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PAGE Ranking:
Die besten
Werber & Designer
Deutschlands
DEUTSCHLAND 9,80 €
Das Magazin der Kreativbranche # 03.2013 www.page-online.de
4 191084 209802 03
GESTALTER @ WORK
Welches Erwerbsmodell passt zu mir?
Freelance // Angestellt // Agentur-Chef // Network
Happy Hour
wirklichen? Nicht zuletzt wegen der
Flexibilisierung des Agenturgeschäfts
stehen in der Kreativbranche denn
auch Zweit- und Drittjobs an der Tages-
ordnung. Und die Spitzenkräfte unter
uns, die können sich ihre Jobs ohnehin
aussuchen – ganz gleich, ob abhängig
beschäftigt, Freelancer oder Agentur-
chef. Sie können auch ganz einfach
mal nichts tun.
Ob auch in Sachen Award-Teilnah-
me, das muss sich allerdings erst noch
QSie können arbeiten, wann und wo
Foto: Kirsten Nijhof
WWW.SOLUTIONBAR.DE
004 PAGE 03.13
INHALT
SZENE
006 Was die Branche bewegt
Kunstkooperation mit Absolut Vodka; Ausstellung
mit Arbeiten junger bulgarischer Designer; Projekt
von Droog und Erik Kessels; Self-Publishing-Portal
No Layout; neue Logos fürs Haus der Kulturen der
Welt und für Langenscheidt; Social-Webkampagne
020 Ausbildung
Deutsch-englische »Stereotypologie/y«; interaktive
Lernumgebung; nachhaltiges Corporate Design
TITEL
022 QGestalter@Work
Genug Geld, genug Spaß, genug Austausch,
genug Anerkennung – mit welchen Erwerbsmodel-
len Kreative die richtige Balance zwischen
Selbstbestimmung und Sicherheit für sich finden
KREATION
034 QDebatte: New Aesthetic
Klar ist, dass die digitalen Technologien unsere
Wahrnehmung verändern. Aber wie das
genau aussieht, darüber streiten Gestalter, Medien-
künstler und Creative-Coding-Experten
059 Papierwelt
Siebdruck-Kalender aus Athen; Mohawk in 3-D
TYPO
062 QLayer-Schrift Modular
Fabian Widmers Font ist nicht nur sehr dekorativ –
dank Scripts, Actions und animierter Lettern für
InDesign & Co lässt er sich auch einfach einsetzen
072 Typowelt
Eine Poster-Version für die Trim und eine Sans-
Version für die Marat; FontBook für iPhone
BILD
076 Malbücher von Designern
Was passiert, wenn man Illustratoren einige
besonders interessante Exemplare der neuen
Ausmalbücher für Erwachsene in die Hand gibt?
084 Bildwelt
Agentur für junge, »ungeschönte« Fotografie;
Facebook und Stockfotos; Fotolias »TEN Collection«
TECHNIK
088 Making-of: Mirror
Die Browser-App erzeugt aus Facebook-Daten inter-
aktive Persönlichkeitsprofile. PAGE berichtet über
den spannenden Umsetzungsprozess als Zusammen-
spiel von Design, Wissenschaft und Technik
PAGE SEMINARE
013 Visual Thinking Lessons mit der Good School
060 »Gutes Design entwickeln« mit Jochen Rädeker
061 »Gutes Design gut verkaufen« mit Jochen Rädeker
074 Infografik-Seminar mit Jan Schwochow
086 »Designmanagement« mit Christine Hesse
006 PAGE 03.13
SZENE
Die Überlagerung
kyrillischer und
lateinischer
Buchstaben dient
als Keyvisual der
Wanderausstel-
lung »Alphapre-
tation Bulgaria«
Bildexplosionen
Q Design-Ausstellungen. Sehr vie- die noch bis zum 17. März im Ham-
le Zeitgenossen sind von der digitalen burger Museum für Kunst und Gewer-
Informationsmasse überfordert – doch be zu sehen ist.
wie muss sich die Bilderflut angefühlt Was Romantik heute aktuell macht,
haben, als zwischen 1840 und 1890 zeigt bis 21. April die Schau »Isn’t it ro-
der Farbdruck aufkam? Nachdem 1837 mantic? Zeitgenössisches Design zwi-
die Chromolithografie als Patent ange- schen Poesie und Provokation« im Mu-
meldet wurde, dauerte es keine zwei seum für Angewandte Kunst Köln.
Jahrzehnte, bis die Drucktechnik explo- Objekte von den Bouroullecs, Patricia
sionsartig Werbeplakate, Kinderbücher Urquiola oder Tord Boontje zeugen
und Zeitschriften, aber auch die Kunst, vom Wunsch einer Synthese von Ro-
beispielsweise bei Toulouse-Lautrec, mantik und Moderne, von Rationali-
dominierte. Während die Heile-Welt- tät und Irrationalität. Die Semantik
Darstellungen der Chromolithografien scheinbar rückwärtsgewandter oder
heute kitschig und bieder erscheinen, kitschiger Formen, Materialien und Her-
Abbildung: Museum für Kunst und Gewerbe
galten sie damals als innovativ und stellungstechniken wird heute verwen-
künstlerisch wertvoll. Dies ist Thema det, um diese zu überhöhen, ironisch
der Ausstellung »Als Kitsch noch Kunst zu brechen oder neu zu interpretieren.
war. Farbendruck im 19. Jahrhundert«, Nach eineinhalb Jahrhunderten Indus-
trialisierung und Digitalisierung ist un-
Die Schau »Als Kitsch noch Kunst war« sere Sehnsucht nach Harmonie geblie-
gibt Einblick in die Geschichte des ben. Nur trauen wir ihr nicht mehr so
Farbendrucks – und in die Historizität recht – schon gar nicht im Kontext tech-
ästhetischen Geschmacks nischer Innovation. wl
PAGE 03.13 009
Multiple Persönlichkeit
Q Kunstprojekt. In der heutigen glo- offene nationale Identität könne für www.identityland.net kann jeder ein
balisierten Welt gleichen sich Ideen, Besucher und Einwohner sogar sehr paar Quadratmeter seines persönli-
Werte, Produkte und Menschen immer befreiend sein. Die Ausstellung im bel- chen Raums an Identity Land spen-
mehr an. Was macht dann eigentlich gischen Hasselt ist zwar bereits vor- den. So entsteht Stück für Stück eine
noch die Identität einer Nation aus? bei, das Projekt läuft aber weiter. Unter »post-nationale Nation«. nik
Das niederländische Designkollektiv
Wer spielt mit wem?
Droog ging dieser Frage in einem Kunst-
Jeder Spieler
projekt nach. Unter der Leitung von
trägt sein eigenes
Erik Kessels, Gründer und Kreativdi-
Trikot. Das ver-
rektor der Amsterdamer Agentur Kes-
wirrende Spiel, das
selsKramer, entstand kurzerhand ein
dabei entsteht,
neuer »Staat«: das »Identity Land«. Ei-
zeigt ein Film von
ne erfundene Gesellschaft, die weder
Hans van der Meer
an Staatsgrenzen noch an National-
symbole gebunden ist und Raum für
Millionen von Identitäten bietet. Aus-
gehend von dieser Idee schufen ver-
schiedene Künstler mal mehr, mal we-
niger absurde Exponate. So ist die
Nationalflagge transparent, die Geld-
münzen sind kleine Spiegel und die
Spieler des Fußballteams tragen alle
ihre eigenen Trikots.
So grotesk manches davon auch
erscheinen mag, der Gedanke hinter Alles kann ein Sou-
dem Projekt ist ernst. Der Mangel an venir sein – auch
einer nationalen Identität werde von der Stein unterm
Menschen als belastend wahrgenom- Schuh. Eine Idee
men, sagt Erik Kessels. Das leiste Na- von Jessica Gysel.
tionalismus und Fremdenfeindlichkeit Eine Euro-Münze
Vorschub. Mit »Identity Land« will er ohne Nationalsym-
verdeutlichen, dass multiple Identitä- bol: Helmut Smits
ten innerhalb eines Landes kein Nach- schuf für »Identity
teil sind, sondern etwas, worauf man Land« eine Wäh-
stolz sein kann. Eine vereinfachte und rung aus Spiegeln
Heimspiel
Fürs Pariser
Q Character Design. Erst mal wird Schmucklabel
am 8. und 9. Februar die vierte New Le Buisson
Yorker Pictoplasma-Konferenz nachge- entwarf
holt, die im November wegen Hurrikan Geneviève
Sandy ausfallen musste. Pictoplasma Gauckler
ist ein erfolgreiches deutsches Export- exklusive
produkt, die Mutter aller Festivals fin- Anhänger.
det jedoch in Berlin statt – von 10. bis Dieser kostet
14. April in rund zwanzig Ausstellungs- fast 5000 Euro.
räumen überall in der Stadt sowie von Smiley-
11. bis 13. April mit einer Konferenz im Gesichter
Babylon-Filmtheater. und witzige
Neben Stargästen wie Jon Burger- Kontraste ge-
man oder Geneviève Gauckler gibt es hören zu den
wieder viel zu entdecken: die Produk- Stilmitteln
tionsfirma Anima Boutique aus Finn- von Illustrator
land, Illustrator Ted Parker mit seinem Ted Parker
eigenwilligen Humor oder Olimpia Za-
gnoli aus Mailand mit minimalistischen
Illus mit Sixties-Touch. Auch das Urban-
Artist-Brüderpaar Low Bros aus Berlin
und Hamburg ist dabei. Schnell unter
www.pictoplasma.com anmelden, denn
die Karten sind immer rasch weg! cg
010 PAGE 03.13 SZENE
Ansichtssache
PAGE-Redakteurin Wiebke Lang über die neue Reduktion in der Markenkommunikation,
die sich über subtiles Storytelling in die Herzen der Zielgruppe schleicht
Q Jedes Jahr im Dezember überfällt überwinden könnte, einen Fuß über Flugzeugflügel zu sehen, auf dem sich
mich ein schlechtes Gewissen. Dann die Schwelle des Billiganbieters zu set- vor einer Wolkenkulisse Reisende tum-
nehme ich mir für das nächste Jahr zen, der mit muskelbepackten Prole- meln. »Dein Sommer. Deine Airline.«
vor, Kopfarbeit weniger mit Chips zu ten und zahnpastagrinsenden Wasser- Eigentlich wenig spannend. Wieso die
beschleunigen, Stress seltener in Rot- stoffblondchen wirbt. Motive dennoch Fernweh bei mir frei-
wein zu ertränken und mich endlich in Das änderte sich zum Jahreswech- setzten, verstand ich erst auf den zwei-
einem Fitnessstudio anzumelden. Be- sel, als McFit seinen neuen Auftritt prä- ten Blick: mit einem Hauch von Retro-
feuert wird dieses Vorhaben von Mc- sentierte. Das neue Corporate Identi- Ästhetik, die für die Sommerleichtig-
Fit, dem Studio gleich gegenüber mei- ty stammt von der Hamburger Agen- keit der Wirtschaftswunderzeit sorgt.
nes Homeoffice. Wie praktisch, Sport tur Syndicate, die Kampagne von Dojo. Da ist sie wieder, die vielfach zitierte
in der Mittagspause! Bislang konnte Die Marke setzt jetzt auf Wertigkeit: Scheinidylle von »Mad Men«. Längst
ich mich allerdings immer damit beru- Das knallige Blau-Gelb wurde durch ein nervt sie, wird hier jedoch sympathisch
higen, dass ich mich sowieso niemals nobles Anthrazit ersetzt, das Super- dezent durch Farbgebung, vereinzelte
marktlogo durch ein dynamisches 3-D- Modeaccessoires und Anleihen in der
»Die Models
Signet, die belanglosen Models durch Bildsprache greifbar.
schauen nicht
natürlichere, sogar leicht schwitzende Ähnlich verhält es sich mit dem re-
mehr so
Menschen. Die Netzgemeinde motzte launchten McFit-Design. Die Kampag-
plakativ glück-
über die dazugehörige Kampagne; un- ne zeigt eine neue Form von Reduk-
lich wie in der
ter anderem wegen des falschen Twit- tion, basierend auf subtilem Storytel-
Vergangenheit«
ter-Hashtags im Wording und der Pseu- ling, mit dem sich Marken unbemerkt
heißt es in der
do-Authentizität. Nicht ganz zu Un- ins Herz der Zielgruppen schleichen.
McFit-Presse-
recht. Zudem krümmt sich mein innerer Schlichtes Logo, aufgeräumte Medien,
meldung über
Schweinehund beim Slogan »Der Wille ruhige Momentaufnahmen – die gro-
den neuen
in dir«, und die Möchtegern-Natürlich- ße emotionale Story passiert im Hin-
Auftritt. Um eine
keit der Models macht die Fallhöhe zu tergrund. Woher kennen wir bloß das
so entspann-
meinem persönlichen Fitnesszustand Beton-Anthrazit? Das harte Licht auf
te Trainings-
noch größer. Warum spricht mich die glänzenden Muskeln? Na klar: »Sky-
miene werden
Kampagne trotzdem an? fall«. Wo der coole James Bond neuer-
sie sicher-
Die Antwort kam mir, als ich die dings Schwäche zeigen darf. Vielleicht
lich trotzdem
neue Sommerkampagne für Air Berlin kriegt mich die Fitnesskette von ge-
beneidet
entdeckte. Auf den Plakaten ist ein genüber doch noch.
Frischer Wind
Q Erscheinungsbild. Mit dem stau- turabsenders erstaunlich modisch und Design Director von Interbrand. Ge-
bigen Geruch von Büchern und ehr- emotional gibt. Während in der Visua- fragt, weswegen traditionelle Kultur-
Leider funktio- fürchtiger Museumsaura hat die Deut- lisierung des Logomotivs auf Abstrak- werte in dem Auftritt nicht zu entde-
niert die digitale sche Digitale Bibliothek kaum etwas tion verzichtet wird, überzeugt das cken sind, erklärt Palis: »Die Deutsche
Kulturvermittlung gemeinsam. Das Internetportal, ein Konzept mit einer überraschenden, Digitale Bibliothek versteht sich als zu-
mit der neuen Gemeinschaftsprojekt von 30 000 Kul- klugen Metapher – fortwehenden Pus- kunftsorientierter Dienstleister, der in
semantischen Such- tur- und Wissenschaftseinrichtungen teblumensamen, zeitgemäß illustriert. der Lage sein muss, zeitgenössische
maschine – im Deutschlands, ermöglicht es, nach Bü- »Das Motiv steht für das Weitertra- Kultur und hochgradig aktuelles Wis-
Logo der Deutschen chern, Denkmälern, Kunstwerken, Ton- gen und das Aussähen von Wissen. Wir sen zu sammeln. Dies steht im Vorder-
Digitalen Biblio- dokumenten, Filmen und Noten zu su- haben ein Symbol gesucht, das durch grund der grafischen Umsetzung.« Die
thek als Puste- chen. Die Agentur Interbrand hat nun Bewegung und ein changierendes Farb- Assoziation zu Begriffen wie »Kultur«
blumen angedeutet – ein Erscheinungsbild entworfen, das klima die Vielfalt der beteiligten Insti- und »Tradition« stelle der beschreiben-
nicht so optimal sich angesichts des ehrwürdigen Kul- tutionen symbolisiert«, so Kilian Palis, de Name her. wl
012 PAGE 03.13 SZENE
Frozen Music
QMarketing-Aktion. Um die neue Single der Band Shout
Out Louds mit dem Titel »Blue Ice« bekannt zu machen,
verschickte die Agentur TBWA\Stockholm an ausgewählte
Fans ein Set, mit dem sie das Stück vorab hören konnten.
Dazu mussten sie die Schallplatte jedoch erst selbst produzie-
ren – aus Eis. Das Mailing enthielt eine Form, die mit Wasser
gefüllt und eingefroren werden musste. Die fertige Eis-Scheibe
ließ sich nach Herauslösen aus der Form tatsächlich auf einem
Plattenspieler abspielen. Kaum zu glauben. Ein YouTube-Video
dokumentiert die Aktion: http://is.gd/blue_ice . aw
Abgekürzt
QRedesign. Wie wohl Briten, Franzosen oder Japaner
den Namen »Haus der Kulturen der Welt« aussprechen?
Jetzt, wo Berlin Weltstadt ist, muss das endlich einfacher
werden, zumal die Kongresshalle, die PAGE-Leser vor al-
lem von der TYPO-Konferenz kennen, sich ja vorrangig
dem internationalen Kulturaustausch widmet. Anstatt
des Dreizeilers, den Cornel Windlin 1989 gestaltete und
Double Standards 2007 in Helvetica und einen Fünfzeiler
»übersetzte«, machte NODE Berlin Oslo jetzt ein Logo
aus der Abkürzung HKW.
Formale Inspiration war die modernistische Archi-
Aus erster Hand tektur des im Volksmund schwangere Auster genann-
ten Gebäudes von 1957. Dazu kommt der Font Fakt von
Q Self-Publishing-Portal. Immer laubt, bietet eine Alternative: Für eine Thomas Thiemich aus Leipzig, der »neu und zeitgeistig
mehr Designer und Fotografen machen jährliche Gebühr stellt sie Zines und ist, aber doch einen Retro-Touch hat«, so Felix Wetzel von
eigene Bücher und Magazine. Doch wie Bücher in ihren sorgfältig kuratierten NODE. Und ab und zu die Pitch, ein Monospace-Schreib-
die mit viel Liebe und wenig Budget er- neuen Online-Store. Dort lassen sie sich maschinenfont der neuseeländischen Klim Type Foundry.
zeugten Publikationen verkaufen, ohne über PayPal direkt bei den Erzeugern Zweites essenzielles Element des Redesigns sind Kreise,
sie erst für teures Geld an einen Händ- kaufen, ohne dass Provisionen für sie die wie ein Fokus oder Brennpunkt wirken. »Dabei kön-
ler zu schicken, der dann noch – bei Ver- fällig werden. Laut Daniel Pianetti, der nen auch zwei Motive zum Einsatz kommen, eines im
kauf – eine Kommission einbehält? No Layout von London aus betreibt, Hintergrund, eines vorn im Kreis als Zoom aus dem Bild
Die Plattform No Layout, die seit soll so der billigste Buchladen des In- oder leicht verschoben«, erklärt Felix Wetzel. »So steht
dem Jahr 2010 kostenlos digitalen Ein- ternets entstehen – für Self-Publisher der vordere Kreis für eine neue Perspektive, durch die
blick in Independent-Publikationen er- und damit für ihre Leser. cg man das Vorhandene betrachtet.« cg
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'LH$JHQGD Manchmal möchte man zeichnen können. Immer
dann, wenn es kompliziert wird und ein Bild
9:00 Uhr Warm-up alles viel einfacher machen würde. Im Workshop,
Wie man ganz schnell die Angst vorm
weißen Blatt Papier ablegt und den Stift zu seinem um die Ergebnisse grafisch festzuhalten. Im Kon-
besten Freund macht. zept, um komplexe Sachverhalte schnell verständ-
lich darzustellen. Oder in der Ideenentwicklung,
10:00 Uhr Lesson Nr. 1: Basics des Zeichnens
Wie man mit elementaren Formen so ziemlich alles
um nicht immer viele Worte machen zu müssen.
skizzieren kann, was man sagen möchte.
Wie man mit nur wenigen Strichen eigene Ideen
11:30 Uhr Lesson Nr. 2: Visual Notetaking darstellen und in kurzer Zeit seine Gedanken
Wie man in Echtzeit Vorträge, Meetings und Diskussionen
visualisiert und komplexe Begriffe einfach darstellt.
visuell strukturieren und präsentieren kann, lernt
man in den Visual Thinking Lessons mit Anna
12:30 Uhr Mittagspause Lena Schiller, der deutschen Vertreterin des Graphic
Recording, eines neuen methodischen Ansatzes
13:30 Uhr Kleine Materialkunde aus den USA. Schiller unterstützt mit ihrer besonde-
Was sind die besten Werkzeuge, um miteinander ren Expertise nicht nur die Good School, sondern
visuell zu kommunizieren? Ein Überblick über
die wichtigsten analogen und digitalen Tools für den auch Konferenzen wie die re:publica, Picnic oder
Alltagsgebrauch. transmediale und Unternehmen wie Deutsche Bank,
Volkswagen, Deutsche Telekom, IBM, Bündnis 90/
14:30 Uhr Inspiration
Das Who-is-Who des visuellen Denkens. Die besten
Die Grünen und Axel Springer.
Videos, interessante Vordenker, Promi-Doodler und die
neuesten Entwicklungen rund ums Thema.
Die Visual Thinking Lessons finden am Dienstag,
den $SULO, in der Good
15:00 Uhr Lesson Nr. 3: Methodenköfferchen
Von Visual Brainstorm über Graphic Facilitation bis
School, Lagerstraße 36, im Hamburger Schanzen-
hin zum Elevator Pitch und Visual Teams. Die Welt des viertel statt. Die Teilnahme kostet 920,00 Euro
visuellen Denkens.
(zzgl. MwSt.). Der Preis versteht sich inklusive
aller Arbeitsmaterialien und Verpflegung. Die Teil-
18:00 Uhr Letzte Runde
Feedback und Feedforward nehmeranzahl ist auf 18 Personen begrenzt!
Also schnell anmelden unter
19:00 Uhr Feierabend www.good-school.de/visual_thinking_lessons
oder www.page-online.de/seminar
Die Good School (www.good-school.de) ist eine Schule für digitale Kommuni-
kation in Hamburg. Seit 2009 hat sie mehr als 700 Profis und Mitarbeiter aus über
80 Unternehmen fit gemacht – darunter Deutschlands erfolgreichste Kreativköpfe,
Marketingmanager großer Marken und Vorstände internationaler Agenturnetz-
werke. Sie arbeitet mit gut 100 nationalen und internationalen Top-Experten
für alle relevanten Themen: Digital Planning, Online-Projektmanagement,
Social Media, Mobile Marketing, Performance Marketing, Search, Techniktrends
und Innovationen, integrierte Kommunikation und Organisation.
Neben Neuveröf-
fentlichungen
erscheinen nach
und nach auch
die alten textura-
Bücher im
neuen Design
Fein gestreift
QBuchgestaltung. Nicht nur litera- textura übernommen und ihr mit dem Streifen ein Foto hinterlegt ist, sei es,
risch, auch gestalterisch anspruchsvoll Münchner Gestaltungsbüro Kunst oder dass sie selbst aus winzigen Bild- oder
war textura schon immer. Die seit 1980 Reklame ein weniger intellektuell an- Schriftzeichen bestehen, die auf den
im Verlag Langewiesche-Brandt he- mutendes Einbanddesign gegeben. Inhalt Bezug nehmen. Die fühlbare
rausgegebene Reihe setzte früher auf Angelehnt an den lateinischen Be- natürliche Filznarbung der Klappen-
rein typografische Einbände, auf denen griff textura baut die Gestaltung aus broschur aus Rives-Tradition-Feinpa-
schon ein Gedicht aus dem Buch oder Streifen ein Gewebe auf. Bei aller Ab- pier sowie die schlicht anmutende Pa-
eine Kostprobe aus einem Prosatext straktion spielen allerdings auch Bild- latino-Beschriftung machen die Verpa-
zu lesen war. Inzwischen hat C. H. Beck elemente eine Rolle, sei es, dass den ckung der Büchlein perfekt. cg
Befreit Licht-Origami
Q Corporate Design. Langenscheidt sam. So entfällt der starre Kasten um QLeuchtendesign. Noch bevor die zauberhafte
demonstriert mit einem neuen Erschei- den Buchstaben, dieser selbst wurde Leuchtenserie In-Ei Issey Miyake im Handel war,
nungsbild die Bereitschaft, sich den gestaucht. Während das alte, lang ge- wurde sie schon beim iF product design award 2013
Veränderungen im Verlagswesen zu streckte L etwas akademisch und ge- ausgezeichnet. Die Produkte, eine Kooperation
stellen. Den Relaunch der Traditions- stelzt wirkte, sorgen die neuen Propor- zwischen Issey Miyakes Reality Lab und Artemide,
marke hat KW43 Branddesign betreut. tionen im Fibonacci-Raster für eine wirken wie Hybride aus künstlerischer Skulptur,
»Die Herausforderung bestand unter kompakte, selbstbewusste und dem Haute Couture und japanischer Papierfaltkunst – und
anderem darin, eine zeitgemäß lust- Nutzer zugewandte Anmutung. Dabei sind zugleich nachhaltig produziert. Ihr Name – in-ei
volle, spielerische Komponente von Bil- kommt die Trade Gothic Next in einem ist das japanische Wort für »Schattenreichtum« – ver-
dung zu vermitteln, ohne den tradi- detailoptimierten Schnitt weiter zum weist auf die atmosphärischen Licht- und Schatten-
tionsreichen, hochwertigen Marken- Einsatz; neu ist die Charter for Langen- effekte der Leuchte. In Weiterentwicklung des Textil-
kern zu verlieren«, erklärt Rüdiger Götz, scheidt, angepasst für den blauen Ti- forschungsprojekts »132 5. Issey Miyake« erhalten die
Kreativchef der Düsseldorfer Agentur. telsatz auf gelbem Grund. Verlage wer- zusammenfaltbaren Lampenschirme computergene-
Die charakteristische Farbkombina- den sich in Zukunft breiter aufstellen rierte origamiartige Formen. Miyakes Falttechnik sorgt
tion der 150-jährigen Marke blieb un- müssen, und für die neuen Medien und dabei für eine moderne, skulpturale Formensprache
verändert. Das Markenzeichen – das innovative Produkte dürfte das neue und für Stabilität, die zusätzliche Halterungen überflüssig
auf der Trade Gothic Next basierende Logo einen flexiblen, freundlichen Be- macht. Die Schirme bestehen aus Recyclingfasern, die
L – modifizierten die Designer behut- gleiter bieten. wl aus gebrauchten PET-Flaschen gewonnen werden. wl
Grafische Satire
Q infografiken. Für die Griechen ist
Deutschland Teil einer Europäischen
Union der geizigen Workaholics. Die
Deutschen ihrerseits sehen Griechen-
land nur als Gegend billiger Hotels, der-
weil die Spanier es als Heimat schlech-
ten Olivenöls betrachten . . . Vorurteile
hat jeder gegen jeden.
Der 1976 im Kommunismus gebore-
ne Bulgare Yanko Tsvetkov, der in der
Jugend Deutsch lernte, nach Jahren in
London in Spanien lebt, einen venezo-
lanischen Freund hat und unbändigen
Humor besitzt, ist wie geschaffen, um
da zu relativieren. Seit 2009 tut der
Designer das mit seinem Webprojekt
»Mapping Stereotypes«: Auf Landkar-
ten zeigt er, wie jede Nation sich ihre
Sicht der Welt aus Klischees zusam-
menstrickt. Ende Februar erscheint
sein »Atlas der Vorurteile« auf Deutsch
bei Knesebeck (80 Seiten, 16,95 Euro,
isbn 978-3-86873-592-5). cg Deutschland ein einziger Dungeon, mittendrin Berlin – arm, aber sexy
016 PAGE 03.13 SZENE
Business Basics
Christian Büning, Präsident des Berufsverbands der Deutschen
Kommunikationsdesigner ( www.bdg-designer.de ), beantwortet berufs-
Dennis, 26: Hallo, ich brauche Hilfe bei einer Auftraggebe- mal selbst noch nicht kennt. Lautet
rin, die mir einfach nicht korrekt sagen kann, was sie will. der Designauftrag zum Beispiel, eine
Es gab jetzt drei Präsentationen und keine war gut Broschüre neu zu gestalten, kann es
genug. Sie konnte aber nie sagen, woran es eigentlich lag eigentlich darum gehen, sich erst mal
oder was falsch war. Ohne ein gutes Briefing kann ich Gedanken über eine präzise Nutzen-
aber nicht loslegen. Wie gehe ich mit diesem Problem um? analyse zu machen. Solange das grö-
ßere Ziel nicht definiert ist, können Sie
das kleinere nur per Zufall treffen –
Lieber Dennis, ein undankbares Projekt. Möglicher- gen Sie Ihren Designprozess offen und
leider muss ich Sie jetzt der Vorstellung weise liegt bei Ihrem Fall genau hier vermeiden so manche redundante Dis-
berauben, dass es ein eindeutiges Brie- der Hase im Pfeffer. kussion. Sie schaffen damit auch über-
fing überhaupt gibt. In stark hierarchi- Mein Tipp: Fassen Sie das Briefing prüfbare Parameter, die es Ihnen er-
schen Strukturen, beispielsweise ei- in eigenen Worten schriftlich zusam- leichtern, das Projekt zu steuern und
nem Konzern, werden Informationen men. Formulieren Sie unbedingt auch Ihren Aufwand zu dokumentieren.
von jeder Stufe zur nächsten nicht ein- das Ziel des Projekts, etwa »Die Bro- Sprechen Sie mit Ihrer Auftraggeberin
fach nur weitergegeben, sondern in- schüre kommuniziert die Vorteile der über ihre eigentlichen Ziele, dann fin-
terpretiert. Jeder passt seine Infor- Dienstleistung für anspruchsvolle Zwi- den Sie mit Sicherheit den eigentli-
mation ein wenig an, damit der Emp- schenhändler auf 24 Seiten.« Erst wenn chen Auftrag und können zusammen
fänger sie auch korrekt versteht. Das Ihr Rebriefing und das Briefing Ihrer ein brauchbares Briefing formulieren.
heißt, Sie müssen Ihr Briefing nicht Auftraggeberin übereinstimmen, ha- Viel Erfolg!
wörtlich nehmen, sondern unbedingt ben Sie eine brauchbaren Arbeitsan-
deuten. Manchmal liegt hinter dem weisung. Zeigen Sie das Briefing und Haben Sie Fragen, die Sie hier beant-
genannten Auftrag ein eigentlicher, die Zielsetzung bei Ihrer Präsentation – wortet sehen möchten? Dann
heimlicher. Diesen müssen Sie freile- einmal zu Beginn und anschließend schreiben Sie uns (E-Mail: business
gen, weil der Auftraggeber ihn manch- zusammen mit Ihrer Lösung. Damit le- basics@bdg-designer.de)
PAGE 03.13 017
PAGE ONLINE
Portfolio des Monats
In jeder Ausgabe stellen wir ein Mitglied der PAGE Community und Highlights aus seinem Portfolio vor
Nigel Gerhardt
www.page-online.de/portfolios/nigel-gerhardt
≥ www.page-online.de PAGEmag
Als Semesterarbeit entwickelte Nigel Gerhardt eine Werbekampagne für den deutschen Wohnwagenhersteller Knaus (Modell Schwalben-
nest). Ebenfalls während des Studiums entstand dieser Entwurf eines MUJI-Messestands. Tourplakat für den Musiker Casper. Illustration
aus der Serie »Lyrics in Bottles«, in der Gerhardt die Musik diverser Künstler als »Essenz« in einer Flasche visualisiert – hier die von Casper
PAGE NEWSLETTER
AUSBILDUNG
Schöne Vorurteile
Q Buchprojekt. Aus britischer Per-
spektive sind die Deutschen humor-
los, diszipliniert und unterkühlt. Um-
gekehrt haben wir die Vorstellung, dass
sich die Bevölkerung der Insel aus-
schließlich aus weltfremden Exzentri-
kern, randalierenden Hooligans, und
traditionsverliebten Aristokraten zu-
sammensetzt. So sind sie eben, die
Deutschen und die Briten. 35 Design-
studenten der Hochschule Augsburg,
Fachklasse Identität und Marke, und
des University College Falmouth in
Cornwall spürten im Sommersemester
2012 den zehn hartnäckigsten dieser
Vorurteile nach. Die Ergebnisse stell-
ten sie nun in einem umfangreichen,
zweisprachigen Buch mit dem Titel
»Stereotypologie/y« zusammen.
Der dreifarbige Laborbericht zeich-
net die Erfahrungen der Studenten
nach und präsentiert die entstande-
nen Projekte. Annkatrin Vierrether und
Michael Phillips beispielsweise ent-
schlüsseln in einem Flowchart die un-
durchsichtigen Verhaltensregeln da-
für, wann man in Deutschland siezen
oder duzen sollte. Dazu entwickelten
sie das Konzept einer Smartphone-
App, die auf humorvolle Weise sicher
so manches Gespräch entspannen
könnte. Ergänzt wird die Publikation
unter anderem durch ein Interview mit
Christian Hanke und Markus Kirsch
von edenspiekermann zum Einsatz von
Stereotypen im Marketing und eine
historische Analyse des typisch deut-
schen Designs der Lufthansa. Eine gu-
te Gelegenheit, eigene Vorurteile über
Bord zu werfen. fb
Die deutsch-englische
»Stereotypologie/y« versam-
melt studentische Projekte,
die sich mit Phänomenen wie
dem britischen Gentleman,
dem Local Pub oder – so das
App-Konzept links – mit
den Verhaltensregeln für das
deutsche Siezen und Duzen
auseinandersetzen. Das Buch
soll bald als Online-Publika-
tion auf issuu verfügbar sein
PAGE 03.13 021
Innere Werte
Q Corporate Design. Bei The Inside
gibt es Teigtaschen aller Art – gekocht,
gebacken, frittiert, nach traditionellen
oder extravaganten Rezepten. Wem
bereits das Wasser im Munde zusam-
menläuft, der wird leider enttäuscht:
Das Fast-Food-Restaurant existiert nur
auf dem Papier beziehungsweise als
Corporate Design. Entworfen hat es
Alexandra Turban im Rahmen ihrer
Bachelorarbeit im Fachbereich Grafik-
design an der Georg-Simon-Ohm-Hoch-
schule Nürnberg.
Da The Inside eine junge, trendbe-
wusste Zielgruppe ansprechen soll,
entschied sich Turban für einen hu-
morvollen Ansatz und berücksichtigte
zudem Nachhaltigkeitsaspekte. »Taste
our inner values!« lautet der Slogan
des Restaurants. Reduzierte Illustra-
tionen zieren das Packaging und sol-
len die Gäste zum Schmunzeln brin-
gen. »Ich denke, dass Humor eine we-
sentliche Rolle in der Werbung spielt,
Mit verspielten vor allem in Bezug auf Sympathie und
Illustrationen und Erinnerungsbeständigkeit einer Mar-
Recyclingpapier ke«, erläutert die Gestalterin. Umwelt-
will Alexandra Turban bewusstsein bringt sie mit Verpackun-
eine junge Zielgruppe gen aus Mikrowellpappe und Natron-
für das fiktive Teig- papier in warmen Brauntönen zum
taschen-Restaurant Ausdruck. Jetzt fehlt eigentlich nur
The Inside begeistern noch das Restaurant. nik
TITEL
PAGE 03.13 023
WIE ES
EUCH
GEFÄLLT
Gute Zeiten für Kreative:
Noch nie hatten Fest-
angestellte so viele
Freiräume und noch nie
waren Freelancer so
unverzichtbar für Agen-
turen. Wir berichten,
welche Möglichkeiten
es für ein selbstbestimm-
tes Berufsleben gibt
und wie Designer unter-
schiedlichster Diszi-
plinen ihren Weg machen
Wir sind Gestalter – und das nicht nur auf dem Papier«,
sagt Raban Ruddigkeit, Gründer des kleinen Berliner Design-
büros +Ruddigkeit. »Wir gestalten auch unser Leben und
unsere Zukunft.« Ob fest angestellt in Agentur oder Unter-
nehmen, selbstständig als Einzelkämpfer oder mit eigenem
Studio – für Kreative gibt es viele Möglichkeiten, wie sie ihre
Leidenschaft mit den Erfordernissen der Existenzsicherung
verbinden können. Gegenwärtig sind laut Allianz deutscher
Designer die sogenannten freiberuflichen Einzelunterneh-
mer auf dem Vormarsch. Flexible Kooperationen zwischen
selbstständigen Designern sieht der Branchenverband als
Arbeitsform der Zukunft. Solche Zusammenschlüsse könn-
ten sogar den Agenturen Konkurrenz machen, meint AGD-
Geschäftsführerin Victoria Ringleb.
Diese Prognose der AGD kann Robert Mende, Geschäfts-
führer von Designerdock Hamburg, nicht bestätigen. Seiner
Erfahrung nach besteht der größte Bedarf an Freelancern
nach wie vor als zeitlich befristete Arbeitskraft in Agentu-
ren – und nicht als selbstständig auftretende Kooperative
die im Notfall entlassen werden müs- ein größeres Gefühl von Freiheit und
sen. Zur gleichen Zeit hat das Projekt- Selbstbestimmtheit. Zusätzlich ist der
geschäft deutlich zugenommen, und Verdienst auf den ersten Blick nicht
Agenturen können nicht mehr so lang- schlecht.
fristig planen wie früher, sondern müs- Wie reagieren Agenturen auf die
sen flexibel Manpower einplanen. Das veränderte Situation?
trägt zum vermehrten Einsatz von Free- Es gibt erste Ansätze. So positionieren
lancern bei. Inzwischen stellen viele sich gerade viele Agenturen als Arbeit-
Agenturen fest, dass sie für das Geld gebermarke neu – allerdings ist oft
Als Leiter von Designerdock Hamburg auch feste Mitarbeiter einstellen könn- fraglich, ob das in der Praxis tatsäch-
haben Sie einen guten Überblick über ten. Das Problem ist allerdings: Jetzt lich so umgesetzt wird. Viele Entschei-
die Entwicklungen in der Design- und will keiner mehr. der wurden auf einem Arbeitsmarkt so-
Kommunikationsbranche. Wie ist der Warum nicht? zialisiert, der ganz anders funktioniert
Freelancer-Markt von heute entstanden? Viele Leute sind es müde, in der Agen- hat als heute: Die Branche war sexy,
Robert Mende: Bei der letzten kon- turmühle zu arbeiten. Zu viel Politik, die Agenturen konnten es sich aussu-
junkturellen Talfahrt haben die Agen- Druck, interne Stimmungsschwankun- chen, wen sie als Mitarbeiter haben
turen zahlreiche Mitarbeiter entlassen. gen, immer das gleiche Geld für relativ wollten. Die Leute waren gewillt, für
So sind relativ viele Kreative unfreiwil- lange Arbeitszeiten. Das ändert sich wenig Geld viel zu arbeiten. Das ist
lig in diese Situation gekommen. Die deutlich, wenn man als Freelancer ge- aber vorbei. Dennoch verfahren Agen-
Politik hat damals die Selbstständig- bucht wird. Für jeden Tag, den ich ar- turen beim Recruiting immernoch nach
keit extrem gefördert, unter anderem beite, bekomme ich Geld. Überstunden dem Motto: Wenn der Teich leer ist,
mit dem Gründungszuschuss. Nach der und Wochenendarbeit werden ent- schmeißen wir eben mehr Angeln rein.
konjunkturellen Wende ging es dann sprechend entlohnt – das ist bei Fest- Das ändert jedoch nichts daran, dass
der Branche wieder besser und die angestellten nur selten der Fall. Free- der Teich leer ist. Die Agenturen müs-
Freelancer wurden von den Agenturen lancer kommen außerdem viel herum, sen solche Rahmenbedingungen schaf-
gut gebucht. Denen steckt noch die sehen viele Agenturen, Projekte und fen, in denen sich die Leute wohlfüh-
Angst in den Knochen, zu viele Leute Kunden. Selbst wenn sie durchgehend len, in denen sie loyal sind und dazu
auf der Gehaltsliste stehen zu haben, beschäftigt sind, haben sie meistens motiviert arbeiten.
PAGE 03.13 025
(siehe Interview unten). Statt auf durch Binnenverträge ab- verständlich, dass man mit Kreativen aus verschiedenen
gesicherten Zusammenschlüssen von Freien, wie sie die Disziplinen und mit Freien zusammenarbeitet«, sagt Armin
AGD empfiehlt, basieren Netzwerke meistens auf Vertrau- Jochum, Vorstandsmitglied bei thjnk. Ihm ist wichtig, dass
en und lockerer Kollaboration. Freelancer nicht nur eingesetzt werden, wenn die Hütte
Unabhängig von diesen unterschiedlichen Einschätzun- brennt, sondern in die Teams integriert werden. Ziel sei es
gen der Situation – klar ist jedenfalls, dass die Festanstellung zwar, gute Leute möglichst mit einer Festanstellung an die
in der Agentur für viele Designer deutlich an Attraktivität Agentur zu binden, aber auch die währt bekanntlich nicht
verloren hat. Herausragende Kreative, besonders Digital- ewig: »Es ist ganz normal, dass junge Kreative viele Statio-
spezialisten, lassen sich kaum noch an ein Unternehmen bin- nen ausprobieren und nach ein, zwei Jahren weiterziehen.
den. Für die Agenturen bedeutet das, dass sie immer stär- Man muss lernen, loszulassen.«
ker auf externe Partner angewiesen sind, wie Trendberater Gleichzeitig versucht thjnk, die Festanstellung so attrak-
Jörg Jelden in seiner Studie »Agenturen der Zukunft« fest- tiv wie möglich zu gestalten. »Viele Agenturen in Deutsch-
stellt (siehe PAGE 02.13, Seite 16). land tun sich mit hochbegabten Talenten schwer. Sie bieten
ihnen Jobs wie vor 20 Jahren. Und genau so sehen dann auch
Schon jetzt zeigt sich, dass der Umgang der Agenturen mit meist die Arbeitsplätze aus. Aber diese Talente suchen kei-
Freelancern flexibler wird. Thjnk beschäftigt zum Beispiel ne Jobs, sondern eine Herausforderung«, glaubt Jochum.
zwei Leute, die zu 60 Prozent für die Hamburger Werbeagen- Daher achte thjnk darauf, dass die Mitarbeiter mit ihren Auf-
tur arbeiten und die übrige Zeit als freie Spieleentwickler. gaben wachsen und sich gemäß ihren Begabungen und In-
»Aufgrund der Komplexität der Aufgaben ist es heute selbst- teressen weiterentwickeln können. Mitarbeiterent-
Freelancing hat aber auch Nachteile. ten teuer werden. Hier ist das Problem- braucht man mehr Sicherheit. Das wirft
Ja, etwa die Buchhaltung. Ein Freelan- bewusstsein allerdings relativ gering – die grundsätzliche Frage auf, ob die
cer muss ein ganz anderes Finanzmana- wohl auch, weil es kaum verfolgt wird. Kreativbranche ein Bereich ist, in dem
gement betreiben als ein Angestellter. Der Anspruch, mehr als einen Kunden ich die zweite Hälfte meines Berufsle-
Es gibt weder Urlaubs- noch Kranken- zu haben, entspricht oft nicht der Rea- bens gut verbringen kann. Die Branche
geld, auch Altersvorsorge und Kranken- lität der Auftragsverhältnisse. Manche ist noch immer sehr karriereorientiert.
kasse muss er privat regeln. Als Freier Freelancer sind nur zweimal im Jahr ge- Ab einem gewissen Alter ist man im
muss man viel verantwortungsvoller bucht – von einem Unternehmen für je mittleren Management nicht mehr zu-
und unternehmerischer mit seinem sechs Monate. Arbeitet man frei, sollte frieden: Entweder will man dann eine
Budget umgehen. Auch Selbstvermark- man sich auf jeden Fall mit dieser Pro- Führungsposition erreichen oder sucht
tung und Kundenakquise sind für viele blematik beschäftigen – zumindest, um nach Alternativen. Bei Eltern ist es oft
ein Problem. Das wird einem als Fest- zu wissen, welches Risiko man eingeht. so, dass die Väter sich für die Karriere
angestellter abgenommen. Freelancing Laut AGD sind Kooperationen entscheiden, also für eine Festanstel-
ist kein guter Weg, um Karriere zu ma- zwischen Freien ein neuer Trend. lung in einer Agentur, und die Mütter
chen. Man wird für das gebucht, was Beobachten Sie das auch? für eine Halbzeitstelle oder die Selbst-
man kann. Und das macht man dann Eigentlich nicht. Die meisten Anfragen ständigkeit. In Agenturen gibt es lei-
eben. Auftraggeber investieren nicht bei uns richten sich an Freelancer, die der kaum gute Teilzeitjobs. Aber auch
in einen wie es Arbeitgeber tun. als einzelne Kreative in Agenturen und Teilzeit-Freelancing ist schwierig – die
Man kann sich privat weiterbilden. an Projekten arbeiten, also nicht selbst- Kunden erwarten meistens einen Voll-
Das geht natürlich. Aber das muss bud- ständig als Kooperative auftreten. Ich zeiteinsatz.
getiert werden, und zwar nicht nur die erlebe nur selten lose Netzwerke, die Aber als Freelancer kann man seine
Teilnahmegebühr, sondern auch der wirklich funktionieren. In der Kunde- Zeit freier einteilen.
Arbeitsausfall in der Zeit. Ein Beispiel Agentur-Beziehung zählen Stabilität, Manche schaffen das. Mit einem gu-
für dieses Dilemma ist die Umstellung Verlässlichkeit, Kontinuität, Verfügbar- ten Betreuungsnetz ist das möglich –
von XPress auf InDesign. Agenturmit- keit und Manpower. Wenn sich Free- aber es ist schon eine große Heraus-
arbeiter wurden in Workshops darauf lancer-Kooperativen etablieren, neh- forderung.
vorbereitet – von Freien wurde einfach men sie sehr schnell agenturähnliche Was empfehlen Sie Studenten direkt
erwartet, dass sie es können. Die muss- Strukturen an. Dann haben sie plötzlich nach dem Abschluss?
ten selbst für die Weiterbildung auf- eine Telefonzentrale, einen Empfang, Mein Tipp ist, erst mal in eine Festan-
kommen. Controlling und Projektmanagement. stellung zu gehen. Diese Branche muss
Wie groß ist das Problem der Schein- Ich sehe Freelancer eher als Ergänzung man kennenlernen: die Mechanismen,
selbstständigkeit? für Agenturen denn als deren Ersatz. Aufgaben, Kunden, Projekte, kreativen
Vor vier bis fünf Jahren, als das Freelan- Was ist mit dem Thema Familien- Herausforderungen. Wenn man nach
cing sich verbreitete, war das ein gro- gründung? Ist die Familie mit drei bis fünf Jahren mit all dem ver-
ßes Thema. Wenn die Sozialversiche- einer Karriere in der Kreativbranche traut ist und die nötigen Kompeten-
rungsträger feststellen, dass im Grunde überhaupt vereinbar? zen erworben hat, sind die Vorausset-
gearbeitet wird wie in einem Angestell- Von dem Moment an, wo die persön- zungen für die Selbstständigkeit we-
tenverhältnis, kann das für beide Sei- lichen Verpflichtungen größer werden, sentlich besser. nik
026 PAGE 03.13 TITEL Gestalter@Work
Q Den Entschluss, gemeinsam mit Ju- sich in den letzten Jahren gerade in gro-
lia Laub eine eigene Agentur zu grün- ßen Agenturen etabliert«, sagt er. Wenn
den, fasste Cedric Kiefer relativ spon- man es ihnen leicht mache, sich und sei-
tan – noch während seines Studiums ne Arbeiten zu finden, helfe das sehr,
an der Hochschule für Gestaltung in Kontakte zu knüpfen, aus denen länge-
Karlsruhe. Die beiden lernten sich ken- re Kooperationen entstehen können.
nen, als Julia Laub im Zuge ihrer Di- Außerdem stellten sich Julia Laub
plomarbeit an der Hochschule für Ge- und Cedric Kiefer direkt bei Agenturen
staltung Schwäbisch Gmünd Kontakt vor. »Dabei ging es gar nicht sehr um
zu Kiefer aufnahm. Sie schrieb mit Be- uns, sondern um das Thema generati-
nedikt Groß (siehe Seite 30) an dem ve Gestaltung. Wir haben auch Arbei-
Buch »Generative Gestaltung«. Nach ten anderer gezeigt«, berichtet der De-
dessen Fertigstellung zog sie als Selbst- signer. Aufmerksamkeit brachten auch
ständige nach Berlin, Kiefer folgte im das Buch, über das Julia Laub Vorträge
Frühjahr 2010. »Glücklicherweise war hielt, Blogbeiträge sowie die Artikel,
es an der HfG möglich, zu pausieren. die Kiefer für unser Interaction-Design-
Das Diplom habe ich erst 2011 nachge- Magazin »weave« seit 2009 schreibt.
holt«, erzählt der heute 30-Jährige. »Zwei ganz wichtige Punkte: aktiv sein«,
Hilfe bei der Unternehmensgrün- sagt der Designer, »und neue Erkennt-
dung holten sich die beiden nur bei nisse veröffentlichen: selbst entwickel-
rechtlichen und steuerlichen Angele- ten Code, Programme, Tutorials et ce-
genheiten. Alles andere erarbeiteten tera.« Ihnen wurde gesagt, sie würden
sie sich intuitiv. Eine Zeit lang waren sie dadurch ihr eigenes Kapital verschleu-
frei unter gemeinsamem Namen tätig, dern. »Unsere Erfahrung ist aber, dass
richteten ein Büro in einer kleinen Re- die Kunden am Ende meist zu uns kom-
mise ein. »Wir wollten uns Zeit geben, men, selbst wenn wir ihnen Tutorials
eine gute Form der Zusammenarbeit an die Hand geben. So baut man sich
zu finden«, so Kiefer. Nach außen war eine gute Position auf.«
das bereits die Agentur, rechtlich gese- Wer zwischen Kundenprojekten im-
hen war jeder für sich selbstständig. mer wieder auch frei arbeitet, kann
Erst Ende 2011 gründeten sie eine GbR, sein Profil schärfen und so beeinflus-
die seit diesem Jahr eine GmbH ist. Die sen, welche Aufträge er angeboten be-
Anfangszeit nutzten sie, um bestehen- kommt. »Meist wird nur angefragt, was
de Projekte auf ihrer Webseite zu doku- ohnehin im Portfolio zu sehen ist«, sagt
mentieren. Dies sei die beste Möglich- Kiefer. »Daher ist dieses eher eine Über-
keit, als Start-up wahrgenommen zu sicht über Dinge, die man gern in Zu-
werden, so Kiefer. »Die Recherche auf kunft machen will, als über das, was
Foren, Blogs, Pinterest et cetera hat man bereits gemacht hat.« fb
PAGE 03.13 027
Wer Karriere in einer Agentur machen – oder eine eigene lancer für Agenturen arbeitet, muss zudem meist auch phy-
gründen – will, wird sich allerdings mit solchen Dingen be- sisch anwesend sein. »Ich bin 90 Prozent der Zeit vor Ort
schäftigen müssen. Zudem benötigt er Know-how und Kom- und verhalte mich mehr oder weniger wie ein normaler Fest-
petenzen in puncto Mitarbeiterführung und Betriebsorga- angestellter – nur eben auf Zeit«, sagt Ulf Germann, freier
nisation. Dafür ist nicht jeder geschaffen. Ein persönliches Artdirektor aus Berlin (siehe Seite 33). Dafür verdient man
Coaching kann helfen, die eigenen Stärken zu finden und sich dann meist besser als ein festangestellter Designer. Gerade
entsprechend aufzustellen (siehe PAGE 06.12, Seite 22 ff.). Berufseinsteiger neigen allerdings dazu, zu niedrig zu kalku-
lieren, wie eine Umfrage des Berufsverbands der Deutschen
Den Wunsch, sich selbstständig zu machen und sein eige- Kommunikationsdesigner (BDG) ergab. So können für die
ner Chef zu sein, wird wohl jeder Kreative einmal in seinem Anfänge Richtlinien von BDG und AGD Orientierung bieten
Berufsleben haben – früher oder später. Selbstständigkeit (siehe PAGE 11.12, Seite 22 ff.).
bedeutet jedoch nicht zwangsläufig auch Selbstbestimmt- Die Freiheit der Selbstständigkeit bringt eine Menge Ver-
heit. Gerade am Anfang kann man sich nicht die besten Auf- antwortung mit sich. Das fängt bei der Positionierung und
träge herauspicken, sondern muss zusehen, dass man die Selbstdarstellung an und geht über die Akquise weiter bis
Miete bezahlen kann und Referenzen sammelt. Wer als Free- hin zur Altersvorsorge. »Man muss ein ganz anderes
Q Wer sich früh breit aufstellt, kann men fahren, weil ich an den Laden ge-
schon als Student einen großen Kun- bunden war.« Doch wenigstens konn-
denstamm akquirieren, findet Betti te sie durch den Verlag viele Kontakte
Zieger. Die Kommunikationsdesignerin knüpfen, aus denen sich wiederum
und Mutter arbeitet heute halbtags als neue Aufträge ergeben haben.
Social-Media-Managerin und Konzep- Seit 2010 arbeitet die heute 31-Jäh-
terin bei der Digitalagentur Neteye in rige im Bereich Social Media. »Dieses
Hamburg. Schon vor ihrem Vordiplom Arbeitsfeld verbindet viele meiner ge-
an der Hochschule für Gestaltung Karls- stalterischen und konzeptionellen In-
ruhe konnte sie ihren Lebensunterhalt teressen«, sagt sie. »Und dass man an
mit Designjobs bestreiten. Mit Blick auf der HfG breit gefächert studieren konn-
ihre Kommilitonen war das eher die te, hat mich auf diesen Job gut vorbe-
Ausnahme. Weil sie sich sowohl mit Ani- reitet – selbst wenn es so etwas damals
mation als auch mit Illustration, Web- noch gar nicht gab.« Zwar hat das für
und Grafikdesign auskannte und ihr sie gut funktioniert, doch generell fin-
die freien Strukturen an der HfG genug det Zieger es problematisch, wie wenig
Raum dafür ließen, konnte sie früh Pro- tisch in die Selbstständigkeit. Sie zog man an deutschen Hochschulen auf die
jekte an Land ziehen. »Ich habe mir nach Hamburg und gründete neben- Arbeitswelt vorbereitet werde. Es sei
einfach auch Jobs herausgesucht, die her gemeinsam mit Nils Menrad, Film- wichtig, dass das Studium vielfältige
nicht wirklich prickelnd waren«, sagt student an der HfG, den Ausnahmever- Einblicke gebe und die Berufsrealität
Betti Zieger. Zum Beispiel erstellte sie lag, der Kleinstauflagen künstlerischer abbilde. »An der Freien Schule für Ge-
für eine Karlsruher Firma , die TV-Spots Projekte verlegte. »Ich liebe Printpro- staltung Hamburg zum Beispiel, an der
für Apotheken und Wartezimmer pro- dukte, aber finanziell war das ein Ge- ich ab und zu unterrichte, arbeiten die
duzierte, Schriften und Grafiken, die in nickbruch«, berichtet Betti Zieger. »Ir- Studenten viel mit Unternehmen sowie
die Bilder einliefen. »Besonders span- gendwann konnte ich es mir schlicht Art- und Kreativdirektoren zusammen.
nend war das natürlich nicht, aber es nicht mehr leisten.« Der Verlag und der Die Absolventen schlagen sich, wie ich
war eine stetige Einnahmequelle.« Vertrieb der Produkte im eigenen La- finde, im Berufsalltag wirklich sehr gut.
Durch diese Kunden rutschte sie den in Hamburg kosteten viel Zeit. »Ich Sie wissen, was sie erwartet, und lan-
nach dem Abschluss 2007 fast automa- musste Jobs absagen, konnte nie zu Fir- den am Ende selten im falschen Job.« fb
PAGE 03.13 029
Ein weiteres Problem der Selbstständigkeit ist die drohen- auch Jobs in der Industrie interessant, denn als Inhouse-
de Vereinsamung im Homeoffice. Doch auch dafür gibt es Designer oder Marketingspezialist in Unternehmen wird
vielfältige Abhilfe: von der digitalen Boheme im Coffeeshop man nicht nur besser bezahlt, sondern hat meist auch klar
über Gemeinschaftsbüros bis hin zu Coworking Spaces. Letz- definierte Arbeitszeiten und Überstundenregelungen.
tere eignen sich besonders für den Anfang, da Kreative sich Das Modell gilt allerdings nicht gleichermaßen für beide
hier nicht langfristig an einen Vertrag binden müssen, son- Geschlechter: Familienväter entscheiden sich wesentlich
dern Arbeitsplätze tage-, wochen- oder monatsweise mie- häufiger für eine Agenturkarriere als ihre Frauen. Das liegt
ten können. Nebenkosten, Drucker und Teeküche sind Teil hauptsächlich daran, dass es in der Branche kaum gute An-
des Deals und werden gemeinschaftlich getragen. Außer- gebote für Teilzeitstellen gibt. »Eine Festanstellung erschien
dem sind Coworking Spaces häufig ein Anziehungspunkt für mir unvereinbar mit dem Dasein als alleinerziehende Mut-
Kreative. Wenn man möchte, kann man dort Anschluss an ter«, sagt Catrin Bäuerle, die sich nach der Geburt ihrer Toch-
Gleichgesinnte finden, Gedanken austauschen und eventu- ter im Jahr 1995 für die Selbstständigkeit als Grafikdesigne-
ell sogar gemeinsam Projekte realisieren. rin entschied. »Als Selbstständiger kann man kommen und
gehen, wann man will. Das ist ein großer Vorteil, wenn man
In vielen Kreativenbiografien wechseln sich Phasen des Kinder hat«, bestätigt Lars Harmsen, Geschäftsführer von
Angestellt- mit denen des Selbstständigseins ab. Zu Beginn Magma Brand Design in Karlsruhe (siehe Seite 31).
der Karriere bietet sich eine Festanstellung an, um erste Er- Social-Media-Managerin Betti Zieger hat dagegen keine
fahrungen zu sammeln. Der Ausstieg aus dem Arbeitneh- Probleme mit ihrer Teilzeitstelle bei der Digitalagentur Net-
merverhältnis erfolgt heutzutage immer früher. Oft ist mit eye in Hamburg: »Die erste Hälfte des Tages bin ich Arbeit-
Anfang oder Mitte 30 Schluss mit dem Agenturleben und Zeit nehmerin, die zweite Mutter« (siehe links). Agenturen stel-
für die Selbstständigkeit. Wenn es an die Familiengründung len sich zunehmend auf Eltern ein. »Es darf kein Problem
geht, kehren jedoch viele Kreative aufgrund der finanziel- sein, wenn Kreative Kinder bekommen«, sagt Armin Jochum
len Sicherheit in die Festanstellung zurück. Hier werden oft von thjnk. Man müsse Eltern entgegenkommen, da-
Q Nach sieben Jahren in Agenturen legen im Hamburger Karoviertel mit nehmen. »Jeder Bleistift in diesem Bü-
war es für Tobias Wortmann an der Zeit, Blick auf den Medienbunker, haben sie ro ist bezahlt – und zwar von uns«, sagt
sich selbstständig zu machen. 2010 ver- sich auf digitale Konzeption speziali- Wortmann. So gut sie auch vorbereitet
ließ er Kolle Rebbe, wo er zuletzt als siert und arbeiten hauptsächlich für waren, das Leben als Inhaber hält doch
Konzeptioner gearbeitet hatte, und Kreativagenturen. immer neue Herausforderungen be-
startete als Freelancer durch. Dabei Für Wortmann ist die Agenturgrün- reit. So muss man sich plötzlich um al-
wurde er mit dem Luxusproblem kon- dung eine Investition in die Zukunft: les selbst kümmern. »Manchmal wer-
frontiert, aufgrund seiner guten Auf- »Freelancer zu sein ist toll – aber es ist den schon so banale Dinge wie Brief-
tragslage nicht alle Anfragen wahrneh- endlich. Ich habe mich permanent ge- marken- oder Milchkaufen zu einem
men zu können. Die Lösung: eine eige- fragt: Was mache ich in zehn Jahren?« Problem.« Ist dafür überhaupt keine
ne Agentur gründen, und zwar ge- In Agenturstrukturen hat sich der heu- Zeit, wird schon mal spontan ein Lauf-
meinsam mit Justin Landon. Die beiden te 35-Jährige immer wohlgefühlt, woll- bursche angeheuert.
kannten sich schon von Kolle Rebbe te aber auch sein eigener Herr sein. Der Landon Wortmann arbeitet teils mit
und wussten daher, dass sie ein gutes eigene Laden war also nur eine Frage Freelancern, teils mit festen Angestell-
Team sind. Mit Landon Wortmann, ge- der Zeit. Seine Zeit als Festangestellter ten zusammen. Anfang 2013 kommt
will er aber keinesfalls missen: »Es wird ein Webdesigner dazu. Die Struktur hat
immer Leute geben, die in deiner Diszi- sich zum Jahreswechsel geändert: Jetzt
plin besser sind als du. Meine Erfahrung ist Tobias Wortmann der alleinige Ge-
aber ist etwas, das ich anderen voraus- schäftsführer und repräsentiert die
habe, und die kann ich jetzt in meiner Agentur nach außen. Aber auch diese
eigenen Agentur einsetzen.« Konstellation ist nicht in Stein gemei-
Vor dem Schritt in die Selbstständig- ßelt: »Kein Konstrukt ist für ewig«, sagt
keit ließ sich Tobias Wortmann von ei- der Kreative. Schiere Größe ist für ihn
nem erfahrenen Freelancer beraten. kein erstrebenswertes Ziel, sondern
Für die Agenturgründung holte er sich dass die Agentur mit ihren Arbeiten
Rat von einem Steuerberater. Den bei- überzeugt. Langfristig gesehen soll sich
den Partnern war es wichtig, ihre Agen- Landon Wortmann in Richtung Design-
tur aus eigener Kraft auf die Beine zu studio entwickeln und in Zukunft mehr
stellen und keinen Kredit dafür aufzu- selbst produzieren. nik
030 PAGE 03.13 TITEL Gestalter@Work
Q Auf internationalen Konferenzen ist Ruf aufzubauen. Gleichzeitig arbeitete seine Lebenshaltungskosten zu redu-
Marius Watz ein gern gesehener Refe- er als Freelancer an Corporate-Projek- zieren, zog er nach Berlin. »Dort wur-
rent. Energetisch spricht der gebürtige ten. »Eine schizophrene Existenz, die de ich zum Klischee des digitalen No-
Norweger über Creative Coding und mich ständig an die Diskontinuität zwi- maden: Mein Laptop war mein mobiles
präsentiert sein Portfolio in Form von schen meinen persönlichen Interessen Studio«, erzählt Watz. »Skype erlaubte
853 Slides, die im Takt von 140 beats und der Art, wie ich meine Rechnungen mir, günstig international zu telefonie-
per minute in knapp 5 Minuten über die zahlte, erinnerte«, sagt er. ren. Ich war ein Early Adopter des Cloud
Leinwand flackern. Sich einen Platz in Erst als wegen des Dotcom-Crashs Storage und Filesharing. Heute nutze
dieser Nische zu erobern, war schwer: viele Aufträge wegbrachen, machte sich ich Dropbox, um aktuelle Projekte zu
»Dass ich tun kann, was ich tue, habe Marius Watz als Künstler selbstständig: synchronisieren. Würde ich jetzt mei-
ich der Etablierung des Internets und »2002 war schwierig, aber es hat mir nen Rechner und alle externen Fest-
der digitalen Medien zu verdanken. den Anreiz für eine radikale persön- platten verlieren, ich könnte alles im
Denn dadurch haben sich die kreativen liche Veränderung geliefert.« Er setzte Handumdrehen wiederherstellen.«
Praktiken stark verändert«, sagt Watz. sich selbst eine Frist von sechs Mona- »Kunst ist eine bizarre Profession«,
Schon als Kind interessierte er sich ten, um zu sehen, ob er ein Leben als sagt der 39-Jährige. Sie erfordert hohe
für Computer. Während seines Infor- Künstler bewerkstelligen könnte. Um Qualifikation und immense persönliche
matikstudiums in Oslo stellte Watz aber Opfer. Doch die meisten Künstler erhal-
schnell fest, dass das Fach wenig mit ten nie eine entsprechende finanziel-
seiner Vorstellung von Code als krea- le Entlohnung. »Das Leben als Künstler
tivem Ausdrucksmittel gemein hatte. ist unberechenbar und selten glamou-
Dann erhielt er Gelegenheit zu einer rös«, sagt Watz. »Trotzdem kann es zu-
Kooperation mit dem Grafikdesigner tiefst befriedigend sein. Denn es bie-
Halvor Bodin. Für ihn realisierte er Vi- tet ein hohes Maß an Freiheit und vie-
suals, die der Gestalter dann in Form le Möglichkeiten zur persönlichen Ent-
von Postern und Plattencovern für die wicklung, die man in keinem anderen
frühe Rave-Szene umsetzte. Das über- Beruf findet.« Das Wichtigste ist seines
zeugte Watz, der Informatik den Rü- Erachtens, sich in wirtschaftlich guten
cken zu kehren. Er begann damit, seine Zeiten immer auf schlechte vorzuberei-
Coding-Experimente auf verschiede- ten: »Mit anderen Worten, nie anneh-
nen Websites zu veröffentlichen und men, dass der Erfolg ewig andauert.« fb
sich so in der Medienkunstszene einen
PAGE 03.13 033
Q »Wer sein Hobby zum Beruf macht, konnte bei der dortigen Niederlassung
der sollte dafür sorgen, dass es Spaß der Agentur weiterarbeiten.
macht«, findet Ulf Germann. Der freie Bei Neue Digitale / Razorfish entwi-
Artdirektor mit dem Schwerpunkt In- ckelte der heute 28-Jährige vor allem
terface- und Screendesign absolvierte Kampagnen. »Irgendwann wollte ich
zunächst eine dreijährige duale Aus- aber zurück zu Interfacedesign und Ap-
bildung zum Mediengestalter bei Lo- plikationen, auf die ich mich in der Aus-
hoff & Partner in Isernhagen bei Han- bildung konzentriert hatte«, erzählt Ulf
nover. Dass ihn das Beratungs- und Germann. Außerdem störte ihn der
Softwareunternehmen im Anschluss Zeitdruck im Agenturalltag. »Ich spür-
übernahm, freute ihn sehr. »Aber es te: Es muss sich wieder etwas ändern –
war auch schwer, das Image des Azu- auch wenn’s weh tut.« Also kündigte führt er auf seine Zeit als Angestellter
bis loszuwerden«, erinnert er sich. Als er, um selbstständig weiterzuarbeiten. in den Agenturen zurück. Germann ge-
ihm das klar wurde, kündigte er dort »Ich habe das einfach zwanglos auspro- nießt es, dass jetzt die Auftraggeber,
und bewarb sich bei einigen der gro- biert«, sagt er, »ohne dabei zu wissen, meist Agenturen, auf ihn zukommen
ßen deutschen Onlineagenturen. In was das genau bedeutet.« Freunde mit und fragen, ob er für sie arbeiten kön-
der Zwischenzeit assistierte er einem Erfahrung gaben ihm Ratschläge und ne. »Dadurch hat man ein ungezwun-
Musikvideoregisseur in Hannover. Es nachdem er einen Businessplan erstellt genes Verhältnis. Natürlich gibt man
folgten zwei Jahre bei Neue Digitale / und den Gründerbonus beantragt hat- sich Mühe, damit man wieder gebucht
Razorfish in Frankfurt am Main. Dann te, begann er 2010, sich als freier Artdi- wird. Aber wenn es zwischenmensch-
zog seine Freundin nach Berlin und er rektor von Agenturen buchen zu las- lich nicht stimmt, macht man es ein-
hinterher. Wieder hatte er Glück und sen. Dass dann sofort Aufträge kamen, fach nicht wieder.« fb
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der Debatte finden Sie
unter www.page-online.
de/new_aesthetic
In seinem Projekt
»Rorschmap« generiert
James Bridle einen
Kaleidoskopeffekt aus
Google-Maps- oder
Street-View-Ansichten
PAGE 03.13 035
QHätte er gewusst, welche Resonanz er mit seinem Pro- sant: zum einen durch ihren politischen Subtext, zum ande-
jekt erreichen würde, hätte James Bridle vielleicht einen ren durch die räumliche Distanz zum Betrachter. »›Dronesta-
anderen Titel für seinen Tumblr-Blog gewählt. Zum Bei- gram‹ macht Orte sichtbar, die sonst ungesehen bleiben
spiel einfach »A New Aesthetic«. Das hätte ihm einiges an würden«, erklärt er. All diese digitalen Artefakte postet
Kritik erspart, aber vermutlich auch weniger Aufmerksam- James Bridle in der Regel unkommentiert. Aufgrund ihrer
keit gebracht. In seinem initialen Post am 6. Mai 2011 schrieb vielen Facetten ist es für den Betrachter schwer, ein klar
der Londoner Autor und Künstler: »Ich habe Material ge- umrissenes Konzept zu erkennen. Die allen Bildern, Links
sammelt, das eine neue Sichtweise auf die Welt dokumen- und Zitaten gemeinsame Botschaft könnte lauten: Die Ma-
tiert, ein Echo der Gesellschaft, Technologie, Politik und der schinen dieser Welt versuchen, mit uns zu sprechen. Staunt
Menschen, die dies koproduzieren. Betrachten Sie den Blog und habt Verständnis!
als Moodboard für noch unbekannte Produkte.«
Unter dem Label einer neuen Ästhetik spürt James Bridle Versuch, die moderne Ästhetik zu hacken
der zunehmenden »Überlappung des Physischen und Digi- Im März 2012 moderierte James Bridle auf der Interactive-
talen« nach, wie er es nennt. Seinen Blog betrachtet er als Konferenz South by Southwest ein Panel zum Thema New
Forschungsprojekt zu der Frage, wie sich die Grenzen zwi- Aesthetic. Im Publikum saß der einflussreiche US-amerikani-
schen den beiden Bereichen auflösen. »Es ist ein Versuch, sche Autor und Publizist Bruce Sterling, der den Vortrag in
die gegenwärtige Zukunft in der uns um- einem langen Essay für das Technologie-
gebenden Welt zu verorten«, schreibt er. »Wir brauchen eine Neubestimmung magazin »Wired« auseinandernahm. Mit
»Ein Versuch, die Welt mit neuen Augen der für ihn typischen spitzen Feder und
zu sehen, den Augen von Maschinen und dessen, was ›ästhetisch‹ heißt. Denn Respektlosigkeit vor Hypes kommentier-
automatisierten Systemen. Sie ermögli- medientechnisch treten wir in eine te Sterling zunächst ganz positiv: »Die
chen es uns, weiter zu sehen als bislang. New Aesthetic ist eingänglich. Sie ist Pop.
Aber wir müssen uns noch bemühen, das Epoche ein, die den ästhetischen Zugriff und Sie ist allerdings auch tiefsinnig, wenn
zu verstehen.« dessen Verständnis zentral macht für man es will. Die besten Beispiele enthal-
James Bridles neue Bilderwelt umfasst ten einen Subtext, der uns für sie begeis-
viele hundert Einträge. Hier finden sich die Beschreibung des ganzen Zeitalters« tern will und uns auffordert, das nachzu-
8-Bit-Retro-Mode und Glitches, ausgeplot- Erich Hörl, Professor für Medientechnik und machen.« Alles in allem aber bildeten
tete Videospielelemente, Pixel-Camou- Medienphilosophie an der Ruhr-Universität Bochum die Beispiele seiner Meinung nach keine
flage-Muster auf Militärjets, Kuriositäten kohärente Sammlung: »Ein Haufen Kurio-
aus Googles Maps und Street View, Camouflage-Make-up, sitäten, der Blicke auf sich zieht, konstituiert noch lange
mit dem man sich der maschinellen Gesichtserkennung kein stringentes Weltbild.«
entziehen kann, oder eine Anleitung, wie sich Instagram- Viele von Bridles Beispielen stünden, so Sterling, nicht
Filter mit analogen Kameras und abgelaufenen Filmrollen wirklich im Zusammenhang mit seiner Grundidee: »Das Ca-
nachahmen lassen. Daneben gibt es auch zahlreiche Kunst- mouflage-Make-up-Projekt ›CV Dazzle‹ hat nichts mit Ma-
projekte, eigene ebenso wie von anderen. So zum Beispiel schinensehen zu tun«, wetterte Sterling. Maschinen seien
James Bridles Buch »Where the F**k Was I?«, in dem er in gar nicht in der Lage, so etwas wie dazzle (Blendung) zu
Form von 202 Karten die auf seinem iPhone gespeicherten empfinden. »Glitches und Artefakte technischen Scheiterns
GPS-Daten auswertete – er nennt es »einen von Robotern sind ebenfalls keine Maschinenvisionen. Sie sind Fehler
gezeichneten Atlas«. Das Projekt »Dronestagram« dokumen- der maschinellen Verarbeitung sowie der für das mensch-
tiert auf Instagram die Ziele, die von US-Drohnen attackiert liche Sehen gebauten Displays.« Und die versammelten
wurden. Diese sind für ihn in mehrerlei Hinsicht interes- Retrografiken betrachtet Sterling schlicht als »sentimen-
Für seine Arbeit »Bleecker Street Documents« zeichnete der österreichische Künstler
Peter Jellitsch mit einem Radiowellenmessgerät die WLAN-Aktivitäten um ein Apartment in
Manhattan auf. Anschließend goss er die ermittelten Daten mit Ureol-Gießharz in Form
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wegung nicht mehr durch ein Manifest sondern einen Eine ähnliche Kritik bringt der Berliner Medienkünstler
Tumblr ankündigt.« Und fuhr fort: »Eine Bewegung zieht ei- Aram Bartholl vor. »Wenn Bridle diese Phänomene be-
ne Linie in den Sand, der Sammler hingegen sucht nach schreibt, klingt das oft, als würden die Maschinen selbst-
Muscheln. Die Futuristen fuhren ihre Autos zu Schrott – die ständig handeln.« Diese Vermenschlichung sei falsch, denn
Anhänger der New Aesthetic basteln Sammelalben.« Wer Computer kommunizieren nicht spontan und haben kein
Blogs, Twitter, Facebook et cetera nutze, habe sich längst individuelles ästhetisches Empfinden. »All diese Erschei-
an stetig wachsende Stapel nur begrenzt relevanter In- nungen sind menschengemacht. Wir sind die Urheber die-
halte gewöhnt. Aber das Katalogisieren, kritisiert Bogost, ser Beispiele, und wir spielen sehr bewusst mit dieser Bild-
werde erst dann zur ästhetischen Strate- sprache«, sagt Bartholl. Noch grundsätzli-
gie, wenn es auch einen Kurator gibt, der »Dass Computer unsere Wahrnehmung cher ist der Einwand von Dr. Klaus-Dieter
moderiert und kommentiert. Man muss Schulz, Rektor der Berliner Hochschule für
James Bridle jedoch zugutehalten, dass verändern, darüber wird bereits seit den Medien, Kommunikation und Wirtschaft:
er selbst sein Projekt nie als Bewegung, 1960ern gestritten. Doch bisher haben wir Er hält es für problematisch, Begriffe wie
sondern als persönliche Gedankenstütze »Sehen« oder »Sinn« einzusetzen, wenn
präsentiert hat. Sieht man von diesem uns auf andere Kernprobleme fokussiert« man das Thema Maschinensehen disku-
Missverständnis ab, stehen drei wesent- Marius Watz, Medienkünstler, New York tiere. Diese seien semantisch und erkennt-
liche Fragen im Zentrum der Debatte um nistheoretisch so aufgeladen, dass man
die New Aesthetic: Können Maschinen tatsächlich sehen? Gefahr laufe, die Computer zu vermenschlichen. »Das erin-
Ist es überhaupt sinnvoll, das Digitale vom Realen zu tren- nert an das Stockholm-Syndrom«, sagt Schulz. »Ich habe
nen? Wie »neu« ist die New Aesthetic? Angst vor den immer mächtigeren, unheimlicheren Ma-
schinen. Also umarme ich sie und will so sein wie sie.«
Können Maschinen sehen? Eine solche Vermenschlichung der Maschinen führt zu
Das Thema Maschinensehen (machine vision) ist zentral für Unklarheiten in der Diskussion. »Die Faszination am Ma-
die New Aesthetic, denn die Bilder, die Bridle sammelt, sind schinensehen ist nicht besonders nützlich«, sagt der Me-
entweder maschinell erzeugt oder lassen sich auf maschi- dienkünstler Marius Watz (siehe auch Seite 32). »Interes-
nell erzeugte Bilder zurückführen. Hier hakt Ian Bogost ein, santer finde ich die kybernetische Verlängerung unserer
denn ihm gehen James Bridles Überlegungen nicht weit Sinne durch Objekte.« Diese lässt sich am Beispiel des
genug. In seinem Buch »Alien Phenomenology, or What It’s Smartphones leicht nachvollziehen: Ortsbezogene Soft-
Like to Be a Thing« entfaltet er eine objektorientierte Onto- ware unterwandert den physischen Raum, Informations-
logie, die nicht die menschliche Erfahrung, sondern die der visualisierungen erweitern unser Datenverständnis, Social
Dinge in den Mittelpunkt stellt. Entsprechend ist aus seiner Media schaffen neue soziale Strukturen, die unser persön-
Sicht das Problem nicht, dass sich der Mensch vor Maschi- liches und professionelles Leben beeinflussen. Diese Ver-
nen fürchten müsse, sondern dass er sie nie auf Basis ihrer änderungen haben für Watz auch klare politische Dimen-
eigenen Logik verstehen könne. Mit anderen Worten: Dass sionen. »Auf einem geopolitischen Level hat beispielsweise
wir uns Satellitenbilder von durch Drohnen verwüsteten Or- das Aufkommen von Drohnen nicht nur die Natur von Krie-
ten ansehen können, bedeutet nicht, dass wir die ästhe- gen sondern auch die Parameter internationaler Gesetze
tische Erfahrung des Satelliten teilen. umgewälzt«, sagt Marius Watz.
James Bridles Projekt »Dronestagram« ist ein Instagram-Feed für Die parametrischen Objekte der Reihe »Probability Lattice«
Satellitenbilder von Orten, die zum Ziel von US-amerikanischen Drohnen- schuf Creative-Coding-Experte Marius Watz aus ABS-Plastik
angriffen wurden mit einem MakerBot-3-D-Printer
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Ist eine begriffliche Trennung des Digitalen den, abhängig davon, wer in das Thema involviert ist. »In
vom Realen sinnvoll? den 1990ern sprachen wir von der ›Datenautobahn‹ und
James Bridle spricht von einer »Überlappung des Digitalen vor drei, vier Jahren eben von der ›digitalen Revolution‹.
und des Realen«. Damit setzt er aber voraus, dass es sich da- ›New Aesthetic‹ ist einfach das Label für eine bestimmte
bei um zwei unterscheidbare Bereiche handelt. »Wie aber soll- Denkweise, den Londoner Style, wenn man so will.«
te man denn heute das Digitale und Reale voneinander tren- Marius Watz hingegen sieht einen Erkenntnisfortschritt
nen?«, fragt sich Erich Hörl, Professor für Medientechnik und durch die New Aesthetic: »Viele unter diesem Label diskutier-
Medienphilosophie an der Ruhr-Universität Bochum. Hörl ist te Erscheinungen wie machine vision oder digitalisierte Da-
Herausgeber der »Zeitschrift für Medienwissenschaft«, die tensignale mögen nicht neu sein«, erklärt er, »aber bisher
in ihrer nächsten Ausgabe die Begrifflichkeiten für eine zeit- wurde ihre Bedeutung für die menschliche Erfahrung nie ver-
gemäße Ästhetik untersucht. »Realität ist heute nun einmal standen oder so weitgehend diskutiert.« Die New Aesthetic
maßgeblich digital prozessiert. Wir stecken drin in algorith- hilft seiner Ansicht nach bei der Bewertung der neuen kultu-
mischen Umwelten«, erklärt Hörl. Aram Bartholl pflichtet rellen Effekte, die die Computerlogik hervorbringt. »Klar
ihm bei: »Auch virtuelle Umwelten sind real – selbst wenn könnte sie an einigen Stellen reflektierter sein, doch manche
ich zehn Stunden ›Counterstrike‹ spiele.« ihrer Kritiker, besonders aus der Kunstszene, nutzen dies
Zum Teil resultiere diese Unklarheit als Argument, um sie glattweg abzuleh-
aber auch einfach aus den Bildbeispielen, »James Bridle bittet uns um Verständnis nen«, sagt er. »Und verpassen dabei ihren
räumt Bartholl ein: »Pixel kann man ab Stellenwert als wertvollen Kommentar.«
und zu nicht so leicht erklären.« Trotzdem für die Maschinen. Doch das Digitale ist
sei das Digitale kein Lebewesen, das ei- kein Lebewesen, das von sich aus formt. Streiten ist sinnvoll
genständig Phänomene erzeugt. »Das tun Die hitzige Debatte um den »New Aesthe-
wir, die Programmierer«, sagt der Medien- Das tun vielmehr wir und die Programmierer« tic«-Blog untermauert die Relevanz des
künstler. »Und wir selbst kämpfen auch Aram Bartholl, Medienkünstler, Berlin Themas ebenso wie die Notwendigkeit ei-
mit dem so herbeigeführten Paradigmen- ner weiteren Differenzierung ästhetischer
wandel. Insofern ist das Ganze doch viel größer als nur ein Begriffe. »Wir brauchen eine Neubestimmung dessen, was
Camouflagemuster oder eine Gesichtserkennung«, warnt ›ästhetisch‹ heißt«, erklärt Erich Hörl. »Denn wir treten me-
er. Man dürfe diese Themen nicht unpolitisch angehen, son- dientechnisch in eine Epoche ein, die den ästhetischen Zu-
dern müsse reflektieren, was beispielsweise die Überwa- griff und dessen Verständnis zentral macht für die Be-
chungstechnologien in Krisengebieten bedeuten. schreibung des ganzen Zeitalters.«
Wer den Begriff »New Aesthetic« und die These, dass das
Wie »neu« ist die New Aesthetic? Digitale ins Reale einbricht, ernst nimmt, muss auch überle-
Im Grunde handle es sich beim »New« der »New Aesthetic« gen, was das genau bedeutet – wie Code »einbrechen« und
um dasselbe »New« wie schon bei »New Media« – also um die Umwelt formen kann, erklärt Hörl. Eine solche Neubestim-
etwas, mit dem sich viele Menschen auf unterschiedlichen mung kann seiner Meinung nach nur entstehen, wenn es vie-
Gebieten seit Langem beschäftigen, so Aram Bartholl. »Neu le Beobachter mit verschiedenen Hintergründen gibt, die ein
ist ja leider immer schnell alt«, sagt er. Insgesamt gebe es loses Forschungskollektiv im Netz bilden. Das Beste, das der
viele Etiketten, unter denen die Phänomene gehandelt wer- Debatte passieren kann, ist, dass viel dabei gestritten wird. fb
Foto: Google Earth/ALI/EQ1/NASA
Satellitenbild von der Grenze zwischen Südafrika und Namibia: In einem seiner Der aserbaidschanische Künstler Faig Ahmed vermischt
ersten Blogposts schrieb Bridle, aufgrund unserer heutigen Sehgewohnheiten sei in seinen Teppichen Pixel- und Glitch-Ästhetik mit traditio-
es schwer, etwas anderes in den rechteckigen Feldern zu erkennen als Pixel neller Knüpfkunst
040 PAGE 03.13 KREATION »Das Buch als Magazin«
Modern Classics
Mit ihrem brandneuen Literaturmagazin loten Joanna Swistowski
und Peter Wagner die Grenzen zwischen Buch und Zeitschrift aus
PAGE 03.13 041
Q Gregor Samsa? Das war doch der arme Kerl, der sich fel, mit dem Gregors Vater den zum Käfer gewordenen Sohn
eines Morgens in einen fetten Käfer verwandelt in seinem bewirft, inszeniert die Fotografin Robin Kranz skurrile Still-
Bett wiederfand. Nur welches Ende nahm Kafkas bedrü- leben mit Obst und Gemüse als Waffen. Die Problematik
ckende Erzählung noch mal? Kurzweilig und reportagenar- von Vater-Sohn-Verhältnissen kommt in einer weiteren, stil-
tig aufbereitet, lässt sich der Originaltext der »Verwandlung« leren Bildstrecke zum Ausdruck: Mit Detailaufnahmen do-
jetzt in der neuen Publikation »Das Buch als Magazin« nach- kumentiert der Fotograf Gerald von Foris den Nachlass sei-
lesen. Die Besonderheit: Ergänzt wird er von neun aktu- nes Vaters, bestehend aus Alltagsdingen, die ihm einen neu-
ellen journalistischen und fotografischen Beiträgen mit lo- en Zugang zu diesem ermöglicht.
sem Bezug zum Werk, zu Aspekten wie Metamorphose,
Vaterkomplex und Isolation. Wie viele Gestalter träumte Joanna Swistowski schon lan-
Da gibt es den amerikanischen Insektendompteur Steven ge davon, eine unabhängige Zeitschrift ganz nach eigenen
Kutcher, der die Spinne für die »Spiderman«-Verfilmung ge- Vorstellungen herauszubringen. »Das Buch als Magazin«
castet hat und über die Herausforderungen beim Bemalen entwickelte die freie Artdirektorin zusammen mit dem Re-
und Kostümieren von Insekten berichtet. Inspiriert vom Ap- dakteur Peter Wagner, mit dem sie auch das junge »SZ«-
042 PAGE 03.13 KREATION »Das Buch als Magazin«
QDie Kontroverse um das Thema nur noch alle zwei Jahre mitmachen welchem Wettbewerb sie teilnehmen,
Wettbewerbe ist eine Geschichte oh- und den so eingesparten Millionenbe- ob sie deren Regeln mit beeinflussen
ne Ende. Kritiker klagen über eine Flut trag in die Nachwuchsförderung ste- wollen oder ausschließlich von einem
neuer Awards, immer mehr Auszeich- cken. Strichpunkt pausiert, bis sich in möglichst umfassenden Werbeeffekt
nungen innerhalb der einzelnen Wett- der Diskussion mit Designerkollegen profitieren möchten.
bewerbe und teure Gebühren: Wer teil- ein relevant set von Awards herauskris- Die aktuelle Debatte bestätigt uns
nimmt und erst recht, wer gewinnt, tallisiert habe, über die ein aussage- noch einmal mehr darin, für das PAGE
wird kräftig zur Kasse gebeten. Kleine- kräftiger Vergleich der Besten wieder Ranking von Anfang an lediglich die
re Agenturen und Büros haben kaum möglich sei. Auch andere sehr erfolg- wichtigsten Kreativwettbewerbe aus-
eine Chance, da mitzuhalten. Aber auch reiche Agenturen und Büros setzen zu- gewertet und diese regelmäßig auf ih-
die Großen der Branche überlegen, ob mindest zeitweise aus. re (Design-)Relevanz überprüft zu ha-
sie die Bremse ziehen. Gerade mittlere und kleine Design- ben. Die Grundlage unseres Rankings
Scholz & Friends will sich 2013 an studios schätzen dagegen Wettbewer- bilden die offiziellen Veranstalterlisten,
keinem Kreativwettbewerb mehr be- be, um auf ihre Projekte aufmerksam deren Preisverleihung 2012 stattfand
teiligen und eine Denkpause einlegen. zu machen – auch wenn sie durch ihr (siehe Kasten). Grundsätzlich werden
Aufseiten der Kunden wie bei den Kre- beschränktes Budget in den Rankings alle Kategorien gewertet bis auf Audio,
ativen selbst sei die Wertschätzung für nicht ganz vorne mitmischen können. Musik/Sound und Text. Verlage und
die Leistungsshows gesunken. Wettbe- So berichtet beispielsweise Andreas auch Hochschulen gehen nicht in die
werbe lehne die Agentur nicht prinzi- Uebele (siehe Seite 47) von einem Neu- Wertung ein. Elf der besten Teams ha-
piell ab, sagt Kreativvorstand Martin kunden, der bei Durchsicht von Award- ben wir diesmal gebeten, das Thema
Pross, möchte aber deren Zahl verrin- Jahrbüchern auf sein Büro aufmerk- Storytelling zu visualisieren. Von den
gert sehen und mahnt übersichtliche- sam wurde. Letztlich haben es die Teil- kreativen Ergebnissen erzählen die fol-
re Kategorien an. Jung von Matt will nehmer selbst in der Hand, ob und an genden Seiten. Heike Edelmann
communication design
BCP Best of Corporate
TDC Competitions
iF communication
Punkte insgesamt
DMMA OnlineStar
Gute Gestaltung
design award
Design Lions
Design Preis
Cyber Lions
Publishing
Corporate
Platz 2012
(Vorjahr)
Agentur
QÖffentlichkeitsarbeit
von Werbeagenturen
sollte primär über echte,
geschaffene Arbeit
laufen. Das Sichtbare
hat stets mehr Aus-
Seit einigen Jahren sind wir sage als jedes noch so
schön formulierte
uns einig, dass es keine Lippenbekenntnis. Von
billigere Werbung gibt als die Awards als Deko-
kirsche auf das eigene
teure Teilnahme an Design- Ego halte ich viel. Dies
bedingt aber Substanz,
wettbewerben. Wie viel mehr die aus hochwertigen
müssten wir ohne diese Tagesgeschäftergeb-
nissen, nicht aus selbst
einfache Methode ausgeben, finanzierter Deko-
kirschenernte bestehen
um Aufmerksamkeit zu sollte. Das ist ungleich
erreichen! Und was gibt es schwieriger. Aber auch
ehrbarer und auf
Schöneres als die Anerken- Dauer tragfähiger.
Guido Heffels,
nung durch Kollegen? Geschäftsführer
Andreas Uebele, Geschäftsführer von büro uebele von Heimat
QVon sich reden macht man vor allem QWettbewerbe machen eine Menge Arbeit QDer Award-Markt war überhitzt und wur-
durch gute Arbeit – aber auch durch Vorträ- und kosten viel Geld. Aber sie sind wichtig de durch eine Vielzahl von Nischen- und
ge, PR und Wettbewerbe. Solange ein Award als Spiegel der eigenen Arbeit und gewähren Spezialwettbewerben, aber auch durch die
Anhaltspunkte für Qualität bietet und die einen Einblick in aktuelle Strömungen des Versuche, neue Formate zu kreieren, ad ab-
Preise nicht wahllos vergeben werden, sind Designs. In der Flut neuer Auszeichnungen ist surdum geführt. Durchsetzen werden sich
wir stolz darauf, wenn unser Fleiß und un- es bisweilen schwierig zu erkennen, wie echte Marken – also glaubwürdige Veran-
sere Qualität erkannt und prämiert werden. die Wettbewerbslandschaft sich entwickelt. staltungen mit klarem Profil und anerkann-
Schließlich gehen wir oft eine Extrameile Neben den Rankings sind für uns Wett- ten Entscheidern. Tradition, Qualität, Serio-
für Kunde, Ruhm und Ehre. Zudem stellen bewerbe wichtig, die den Anspruch haben, sität, Ruf und die Kraft zur Erneuerung zäh-
wir uns gerne der öffentlichen Auseinander- ganzheitliche Perspektiven und Marken- len bei Wettbewerben wie bei Marken. Vor
setzung. Das gibt der Branche etwas, was erlebnisse zu würdigen. allem aber die Relevanz in der Community.
sie gut gebrauchen kann – Leben und Ent- Alexander Clos, Senior Design Director Ein Preis, der für Gestalter oder Kreative
wicklung. Allgemein gilt: Wir lieben Design- Exhibition bei hw.design weitgehend unumstritten glänzt, wird wei-
preise, achten aber stets auf Qualität, Unab- ter attraktiv bleiben. Auch wenn er nicht in
hängigkeit und Bekanntheit. jedem (neuen) Ranking vorkommt.
Peter Martin, Geschäftsführer von Christian Daul, Geschäftsführung
Martin et Karczinski von Scholz & Volkmer
048 PAGE 03.13 KREATION »Storytelling« by Jung von Matt, Platz 1
»Storytelling« by Heimat, Platz 2 PAGE 03.13 049
050 PAGE 03.13 KREATION »Storytelling« by Ogilvy Group, Platz 3
bewerbung @ ogilvy.com
»Storytelling« by Scholz & Friends, Platz 4 PAGE 03.13 051
SIMPLE,
SIMPLE,
SIMPLE.
JÜRGEN SCHOLZ
www.s-f.com
052 PAGE 03.13 KREATION »Storytelling« by Serviceplan, Platz 5
THE
QUICK
BROWN
FOX
JUMPS
OVER
THE
LAZY
DOG.
»Storytelling« by KircherBurkhardt, Platz 9 PAGE 03.13 055
(Storytelling)
Jede Gruppe
versammelt sich
um ihre besten
Geschichtenerzähler.
Narrative Natives
WWW.KIRCHER-BURKHARDT.COM
056 PAGE 03.13 KREATION »Storytelling« by KMS Team/KMS Blackspace, Platz 12
4<#*.6
MOUVGCOEQO
MOUDNCEMURCEGEQO
<#*.6
9'4
'
»Storytelling« by Leagas Delaney, Platz 15 PAGE 03.13 057
Ja
...ein kleines Wald
Mädchen
Jäger
Flucht Bruder
Nein
Fress-
korb
Steinhütte
Haus
Keks-
baracke Geil
7
Zwerge
Oma
Freiheits- Hexe
Ja beraubung
Sklaverei
Nein
Versuchter
Wolf
Mord
Ofen
Stiefmutter
Birne
WTF?
Mord Jäger
Apfel
Sarg
...und wenn sie
Bäh! nicht gestorben
Rettung
sind, dann leben
Prinz sie noch heute.
Nekrophilie
Schneewittchen
Hänsel & Gretel
Rotkäppchen
058 PAGE 03.13 KREATION »Storytelling« by DDB Tribal Group, Platz 17
PAGE 03.13 059
PAPIERWELT
für Golfbälle, entstehen. Auf Mohawk-
Weltuntergangskalender MakeReady.com lassen sich dafür die
Q»The Calendar After The End?« nennt entsprechenden Verpackungsschablo-
das Athener Designstudio Corn seinen nen herunterladen.
Kalender für das Jahr 2013. Das Pracht- ≥ www.mohawkconnects.com
exemplar druckte es in Gold, Silber
und Bronze plus Schwarz und phos-
phoreszierender Tinte im Siebdruck.
Papierliebeskampagne
Das Plakatdesign spielt mit Elementen QJüngst startete die Kampagne »No
aztekischer Kunst und der falschen In- Wonder You Love Paper«, die Papier
terpretation der Maya-Prophezeiung, als wichtiges und nachhaltiges Kom-
dass am 21. Dezember 2012 die Welt munikationsmittel promotet und mit
untergehe. Statt Zahlen nutzten die gängigen Vorurteilen bei Auftragge-
Gestalter aztekische Symbole für die bern der Druckindustrie aufräumen
Tage, denn es sei höchste Zeit, dass will. Hinter der Aktion steht die Orga-
die Menschen aufhörten, ihre Zeit in nisation Two Sides, der verschiedene
Zahlen anzugeben. Im Sonnenstein der Unternehmen der Branche angehö-
Azteken thront der Sonnengott im Zen- ren. Das PDF-Dokument »Print and
trum. Diesen ersetzten sie durch den Paper Myths and Facts« klärt auf über
Gott des Chaos, da dieses in einer Ge- Papierherstellung, Energieverbrauch,
sellschaft ohne numerische Zeitmes- CO2-Fußabdruck oder Umweltfreund-
sung wahrscheinlich herrschen würde. lichkeit von elektronischer im Ver-
»Es ist ein Kalender für jemanden, gleich zu gedruckter Kommunikation.
der wissen möchte, wie er seinen Tag Die Informationsbroschüre kann man
genießen kann – nicht um zu sehen, auf der Website herunterladen, au-
welcher Tag ist«, so Andreas Xenoulis ßerdem gibt es dort ein Gewinnspiel,
von Corn. Auf jeden Fall handelt es ein Quiz und ein Video.
sich um ein hervorragendes Stück Gra- ≥ www.youlovepaper.info;
fikdesign. Wer sich für die Produktion www.twosides.info
des Siebdruckplakats interessiert, fin-
det auf Behance eine kleine Präsen-
tation (einfach »corn« in das Suchfeld
Neenah und Igepa
eingeben). Für ungefähr 100 Euro kann QDer US-amerikanische Papierher- Mehr schönes Design als nützlicher Zeitmesser ist »The
man es unter www.tind.gr/shop/shop steller Neenah Paper kooperiert jetzt Calendar After The End?«. Gedruckt haben ihn die
in unterschiedlichen Papierausführun- mit der Igepa group. Die Zusammen- Athener Gestalter auf verschiedenen Papiersorten (unten)
gen, darunter Chromolux und Munken arbeit setzt sich zum Ziel, zwei Sorten,
pure, bestellen. die es bislang lediglich in den USA gab,
≥ www.behance.net; auch auf dem deutschen Markt anbie-
www.cornstudio.gr ten zu können. Die erste, Environment,
wird aus 100 Prozent Post-consumer
Waste hergestellt. Die gedeckten Far-
Mohawk in 3-D ben sind der Natur nachempfunden.
QDer Papierhersteller Mohawk bringt Verstärkt wird dieser ursprünglichen
jetzt sein Dimensional-Programm auf Eindruck noch durch die Sichtbarkeit
den Markt. Für HP Indigo und Trocken- der einzelnen Fasern bei einigen Tö-
tonermaschinen konzipiert, umfasst nen. Environment ist FSC-zertifiziert
dieses Sortiment vorgefertigte und und mit sämtlichen Digitaldruckver-
perforierte Faltschachtelprodukte, die fahren kompatibel.
es Druckdienstleistern ermöglichen, ab Oxford heißt die zweite Sorte. Hier
dem ersten Stück ohne weitere Verar- handelt es sich um ein hochwertiges
beitungsprozesse eine personalisier- Papier mit textilartiger Struktur, das zu
te Verpackung herzustellen. Als Ba- 30 Prozent aus Post-consumer Waste
sispapier kommen gestrichene Sorten besteht. Erhältlich ist es in dreizehn
sowie Mohawk Superfine zum Einsatz, Farben und vier Grammaturen. In der
als Endprodukte können Boxen für Stärke von 90 Gramm enthalten die
Weinflaschen, Geschenkkartons, Tisch- Farben Creme und Weiß ein integrier-
und Grußkarten, Türanhänger oder tes Wasserzeichen. ant
kleine Verpackungen, beispielsweise ≥ www.friendsofpaper.de
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Mit sechs Ebenen und drei Varianten bietet Fabian Widmers Modular nahezu unendliche Gestaltungsmöglichkeiten
064 PAGE 03.13 TYPO Layer-Schrift Modular
1. Outer Circle
2. Triangle
3. Vertical
4. Horizontal
5. Rectangle
6. Circle
All Together
068 PAGE 03.13 TYPO Liquid Typography
Traumstücke
Mit seinen Liquid-Typography-Arbeiten bezaubert der Designer Ruslan Khasanov eine wachsende Fangemeinde
PAGE 03.13 069
Ein paar Monate später kam ihm ten möchte. »Blow Type« formte der
dieses Experiment wieder in den Sinn Designer aus Tintentropfen auf Papier,
und er beschloss, ein ganzes Alphabet die er in die richtige Form pustete; bei
zu generieren. Dieses Mal als stati- »Sweet Dust Type« spielt Staub auf ei-
sches Projekt, in das man sich vertie- ner Glasplatte, vermischt mit Wasser-
fen kann, ohne dass sich gleich wieder tropfen, die Hauptrolle.
alles verflüchtigt. Gesagt, getan. Es
entstand in einer einzigen Nacht und Aufgewachsen ist Ruslan Khasanov
heißt passenderweise »Au Revoir«. mit dem kyrillischen Alphabet. Den-
Nach und nach schuf Ruslan Khasanov noch stellen alle Projekte der »Liquid
weitere Artworks mit immer neuen Type«-Reihe das lateinische dar, auch
Versuchsanordnungen. »Micro Type« weil es dort lediglich 26 statt 33 Buch-
zum Beispiel: Ein Artikel über Bakte- staben gibt. »Da die Arbeiten in mei-
rien inspirierte ihn dazu, insbesonde- ner Freizeit entstehen, ist es mir sehr
re die begleitenden Bilder mit ihren wichtig, den Aufwand überschaubar
ungewöhnlichen Farbkombinationen. zu halten«, erläutert er. Zum anderen,
Entsprechend sind die Lettern farben- weil das kyrillische Alphabet komple-
froh und von seltsamer Struktur, so- xere Buchstaben hat, also schwerer zu
dass man sie unter ein Mikroskop le- visualisieren ist. »Anfangs habe ich da-
gen und noch etwas genauer betrach- mit experimentiert, das Ergebnis hat
070 PAGE 03.13 TYPO Liquid Typography
TYPOWELT
I hob Di vui
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OpenType-Feature zum Einsatz kommt.
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bei MyFonts erhältlich.
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Browser gestalten und dabei zwischen
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PAGE 02.13, Seite 72). Nach der Über-
nahme des Studios durch Monotype
fürchteten viele, dass die Web-App in
Zukunft nur noch Monotype-Schriften
Do you love
der Fall zu sein. Ab sofort unterstützt
Typecast auch Fonts des von David und
Sam Berlow, Roger Black und Petr van
Blokland gegründeten Anbieters Web-
type, der Webfonts bekannter Foun-
me?
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oder Okay Type im Programm hat.
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In Arbeit befindet sich darüber hi-
naus die Textschrift der Originalausga-
Liebelei be von Diderots »Encyclopédie« aus der
QFür sein Projekt »Typografie in Bi-
Minä rakastan
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts,
bliotheken« trägt Ekke Wolf Original- die Ekke Wolf in der Stiftsbibliothek
sinua!
schriften aus Bibliotheken zusammen. Admont in der Steiermark, der größten
Der erste daraus resultierende Kauf- Klosterbibliothek der Welt, fotografie-
font ist die Liebelei, die auf ein Filmpla- ren durfte. Auch die Österreichische
kat aus dem Jahre 1933 zurückgeht. Das Nationalbibliothek unterstützt das »Ty-
Plakat hatte der österreichische Desi- pografie in Bibliotheken«-Projekt. Sie
gner in der Plakatsammlung der Wien- erlaubte dem Designer von einigen
bibliothek entdeckt. Außer dem hand- ausgewählten Bänden Fotos anzufer-
gemalten Titelschriftzug, der als Vorla-
ge für die Bold-Version diente, gab es
tigen, die als Vorlagen für neue Schrif-
ten dienen werden. ant Ik hou van je!
sonst keine Zeichen, sodass die Type ≥ www.typic.at
*
PRAXIS
INFOGRAFIK
Visual Storytelling – Workflows & Cases
10. JUNI
zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht. Bei Stornierung der Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 28.02.2013 berechnen wir 50 Prozent, ab 30.04.2013 100 Prozent
Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung
an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage der Veranstaltung seitens der Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll
Wo sind die Grenzen zur Illustration, zur reinen TV. Damit entwickelt sich ein überaus vielseitiges, grenzüberschreitendes
Visualisierung und zur Kunst? Was kann und Tätigkeitsfeld für Grafik- und Kommunikationsdesigner, für Illustratoren und
muss eine Infografik leisten, und wie setzt man Fotografen, für Interaction Designer und Animation Artists. Infografiken
diese sinnvoll ein? Was unterscheidet eine können vielschichtige Inhalte rasch veranschaulichen. Doch je schneller und
journalistisch geprägte Grafik von einer Visuali- komplexer die Kommunikation insgesamt wird, umso achtsamer muss der
sierung in der Unternehmenskommunikation? Kreative mit der Datenaufbereitung umgehen. Mit einer ästhetisch faszinie-
Was sind die Gefahren und das Potenzial einer renden Visualisierung ist es nicht getan, es geht um Inhalte, Einsichten und
PR-Grafik? Inwieweit können sich Corporate die Macht des Bildes. Und genau hier liegt denn auch für Jan Schwochow die
Infographics an eine bestehende CI anpassen? eigentliche Herausforderung. Es wird immer schwieriger, gute und verlässliche
Quellen zu finden, um einen Sachverhalt korrekt und unverfälscht wiederzuge-
2. Vom Briefing über die Recherche zur ben. Der Grafik- und Kommunikationsdesigner ist schon lange nicht mehr nur
Umsetzung – Cases, Prozesse, Strategien reiner Gestalter, er ist zugleich Journalist und visueller Geschichtenerzähler.
Wie müssen die Basisinformationen für ein
gutes Briefing aufbereitet sein? Wie kommt Jan Schwochow erläutert im PAGE Seminar anhand konkreter Praxisbeispiele,
man an die relevanten Daten und damit auf wie eine Infografik entsteht – von der Recherche über die Skizze bis zur Rein-
die richtige Idee? Ist weniger mehr oder zeichnung und Animation. Er bietet tiefe Einblicke in die Arbeit eines Info-
mehr Information hilfreicher? Wie gewinne grafikers und beleuchtet das Spannungsfeld zwischen reiner Information und
ich den Kunden für die Idee? Wie läuft guter Gestaltung – wertvolles Know-how vom Designprofi für Designprofis!
die Abstimmung mit dem Auftraggeber?
Das Seminar »Infografik« findet am 10. Juni 2013 im Hotel Gastwerk, Hamburg,
3. Animation, Interaktion, Multichannel – von 9 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 648 Euro (zzgl. gesetzlicher
die Wahl der Mittel und ihre Kalkulation MwSt.). Die Gebühr* umfasst die Tagungskosten, Lunch und Kaffeepausen.
Wie setze ich Infografiken crossmedial ein? Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also schnell anmelden
Ist eine statische oder eine interaktive, unter www.page-online.de/seminar
animierte Grafik besser? Wie gestalte ich
den Workflow, um schon in der Ent-
wicklungsphase den unterschiedlichsten Der Referent
Nutzungsarten Rechnung zu tragen: als
App, Poster, Magazinseite oder PowerPoint- QJan Schwochow (44), Gründer und Geschäftsführer der Golden Section Graphics
Template. Wie kalkuliere ich eine Infografik? GmbH, gilt als einer der renommiertesten Infografiker weltweit und ist als erster
Wie verhandle ich die Nutzungsrechte? Infografiker Mitglied der ADC-Jury. Jan Schwochow und sein Team haben zahlreiche
nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, unter anderem bei den
Das PAGE Seminar mit Jan Schwochow lässt Malofiej Awards und den European Design Awards sowie beim ADC. Der Diplom-
genug Zeit für Fragen und Diskussionen und Designer blickt auf über 20 Jahre Erfahrung als Infografiker, Designer und Journalist
den Austausch der Teilnehmer untereinander. zurück. So war er unter anderem Ressortleiter und Artdirektor der Infografik-Abteilung
beim »stern« und als Artdirektor für Infografiken in der Entwicklungsgrafik des Verlags
PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG Milchstraße tätig. Zuletzt baute Jan Schwochow bei der Agentur KircherBurkhardt in
E-Mail: info@page-online.de Berlin eine Infografik-Abteilung auf, bevor er 2007 sein eigenes Unternehmen,
Telefon: +49 40 85183400 die Golden Section Graphics GmbH mit derzeit bis zu 15 Mitarbeitern gründete.
www.page-online.de/seminar Jan Schwochow ist Herausgeber und Chefredakteur des Magazins »In Graphics«.
076 PAGE 03.13
BILD
PAGE 03.13 077
Colour it!
Ausmalbücher für Erwachsene liegen im
Trend – Illustratoren wie Keri Smith,
Claire Faÿ, Nina Chakrabarti oder Marion
Deuchars werfen sie mit großem Erfolg
reihenweise auf den Markt. Einige besonders
interessante Exemplare haben wir Illus-
tratoren zur freien Interpretation gegeben
Kombinationsgabe
Q Ein Malbuch der abstrakten Art brachten vor Kurzem
Nicole und Petra Kapitza aus London heraus. Nur folge-
richtig, denn die beiden deutschen Designerinnen la-
den mit ihren Fonts sowie ihren bei Hermann Schmidt
erschienenen Büchern »Geometric« und »Organic« seit
Langem zum kreativen Spiel mit abstrakten Formen
und Farben ein (siehe www.kapitza.com).
Illustrator Mathis Rekowski gefiel das Buch, das wir
ihm nach Berlin schickten, auf Anhieb – kein Wunder,
denn das »organic pattern colouring book« kommt sei-
nem Stil entgegen. Der Illustrator, der für Kunden wie VW,
Mercedes-Benz, »ZEIT«, Orange, DDB oder Jung von
Matt arbeitet, begnügte sich jedoch nicht mit einer Vor-
lage aus dem Kapitza-Buch, sondern suchte gleich drei
heraus, die er in einem Bild
miteinander kombinierte. Aus ihren Organic-Pattern-Fonts
Entstanden ist die für ihn entwickelte kapitza das »organic pattern
typische Mischung aus Ab- colouring book« (Kapitza 2012,
straktion und Gegenständ- 48 Seiten, 19 Euro, isbn 978-0-9570385-2-3)
lichkeit – die im Übrigen
auch sein erstes Musikvi-
deo prägt, das er jüngst für
Suzy von Sonntag drehte.
078 PAGE 03.13 BILD Malbücher
Ausmalbuch als Selbstanalyse: »Mein Leben als Diagramm. Wer bin ich und zu wie viel Prozent?«
(Knesebeck 2012, 128 Seiten, 16,95 Seiten, isbn 978-3-86873-512-3)
Mutierte Diagramme
Q Die Illustrationen von Anne Vagt – zu finden in »ZEIT ben im Buch gefielen mir. Die Textteile musste ich ver-
Campus«, »chrismon«, »Kinki«, »Missy«, »emotion edi- decken, denn der Text macht für mich keinen Sinn. Jetzt
tion« oder der »New York Times« – leben von der char- sind es stumme, mutierte Diagramme. Nach einem Cy-
manten Spannung zwischen Systematik und kreativer ber-Angriff zurückgeblieben. Der Schwere ihrer Logik
Freiheit. Nicht selten spielen dabei Mathematik, Dia- beraubt, dürfen sie jetzt nur noch schön sein.« Was die
gramme und Formeln eine Rolle, so die Illustratorin. in Hamburg lebende Anne Vagt sonst so macht? Für
»Ich male sehr gerne aus. Vielleicht weil ich ein ordent- Mai ist ein Stück mit dem Performancetrio One. . .Two. . .
licher Mensch bin. Der Umstand, dass etwas bis zum Three. . .Four?!? It’s Not The Daltons!?! geplant, wo sie
Rand bedeckt, gefüllt, abgearbeitet ist, hat etwas Be- wohl nicht nur Bühnenelemente gestalten, sondern
ruhigendes. Das erleichternde Gefühl: Mehr hätte ich auch selbst performen wird. Und später kommt das
nicht tun, weiter hätte ich nicht gehen können.« Jubiläumsheft »Spring #10« – Anne Vagt ist Teil des
Entsprechend viel Spaß habe ihr das Ausmalen von bekannten Zeichnerinnenkollektivs, das alljährlich ein
»Mein Leben als Diagramm« gemacht. »Die Pastellfar- Bookzine herausgibt.
PAGE 03.13 079
Falsche Farben
Q Klassische Ausmalbücher, so Sebastian Haslauer,
seien meist ein Hort der Tristesse: »Kinder werden auf-
gefordert, in strenge schwarze Begrenzungen gegosse-
ne Klischeeblumen, plumpe Schiffe und verzerrte Cha-
raktere mit der richtigen Farbe zu füllen.« Schön, dass
Kinder das meistens ad absurdum führen und, kaum
dass die Erwachsenen den Rücken zukehren, »fröhlich
draufloskrakeln oder Bilder auf Bilder setzen«. Haslauer
selbst ging die Umdeutung des Genres anders an: Er
malte seine Vorlage eigenhändig – wobei er nach Ge-
Wir wollten Sebastian genständen suchte, bei deren Anblick man die Farbig-
Haslauer ein Motiv keit immer mitdenkt – und vertauschte die Farben ein-
von der Ausmalbilder- fach. »Dass dabei ein so eigentümliches Sammelsurium
plattform www. zusammengekommen ist, verdanke ich alleine König
imagixs.com vor- Zufall. Ihn und ein Kind habe ich am liebsten neben mir
schlagen, aber er zog am Schreibtisch sitzen.«
es vor, seine Vorlagen Dort entstanden auch viele der Illustrationen, die er
selbst zu malen. Links in den vergangenen drei Jahren für die Kolumnen von
sein erster Versuch »NEON« anfertigte, oder seine Kreationen für das viel
beachtete Siebdruckmagazin »Shake Your Tree«. Bei
Edition Taube brachte Sebastian Haslauer jüngst das
witzige Zine »ME, GOD and Bestsellerautor Frank
Schätzing« heraus. Derzeit arbeitet er am Drehbuch einer
Musiksendung, die er im Januar mit einem Freund für
arte creative dreht – wie er sagt: »á la ›Wayne’s World‹
mit iPhones auf Crack«. Was auch immer das bedeuten
mag, es hört sich vielversprechend an.
PAGE 03.13 081
www.calvendo.de/flipart-p
»Kate Moss«: Noch ein Band aus Mel Simone Elliotts »Colour Me Good«-Reihe. Ryan Gosling gibt’s dort übrigens auch
(I Love Mel 2011, 16 Ausmalmotive, 7,50 Pfund, isbn 978-0-9570056-5-5)
Moderne Mythen
Q Als schaumgeborene Venus à la Botticelli, die von
Engeln mit Blumen an Land gepustet wird, setzte die
Hamburger Illustratorin Bianca Heinrichs das wohl be-
rühmteste aller Models um – nur dass sie Kate Moss ei-
ne Zigarette in den Mund steckte und einen Sünden-
fallapfel in den Schoß legte. Und statt der Frau oder
Göttin, die sie auf dem Renaissancegemälde an Land
empfängt, schaut uns hier ein Hirsch und das allsehen-
de Auge der Freimaurer entgegen.
Womit wir eigentlich schon zu viel gesagt haben,
denn Bianca Heinrichs lässt bei ihren Bildern gerne
Raum für Entdeckungen und freie Interpretationen.
Ausgeführt hat sie das Motiv in der Punktiertechnik,
die sie seit einiger Zeit – neben Vektorillustrationen –
gerne pflegt. Es sei ein bisschen wie das Ausmalen von
Mandalas: »sehr meditativ«, so die Illustratorin. »Ich
setze mich bevorzugt abends hin, mit einem Pigment-
liner und sonst nichts, und arbeite die Schattierungen
komplett durch Punkte aus. Da kann man sich ganz
drin verlieren.« Koloriert hat sie dann in Photoshop,
wobei wieder Botticelli bei der Farbwahl Pate stand. cg
*
OHNE*
OHNE*
OHNE
* Credits
* Bildquellenangabe
* Auflagenlimit
BILDWELT
grafen aus dem subkulturellen Kon-
Neue Fotografen-Agentur I text, die aus der Idee heraus handeln,
Q Dass sie eine ganz eigene Fotophi- echte Fotografie zu machen.«
losophie verfolgen, beweisen Artdirek- Noch stammen viele der von Back-
tor Pascal Schöning und Fotograf Niklas wash.Look vertretenen Fotografen aus
Krauthäuser seit 2011: In dem on- und dem »Mensch«-Umfeld beziehungswei-
offline existierenden »Mensch«-Maga- se dem Raum Köln, Dortmund, Düssel-
zin über die Kölner Subkultur arbeiten dorf. Doch das Spektrum soll wachsen.
sie vorwiegend mit analogen (Mittel- In Berlin ist der Anfang gemacht, etwa
format-)Kameras. Jetzt ging aus der mit Ostkreuz-Schüler Benny Golm oder
Plattform die Repräsentanz Backwash. Peter Kaaden, der für Underground-
Look hervor, die dieses Konzept fort- Starfotografen wie Ryan McGinley oder
setzt. »Wir glauben an das authenti- Ruvan Wijesooriya arbeitete und seit-
sche, ungeschönte Bild, das fast oder her zwischen den Metropolen London
ganz ohne Retouching auskommt«, er- New York und Berlin pendelt. Erst NRW,
klärt Schöning (siehe auch Interview danach die ganze Welt?
auf Seite 112). »Natürlich findet man ≥ www.backwash-look.de
Die Repräsentanz Backwash. Look hat sich der hier und da einzelne Leute, die so ar-
Authentizität verschrieben. Hier Motive von Peter beiten. Doch es ist in Deutschland Zeit
Kaaden (oben) und Astrid Piethan für eine Repräsentanz jüngerer Foto-
Stockfotos bei Facebook?
Q Darf man bei einer Bildagentur er-
worbene Fotos auf Facebook nutzen?
Sogar die Agenturen selbst sind sich da
nicht einig. Robert Kneschke, Stockbild-
Fotograf und Autor des Blogs www.
alltageinesfotoproduzenten.de, bekam
auf seine Anfrage von den Agenturen
sehr unterschiedliche Antworten. Ja,
sagte Dreamstime – nur nicht als Pro-
filfoto. Corbis erklärte, eine generelle
Antwort gebe es nicht, da verschiede-
ne Kollektionen verschiedene Lizenzen
haben. Fotolia sieht als Problem, dass
der User beim Hochladen eines Bildes
Facebook umfassende Nutzungsrech-
te einräumt, was die Weiterverbreitung
der Fotos durch Dritte angeht. Und aus
dem Verkauf von Getty Images hieß es
recht locker, lizenzfreies Material ließe
sich in sozialen Netzwerken nutzen,
nur nicht auf bezahlten Werbeflächen.
Für lizenzpflichtiges Material stehe ei-
gens eine Honorarberechnung für die
Nutzung »Web – Social« bereit.
Diverse andere bekannte Agentu-
ren antworteten lieber gleich gar nicht.
Fazit: Es gibt offenbar Klärungsbedarf,
vor allem auch wegen der Unterlizenz,
die Facebook für das Weiterreichen des
eingestellten Materials beansprucht.
Bei Instagram will das Unternehmen
diese Ansprüche ab 19. Januar mit neu-
en Nutzungsbedingungen bekanntlich
auf die Spitze treiben, indem es sich
von den Usern automatisch eine Li-
zenz für alle veröffentlichten Inhalte
gewähren lässt – diese damit theore-
tisch sogar weiterverkaufen könnte.
PAGE 03.13 085
DESIGNMANAGEMENT
Design Thinking, Strategien, Fallbeispiele
TECHNIK
PAGE 03.13 089
Die Browser-App
Mirror ( http://
mirror.national
mediamuseum.
org.uk ) analysiert
die Persönlich-
keit des Users an-
hand seiner
Facebook-Daten . . .
Das Online-Ich
Für das National Media Museum entwickelte RKCR/Y&R aus London die
Browser-App Mirror, die aus Facebook-Daten individuelle Persönlichkeitsprofile
generiert. PAGE berichtet über Umsetzung des Projekts
090 PAGE 03.13 TECHNIK Making-of: Mirror
sind überrascht, wie ähnlich sich ihr reales Q Längst durchsetzt das Virtuelle un-
und ihr Online-Ich sind. Je mehr Dinge man seren Alltag: Wir klicken mal eben auf
auf Facebook mit »Gefällt mir« markiert hat, »Gefällt mir«, sehen Videos auf YouTube
desto genauer fällt das Ergebnis aus. Bei an, senden Tweets und Statusmeldun-
mehr als 30 Likes ist unsere Persönlichkeits- gen an unsere Freunde und Bekannten.
analyse bereits sehr zuverlässig. Das National Media Museum im engli-
Woher stammen die Daten, mit denen die schen Bradford beleuchtet mit der Aus-
Mirror-App die Nutzerdaten abgleicht? stellung »Life Online«, wie das Internet
Für meine Doktorarbeit über kognitive Ent- unser Leben verändert – und welche
scheidungsprozesse habe ich die Facebook- Rückschlüsse unser Online-Verhalten
Applikation MyPersonality entwickelt. Sie auf unseren Charakter zulässt. Die Lon-
ging im Juni 2007 online, wenige Wochen doner Kreativagentur RKCR/Y&R sollte
nach dem Start von Facebook. Die App ana- dazu eine Webanwendung schaffen,
lysierte die Likes der Nutzer, erstellte ein die die Ausstellung promotet und da-
Profil und lieferte ein kurzes Feedback zu zu in den virtuellen Raum verlängert.
dem Ergebnis. Insgesamt haben über 6 Mil- Das Ergebnis ist eine Browser-Appli-
lionen Menschen MyPersonality genutzt. kation, die aus Angaben des Users ein
Q David Stillwell ist Mitarbeiter am Cam- Anfangs war es ein persönliches Projekt, Persönlichkeitsprofil generiert und als
bridge University Psychometrics Centre und aber inzwischen haben wir die anonymi- animierte interaktive Grafik umsetzt.
hat das Mirror-Projekt wissenschaftlich sierten Daten ausgewertet und stellen sie Um ein Profil zu erstellen, reicht es,
betreut. Er hat sowohl den Fragebogen als Sozialwissenschaftlern zur Verfügung. Sie den eigenen Facebook-Account mit
auch den Algorithmus entwickelt, auf untersuchen sie nach Fragestellungen wie dem Tool zu verbinden. Mirror extra-
deren Grundlage Mirror das Persönlichkeits- »Was zeichnet einen populären Facebook- hiert daraufhin automatisch die Anzahl
profil erstellt. PAGE sprach mit ihm über User aus?« oder »Welche Worte wählen Ex- der Kontakte, Status-Updates, Posts,
die Aussagekraft der Daten. trovertierte?«. Im Moment arbeiten wir mit Check-ins und Fotos und wertet die
Forschern der University of Pennsylvania Likes aus. Wer zusätzlich ein Foto hoch-
Wer sein Facebook-Profil nicht mit der An- zusammen. Diese versuchen nachzuvollzie- lädt, erhält ein digitales Porträt, das
wendung verbinden will, kann stattdessen hen, welche Worte und Themen verschiede- dem realen Ich sogar ähnlich sieht. Wer
einen kurzen Fragebogen beantworten. Aber ne Typen auf Facebook wählen. Einige Kli- kein Facebook-Konto hat oder seine
sind fünf Fragen tatsächlich genug, um ein schees scheinen tatsächlich zuzutreffen: Daten nicht freigeben möchte, kann
umfassendes Bild einer Person zu erstellen? Männer sprechen über die Xbox und Frauen stattdessen einige Fragen zum eige-
David Stillwell: Ja, es sind zwar lediglich über Shopping. nen Medienkonsum beantworten. Das
fünf Fragen, doch aus jeder von ihnen las- Die Ausstellung im National Media Museum virtuelle Spiegelbild scheint zu atmen:
sen sich zwanzig Möglichkeiten ableiten. beleuchtet kritisch, wie wir im Internet Es reagiert auf Klicks und Cursorbe-
Auf diese Weise erhalten wir letztlich bis zu mit unseren Daten umgehen. Also wie wenig wegungen, indem es sich partiell auf-
hundert Informationen über den Nutzer. Je- Informationen bereits ausreichen, um löst und anschließend wieder zusam-
de Frage gibt uns – im Gegensatz zu den ein Nutzerprofil zu erstellen, das für Markt- mensetzt. Um das Online-Ich herum
traditionelleren Persönlichkeitstests – nicht forschung, Werbung oder kriminelle schwirren bunte Icons, die die verschie-
nur Auskunft über eine Eigenschaft, son- Zwecke verwendet werden kann. Steht denen Charakterzüge repräsentieren,
dern über mehrere. Zum Beispiel suggeriert die Weiterverwertung der Daten aus aus denen sich die digitalen Persönlich-
ein Like für Clint Eastwood, dass die Person MyPersonality nicht im Widerspruch dazu? keitsbilder zusammensetzen.
eher wettbewerbsorientiert und zugleich MyPersonality hält sich an wissenschaftliche Mirror analysiert alle Informationen
aufgeschlossen ist. Die Twitter- und Linked- Prinzipien, und die User haben volle Kon- auf Grundlage des Big-Five-Modells,
In-Anbindung hat übrigens keine andere trolle über ihre Daten. Zum Beispiel gab es das seit rund zwanzig Jahren in der
Funktion, als die Aktivität – die Anzahl der eine Einverständniserklärung, in der wir sie psychologischen Persönlichkeitsanaly-
Tweets oder Status-Meldungen et cetera – über die konkrete Nutzung ihrer Daten in se und im Business-Profiling einge-
im Vergleich zu anderen Anwendern zu vi- Kenntnis setzten. Sie konnten entscheiden, setzt wird. Danach wird der Charakter
sualisieren. Wir haben keine Informationen ob sie ihre Facebook-Daten mit uns teilen. eines Menschen nach fünf Faktoren
aus den Accounts für die Persönlichkeits- Außerdem haben wir alle gesammelten Da- aufgeschlüsselt: Offenheit für neue Er-
analyse genutzt. ten anonymisiert, sodass es keine direkte fahrungen, Empathie, Gewissenhaftig-
Wie zuverlässig sind die Resultate? Verbindung mehr zu den konkreten Perso- keit, Extrovertiertheit und Neurotizis-
Wir haben dieses System mit einem um- nen gibt. Wir haben niemals Nutzerdaten mus. Mirror vergleicht die Angaben
fangreicheren psychologischen Fragebogen verkauft. Also hat auch nie jemand Spam des Nutzers mit einer Datenbank von
kontrolliert und eine Übereinstimmung von oder Werbung bekommen, weil er MyPerso- 6,5 Millionen anderen Personen und
bis zu 80 Prozent festgestellt. Viele User nality verwendet hat. visualisiert, welche Persönlichkeitsas-
pekte am stärksten ausgeprägt sind.
So ermittelt das Tool beispielsweise
anhand des Musikgeschmacks, ob ein
»Die Persönlichkeit von Usern mit mehr User durchsetzungsfähig, kreativ oder
umsichtig ist. Außerdem schließt es
auf dessen Alter und Geschlecht. Zu-
als 30 Facebook-Likes lässt sich bis sätzlich verortet es ihn im Netz, indem
es den Nutzer als Mittelpunkt eines In-
Auf der Suche nach der geeigneten Bildsprache experimentierte RKCR/Y&R mit dem Konzept
einer Aura (links) und einem Farbsystem, mit dem sich die Bereiche klar abgrenzen lassen
≥ PAGE Online
Weitere Visitenkarten sehen
Sie unter www.page-
online.de/visitenkarten
Remember Me
sitenkarten oft daher – und es wird
viel experimentiert: mit Papieren, Far-
ben, Schriften, Veredelungen und tech-
nischen Features. Lediglich mit ihrem
Format wird weniger herumgespielt.
Und das ist meist auch gut so, findet Facebook, Xing und Co machen Visitenkarten keineswegs obsolet.
Patrick Bittner von Maksimovic & Part-
Im Gegenteil: Gestalter nutzen sie als kreative Spielwiese, und QR-Codes
ners: »Sprengt man die genormte Bank-
kartengröße, läuft man Gefahr, dass und NFC-Chips verleihen ihnen neue Funktionen
PAGE 03.13 095
Chip inside
Die Onlinedruckerei MOO bietet nicht
nur unzählige hochwertige Visiten-
karten an, sondern arbeitet auch an
einer Variante mit NFC-Chip, die im
Laufe dieses Jahres erhältlich sein soll.
Hält man den in die Karte eingebet-
teten Mikrochip an ein Smartphone,
erhält dieses Anweisungen, zum
Beispiel eine Website aufzurufen oder
Kontaktdaten zu speichern. Ein NFC-
Chip bietet wesentlich mehr Möglich-
keiten als ein QR-Code, zumal man ihn
immer wieder überschreiben kann.
096 PAGE 03.13 TECHNIK Business Cards
Code Gelb
Als Brent Riddell Australien verließ, entwickelte
er die Site http://brentriddell.com/auslander/,
die seine Verbindungen zu den sozialen Netz-
werken auflistet, sodass Interessierte nicht
nur seine Reise verfolgen, sondern auch seine
Arbeiten sehen können. Passend dazu
entstand der physische Link in die digitale Welt:
Linien und Sterne eine viereckige Karte mit seiner URL auf der
Bevor sie zu einer Bloggerkonferenz aufbrach, wünschte sich Jane Rhodes ein Vorderseite und einem QR-Code, der auch das
paar frische Visitenkarten. Das ließ Studio On Fire sich nicht zweimal sagen: pixelige Logo des Grafikdesigners enthält,
Das feine Linienmuster – das auch im Header ihrer Site auftaucht –, die fröhliche auf der Rückseite. Die in ganz Europa verteilte
Typo und natürlich der aus dem Rahmen fallende gelbe Stern machen die Karte lockte viele Leute auf seine Website
Karte, die insgesamt viermal durch die Maschine lief, zu einem Sammlerstück. und sorgte für eine Menge positives Feedback.
098 PAGE 03.13 TECHNIK Business Cards
Einzelstücke Gerillt
Die meisten von uns kennen Pricken aus dem Kindergarten, eine Technik, Wer hätte gedacht, dass die gute alte Langspielplatte mit
bei der man mit einer Nadel Löcher ins Papier sticht. Die Designerin QR-Codes kompatibel ist? Christian Trögele macht’s möglich.
Sabine Zentek aus Berlin fertigt in dieser Technik großformatige Illustra- Er fertigt unter dem Label Troxxy Vinylz Visitenkarten aus
tionen. Um diese zu vermarkten, stellt sie mit derselben Technik alten LPs – durch die individuelle Geschichte jeder Platte, der
Visitenkarten her. Durch die handgestochenen Löcher wird jede der variierenden Zusammensetzungen des Vinyls und der jeweils
500 Karten zum Einzelstück. Die Typo druckt sie mit einem Tinten- unterschiedlichen Oberflächenstruktur ist jede Karte ein
strahldrucker auf 300 Gramm starkes, gelblich-weißes Munken-Papier. Einzelstück und zudem mit QR- und DataMatrix-Code kompatibel.
Täglich neu
Seit über einem Jahr gestaltet
Sascha May (fast) jeden Tag
eine Visitenkarte. Inzwischen
hat er schon knapp 500 ver-
schiedene Karten produziert.
Passend dazu bedruckte er
Briefpapier und Umschläge im
Siebdruck. Der Kommuni-
kationsdesignstudent an der
Hochschule Mannheim
setzt das Gesamtpaket als
Geschäftsausstattung für
seine freiberufliche Tätigkeit
als Grafiker und Illustrator ein.
Geprägte Schafe
Glückliche Hühner und Schafe
leben auf der Many Fold Farm,
die eine knappe Stunde von
Atlanta, Georgia, entfernt liegt.
Die Philosophie der Bauern
deckt sich in vielerlei Hinsicht
mit der von Studio On Fire,
sodass sich die Kreativen aus
Minneapolis für die Many-
Fold-Farm-Visitenkarten richtig
ins Zeug legten. Entstanden
sind wunderschöne Exemplare
aus dickem, weichem Papier,
in die das Letterpress- und
Designstudio die Buchstaben
und das Schaf tief hinein-
druckte. Durch die ausgestanz-
ten Ecken wirken sie sehr edel –
traditionell im besten Sinne.
PAGE 03.13 099
Dreieckig Filmschnipsel
David Scheid aus Los Angeles gestaltet Buntglasfenster, die fast Der Hamburger Bewegtbilddesigner Till Nowak ist ständig auf
immer mit der Form von Dreiecken, Diamanten und Pyramiden internationalen Filmfestivals und weiß, dass echtes Zelluloid
spielen. Logisch, dass auch seine Karte formal aus dem Rahmen Cineastenherzen höherschlagen lässt. Das brachte ihn auf die Idee,
fällt. Das in Garrison, New York, ansässige Studio Thunderwing eine ausgediente Rolle seines Kurzfilms »Delivery« zu Visiten-
Press entwarf die pyramidenförmigen Karten, die sie dann mit karten zu verarbeiten. Jede ist ein Unikat – würde man alle zusammen-
türkisen Sonnenstrahlen und Sol Hess’ Schrift SansSerif per legen, hätte man einen kompletten Kurzfilm. Till Nowak braucht
Hand im Letterpressverfahren auf Recyclingpapier druckten. ungefähr eine Stunde, um 100 Stück davon per Handarbeit herzustellen.
Zähne zeigen
Ein bunter Wind weht durch die kieferorthopädische Praxis von
Dr. Ullrich. Dazu tragen die Visitenkarten bei, die die Agentur b.lateral
aus Sipplingen entworfen hat. Jede Karte spiegelt mit zwei kräfti-
gen Farben die bei Kieferorthopäden so wichtige Zusammenarbeit
zwischen Patient und Arzt wider. Die Vorderseite mit dem Schrift-
zug »Ullrich« druckte Letterjazz flächig im Buchdruck mit ausgespartem
Logo, sodass dieses erhaben wirkt und an weiße Zähne erinnert.
Der Text wurde im Siebdruck mit deckendem Weiß auf das Papier
Gmund Color aufgebracht. Vorder- und Rückseite ließ b.lateral pass-
genau kaschieren und die Karten auf das Endformat stanzen, um
die Pressung der erhabenen Bereiche am Planschneider zu vermeiden.
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EINBLICKE
Zu Jahresbeginn und weil ja bald Karneval ist, muss ein wenig Spaß sein: mit den Lieblingswitzen Kreativer
KALENDER
Messen • Kongresse • Seminare Messen • Kongresse • Seminare
Berlinale Berlinale – 63. Internationale Filmfestspiele Hamburg Visual Thinking Lessons
Von unten: André Lützen: Public Private Hanoi; Replik der FEWA-Johanna von Jan Niesler, 1997, Leihgabe des Industriemuseums Chemnitz; Rainer Kohlberger: Humming, Fast and Slow; Alissia Melka-Teichroew: Jointed Jewels, Armband, Material: SLS/Nylon,
7. bis Den Juryvorsitz hat in diesem Jahr Wong Kar-Wai inne 16. April Workshop von PAGE und Good School – mit
17. Februar ≥ www.berlinale.de Anna Lena Schiller (siehe Seite 13) Good School
≥ www.page-online.de/seminar
München Munich Creative Business Week 2013
16. bis Einige der Highlights des Programms kündigen wir Hamburg PAGE Seminar »Designmanagement«
24. Februar im Folgenden gesondert an 22. April Workshop mit Christine Hesse (siehe Seite 86 f.)
≥ www.mcbw.de Gastwerk Hotel Hamburg
≥ www.page-online.de/seminar
München Toca Me Design Conference
16. Februar Das Designstudio Toca Me bringt immer wieder span- Hamburg Infografik-Seminar
nende internationale Kreative nach München – dies- 10. Juni PAGE-Seminar mit Jan Schwochow (siehe Seite 74 f.)
mal sind das unter anderem Visual Artist Memo Akten, Gastwerk Hotel Hamburg
das großartige Künstlerduo Lernert & Sander und ≥ www.page-online.de/seminar
openFrameworks-Mitbegründer Zach Lieberman
Alte Kongresshalle Hamburg Leitmedium Design 1: Gutes Design entwickeln
≥ www.toca-me.com 14. Juni PAGE-Seminar mit Jochen Rädeker (siehe Seite 60)
Gastwerk Hotel Hamburg
Amsterdam FITC Amsterdam 2013 ≥ www.page-online.de/seminar
18. bis Interaction-Design- und Technik-Event Felix Meritis
19. Februar ≥ www.fitc.ca/events Hamburg Leitmedium Design 2: Gutes Design gut verkaufen
15. Juni PAGE-Seminar mit Jochen Rädeker (siehe Seite 61)
Hamburg d3con Gastwerk Hotel Hamburg
20. Februar Konferenz für Data Driven Display Advertising ≥ www.page-online.de/seminar
Alter Börsensaal, Handelskammer Hamburg
≥ http://d3con.de Festivals • Ausstellungen
München Ueber||quellen. Kreativität trifft Code trifft Signal Zürich 3D – Dreidimensionale Dinge drucken
22. Februar Typotag zum Thema Orientierungssysteme und Ab 6. Februar Das Museum für Gestaltung reagiert schnell und wid-
Infografiken Halle 27, Kochan & Partner met dem Trendthema 3-D-Druck eine interaktive
≥ www.tgm-online.de Ausstellung. Die vom Disseny Hub Barcelona konzi-
pierte Schau gliedert sich in die Bereiche »Freie Form«,
München #qved 2013. Tell me about Editorial Design! »Variation«, »Anpassung an Kundenwünsche« und
23. bis Auf der Konferenz geben »herausragende »Komplexität«. Zu sehen gibt es die »innovativsten
24. Februar Gestalter, exzellente Journalisten und mutige Anwendungen, die derzeit erforscht werden«, ver-
Verleger« Einblick in ihre Arbeit Literaturhaus spricht die Pressemitteilung Museum für Gestaltung
≥ www.tgm-online.de ≥ www.museum-gestaltung.ch
Barcelona Mobile World Congress 2013 Frankfurt/Main Node13 – Forum For Digital Arts
25. bis Messe & Konferenz der Mobile-Industrie Fira Gran Via 11. bis 17. Februar Ein wahres Juwel besitzt Frankfurt mit diesem Festi-
28. Februar ≥ www.mobileworldcongress.com val für digitale Kunst und Kultur. Diesmal lautet das
Thema für Ausstellung, Workshops und Symposium
Hannover CeBIT 2013 »The Rules – Regelwerke als Gestaltungsmaterial«
5. bis 9. März Messe für die digitale Wirtschaft CCD Ost Frankfurter Kunstverein
≥ www.cebit.de ≥ http://node13.vvvv.org
Berlin SEO Campixx Berlin 2013 gesellschaft DEWAG, die alle Werbemittel produzierte.
15. bis Networking-Event und Konferenz rund um Such- Die Ausstellung zeigt Beispiele aus der Zeit zwischen
17. März maschinenoptimierung Hotel am Müggelsee 1950 und 1970 Museum für Angewandte Kunst
≥ www.seo-campixx-13.de ≥ www.gera.de
Berlin Digital Innovators’ Summit 2013 Pforzheim Public Private Hanoi
18. bis Digital Magazine Media Conference Bis 2. März Der Hamburger Fotograf André Lützen stellt Bilder
19. März Deutsche Telekom Representative Office aus seiner 2012 beim Deutschen Fotobuchpreis
≥ http://innovators-summit.com nominierten Publikation vor. Sein Blick macht eine
Stadt erlebbar, in der die Grenzen zwischen
München Internet World 2013 privatem Innen- und öffentlichem Außenraum nicht
19. bis 20. März E-Commerce-Messe ICM München zu existieren scheinen Kulturhaus Osterfeld
≥ www.internetworld-messe.de ≥ www.kulturhaus-osterfeld.de
PAGE 03.13 109
≥ Weitere Termine unter www.page-online.de/events. Dort können Sie uns auch Ihre Veranstaltungstermine mitteilen
Lausanne Pop-Up. Design zwischen den Dimensionen Bis Die Klappe 2013
Bis 3. März Das Konzept für die Ausstellung hat das nieder- 9. Februar Neu bei dem Bewegtbildpreis für Produktionen aus
ländische Museum of the Image Moti entwickelt dem deutschsprachigen Raum ist die Kategorie »Inter-
und als Kuratorin Lidewij Edelkoort gewonnen. national« für international eingesetzte Werbefilme
Präsentiert wird Kunst und Design in den viel- ≥ www.dieklappe.de/ausschreibung
fältigen Übergängen von 2-D zu 3-D, Analog zu
Digital oder Natur und Technologie mudac Bis Copy ’N’ Paste
≥ www.mudac.ch 10. Februar Kreative aus dem Raum Lüneburg sind eingeladen, sich
mit dem Thema Urheberrecht auseinanderzusetzen
Hamburg gute aussichten – junge deutsche fotografie ≥ www.postmedialab.org/copy-n-paste
Bis 3. März 2012/2013
(seit 1862) und mit Norbert Meier Bürsten- und Pinselerzeugung © Teresa Stein; Foto Susann Dietrich, Das Singen der Perlmutt-Zirpe, www.guteaussichten.org; Neozoon: Fox 2011. Performance and installation, Fake fur
Die Ausstellung präsentiert die sieben Preisträger Bis 26. Februar ONE Thing We Agree On
des wichtigsten deutschen Wettbewerbs für Nach- Gemeinsamer Wettbewerb der Bildagentur iStock-
wuchsfotografen, die ihre Hochschulabschluss- photo und der Kampagnenorganisation ONE: Kreative
arbeiten einreichen. Entsprechend großes Gewicht sind aufgerufen, ein Video oder einen Printbeitrag
hat das künstlerische Konzept der Bilder – zu gestalten. Inhaltliche Vorgabe: »Rivalen tun sich
wie bei diesem von Susann Dittrich mit dem Titel zusammen, um Seite an Seite gegen Probleme wie
»Das Singen der Perlmutt-Zirpe« Armut, Hungersnot oder Krankheiten zu kämpfen«.
Deichtorhallen, Haus der Photographie ≥ www.page-online.de/kampagne-gegen-armut
≥ www.deichtorhallen.de
Bis 27. Februar Stipendien für Medienkunst 2013
Austin, Texas SXSW Interactive 2013 Internationale Medienkünstler können sich für drei
8. bis 12. März Bei dem Festival stellt die kreative Technikzene ihre sechsmonatige Arbeitsstipendien bewerben
aktuellen Projekte vor Austin Convention Center ≥ www.edith-russ-haus.de
≥ http://sxsw.com
Bis European Design Award 2013
Luzern Fumetto. Internationales Comix-Festival 28. Februar Der Wettbewerb kürt die besten Leistungen in Illus-
16. bis 24. März Eine große Ausstellung gilt »Robert Crumb & The tration, Grafik- und Digital Design aus ganz Europa
Underground« Kornschütte (Festivalzentrum) ≥ www.europeandesign.org
≥ www.fumetto.ch
Bis Animated Fashion Award 2013
Wien WerkStadt Vienna. Design Engaging the City 1. März Nach dem erfolgreichen Start im letzten Jahr ver-
Bis 17. März Seit 2006 gibt es Kooperationen zwischen Designern anstaltet das Internationale Trickfilm-Festival Stutt-
und Wiener Traditionswerkstätten und -geschäften gart mit dem Modeunternehmen Breuninger erneut
wie J. & L. Lobmeyr, der Neuen Wiener Porzellan- den Wettbewerb für Filme zum Thema Fashion
manufaktur Augarten oder der Wiener Silber ≥ www.itfs.de/start/wettbewerbe/animated-fashion
Manufactur. Aus dieser Begegnung von modernen
Gestaltungsansätzen und altem handwerklichen Bis 1.März/ Cannes Lions 2013
Können und Materialwissen sind interessante 28. März Bis auf Creative Effectiveness (1. März) haben alle
Experimente und Produkte hervorgegangen MAK Kategorien des internationalen Kreativwettbewerbs
≥ www.MAK.at denselben Einreichungstermin
≥ www.canneslions.com
Belgrad Resonate 2013 – Belgrade New Media Festival
21. bis 23. März Zu den Gästen des Digital-Culture- und New-Media- Bis Prix Ars Electronica 2013
Festivals gehören Joachim Sauter und Golan Levin 8. März Weltweit angesehenster und höchstdotierter Preis
≥ http://resonate.io/2013 für digitale Kunst
≥ www.prix.aec.at
Hamburg Endstation Meer? Das Plastikmüllprojekt
Bis 31. März An einem Strand auf Hawaii sammelt sich der Plastik- Bis 15. März :output award 2013
müll der ganzen Welt, Mikropartikel zirkulieren Internationaler Wettbewerb für Design- und
in der Nahrungskette – die Ausstellung macht die Architekturstudenten
Dimensionen dieses von uns selbst geschaffenen ≥ www.open-output.org/award
Problems erlebbar, stellt aber auch Lösungsansätze
vor Museum für Kunst und Gewerbe Bis 15. März Grimme Online Award 2013
≥ www.mkg-hamburg.de Das Grimme Institut bittet um Vorschläge für »beson-
ders überzeugende« Internetangebote und Apps in
Berlin Pictoplasma Conference and Festival 2013 den Kategorien »Information, »Wissen und Bildung«,
10. bis 14. April In circa 20 Ausstellungsräumen lassen sich neueste »Kultur und Unterhaltung« sowie »Spezial«
Character-Kreationen bewundern (siehe Seite 9) ≥ www.grimme-institut.de
≥ http://berlin.pictoplasma.com
Bis 15. März Die schönsten deutschen Bücher 2013
Hamburg Pixar. 25 Years of Animation Der Buchdesignwettbewerb der Stiftung Buchkunst
Bis 12. Mai Wie viel klassisch gestalterische Arbeit in der Entwick- prämiert je fünf Bücher in fünf Kategorien
lung von Animationsfilmen steckt, zeigt die große ≥ www.stiftung-buchkunst.de
Pixar-Schau, die von der Bundeskunsthalle Bonn
übernommen wurde. Speziell für Hamburg gibt es Bis 15. April Förderpreis für junge Buchgestaltung 2013
ein mit der animation-school-hamburg geplantes Der Wettbewerb sucht nach außergewöhnlichen
Rahmenprogramm Museum für Kunst und Gewerbe Ideen für »Das Buch von Morgen«
≥ www.mkg-hamburg.de ≥ www.stiftung-buchkunst.de
110 PAGE 03.13 Publikationen
PUBLIKATIONEN
Outside in: In den »Isola«-Büchlein kleinteiligere Muster erlaubt, wählte Farbspuren an den Fingern hinterlie-
von Antonia Henschel findet man sie Marmorierfarben aus dem Bastel- ßen, kreierte sie für »Isola Nr. 2« opti-
Musterpapiere nicht nur auf den Ein- bedarf. Diese lassen sich auf Wasser sche Täuschungen am Computer. Ach-
bänden, sondern auch im Inneren legen, um dann die typischen Wellen-, tung Schwindelgefahr: Bei intensivem
Schnecken- oder Adermuster zu er- Hinschauen scheinen sich die abstrak-
Q »Marmoreal«/»Illusive«. Ihren klei- zeugen und auf das aufgelegte Papier ten Formen zu bewegen.
nen Verlag Trademark Publishing nutzt zu übertragen. Wobei die Gestalterin > Antonia Henschel: Marmoreal.
Designerin Antonia Henschel für unge- das Ganze modern interpretierte und Isola Nr. 1./Illusive. Isola Nr. 2. Frank-
wöhnliche Experimente – zuletzt für sich für wilde, bunte Muster entschied. furt (Trademark Publishing) 2012,
eine kleine Reihe namens »Isola«. Das Im Gegensatz zu den Hands-on-Farb- je 64 Seiten. Je 14 Euro. isbn 978-3-
heißt auf Italienisch »Insel« und ist ei- orgien des ersten Bandes, die für Tage 9814885-5-5 und 978-3-9814885-6-2
ne Hommage an die Insel-Bücherei, die
gerade ihren 100. Geburtstag feierte,
sowie an die britischen King Penguin
Books, die ein ähnliches Gestaltungs-
prinzip verfolgten: gemusterte Einbän-
de mit einem Etikett für den Titel. Ge-
nauso sehen die »Isola«-Bände aus, nur
mit dem kleinen Unterschied, dass im
Inneren kein Text zu finden ist, sondern
Variationen auf das Muster vom Cover.
Gleich den ersten Band nahm An-
tonia Henschel zum Anlass, um eine
alte buchgestalterische Technik auszu-
probieren: das Marmorieren. Statt Ta-
petenkleister als Basis zu nutzen, was
PAGE 03.13 111
Q »Bio Design«. Viele Ideen und Pro- diesem vom New Yorker Museum of fangener an die Thematik heran. Auch
jekte in diesem Buch sind noch Zu- Modern Art herausgegebenen Buch am Royal College of Art oder Central
kunftsmusik, beispielsweise die bio- befassen sich künstlerisch mit der Neu- Saint Martins College of Art and De-
luminiszenten Bäume, die durch das definition von Natur, die wir im Zeit- sign wird fleißig experimentiert. Wo-
eingepflanzte Gen einer Leuchtqualle alter ungeahnter biotechnologischer bei das MoMA selbst die mit E.-Coli-
die Straßenbeleuchtung ersetzen. An- Möglichkeiten wohl werden vorneh- Bakterien bestückten Typoplakate des
derswo ist der Einsatz von Biotechno- men müssen. Niederländers Jelte van Abbema lie-
logien im Design schon weiter: An ei- Design mithilfe von Bakterien oder ber nur online ausstellte, weil sie so-
ner living watch, die aus Primärzellen Gentechnik mag sich für Deutsche gru- gar hinter Glas für die Besucher zu ge-
in der gewünschten Form wächst und selig anhören. Doch nicht nur in den fährlich schienen . . . cg
die Zeit mit oszillierenden Nervenzel- USA, wo man etwa am avantgardisti- > William Myers: Bio Design.
len misst, wird am interdisziplinären schen ONE Lab der New Yorker School Nature + Science + Creativity. New York
Bioworks Institute in Brooklyn bereits for Design + Science Sommerkurse bu- (MoMa Books) 2012, 288 Seiten.
gearbeitet. Wieder andere Projekte in chen kann, geht man deutlich unbe- 50 Dollar. isbn 978-0-87070-844-2
Städtische
Nutzpflanzen, die
selbst Biosprit
oder direkt
weiterverwertbare
Fasern produzie-
ren – zwei Visionen
aus dem Projekt
»Plant Fiction« des
Designstudios
Troika von
Eva Rucki, Conny
Freyer und
Sebastien Noel
112 PAGE 03.13 Publikationen
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* 0,14 Euro/Minute bei Anruf aus dem PAGE 04.13 erscheint am 6. März 2013
Chefredakteurin/Publisher Festnetz der Deutschen Telekom,
Dipl.-Des. Gabriele Günder, V.i.S.d.P. Mobilfunk maximal 0,42 Euro/Minute.
Textchefin
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Das PAGE-Jahresabo kostet 95,30 Euro
Astrid Umbreit
(CH: 181,80 Franken, A: 108,50 Euro). Datenvisualisierungen sind in allen Medien angekommen. Grafikern,
Redaktion Das PAGE-Plus-Abo, also 12 Ausgaben und
die PAGE-Jahrgangs-CD, kostet 106,40 Euro
Animation Artists und Interaction Designern eröffnet das neue, span-
Franziska Beyer (fb), Nina Kirst (nik);
Anna Weilberg (aw, Redaktion Online) (CH: 201 Franken, A: 119,60 Euro). Das Abo nende Tätigkeitsfelder. PAGE berichtet aus der Berufspraxis und schaut
Freie Mitarbeit: Antje Dohmann (ant), kann immer 6 Wochen vor Ablauf des sich den Gestaltungsprozess vom Briefing bis zur Umsetzung genau an
Dr. Claudia Gerdes (cg), Wiebke Lang (wl), Bezugsjahres schriftlich gekündigt werden.
Daniel Schilling (dsc); Rebecca von Hoff Schüler und Studenten erhalten gegen Vor-
(Grafik), Christine Krawinkel (Art- lage eines gültigen Ausweises oder einer
direktion); Maiken Richter, Jan Roidner gültigen Immatrikulationsbescheinigung
20 Prozent Rabatt. Mitglieder der Allianz
Corporate Publishing in Agenturen
(Text-/Schlussredaktion);
Sabine Danek (sd, Redaktion Online) deutscher Designer (AGD), des Bundes Corporate-Publishing-Projekte stellen Kreativagenturen vor die Aufgabe,
Deutscher Grafik-Designer (BDG) und des
Autoren dieser Ausgabe designerinnen forum e. V. erhalten ebenso wie Redakteure zu denken. Dabei verlangen die verschiedenen
Christian Büning, Heike Edelmann, 20 Prozent Rabatt. Medienformate eine differenzierte Auseinandersetzung mit Inhalten
Jürgen Siebert und Vermittlungsformen im Markenkontext. Wir zeigen die
Titelfoto: Martin Haake PAGE Mediaberatung Möglichkeiten und Fallstricke interdisziplinärer Kooperationen auf
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Telefon: 01805 522661*, Fax: 01805 522664* Artikel dieser Ausgabe können für Werbe-
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und optisch ansprechenden Blankobüchern? Ganz gleich – denn wir
Festnetz der Deutschen Telekom, Sonderdruck oder Onlinebeitrag veröf- stellen analoge und digitale Sketchbooks vor
Mobilfunk maximal 0,42 Euro/Minute. fentlicht werden. Anfragen bitte an Sabine
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ISSN 0935-6274. Vertrieb: VU Verlagsunion KG, Postfach 5707, 65047 Wiesbaden, Telefon
+49 6123 6200, Fax +49 6123 6205138, E-Mail: info@verlagsunion.de, www.verlagsunion.de.
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des Urheberrechts ohne Zustimmung des Verlags verwertet werden. Waren-
namen werden ohne Gewährleistung der freien Verwendbarkeit benutzt.
Gerichtsstand ist München.
Visueller Aderlass
Kühne Kommentare von Jürgen Siebert zu Trends, Ereignissen und
dem ganz normalen Alltagswahnsinn eines Kreativen
Q Jüngst verlief ich mich in die Vinyl- cover zur Visitenkarte und zum Klei- Übrigens droht der Buchbranche
Kammer des Berliner Medien-Shop- dungsstück für eine Tonaufnahme ent- die gleiche Schererei. Schön gestalte-
ping-Tempels Dussmann. Und da stand wickelt. Im Laden präsentierte die Hül- te Schutzumschläge sind mittlerweile
ich – zu meiner Überraschung – wie- le essenzielle Produktinformationen, zu ein Auslaufmodell. In den USA werden
der vor jenen 30-mal-30-Zentimeter- Hause verstärkte sie die emotionale schon mehr digitale als gedruckte Bü-
Alben, die ich vor 45 Jahren immer Bindung zur neu erworbenen Musik cher verkauft. Als logische Konsequenz
nach der Schule durchblätterte, aber und ihren Interpreten. Wenn beides schließen die letzten betretbaren Buch-
mir nicht leisten konnte: »Blond On wegfällt und irgendwann das Gros der läden gerade ihre Pforten, womit der
Blonde« (Bob Dylan), »Sgt. Pepper’s« Musik digital vertrieben wird, bekommt Warenkontakt am Point of Sale Ge-
Diese und weitere (Beatles), The Velvet Underground & das Musikmarketing ein Problem. schichte wird. Wofür braucht man dann
Fundstücke von Nico, Fleetwood Mac. Auch ganz neue noch eine aufwendige Titelgestaltung?
Jürgen Siebert fin- Alben entdeckte ich, zum ersten Mal Musik ist heute ein Datenbankobjekt. Sicherlich nicht für briefmarkengroße
den Sie unter in dieser Größe, von Till Brönner über Wenn ich einen neuen Song im Radio Vorschaubilder auf Amazon. Selbst E-
www.page-online. Alicia Keys bis zu Adele. Gedankenver- höre, der mir gefällt, dann: Book-Reader haben für die Kunst der
de/fundstuecke sunken klappte ich einige Gatefold- • lasse ich ihn von Shazam identifizie- Buchgestaltung nichts übrig: Titelbilder
Cover auf, vertiefte mich in Songtexte ren, um anschließend verpuffen beim Öffnen zu einer 2-Se-
und biografische Notizen, erkundete • die Datei zu erwerben und in meine kunden-Zoomanimation.
die Innenhüllen. Musiksammlung zu laden. Designferne Menschen könnten nun
In diesem Moment wurde mir der • Ich versehe sie mit einem 1200-mal- entgegnen: Was soll der ganze Verpa-
visuelle Aderlass bewusst, den die Mu- 1200-Pixel-Cover, ckungszauber? Schließlich geht es um
sik-CD mit ihrer Flächenreduzierung • suche im Netz den Text, kopiere ihn Töne und geschriebene Worte. Lasst
auf 12 mal 12 Zentimeter verursacht in die Datei und uns uns auf die Inhalte konzentrie-
hat, ganz zu schweigen von den ge- • recherchiere ein paar Hintergrundin- ren. Tatsächlich geht es mir nicht um
sichtslosen MP3-Stores, aus denen wir formationen zu Interpret und Song. schmückendes Beiwerk, sondern um
heutzutage unsere Musik herunterla- Kommunikation, die nebenbei auch
den. Jahrelang ließen wir unsere Sehn- Genau diese Arbeit haben früher Plat- noch verkauft. Darüber hinaus ist un-
sucht mit Notlösungen abspeisen. In tenfirma und -hülle erledigt. Nur: Wer sere Medienwelt heute in Sachen Bild-
den 1980er Jahren lieferten Musikvi- halst sich diese penible Metadatenpfle- darstellung derart hochgerüstet, mit
deos die Bilder, die auf CD-Jewelcases ge überhaupt auf? Spinner wie ich, de- HD-Fernsehern und Retina-Bildschir-
keinen Platz mehr hatten. Später ga- ren Popmusik-Sozialisation noch in die men, dass ich mir eine visuelle Verar-
ben CD-Booklets ihr Bestes, um die 1970er Jahre zurückreicht. Jugendliche mung gar nicht vorstellen kann und
LP-Hülle vergessen zu machen. Heute, von heute begnügen sich mit Strea- möchte. Ich denke, jetzt sind die Desig-
im MP3-Zeitalter, werden wir mit einer mingangeboten wie Last.fm, Napster ner gefragt, um mit den Medienkon-
600 mal 600 Pixel großen Albumcover- oder Simfy: das Internet als Radio. Doch zernen neue Verpackungskonzepte für
Reproduktion abgefertigt. lässt sich über diese Kanäle ein langle- Musik und Bücher zu ersinnen. So ge-
Klar: Eine Musikdatei ist so nichts- biges Verhältnis zwischen Fans und sehen glaube ich an die Wiedergeburt
sagend und unsexy wie eine Bierfla- Künstler aufbauen? Ich vermute eher von Plattencover und Buchumschlag,
sche ohne Etikett. Nicht umsonst hat nein, lasse mich aber gerne vom Ge- weiß aber noch nicht, wie sie sich ma-
sich seit den 1950er Jahren das Platten- genteil überraschen. terialisieren werden.
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