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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik

als eigener Disziplin

KURT R. JANKOWSKY

Wenigen Sprachwissenschaftlern des 19. Jahrhunderts wurden mehr Lobpreisun-


gen zuteil als dem Indogermanisten Franz Bopp. Seine Verdienste um die wissen-
schaftliche Fundierung der vergleichenden Sprachwissenschaft bleiben auch bis
heute grundsätzlich unbestritten, ungeachtet der Tatsache, dass seine Forschungs-
ergebnisse fortwährend ergänzt und in vielem verdrängt worden sind durch neu
gewonnene Resultate, die ihre Entstehung im Wesentlichen ständig verfeinerten
wie auch neu formulierten Methoden verdanken.
Jedoch nicht erst heute, sondern bereits zu Lebzeiten Bopps und vor allem in
den Jahrzehnten unmittelbar nach seinem Tod, hat man oftmals nach einer ge-
naueren Bestimmung dessen gefragt und verlangt, worin das eigentliche Ver-
dienst des Mannes besteht, den man bekanntlich noch immer generell als den
Begründer der vergleichenden Sprachwissenschaft feiert, und auf welche Berei-
che der Sprachwissenschaft er mit seinem Lebenswerk einen entscheidenden und
anhaltenden Einfluss ausgeübt hat.
Für die vorliegende Arbeit ist die Behandlung dieser Fragen – und eine
Anzahl der sich zwanglos daraus ergebenden Implikationen – das zentrale Anlie-
gen. Dem vorangehen muss eine kurze Betrachtung über die Art der Sprachfor-
schung, welche für Bopp, für seine Zeit und für etliche Forschergenerationen
zuvor als festes Fundament, als gesicherter Ausgangspunkt gegeben war.

I.

Sprache ist Untersuchungsobjekt seit der griechisch-römischen Antike; das heißt,


nicht eigentlich die Sprache als solche, nicht als das, was allen menschlichen
Sprachen zugrunde liegt und was ihr eigenstes Wesen ausmacht. Vielmehr zielen
in Angriff genommene Untersuchungen auf Einzelsprachen. Freilich wird nicht
jede beliebige Sprache für wert befunden, Objekt einer wissenschaftlichen Unter-
suchung zu sein. Dieses Vorrecht steht in der nachrömischen Zeit zumindest bis
zur Ära Leibniz ausschließlich den drei ›heiligen‹ Sprachen zu: Latein, Grie-
chisch und Hebräisch. Die Forderung nach gleichem Recht für alle Sprachen wird

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zwar seit langem weithin hörbar vorgetragen, bleibt aber für Jahrhunderte ohne
handgreifliche Folgen. Man denke z. B. nur daran, dass in Deutschland die unum-
schränkte Herrschaft des Lateins als Vorlesungssprache auf den Universitäten erst
gegen Ende des 17. Jahrhunderts eingeschränkt zu werden begann, als ein Zeitge-
nosse von Gottfried Wilhelm Leibniz, Christian Thomasius, im Jahr 1687 es wag-
te, vor seinen Studenten wissenschaftliche Probleme in deutscher Sprache statt
auf Lateinisch vorzutragen und zu erörtern. Das Deutsche – so fand man über-
raschenderweise heraus – war dazu durchaus fähig. Eine ›unheilige‹ Sprache hatte
sich damit noch längst nicht als dem Latein ebenbürtig erwiesen, doch ein ent-
scheidender erster Schritt war nunmehr getan.
Die Ausweitung des sprachlichen Untersuchungsobjekts von den ursprünglich
drei privilegierten Sprachen auf unterschiedslos alle natürlichen Sprachen hatte
zudem unvermeidlich einen bestimmenden Einfluss auf die Weite und Breite des
angestrebten Untersuchungsfeldes, zusätzlich zu dem rein numerischen Faktor.
Nach wie vor erwartete man Aufschlüsse zu gewinnen hinsichtlich der Inhalts-
sphäre, der Besonderheit des sprachlichen Gehalts, die in jeder Einzelsprache in
vielfacher Gestalt verschlüsselt enthalten ist. Teil der angestrebten Entschlüsse-
lung wird es jetzt aber auch herauszufinden, in welcher Weise die einzelsprach-
lich inhaltliche Besonderheit an formale Kriterien gebunden ist. Der Sprachver-
gleich gewinnt im 17. und 18. Jahrhundert an Bedeutung. Keineswegs ist er als
methodologisches Instrument neu, doch wird er nunmehr gezielt für den Nach-
weis der Gleichheit, Ähnlichkeit oder Ungleichheit von sprachlichen Einheiten
eingesetzt.
Sprachvergleich involviert generell das Nebeneinanderstellen von Elementen
eines postulierten zeitgleichen Bereichs – innerhalb einer Sprache oder zwischen
zwei bzw. mehreren Sprachen – oder von Elementen, die unterschiedlichen Zeit-
stufen angehören, wiederum entweder innerhalb einer Sprache oder zwischen
mehr als einer Sprache.
Sprachvergleiche ohne eine präzisere Strukturierung als die eben skizzierte
sind in der Zeit vor Beginn des 19. Jahrhunderts keineswegs selten. Wenn der
Florentiner Filippo Sassetti im Jahr 1585 in Briefen aus Goa (Indien) berichtet,
dass die »lingua Sanscruta mit der italienischen Sprache viele Wörter gemein
hat«,1 so ist das ein Vergleich zwischen Sprachelementen unterschiedlicher Zeit-
stufen mit höchst interessantem Ergebnis, doch ohne die dokumentarische Aus-
sagekraft des von Franz Bopp praktizierten Sprachvergleichs aus dem Jahr 1816.
Was der französische Jesuit Gaston Cœurdoux 1767 aus Pondichery (Indien) an
Abbé Jules Barthélemy St.-Hilaire nach Paris hinsichtlich der von ihm wahrge-
nommenen Übereinstimmungen zwischen Sanskrit, Latein und Griechisch berich-
tet, muss mit den Observationen von Sassetti in ein und dieselbe Kategorie der
Sprachvergleiche eingeordnet werden, obwohl Cœurdoux bereits von einem

_____________
1 Zitiert nach Benfey (1869), 222.

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»gemeinsamen Ursprung (commune origine)« spricht.2 Bei näherem Zusehen


entpuppt sich jedoch Cœurdoux’ Bezugnahme auf den »gemeinsamen Ursprung«
der genannten Sprachen nicht als Hinweis auf »abstammend von einer früheren
Sprachstufe«.3 Vielmehr war er der Überzeugung, dass den sprachlichen Gemein-
samkeiten vorhistorische Entlehnungsprozesse zugrunde liegen.
Sir William Jones dagegen hat nur wenige Jahre später – wie seine beiden
erwähnten Vorgänger anhand von unmittelbaren Sprachkontakten in Indien – eine
weitaus zutreffendere Analyse dieser sprachlichen Übereinstimmungen vorneh-
men können. Sie seien so weitreichend, die Verbalwurzeln ebenso wie Formen
der Grammatik umfassend, dass sie ihr Zustandekommen keineswegs dem Zufall
verdanken könnten, vielmehr auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeführt
werden müssten.4 Demnach gebührt Jones das Verdienst, der Erste gewesen zu
sein, der den Begriff der genealogischen Sprachverwandtschaft in die Gedanken-
welt der Philologen eingeführt hat. Er selber war Philologe – wenn überhaupt –
nur im Nebenberuf. Als »Chief Justice of the British Crown« in Kalkutta war er
an viele berufliche Pflichten gebunden, aber offenbar ließ ihm sein Amt dennoch
genügend Zeit, um seinen zahlreichen außerhauptberuflichen Interessen nachzu-
gehen. Mit Sanskrit hatte er sich ganze sechs Monate befasst,5 als er 1786 in
einem Vortrag vor den Mitgliedern der Asiatick Society of Bengal seine Ein-
drücke von den verwandtschaftlichen Beziehungen des Sanskrit, sowie einiger
anderer asiatischer Sprachen, zu den europäischen Sprachen wie Latein, Grie-
chisch, Englisch und Deutsch darlegte. Den nächsten Schritt, seine herausfor-
dernde Hypothese beweiskräftig durch gezielte sprachliche Analyse zu unterbau-
en, hat er nicht mehr unternommen.
Christian Jacob Kraus, Professor für Geschichte und Nationalökonomie an
der Universität Königsberg, nahm das Erscheinen von Peter Simon Pallas’
Linguarum totius vocabularia comparativa (St. Petersburg 1786–1787) zum
Anlass einer detaillierten Besprechung, welche in einigen wesentlichen Punkten
die von Sir William Jones erwähnten Kriterien der Sprachvergleichung weiter-
führte.6 Kraus hatte Kenntnis von dem, was »die gelehrte Gesellschaft zu
Calcutta«7 z. B. hinsichtlich der Sanskritsprache zum gelegentlichen Gegenstand
ihrer Diskussionen machte. Er war offenbar vertraut mit Nathaniel B. Halheds
Grammar of the Bengal Language (1778), wo es in der Einleitung heißt: »I have
been astonished to find the similitude of Shanscrit words with those of Persian
and Arabic, and even of Latin and Greek.«8 Hier aber wird noch beim Sprachver-

_____________
2 Arlotto (1969), 417.
3 Ebd.
4 Zitiert nach Lehmann (1967), 15.
5 Vgl. Edgerton (1946), 231.
6 Weitere Informationen zu Kraus und Pallas in Jankowsky (1972), 29–33.
7 Kraus (1787), 507.
8 Halhed (1778), iii.

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gleich mit ganzen Wörtern gearbeitet, was wohl auch für Jones zutrifft. Ganz
gewiss ist jedoch für Jones die Beschäftigung mit Sanskrit als sprachlicher Größe
zweitrangig. Ihm geht es in erster Linie um Sprache als Mittel zum Zweck. Sie ist
ihm Instrument zur Entschlüsselung der Kultur der Völker: »[…] he used lan-
guages as a key to the culture of peoples, which was his major interest as a
humanistic scholar.«9 Er begann mit Sanskrit-Studien, weil er die Kenntnis der
Sprache der Hindus für unumgänglich hielt zum Verständnis ihrer Gesetze. Eine
Verlagerung bei der Sprachforschung vom Sprachinhalt auf ausschließlich die
Sprachform vollzieht sich in einem langwierigen Prozess, der bis in die Mitte des
19. Jahrhunderts hineinreicht.
Kraus verfolgt kaum wesentlich andere Ziele als Jones. Sprachvergleich ist
für ihn eine philosophische Disziplin, zum einen darauf angelegt, die psychologi-
schen Prozesse bei der Formation der Sprachlaute zu untersuchen, zum andern, in
Sprachen auf verschiedenen Zeitstufen ethnologisch signifikante Fakten zu identi-
fizieren. Für Letzteres sei allerdings »[…] die Bestimmung des Sprachkreises
oder der Tatsache, welchen Menschen eigentlich und inwiefern ihnen eine
bestimmte Sprache angehöre«,10 eine unausweichliche Voraussetzung.11
Kraus betont ausdrücklich die Notwendigkeit, den phonetischen Wert der
Sprachlaute zu determinieren, vermeidet aber ebenso wie Jones, dem Einzellaut
eine zentrale Funktion beim Sprachvergleich zuzuweisen. Wie Jones operiert er
mit dem Begriff der genealogischen Sprachverwandtschaft und verwendet dafür
Termini wie »Geschlechtsverwandtschaft« (525) oder »Stammesverwandtschaft«
(526, 528, 529) und unterscheidet sie sehr wohl von sprachlichen Übereinstim-
mungen, die »nicht aus Naturgründen«, sondern »von Mittheilung herrühren«
(496). Auch den Terminus »Ursprache« finden wir bei ihm (525). Allerdings sieht
er noch keine Möglichkeit, mit den ihm bekannten Mitteln des Sprachvergleichs
sinnvoll für eine bestimmte Gruppe existierender Sprachen die Frage nach einer
Ursprache zu stellen.
Die hier genannten Personen haben für die Sprachvergleicher des angehenden
19. Jahrhunderts unentbehrliche Vorarbeit geleistet. Ihre Liste ließe sich leicht
zahlenmäßig vermehren und zeitlich sowie geographisch auf einen größeren
Raum ausweiten. Für unsere Thematik dürfte diese Auswahl jedoch hinreichend
sein.
Bopp hat mit Sicherheit die Arbeiten dieser und vieler anderer, thematisch
gleich ausgerichteter Sprachwissenschaftler gekannt. Sie waren für ihn ebenso
wie für manche andere zeitgenössische Forscher gesicherte Ausgangsbasis für das
eigene Vorgehen. Es bedurfte für Bopp keines Beweises mehr, dass der Begriff
Sprachverwandtschaft in dieser Basis mitgegeben war. Auch war die Einbezie-
hung der orientalischen Welt von vornherein kein erst noch grundsätzlich zu
_____________
9 Edgerton (1946), 233.
10 Kraus (1787), 500–501.
11 Vgl. hierzu auch Jankowsky (1972), 30.

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erwägender Punkt für seinen Forschungsplan, und das nicht erst durch die von Sir
William Jones geleistete Vorarbeit. Für die Klassische Philologie waren von
frühester Zeit an mit dem griechischen Geist auch orientalische Elemente verbun-
den.12 Man hat mit gutem Recht behauptet, »daß der Orient in späteren Jahrhun-
derten zum Lehrmeister Europas werden konnte«.13 Die nähere Beschäftigung mit
orientalischer Kultur und mit orientalischen Sprachen lag im 18. Jahrhundert
sozusagen in der Luft.

II.

Franz Bopp findet und geht seinen eigenen Weg. Er verdankt seinem Gymnasial-
lehrer Karl Joseph Hieronymus Windischmann den ersten, vermutlich entschei-
denden Impuls, sich mit Sprachforschung zu befassen, »sogleich von Anbeginn
mit der Absicht, auf diesem Wege in das Geheimnis des menschlichen Geistes
einzudringen und demselben etwas von seiner Natur und von seinem Gesetz
abzugewinnen«.14 Bopp hat nie aufgehört, seinem väterlichen Freund für diese
erste, richtungsbestimmende Anregung seine Dankbarkeit zum Ausdruck zu brin-
gen. Noch 1821 schreibt er in einem Brief an Windischmann: »[…] ohne Sie
würde ich es vielleicht für etwas Unwürdiges gehalten haben mich gegen den
Orient hin zu wenden.«15 In den Anfangsstadien seiner wissenschaftlichen Lauf-
bahn befolgte er auch getreulich die bisweilen sehr detaillierten Vorschläge seines
Ratgebers. Aber schon bald ließ er sich von seinem eigenen, unbeirrbaren Instinkt
leiten, der ihn – gründend auf seiner wachsenden Vertrautheit mit den neuen
sprachlichen Materialien, in die er sich in Paris einzuarbeiten begonnen hatte –
mit fast schlafwandlerischer Sicherheit zu einem umfassenden Plan der Sprach-
vergleichung führte. An der weiteren Ausarbeitung und beständig voranschreiten-
den Verwirklichung hat er sein ganzes Leben lang gearbeitet.
Bopp lernte sehr viel von dem weitaus erfahreneren Friedrich Schlegel und
seinem Werk Ueber die Sprache und Weisheit der Indier (1808). Sir William
Jones hatte mit seiner grandiosen Hypothese die Sprachwissenschaft mit einer
herausfordernden Aufgabenstellung konfrontiert. Auch wenn er durch einige
Andeutungen darauf hinwies, wie eine sprachliche Untersuchung vor sich gehen
müsste, um für seine Hypothese das notwendige Beweismaterial zu erschließen,
war erst durch Schlegels Werk ein solides Rahmenwerk für konkrete Forschungs-
arbeit geschaffen worden.
Schlegel gibt Bopp – und der sich herausbildenden vergleichenden Sprach-
wissenschaft ganz allgemein – vor allem zwei sehr wesentliche Hilfsmittel an die
_____________
12 Vgl. Becker (1931), 11.
13 Ebd., 21.
14 Windischmann in Conjugationssystem, Vorwort, II.
15 Zitiert nach Windisch (1917), 68.

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Hand. Zunächst ist zu erwähnen, dass er den Status der Sprachwissenschaft ganz
erheblich konsolidiert, indem er sie als vergleichswürdig mit der Naturwissen-
schaft erklärt:
Jener entscheidende Punkt aber, der hier alles aufhellen wird, ist die innere Struktur
der Sprachen oder die vergleichende Grammatik, welche uns ganz neue Aufschlüsse
über die Genealogie der Sprachen auf ähnliche Weise geben wird, wie die verglei-
chende Anatomie über die höhere Naturgeschichte Licht verbreitet hat.16
Enthalten in dieser Aussage ist zugleich auch das, worauf schon Jones hingedeu-
tet hat: Zielpunkt darf kein bloßer Wortvergleich sein. Vielmehr muss die innere
Struktur der Sprachen zum zentralen Anliegen des Vergleichs gemacht werden.
Aber das zweite Hilfsmittel, das Schlegel in den Mittelpunkt stellt, ist nicht
weniger wichtig. Aussage- und beweiskräftig wird ein Sprachvergleich erst dann,
wenn ihm der Laut- bzw. Buchstabenvergleich zugrunde liegt. Der adäquate Ver-
gleich von Wörtern verschiedener Sprachen muss als Resultat ergeben, dass die
involvierten einzelnen Buchstaben in den Wörtern der jeweiligen Sprachen ent-
weder identisch sind oder in regelmäßiger Weise voneinander abweichen:
Wir erlauben uns dabei keine Art von Veränderungs- oder Versetzungsregel der
Buchstaben, sondern fo[r]dern völlige Gleichheit des Worts zum Beweise der
Abstammung. […] nach Grundsätzen erdichtet darf nichts werden, und die Ueber-
einstimmung muß schon sehr groß und einleuchtend sein, um auch nur geringe Form-
verschiedenheiten gestatten zu dürfen.17
Als Schlegels Werk erschien, war Bopp 17 Jahre alt. Bopps Begeisterung für den
Orient hatte zu diesem Zeitpunkt bereits ein beträchtliches Ausmaß erreicht.
Erweitert und vertieft wurde es zuvor und danach durch eine ganze Reihe von
nachhaltigen Einflüssen. Sein Biograph Salomon Lefmann berichtet z. B. über
Philosophen und Gelehrte, deren
Blicke […] an einem fernen Osten und einer weit ferneren Vergangenheit [hafteten].
[…] Alle Weisheit und alle Wissenschaft, alle Kunst und Bildung waren dort aufge-
gangen, dort, im Orient, wo die Wiege der Menschheit gestanden. Man mußte Orien-
talia treiben, orientalisches Altertum studieren, orientalische Philosophie, orientali-
sche Sprachen.18
Vorträge solcher Universitätslehrer wirkten auf »junge, empfängliche Gemüter«
überaus anregend und befruchtend ein, sie »wurden darin voll und voller
begeistert«.19 Goethe hat einige Jahre später (1819) im West-östlichen Divan die
allgemeine Faszination mit der »neuen Welt« des Orients in unübertrefflicher
Weise in dichterische Worte gefasst (110):

_____________
16 Friedrich Schlegel (1808), 28.
17 Ebd., 6–7.
18 Lefmann (1891), 11.
19 Ebd.

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Wer sich selbst und andre kennt,


Wird auch hier erkennen:
Orient und Okzident
Sind nicht mehr zu trennen.
Nach der Überzeugung der Sachkenner war damals nur Paris der Ort, wo man alle
Voraussetzungen antreffen konnte, die für das Studium orientalischer Sprachen
von Wichtigkeit waren. Helmina von Chézy hatte Bopp in seiner Heimatstadt
Aschaffenburg für das Persische begeistert und – so erwähnt sie in ihren Denk-
würdigkeiten – »ihn das Persische lesen [gelehrt] und viele Zeitwörter und Sub-
stantive«.20 Obwohl ihr Mann, der Orientalist Antoine-Léonard de Chézy, in Paris
»ihm die Pforten der Wissenschaft [erschloss] und an den gelehrigen Schüler alle
Schätze seines Inneren [verschwendete]«,21 war Bopps Hauptarbeit in Paris dem
Studium des Sanskrit gewidmet, dessen Kenntnis er sich zu großem Teil als
Autodidakt erworben hat. Der vierjährige Pariser Aufenthalt erstreckte sich über
die Jahre 1812 bis 1816. An dessen Ende steht Bopps von Windischmann heraus-
gegebene Erstlingsschrift Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in
Vergleichung mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germani-
schen Sprache.
Der Herausgeber bemerkt in seinen 46 Seiten umfassenden »Vorerinnerun-
gen« zu dem Werk: »In diesen Arbeiten hat [Bopp] sich von den Stürmen der Zeit
nicht stören lassen.«22 Das ist erstaunlich, wenn man die Turbulenz bedenkt, die
in jenen Jahren durch die Auflösung der Ära Napoleon besonders für Paris
heraufbeschworen wurde.
Franz Bopp legte mit seinem Conjugationssystem von 1816 den Grundstein
zu seinem Lebenswerk. Jedes der nachfolgenden Werke ordnete sich in seinen
Gesamtplan ein, verbesserte, ergänzte oder modifizierte ihn und fügte neue
Erkenntnisse hinzu, die sich zum einen aus der eigenen fortschreitenden For-
schungsarbeit ergaben, zum andern aber auch auf kritischen Äußerungen seiner
Freunde wie auch seiner Gegner beruhten.
Im Folgenden sollen nun im Übersichtsverfahren diejenigen Werke vorge-
führt werden, die man wohl generell als seine wichtigsten bezeichnen kann.
Worin besteht ihr Verdienst, in sich betrachtet und in Relation zu den anschlie-
ßenden oder jeweils vorangehenden Publikationen?

III.

Die 358 Seiten des Conjugationssystems enthalten, außer den 46 Seiten der
Windischmannschen »Vorerinnerungen«, zwei fast gleich lange Textteile, erstens
_____________
20 Chézy (1858), 64.
21 Ebd.
22 Windischmann in Conjugationssystem, Vorwort, III.

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die eigentlichen Ausführungen zur Thematik des Buches (157 Seiten), zweitens
Bopps Übersetzungen aus dem Ramayana, aus dem Mahabharata und »einige
Abschnitte aus den Veda’s« [sic] (159 Seiten). Dieser zweite Teil ist hier insofern
von Bedeutung, als er belegt, wie sehr sich Bopp während seiner Pariser Jahre
bemüht hat, mit der Sanskritsprache vertraut zu werden.
Im sprachwissenschaftlichen Teil verliert Bopp kein Wort darüber, beweisen
zu wollen, dass zwischen den im Titel angeführten Sprachen eine genealogische
Relation besteht. Diesen Beweis setzt er, wie erwähnt, als gegeben voraus. Statt-
dessen unternimmt er, was kein Sprachwissenschaftler vor ihm hat erreichen kön-
nen: anhand des Verbalsystems zu zeigen, dass die Verwandtschaft der genannten
Sprachen auf Gleichheit oder Vergleichbarkeit grammatischer Kategorien beruht:
Der Zweck dieses Versuchs ist, zu zeigen, wie in der Conjugation der altindischen
Zeitwörter die Verhältnißbestimmungen durch entsprechende Modifikationen der
Wurzel ausgedrückt werden, wie aber zuweilen das verbum abstractum mit der
Stammsylbe zu einem Worte verschmolzen wird, und Stammsylbe und Hilfszeitwort
sich in die grammatischen Funktionen des verbum theilen; zu zeigen, wie dasselbe in
der griechischen Sprache der Fall sey, wie im Lateinischen das System der Verbin-
dung der Wurzel mit einem Hilfszeitworte herrschend geworden, und wie nur dadurch
die scheinbare Verschiedenheit der lateinischen Conjugation von der des Sanskrits
und des Griechischen entstanden sey; zu beweisen endlich, daß an allen den Sprachen,
die von dem Sanskrit, oder mit ihm von einer gemeinschaftlichen Mutter abstammen,
keine Verhältnißbestimmung durch eine Flexion ausgedrückt werde, die ihnen nicht
mit jener Ursprache gemein sey.23
Die aus Bopps Beweisführung zu ziehenden Schlussfolgerungen sind für die
Sprachwissenschaftler damals wie heute in vielerlei Hinsicht aufschlussreich und
von unabweisbarer Wichtigkeit. Schon nach diesem Werk, welches mit Bezug auf
manche Aspekte noch verbesserungswürdig war, muss man einsehen, dass eine
jede ergebnisreiche historische Sprachforschung auf das nicht verzichten kann,
was der von Bopp angebahnte Sprachvergleich an Resultaten zu Tage gefördert
hat. Dies gilt nicht nur für die germanische Sprachwissenschaft, sondern auch für
die Klassische Philologie, die sich über Jahrhunderte hin zur Krone aller sprach-
wissenschaftlichen Wissenschaften herausgebildet hatte. Aber gerade von der
Seite der Klassischen Philologen wurde schon bald der vergleichenden Sprach-
wissenschaft mit großem Misstrauen begegnet.24 Es war anfangs sicherlich für die
auf ihre altehrwürdige Wissenschaft stolzen Latinisten und Gräzisten nicht leicht
zu akzeptieren, dass die Orientbegeisterung zu Formulierungen führte wie z. B.
die von Sir William Jones: »The Sanskrit language, whatever be its antiquity, is

_____________
23 Conjugationssystem, 8–9. – August Leskien ist überzeugt, dass »die Entwicklung der neuen
Wissenschaft, die unter [Bopps] Meisterhand rasch fortschritt, möglich war auf Grund der im
Conjugationssystem gefundenen Methode und ihrer Resultate« (Leskien [1876], 144).
24 Vgl. z. B. Kroll (1919), 124.

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of a wonderful structure; more perfect than the Greek, more copious than the
Latin, and more exquisitely refined than either […].«25
Stimmen dieser Art wurden immer häufiger und immer lauter. Der Philologe
und Orientalist Friedrich Max Müller, gebürtiger Deutscher, von 1846 bis zu
seinem Tod in England ansässig, wo er außerordentliche Berühmtheit errang u. a.
durch seine vollständige, 1869 begonnene Rigveda-Ausgabe, spricht mit großem
Enthusiasmus über das, was Indiens Sprache und Kultur, im Vergleich vor allem
mit der griechisch-römischen Welt, zu bieten hat:
If I were asked under what sky the human mind has most fully developed some of its
choicest gifts, has most deeply pondered over the greatest problems of life, and has
found solutions of some of them which well deserve the attention even of those who
have studied Plato and Kant, I should point to India. And if I were to ask myself from
what literature we […] who have been nurtured almost exclusively on the thoughts of
Greeks and Romans, and of the Semitic race, the Jewish, may draw the corrective
which is most wanted in order to make our inner life more perfect, more comprehen-
sive, more universal, in fact more truly human a life […], again I should point to
India.26
Unabhängig von diesen für Altphilologen wenig ermunternden Aussagen hatte
die Klassische Philologie andere, mehr die eigene Zielsetzung betreffende Gründe
für ihre Skepsis gegenüber dem neuen wissenschaftlichen Verfahren. Was die
vergleichende Sprachforschung anstrebte, schien außerhalb des Programms von
Friedrich August Wolf und seines Schülers August Boeckh zu liegen. Demnach
bestand vorerst kein zwingender Anlass zu glauben, dass es von der neuen Wis-
senschaft Elemente zu inkorporieren gäbe, die sich als Bereicherung erweisen
könnten, oder dass man sich gar auf eine Erweiterung der eigenen Interessen-
sphäre einlassen sollte. Aber selbst getreue Anhänger der Klassischen Altertums-
wissenschaft Wolf- und Boeckhscher Prägung konnten es auf lange Sicht hin
nicht vermeiden, sich die Ergebnisse der Komparativistik zunutze zu machen. Die
Boeckhsche Altertumswissenschaft – so sagt einer ihrer Vertreter – hat eine
Erweiterung ihrer Grenzen vonnöten:
Zunächst, um mit den Anfängen zu beginnen, konnte die klassische Philologie den
Fragen nicht fremd bleiben, welche die vergleichende Sprachwissenschaft und deren
jugendliche Töchter […] angeregt haben.27
Das anfängliche Zögern lässt sich wohl auch damit erklären, dass man in den
ersten Jahren oder gar Jahrzehnten nur das Tentative, das noch Unfertige sah und
keineswegs imstande war, die bevorstehende Entwicklung zu einer Wissenschaft
_____________
25 Zitiert nach Lehmann (1967), 15. – Alle Sprachvergleicher waren bestens in Klassischer Philo-
logie geschult, und auch wenn Friedrich Schlegel einerseits hofft, ja fordert, dass die Indologie
eine gleichwertige Stellung verdient, so führt er andererseits gewisse bei Bopp angetroffene
Unzulänglichkeiten auf den Mangel an der rigorosen Einhaltung von Prinzipien zurück, die ihn
nur die Klassische Philologie hat lehren können.
26 Müller (1883), 6.
27 Foerster (1886), 3–4.

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mit Methoden von fast naturwissenschaftlicher Präzision vorauszusehen. Die


Frustration der Klassischen Philologen im 19. Jahrhundert ist angedeutet in der
Aussage von Gerhard Jäger: »Für die [sc. Klassische!] Philologie brauchbare
Grammatiken aus der historischen Schule der Sprachwissenschaft sind nicht vor
dem 20. Jahrhundert entstanden.«28
Schon vor seinem Erscheinen im Jahr 1816 war das Conjugationssystem von
berufener Seite angekündigt und als hochwertige Arbeit gepriesen worden.
August Wilhelm von Schlegel, der im Jahr 1815 es vorzog, sich in Paris nicht von
dem renommierten Sanskrit-Professor am Collège de France, Antoine-Léonard de
Chézy, sondern von Franz Bopp in die Anfangsgründe des Sanskrit einweisen zu
lassen, berichtet anlässlich der Anzeige einer Sanskrit-Übersetzung von Chézy:
Wir freuen uns, hier erwähnen zu können, daß dieß [junge Männer von Geist und
besonders von beharrlichem Eifer zu diesem Behuf reisen zu laßen] wirklich durch
die Freigebigkeit einer deutschen Regierung geschieht. Herr Bopp aus Aschaffenburg,
ein eben so fleißiger als bescheidener Forscher, hält sich seit mehreren Jahren mit
königlich baierischer Unterstützung in Paris auf, und hat neben seiner Kenntniß
andrer Morgenländischen Sprachen sehr beträchtliche Fortschritte im Sanskrita
gemacht.29
Ein solches Wort von einem berühmten Gelehrten und Poeten über einen völlig
unbekannten 24-jährigen Sprachenthusiasten hatte, auch wenn es faktenmäßig
nicht sehr ergiebig war, in Deutschland beträchtliches Gewicht. Die anfänglich
guten Beziehungen zu den Brüdern Schlegel blieben jedoch nicht allzu lange
ungestört. Besonders das Verhältnis zu Friedrich von Schlegel (die Schlegels
wurden 1815 in den Adelsstand erhoben) wurde schon bald auf eine harte Probe
gestellt, denn der junge Franz Bopp scheute sich nicht, bei der Interpretation von
den Verbformen des Sanskrit beharrlich gegen die Auffassung des allbekannten
Schlegel zu argumentieren.
Bopp ging davon aus, dass der Ursprung der Verbkonjugation in den von ihm
untersuchten Sprachen auf zwei unterschiedlichen Bildungsweisen beruhte. Die
Flexionsendungen können entweder als spontane Veränderungen aus den Ver-
balwurzeln hervorwachsen oder durch Verschmelzung der Verbalwurzeln mit
anderen Elementen, nämlich pronominalen oder wiederum verbalen Wurzeln,
entstehen. Mit der ersten Möglichkeit folgt er noch Friedrich Schlegel, und er
nennt diese Bildungsweise, nach dem Beispiel Schlegels, organisch. Wichtiger für
ihn aber, weil seiner Überzeugung nach häufiger auftretend, ist die zweite Bil-
dungsweise, die er mechanisch nennt. Die Schlegels haben sich dagegen bei ver-
schiedenen Gelegenheiten emphatisch gewehrt, wenn auch zumeist die formelle
Freundlichkeit bewahrend. Federführend war dabei generell der ältere Bruder. In
seiner umfangreichen Korrespondenz mit Wilhelm von Humboldt hat er oftmals
sein Unbehagen gegen Bopp und dessen Opposition zu Friedrichs Wurzeltheorie
_____________
28 Jäger (1975), 25.
29 August Wilhelm Schlegel (1815), 893.

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zum Ausdruck gebracht.30 Doch Humboldt, der ebenfalls mit Bopp eine ausge-
dehnte Korrespondenz unterhielt, gab klar zu erkennen, dass er Bopps Auffassung
für die richtigere ansah. So schrieb er im Januar 1821 an Bopp:
Sie haben vollkommen bewiesen, daß auch das Sanskrit nur durch Agglutination seine
grammatischen Formen bildet, und daß der von Fr. Schlegel gemachte Unterschied
zwischen Sprachen, welche diese und anderen, welche die Inflexion anwendeten, so
wie ich immer geglaubt, ein aus mangelnder Sprachkenntniß entstandener Irrthum
ist.31
August Wilhelm von Schlegel sprach sich zunächst weiterhin sehr lobend aus:
Mit Herrn Bopp, der sich schon durch eine sprachvergleichende Schrift vorteilhaft
bekannt gemacht hat, und gegenwärtig mit Unterstützung der Königl. Baierischen
Regierung in London seine Forschungen fortsetzt, habe ich in Paris oft gemeinschaft-
lich gearbeitet.32
Als sich Bopps Auseinandersetzung mit Friedrich Schlegels Argumenten zuspitz-
te, wurde der Ton seines Bruders schärfer: Bopps »Versuche, einige grammati-
sche Formen hypothetisch zu erklären«, fanden bei ihm wenig Zuspruch; er sei
»in den meisten Punkten nicht mit ihm einverstanden«.33 Lefmann kommentiert:
Schlegel hatte auch nicht das Bedürfnis, nach Verdienste [sic] in dem Werke des
anderen zu suchen. Darum ist sein Urteil so wahr wie allgemein absprechend. Und
allgemein absprechend konnte der ja sein, auch absprechend ohne jede Begründung.34
Das trifft besonders zu auf Äußerungen von Schlegel wie die folgende:
Der Boppard ist ein Schloß am Rhein
Die Bopp-Art ist Pedantereien.35
Bopp verließ Paris am Ende des Jahres 1818. Er hatte sich zuvor in München bei
der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften einer schriftlichen Prü-
fung unterziehen müssen. Das Ergebnis war gut, und er bekam auf Vorschlag der
Akademie vom bayerischen König 2 000 Gulden bewilligt. Das ermöglichte es
ihm, seine sprachwissenschaftlichen Studien für zwei weitere Jahre fortzusetzen.
Er entschied sich nunmehr für London, nach Paris in Europa der einzige Ort, wo
er erwarten konnte, weitere Sanskrit-Manuskripte vorzufinden.
Englische Sprachkenntnisse brachte er nicht mit. Lefmann berichtet darüber,
wie Bopp während seiner Anfangszeit in London dieses Hindernis schnellstens
überwand: »Er lebte ganz in einer englischen Familie, um nichts als englisch zu
sprechen, und erreichte in kurzer Zeit, was er wollte, die nötige Fertigkeit in der
fremden Landessprache.«36
_____________
30 Vgl. Leitzmann (1908), z. B. 217–245.
31 Zitiert nach Lefmann (1891), Nachtrag, 11.
32 August Wilhelm Schlegel (1820a), 8.
33 Zitiert nach Lefmann (1891), 77.
34 Ebd., 76–77.
35 Zitiert nach Leitzmann (1908), XVI.
36 Lefmann (1891), 64.

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126 Kurt R. Jankowsky

Wie in Paris wurden ihm auch hier von Fachgenossen freundliche Aufnahme
und tatkräftige Hilfe gewährt. Sowohl Henry Thomas Colebrooke, »[…] der erste,
welcher Sanskrit und seine Literatur in wahrhaft philologischem Sinn behandel-
te«,37 als auch Sir Charles Wilkins, wie Colebrooke Zeitgenosse und Freund von
Sir William Jones, halfen u. a. mit Manuskripten. Alexander Hamilton, mit dem
Bopp schon in Paris bekannt geworden war,38 hatte bereits den Grundstein für
eine freundliche Aufnahme gelegt, »denn von Hamilton war jenem [i. e.,
Colebrooke] aufs vorteilhafteste über Bopp und seine Leistungen geschrieben
worden«.39 Und Hamilton unternahm einen weiteren, für die Etablierung von
Bopps wissenschaftlichem Renommee äußerst wichtigen Schritt. Als Bopp 1819
Nalus, eine Episode im dritten Buch des Mahabharata, mit lateinischer Über-
setzung herausgab, bat er Hamilton um eine Besprechung. Hamilton willigte ein
und lieferte nicht nur eine Rezension von Nalus, sondern befasste sich in seinem
12-seitigen Artikel40 gleichzeitig auch mit einer Bewertung des Boppschen
Conjugationssystems von 1816.
In seinem detaillierten Bericht zollt Hamilton dem Autor volle Anerkennung,
auch wenn er kein überschwängliches Lob austeilt. Ebenso wichtig ist, dass er
Bopps Werk als bedeutendes Element einordnet in die hervorragende Arbeit, die
auf dem neuen Wissenschaftsgebiet der Sanskritphilologie bereits geleistet ist und
in der Zukunft noch geleistet werden muss.
Der Nalus-Edition wurde nach den Worten von Lefmann »bald von allen Sei-
ten, von Kennern und Nichtkennern des Sanskrit uneingeschränktes Lob« zuteil.41
Interessanterweise waren hier wie bei anderen Werken von Bopp »einige Härten,
im lateinischen der Uebersetzung und der Erklärung schwieriger Stellen« festge-
stellt worden,42 die aber für den Wert der Arbeit als nicht beeinträchtigend beur-
teilt wurden. Auch August Wilhelm von Schlegel brachte eine Anzeige des
Nalus-Werks heraus,43 in der er lediglich die Schönheit dieser Mahabharata-
Episode pries, ohne speziell auf die Verdienste des Herausgebers und Übersetzers
einzugehen.
In Jahr 1820 erschien als zweite von Bopps Londoner Publikationen eine eng-
lische Übersetzung und gleichzeitig Erweiterung seines Conjugationssystems
unter dem Titel Analytical Comparison of the Sanskrit, Greek, Latin, and Teuto-
nic Languages, Shewing the Original Identity of their Grammatical Structure.
Nach Lefmann war der Anlass dazu ein Aufsatz im »London Magazine, einer
_____________
37 Benfey (1869), 348.
38 Vgl. Bopps Brief an Windischmann vom 25. September 1817, Text in Lefmann (1891),
Anhang, 48.
39 Ebd., 64.
40 Hamilton (1820), 431–442.
41 Lefmann (1891), 65.
42 Ebd. – Schon die Prüfer in München hatten herausgestellt: »Nur fehle es noch bedeutend am
lateinischen Ausdruck […].« Vgl. ebd., 57.
43 August Wilhelm Schlegel (1820b).

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 127

englischen Literaturzeitung, darin seines Konjugationssystems überaus rühmend


gedacht ward«.44 Bopp bringt dazu ein Jahr später ein Selbstanzeige heraus,45 die
aber nicht, wie man erwarten konnte, speziell auf die Unterschiede beider Versio-
nen eingeht. In dem 14-seitigen Artikel befasst er sich auch nur auf etwa fünf
Seiten mit seinem eigenen Werk. Der Rest des Artikels hat darauf keinen direkten
Bezug. Die Unterschiede zwischen den beiden Versionen sind nicht extensiv, aber
programmatisch dennoch in einigen Punkten sehr bedeutsam. Dass die zweite
Hälfte mit den Sanskrit-Übersetzungen weggelassen wurde, ist zwar bedauerlich,
hat aber für den eigentlichen grammatischen Teil keinerlei Konsequenz. Und
auch Bopps Entscheidung, das Persische aus der Behandlung auszuschließen,
theils um die Aufmerksamkeit nicht zu sehr zu zerstreuen […], theils weil der Verf.
ein ausführliches Werk herauszugeben beabsichtigt, worin alle mit dem Sanscrit ver-
wandte[n] Sprachen behandelt werden sollen,46
stellt keine Beeinträchtigung des Neuen dar. Wesentliche Innovationen dagegen
sind: (1) Einbeziehung der Deklinationen in den Vergleich. (2) Statt des Nachein-
anders der zu vergleichenden Elemente in den einzelnen Sprachen hat Bopp nun
das erheblich plausiblere Nebeneinander gewählt. (3) Für Bopp ist jetzt bei der
Formenbildung die Agglutinationstheorie oder »Einverleibungstheorie«, wie
Delbrück es nennt, in den Vordergrund gerückt, unter weitgehender Aufgabe der
von Schlegel vertretenen Theorie, dass die Flexionselemente organisch aus der
Wurzel hervorwachsen. In diesem Zusammenhang vertritt Bopp die Auffassung,
dass den grammatischen Formen einsilbige Wurzeln zugrunde liegen.
Die Schlegel-Bopp-Kontroverse hinsichtlich der indogermanischen Wurzel-
theorie verdient aber noch eine die auf beiden Seiten involvierten Hintergründe
klärende Notiz. Schlegel glaubte gute Gründe zu haben, auf die von Bopp vorge-
brachte »Zerlegungstheorie« mit großem Missbehagen reagieren zu müssen, denn
er hatte nicht vor, in die »Thorheiten der Lennep, Scheid und Genossen« zu ver-
fallen, »welche die Sprache in der geistlosesten Weise zerschnitten und auf
erträumte Urwurzeln zurückzwangen«.47 Zergliederung, so folgert Schlegel, führt
zu nichts. Also bleibt er dabei: Die Flexionselemente wachsen organisch aus der
Wurzel hervor. Genauere Sprachbeobachtung, die er unterlässt, hätte Abhilfe
schaffen können. Und die »mangelnde[] Sprachkenntniß«, die Humboldt ihm
vorwirft,48 kommt hier ebenfalls ins Spiel.
Bopp hingegen folgt, wie erwähnt, zunächst einmal der Schlegelschen organi-
schen Wurzeltheorie, formuliert dann aber sofort im Conjugationssystem seine im
Endergebnis abweichende Theorie basierend auf sehr sorgsamer Sprachbetrach-
tung, die ihn erkennen lässt:
_____________
44 Lefmann (1891), 68.
45 Selbstanzeige (1821).
46 Ebd., 530.
47 Delbrück (1880), 5.
48 Zitiert nach Lefmann (1891), Nachtrag, 11.

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128 Kurt R. Jankowsky

Den Praeteritis […] pflegt die indische Sprache das verbum abstractum einzuverlei-
ben, so daß, nachdem die Zeitverhältnisse auf reine organische Weise durch innere
Umbiegung der Wurzel ausgedrückt wurden, Person und Zahl durch die Abwandlung
des angehängten Hilfszeitwortes bestimmt werden.49
Da die beiden Schlegels und auch Lassen mit keinerlei sprachlich fundierter Aus-
arbeitung der Schlegelschen Wurzeltheorie aufwarten konnten, stattdessen nur
substanzlose, negative Kritik in Richtung Bopp auf den Weg brachten, sah dieser
sich mit Recht in seiner abweichenden Auffassung bestätigt, und seine Agglutina-
tionstheorie wurde mit nahezu jeder der folgenden Publikationen weiter unter-
baut.
Im Ganzen gesehen, ist Bopp somit vom noch Tentativen beim ersten Ver-
such des Formenvergleichs der indogermanischen Sprachen im Jahr 1816 zu einer
präziseren Formulierung sowohl seiner theoretischen und methodologischen Prin-
zipien als auch der erzielten Ergebnisse im Jahr 1820 gelangt.
Die fast totale Distanzierung von Schlegels theoretischer Vorarbeit hinsicht-
lich der indogermanischen Formenbildung hat erwartungsgemäß zu weiterer
Missstimmung im Schlegellager Anlass gegeben. Friedrich von Schlegel zeigte
nun in seiner Korrespondenz mit Bopp, wie ungehalten er war: »Sie werden mir
verzeihen, wenn ich künftig briefliche Erörterungen über diese Gegenstände ver-
meide«, heißt es – so Lefmann – »in einem letzten Briefe, den wir von [Schlegel]
haben«.50 Der Fehdehandschuh, den Franz Bopp resolut hingeworfen hatte, ist
aber dennoch nicht ohne eine entsprechende Antwort geblieben. Sie kam von
einem ehemaligen Schüler, später Schlegels Freund und Kollege an der Universi-
tät Bonn, Christian Lassen. Lassen lässt sich auf mehr als 100 Seiten darüber aus,
was man an Bopps wissenschaftlicher Verfahrensweise alles auszusetzen hätte.
Berthold Delbrück urteilt: »Der Ton, in dem Lassen schreibt, ist der des kalten,
aber gerechten Richters.«51 Lassen spart nicht mit Lob, wo ihm dieses angebracht
erscheint, schlägt aber scharf zu, wenn er glaubt, dafür triftige Gründe zu haben.
An Sarkasmus fehlt es hierbei ebenfalls nicht:
Den Gipfel der Agglutinationstheorie erreichen wir aber in der Ableitung des einfa-
chen Augments vom a privativum. […] Auf die Pädagogik angewandt würde diese
Verfahrens-Art so ausgedrückt werden müssen: Fange die Erziehung deiner Kinder
damit an, ihnen den Kopf abzuschlagen. Ein Verbum wird erst um seine Bedeutung
gebracht, um alsdann eine neue Form daraus bilden zu können.52
Delbrück, dessen Einleitung in das Studium der indogermanischen Sprachen
(erstmalig 1880, in 6. Auflage 1919 erschienen) Reinhard Sternemann »nie veral-

_____________
49 Conjugationssystem, 18.
50 Lefmann (1891), 147.
51 Delbrück (1880), 30.
52 Lassen (1830), 79.

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 129

tend« nennt,53 präsentiert eine zutreffende Beurteilung der Lassenschen Rezen-


sion.
[Sie] erregte bei Bopps Freunden große Entrüstung, aber sie hatte keine nachhaltige
Wirkung, weil sie es an positiven Aufstellungen fehlen ließ […]. So geriet die Schle-
gelsche Opposition allmählich in Vergessenheit, Bopps Theorien behaupteten unge-
stört das Feld.54

IV.

Bis 1820 hatte Bopp ein Leben in Abhängigkeit von privaten Fürsprechern und
staatlichen Geldgebern gefristet. Ein empfehlendes Wort von Windischmann und
Hamilton, noch mehr von Alexander und Wilhelm von Humboldt, hatte dazu
beigetragen, dass aus München die Gelder zunächst für Paris, danach für den
zweijährigen Aufenthalt in London bewilligt wurden. Nun aber stand mehr auf
dem Spiel. Es gab noch keinen Dr. phil. Franz Bopp, und er hatte ja noch nicht
einmal richtig auf einer deutschen Universität studiert. Denn Aschaffenburg zähl-
te offenbar nicht.55 Schon deshalb war die Aussicht einer Berufung auf einen
Lehrstuhl an einer deutschen Universität eine recht unrealistische Hoffnung. Als
Antwort auf einen zaghaft unternommenen Versuch bekam Bopp aus Würzburg
keine gute Nachricht: »Die gelehrten Herren dort hätten das Sanskrit bloß für
einen ›literarischen Luxus‹ erklärt.«56 So berichtet Lefmann über einen Brief, den
Bopp an Windischmann schrieb. Lefmann erwähnt außerdem, dass durch die
Urteile zweier Gutachter, Thiersch und Scherer (federführend war offenbar Fried-
rich Thiersch), »ebenso wahr als gründlich nachgewiesen sei, daß Franz Bopp
auch nicht einmal die zu einer Professur der orientalischen Philologie erforderli-
chen Kenntnisse besitze«.57
Enttäuscht verbrachte Bopp den Herbst und das Frühjahr 1820/21 in Göttin-
gen. Er besuchte als Student Vorlesungen von Johann Gottfried Eichhorn, Orien-
talist und Historiker, und gewann, neben anderen, ihn sowie den Altphilologen
Karl Otfried Müller zu lebenslangen Freunden. Wieder gibt es einiges an
Windischmann zu berichten, doch diesmal etwas durchaus Erfreuliches:

_____________
53 Sternemann (1994), 260.
54 Delbrück (1880), 31.
55 Vgl. Porzig (1956–1957), 268: »Hier in Aschaffenburg hat Bopp das Gymnasium und dann
auch eine Art Universität besucht, die von 1808 bis 1814 als Ersatz für die alte Universität
Mainz, die den Franzosen zum Opfer gefallen war, dienen sollte.« – Vgl. auch Bopps Äußerung
in einem Brief an Windischmann vom 14. November 1920, zitiert nach Lefmann (1891),
Anhang, 68: »[…] ich [habe] mich nie auf einer deutschen Universität aufgehalten, denn daß
Aschaffenburg eine Universität gewesen ist Niemandem bekannt.«
56 Lefmann (1891), 73.
57 Ebd.

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130 Kurt R. Jankowsky

Ich muß indessen dankbar bekennen, daß man mir in Göttingen viele Teilnahme
bewiesen hat. […] Auch hat mir die philosophische Fakultät die Doktorwürde honoris
causa erteilt, indem sie mein kleines Verdienst um die Sanskritsprache anerkennen
wollte.58
Das war im Frühjahr 1821. Anschließend begab er sich für einige Monate nach
Berlin. Mehr als drei Wochen lang war er fast täglicher Gast bei Wilhelm von
Humboldt, der immer mehr Gefallen an Bopps hervorragenden Sanskritkenntnis-
sen fand. Schon vorher hatte Humboldt ihm nach Göttingen geschrieben:
Ich studiere, bis jetzt wenigstens, das Sanskrit bloß der Sprache, nicht der Literatur
wegen, aber ich bin vollkommen überzeugt, daß es für jeden, der Sprachstudien treibt,
ein unerläßliches Bedürfniß ist, es so tief, als nur immer die Umstände erlauben, zu
kennen.59
Humboldt sorgte auch dafür, dass Bopp durch ihn in maßgebliche Universitäts-
und Regierungskreise Berlins eingeführt wurde. Dass dies nicht ohne gute Folgen
bleiben würde, war bei dem weitreichenden Einfluss Wilhelm von Humboldts
wohl vorauszusehen.
Im September 1821 erhielt Bopp das offizielle Angebot der Universität Berlin
zu einer außerordentlichen Professur für das Fach orientalische Literatur und
allgemeine Sprachkunde. »[…] durch die Vermittlung der beiden Humboldt«,
heißt es ausdrücklich in einem Bericht der Akademie der Wissenschaften.60 Eine
ordentliche Professur wurde für bald in Aussicht gestellt. Bevor Bopp jedoch
zusagen konnte, in den preußischen Staatsdienst einzutreten, musste er beim
bayerischen König um Entlassung aus den Verpflichtungen gegenüber seinem
Heimatland nachsuchen. Es ging u. a. um die Rückerstattung von Staatsgeldern,
die ihm den Studienaufenthalt in Paris und London ermöglicht hatten. Nach eini-
gem Hin und Her wurde seinem Antrag auf Freistellung noch im gleichen Jahr
stattgegeben, und nur ein kleiner Teil der erhaltenen Unterstützungsgelder wurde
zurückgefordert.
Interessant ist hier einzufügen, dass August Wilhelm von Schlegel 1817, ein
Jahr bevor er nach Bonn auf den Lehrstuhl für Literatur und Kunstgeschichte
berufen wurde, ein Angebot aus Berlin bekommen hatte, das sich aber schnell in
nichts auflöste, weil Schlegel zu große Gehaltsforderungen stellte. Jetzt war
Schlegel dem viel jüngeren, unerfahreneren Bopp sehr gram, denn den Gedanken
an eine etwaige Übersiedlung nach Berlin musste er von nun an für immer aufge-
ben.

_____________
58 Lefmann (1891), 78.
59 Ebd., 79.
60 Vgl. Harnack (1900), Bd. 1.2, 866.

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 131

Abb. 1: Franz Bopp (1791–1867).

Bopp hatte in Berlin Aufbauarbeit zu leisten. Den einen Teil der in der Absage
aus Würzburg enthaltenen Begründung musste man realistischerweise auch für
andere deutsche Universitäten als zutreffend anerkennen, denn großes Interesse
für das Studium von Sanskrit, von vergleichender Sprachforschung war längst
noch nicht da, sondern musste erst noch geschaffen werden. Zudem fehlte es an
rudimentären Hilfsmitteln wie Sanskrit-Texten, Grammatiken und Wörterbü-
chern. Bopps Veröffentlichungen waren bis jetzt kaum mehr als ein bloßer
Anfang, um auf diesem Gebiet Abhilfe zu schaffen. Seine Hauptplanung zielte

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132 Kurt R. Jankowsky

nach wie vor auf Erweiterung und Präzisierung dessen, was er vor seiner Beru-
fung nach Berlin erarbeitet hatte. Schon 1825 wurde er Ordinarius. Drei Jahre
zuvor hatte ihn die Königlich Preußische Akademie der Wissenschaften zu ihrem
ordentlichen Mitglied ernannt.61 Das gab ihm die willkommene Möglichkeit, in
Vorträgen, Berichten und Veröffentlichungen seine Gedanken zu präsentieren
und wirksam zu propagieren. Manche von diesen Arbeiten wurden später in seine
Vergleichende Grammatik inkorporiert. Seine erste Abhandlung, Von den Wur-
zeln und Pronominen erster und zweiter Person, erschien 1824, zwei andere
folgten 1825 und 1826. Bis 1840 verfasste er zehn weitere Abhandlungen und
Berichte, und die letzte Abhandlung, Über das Albanesische in seinen verwandt-
schaftlichen Beziehungen, datiert aus dem Jahr 1854.
Die von Bopp geschaffenen Hilfsmittel zum Sanskritstudium waren zunächst
Übersetzungen aus dem Sanskrit ins Deutsche – neben dem erwähnten zweiten
Teil des Conjugationssystems auch Ardschuna’s Reise (1824) – und ins Lateini-
sche (Nalus 181962 und 1833), dann seine Sanskritgrammatik,63 erstmalig 1824
gedruckt und bis 1863 in zwei weiteren Auflagen erschienen. Und schließlich
zwei Wörterbücher Sanskrit-Lateinisch, das erste (1830) 216 Seiten umfassend,
das zweite (1847) auf 412 Seiten erweitert.
Dass Bopps wissenschaftliches Werk auch in Frankreich und im englisch-
sprachigen Ausland frühzeitig weithin bekannt wurde, ist hauptsächlich auf die
zwei Übersetzungen seiner Vergleichenden Grammatik zurückzuführen. Eine von
Eugène Burnouf in Paris begonnene französische Übersetzung des Conjugations-
systems ist leider nicht abgeschlossen worden. »Die noch wiederholt versproche-
ne Uebersetzung ist unseres Wissens nie zu stande gekommen.«64 Die englische
Fassung des Conjugationssystems von 1820 verdankt seine weite Verbreitung erst
der Neuausgabe durch Friedrich Techmer in dessen Internationaler Zeitschrift für
Allgemeine Sprachwissenschaft65 – und nicht zuletzt auch seiner kenntnisreichen
Einführung (3-13). Sowohl der englischen als auch der französischen Über-
setzung von Bopps Hauptwerk, der Vergleichenden Grammatik, wird ebenfalls
der Weg zu bestmöglicher Aufnahme durch Vorworte von höchst kompetenter
_____________
61 Vgl. Windisch (1917), 71. Eine ganz besondere Ehrung erfolgte 20 Jahre später. Vgl. dazu Kuhn
(1868a), 782: »[…] als im Jahre 1842 die Friedensklasse des Ordens pour le mérite gestiftet
wurde, ernannte ihn König Friedrich Wilhelm IV. nicht nur ebenfalls zum Ritter dieses Ordens,
sondern füllte auch das Diplom eigenhändig mit Bopp’s Namen in Devanagarischrift aus.«
Auch hier darf man den wohlwollenden Einfluss der Brüder Humboldt voraussetzen.
62 Laut Kuhn (1868a), 781–782, »das zweite in Sanskritsprache in Europa gedruckte Buch«.
63 Nach Windisch (1917), 68 erhielt er die Anregung zur Abfassung einer Sanskritgrammatik von
Louis Langlès bereits in Paris. – In der Sanskritgrammatik von 1827 zeigt sich schon seine Ent-
schlossenheit, welche er mutmaßlich in London von Wilkins gelernt hat, die indischen Gramma-
tiker soweit wie möglich zu vermeiden. Er wollte sich mehr auf das verlassen, was ihm das
eigene Studium der Texte eingegeben hatte. Das war Stoff für einen weiteren Streitpunkt mit
Schlegel, vgl. dazu auch Paustian (1977).
64 Lefmann (1891), 99.
65 Techmer (1889).

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 133

Seite geebnet. Im ersten Fall sind es Horace Hayman Wilson, Verfasser des ersten
Sanskrit-Wörterbuchs in der westlichen Welt, und der Übersetzer Edward B.
Eastwick, die das Werk gebührend einführen, letzterer, indem er Bopps Bedeu-
tung mit der von Isaac Newton and Francis Bacon vergleicht. Im zweiten Fall ist
es Michel Bréal, der sowohl übersetzt als auch einführt.66
Sprachvergleich setzt regelmäßige Lautentsprechung voraus. Das erfordert
Kenntnis von Lautentsprechungsregeln oder, anspruchsvoller, von Lautgesetzen.
Solche Sachverhalte, noch nicht jedoch diese Namen, waren schon mitgegeben in
der Schlegelschen Formulierung von 1808, dass man für »die Genealogie der
Sprache« Ähnliches zu erwarten berechtigt sei wie das, was »die vergleichende
Anatomie über die höhere Naturgeschichte« habe aussagen können.67 Dadurch ist
auch sehr klar ausgesprochen, dass für die neue Sprachwissenschaft die Hinwen-
dung zur naturwissenschaftlichen Methodik des Experiments und der Regel als
conditio sine qua non angesehen wird. Im Conjugationssystem von 1816 war auf
den »Regelbegriff« stillschweigend Bezug genommen worden. Man kann sogar
behaupten, dass der Begriff dort bereits annäherungsweise in Worte gefasst ist:
Der Ursprung organischer Flexionen […] muß […] bey dem frühesten Ursprung der
Sprache gesucht werden, wenn man nicht annehmen will, daß man einer willkühr-
lichen und zufälligen Zusammenstellung von Buchstaben diese oder jene Bedeutung
gegeben habe.68
Für die Weiterarbeit nach 1816 ist anzunehmen, dass Bopp schon bei Rasmus
Christian Rask, ganz gewiss aber bei Jacob Grimm von dem Vorteil und sogar
dem Erfordernis der direkten Bezugnahme auf Gesetze überzeugt worden ist.69 In
Bopps späteren Werken begegnen wir dem Terminus »Gesetz« auf Schritt und
Tritt. Im ersten Satz in der Vorrede zum Vocalismus lesen wir: »Wenn die
Gesetze der Consonanten-Verschiebung jeder systematischen Wortvergleichung
[…] zur Richtschnur dienen müssen […].«70 In seiner Kritik von Grimms
Deutscher Grammatik, die Bopp erstmalig 1827 veröffentlicht hat, erwähnt er
»Gesetz« sogar in einem eindeutig naturwissenschaftlichen Kontext: »Die Spra-
chen sind nämlich als organische Naturkörper anzusehen, die nach bestimmten

_____________
66 Bréal, der noch bei Bopp 1857 studiert hatte, lobt seinen Lehrer ausgiebig, sorgt aber auch
dafür, dass dessen Werk in einem Kontext dargestellt wird, der so weit wie möglich auf die spe-
zifische Forschungsarbeit der französischen Sprachwissenschaftler bezogen ist, vgl. Bréal
(1991), 18–49.
67 Friedrich Schlegel (1808), 28.
68 Conjugationssystem, 95. – Zum delikaten Problem von »organisch« und »Organismus« versus
»mechanisch« bei Bopp (und letztlich auch bei Schlegel) und dessen potentieller Lösung äußert
sich ausführlich Anna Morpurgo Davies (1987). Vgl. dazu auch Koerner (1990).
69 Nach der Einschätzung von Louis Hjelmslev hat Bopp von Rask zumindest ein methodisches
Prizip übernommen, vgl. Hjelmslev (1950–1951), 190: »La méthode employée par Bopp, pour
solide qu’elle soit, n’est qu’une application mécanique d’un principe qui pour Rask était quel-
que chose de beaucoup plus souple et plus compliqué.«
70 Vocalismus, III.

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Gesetzen sich bilden […].«71 Wie Jacob Grimm lässt er Vorsicht walten bei der
Einschätzung des Gesetzesbegriffs. Für Grimm gilt bekanntlich:
Die Lautverschiebung erfolgt in der Masse, tut sich aber im einzelnen niemals rein ab;
es bleiben Wörter in dem Verhältnisse der alten Einrichtung stehen, der Strom der
Neuerung ist an ihnen vorbeigeflossen.72
Lautgesetze sind für Grimm demnach alles andere als ausnahmslos. Nicht wesent-
lich anders bei Bopp: »Auch suche man in Sprachen keine Gesetze, die festeren
Widerstand leisten als die Ufer der Flüsse und Meere.«73 Beide Sprachforscher
sind zu dieser noch einschränkenden Wirkung der Lautgesetze gelangt, weil die
ihnen verfügbaren Sprachmaterialien keinen anderen Schluss erlaubten. Und auf
den Schultern von beiden steht August Friedrich Pott, für den Sprachvergleichung
und die in ihr zur Geltung kommenden Lautgesetze die solide Basis sind, auf der
er das kunstvolle Gebäude seiner wissenschaftlichen Etymologie errichten kann.74
Schon durch sein Conjugationssystem, und erst recht durch seine Verglei-
chende Grammatik, hat Bopp seinem jüngeren Kollegen Pott nicht nur den Weg
bereitet, sondern wohl auch durch Potts einflussreiches Werk Bestätigung von der
Gediegenheit und der vielfachen, weitreichenden Anwendbarkeit seiner eigenen
Forschung erfahren. Dem Initiator der vergleichenden Sprachforschung war zwar
das Sanskrit Ausgangspunkt und Zentrum der sprachlichen Analyse. Die Ergeb-
nisse haben sich aber als nutzbar erwiesen für die wissenschaftliche Untersuchung
von Sprache überhaupt. Das folgende Zitat von Pott kann dies in zumindest einem
wesentlichen Aspekt illustrieren. Pott spricht von der “Lautumwandlungslehre”
als einem zentralen Teil der historischen und vergleichenden Sprachwissenschaft.
Die Lehre gehe von der Annahme aus, »daß selbst im bloßen Buchstaben nicht
[…] die Gesetzlosigkeit frecher Willkühr herrscht, sondern vernünftige Freiheit,
d. h. Einschränkung durch selbsteigene, in der Natur der Laute begründete
Gesetze«.75 Die Klassische Philologie war, wie erwähnt, anfangs nicht bereit zu
einer Zusammenarbeit mit der neuen Forschungsrichtung, obwohl das gerade für
sie, als die älteste und verdienstvollste aller Philologien, in jeder Hinsicht
gewinnbringend gewesen wäre. Das wird nach Jahren des skeptischen Abwartens
auch unmissverständlich bestätigt, z. B. von Benedikt Mette. Er kann viele
Beweise anführen, u. a. die Aussage: »Die Accente der griechischen Sprache
galten früher wohl als eine Erfindung der alexandrinischen Grammatiker«, um
dann mit dem erklärenden Hinweis fortzufahren:
Und doch sind alle derartigen Ansichten ganz unbegründet. Denn es gelten, wie Franz
Bopp in seinem ›vergleichenden Accentuationssysteme‹ zur Genüge nachgewiesen

_____________
71 Vocalismus, 1.
72 Grimm (1822), 590.
73 Vocalismus, 15.
74 Vgl. Pott (1833–1836).
75 Pott (1833–1836), Bd. I, XII.

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 135

hat, für das Sanskrit und Griechische der Hauptsache nach dieselben Gesetze der
Betonung.76
Er führt eine Reihe von anderen Beispielen an und zieht daraus die Folgerung:
Man ersieht demnach aus dem Gesagten, daß ohne die sprachvergleichende Wissen-
schaft überhaupt keine richtige Methode und daher auch kein wahrer Fortschritt in der
klassischen Philologie möglich ist.77
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff, einer der prominentesten Klassischen Phi-
lologen des endenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, sagt es kurz und
bündig in einem Aufsatz aus dem Jahr 1893. Nachdem er zuvor auf wertvolle
Untersuchungen hingewiesen hat, »ehe es eine vergleichende Sprachwissenschaft
gab«, fügt er an:
Aber es läßt sich doch nicht bestreiten, daß die Heranziehung des in seiner Fülle
so viel durchsichtigeren Sanskrit samt der Einsicht in die Verwandtschaft der indo-
europäischen Sprachen wenigstens Laut- und Formenlehre von Grund aus umgestaltet
hat.78
In einer früheren Arbeit nannte er auch zwei Namen, die ihm in diesem Zusam-
menhang unentbehrlich sind. Zum einen Bopp: »In der Formenlehre ist natürlich
alles veraltet, was die von FrBopp gegründete Sprachwissenschaft ignoriert.«
Zum andern, im nächsten Satz, Georg Curtius: »Dieser [d. h. der Sprachwissen-
schaft] Eingang geschaffen zu haben, ist das Verdienst von GCurtius […].«79

V.

Bopp hat in den langen Jahren als Universitätslehrer die Entwicklung der
Sanskrit-Studien in Deutschland sehr wesentlich gefördert. Seine Promoventen,
u. a. Friedrich August Rosen, Adolf Friedrich Stenzler und Adalbert Kuhn, haben
ganz in seinem Sinne gewirkt, die ersten beiden als distinguierte Forscher und
Lehrer, Kuhn außerdem als Begründer der vergleichenden Mythologie sowie ab
1852 als Initiator und Herausgeber der Zeitschrift für vergleichende Sprachfor-
schung auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, von der er sagte, dass
ihr erstes Ziel sei, die von Bopp gegründete Wissenschaft weiter auszubauen.80
Dass Bopp gegen Ende seiner Karriere als Lehrer kaum mehr große Faszina-
tion ausstrahlte, wird zwar mit Enttäuschung registriert, aber ihm nicht allzu sehr
nachgetragen. Max Müller, der bei Bopp 1844 in Berlin Vorlesungen hörte und
gar nicht beeindruckt war, zumal »der freundliche alte Herr« im Wesentlichen nur

_____________
76 Mette (1873), 15.
77 Ebd., 7.
78 Wilamowitz-Moellendorff (1893), 470.
79 Wilamowitz-Moellendorff (1927), 67. – Weiter zu Curtius vgl. Jankowsky (1986).
80 Kuhn (1868b), 156.

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aus seiner Vergleichenden Grammatik vorlas,81 lieferte einige Jahre später eine
höchst positive Besprechung von Bopps Vergleichender Grammatik in der engli-
schen Übersetzung von Eastwick, in der es u. a. heißt:
Bopp’s ›Comparative Grammar‹ is fully entitled to the epithet of the magnum opus of
Philology, and to claim as high a rank in the science of Grammar, as Newton’s
Principia does in Mathematics, as Bacon’s Novum Organum in Mental Science or
Blumenbach in Physiology.82
Er wiederholt und bekräftigt damit, was der Übersetzer Eastwick in seinem Vor-
wort als Erster herausgestellt hat.
Auch William D. Whitney beklagte sich über seine enttäuschende Erfahrung
mit Bopps Vorlesungen.83 Whitney hatte ab 1850 für drei Jahre in Deutschland
studiert, u. a. in Berlin. In seinem Urteil über Bopps wissenschaftliche Leistung
sprach er sich dagegen sehr lobend aus, z. B.:
The deserts of Professor Bopp toward comparative philology are of the most brilliant,
and at the same time of the most substantial, character. It has rarely been the fortune
of a single man so to lay the foundation, establish the principal methods, and gain
many of the most valuable results, of a branch of study of such wide reach and great
importance.84
Bei der Darstellung des Ursprungs der Flexion hat sich Whitney ausgiebig auf
Bopp verlassen, was ohne Zweifel Bopps Einfluss erheblich vergrößerte und
stärkte. Whitney hatte freilich an Bopp neben Lob auch Tadel zu vergeben, im
genannten Werk wie auch anderswo.85 Am 16. Mai 1866, zum 50. Jahrestag der
Veröffentlichung von Bopps Conjugationssystem, hatte die Berliner Akademie
der Wissenschaften eine Bopp-Stiftung »zur Unterstützung eines jungen Gelehr-
ten, wess Landes immer […]« gegründet.86 Whitney wurde 1871 zum ersten
Preisträger ernannt.
Zumindest umrisshaft hatte Bopp in seinem Conjugationssystem den
Ursprung der grammatischen Formen gekennzeichnet, in der englischen Version
dann vier Jahre später seine vergleichenden Untersuchungen zum Konjugations-
system erheblich präzisiert und auf das Deklinationssystem ausgeweitet. Im Keim
waren aber auch in diesen beiden Werken bereits seine weiteren Programmpunkte
enthalten, die in der Vergleichenden Grammatik von 1833–1842 eine zentrale
Stelle einnahmen und an deren Verbesserung und Konsolidierung er in den nach-
folgenden Auflagen bis an sein Lebensende ständig arbeitete. Der eine Punkt
betraf den Nachweis der verwandtschaftlichen Beziehungen aller Sprachen, die
zum gegebenen Zeitpunkt als indogermanisch identifiziert werden konnten. Bei
_____________
81 Müller (1901), 157.
82 Müller (1849), 472.
83 Vgl. Alter (2005), 21.
84 Whitney (1872), 207.
85 Vgl. z. B. Whitney (1856).
86 Harnack (1900), Bd. 2, 471.

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 137

dem zweiten und dritten Zielpunkt ging es um die genauere Bestimmung und
Erklärung der beiden Faktoren, die den Verwandtschaftsverhältnissen der invol-
vierten Sprachen zugrunde lagen: um den durch Formzergliederung zu erreichen-
den Beweis für den Ursprung und um die Vergleichbarkeit der grammatischen
Strukturelemente und die Identifizierung der dabei wirksamen physischen und
mechanischen Gesetze. Genau das verkündet er in der Vorrede zum ersten Band:
Ich beabsichtige in diesem Buch eine vergleichende, alles Verwandte zusammenfas-
sende Beschreibung des Organismus der auf dem Titel genannten Sprachen, eine
Erforschung ihrer physischen und mechanischen Gesetze und des Ursprungs der die
grammatischen Verhältnisse betreffenden Formen.87
Die einzelnen Editionen haben leicht veränderte Titel, nämlich jeweils dann,
wenn Bopp neue Sprachen hinzufügte, so 1835 das Altslawische, 1856 das
Armenische. Darüber hinaus ging er aber auch in gesonderten Publikationen auf
Sprachen ein, für die von anderen Forschern oder von ihm selber erstmalig der
Anspruch auf Zugehörigkeit zur indogermanischen Sprachfamilie erhoben wurde.
Bopp verwendet übrigens vorzugsweise den Terminus »indisch-europäisch« statt
»indogermanisch«.88 In die erste Gruppe gehören die Abhandlungen Über die
celtischen Sprachen vom Gesichtspunkte der vergleichenden Sprachforschung
(1838/39) und Über das Albanesische in seinen verwandtschaftlichen Beziehun-
gen (1854/55), in die zweite Gruppe die Abhandlung Über die Verwandtschaft
der malayisch-polynesischen Sprachen mit den indisch-europäischen (1841).
Letztere Arbeit hat schon bald nach ihrem Erscheinen zu Zweifeln an der Beweis-
führung für den indogermanischen Status von der genannten Sprachgruppe
geführt.
Wohl die gründlichste Besprechung der Vergleichenden Grammatik stammt
aus der Feder des Amerikaners Leonard Tafel. Er bringt auf seinen 38 Seiten viele
gut unterbaute Einwände vor, lässt aber keinen Zweifel über seine Grundeinstel-
lung aufkommen:
[…] Mr. Bopp is due the praise of having acted as a pioneer in this new field of
human science […]. […] Mr. Bopp’s laws of sounds, as they are developed in the
second edition, will probably not be disputed by any one.89
Unrichtigkeiten und Fehlschlüsse hat sich Bopp ohne Zweifel geleistet. Das muss
jedem, auch dem erfolgreichsten, Forscher unvermeidlich widerfahren, besonders
einem so wagemutigen Initiator wie Bopp es war. Der Enthusiasmus von Theodor
Benfey schießt vom heutigen Standpunkt aus betrachtet vermutlich etwas über
das Ziel hinaus. Sein Urteil ist aber trotzdem gültig und von großer Wichtigkeit,
weil es offenbar dem Stand der Dinge zur Zeit der Abfassung (1869) voll und
ganz entsprach, wie sich leicht durch eine Vielzahl vergleichbar begeisterter

_____________
87 VG, Bd. 1, III.
88 Vgl. z. B. die Titel von zwei Abhandlungen in Bopps Kleinen Schriften.
89 Tafel (1861), 772.

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138 Kurt R. Jankowsky

Urteile belegen ließe. Am Ende seiner eingehenden, 38 Seiten umspannenden


Analyse von Bopps Vergleichender Grammatik kommt Benfey zu dem Schluss:
Wenn ich nicht umhin konnte, wegen des Einflußes, den [das Buch] auf die weitere
Entwicklung der Sprachwissenschaft hatte, manches an Bopp, dem größten aller
Sprachforscher, zu tadeln, so halte ich es doch […] für angemessen, ausdrücklich her-
vorzuheben, daß die Größe dieses Mannes auf dem Gebiete, für welches die Natur ihn
geschaffen hatte, so außerordentlich hervorragend ist, daß alle seine Mängel sie nicht
zu verhindern vermögen, seine Verdienste so strahlend, daß seine Fehler, so groß ihre
Zahl auch sein mag, dagegen vollständig verschwinden.90
Die alte Kontroverse, dass Bopp nicht der Erste war, der vollwertige sprachver-
gleichende Untersuchungen betrieb, und demnach auch nicht als derjenige ange-
sehen werden darf, der die vergleichende Sprachforschung aus der Taufe gehoben
hat, kann man getrost zur Ruhe setzen. Das folgende Zitat von Holger Pedersen
legt zu einer solchen Einschätzung eine verlässliche Basis, auch wenn er Franz
Bopp mit keinem Wort erwähnt: »The method was developed in the nineteenth
century, but the soil capable of giving it growth had been tilled by preceding cen-
turies and by the work of collection in the nineteenth century.«91
In dem Sinn, in dem man aufgrund der detaillierten Berechnungen durch
Leonardo da Vinci gewiss die Ansicht vertreten kann, dass er es war, der den
Hubschrauber erfunden hat, könnte man mit gleichem Recht auch die Korrektheit
von Aussagen anerkennen, die darauf hinauslaufen, dass das Problem der Sprach-
vergleichung schon von vielen Forschern vor Bopp ernsthaft angegangen wurde.
Bei Anwendung der schönen Geschichte vom Ei des Kolumbus könnte man aber
hier einiges ins rechte Licht setzen. Bopp hat wie kein anderer den Stein ins Rol-
len gebracht.
Antoine Meillet hat übrigens in einem anderen Zusammenhang Christopher
Kolumbus mit Franz Bopp in Verbindung gebracht, indem er die Meinung äußer-
te, dass Bopp auszog, um den Ursprung der grammatischen Formen zu entdecken,
dabei aber ganz beiläufig bei der Entdeckung der vergleichenden Sprachwissen-
schaft gelandet ist: »Bopp a trouvé la grammaire comparée en cherchant à
expliquer l’indo-européen, comme Christophe Colomb a découvert l’Amérique en
cherchant la route des Indes.«92
Was Russell Martineau 1867 aussprach, gilt im Wesentlichen noch heute,
wenn auch in verdeckter Form. Es gilt selbst für den Sprachforscher des
21. Jahrhunderts, der Bopps Werke vielleicht nur noch vom Hörensagen kennt:
»Bopp must, more or less, directly or indirectly, be the teacher of all who at
present day study, not this language or that language, but language itself.«93

_____________
90 Benfey (1869), 507–508.
91 Pedersen (1931), 240.
92 Meillet (1937), 458.
93 Martineau (1867), 205.

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 139

Literatur

Zitierte Werke von Bopp

AC = »Analytical Comparison of the Sanskrit, Greek, Latin, and Teutonic Languages,


Shewing the Original Identity of their Grammatical Structure«, in: Annals of Oriental
Literature 1 (1820), 1–64 [Nachdruck in: Internationale Zeitschrift für Allgemeine
Sprachwissenschaft 4 (1889), 14–60; deutsche Übersetzung v. Dr. Pracht in: Neues
Archiv für Philologie und Pädagogik 2.3 (1827), 51–81; Neuedition hg. v. E. F.
Konrad Koerner, Amsterdam 1974 (Amsterdam Studies in the Theory and History of
Linguistic Science, Ser. 1: Amsterdam Classics in Linguistics, 1800–1925, 3)].
Albanesisch = Über das Albanesische in seinen verwandtschaftlichen Beziehungen.
Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 18. Mai 1854, Berlin 1855 [Nach-
druck in: Kleine Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft. Gesammelte
Berliner Akademieabhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972, 535–619].
ALS = Ausführliches Lehrgebäude der Sanskrita-Sprache, Berlin 1824 [2. Aufl. 1827;
3. Aufl. 1863].
Ardschuna = Ardschuna’s Reise zu Indra’s Himmel, nebst anderen Episoden des Maha-
Bharata. In der Ursprache zum erstenmal herausgegeben, metrisch übersetzt und mit
kritischen Anmerkungen versehen, Berlin 1824 [2. durchges. Aufl. 1868].
CG = A Comparative Grammar of the Sanscrit, Zend, Greek, Latin, Lithuanian, Gothic,
German, and Sclavonic Languages, übers. v. Edward B. Eastwick, 3 Bde., London
1845–1853 [2. Aufl. 1854–1856, 3 Teile in 2 Bde.; 3. Aufl. 1862; Nachdruck Hildes-
heim/New York 1985].
Conjugationssystem = Über das Conjugationssystem der Sanskritsprache in Vergleichung
mit jenem der griechischen, lateinischen, persischen und germanischen Sprache.
Nebst Episoden des Ramajan und Mahabharat in genauen metrischen Übersetzungen
aus dem Originaltexte und einigen Abschnitten aus den Veda’s, hg. u. mit Vorerinne-
rungen begleitet v. Karl Joseph Windischmann, Frankfurt am Main 1816 [Nachdruck
Hildesheim/New York 1975; mit neuer Einleitung v. Roy Harris, London/New York
1999 (Foundations of Indo-European Comparative Philology, 1800–1850, 1)].
CS I = Die celtischen Sprachen in ihrem Verhältnisse zum Sanskrit, Zend, Griechischen,
Lateinischen, Germanischen, Litthauischen und Slavischen, Berlin 1839.
CS II = Über die celtischen Sprachen vom Gesichtspunkte der vergleichenden Sprach-
forschung. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 13. Dezember 1838,
Berlin 1839 [Nachdruck in: Kleine Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft.
Gesammelte Berliner Akademieabhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972, 149–234].
Demonstrativstämme = Über einige Demonstrativstämme und ihren Zusammenhang mit
verschiedenen Präpositionen und Conjunctionen im Sanskrit und den mit ihm ver-
wandten Sprachen. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 7. Januar 1830,
Berlin 1830 [Nachdruck in: Kleine Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft.
Gesammelte Berliner Akademieabhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972, 81–101].
Einfluß = Über den Einfluß der Pronomina auf die Wortbildung im Sanskrit und den mit
ihm verwandten Sprachen. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am 10. Juni
1830 und am 28. Juli 1831, Berlin 1834 [Nachdruck in: Kleine Schriften zur verglei-
chenden Sprachwissenschaft. Gesammelte Berliner Akademieabhandlungen 1824–
1854, Leipzig 1972, 103–130].

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140 Kurt R. Jankowsky

GC = Grammaire comparée des langues indo-européennes, comprenant le sancrit, le


zend, l’arménien, le grec, le latin, le lithuanien, l’ancien slave, le gothique et
l’allemand, übers. auf der Grundlage der 2. Aufl. u. mit einer Einleitung versehen
v. M. Michel Bréal, Paris 1866–1874 [2. Aufl. 1875].
GS I = Glossarium sanscritum, Berlin 1830.
GS II = Glossarium sanscritum in quo omnes radices et vocabula usitatissima explicantur
et cum vocabulis Graecis, Latinis, Germanicis, Lithuanicis, Sclavicis, Celticis compa-
rantur, Berlin 1847 [3. Aufl. 1867].
KG = Die kaukasischen Glieder des indoeuropäischen Sprachstamms, Berlin 1847
[= Über das Georgische in sprachverwandtschaftlicher Beziehung]. Gelesen in der
Akademie der Wissenschaften am 11. Dezember 1842 und am 23. Oktober 1845,
Berlin 1847 [Nachdruck in: Kleine Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft.
Gesammelte Berliner Akademieabhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972, 397–477].
KGS = Kritische Grammatik der Sanskrita-Sprache in kürzerer Fassung, Berlin 1834
[2. Aufl. 1845; 3. umgearb. u. verm. Aufl. 1863; 4. durchges. Aufl. 1868].
KS = Kleine Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft. Gesammelte Berliner
Akademieabhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972.
Nalus I = Nalus. Carmen sanscritum e Mahabharato, hg. u. übers. v. Franz Bopp,
London/Paris/Straßburg 1819.
Nalus II = Nalus Maha-Bharati episodium. Textus sanscritus cum interpretatione Latina et
annotationibus criticis, hg. v. Franz Bopp, Berlin 1832.
Selbstanzeige = »Selbstanzeige von Analytical Comparison«, in: Göttingische Gelehrte
Anzeigen 88 (1821), 529–543.
VA = Vergleichendes Accentuationssystem nebst einer gedrängten Darstellung der gram-
matischen Übereinstimmungen des Sanskrit und Griechischen, Berlin 1854.
Verwandtschaft = Über die Verwandtschaft der malayisch-polynesischen Sprachen mit
den indisch-europäischen. Gelesen in der Akademie der Wissenschaften am
10. August 1840, Berlin 1841 [Nachdruck in: Kleine Schriften zur vergleichenden
Sprachwissenschaft. Gesammelte Berliner Akademieabhandlungen 1824–1854, Leip-
zig 1972, 235–310].
VG = Vergleichende Grammatik des Sanskrit, Zend, [Armenischen], Griechischen, Latei-
nischen, Litthauischen, [Altslavischen], Gothischen und Deutschen, 4 Bde., Berlin
1833–1852 [2. gänzlich umgearb. Aufl. 1857–1863; 3. Aufl. 1868–1871].
Vocalismus = Vocalismus oder sprachvergleichende Kritiken über J. Grimm’s deutsche
Grammatik und Graff’s althochdeutschen Sprachschatz, mit Begründung einer neuen
Theorie des Ablauts, Berlin 1836.
VZS = Vergleichende Zergliederung des Sanskrits und der mit ihm verwandten Sprachen,
Berlin 1826–1832 [darin: I. Von den Wurzeln und Pronominen erster und zweiter
Person, 1823; II. Über das Reflexiv, 1824; III. Über das Demonstrativum und den
Ursprung der Casuszeichen, 1825; IV. Über einige Demonstrativstämme und ihren
Zusammenhang mit verschiedenen Präpositionen und Conjunctionen im Sanskrit und
den mit ihm verwandten Sprachen, 1830; V. Über den Einfluß der Pronomina auf die
Wortbildung im Sanskrit und den mit ihm verwandten Sprachen, 1830/1831; Nach-
druck in: Kleine Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft. Gesammelte
Berliner Akademieabhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972, 1–130].
Wurzeln = Von den Wurzeln und Pronominen erster und zweiter Person. Gelesen in der
Akademie der Wissenschaften am 24. April 1823, Berlin 1824 [Nachdruck in: Kleine

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Franz Bopp und die Geschichte der Indogermanistik als eigener Disziplin 141

Schriften zur vergleichenden Sprachwissenschaft. Gesammelte Berliner Akademie-


abhandlungen 1824–1854, Leipzig 1972, 1–32].

Literatur

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144 Kurt R. Jankowsky

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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von, »Klassische Philologie mit Einschluß der alten
Geschichte und Archäologie«, in: Die deutschen Universitäten. Für die Universitäts-
ausstellung in Chicago 1893, hg. von Wilhelm H. P. A. Lexis, Bd. 1, Berlin 1893,
457–475.
Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von, Geschichte der Philologie, 3. Aufl. Leipzig 1927
[Nachdruck 1959] .
Windisch, Ernst, Geschichte der Sanskrit-Philologie und Indischen Altertumskunde, Bd. 1,
Strassburg 1917 [Nachdruck Berlin 1992].

Abbildungsnachweis
Abb. 1: Friedrich Techmer (Hg.), Internationale Zeitschrift für Allgemeine Sprach-
wissenschaft 4 (1889), 10.

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