird ersetzt durch einen Sonnen­
diskus. „Die Auffassung dieses langschwänzigen Dämons als
S at y r ist leicht erklärlich“ (Sphae ra 222). BöLL hält den S at y r
des Antiochos für eine Hellenisierung des kopflosen Dämons
bei Teukros. So s etzt er auch die geschwänzte diskusköpfige
Figur von Esne der völlig kopflosen Gestalt des rechteckigen
Zodi akus von Dendera gleich, die hier als d ri t te Person vor dem
Wa ss er mann , als sechste hi nt er dem Steinbock erscheint (Taf. 4
der Sphaera). Dieser Kopflose s t r ec k t die Arme nach vorn aus
mit einer tragenden Geste; aber die Hände halten nichts. Viel­
leicht kan nt e Teukros ein Monument , auf dem der Akephalos
in den Hän den t at sächli ch seinen Kopf trug. An einen S at yr

1 Nach Abu Ma'sars persischer Übersetzung (848): „Ferner steigt ein


überirdisches Wesen von ebenmäßiger Gestalt (im 3. Dekan des Steinbocks)
auf, das Satan (d. i. Daimon) heißt; es hat keinen Kopf, sondern trägt den
Kopf in seiner Hand". D yhofk bei B o n , Sphaera 531.
— 71

«ri nner t aber diese ungeschwänzte Gestalt so wenig, daß ich


nicht glauben möchte, Antiochos habe sie in Sinn und Auge
gehabt. Und der Akephalos „ v e r b i r g t “ seinen Kopf ni ch t; er
h a t gar keinen mehr. E h e r könn te der Geschwänzte von Esne
sein H a u p t „ v e r be r ge n“ : im Sonnendiskus. Die Scheibe „ v e r ­
hei ml ic ht “ wohl sein wahres Gesicht. Die Darst el lung von Esne
ist mir u n b e k a n n t . Aber dennoch sei die Frage aufgeworfen:
h a n d e l t es sich beim S a t y r des Antiochos u nd seiner Feststellung
auf dem Zodiakus von Esne durch BOLL ni ch t u m jenen Dekan,
d e r auf dem rechteckigen Denderabild als zweiter im un tere n
Streifen (Taf. 4) un d auf dem r u nd e n (Taf. 2. 3) un t er ha l b der
Hint erbei ne des Schützen und des recht en Vorderfußes des Stei n­
bocks a u f t r i t t ? Er t r ä g t den Sonnendi skus auf dem Körpe r und
einen langen Schwanz. Diese Ge st alt ist ni cht einwandfrei als
kopflos anzusprechen: sie ist s o nn enh äup ti g; das A t t r i b u t des
Schweifes teilt sie mi t allen anderen — oder f a st allen —■
män nl ich gebildeten De kanen der Tierkreise von Dendera.
Diesen De kan, glaube ich, h a t t e Antiochos m i t seinem ko pfv er­
ber genden S a t y r im Auge, ni cht aber den eigentlichen Kopflosen
des rechteckigen Zodiakus. Das Wesen des s at y r h a f t e n Dekans
wage ich ni cht zu b es t im me n : sein Kopf als Diskus k önn te auf
solare wie lunare N a t u r hinweisen.
Im R u nd bi ld von D e n d er a begegnet der Kopflose des Teu-
kros nicht. E r scheint hier erset zt durch ein kopfloses vierfüßiges
Tier, das genauer ni ch t sich b es t im me n l äßt . Es b e r ü h r t mit
den Vorderbei nen die Kop fbe decku ng des Wa s se rm an ns u nd ist
d u rc h eine andere Gestalt v o m Stei nbock get re nnt , in dessen
Nähe es gehört. Nach Teukros zählen zu den P a r a n a t e l l o n t a
dieses Sternbilds auch noch die kopflose T a u b e u nd die kopf­
lose Schlange: im Zeichen des Steinbocks sind die Kopflosen
beliebt. Die Schlange (sie fehlt wie die T a u be im Zodiakus von
Dendera) m a g sich auf die vo n Herakles geköpfte zur ückführen
o de r aber in dieser ä gyp ti s ch en Um ge bu n g auf jenes Reptil,
das nach P l u t a r c h s Bericht, de Iside et Osir. 19, Thuêris ver­
folgte u nd von den F r e u nd e n des Horos ni edergehauen wurde.
Noch die s p ät en K yr a ni de n (M É LY -R U E LL E 2, 11 Nr. 35) kennen
einen „kopflosen Dämon, einen Fiebergeist, der Männern und
Weibern zur B eh ex un g geschickt wird vom ersten Dekan des
Steinbocks: er geho rcht n i ch t schnell, weil er weder sieht noch
h ö r t ; denn er ist ohne K o p f “ . Und das heilige Buch des Hermes
a n Asklepios (C . E. RU E L LE , He rmès Trismégiste, Rev. de philol.
N. S. 32, 1908, 270 Nr. 32) beschreibt den ersten Dekan des Aigo-
— 72 —

kerös, er heißt Tair, selbst als kopflos, sonst me ns che nges tal tig;
in der Re ch t en h äl t er eine kleine Kanne, die Linke s tr ec k t er
nach dem Schenkel aus: „er h a t Macht über die Knie und die
Leiden, die ihnen geschickt w e r d e n “ .
Im Stei nbuch des Königs Alfons X. von Kastilien, das 1250
ins Spanische aus dem Hebräi schen ü ber set zt wurde und a s t r o ­
logisch-astronomisch auf der griechischen Sphaer a b er uht, erscheint
als erster De kan des W a ss er ma nn s „ein Mann ohne Kopf mit
einem Tuch in der H a n d “ (B O L L , S phaer a 433) — also auch er
in der Nä he des Steinbocks: es wird sich hier wieder um den
kopflosen D ä mo n des Teukros handeln, der aus den Text en
der S phaer a b ar bar ica bis zum As trol abi um p la nu m des P e t ru s
von Abano (Venedig 1502) gedr ungen ist. Auch er verzeichnet
einen s t ehenden Mann und Bewaffneten ohne Kopf: „ D e r vir
stans sine capite 10°, auch vir a r m a t u s sine capite ^ 11°
ist sicherlich der Akephalos des Teukros, obgleich dieser ihn
schon beim vorhergehenden Zeichen, beim Steinbock, n e n n t “
(BO LL, Sphaer a 438).
Leider d eu t et nichts in der Überlieferung auf das eigent­
liche Wesen des Kopflosen am Hi mmel hin. Auch eine Notiz
des Clemens von Al exandri a hilft ni cht weiter zu einer befriedigen­
den Erkl är un g. Er spri cht (Paedag. 2, 2, 69 S.) von einem S t e r n ­
bild, das „ vo r dem Sterne des Ir rend en “ stehe; ihm sei „ de r Ko pf
auf die B r us t g es unk en“ . Seine moralisierende D e u tu n g der
Gestalt auf die Trunkl iebenden, Feinschmecker und W ol l üs t ­
linge t r ä g t ni cht zur K l är ung der Frage nach dem Urspr ung
dieses Akephalos bei, der nach des Clemens Beschreibung genau
g enommen eher ein Stet hokephal os sein dürfte. Die Stellung
dieses Kopflosen am Hi mmel l äß t sich nach Clemens’ Anga ben
ni cht e rmi tt el n; vor den Stern „des W a s s e r m a n n s “ oder den „des
G a n y me d es “ wollte ihn BOLL (Sphae ra 221) setzen, der die Ü b e r ­
lieferung „ vo r dem Sterne des Ir ren den“ für falsch hielt. Mög­
lich aber, daß sie doch nicht Unrecht hat. Clemens von Al exandri a
mag auch eines der ägyptisch-hellenistischen S p ha er e n m o n u m e n t e
g ek an nt haben, wie sie Dendera besaß. Der äu ße rs te Kreis des
Rundbildes von De nd era e n t hä lt die De kane; die Bed eu tu ng en
und Wa ndl un ge n „dieser ursprünglich gleichfalls als Sternbi lder
gemeinten, bald aber ganz selbständig gewordenen Gö tt erges tal ten
von den thebani schen Königsgräbern bis tief ins Mi t te la lt er“
(BOLL, Sph. 433) haben noch keine Er kl ä r u n g und Darst el lung
gefunden. Selbst BOLL b er ührt sie n u r beiläufig; er bespricht
auch in seinem Kapitel über den Akephalos des T e u k r o s (10, 9
— 73 —

S. 221 f.) den ar m- und kopflosen Mann nicht, der im Kreis d e r


Dekane des Rundbi ldes auf einem Stuhl sitzend vor Horos mi t
F al kenk op f und vor Horos auf dem Lotos begegnet. Aus seinem
R um pf e springen züngelnde F la m me n : die B luts tra hle n des
E n t h a u p t e t e n , wie sie die At hene r Gemme, der Berliner Ake-
phalos, die mi tt el alt erl ichen Geköpften, zeigen. Sollte diese
Gest alt ni cht der kopflose Dämon des Clemens sein, der vor dem
Sterne „des I r r en de n“ s i t z t ? Horos irrte nach einer ägyptischen
Sage mi t Isis auf der F luc ht vo r Seth bis zum Ort Apis im
libyschen Nomos; die Einzelheiten der Irrfahrt berichtet die
Met terni ch-Stele1 in aller Genauigkeit. So k ön n te der kopflose
Go t t des Dekanenkreises von Dendera vielleicht seine Er kl ä r u n g
als Osiris erhalten und auch die Na ch ri ch t des Clemens Kl arhei t
f i nd en 3. Und möglicherweise k a n n auch von hier aus der kopf­
lose D ä mo n des T euk ro s zu einer D e u tu n g k o mmen: er ist es
vielleicht, der ursprünglich als Stern zwischen Steinbock und
W a ss er ma nn s t a n d und s päter, so im R und bi ld von Dendera,
durch das kopflose vierfüßige Tier er setzt wurde und seinen
Plat z u n t e r den Dekanen erhielt. Soviel abe r scheint mir sicher:
gehörte der kopflose Dä mon des Teukros zur barbarischen, hier
ägyptischen, Sphaera, ni cht zu ihren hellenistischen B es t a n d ­
teilen, d an n dürf te er ursprünglich nu r Osiris gewesen sein,
den ich im kopflosen Dekan des Rundbi ldes erkenne.
Auf andere kopflose Gest alt en am S te rnh imme l der Ä g y p t e r
und Hellenen wurde schon hingewiesen. Es gab eine akephal e
Ta ub e und Schlange, einen akephalen, u n be s t i m mb a r e n Vier­
füßler: sie e n t s t a m m e n wohl alle der Mythologie, teilweise der
des Osiriskreises. Zu i hm g eh ör t wahrscheinlich noch eine
weibliche Figur, auch sie in der Nähe des Steinbocks, die schon
im 2. vorchristl. J a h r h u n d e r t von Nechepso-Petosiris e r wä h n t
wird (Ast rol ogumena ed. RIESS 339, 206) als das kopflose S te r n ­
bild der Eileithyia, der Ge burt sgö tt in. Era to st he nes in seinen
Ka ta st er is men (ed. ROBERT 84) d eu t et e die Gestalt als Tyche;
FR. B o l l sah in dem Stern Eileithyia zuerst einen „neuen
Namen f ü r . . . Kassi opeia“ ( Sph ae ra 213), ä n d e r t e 3 abe r s pät er
seine V e r m u t u n g dahi n: n ur die P art henos , die J u n g f r a u , könne
gemei nt sein. Teukr os n e n n t (S p ha e ra 18) „eine Göttin, die
auf einem T hr on e sitzt und ein Kind säugt, die a n d e r e . . . als

1 A. W i e d e m a x x , Religion der alten Ägypter S. 113 f.


2 A. D e b a t t e denkt an schlechte Interpretation einer Figur wie des ste-
thokephalen Bes von Cagliari durch Clemens; Le Mus. Beige 26, 1922. 258.
3 Stoicheia 1 (Offenbarung Joh .) 1914, 105, 1.
— 74

eine Horos säugende Isis bezeichnen.“ Nun überliefert Erato-


sthenes ( K a t a s t . 9) Theorien, die in der J u n g f r a u des Tierkreises
verschiedene Göt t inn en e r k an n te n: Demeter, Isis, At argat is, auch
Tyche, und „ d a r u m bildete m a n sie auch haupt los a b “ . Das ist
symbolisierende Auffassung1: nach H e k at ai o s2 bei Diodor (1, 96)
d ac hte n sich die Ägy pt er im Jenseits ein kopfloses Bild der R ec h t s ­
göttin, Dike-Met: blind spricht sie R ec ht ; blind verteilt Tyche
ihre Gaben; mit geschlossenen Augen ist der Oberrichter, händelos
sind die Ri cht er im ägypt ischen Theben dargestellt (Plut. Is. 10);
blind s pendet Eileithyia den Segen oder Unsegen der Geburten.
Aber ursprünglich, das ist eine V e r m u t u n g Ad. J a c o b y s , mag die
h aupt los e J u n g f r a u der Sphaer a
eine h aupt los e Isis gewesen
sein: sie wu rde nach P lut ar chs
Überlieferung (de Is. et Osir. 20)
von Horos e n t h a u p t e t , den ihre
Milde gegen den ü ber wun denen
Seth zur W u t bracht e, eine
Nachri cht , die ein ägypt ischer
mythologischer Ka lender des
Neuen Reiches b es tät igt , Pap.
Sallier 4, 2 . 6 — 3, 6: „ D a ward
Horos zornig gegen seine M u t ­
t e r . . . siehe, er t r e n n t e das
H a u p t der Isis a b “ 3. Und Isis
wird auch als Dike, Nemesis,
als Eil ei thyia a ng e ru fe n und ver ehrt . Die Sphaerenbi lder von
Dendera weisen die kopflose Göttin ni cht auf.
Vielleicht aber darf man, Abb. 7, in der knienden, bet ende n
oder flehenden Gestalt am G ra b ma l R a m s e s ’ IX. (Memoir. Cair.
15, T. 36) eine kopflose Isis sehen. Man b eda uer t auch hier das

1 H ygin k e n n t (2, 25) auch die h au p tlo se ‘Ceres oder Fortuna’: der Grund
ihrer K opflosigkeit sch ein t ihm die geringe L eu ch tk ra ft der Sterne, die den
K opf der Ju n g frau an d eu te n (B oll, Sph. 258): ‘quod cap u t eius nim ium ob-
scurum v id e tu r’.
2 Is. Le v y , D ivinités égyptiennes, S. 274, 2. A bschn. 1 S. 271/6 h a n d e lt
\o n A lêtheia, D ikaiosynê, D ikê akephalos. H ier auch die L ite ra tu r zu r F rage.
S. ob. S. 43, A nm . 1).
3 Ü ber den E rsatz , den T h ö t d er Isis fü r ih r abgeschlagenes H a u p t (oder
ihre K rone) gibt, den R indskopf, vg l. H . G r e s s m a x x , F estschr. E d u a rd H ah n ,
S tu ttg . 1917, 251 f. (S tu d ien u . Forschungen . . . . von A . B u s c h a s 14);
auch F r . Z i m m e r u a x x , Äg. Religion, 30.
- 75 —

Fehl en von er klärenden T e x t e n der Ka ir ener Ausgabe sehr:


am Original ließe es sich gewiß zweifelsfrei feststellen, ob diese
akephal e Figu r t at säc hli ch weiblich g eda cht ist. Die An d e u ­
t u n g e n d er B r u s t scheinen abe r a uc h nach der bildlichen Wi ed e r­
gabe n u r eine F r a u zu ergeben, die vor dem stierhörnigen Gott,
wohl Amon -Rä, kniet.
Ob der kopflose G o t t der Z a ub e rp ap y ri von den Verfassern
i hrer P r a k t i k e n als Sternbild g e k a n n t war, wird sich k a u m mi t
unseren Mi tteln bej ah en oder verneinen lassen. Eine Bemer kun g
K. DIETERICHS in seinen Bei trägen „Hellenistische Volksreligion
und byzantinisch-neugriechischer Vol ksgl aube“ 1 scheint da f ür zu
sprechen. Er weist die B e d e u t u n g „Ti er kr ei s bi l d“ oder „ S t e r n ­
bi l d“ für das W o r t Zödion n ac h u nd ü b e r t r ä g t diese I n t e r pr et a t i o n
auch auf die Stellen, die f ür die Bezei chnung in der Z au b e r l i te r a t u r
in B e t r a c h t k o m me n . So wird auf die Zei chnung des Kopflosen
in P II zweimal v o m Verfasser hingewiesen als auf das „ u n t e n
gezeichnete“ oder „vo rli egende“ Zödion. K. DIETERICH ver st eht
d a r u n t e r „ n a t ü r l i c h das b et r. Ti erkr ei sbil d“ , n icht wie G. PA R T H E Y
das „ B i l d c h e n “ oder „ Ti e r c h e n “ (näml. den auch am Schluß
gezeichneten Skarabaeus). N un v er b ie t et aber schon die T a t ­
sache, daß das Akephalos-Bild selbst die B enen nun g „dieses
Zödi on“ . . . fü hr t, hier an ein Tierkreiszeichen zu denken. Das
W o r t bedeutet , wie überall in solchen Fällen bei den Verfassern
der Z a u b e r p a p y r i : Figur, Zei ch nu ng 2. Erwiese sich DIETERICHS
I nt e r p r e t a t i o n für die Stellen des P 11 als h al t bar , sie erbrächte die
schöne B es t ä t i g u n g eines möglichen, u nm i t t el b a re n Z u s a m m e n ­
hanges des kopflosen Dä mo ns der Sphaer a und der Za ube rpapyr i.

Der A kephalos der Gemmen.


Der Kopflose des Ägypt er s, wie er als typische D ä m on e n­
g est al t in den Z au b er pa py r i begegnet, d ürf te n ac h der Sicht ung
un d E r k l ä r u n g aller uns vorliegenden Überlieferungen n u r einer
sein: Osiris, der v on Seth ü ber wun dene u nd e n t h a u p t e t e Sonnen-

1 A r r E A O Z , Archiv für neutestamentliche Zeitgeschichte I 1925, S . 9-


2 Nur in zwei Fällen (P V) läßt sich die astronomische Wertung des Wortes
zweifellos erkennen. Ich werde alle Belege anderswo gesammelt m itteiien.
- 76 —

gott. So wird m an auch ohne Bedenken d as ägyptische Amul et ,


das F. J. B u s s und R. A. ST. MACALISTER in Teil S a n d a h a n n a h 1
gefunden und im Palestine Expl orat ions Fund veröffentlicht
haben, auf Osiris d eu t e n : auf einem S kar ab aeus ist die Gestalt
eines Kopflosen eingraviert, schreitend, mit der Linken, wie es
scheint, einen Stab, wohl den Herrscherst ab hal tend. Die Hiero*
glyphen vor der Fig ur weiß ich nicht zu deut en, auch nicht die
Zeichen über ihr — zwei ovale Kreise (Sonne, Mond?) neben
einem pfl anzenähnl ichen O r na me nt . Die Ta ts ac h e aber, daß der
Akephalos auf einen Skarabaeus, den Sonnenkäfer, geritzt ist,
weist schon auf seine I nt er pr et at i on hin: er kann nur Osiris
darstellen.
Die Gemme aus At hen, die den gefesselten und geköpften
Got t zeigt, wird schwerlich Seth als S on nengot t darstellen.
Sonderbar, wenn m an soweit im S ynkret is mus gegangen wäre,
den von Seth e n t h a u p t e t e n Osiris als S et h -T yp h on selbst a b ­
zubi lden2. Es gi bt eine ägypt ische A bbi l du ng des Gottes, die den
eselsköpfigen Üb e l t ä t e r a n einen Pfahl oder Galgen gefesselt
dar st el lt : in seinem Leib stecken drei Messer, vor ihm stehen
die fü nf HorossÖhne m i t Messern bewaffnet, hi nt er ihm der ge­
krönt e Osiris und Serapis. Diese Szene (bei BliDGE, Osiris II, 48)
ist dem Mythos ent sprungen, der von der Bes traf ung des Osiris­
mörders erzählte. Sollte der M a r te r und Ex ek u ti o n des Böse­
wichts nicht auch, nach einer Sagenversion, seine Köpfung ge­
folgt sein, sollte er nicht genau wie sein Opfer Osiris zerstückelt
worden s ei n ? Ein Teil dieses Ve rgel tungsakt es dürf te aus der
Tat sache hervorgehen, daß Horos auf seinem S ta ndbi ld zu Koptos
in einer Hand das Glied des T y ph on t r u g ( P l u ta rc h, de ls. et
Os. 55). Das bezeugte die Vergeltung für den Frevel Seths, der
das Glied des Osiris in den Nil geworfen h a t t e (Plut. 18). Und
eine Vi gnet te zum 17. Kapit el des T ot e n b u c h s zeigt den S o n n e n ­
g ot t als gelben Ka te r, wie er ain Fuße einer S ykomor e einer
Schlange, dem Seth (oder Apophis), den Kopf mit einem Schwert
a b h a u t — noch ist die Kö pfung nicht vollzogen, a b e r d aß sie
s t at t fi n de n wird, d a r ü b e r l äßt die Szene ni ch t im Zweifel; vg!.
das Bild bei HOPFNER, Off enbar ungs zaube r II S. 73. Die Ü be r ­
lieferung f ü r die E n t h a u p t u n g Seths fehlt t atsächlich ni cht : „ D a

1 Excavations in Palestine by Fr. J . B t.isss and R. A. S t . M a c a u s t e r ,


Lond. 1902, Platt' 83 nr. 23, ohne fördernde D eutung im Text.
2 Vgl. auch den Protest Plutarchs, de Is. et Os. 51, gegen die, die etwa
dem Typhon die Sonnenscheibe zuerteilen: „ihm ist ja nichts Glanzvolles und
Rettendes, keine Ordnung . , . eigen, sondern nur gerade das Gegenteil“ .
— 11 —

s ch ni t t der Isissohn Horos seinen und seiner Bundesgenossen


Kopf ab vo r seinem Va te r R ä . . . Er zog ihn an den Sohlen
durch das Land, er stieß die Lanze in seinen Kopf und in seinen
R ü c k e n “ . . . So ein ägypt ischer Bericht (nach F r . Z im m e r m a n n ,
Die äg. Religion 1912, 32). Diese letzte Folge der Rache k ann die
Athenische Gemme wohl darstellen: Seth h a t die E n t h a u p t u n g
er duldet durch das Schwert; er ist, j e t zt ohne Kopf und Aidoion,
dem L i c h t g o t t unterlegen, dessen Na me n die Umschrift fest ­
hält. D a m i t kön nt e die Gemme als Amul et den Sinn erhalten
hab e n: der Sonn en go tt Osiris, oder sein Sohn Horos, wird den
Trä ger der Gemme schützen, er wird auch die mächt igs ten Feinde
des Besitzers so zu ver nicht en i ms ta nde sein, wie er endlich Seth-
T y ph o n unterworfen und geköpft hat.
— 78 -

Verzeichnis von Nam en und Sachen.


Adonis (Byblos) 12. Buchstabenspielerei im Jaspis m it Zauberworten
Aidonea 30, 32, 33. Zauber 35 f. 57,1.
Aisch\ los, Eum. 75 f. Byblos: Adonis, Osiris 12. Jockeys 27— 29. 40.
Akaranö, Zruvan 68 f. 171 i ü/i'lrli 28,1 .
akarenos: akephalos 68. Clemens Al., Paed.: 72 f. Isis, kopflos (Sphära) 74,
Akephalos der ZPapyri mit Kuhkopf 13,2, am
42 ff. Dedi, Zauberer 13,2. Grabmal Ramses’ IX ?
Amon-Rä und Isis? 74 f. Dendera, Tempel, Sphae- 74 f., von Horos ent-'
äy.oi 40,2. ra 70 ff. hauptet 13,2, 74, N il­
Akrostichon (Eulamon) Diabole, Verleumdung pferdgöttin 25,2; J.
36,1. 52, 68 f. Hekate-Ereschigal 5 7 ,
Akroteriasmos 49 f. Dymphne, ir. Prinz. 38,2. J. Dike - N e m e sis-E i­
Amduat, Dämon i.m Buch leithyia 74, vor Amon-
69. Eileithyia 73, 74.
R ä? Bild 74 f.
A m ethyst aus Italien 66. Eneit v . Veldeckin 15,4.
Ananke 25 f., 30. E phydrias? 31, 39. Kater, Osiris 76, Katze
Andersen, Chr. 10. Eratosthenes, K atast. 73. des O. 52; Katzen-
gesichtiger Gott 52.
Antiochos, astron. Autor Ertränkungstod 52 f.
70 f. Eselsköpfige Gestalten Keile zur D efixion? 40.
16, 28. Keller, Gottfr. 6.
A nubis 30, 37,2.
äwTtoü 67. Esne, Tempel 70 ff. Khepera 51.
Apollon 61 f. Eulamo 27, 35— 37, 53. Khukhu, Dekan 37,2.
Kopf-Phallos 7.
Apophisschlange 18, ge­
tötet 76. Gemmen 15 f., 17, 75-77. Kopf :schw im m end8, 12;
Geschlechtsteile, männ­ w eissagend 8, in Hän­
Archonten, gnost. 28.
Aretaeus, cur. morb. 1,4. liche, Verstümmelung den halten 14.
Artemidor, On. 35, 38: 49, Seths 51, des Osi­ Kopflose: Dämonen,
ris 76. Phonos 14 f., hermet.
13 f.
Traktat 71 f., Fieber­
A R W :Archiv f.R eligions­ Gorgoneion 8.
geist, Kyraniden, 71,
w issenschaft. Handlose Richter 74. der Sphaera 72 f., un-
Heilige, Kopf tragend gedeutet 69, Dekan im
Baba, Dekan 37,2. 49,4. Steinbuch 72, Dike-
Bänder in der Defixion Hekate-Aidonaia 33, H. Met 4 3 ,1 ,7 4 , hl. D iony­
40. Isis-Selene 67. sius 14, Dionysos Ke-
bannen, binden 40. Henkelkreuz 49. phalen 8, Eileithyia 73,
Beisitzer 29, 34. Hermetisches Buch: 71 f. Fortuna 74,1, Gei­
Bes 44, 46 (Cagliari). Herm hekate? 57,2. ster 11, Geistertiere
Bilder: auf Fluchtafeln Herodot 4, 191: 46,1. 10, Gestalten der
23— 41; Papyri 15,21,2 Herrscher der Zeit 69. Sphaera 70— 75,
26,6 (Seth), 45, 46, 47 Horos, Seths Besieger Gorgo 8, Heilige 15,3,
(Bes), 52 ff. (Zauber­ 25,2, 51, 76 f. 49,4, Hel 11, Hunde 10,
szene), 58 ff. (Akepha­ Hippolytos 9, 16. Isis 13,2, 74, Leichen
los), 63— 66. Gemmen Horapollon, Hieroglyphi- 1 1 f, Löwe (Osiris) 50,
15 f., 17, 47. 76. Grab ca 1, 58 nennt also Hie­ Mimir 8 , Molos 7 f.,
Ramses1 IX 13.2, 74 f. roglyphe für das 'U n­ Orion 8, Orpheus 8,
Sarkophage 4 3 ,48,51f. m ögliche’ das Bildeines Pferde 10, Phonos,
Sphaeramonumente 70 Kopflosen; Bild von Dämon 14, Satyr
b. 75. Stuttg. Passio- A . Dürer im Jahrb. d. (Sphaera) 70ff., Schat­
nale 15.4, 49.4, 66.1. Kunstsamml. des Kai­ ten 11, Schlange
Geköpfte 15.3, 48, 49. serhauses, Wien 32,1, (Sphaera) 11, 71, Tau­
Horos 51. Dämonen 69. 1915, S. 205. ( N a c h ­ be (Sphaera) 11, Tri­
Blut, Abbildung 15, 7 3 f. tr a g .) ton 7 f.
- 79 —

Kopflose in Byzanz 11, Palindrom 24',5. Testam entum Salom onis


Deutschland 6, 11, Papyrus von Ani 49. 14, 66.
Italien 8, Kreta 7, Hunefer 47 f. Sallier Teukros, astron. A u tor
Kypros 10, Tanagra 74. W estcar 13,2. 70 f.
7, im Traum 13 f. Papyruskopf, Byblos 12. Thot 13,2.
K öpfung: B estattung 1 l f . Seth 21,1. Tierkreisbilder 75.
Strafe 13, Osiris 12,43, Pausanias 9. Triton 7 f.
Seth 16, 76 f., Vogel Pferdegesichter 27, 28 f., Typhon, Beinamen 54 f . r
Strauß 16 Anm., 39. Bild 26.2, Blitzhaltend
Schafe 16, im Bild 15,3, Phallos-K opf 7. 21,2. Ephydrias? 31,
Geköpfte 48 f. Philae, Basrelief von 52. Eselsgesicht 28, in den
Korybas 9. Phonos-Däm on 14. Fluchtafeln ? 22— 30.
Kreis (K yklos), im Zau­ Phrygia, Dämonin 30-32. Gnost. Archont 28,
berbild 29 f., Seelen­ Pistis Sophia 28. am Himmel 25,2, N a­
wanderung 28. Plutarch, def. or. 7. turgeist 20, Onuris 18,
Kreta, Molosfest 7. solar? 16, 18, Strafe
Rachepuppe 28. 76 f., Verschlinger der
Kyraniden 71. Ramses IX , Grabmal mit Sonne 22, in Zauber­
Bildern 13,2; 74 f. worten 44.
Lamia 36.
Lebenskreuz 30. Sarg der toten K atze typhonische Dämonen35.
Lukian 9, 12. 55'f., des Osiris 56. ullam u: Eulamo 37.
Sarkophag: Kairo 43, 48,
Meliuchos 53. 51,3; Philae 52. Varro 9.
Memnonbild, kopflos 68. Satyr, kopflos 70 ff. V ettius Valens 45.
Met 43, 1. Schilfkrone 12,2. Vogelkopf, Dämon m it
Min von Koptos 63— 65. Schlange, kopflos 71, 38.
Mithras 68. schwanzbeißend 16.
Molos 7 f. Zauberfluchtafeln 10, 13,.
Selbstmord durch E n t­ 22 ff., 33— 35, 38— 40.
'Mord’, akeph.D äm on 14. hauptung? 16.
Mumien im Zauberbild Seneca, Apoc. 9. Zauberlogos 24,5.
39. Zauberpapyri: II: 58 b.
Seth s. Typhon. 63. III: 52— 58. IV:
Seti I, Grab 69. 168— 221: 19 f.; 1620::
Nägel im Zauber 40, 41. Siegel, bannendes 50.
Nephotes 18. 68;2132ff.:50; 2477ff.:
Siegelzylinder 68,1. 67; Schluß: 22. V:
N ephthys 43. Siegesinschriften, äg.46 f.
N ymphaios ? 32 f. 9 6 ff .:4 2 f.; V II:2 2 2 ff:
Skarabaeus 50 f., 76. 44— 50; 605 f: 67 f.;
Nym phe: Aphrodite, He­ Skeletos in P III: 55.
kate 33. 961— 970: 21. V III:
Sonnendiskus 49, 50, 64 ff.: 44— 50. X II:
Nymphen 30, 32, 33. 76,2. 2,1 ff.: 5 0 f.; 11, 1 5 ff.;
Srö, Dekan 26,2. 21 f. Pap. Oslo, B ilder
Onuris 18. Steinbuch Alfons" X .7 2 .
Orion-Osiris 45. 63 f., 66.
Stethokephal, Dämon Zauberworte in Herz­
Ornias, Dämon 38,1. 15, 66, Bes 46; Men­
Osiris: der Gute 42, Flügel- und Trauben­
schen bei H ero d o t4 6 ,l. form 53.
Meliuchos 53, U nter­ Sympathiezauber 38.
w eltsgott 38, Akro- Symphona, Vokale 34, Ziegenkopf 10.
teriasmos 12, Wieder­ Zliten, Tripolis, Mosaik.
Sym phonia? 34 f. 15,4.
belebung 12, 43; Kopf Synkretismus der Z.-
in Byblos 43, in Abydos Zmyrna, Dämonin 32.
T exte 43. Zodion: Tierkreisbild,
12; ithyphallisch 51,
ohne Phallos 52; sein Tanagra, Triton 7. Figur 75.
Papyrön 12,2; in P Taube, kopflos 71. Zweiköpfige D äm onen?
111: 56f. Tertullian 9. 69.
I

— 80 —

Inhalt.
Seite
Vorwort .................................................................................................................. 3— 5
Der kopflose Gott im V o lk s g la u b e n ............................................................. 6— 15
Der kopflose Gott auf G e m m e n ...................................................................... 15— 17
Seth in den Zauberpapyri ............................................................................... 17— 22
Gestalten der römischen F lu c h ta f e ln ............................................................. 22— 4!
Der kopflose Gott auf Z a u b er p a p y r i............................................................. 42— 52
Der ,,Kopf lose“ im Payprus Mimaut .........................................................52— 58
Der kopflose Gott des II. Berliner Papyrus ............................................58— 63
Zu zwei Bildern des Papyrus Oslo ............................................................. 63— 66
Zweifelhafte Belege für den A k e p h a lo s.........................................................67— 69
Der Akephalos am H im m e l...............................................................................70— 75
Der Akephalos der Gemmen .......................................................................... 75— 77
Verzeichnis von Namen und S a c h e n ..............................................................78 — 79

Verzeichnis der Abbildungen.


Im T e x t :
1. Anubis-Osiris-Gemme, Brit. Mus............................................................................... 17
Vgl. C. W. K in g , The Gnostics and their Rem ains (ed. 2, Lond. 1887),
Plate F 5, T ext S. 440.
2 . Bleitafel aus Vigna Marini ................................................................. 23
,
Vgl. R . W unsch Sethianische Verfluchungstafeln, L p z. 1898,
T a f. 16 .4, S. 16,
3. Bleifluchtafel aus R. Wünschs Besitz ..............................................................41
Nach R . Wünsch, D eisidaim oniaka, Arch. f . Relig. W iss. 12, 1909,
41— 45, N r. 3. Abb. 7, S. 42.
4 . Brustgesichtiger Dämon (Bes) aus Cagliari, M u se u m ................................46
Nach A . Delatte, B ull. Corresp. Hell. 38, 1914, Fig. 10 S. 239.
5. Geköpfte Gefangene aus Ä g y p t e n .......................................................................48
N ach B udge, Osiris I. K ap. 6.
6. V ignette aus dein Buch von den Dingen der U n te r w e lt...........................49
Nach Delatte, B u ll. Corr. Hell. 38, 1914, S. 233.
7. Bildszene vom Grabmal Ramses’ IX ............................., ................................... 74
M émoires de l’In stitu t français d’archéologie orient, du Caire X V
1907 T a f. 36.

T af e i n.
1. 1. Der kopflose Dämon vom Schluß des P II, Berlin. Vgl. S. 58■— 63.
2. Dämon (Min) aus Pap. Oslo, Kol. 4. Vgl. S. 63— 66.
II. 1 Dämon (Bes) aus P VIII, Brit. Museum. Vgl. S. 45.
2. Wiederbelebung des kopflosen Osiris durch Isis und N eplithys, von
einem Kairener Sarkophag. Nach Delatte, F ig. 8, Vgl. S. 43, 47 f . , 51.
.111. I. Stetliukephaler Dämon aus Pap. Oslo, Kol. 2. Vgl. S. 15, 66.
2. Seth, Isis, Osiris im Zauberbild des P III. Vgl. S. 52 — 511.

lïUCKDRL'CKF.RBI W.HOrPE, BORSDORP-LEIPZia


V 2 -Hpt{T311

Per Kopflose aus Pap. II.


Tafel

Dämon aus Pap. Oslo.


Tafel II.

Osiris m it Isis und N ep h th y s. S arkophag in K airo.


Tafel I I L

D ämon aus P a p . Oslo.

Z auberbild an; Pap. Mim


BEIHEFTE ZüM „ÄL1EM ORIENT“
Herausgeber: Prof. Dr. WILHELM SCHUBART-Berlin.
HEFT 1 Bisher gdangten zur Ausgabe-

Scliiffahrt u. H an delsverkehr des östlichen


M ittelm eeres im 3. u. 2. Jah rtau sen d v. Chr.
Von Prof. Dr. AUGUST KÖSTER-Beriin .
38 S eiten m it 17 A bbildungen im T ext u n d a u f Tafeln. Ern. 1,50-
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162 Seiten. Hm. 3 60, gebunden Rro, 4,80-
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Von Prof. Dr. THEODOR HOPFNER-Prag
92 Selten. R ni; 2.49, -
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32 S e i t e n m i t 4 T a fe ln .' R un . 1.80.
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D olm en u n d M astaba
Der Einfluß des nordaM kanischen Megalithgrabes auf
die Entwicklung des ägyptischen Grabbaus
Von' ELISE BAUMGÄRTEL
*3 m i t 51 A b b ild u n g e n :. d a v o n 24 a u f T a f e l n . P r e i s B i n . 2.70.

¥Erf T A lexander u n d Ägypten


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