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GESTALTUNG/VISUELLE KOMMUNIKATION/MOBILE MEDIA/KONZEPTION/10842



Im Browser gestalten
Icons als Schrift
DEUTSCHLAND 9,80 €
Das Magazin der Kreativbranche # 02.2013 www.page-online.de

'35,17

Making-of: dotdotdot Wobble statt Animated GIF Workspace = Workflow


Die designorientierte Social-Reading- So entstand Bernhard Willhelms Fashion- Wie Möbel und Raumgestaltung den
App für iPad, iPhone und Browser kampagne mit Faceshift, After Effects & Co kreativen Arbeitsalltag beflügeln
Editorial PAGE 02.13 003

Sichere Renten und


Front Rows

Designe
hohe Gewinne für

Modedesignerin Diane von Fürsten-

G ra f i k
berg schickte bei der Fashion Week in
Paris ihre Models mit Googles AR-Brille
Glass auf den Laufsteg und holte am
Ende der Show Google-Gründer Sergey
Brin aus der Front Row auf die Bühne.
Ein crossmedialer PR-Coup, okay – es
handelte sich um die erste öffentliche
Präsentation des Google-Spielzeugs,
mit dem man sich per Sprachsteuerung
freihändig im Internet bewegen kön-
nen soll –, doch hat die Modewelt wirk-
QMode oder relevanter Trend? In
Foto: Kirsten Nijhof

lich darauf gewartet? Handelt es sich


seinem Newsletter »Was bleibt. Was bei dem Device nicht nur um ein Re-
kommt. Was noch?« brachte Buero cruitingtool, mit dem das Internetun-
Gelb das Dilemma mit den Hypes am ternehmen technikbegeisterte Nerds
Beispiel des QR-Codes sehr schön auf für sich zu gewinnen versucht?
den Punkt: »Die Idee: gut bis hervorra- Dass die Trendsetter keineswegs
gend. Die Realität: mäßig bis einfalls- nur in Richtung New Media schielen,
los. QR ist schnell codiert, noch schnel- zeigte die September-Ausgabe der US-
ler desillusioniert. Ein Error – schwarz »Vogue«, die die Frühjahrssaison 2013
auf weiß.« Keine Frage, QR-Code- und eröffnete: Sie war 916 Seiten stark, hat-
Augmented-Reality-Experimente wa- te rund 700 Seiten Anzeigen und eine
ren auch 2012 wieder schwer angesagt. Auflage von 1,2 Millionen Exemplaren.
Doch das erwartete Aha-Erlebnis blieb Beim Anzeigenseitenpreis von ungefähr
noch immer aus. Was bringt schon das 160 000 Dollar dürfte sie dem Verlag
Einlesen eines Links, der auf eine Web- satte 100 Millionen Dollar eingebracht
site führt, die nicht für Smartphones haben. Und den Kreativen? »Diejenigen,
angelegt ist? Oder die digitale Brillen- die es auf irgendeine Art und Weise
anprobe am heimischen PC? ins Heft geschafft haben, können sich
Nun ja, wir wollen vorne sein. Darum getrost auf eine erfolgreiche Saison ein-
ist es auch gut, dass wir auf jeden Hy- stellen«, so die »Süddeutsche Zeitung«.
pe reagieren und das Potenzial neuer Die Ausgabe enthielt zehn QR-Co-
Technologien ausloten. Wir wissen, dass des. AR-Marker suchte man vergebens.
überzogenen Erwartungen die große Laut US-Marktforschungsinstitut Gart-
Ernüchterung folgen kann. Doch wir ner hat Augmented Reality im August
müssen auch den Mut aufbringen, un- 2012 den Gipfel des Hype-Zyklus über-
seren Kunden genau das zu sagen. Wer schritten. Es kann noch fünf bis zehn
meint, man könne in Zeiten von Face-
book und Co noch zwischen der realen
Jahre dauern, bis die Technologie eine
relevante Marktgröße erlangt. Welche
Premium-Vorsorge
körperlichen Welt und der virtuellen di- Entwicklungen werden uns also 2013 für Medienmenschen
gitalen Welt unterscheiden und darum beschäftigen? Welche Technologien gilt
beim Anwender allein dadurch punk- es jetzt auf ihre Relevanz für das Krea-
ten, dass man der Wirklichkeit eine tivbusiness zu erproben? Das lesen
neue Dimension hinzufügt, der irrt. Sie ab Seite 22.

Gabriele Günder,
Chefredakteurin/Publisher

Die September-2012-
Ausgabe der »Vogue«
eröffnete mit
916 Seiten die
Frühjahrs-
saison
2013 Besser In 2013
Presse 4,5 %
004 PAGE 02.13

INHALT
SZENE
006 Was die Branche bewegt
Intelligent und unterhaltsam: die Highlights der Epica
Awards; Digital Magazine Awards; Jürgen Siebert
über die neue SZ.de; Corporate Design für Yogaschule;
Kenzo-Imagefilm von Meiré und Meiré; adidas-
Browsergame; Saks-Kampagne von Pentagram

014 Branche & Karriere


Stipendium für Kreative; Business Basics;
Brennpunkt: Studie »Agenturen der Zukunft«

020 Ausbildung
Editorial-Design-Projekt; Leitfaden »Digital
Publishing«; Fotoserie zu Social Networks

TITEL
022 QTrends 2013
Welche Entwicklungen und Technologien werden
die Kreativbranche in diesem Jahr beschäftigen –
und womöglich auch verändern? PAGE beleuchtet
die relevanten Trends: von Interactive Video bis
3-D-Printing, von Visual Data bis Post-Branding

KREATION
040 Magie in der 3-D-Kommunikation
Je digitaler der Alltag, desto größer der Wunsch nach
überwältigenden sinnlichen Erfahrungen. Mit Licht,
Farbe und technischen Effekten schaffen Designer
fast schon übernatürliche räumliche Inszenierungen

046 Case Study: Nivea-Relaunch


Nivea hat einen ebenso radikal-zukunftsgewandten
wie traditionsbewussten Markenrelaunch initiiert.
Gesteuert wird der Prozess vom Designmanagement

052 QWorkspace = Workflow 040 Magie in der 3-D-Kommunikation


Mit flexiblen, einfallsreichen Raumkonzepten
optimieren Agenturen heute ihre Arbeitsabläufe

058 Neuer Jägermeister-Auftritt


Bei der Überarbeitung der Marken-Website verfolgte
Hi-ReS! ein konsequentes »Interaction first«-Konzept

060 Papierwelt
Blocker von lakepaper; Kunstschachtel; YupoBlue

TYPO
062 Lettering und Kalligrafie
Ob Verpackungen oder Kampagnen – handgemachte
078 Making-of: Wobble statt Animated GIF
Buchstaben üben eine besondere Faszination aus
PAGE 02.13 005

≥ PAGE Online: Ob Stellenangebote, Inspiration,


News, Magazin-Volltextsuche, Publishing-Tipps,
Abo-Angebote oder den PAGE-Shop – das alles finden
Sie unter www.page-online.de

068 QPraxis: Webfonts


Dank OpenType kann Webtypografie bereits die
Qualität von Print erreichen. Aber das ist nicht
alles: Neue Tools erlauben es, direkt im Browser zu
gestalten und Icons als Fonts einzusetzen

074 Typowelt
Ein Buch zu »Sign Painters« und zur »Macht der
Schrift«; neuer Scriptfont von Julia Sysmäläinen

BILD
078 QMaking-of: Wobble statt Animated GIF
Für die aktuelle Bernhard-Willhelm-Kampagne
schuf das internationale Kreativteam in Face-
shift, After Effects und 3ds Max einen kongenial
ausgefallenen Look mit »Wobble«-Effekt

086 Bildwelt
UpperOrange-Illustrator Der Affe; junge Fotografie
in Düsseldorf; Instagram professionell

TECHNIK
088 QMaking-of: dotdotdot
Die anspruchsvolle Lese-App für iOS und Browser
verbindet die Grundfunktionen sozialer Netzwerke
mit einem klaren, benutzerfreundlichen Design

098 Tools & Technik


Adobes Creative Cloud; Autodesk-Tool für 3-D-Druck

SERVICES & STANDARDS


106 Ausblicke: Was bewegt Kreative 2013 persönlich?

108 Kalender: Kongresse, Ausstellungen, Awards

110 Publikationen: Buchempfehlungen


für kreative Publisher
Kompendium internationaler Designer »One by One«

003 Editorial 018 PAGE Online 113 Impressum/Vorschau


073 PAGE Studenten-Abo 091 PAGE Abo 105 PAGE Shop
103 PAGE Stellenmarkt
114 Fundstücke von Jürgen Siebert

PAGE SEMINARE
038 Infografik-Seminar mit Jan Schwochow
076 »Gutes Design entwickeln« mit Jochen Rädeker
077 »Gutes Design gut verkaufen« mit Jochen Rädeker
081 Visual Thinking Lessons mit der Good School
022 Trends 2013
096 »Designmanagement« mit Christine Hesse
006 PAGE 02.13

SZENE

Begräbnisse sind
in Japan traditionell
schwarzweiß. Für
das Bestattungsunter-
nehmen Nishinihon
Tenrei wagte I&S BBDO
den Tabubruch. Aus
gepressten Blumen
kreierte die Agentur
ein buntes Skelett in
Lebensgröße, das bei
dem Dienstleister und
seinen Kunden gleicher-
maßen gut ankam
PAGE 02.13 007

Es ist nicht
alles eitel
Die Epica Awards 2012 sind entschieden,
mit 66 Auszeichnungen war
Deutschland das erfolgreichste Land

Q Werbung kann Spaß machen. Be- schen Parodie einer Bustour beweist für Expedia City Breaks und die groß- ≥ PAGE Online
rühren. Zum Nachdenken ermuntern. M2Film aus Aarhus, dass dieses Ver- artigen Fotografien von Nadav Kander Alle im Text
Wenn Sie das angesichts der täglichen kehrsmittel durchaus cool sein kann. für Morgan Stanley. erwähnten
Flut von Werbescheußlichkeiten be- Bislang waren die Epica Awards Nachdenklich macht die Kampag- Kampagnen
reits vergessen hatten, sollten Sie sich auf Europa beschränkt, sodass kleinere ne »Who Cares«, die DDB Stockholm können Sie sich
die Gewinner der im Dezember ent- Agenturen, gerade auch aus Osteuro- für die schwedischen Streitkräfte ent- ansehen unter
schiedenen Epica Awards ansehen. Die pa, ebenfalls eine Chance hatten. Seit wickelt hat. Um zu demonstrieren, dass www.page-online.
Jury besteht ausschließlich aus Fach- 2012 ist der Wettbewerb internatio- es für einen Job bei der Armee ein ge- de/epica-
journalisten, die nicht für Arbeiten aus nal, hoffentlich hat das nicht zur Fol- rüttelt Maß Nächstenliebe braucht, awards-2012
ihrem Heimatland stimmen dürfen. Es ge, dass die Epica-Perlen im globalen sperrten die Kreativen mitten in der
scheint, als würden sie im Vergleich zu Werbeeinheitsbrei untergehen. Unbe- Stockholmer Innenstadt einen Mann
Kreativenjurys etwas mehr Wert auf dingt ansehen sollten Sie sich Fors- in einen kleinen Käfig. Einmal in der
eine kluge Idee legen als auf deren man & Bodenfors’ Volvo-Kampagne, Stunde ging die Tür auf, gehen durfte
schillernde Umsetzung. Bestes Beispiel bei der die Artistin Faith Dickey auf der Gefangene allerdings nur, wenn
dafür ist die mit einem der vier Grands einem zwischen zwei dahinrasenden jemand anderes bereit war, seinen
Prix ausgezeichnete Kampagne »The Lkws gespannten Seil balanciert. Das Platz einzunehmen. Im Web ließ sich
Bus« für das dänische Verkehrsunter- ist so spannend, dass man glatt ver- dies in Echtzeit verfolgen, aber nicht
nehmen Midttrafik – nicht gerade ein gisst, dass es sich hier um Werbung eingreifen. Helfen konnte nur, wer vor
unglaublich inspirierender Kunde. Mit handelt. Oder die wunderbaren Wim- Ort bereit war, sich einsperren zu las-
der abgefahrenen, herrlich selbstironi- melbilder von Ogilvy & Mather London sen. Hätten Sie es getan? ant
008 PAGE 02.13 SZENE

Schwerelos
»POST Gravity« Q Digital Magazine Awards. Infra- Das Londoner Designstudio MERI Im dritten Jahr sind die Digital Ma-
verbindet Mode- rot-Wireframe-Technologie statt Foto- Media widmete die zweite »POST«-Aus- gazine Awards im Alltag angekommen.
strecken mit digi- strecke und rotierende 3-D-Renderings gabe zum Thema »Gravity« dem 50. Ju- Unter den Gewinnern sind zahlreiche
talem Hightech statt Produktfotos? So sieht die Zukunft biläum von Juri Gagarins Weltraumspa- bekannte Gesichter, die 2012 beson-
der Magazinbranche aus, zumindest ziergang. In der Titelgeschichte, einer ders in die Verbesserung ihrer Pro-
laut dem Urteil der Digital-Magazine- interaktiven Modestrecke, können User dukte investiert haben. »Mehr Interak-
Awards-Jury. Diese hatte Hunderte von das Mesh des animierten Models per tion, bessere Navigation, schlichtere
Einsendungen aus über 24 Ländern in Fingertipp verzerren, verbiegen und Designs, bessere Interaktion mit dem
21 Kategorien nach Kriterien wie Style, spiegeln, wodurch sich auch der Sound Leser, bessere Leseerfahrung – nicht
Content, Effektivität und Innovation zu verändert. »Gravity« enthält auch inter- zuletzt dank der Einführung von Retina-
bewerten. Das exklusiv fürs iPad ent- aktive Anzeigen von Brands wie Gucci Displays«, urteilt Bruce Hudson. »Und
wickelte »POST« wurde nicht nur »Bes- oder Nike, die ebenfalls von MERI Media viele Neuerungen im Bereich Software,
tes Fashion-Magazin«, sondern konn- gestaltet wurden. Bruce Hudson, Orga- allen voran ›POST‹ mit der bahnbrech-
te sich gegen weitere Gewinner wie nisator der DMAs, ist sich sicher, dass enden Infrarot-Wireframe-Technologie
etwa »Wired UK«, die britische »GQ«, Interactive Ads bald Nachahmer finden und den 3-D-Renderings.« Allerdings:
das Computerspielmagazin »Edge« und werden: »Sie erhöhen die Zeit, die der Die Downloadzeiten für Tablet-Maga-
den Musiktitel »AUX« auch im Ringen Leser mit ihnen verbringt. Die intuitive, zine sind auch 2012 noch eine einzi-
um den begehrten Titel »Magazin des interaktive Erfahrung lässt sich mit kei- ge Qual – »POST Gravity« ist ganze
Jahres« durchsetzen. nem anderen Medium erreichen.« 736 Megabyte groß. fb

Nano-Kunde
Q Medienfassade. Wer diesen Win- des zum Leibniz Institut gehörenden
ter rund um den Berliner Gendarmen- Paul-Drude-Instituts für Festkörper-
markt, am Konzerthaus vorbei zum elektronik mit dem Berliner Bewegt-
Hausvogteiplatz flaniert, bekommt ei- bildstudio Pfadfinderei. Ziel des Pro-
ne mit dynamischen, überdimensio- jekts ist es, in der Öffentlichkeit Neu-
nalen Atomketten, Nanowires und Kris- gier für Wissenschaft wecken. Denn, so
tallgittern dekorierte Fassade zu Ge- die Pressemeldung des Instituts: »Die
sicht. Ein QR-Code führt von dort auf im vorigen Jahrhundert geübte Praxis,
die Internetpräsenz www.science-inter Technologie an den Stadtrand zu ver-
face.com , wo sich für Interessierte ver- legen und zuweilen vollständig aus
ständlich aufbereitete Informationen dem populären Kulturbegriff heraus-
zu den ästhetischen Forschungsvisua- zunehmen, ist angesichts der ständig
lisierungen finden. wachsenden Bedeutung von Hightech
Die Serie von Videoprojektionen weder zeitgemäß noch sinnvoll: haben
zeigt künstlerische Interpretationen die meisten von uns doch mehr Nano-
realer, aktueller Forschungsdaten und technologie am Körper als Goethe im
ist eine interdisziplinäre Kooperation Regal.« Die Fassadeninstallation ist der
Startschuss für das Projekt »Science |
Die spektakuläre Science- Interface«, das sich mit Schnittstellen
Fassade in der Berliner zwischen der Forschung am Institut
Innenstadt macht Wissenschaft und Kunst, Design und Gesellschaft
ganz undidaktisch zugänglich auseinandersetzen will. wl
PAGE 02.13 009

Ansichtssache
Nach dem Redesign der Printausgabe hat die

kassnerfoto.de
»SZ« nun auch ihre Website überarbeitet.
Jürgen Siebert über das modernisierte Layout

Q Den deutschen Zeitungen geht es tionselemente größer, damit sie auf


nicht gut. Die Gründe dafür sind viel- modernen hochauflösenden Bildschir-
fältig und die meisten nicht neu. Das men opulent wirken. Darüber hinaus
Netz alleine ist nicht schuld. Wenn sich wurden alle Neuerungen auf die mo-
die Printmedien wieder auf ihre Stär- bile Version übertragen – auf kleine-
ken besinnen, steht ihnen eine span- rer Fläche der gleiche Lesekomfort.
nende Zukunft bevor. Eine dieser Stär- Das Layout von SZ.de ist logisch,
ken heißt: (typografische) Gestaltung. das heißt, es erschließt sich automa-
Das Nachrichtenlesen am Bildschirm tisch und fühlt sich natürlich an. Foto-
macht nämlich keine große Freude. strecken, Grafiken oder Videos sind in
Als erste überregionale Tageszei- die Beiträge integriert statt rechts an
tung hat sich die »Süddeutsche« 2012 den Rand gedrängt. Die Redaktion ar-
vorgenommen, alle drei Kanäle – Print, beitet mehr mit Aufzählungen und Glie-
App, Website – homogen zu gestalten. derungen, um Informationen leichter
Dafür ließ sie sich exklusive Schriften erfassbar zu machen. Es wird mehr ver-
maßschneidern, um mit diesen einen linkt und Elemente anderer Quellen
hochwertigen typografischen Auftritt wie YouTube, Vimeo oder Twitter sind
zu entwickeln (siehe PAGE 11.12, Sei- direkt eingebettet. So nutzt die »SZ«
te 44 ff.). Anfang Juli 2012 erschien die ohne Umwege alle Präsentationsmög-
Printausgabe im neuen, aufgeräumten lichkeiten, die das Netz bietet.
Layout. Drei Monate später folgten die Besonders praktisch für sozial Ver-
Apps, Ende November ging die Website netzte: Während des Lesens eines Ar-
generalüberholt online. tikels bleiben links stets die Mitteilungs-
Das Aussehen einer etablierten Zei- funktionen im Auge (mailen, drucken,
tung anzufassen ist stets ein Wagnis. twittern . . .), sodass man nicht mehr an
Wer sie über Jahre täglich liest, reagiert Textanfang oder -ende springen muss.
kritisch auf optische Veränderungen. Neu ist die Feedback-Option, über die
Dabei dürfte ein Schriftwechsel allein man Fehler im Beitrag oder Hinweise
kaum auffallen. Doch bei der »SZ« ging direkt an die Redaktion mailen kann.
es um mehr als um mikroskopische Ein- Weil kein präzises, artikelbezogenes
griffe. Über Jahre hatte sich jede Menge Betreff eingefügt wird (lediglich »Feed-
Wildwuchs festgesetzt. Provisorien ent- back Süddeutsche.de«), ist dieser Ser-
wickelten sich zu Ressort-Eigenheiten, vice nicht wirklich vollendet umgesetzt.
sodass es etwa acht Kommentarfor- Ein exklusives Feature blendet sich am
men gab, diverse Autorenzeilen, krum- Ende eines Artikels ein, das »Leser emp-
me Kästen und eigenartig geschnit- fehlen«-Fenster, mit einem Beitrag, der
tene Bilder. All dies wurde geordnet, gerade »heiß« ist. Ein kleiner Schritt in
aufgeräumt oder abgeschafft.  Richtung interaktive Zeitung. Wir freu-
Für die »SZ«-Site galt Ähnliches, ob- en uns auf weitere Features dieser Art.
wohl sie erst ein Jahr zuvor überarbei-
tet worden war. Doch das Redesign der
Piks! Printausgabe und der Wunsch, auf al-
len Kanälen in gleicher Qualität und mit
Q TEDx-Trailer. Scheinbar wie von selbst entsteht gleichem Aussehen aufzutreten, for-
im Trailer zur TEDx Amsterdam eine Skulptur aus derte Nachbesserungen. »Wo ›Süddeut-
Luftballons. Statt die Ballons aufzublasen, tippen die sche‹ draufsteht, ist jetzt auch optisch
Tänzer im Spot sie einfach mit einem Zauberstab die ›Süddeutsche‹ drin. Als erstes gro-
an und lassen so einen bunten, lächelnden Totenkopf ßes Nachrichtenportal in Deutschland
entstehen. Das Ganze ist natürlich ein Trick: Der gestalten wir unsere Site mit den Haus-
Film läuft rückwärts. In Wirklichkeit haben die fleißi- schriften der Zeitung«, schrieb Stefan
gen Helferlein die Skulptur des niederländischen Plöchinger, Chefredakteur von SZ.de,
Ballonkünstlers Guido Verhoef Ballon für Ballon am Tag des Relaunchs. 
platzen lassen. Mit dem Video will die Amsterdamer Die Artikel wurden grundlegend
Kreativagentur We are Pi eine der größten Fragen umgestaltet: der Text einspaltig und
der Menschheit verbildlichen: »Create or Destroy?«. breiter gesetzt, die Bilder und Informa-
Das Thema der TEDx-Konferenz Ende November
lautete nämlich »Rethink Human Nature«. Für den Letzter Baustein zur 360-Grad-Identität:
Trailer mussten 15 000 Luftballons dran glauben. nik die neue »SZ«-Website
010 PAGE 02.13 SZENE

Hassliebe
Q Buchprojekt. Wer die Publikation
»Das Pixel« aufschlägt, findet auf den
ersten Seiten: nichts, außer einem La-
designal. Dann folgt eine stark verpix-
elte, unscharfe Abbildung von Text.
Irgendwann ist die vollständige Einlei-
tung da, in hochaufgelöster Darstel-
lung sozusagen. Das Kleinod aus dem
Jaja Verlag, dem Kleinstverlag der Berli-
ner Grafikerin und Illustratorin Annette
Köhn, ist eine visuell und assoziativ auf-
bereitete Hommage an das Pixel, den
»besten Freund oder ärgsten Feind des
Bildschirmarbeiters«.
Hervorgegangen ist das 116-seitige,
liebevoll gestaltete Bändchen (16 Euro,
isbn 978-3-943417-17-3) aus der Bache-
lorarbeit der Gestalter David Blank und
Florian Hägle. Darin findet sich ein Aus-
flug in die Geschichte des Pixels, von
Druck- und Computertechnik ebenso
wie kurze Ausführungen zur Funktions-
weise der menschlichen Wahrnehmung
und zu frühen digitalen Produkten –
illustriert mit vielen Grafiken von eBoy.
Spaß machen besonders die Kapitel
über die gestalterischen Möglichkeiten
des Pixels und analoge Experimente
mit dem kleinen Quader. Aber leider
kratzen die Texte nur an der Oberflä-
che des äußerst interessanten The-
mas, dem wir in unserem Alltag stän-
dig begegnen. wl

Das Bildbändchen »Das Pixel« liefert


Futter für unsere ambivalente Liebe zu
dem kleinen digitalen Bildquadrat

Farbwegweiser
Q Orientierungssystem. Der luxem- vor hatte er schon mal einen mit geo- schon ein wenig oder sogar sehr tüde-
burgische Designer Paul Kirps tut die metrischen Formen stilisierten Flipper lig ist. Farben und grafische Komposi-
unterschiedlichsten Dinge. Sein Stop- gebaut (zu sehen in der Rubrik »new« tion der Türbemalung unterscheiden
Motion-Video »Autoreverse«, in dem unter www.paulkirps.com ). sich je nach Stockwerk und Gebäude-
sich merkwürdige Geräte auseinander- Jetzt kreierte Paul Kirps ein eben- flügel, Schatten und Kontraste beto-
und wieder zusammenbauen, ist Teil falls rein auf Geometrie beruhendes nen die Richtung der Gänge. Dabei hat
der ständigen Sammlung des Museum Farbleitsystem für ein Seniorenheim jeder Bewohner eine ganz individuell
of Modern Art in New York. In einer Aus- in Luxemburg. Ganz ohne Schrift und gestaltete Tür. Einzigartig und leicht
Hier findet stellung im Casino Luxembourg instal- Zahlen will es eine sehr intuitive Orien- wiederzuerkennen signalisiert sie ihm:
jeder seine Tür lierte er einen Fake-Geldautomaten, zu- tierung ermöglichen, selbst wenn man »Hier bin ich zu Hause«. cg
PAGE 02.13 011

Atmen, Biegen, Dehnen


Q Corporate Design. Auch wenn roten Erscheinungsbilds, das KW43 nen. Plakate verlangen ihm Beweg- Nach Räucher-
heute schon Fußballer Yoga machen, Branddesign entwickelt hat. lichkeit ab, weil sie in unerreichbaren stäbchen
das esoterisch angehauchte Image des Dazu gehört eine gestretchte Logo- Ecken hängen oder die Schrift auf dem und New Age
Sports ist geblieben. Der neue Auftritt schrift, die in auffaltbaren Geschäfts- Kopf steht. Direkter, plastischer und sieht der
von Tryoga – einer Yogaschule, die sich papieren oder beim Scrollen über die gleichzeitig unaufdringlicher kann ein ästhetisch redu-
an Firmen wendet – will die damit ver- Website noch mehr in die Länge gezo- Unternehmen seine Botschaft wohl zierte Auftritt
bundene Hemmschwelle überwinden gen wird; Give-aways wie Luftballons kaum an den Mann bringen. Und dabei von Tryoga nicht
und Menschen gleich zum sportlichen mit der Aufschrift »Keep Breathing«; antwortet die typografische Design- aus – dafür
Verbiegen bewegen. Dabei überzeu- endlos lange Flyer, die wenn man sie lösung in ihrer Reduziertheit zusätz- bietet er gleich
gen die liebevollen, leicht selbstironi- öffnet, unter dem Motto »Start to open« lich noch auf unser Bedürfnis, zur eine Anleitung
schen Details des nüchtern schwarz- den ganzen Körper des Nutzers deh- Ruhe zu kommen. wl zum Yogamachen

Fotolia: Alex Kalmbach


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012 PAGE 02.13 SZENE

Dynamische Collage
Q Markenfilm. Der Imagefilm für die tion von Teeth, ein schnelles, visuell schen Postmoderne und Techno neu Der Kenzo-Film
aktuelle Herren-Herbstkollektion von dichtes, collagenartiges Bewegtbild- interpretieren. Sehr zeitgeistig ist der von Meiré und
Kenzo bildet den Auftakt für die Koo- werk, das das ständige Unterwegssein lässige Umgang mit Transparenzen und Meiré mixt lässig
peration zwischen Meiré und Meiré zum Thema hat. Durchblicken, bei dem die Grenzen zwi- Farbwelten,
und dem Pariser Luxusmodelabel. Ge- Inszeniert wird dies als Mix aus einer schen fotografischer und illustrativer Stile, Medien,
meinsam mit den Berliner Kreativen alltäglich-urbanen Filmsequenz und Abbildung, Bewegtbild und Still ver- Textilmuster
von Colors and The Kids schuf das Köl- abstrakten Grafiken, die klassische Tex- wischen. So wird dem Betrachter ein und Produkte
ner Designbüro zum treibenden Sound tilmuster wie Streifen, Paisley und flo- abstraktes Stimmungsbild von Marke
von »Percolator Meme«, einer Produk- rale Ornamente in einer Ästhetik zwi- und Produkten vermittelt. wl

Organisierter Einkauf
Q Saks-Kampagne. Erst mal einen Plan machen. Chao-
tischen Shoppern bietet Pentagram New York Hilfe-
stellung mit humorvollen Flowcharts für Saks Fifth Avenue.
Ganz oben im weißen Kreis steht das Problem (»Uh, oh,
is that today?«, »Time to meet the parents«) in den folgen-
den Kästen entfalten sich verschiedene Optionen, die
die Erwägungen (»He’d ike to have jeans that aren’t Dad
jeans«) und Nöte (»Are her ears pierced?«) des
Einkaufenden zeigen. Die möglichen Lösungsansätze
(»I think I need an expert) führen natürlich alle zu
Saks. Die im Schwarz-Weiß der ebenfalls von Pentagram
entwickelten Brand Identity gehaltenen Diagramme
finden sich auf Einkaufstüten und in Anzeigen. ant
PAGE 02.13 013

Browsen statt Lesen


Q Interaktives Buch. »Hyperbody«
heißt eine Publikation der Technischen
Universität Delft, die zehn Jahre For-
schung zu interaktiver Architektur do-
kumentiert. Niels Schrader von Mind
Design in Amsterdam zeichnet für die
Gestaltung verantwortlich, die die In-
halte und Begriffe so verlinkt, dass sich
das Buch wie beim Browsen im Inter-
net nonlinear lesen lässt. Über zwei Jah-
re hat Schrader zusammen mit Michał
Ejdys an den Algorithmen für die Soft-
ware TextCompass gearbeitet, die den
kompletten Buchtext scannt, vorkom-
mende Worte und Kontexte verlinkt.
Dabei kristallisierten sich, so Schrader,
drei verschiedene Typen von Hyper-
links heraus: wörtliche (inhaltlich über-
einstimmende), ergänzende (thema-
tisch verwandte) und metaphorische
(bildliche) Verknüpfungen.
Spannend: Indem ganze Textkon-
texte analysiert werden, lassen sich
sinnvolle, überraschende Zusammen-
hänge sichtbar machen. »So wie die
Forschung über interaktive Architektur
die Auswirkung dynamischer Baukör-
per auf das menschliche Verhalten be-
leuchtet, so interessiert mich, wie das
netzwerkartige Lesen im Internet un-
sere Rezeptionsgewohnheiten beein-
flusst«, erklärt der Gestalter. Schon jetzt
speichern wir immer weniger Inhalte,
sondern vielmehr die Orte, an denen
wir dieses Wissen finden. »Doch wer-
den wir ohne ein komplexes Hinter-
grundwissen künftig noch in der Lage
sein, selbst Zusammenhänge zu erken-
nen und eigene Schlüsse zu ziehen?«
Das Buch (624 Seiten, 45 Euro, isbn 978-
94-90322-09-0) ist über www.japsam In »Hyperbody« geht es nicht nur um interaktive Architektur, der ästhetische Wälzer
books.nl erhältlich. wl verlangt auch vom Leser einen netzartigen, interaktiven Umgang

Retro-Pausenfüller
Q Browsergame. Champs Sports und xelwelt vor dem grauen Einerlei zu ret-
adidas adicolor haben für ihre gemein- ten, reicht es hier aus, möglichst oft die
same Kampagne tief in die Klischee- Leertaste zu drücken und auf diese
kiste gegriffen. Bei dem kurzweiligen Weise viele bunte Sneakers und golde-
Jump’n’Run »Live in Color« im 16-Bit- ne Halsketten einzusammeln, ohne in
Look müssen Spieler Rapper 2 Chainz eine Straßenschlucht abzustürzen. So
durch die Straßen einer Großstadt, ein nutzt die Kampagne gleichzeitig adi-
von Zombies bevölkertes Einkaufszen- colors Retro-Image, die Bekanntheit des
trum und über den roten Teppich zum US-amerikanischen Rappers und die
eigenen Konzert navigieren. Um die Pi- Tendenz zum Pausen-Daddeln im Inter-
net. Das Spiel ergänzt den TV-Spot, in
Zu Chiptunes-Musik durchquert der dem der echte 2 Chainz aus seinem Le-
Spieler drei werbereiche Levels ben erzählt. fb
014 PAGE 02.13 SZENE

BRANCHE & KARRIERE


Temporäres Studio
Q Arbeitsstipendium. Wie verändert
die Digitalisierung unsere Welt? Wie
gelingt das inspirierende Miteinander
von Anfassbarem und Virtuellem?
Welchen Stellenwert hat der uralte Kultur-
träger Papier in unserer Zeit? Fragen,
auf die es noch kaum Antworten gibt.
Das wird sich ändern, denn im nächsten
Sommer vergibt Arctic Paper drei
einmonatige Stipendien an Künstler
und Designer, in deren Arbeiten das
Thema Papier eine zentrale Rolle
spielt. Im eigens dafür geschaffenen
Munken Works Space, einem Pop-up-
Atelier in Prenzlauer Berg, können
die drei Stipendiaten leben und unge-
stört arbeiten – und dabei sicher
auch Antworten finden. Die Ergebnisse
werden auf Papier, per Blog und in
Ausstellungen für das Publikum sichtbar
gemacht. Interessenten für das Stipen-
dium können sich unter www.munken-
works.com/application bewerben. ant

Business Basics
Christian Büning, Präsident des Berufsverbands der Deutschen
Kommunikationsdesigner (www.bdg-designer.de), beantwortet berufs-

Foto: © André W. Sobott, www.aw-sobott.de


bezogene Fragen von Gestaltern. Hier stellt er aktuelle Fälle vor

Heiner, 44: Hallo, ich bin schon eine Weile freier Gestalter Dazu kommt ein oft wenig char-
und wollte mich mal wieder um Akquise kümmern. Ich mantes Gebaren bei der Übergabe der
dachte daran, an Designwettbewerben teilzunehmen, Nutzungsrechte. In vielen Contests ge-
um neue Kunden zu gewinnen und vielleicht auch um an ben die Einreichenden alle Rechte be-
größere Projekte zu kommen. Ist das eine gute Strategie? reits im dem Moment der Teilnahme
ab. Die Möglichkeit, auf diese Weise
neue Auftraggeber für eine lange Zu-
Lieber Heiner, sammenarbeit zu akquirieren, ist also
Wettbewerbe sind in meinen Augen ungefähr so hoch wie die, am Branden- sondern kompetente Ansprechpart-
selten der richtige Weg, um an gute burger Tor einen gebürtigen Berliner ner für ein noch zu lösendes Problem.
neue Projekte zu kommen, da in den zu erwischen. Mit sehr viel größerer Ein fairer Contest bietet selbstverständ-
meisten Fällen nicht nach Design ge- Wahrscheinlichkeit geraten Sie durch lich ein Entwurfshonorar an und eine
sucht wird. Design ist ein Prozess zur Lö- Wettbewerbe als stummer Diener in separate Nutzungsvergütung für die
sung eines Problems, an dessen Ende die Preisspirale. weitere Verwendung der Entwürfe.
Haben Sie ein gestaltetes Ergebnis steht. Die we- Mein Tipp: Investieren Sie Ihre Ener- Auf diese Weise können Sie langfris-
Fragen, die Sie nigsten Designwettbewerbe suchen je- gie lieber in eine überlegte Akquise als tig neue Auftraggeber gewinnen. Ich
hier beant- doch einen Partner für die Lösung eines in offene Wettbewerbe. Sprechen Sie wünsche Ihnen viel Erfolg.
wortet sehen Problems, sondern einen Dekorateur gezielt mögliche Auftraggeber an, für
möchten? für eine gesetzte Lösung. Ihre Wettbe- die Ihren Fähigkeiten interessant sein
Dann schreiben werbsentwürfe würden hier eher nicht können. Alternativ können Sie auch in Der BDG hat übrigens vier einfache
Sie uns (E-Mail: nach der Problemlösungsqualität be- faire Wettbewerbe investieren. Das Kriterien formuliert, an denen Sie
businessbasics@ wertet, sondern nach dem Gusto einer sind Ausschreibungen, in denen kei- faire Designwettbewerbe erkennen
bdg-designer.de) mehr oder weniger involvierten Jury. ne Serviervorschläge gesucht werden, können ( www.bdg-fairward.de )
DIE SEITE NOCHMAL UMBAUEN?

Hier noch ein Visual, da noch ein Bild?


Wohl kaum, oder?
Du warst gerade fertig.
Gleich musst du heulen.
Das Projekt nervt.
Der Kunde ätzt.
Du bist ein Wrack.
Wo sollen diese Bilder bitte herkommen?
Samstag. Abends um 11.
Saturday Night Fever?
Was geht?

Bei iStockphoto gibt es Bilder,


die machen viel her und kosten wenig.
Schönes neues Outfit übrigens.

IMAGE IST ALLES

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istockDE
016 PAGE 02.13 SZENE
jj

Brennpunkt
Trend- und Transformations-
berater Jörg Jelden über seine
Studie »Agenturen der Zukunft«

+++ Award-Debatte. Die Verbände ADC und GWA Q »Man müsste mal was ändern.« Die- In heutigen Zeiten könnte eine Agen-
haben sich in die Diskussion um Kreativrankings ein- sen Satz hörte der Trend- und Transfor- tur zum Beispiel das nächste Facebook
geschaltet und ihre eigenen Ranglisten erstellt. Das mationsberater Jörg Jelden immer wie- gründen. Die Digitalisierung hat vieles
ADC Kreativranking berücksichtigt die Wettbewerbe der von den Agenturgeschäftsführern, durchlässiger gemacht.
Cannes Lions, London International Awards, One wenn es um die künftige Aufstellung Welche Art von Agenturmodell ist gar
Show, D&AD und ADC Deutschland. Der GWA erstellt ihrer Unternehmen ging. In einer um- nicht zukunftsfähig?
analog dazu ein Effektivitätsranking, das neben dem fangreichen Studie, die er zusammen Das lässt sich so nicht sagen. Es ist viel-
GWA Effie die Ergebnisse des Euro und Global Effie, mit zehn unterschiedlich ausgerichte- mehr so, dass die bisherigen Modelle
die Cannes Creative Effectiveness Awards und die ten Agenturen durchgeführt hat, fasst zunehmend unter Druck geraten. Die
AME Awards der New York Festivals berücksichtigt. Jelden jetzt Herausforderungen und Frage ist, wie lange sie diesem stand-
Den Spitzenplatz beim ersten ADC-Ranking belegt Modelle zusammen. halten. Das hängt auch von den äu-
Jung von Matt, gefolgt von Serviceplan. Die effektivs- Die Erhebung ergab unter anderem, ßeren Umständen ab. Wenn der große
te Agentur laut GWA ist thjnk, gefolgt von Grey. Die dass Agenturen immer weniger in der Wirtschafts-Crash kommt, werden ei-
Designagentur Strichpunkt hat unterdessen ange- Lage sind, Aufträge allein umzusetzen nige schon sehr schnell verschwinden.
kündigt, im nächsten Jahr eine Awards-Pause einzu- und immer mehr auf die Zusammen- Bleibt die Lage stabil, kann das noch
legen. Ab 2014 will sie nur noch an wenigen, ausge- arbeit mit Freien, Partnern und Spezia- eine Weile dauern. Die etablierten Mo-
wählten Wettbewerben teilnehmen. ≥ www.adc.de listen angewiesen sind. Das hat Auswir- delle haben weiterhin Bestand, viel-
+++ Frau im Vorstand. Stefanie Wurst , seit 2003 kungen auf die Organisationstruktur: leicht in aktualisierter Form. Aber es
Geschäftsführerin von Scholz & Friends Berlin, ist zum 77 Prozent der Teilnehmer an einem So- kommen neue dazu und die alten ver-
1. Januar in den Vorstand der Scholz & Friends Group cial Forecasting sind der Ansicht, dass lieren an Bedeutung.
aufgestiegen. In ihrer neuen Funktion wird sie die in- die Agentur der Zukunft aus einem fes- Mit welchen Dingen kommt man gar
ternationale Ausrichtung der Agenturgruppe weiter ten Kernteam an Beratern und Projekt- nicht mehr durch?
vorantreiben. Stefanie Wurst ist die erste Frau im managern bestehen wird, das mit ei- Ein Beispiel ist der Umgang mit Mitar-
obersten Führungsgremium von Scholz & Friends, wo nem Netzwerk an Freelancern und Ex- beitern. Wenn Agenturen ihre Leute
sie seit elf Jahren tätig ist. +++ Staffelübergabe. Die perten zusammenarbeitet. Wir spra- nicht besser behandeln, bekommen sie
Agenturgründer Eugen Schindler und Jean-Claude chen mit Jörg Jelden über die Entwick- dauerhaft Probleme, neue zu rekrutie-
Parent haben sich zum Jahresanfang 2013 aus der ope- lung der Branche und überraschende ren. Sie werden langfristig unbesetzte
rativen Geschäftsführung von Schindler Parent ver- Ergebnisse seiner Studie. Unter www. Stellen haben, können nicht expandie-
abschiedet. Die Nachfolge übernehmen der bisheri- agenturenderzukunft.de lässt sie sich ren – kurz gesagt: Der Agenturmotor
ge Mitgeschäftsführer Michael Meier sowie weitere kostenlos herunterladen. nik gerät ins Stocken. Das Modell läuft
Partner aus dem Agenturmanagement. Schindler und zwar weiter, aber es kann keine Ren-
Parent bleiben der Brandingagentur als Gesellschaf- Wie muss die Agentur der Zukunft nen mehr fahren.
ter und Berater verbunden. +++ Neues Hamburg- aufgestellt sein? Von welchen Ergebnissen waren Sie
Management. Jens Monske leitet ab sofort den Jörg Jelden: Wir haben für den Titel überrascht?
Hamburger Standort der Produktionsfirma Liga 01 bewusst den Plural »Agenturen« ge- Für mich gab es zwei Überraschungen:
Computerfilm. Er arbeitete zuvor unter anderem für wählt, denn das eine Erfolgsmodel gibt zum einen, wie hoch der Handlungs-
Sehsucht, Optix und Scholz & Friends. Der bisherige es nicht. Die Agenturlandschaft wird druck eingeschätzt wird. 97 Prozent der
Hamburg-Chef Alexander Schillinsky hat Liga 01 zum zunehmend breiter und vielfältiger – Befragten glauben, dass etwas grund-
Jahresende verlassen. +++ New Media Award 2013. noch mehr, als sie es ohnehin bereits sätzlich geändert werden muss; zum
Noch bis 14. Januar läuft die Teilnahmefrist für den New ist. Jeder Akteur muss sich fragen: Wo anderen die Begründung, warum bis-
Media Award, ausgelobt von InteractiveMedia CCSP, ist für uns vorne? Welche Elemente her nichts geschehen ist – nämlich we-
der Online-Vermarktungs-Tochter der Deutschen Tele- aus dem Potpourri »Agenturen der Zu- gen interner Unklarheit darüber, was
kom. Werbe-, Digital- und Kommunikationsagenturen kunft« sind für uns wichtig und ge- zu tun ist. Ich dachte vielmehr, dass
ebenso wie werbungtreibende Unternehmen und winnbringend? Was passt zu uns und Zeitmangel oder fehlende Koopera-
Institutionen aus Deutschland, Österreich und der unserem Leistungsangebot? tionsbereitschaft bei den Kunden die
Schweiz können ihre digitalen Kampagnen einreichen. Das sind Fragen, die sich Agenturen Ursachen wären. Diese Aspekte spiel-
≥ www.newmediaaward.de +++ GWA-Seminar. Am schon immer gestellt haben. ten aber im Vergleich zur internen Un-
25. und 26. Januar veranstaltet der GWA in Frankfurt Ja, aber sie werden jetzt aufgrund ver- klarheit fast keine Rolle. Vielleicht kann
am Main das Mario-Pricken-Seminar »Disruptive Crea- änderter Bedingungen neu verhandelt. unsere Studie dabei helfen.
tivity – Die Alchemie des radikalen Denkens«. Ziel ist
dort die Vermittlung professionellen Ideenmanage-
ments und neuer Kreativmethoden. ≥ www.gwa.de »Überrascht hat mich die Begründung der
+++ 100 beste Plakate des Jahres. Noch bis 18. Ja-
nuar können Gestalter aus dem deutschsprachigen Agenturen, warum bisher noch nichts
Raum ihre Entwürfe bei dem Plakatwettbewerb ein-
reichen. Die Kosten für die Teilnahme liegen je nach
geschehen ist – nämlich wegen interner
Anzahl der abgegebenen Plakate zwischen 50 und
200 Euro. ≥ www.100-beste-plakate.de nik
Unklarheit darüber, was zu tun ist«
$-.0# )
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 - " )/0-J

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018 PAGE 02.13 SZENE

PAGE ONLINE
Portfolio des Monats
In jeder Ausgabe stellen wir ein Mitglied der PAGE Community und Highlights aus seinem Portfolio vor

Cris Wiegandt
www.page-online.de/portfolios/cris-wiegandt

Q Die Brasilianerin, die nach Stationen in Hamburg Ich bin Motiondesigner, Freelancer
und Barcelona jetzt in Berlin lebt, nennt sich selbst Ich biete Print, Motiondesign,
eine freiberufliche Bastelqueen und Bilderbewe- Illustration, Film/Video
gerin. Aus buntem Papier entstehen Welten, in de- E-Mail contact@criswiegandt.com
nen Space Shuttles aufsteigen, Katamarane über Web www.criswiegandt.net
die Wellen gleiten oder Lady Darth Vader mit einem Standort Berlin
Plateauschuh kämpft – und die regelmäßig durch
Stop-Motion in Bewegung geraten.

E-MAG: KREATION | TYPO | BILD | TECHNIK | SZENE | GALERIE

A wie Akademie Alle Macht der Schrift Geschichte der Skelette


Kreation. Die Kölner Agentur Feedmee Typo. Für den Kunstverein Harburger Bahn- Bild. Der Fotograf Patrick Gries ist auf be-
entwickelte für die Akademie der Künste hof entwarf Zwölf ein furioses Plakat, das sonders komplexe Motive spezialisiert, sei-
der Welt ein Logo, das vor allem Gütesie- einzig aus einem Bilderrahmen aus Schrift en es Objekte aus Luxusindustrie oder Kunst.
gel sein soll und den langen Namen auf die besteht. Und für ein Berliner Performance- Für das Pariser Museum für Naturgeschichte
klarste Variante reduziert: auf ein stilisier- projekt ließen die Designer Buchstaben aus- hat er jetzt dessen umfangreiche Skelett-
tes A, bei dem die Diagonale besonders schwärmen. Wir zeigen die neuesten Plakate sammlung fotografiert und in ein spannen-
betont wird und nach oben führt. der raffinierten Schriftkünstler. des Bilderbuch verwandelt.
≥ www.page-online.de/akademie-welt ≥ www.page-online.de/typoplakate-12 ≥ www.page-online.de/skelett-bilderbuch
PAGE 02.13 019

≥ www.page-online.de PAGEmag

Für einen Nickelo-


deon-Kindernet-Pitch
entwickelte Cris
Wiegandt Papierobjekte,
die animiert wurden.
Der Space Shuttle
entstand für die
Agentur ressourcen-
mangel GmbH.
Musikvideo für Kalle
B., das gemeinsam mit
My Cool Twin aus Kopen-
hagen realisiert wurde.
Im Auftrag der
Agentur plastic
media bastelte die
Designerin für
das »Monki Magazine«
einen Schuh der
aktuellen Kollektion
aus Papier nach

PAGE NEWSLETTER

Interaktiver Museumsguide Inspiration pur! Immer up to date


Technik. Die Anwendung xpedeo hilft Be- PAGE Galerien. Gesammelt, geordnet QBestellen Sie jetzt den kostenlosen
suchern, sich in Museen zu orientieren. Für und in einer Box zusammengefasst: In PAGE Newsletter und bleiben Sie auf
die Schlossruine Hardenburg entwickelte die zahlreichen Bildergalerien zeigt PAGE On- dem Laufenden rund um kreatives Me-
Agentur Die InformationsGesellschaft aus line Kampagnen, Making-ofs, Portfolios, diendesign, Publishing und Trends. So
Bremen nun eine »Mixed Reality«-Funktion, Studioeinblicke und exklusive Reporta- erfahren Sie auch als Erste, wenn wir
die in einem 360-Grad-Panorama den Zeit- gefotos von Events wie Bread & Butter, ein neues PAGE Seminar veranstalten
sprung in vergangene Epochen erlaubt. TYPO Berlin oder re:publica. oder eine Sonderedition herausgeben.
≥ www.page-online.de/xpedeo ≥ www.page-online.de/galerie ≥ www.page-online.de/newsletter
020 PAGE 02.13 SZENE Ausbildung

AUSBILDUNG

Staunen und Schrecken


Q Editorial Design. Nicht nur Tiere sterbens stellt der Student drei Bei-
sind vom Aussterben bedroht, son- spiele en détail vor – darunter das Sa-
dern auch Sprachen. 3000 der derzeit terfriesische, das heutzutage nur noch
6500 gesprochenen Sprachen sind ge- rund 1000 Menschen sprechen.
fährdet, in den nächsten 100 Jahren Das Verschwinden griff Koch auch
könnten gar 90 Prozent von ihnen ver- in der Gestaltung auf: Für das Cover
schwinden. Dieser erschreckende Um- wählte er eine verblassende Typo, in-
stand liegt dem Magazin »Sprachtod« nen setzte er teilweise auf fragmen-
zugrunde, das Philipp Koch, Kommu- tarische Schriften: Frgmnt von Jakob
nikationsdesignstudent an der Hoch- Runge und Chiavari von Hélène Zünd.
schule für angewandte Wissenschaf- Das Farbspektrum beschränkt sich auf
ten Würzburg-Schweinfurt, gestaltete. ein helles Braun und unterschiedliche
Das Oberthema des von Professor Blautöne, die zurückhaltend und ver-
Christoph Barth geleiteten Grafikde- gänglich wirken sollen. In der Mitte
Das drohende Verschwinden von Sprachen griff Philipp Koch signkurses lautete: Staunen. Und das muss das Heft gedreht werden. Dieser
auch in der Gestaltung seines Magazins »Sprachtod« auf, tut man nicht schlecht, wenn man sich Bruch soll dazu führen, dass der Leser
etwa mit verblassender Typo auf dem Cover, fragmentarischen die Informationen ansieht, die Koch sich noch mehr mit dem Thema aus-
Schriften und leichten Farben bei der Gesellschaft für bedrohte Spra- einandersetzt. Eine lange Liste aller
chen und der UNESCO gesammelt hat. bedrohten Sprachen am Ende des Ma-
Nach einer kurzen Einführung in die Ur- gazins verdeutlicht das Ausmaß des
sachen und Auswirkungen des Sprach- Sprachtods.

Drehen, Schütteln, Lesen


Das E-Book Q E-Book. Wir alle lieben Bücher, die nem ist. Ihm liegt der offene Standard
»Digital Pub- Haptik und den Geruch von Gedruck- EPUB zugrunde, der dynamische Ver-
lishing« von tem. Doch realistisch gesehen geht der änderungen durch JavaScript, HTML
Hannes Köpnick Trend zum E-Book, daran lässt sich und CSS zulässt.
ist Leitfaden nicht rütteln. Das muss aber nichts Mittels Codebeispielen und interak-
und Anwen- Schlechtes sein: Immerhin haben elek- tiven Spielen führt Köpnick dem Leser
dungsbeispiel in tronische Bücher in Sachen Interakti- die Möglichkeiten des elektronischen
einem. Hier das vität und Bewegung traditionellen ei- Publizierens vor Augen. Da wären et-
Interaktionsspiel niges voraus. Nur werden diese Mög- wa ein Puzzle, das man per Drag-and-
»Codeschnipsel« lichkeiten bislang noch kaum genutzt. drop löst, oder ein Labyrinth, durch das
Diesem Potenzial widmet sich Hannes man per Neigen und Drehen des je-
Köpnick in seiner Bachelorarbeit im weiligen Readers eine Kugel lotst. So
Studiengang Digitale Medien an der bewegt Köpnick, dass elektronische
Hochschule Bremen. Er entwickelte das (Lehr-)Bücher alles andere als trocken
E-Book »Digital Publishing«, das Leit- sein müssen. »Digital Publishing« ist für
faden und Anwendungsbeispiel in ei- 6,99 Euro im App Store erhältlich.
PAGE 02.13 021

Inszenierte Banalität +++ Plakatgestaltungsband. »Plakate der Schule«


gibt einen Überblick über die Plakatgestaltung der
Q Fotoserie. Alle Facebook-Mitglie- tionen mit ironischem Beigeschmack. vergangenen zehn Jahre an der Staatlichen Hochschu-
der kennen sie: Die absurden und oft »Der Betrachter soll eigene Schlüsse le für Gestaltung Karlsruhe. Es zeigt 100 ausgewählte
völlig irrelevanten Meldungen im News- aus dem scheinbar unschlüssigen Ge- Beispiele von Studenten, ergänzt durch Textbeiträge
feed des Social Networks. Meist geht schehen auf einer surreal anmutenden zeitgenössischer Gestalter: Melchior Imboden, Ger-
es darum, was Leute mögen, was sie Bühne ziehen, auf der jeder parallel win Schmidt, 2x Goldstein und Götz Gramlich bezie-
gespielt haben und mit wem sie be- sein eigenes Theaterstück aufführt«, er- hen Stellung zu Ansichten und Hintergründen der
freundet sind. Doch wie viel Mensch klärt Ritter. Wie bei den meisten Face- Plakatgestaltung. Das Buch ist das Ergebnis der Dip-
steckt eigentlich hinter den Profilen? book-Profilen sind seine Darsteller nicht lomarbeit von Simon Roth im Fachbereich Kommuni-
Und ist das »soziale Netzwerk« wirk- als Individuen erkennbar, sondern wir- kationsdesign und kostet 18 Euro. Bestellbar unter
lich so sozial oder nur eine Selbstdar- ken vielmehr wie Kunstobjekte. Ver- ≥ www.plakate-der-schule.de. +++ BTK kommt nach
stellungsbühne? Diese Fragen stellte bunden sind sie mit Materialien wie Hamburg. Die BTK – Hochschule für Gestaltung er-
sich Nicolas Ritter, Student an der Hoch- blauen Kunststoffen und Gummi, was öffnet im Wintersemester 2013/14 eine Dependance
schule für Gestaltung Offenbach, in sei- einerseits an die Firmenfarbe von Face- in Hamburg und bietet dort die Bachelorstudiengän-
ner Diplomarbeit im Fach Illustration/ book und andererseits an die zum Teil ge Illustration, Fotografie und Kommunikationsde-
Grafikdesign bei Prüfer Eike König. absurden Verbindungen in dem Netz- sign an. Letzteren wird Ilona Klück leiten, zuletzt Kre-
Ursprung der Arbeit war die Über- werk erinnert. Die Motive plante Rit- ativdirektorin bei der Scholz-&-Friends-Schwester-
legung, wie solche banalen Sätze aus ter nicht im Voraus, sie entstanden in agentur deepblue networks. Die BTK kooperiert mit
dem Social Network aussehen könn- Improvisation mit seinen Darstellern. der Hamburger Technischen Kunstschule, bietet aller-
ten, wenn sie Bilder wären. Entstan- Mehr Fotos unter www.page-online.de/ dings im Gegensatz zur schulischen Ausbildung an
den sind metaphorische Fotoillustra- facebook-fotos. nik der HTK einen Bachelorabschluss an. Die BTK gibt es
bereits seit 2006 in Berlin und seit Oktober 2012 in
Iserlohn. +++ Plakatwettbewerb. Das Deutsche Stu-
dentenwerk hat seinen alljährlichen Plakatwettbe-
werb gestartet. Das Thema für 2012/13 lautet: »Was
isst du?«. Mitmachen können Studierende der Fächer
Grafik- und Kommunikationsdesign sowie visuelle
Kommunikation an einer staatlichen oder staatlich
anerkannten Hochschule. Der Wettbewerb ist mit
5500 Euro dotiert. Die vier besten Motive werden in
einer Auflage von jeweils 1000 Stück gedruckt, die
So könnte es
besten dreißig werden auf eine bundesweite Wan-
aussehen, wenn
derausstellung durch die Studentenwerke gehen. Ein-
das Facebook-
sendeschluss ist der 20. Februar. ≥ www.studenten
Game »Mafia-
werke.de +++ Neues Corporate Design für die Uni-
wars« real wäre
versität Heidelberg. KMS Team hat das Erschei-
nungsbild der Traditionsuniversität samt Wort- und
Bildmarke aufgefrischt und die Geschäftsausstattung
der einzelnen Fakultäten mit einem neuen Gestal-
tungssystem zusammengeführt. Das neue Logo
greift das historische Siegel auf und kann mit den je-
weiligen Fakultätsnamen als Textmarke kombiniert
werden. Die Kreativen relaunchten auch die Univer-
sitätszeitung »Uni-Spiegel« und das Forschungsma-
gazin »Ruperto Carola«. +++ Die Große Klappe. Der
Nachwuchswettbewerb des Werbefilmpreises Die
Klappe läuft noch bis zum 1. Februar. Gesucht wer-
den Filmideen für die Deutsche Bahn zum Thema
Carsharing, für Jever Fun und Hapag-Lloyd Kreuz-
fahrten. Ihre Arbeiten einreichen können Teilneh-
mer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz,
die nach dem 1. Juni 1984 geboren sind. Zu gewinnen
gibt es zwei Tickets für die New York Festivals 2013.
Die Preisverleihung wird am 14. März 2013 in Hamburg
stattfinden. Briefings und Teilnahmebedingungen
unter www.dieklappe.de/ausschreibung_nachwuchs
wettbewerb. nik
022 PAGE 02.13

75(1'6

Post-Branding, Interactive Story-
telling, Employee Happiness,
Visual Data oder Open Design –
wir stellen die Entwicklungen vor,
die die Kreativbranche dieses Jahr
maßgeblich bestimmen werden

8
PAGE 02.13 023

Warum diese merkwürdi-


gen Kreationen von
Skizzomat (links) und Jan
von Holleben derzeit im
Trend liegen, erfahren Sie
nach dem Umblättern

7
024 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

Sind es die surrealen Zeiten, die wir erleben?


Jedenfalls geht es in der Modefotografie immer öfter so zu 1

6 4

5
PAGE 02.13 025

QZwei Megatrends haben die hippen Lifestyle-Postillen


seit ein paar Jährchen fest im Griff. Den einen könnte man
mit einem TV-Terminus Scripted Reality nennen: (pseudo-)
dokumentarische Fotografie, die interessante junge Men-
schen in scheinbar authentischen Alltagsszenen stilisiert.
Den anderen, komplett gegensätzlichen Trend könnte man
als skulpturale Fotografie zusammenfassen. Er hat viel mit
der aktuellen Faszination fürs Handgemachte zu tun. Stylis-
ten, Propbauer, Haar- und Make-up-Artists übertreffen sich
darin, Models in artifizielle Wesen zu verwandeln. Vor allem
Köpfe werden gerne mit kunstvollen Aufbauten versehen,
die oft das Gesicht verbergen. In dieses Genre fallen hierzu-
lande etwa die großartigen Arbeiten von Madame Peripetie
oder Bartholot sowie die der vielen Illustratoren, die Objek-
te und ganze Szenerien aus Papier basteln.
Ist es Zeit, der statischen skulpturalen Fotografie mehr
Dynamik entgegenzusetzen, mehr anarchische Unruhe ins
Bild zu bringen? In Modemagazinen durchbrechen immer
öfter Collagen die Ordnung – oft mit Anklängen an Dada und
Surrealismus. Dabei ist nichts zufallsgesteuert wie bei den
Dadaisten, ebenso wenig hat es mit dem Grundgedanken
des Surrealismus zu tun, der écriture automatique, die un-
gefiltert aus Traum und Unbewusstem schöpft. Gezielte Zita-
te spielen vielmehr mit der Ästhetik oder nutzen diese, um
bestimmte Gedanken zu vermitteln. Einige Beispiele:
1 Salvador Dalí inspirierte eine Fotostrecke des Münchner
2
Duos Mierswa Kluska für die italienische »Amica«. Ob Sym-
bole der Vergänglichkeit, Spiegel, Meer oder Auge: »Alles
schwebt und erzählt eine Geschichte, die sich der Betrachter
3
selbst zusammenreimen kann«, so Markus Kluska. Im Centre
Pompidou gibt es gerade seit Langem wieder eine große
Ausstellung des umstrittenen spanischen Malers.
2 Spiegelungen und kaleidoskopartige Collagen sind der-
zeit sehr beliebt, wie bei diesem Cover bei der spanischen
»Harper’s Bazaar«, die ihre Novemberausgabe dem Surrea-
lismus widmete. Fotograf war Txema Yeste.
3 Das Duo Tania et Vincent aus Paris inszeniert für Fashion-
magazine oder Kunden wie Hermès (links ein Bild aus dem
Geschäftsbericht) Stillleben in Surrealistenmanier. Die Männ-
chen im Anzug neben übergroßen Objekten erinnern an
René Magritte. Schwebende Kugeln galten seit Giacometti
als Inbegriff der surrealistischen Skulptur.
4 Das typische Spiel der Surrealisten mit Größenverhält-
nissen spiegelt sich auch in Fotos von Marcelo Krasilcic für
»Elle Italia« wider, die den Supersize-Trend in der Mode über-
spitzen. Das Blitzlicht verstärkt den trashigen Collagencha-
rakter – reizvoller Kontrast zu edlen Accessoires.
5 Das Pariser Magazin »Jalouse« präsentierte online jüngst
Collagen des Gestalterinnenquartetts Maison Nue. Aus Mo-
defotos früherer Ausgaben ließen sie literarische Figuren
erstehen, so wie die Marquise de Merteuil aus dem Roman
»Gefährliche Liebschaften« von Choderlos de Laclos.
6 In den Fotoillustrationen, die Dina Lynnyk aus Kiew für
Magazine wie »Contributor« oder »Harper’s Bazaar« macht,
will sie klassischen Schönheitsidealen etwas entgegenstel-
len – und sei es auf erschreckende Weise.
7 (siehe Seite 23) »I can be many things – maybe every-
thing« hieß eine Strecke von Jan von Holleben für das Ham-
burger Magazin »Loved & Found« – mit Mischwesen wie
Schwimmbrillenschmetterling oder Scherenköpfler.
8 (siehe Seite 22) Die »Papersculpts« von Illustratorin Marie
Luise Emmermann aka Skizzomat sind keine Collagen, son-
dern aus Fotos gefaltet. Die Miniobjekte fotografiert sie oder
stellt sie wie Insekten in kleinen Schaukästen aus. Die Frage
dabei: »Was bleibt von einer Persönlichkeit, wenn man sie
äußerlich reduziert/verformt/verletzt.« cg
026 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

QMarken wollen Freunde sein, sie treten mit ihren Ziel-


gruppen in Dialog, bieten mit Magazinen, Kulturevents und
Apps Unterhaltung, Bildung und Alltagshilfe. Und, wie bei
richtigen Freunden, fällt auch bei Markenkonstrukten un-
angenehm auf, wenn sie sich selbst zu sehr in den Vorder-
grund drängen. Deshalb mehren sich die Anzeichen für ein
Post-Branding. Gemeint ist damit nicht der Abbau, sondern
die neue Bewegungsfreiheit der Markenkommunikation, die
sich in luftigen, dynamischen Auftritten manifestiert. Die
Unternehmen lösen sich nicht von ihren Werten - sie schlei-
chen sich nur subtiler mit minimalistischen oder neutralen
Darbietungen und abwechslungsreichen Interpretationen
ihrer Markenelemente ins Herz der Konsumenten. »Brands
sind wie eigene Charaktere, die sich auf Menschen zubewe-
gen«, sagt Andreas Rotzler, Chief Creative Officer von Inter-
brand Central & Eastern Europe. »Sie möchten ihre Produkte
künftig immer stärker in neuen Gebieten platzieren. Dafür
müssen sie beweglich bleiben und mit ihren Zielgruppen in
einen freien Dialog treten können.«
Die Telekom zum Beispiel arbeitet daran, in den Berei-
chen Health Care, Money und Shopping neue Partner zu fin-
den. Dazu passend hat Interbrand ein abstrakteres Erschei-
nungsbild entwickelt: Unter dem neuen Slogan »Life is for
Sharing« wird die Markensstory nun ganz frei erzählt – je
nach Anlass mal lauter, mal leiser. Dass die Marke von ver-
schiedenen Standorten aus gesteuert wird, verlangt dem

Auf das Über-Branding der letzten Jahre folgt ein visuelles


Ent-Branding: freie, abstrakte Markeninterpretationen lassen
den Konsumenten Platz zum Spielen und Luft zum Atmen

Bibliothek oder Milchbar? Die


minimalistische, organisch
geformte Starbucks-Pop-up-
Espresso-Bar, entworfen vom
japanischen Designstudio Nendo
PAGE 02.13 027

Unternehmen Vertrauen ab – in seine Partner und die Weise,


wie diese die Telekom interpretieren. »Vor zehn Jahren hät-
ten wir etwa einem Architekten genaue Vorgaben zur Ge-
staltung eines Messestands gemacht. Künftig lassen wir ihn
seine persönliche Vision umsetzen«, so Rotzler. »Die konsis-
tente Markenstory manifestiert sich heute weniger in der
Umsetzung als in der Markensteuerung.«

Ganz klar lässt sich dieser Nischentrend dort entdecken,


wo Zielgruppen gesättigt sind, etwa im Luxury- oder De-
signbereich. Und er funktioniert ausschließlich bei starken
Brands. Artek etwa hat in Berlin einen Store im ehemaligen
»Tagesspiegel«-Gebäude an der Potsdamer Straße eröffnet.
Minimalistisch arrangiert die finnische Marke hier ihre Mö-
bel im Office- oder Wohn-Style und lässt diese vor der Ku- an der Theke gegen das gewählte Getränk ein. Die Idee des Interbrand hat den
lisse der schnoddrigen, aber auratischen Hauptstadtarchi- Projekts: Die Leere des Designs soll die individuelle Partizi- Telekom-Auftritt
überarbeitet – als
tektur für sich sprechen. pation der Gäste ermöglichen. Mal schauen, ob das klappt – dynamisches, frei
Ganz anders der Pop-up-Store Starbucks Espresso Jour- die Stimmen im Netz klingen bislang jedoch verhalten be- interpretierbares
ney in Tokio, entworfen von Nendo, dem für seinen elegan- eindruckt, ratlos oder von dem futuristisch anmutenden Markenkonstrukt
ten Minimalismus bekannten japanischen Designstudio. Der Minimalismus abgeschreckt.
leere, weiße Raum – mit deckenhohen Bücherregalen und Deutlich wird: Ein zu komplexes Storytelling, zu viele und
fast ganz ohne grün-weiße Markenelemente – erinnert eher zu penetrante Sinneseindrücke überfordern die mensch-
an eine Bibliothek als an ein Café. Die Besucher nehmen liche Wahrnehmung. Post-Branding steht also für den Ab-
sich eines der in unterschiedlichen Brauntönen eingefärb- schied vom Kontrollzwang und die Rückbesinnung auf klas-
ten Bücher aus dem Regal, die jeweils eine Kaffeesorte aus sische Designwerte wie Reduktion und Funktion. Und das
dem Starbucks-Sortiment repräsentieren, und tauschen es kann Marken durchaus stärken. wl

Cooler Blick auf Berlin:


Artek inszeniert
ihre Möbel ohne
Schnickschnack
028 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

QUnsere Branche hat ein dramatisches Nachwuchspro-


blem«: Mit diesen Worten läutete Jung von Matt Ende Sep-
tember ihre »Kreativreform 2012« ein, die hauptsächlich in
der Gründung einer Akademie besteht. Dort will man selbst
junge Talente heranziehen und Mitarbeiter weiterbilden.
Um das Ganze zu finanzieren, nimmt Jung von Matt nur noch
jedes zweite Jahr an Kreativawards teil. Ob sich die Agentur
damit einen Gefallen tut, muss sich zeigen. Immerhin ge-
hörte es bislang wesentlich zu ihrem Geschäfts- und Recrui-
tingmodell, dass sie in nationalen und internationalen Ran-
kings stets Spitzenplätze belegte.
»Mittlerweile ist es eher so, dass wir uns bei den Talenten
bewerben als umgekehrt«, sagt Bettina Prange, Personallei-
terin bei Serviceplan in Hamburg. Awards sind nach wie vor
eine wichtige Währung für Kreative – und darum ein starkes
Zugpferd, um Nachwuchs für sich zu interessieren. Der krea-
tive Ruf einer Agentur beruht aber nicht nur auf prall gefüll-
ten Award-Regalen, sondern auch auf ihren Geschäftsfüh-
rern. Eine Galionsfigur wie Serviceplan-Kreativchef Alex Schill
hat laut Prange eine enorme Strahlkraft im internationalen
Personalmarkt. Legenden wie Jean-Rémy von Matt ebenso.

Neben Tradition und Ruf zählen natürlich auch die Kunden


und Entfaltungsmöglichkeiten. »Wir bieten unseren Mitar-
beitern große, internationale Marken und eine Vielfalt an
Aufgaben innerhalb der einzelnen Mandate – von der Lo-
gogestaltung bis zur Social-Media-Strategie«, sagt Marion
Rachner, Head of Human Ressources bei MetaDesign in Ber-
Agenturen bekommen den Nachwuchsmangel lin. Die Agentur stiftet ihre Mitarbeiter außerdem zum Emp-
deutlich zu spüren. Mit Bildungsangeboten und flexiblen fehlungsmarketing an: Wenn es zu einer Einstellung kommt,
wird dies finanziell honoriert. Ab einer bestimmten Hierar-
Arbeitszeiten versuchen sie gegenzusteuern chieebene setzt MetaDesign dann allerdings auf profes-
sionelle Personalberater.
Die Arbeitgeber müssen sich präsentieren, um die Mög-
lichkeiten, die sie ihrer Belegschaft bieten, bekannt zu ma-
chen. Die Präsenz auf Karrieremessen, Partnerschaften mit
und Vorträge an Hochschulen sind mittlerweile Standard.
MetaDesign lädt zudem einmal im Jahr Studenten und Do-
zenten zu einem Campus-Tag in die Agentur ein, 2012 kamen

Sebastian Vogt unterstützt seit diesem


Jahr mit seiner HR-Agentur Get and
Keep Agenturen bei der Personalsuche
und -entwicklung. Wir sprachen mit
ihm über den Nachwuchsmangel in
der Kreativbranche

Warum haben Agenturen ein Nach-


wuchsproblem?
Sebastian Vogt: Aggressive Player
außerhalb der Agenturszene wie BMW,
Google, oder Microsoft suchen zuneh-
mend Leute aus dem kreativen und
digitalen Umfeld. Sie bieten oft bessere
Konditionen als Agenturen – angefan-
gen beim Gehalt bis hin zu langfris-

»Eine Arbeitgebermarke wird von den Mitarbeitern hinaus-


getragen und ist nur in einem gewissen Maße steuerbar«
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120 Interessierte von 12 Hochschulen. »Eine Agentur muss sich besonders stark für ihre Mitarbeiter ein: Über die inter-
nahbar und greifbar sein«, sagt Raphael Paschke, Personal- ne Plattform weSport können sich Kollegen zum Sport ver-
leiter bei Kolle Rebbe. Die Hamburger führen in regelmä- abreden, das Programm weDrive bietet Leih-Fahrräder und
ßigen Abständen Studenten-, Schüler- und Azubi-Gruppen -Autos zu günstigen Tarifen, unter dem Motto weFarm wird
durch ihre Räumlichkeiten. Urban Gardening auf dem Dach der Agentur betrieben (sie-
Bettina Prange knüpft für Serviceplan zudem Kontakte he PAGE 10.12, Seite 17), und mit dem weCare-Fond greift die
auf Preisverleihungen, Partys oder beim Kaffeetrinken: »Als Agentur Mitarbeitern, die in finanziellen Notlagen sind, unter
Recruiter hat man heute keinen 9-to-5-Job mehr, sondern die Arme. »Es geht uns nicht nur ums Jagen. Wenn wir gute
ist 24 Stunden im Einsatz.« Scholz & Friends hat die Begeg- Leute haben, wollen wir sie auch langfristig fördern und
nung mit jungen Talenten in mehreren Veranstaltungsfor- entwickeln«, erklärt Prange.
maten institutionalisiert – etwa mit dem Strategy Weekend Mitarbeiter langfristig an sich zu binden, hat den Vorteil,
oder dem Texterwettbewerb. Im November fand außerdem dass Know-how im Haus bleibt und offene Stellen intern
erstmals ein Tag der offenen Tür für Schüler und Auszubil- besetzt werden können – so spart man sich den aufwendi-
dende statt. Zum persönlichen Kontakt kommt vermehrt die gen Recruitingprozess und hat im besten Fall einen glück-
Selbstdarstellung in den Social Media. So präsentieren sich lichen und motivierten Angestellten. Die persönliche Weiter-
Kolle Rebbe und Scholz & Friends auf Facebook mit launi- entwicklung, sowohl fachlich als auch menschlich, spielt
gen Kommentaren, Links und Einblicken in die Agentur. dabei eine wesentliche Rolle. Interne Weiterbildungen sind
Thjnk, ehemals kempertrautmann, überlässt ihr Facebook- heute bei den meisten Agenturen gang und gäbe. Das kön-
Profil gleich ganz den Mitarbeitern – wer will, kann eine nen Präsentationen von internen oder externen Experten
Woche lang die Kontrolle übernehmen. sein, wie etwa beim Lunch’n’Learn bei MetaDesign, oder
Campus- und Akademieprogramme wie sie unter anderem
Auf ihre Anziehungskraft können sich Agenturen heute Scholz & Friends und Serviceplan anbieten. Dort werden Mit-
nicht mehr verlassen, zu sehr haben sich die oft schlechte arbeiter nicht nur in Fachthemen weitergebildet, sondern
Bezahlung und extremen Arbeitszeiten herumgesprochen. etwa auch in persönlichen Coachings für Führungspositio-
»Agenturen gelten – oft zu Unrecht – als Ausbeuter«, sagt nen fit gemacht (siehe PAGE 6.12, Seite 22 ff.). Serviceplan
Headhunter Sebastian Vogt (siehe Interview unten). Die An- gibt einigen Angestellten seit diesem Jahr die Möglichkeit,
fang Dezember veröffentlichte Studie »Agenturen der Zu- berufsbegleitende Masterstudiengänge an der Steinbeis
kunft« von Trendforscher Jörg Jelden (siehe Seite 16) spricht School of Management and Innovation zu absolvieren. Die
gar von einer »Revolution der Arbeitswelt«. Die neue Krea- Hälfte der Ausbildung zahlt die Agentur, dafür ist der Mitar-
tivengeneration wolle sich selbst verwirklichen, etwas Sinn- beiter nach Abschluss des Studiums mindestens ein Jahr an
haftes tun sowie Karriere, Familie und Freizeit vereinbaren. seinen Arbeitgeber gebunden.
Immer öfter müssen Agenturen daher in Sachen Work-Life- Ganze 75 Prozent der Teilnehmer an der Studie »Agen-
Balance auf ihre Mitarbeiter zugehen, flexible Arbeitszeiten, turen der Zukunft« sehen im Mitarbeitermangel eines der
Sabbaticals und Home-Office-Tage anbieten. größten Probleme der nächsten Jahre. Damit bekommen
Neben den Arbeitszeiten gibt es andere softe Faktoren, Personalfragen zunehmend eine strategische Relevanz für
mit denen Agenturen ihre Mitarbeiter umgarnen. Kolle Rebbe die Unternehmensentwicklung. Agenturen müssen auf die
bietet Yoga-Kurse und Massagen an, MetaDesign hat ihren kreativen Fachkräfte zugehen, sich ihnen öffnen und die
Angestellten eine Grippeimpfung spendiert, Sommer- und Festanstellung attraktiver gestalten. Ansonsten haben sie
Weihnachtsfeiern fördern das Miteinander. Serviceplan setzt im War for Talents keine Chance. nik

tigen Personalentwicklungsprogram- tig ist aber auch, dass die Kreation nicht die Beziehungen zu den Leuten kriegs-
men. Das hängt mit dem Geschäftsmo- wie der verlängerte Arm der Beratung entscheidend sein.
dell zusammen: Die meisten Agentu- behandelt, sondern als originäre Leis- Wie sieht gutes Employer Branding aus?
ren können keine Fünf- oder Achtjah- tung ernst genommen wird. Für ältere Employer Branding wird häufig in die
respläne für ihre Mitarbeiter machen, Kreative geht es vor allem um Wert- Marketingecke gerückt und mit Kam-
da sie größtenteils vom Projektgeschäft schätzung. Network-Agenturen kön- pagnen vorangetrieben. Diese Strate-
leben. Für Menschen, die Kontinuität nen außerdem mit internationalem gie halte ich für falsch, weil es zu kurz
schätzen, sind Unternehmen daher oft Austausch locken. Auch in puncto Work- gedacht ist. Eine Arbeitgebermarke
attraktiver. Hinzu kommt, dass das Life-Balance passiert einiges, etwa fle- bestimmt sich aus sich selbst heraus.
Image von Agenturen als Arbeitgeber xible Arbeitszeiten, Sabbaticals oder Sie wird von den Mitarbeitern hinaus-
in den letzten Jahren ziemlich gelitten Betriebs-Kitas. Kleinere Agenturen kön- getragen und ist nur in einem gewis-
hat: Sie gelten – oft zu Unrecht – als nen sich das allerdings nicht leisten. sen Maße steuerbar. Kampagnen, die
Ausbeuter. Und schließlich ist es auch Sie müssen daher auf der persönli- die eigene Agentur über den grünen
eine Frage der Demografie: Es gibt ein- chen Ebene punkten. Klee loben, können nicht funktionie-
fach weniger Nachwuchs. Was ist wichtiger: Get oder Keep? ren, wenn die Arbeitnehmer das nicht
Wie machen sich Agenturen interessant Die Zukunft liegt eher im Keep, ge- selbst genauso sehen. In dem Zeital-
und attraktiv für Kreative? nauer: im Candidate Relationship Mar- ter von Social Media droht in diesen
Da gibt es verschiedene Möglichkei- keting. Mein Rat ist, Talente früh zu er- Fällen ein Shitstorm. Eine Möglichkeit,
ten. Eine wichtige Währung für Krea- kennen und sie über einen langen Zeit- für sich zu werben, besteht zum Bei-
tive sind nach wie vor Awards. Daher raum zu fördern und zu begleiten. Das spiel darin, die Mitarbeiter rauszuschi-
ist es ein Vorteil, wenn eine Agentur heißt auch, Ex-Mitarbeiter im Blick zu cken, etwa für Vorträge an Hochschulen
das Awardgeschäft ernst nimmt. Wich- behalten. Im War for Talents werden oder bei Verbänden.
030 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

Mittendrin statt nur dabei: Interaktive Web-


videos haben das Experimentierstadium
verlassen und kommen zunehmend in der
Markenkommunikation zum Einsatz
2

Q »Erobere den Berg« lautet die Aufforderung auf der


SportScheck-Microsite für die Wintersaison. In einem inter-
aktiven Video kann der User einen Berg mit verschiedenen
Sportarten bezwingen. Ob Klettern, Trailrunning, Moun-
tainbiken oder Snowboarden – an verschiedenen Stationen
hat er die Möglichkeit zu wählen, wie es weitergehen soll.
Dann wird der Aufstieg mit nutzergenerierten Filmchen
aus Sportler-Perspektive rasant fortgesetzt. Zwischendurch
kann man sich über Sportarten, Sportler und natürlich das
passende Equipment informieren.
Interaktives Storytelling ist im Marketing angekommen.
Beschränkten sich Mitmachfilme bislang weitgehend auf ex-
perimentelle Musikvideos (siehe PAGE 03.12, Seite 34 ff.),
setzen heute immer mehr Marken sie für ihre Kommunikation
ein. »Wir wollten ein interaktives Erlebnis schaffen, das über
die üblichen Facebook-Apps und Gewinnspiele hinausgeht«,
so Daniel Kugler, Division Manager Social Media bei der Agen-
tur Pascher + Heinz, die die Microsite für SportScheck reali-
sierte. Offenbar mit Erfolg: Die durchschnittliche Verweildau-
er auf der Seite beträgt drei Minuten – der Film wird von der
Mehrzahl der Besucher mindestens einmal ganz durchge-
spielt. Für die Agentur ist es das erste interaktive Video, aber
bestimmt nicht das letzte, meint Kugler. »Die Entwicklung
3
geht zu immer reelleren und individuelleren Interaktionen«.
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1 »Shop this Look«:


Während die SportScheck-Microsite ausschließlich mit Beliebt sind interaktive Videos vor allem bei Lifestyle-
Blazer, Rock oder
nutzergeneriertem Bewegtbild arbeitet, lassen andere Un- Unternehmen. Dabei ist für Händler und Shops eine speziel-
Handtasche – das
ternehmen eigenen Content produzieren. Ein solches Pro- le Form besonders interessant: Shoppable Videos, bei denen gesamte Outfit
jekt setzte Ogilvy & Mather China kürzlich für VW um. Die der User aus dem Film heraus Produkte wählen und in den der Hauptdarstellerin
Themen-Website gibt Einblick sowohl in die Produktion des Warenkorb legen kann. YouTube bietet dafür eine Techno- lässt sich während
des Anschauens der
Modells Phaeton als auch in die Geschichte des Unterneh- logie an, die sich noch in der Beta-Phase befindet und erst- Target-Webserie
mens sowie der Stadt Dresden, wo die Luxuskarosse gebaut mals von den Onlineshops Juicy Couture und Asos getestet »Falling for You« in den
wird. Der Betrachter gleitet durch Momentaufnahmen, kann wurde. Die Umsetzung ist allerdings noch nicht ideal: Der Warenkorb legen.
2 Click-and-drag:
den Film schneller oder langsamer, vorwärts oder rückwärts Klick aufs Produkt stoppt das Video und unterbricht den
Auf der Website
laufen lassen und an bestimmten Punkten anhalten, um sich User-Flow, bei Juicy Couture muss man sich mühsam zum »Experience Virgin
über etwas genauer zu informieren. Ein Kameraflug durch Video zurückklicken. Eine weniger störende Lösung ist ein America« muss
das vom Krieg zerstörte Dresden und der Wiederaufbau der kleines Fenster am Rand, in dem die Produkte angezeigt und der Betrachter ins
Frauenkirche gehören ebenso zur Story wie eine Tour durch für den späteren Kauf markiert werden können, ohne dass Geschehen eingreifen,
um den Film weiter-
die VW-Fabrik. Die Bilder sind aufwendig produziert mit der Film dadurch unterbrochen wird. Diese Technik setzte laufen zu lassen oder
Dreharbeiten vor Ort, CGI- und Matte-Painting-Technologien die US-Kaufhauskette Target bei ihrer Webserie »Falling For zusätzliche Infor-
und nahtlos miteinander verbunden. You« ein, für die sie Kinosternchen Kristen Bell als Haupt- mationen aufzurufen.
3 Auf der SportScheck-
darstellerin anheuerte.
Microsite entscheidet
Die Interaktionsmöglichkeiten in solchen Markenfilmen Ob auf einer eigenen Microsite oder als Shoppable Video der User, mit welcher
sind zwar meist beschränkt, reichen aber aus, um den User im externen Player: Bei interaktiven Videos zählt nicht al- Sportart der Berg
bei der Stange zu halten. Die Website »Experience Virgin lein die bestmögliche technische Umsetzung, sondern auch erobert wird. Sternchen
zeigen Informationen
America« etwa setzt auf eine Click-and-Drag-Mechanik: Der die konzeptionelle Idee. Interessieren sich User nicht für ein
zu Sportarten, Sportlern
Film pausiert in bestimmten Momenten und wird ohne Zu- Unternehmen oder Produkt, werden sie sich wohl kaum ei- oder Equipment an.
tun des Users nicht weiter abgespielt. Dieser muss die Figu- nen minutenlangen Film ansehen, bei dem sie auch noch 4 Ein Beispiel für

ren bewegen, um die Story fortzusetzen, in diesem Fall die selbst aktiv werden müssen. Daher eignen sich interaktive Maßanfertigung: Die
Microsite zum VW
3-D-Begehung einer Flugzeugkabine, die die Vorteile der Air- Videos im Web besonders für Marken, die Fans haben, bei-
Phaeton führt den
line in Spielfilmqualität unterstreichen soll. »Wir erwarten spielsweise aus dem Mode- und Automobilbereich. Außer- Betrachter unter
vom User nicht, dass er viel macht. Er soll sich zurücklehnen dem müssen sie die Balance finden zwischen dem Erzählen anderem in die Werkstatt
und das Erlebnis genießen«, so die Regisseure Erich Joiner einer Geschichte und den Eingriffsmöglichkeiten des Users. von Meissen Porzellan
und Ben Tricklebank von Tool of North America. Die Bedie- Dass dieser das Geschehen bis zu einem gewissen Grad
nung der Site erinnert an die Drag-and-Release-Mechanik, selbst bestimmen kann, ist zwar prinzipiell ein Vorteil, doch
wie sie Wrangler etabliert hat. Die Marke lässt jedes halbe sollte diese Funktion nicht überstrapaziert werden. Denn
Jahr für ihre neue Kollektion einen interaktiven Film drehen sonst geht die Hintergrundgeschichte verloren und der
(siehe PAGE 04.12, Seite 11). Derzeit ist auf www.wrangler- User im schlimmsten Fall auch.
europe.com die »Keep true«-Kollektion in einem von Stink- Interaktive Videos können mit gut gemachtem Bewegt-
digital produzierten Film zu sehen. Hier löst der User mit bild überzeugen. Solange Story und Nutzerführung stimmen,
der Maus Aktionen in sogenannten Cinemagraphs aus, also bieten aber auch Seiten mit geringerem Produktionsbudget
in Stillfotografien, in denen sich nur ein kleiner Teil bewegt, und nutzergeneriertem Content eindrucksvolle Erlebnisse.
wie etwa Haarsträhnen im Wind. Das Feld ist offen für Experimente! nik

≥ PAGE Online
Die Links zu den
vorgestellten Sites
gibt es unter
www.page-
online.de/trend-
interactive-video
032 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

Q Die Kraft der greifbar gemachten Daten wurde im US-


Wahlkampf deutlich. Zum einen nutzten die Präsidentschafts-
kandidaten personenbezogene Daten, um unentschlossene
Wähler zu kontaktieren, zum anderen dienten Datenvisua-
lisierungen selbst als Überzeugungsargumente oder Vorher-
sagetools – so als träfen Daten vertrauenswürdigere, gül-
tigere Aussagen als Worte. Entsprechend heftig wurde Nate
Silver, Statistiker und Autor des »New York Times«-Blogs
»FiveThirty-Eight«, für seine mit mathematischen Modellen
errechneten Wahlprognosen kritisiert – mit denen er aller-
dings bei 49 der 50 Bundesstaaten richtiglag. Silvers brand-
neues Buch »the signal and the noise: why so many predic-
tions fail – but some don’t« landete sofort auf den Bestsel-
lerlisten. Die Faszination an seiner Arbeit liegt weniger im
Gestalterischen – visualisiert waren seine Vorhersagen in
simplen Liniendiagrammen – als im folgerichtigen Verknüp-
fen unterschiedlicher Quellen.
2013 wird das Jahr sein, in dem das Thema Datenvisuali-
sierung nach dem Hype dort Bedeutung erlangt, wo es hin-
gehört: als Informationsmedium. Und hier sind Gestalter mit
ihrer Fähigkeit zu visuellem, disziplinenübergreifendem Den-
ken gefragt. Bedingt durch die Krise der klassischen Jour-
nalismus, der die Digitalisierung lange Zeit ignoriert hat, aber
auch durch einfache Visualisierungstools wie Circos, Gephi,
Google Refine Basic oder Datawrapper werden visuelle Da-
tenanlaysen inzwischen auch in Deutschland außerhalb ex-
perimenteller Kunstaktionen ernst genommen.
In Zeiten von Big Data ist die visuelle Intelligenz von »Wir waren erstaunt, dass sich so viele Menschen für die
Kreativen gefragt, um komplexe Informationen verständlich Daten des Bundeshaushalts interessieren«, berichten Jo-
chen A. Zeitler, Kreativdirektor, und Christoph Krebs, Berater
und unterhaltsam zu gestalten und Konzepter bei Pixelpark, die die Anwendung anlässlich
des Tags der offenen Tür der Bundesregierung entwickelt
hat. »Durch die Komplexität der Datenmassen gewinnen vor
allem interaktive Grafiken an Bedeutung. Damit die Rezipi-
1
enten eigene Fragen an die dynamischen Datenkonstrukte
stellen können, müssen Designer vor dem Visualisieren al-
lerdings erst einmal selbst Thesen aufstellen.« Wichtig sei
ein Bewusstsein dafür, dass durch die Kraft der Bilder nüch-
terne Daten auf emotionale, subtile Weise bewertet werden
können. »In einem 3-D-Tortendiagramm etwa wirken die Seg-
mente im vorderen Bildbereich viel massiver als gleich große
Segmente weiter hinten«, erklären die beiden. »So müssen
sich Gestalter künftig mit dem Vorwurf auseinandersetzen,
den Betrachter durch Formen und Farben zu manipulieren.«

Um komplexe Zusammenhänge verständlich zu machen,


ist nicht nur Ordnungschaffen gefragt, sondern auch die
Kunst des Weglassens. »Wir brauchen nicht immer alle In-
formationen, sondern sind oft dankbar, weniges fokussie-
ren und einen Großteil ausblenden zu können«, sagt Sven
Ehmann, der Herausgeber der neuen Gestalten-Publikation
»Maps of the World«, die mit vielen illustrierten Karten einen
persönlichen Blick auf die Welt zeigt. »Die technischen Mög-
lichkeiten sind gigantisch, die menschlichen Bedürfnisse
vielfältig, aber im Einzelnen sehr überschaubar. Die größte
Herausforderung ist, relevante Geschichten aus den Daten-
mengen zu extrahieren. Es ist weder damit getan, irgend-
welche Daten zu visualisieren, noch damit, Daten irgendwie
zu visualisieren. Das Recherchieren und Entwickeln von The-
men, die interessant, wichtig oder auch unterhaltsam sind,
1 Pixelpark entwickelte eine interaktive Grafik zum Bundeshaushalt, die

den Nutzer involviert (www.bundeshaushalt-info.de). 2 Die neue


steht am Anfang.« Je komplexer die Fragestellung, desto
Gestalten-Publikation »Maps of the World« fokussiert mit individuellen mehr Zeit und Expertise wird diese Vorarbeit in Anspruch
Kartendarstellungen anstatt eines vollständigen Überblicks die persön- nehmen. So entstehen neue Berufsbilder und Teamkonstel-
lichen Interessen der Kartengestalter und -nutzer. 3 Studio NAND lationen. »Der inhaltlich-redaktionelle und konzeptionelle
entwickelte emoto zusammen mit Informationsdesigner Moritz Stefaner
und Drew Hemment für das Digitalkulturfestival FutureEverything
Teil der kreativen Arbeit wird anspruchsvoller, die Rolle des
Gestalters aufgewertet«, prophezeit Ehmann.
PAGE 02.13 033

Gerade die schnellen, kleinen Storys, die sich mittels


Social Media erhaschen lassen, gewinnen an Bedeutung.
Das Berliner Studio NAND hat zu den Olympischen Spielen
eine Sentiment-Analyse anhand der Tweets visualisiert, die
während der Events die emotionalen Stimmungslagen auf
der ganzen Welt in Echtzeit aufzeigte (http://blog.emoto2012.
org ). Als Blog, App und Rauminstallation ließen sich neben
der allgemeinen Atmosphäre auch kleinere Geschichten ver-
folgen, etwa der außergewöhnliche Traffic, den die Kom-
mentare einer Boygroup verursachten. Ein großes Potenzial
bietet die Social-Media-Datenanalyse auch im Bereich Busi-
ness Intelligence, bei der Prozess- und Kommunikations-
optimierung in Unternehmen. Dabei ist es entscheidend,
dass Programmierer, Journalisten und Gestalter an einem
Strang ziehen, um gemeinsam Zusammenhänge zu analy-
sieren, Thesen und Geschichten ausfindig zu machen und
diese anschließend zu vermitteln.

Zunehmend kommt es darauf an, heterogene Datenarten


aus unterschiedlichsten Kontexten neu zu verknüpfen: Be-
wegung, Bild und Text; Personen mit Wetterdaten, intelli-
genten Materialien und Produkten. Dank unserer Personen-
informationen sammelnden Smartphones tragen wir ge-
wollt oder ungewollt zum »Quantified Self« bei. Die ständig
aktuellen Datenmassen machen Verhaltensweisen und Vor-
lieben sichtbar, auf die dann Produkte mit individualisierten
3
Anwendungen, wie etwa das smarten NikeFuel-Armband,
reagieren können. Self-Tracking, so prophezeit das Zukunfts-
institut in der Studie »Power of Openness«, werde zur Kul- Die Macht der Kreativen, Algorithmen hinter ästhetischen, menschenfreund-
turtechnik. Im Bildungs- oder Gesundheitswesen kann die lichen Interfaces und Produkten verschwinden zu lassen, geht auch einher mit
Selbstbeobachtung die intrinsische Motivation des Nut- der Verantwortung, die Konsequenzen zu bedenken. Möchte ich mich und mei-
zers befeuern. Eine tragende Rolle kommt dabei dem De- ne Umgebung mit technischen Geräten ständig optimieren? Woher stammen
sign zu, das durch Ästhetik und Gamification neugierig und wohin gehen all die Daten im Hintergrund? Und wer räumt den digitalen
macht und begeistert. Auch Räume, etwa für multisinnli- Datenmüll auf, den wir auf gigantischen Servern hinterlassen? Ebenso wichtig
che Markenwelten oder im medizinischen Kontext, werden wie die derzeit viel zitierte Resilienz, die flexible Widerstandsfähigkeit in einer
durch die Steuerung von Produkten, Sound und Licht im- sich immer schneller drehenden Welt, dürfte das Bewusstsein dafür sein, diese
mer stärker individuell justierbar. aktiv mitgestalten zu können. wl
034 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

Q 1,3 Millionen Dollar für die Neuerfindung der Glühbirne,


Die kollektive Finanzierung von Designprojekten hat sich
8,5 Millionen für eine ungewöhnliche Spielekonsole und
etabliert. Nun geht es darum, auch die Umsetzungsprozesse 10 Millionen für eine E-Paper-Uhr: 2012 ist Crowdfunding im
professionell zu gestalten Designbereich in die Dimension siebenstelliger Projektbud-
gets vorgestoßen. Die kollektive Finanzierung von Projek-
ten durch viele kleine Einzelbeträge ist damit seinen Kinder-
schuhen entwachsen. Allein auf der führenden amerikani-
schen Plattform Kickstarter wurden 2012 über 300 Millionen
Dollar in mehr als 20 000 erfolgreiche Projekte investiert.
Welche Chancen und Probleme entstehen dadurch und wo
führt die Reise 2013 hin?
Eine eigene App, ein Magazin oder ein Produkt auf den
Markt zu bringen, davon träumen viele Gestalter. Aber Pro-
duktentwicklung ist ein äußerst komplexer Prozess, und
komplexe Prozesse sind teuer. Deshalb ist dies die Domäne
von Mittelstand und Konzernen – bisher! Wurde Crowdfun-

2
PAGE 02.13 035

ding in seiner Anfangszeit eher als Finanzierungsmöglich-


keit für kleinere Liebhaberprojekte mit Do-it-yourself-Ethos
genutzt, gibt es inzwischen immer häufiger Kampagnen,
die hohe Budgets einzuwerben versuchen, um aus Entwür-
fen massengefertigte Produkte zu machen.
An eine Idee zu glauben hat sich für Eric Migicovsky aus-
gezahlt. In seinem Fall: eine Armbanduhr, die anzeigt, wenn
ihn jemand anruft. Von Silicon-Valley-Investoren verschmäht,
sammelte sein Smart-Watch-Konzept auf Kickstarter 10 Mil-
lionen Dollar von 65 000 Unterstützern ein – bei einem ur-
sprünglichen Finanzierungsziel von 100 000 Dollar. Das macht
Pebble zum bisher erfolgreichsten Crowdfunding-Projekt
weltweit. Mit dieser überwältigenden Response hatten der 3

25-Jährige und sein zehnköpfiges Team allerdings nicht ge-


rechnet, die eigentlich nur rund 1000 Uhren herstellen woll-
ten. Die nicht erwartete Größenordnung und fehlende Er- ßerdem muss jedes Projekt unter der Überschrift »Risk & 1 Dirk von Gehlen,

Redakteur und
fahrung in der Produktentwicklung führten dazu, dass sie Challenges« beschreiben, welche Probleme auf die Produ-
Social-Media-Leiter
Pebble nicht zum geplanten Termin ausliefern konnten. Das zenten zukommen könnten. bei der »SZ«, will mittels
sorgte für Unmut bei den Unterstützern, die mit ihrer Inves- Crowdfunding sein
tition Uhren vorbestellt hatten. Diese Präzisierung weist auf eine Entwicklung im Crowd- Buchprojekt »Eine neue
Version ist verfügbar«
funding hin, die sich 2013 weiter verstärken wird: Professio-
realisieren ( www.enviv.
Ein großes Problem des Crowdfunding-Prinzips zeigt sich nalisierung. Der Trend geht vom Einer-macht-Alles hin zu de ). Dabei geht er
hier, das 2012 virulent geworden ist: Idee und Umsetzung erfahrenen Teams, wie bei der Android-Konsole OUYA. Die der Frage nach, wie die
sind zwei Paar Schuhe. Eine Studie der Universität Penn- Entwicklerin Julie Uhrman, seit vielen Jahren in der Video- Digitalisierung Kunst
und Kultur verändert.
sylvania hat ergeben, dass nur 25 Prozent der Kickstarter- gamebranche tätig, suchte sich ein Team von Developern
Squiech Design

Jeder Unterstützer
Projekte im anvisierten Zeitrahmen fertig werden und auch und Beratern, um ihre Idee zu verwirklichen: eine 99-Dollar- erhält ein individuali-
nach 8 Monaten Verspätung nur 75 Prozent Vollzug melden Konsole auf Android-Basis, für die jeder Spiele oder Hard- siertes, von Squiech
können. Die deutliche Überfinanzierung führt meist zu Ver- ware-Peripherie entwickeln kann. Design in München
gestaltetes Cover.
zögerungen, da die Macher mit neuen Dimensionen konfron- Julie Uhrman finanzierte ihre Idee zuerst nicht mit Crowd- 2 Handfeste Reflexion
tiert sind. Vereinzelt gibt es sogar Projekte, die gar nicht zum funding, sondern holte klassische Investoren ins Boot. Erst der schnelllebigen
Abschluss kommen. ZionEyez, eine Sonnenbrille mit inte- als die Konsole annähernd Produktionsreife erreicht hatte, Internetkommunikation:
grierter HD-Kamera und Facebook-Direkt-Upload, scheint ging sie damit auf Kickstarter, wo 63 000 Unterstützer stol- »The Manual« ist ein
aufwendig gestaltetes
ein solcher Rohrkrepierer zu sein. Das Projekt übertraf zwar ze 8,5 Millionen Dollar investierten. Da der Markteintritt im Printmagazin über
schon im Juli 2011 sein Finanzierungsziel, doch noch immer Videospielesektor ein teures Unterfangen ist, sucht Uhrman Webdesign. Dank einer
existieren nicht mehr als ein paar schicke 3-D-Renderings jetzt weiter nach Investoren, was durch die Kickstarter-Kam- erfolgreichen Kickstarter-
und ein Prototyp, der nicht funktioniert. pagne wesentlich leichter geworden sein dürfte. Denn da- Kampagne zum Launch
hat Andy McMillian aus
Beispiele wie dieses führen dazu, dass Stimmen laut wer- mit hat das OUYA-Team den Beweis geliefert, dass Nachfra- Belfast inzwischen die
den, die die Plattformbetreiber in die Pflicht nehmen wol- ge vorhanden ist. Außerdem brachte sie viel Aufmerksam- dritte Ausgabe veröffent-
len. Da sie gut am Crowdfunding verdienen (4 bis 10 Pro- keit für ihre Idee, was mit einem klassischen Launch nicht licht. Das Heft trägt
zent der Finanzierungsgelder), sollen sie gefälligst sicherstel- zu erreichen gewesen wäre. sich bereits selbst.
3 Erst durch Crowd-
len, dass die versprochenen Produkte ausgeliefert werden. Crowdfunding ist noch immer ein junges Phänomen. Kick- funding konnte Eric
Kickstarter hat auf die Kritik reagiert und die Bedingungen starter gibt es seit 2009, deutsche Plattformen wie Startnext Migicovsky seine Idee
bei Produktdesignprojekten verschärft. Gleichzeitig stellte sind erst seit Ende 2010 am Start. Einige Internetnutzer ken- für die E-Paper-Uhr
Pebble verwirklichen.
das Unternehmen in dem Blogartikel »Kickstarter is not a nen das Konzept noch nicht, viele sind skeptisch was zum
4 Bei der Spielkonsole
Store« klar, dass man als Crowdfunder unfertige Ideen unter- Beispiel die Zahlungsmodalitäten angeht. Und doch zeigen OUYA gab es bereits
stütze und keine fertigen Produkte vorbestelle. 3-D-Rende- die hier vorgestellten Beispiele, welche Möglichkeiten Crowd- erste Finanziers, als das
rings sind mittlerweile in den Produktpräsentationen ver- funding für die Produktentwicklung bietet. Die Chancen ste- Projekt auf Kickstarter
gelauncht wurde
boten, stattdessen muss man entweder auf Zeichnungen hen also gut, dass sich die Schwarmfinanzierung 2013 auf
zurückgreifen oder funktionierende Prototypen zeigen. Au- breiter Ebene durchsetzt. Simon Ruschmeyer

4
036 PAGE 02.13 TITEL Trends 2013

Statt fertiger Objekte schaffen Designer zunehmend


Lösungen, mit deren Hilfe User Kreationen erweitern und
so selbst zu Produzenten werden können
2

Robots In Gastronomy
Foto: MakerBot; alle anderen Abbildungen: © IKSV

schickte während der


Design Biennale in Istanbul
einen mobilen 3-D-Drucker
auf die Straße, der aus Käse
oder Nutella »Hightech-
Food« fabrizierte. 2 Der
selbst gebastelte Arduino-
Geigerzähler stammt aus
dem Tokyo HackerSpace.
3 MakerBots neuer 3-D-

Drucker Replicator 2
ist schneller und leistungs-
fähiger – allerdings nur
noch zum Teil Open Source

Q Im September brachte MakerBot den Replicator 2 he- Spagat zwischen Hackerkultur und Industrie, wie das etwa
raus. Dieses Modell ist momentan der technologisch am Apple mit OS X gemacht hat, als das Unternehmen Elemente
weitesten fortgeschrittene Desktop-3-D-Printer: Er druckt aus dem freien Linux-System integrierte.
energiesparender, kann um ein Drittel größere Volumen 2013 ist das Jahr, das uns der »dritten industriellen Re-
generieren und besticht mit einer Detailgenauigkeit von bis volution«, wie sie der Ökonom Jeremy Rifkin in seinem
zu 100 Mikrometern. Die Open-Source-Gemeinde zeigte sich gleichnamigen Buch entworfen hat, einen großen Schritt
allerdings skeptisch, denn anders als seine Vorgänger ist näherbringen wird. Rifkin versteht unter dem Begriff den
die Zusammensetzung des Replicator 2 nur noch zum Teil Übergang zu erneuerbaren Energien und Smart-Grid-Tech-
offen zugänglich. Dafür gelingt MakerBot mit ihm aber der nologien. Als Bestandteil eines neuartigen industriellen
PAGE 02.13 037

Produktionsprozesses gehört auch der 3-D-Druck zu dieser auch den Seismografen AlarmaSismos, den der 14-jährige
Entwicklung. Dank der immer erschwinglicheren Technolo- Chilene Sebastian Alegria gebaut hat. Mithilfe eines Arduino-
gien hat sich in den letzten Jahren die Maker-Bewegung Microcontrollers ist das Gerät mit Twitter verbunden und
formiert – getragen von Open-Source-Software und -Hard- sendet bei einem Erdbeben automatische Twitter-Warnun-
ware sowie Designkonzepten, die den User mehr in die Ent- gen. »Ein solches Projekt hat größte soziale Auswirkungen,
stehung von Produkten einbinden. Dazu gehört auch das stammt aber nicht von einem Designer. Das heißt natürlich
Open-Design-Konzept, bei dem die Mittel und Anleitungen nicht, dass Design überflüssig wird – aber die Rolle des De-
öffentlich zugänglich gemacht werden, um diese gemein- signers hat sich verändert«, so Joseph Grima.
schaftlich zu verbessern. Eine weitere Variante dieses Den- Als ein weiteres Beispiel führt Grima den italienischen
kens ist Open Processes, ein Prozessmanagementansatz, Interaction Designer Massimo Banzi an, der die Entwicklung
der darauf abzielt, Arbeitsabläufe transparent und vernetzt des Arduino-Chips angestoßen hat. »Banzi steht für einen
zu gestalten. So soll zum Beispiel durch die Einbeziehung neuen Prototyp des Designers: Er produziert nicht mehr
der Community über Social-Media-Kanäle die Entwicklung Objekte, sondern Systeme. Er produziert eine Plattform,
eines Produkts verbessert werden. die es allen ermöglicht, selbst zu produzieren. Heute schließt
Design alle Bereiche von der Architektur über die Stadtent-
Dass die Idee des Open Designs in der Gesellschaft ange- wicklung bis zum Programmcode ein. Die Demokratisierung
4 Beim Projekt »Open
kommen ist, offenbarte kürzlich die »Adhocracy«-Schau im von Technologien, der Zugang zu ihnen geht mit einer kul-
Structures« stellen
Rahmen der Istanbul Design Biennale. Da wurden die Aus- turellen Veränderung einher: in Richtung mehr Offenheit, Designer standardisier-
stellungshallen mal eben zum DIY-Maker-Treffen umfunk- Kollaboration und Teilen. Das hat Auswirkungen auf alle te Bauanleitungen
tioniert. Zu sehen waren richtungsweisende kollaborati- Aspekte des täglichen Lebens.« für Alltagsgegenstände
wie Staubsauger
ve Projekte wie »OpenStructures« von der Arbeitsgruppe Das Konzept der Partizipation an sich sei nicht neu, so
oder Toaster frei zur
4Dimensional Design des Department of Architectonic Joseph Grima: Bereits in den 1970er Jahren hatte eine Archi- Verfügung (www.
Engineering Sciences an der Freien Universität Brüssel. Das tektengeneration um den Vordenker Giancarlo De Carlo ge- openstructures.net).
5 Das belgische
Team um Thomas Lommée ermutigt jeden Gestalter, an- nau diese Ideen. Doch erst mit der bezahlbaren Technik und
Designstudio Unfold
hand eines festgelegten Rasters Objekte zu entwerfen und dem über das Internet jederzeit und via Smartphone auch
eröffnete in der
die Anleitungen zum Nachbau zu veröffentlichen. Anhand überall verfügbaren Wissen können mehr Menschen expe- »Adhocracy«-Schau
der standardisierten Bastelanleitungen kann jeder Interes- rimentieren und Produkte so gestalten, wie sie es möchten. einen Arbeitsraum
sierte, so die Idee, Alltagsobjekte wie Staubsauger, Toaster Dabei spielt es keine Rolle, ob das Ergebnis perfekt geformt mit Shop, in dem auf
Basis der Unfold-Ent-
oder Wasserkocher selbst zusammenbauen. ist oder nicht, denn bei der Open-Design-Bewegung stehen würfe Keramikvasen
Ähnlich, aber mit 3-D-Printing, arbeitet das Studio Un- die Idee und das Ausprobieren im Vordergrund – als Trieb- per 3-D-Drucker
fold aus Antwerpen: Die Designer generierten 3-D-Druck- feder für spätere kommerzielle Umsetzungen. vd produziert wurden
daten für Keramikschalen und -vasen, die sie dann mehre-
4
ren türkischen Designern zur Verfügung stellten. Die Ergeb-
nisse variierten je nachdem, mit welchen Drucker und wel-
chen Einstellungen, etwa unterschiedlichen Farben, sie die
Objekte produzierten. Diese verkaufte Unfold dann unter
dem Namen desjenigen, der sie ausgedruckt hatte, in ihrer
Statigraphic Manufactury, einer Kombination von Shop und
Werkstatt, mit der die belgischen Designer an der »Adho-
cracy«-Schau teilnahmen.
Von einer völlig neuen Seite geht die Robots In Gastro-
nomy Group den 3-D-Druck an: Die Architekten Luis Fraguada
und José Ramón Tramoyeres entwickelten zusammen mit
dem spanischen Starkoch Paco Morales »Hightech-Food«,
das sie aus Nutella und Käse per 3-D-Drucker herstellten.
Für die Designbiennale montierten sie das Gerät auf einen
Schubkarren und bauten ein wildes Vogelkostüm drumhe-
rum, wobei die Federn aus Holzspänen und aus den Plastik-
folien stammten, auf die der 3-D-Drucker die Foodgebilde
5
spritzte. Damit fuhren sie durch die Straßen Istanbuls und
gaben auch einen Workshop an der Technischen Universität,
um 3-D-Food-Printing einer breiteren Öffentlichkeit vorzu-
stellen. Luis Fraguada sagt: »Mit dem fahrbaren 3-D-Food-
Printer können wir mit jedem interagieren – über die Design-
community hinaus. Jeder Mensch hat eine eigene Meinung
zu Essen, das ist sehr persönlich. Das Projekt musste mobil
sein, um die Leute zu erreichen.«

Kurator der »Adhocracy«-Schau war Joseph Grima, Chef-


redakteur des italienischen Architektur und Designmagazins
»Domus«. Er erklärt: »Wir erleben gerade einen tiefgehen-
den Umschwung in der Art, wie Objekte hergestellt werden.
Es geht nicht einfach nur um den industriellen Fertigungs-
prozess, sondern um die kulturelle Beziehung, die wir zu Pro-
dukten haben.« Heute könne praktisch jeder ausgefeilte
Objekte kreieren. Die Ausstellung präsentierte zum Beispiel
*
PRAXIS

INFOGRAFIK
Visual Storytelling – Workflows & Cases
zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht. Bei Stornierung der Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 31.01.2013 berechnen wir 50 Prozent, ab 01.03.2012 100 Prozent
Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung
an. Sie ist sofort nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage der Veranstaltung seitens der Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll

Die Agenda Das Seminar


1. Das Wesen der Infografik – QDie Infografik erlebt einen wahren Boom: in Magazinen und Zeitungen
Stärken und Schwächen ebenso wie in Geschäftsberichten und Firmenpräsentationen, in Internet und
der Teilnahmegebühr. Die Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist jederzeit möglich. Es werden nur schriftliche Stornierungen oder Namenswechsel akzeptiert. Es gilt der Poststempel.

Wo sind die Grenzen zur Illustration, zur reinen TV. Damit entwickelt sich ein überaus vielseitiges, grenzüberschreitendes
Visualisierung und zur Kunst? Was kann und Tätigkeitsfeld für Grafik- und Kommunikationsdesigner, für Illustratoren und
muss eine Infografik leisten, und wie setzt man Fotografen, für Interaction Designer und Animation Artists. Infografiken
diese sinnvoll ein? Was unterscheidet eine können vielschichtige Inhalte rasch veranschaulichen. Doch je schneller und
journalistisch geprägte Grafik von einer Visuali- komplexer die Kommunikation insgesamt wird, umso achtsamer muss der
sierung in der Unternehmenskommunikation? Kreative mit der Datenaufbereitung umgehen. Mit einer ästhetisch faszinie-
Was sind die Gefahren und das Potenzial einer renden Visualisierung ist es nicht getan, es geht um Inhalte, Einsichten und
PR-Grafik? Inwieweit können sich Corporate die Macht des Bildes. Und genau hier liegt denn auch für Jan Schwochow die
Infographics an eine bestehende CI anpassen? eigentliche Herausforderung. Es wird immer schwieriger, gute und verlässliche
Quellen zu finden, um einen Sachverhalt korrekt und unverfälscht wiederzuge-
2. Vom Briefing über die Recherche zur ben. Der Grafik- und Kommunikationsdesigner ist schon lange nicht mehr nur
Umsetzung – Cases, Prozesse, Strategien reiner Gestalter, er ist zugleich Journalist und visueller Geschichtenerzähler.
Wie müssen die Basisinformationen für ein
gutes Briefing aufbereitet sein? Wie kommt Jan Schwochow erläutert im PAGE Seminar anhand konkreter Praxisbeispiele,
man an die relevanten Daten und damit auf wie eine Infografik entsteht – von der Recherche über die Skizze bis zur Rein-
die richtige Idee? Ist weniger mehr oder zeichnung und Animation. Er bietet tiefe Einblicke in die Arbeit eines Info-
mehr Information hilfreicher? Wie gewinne grafikers und beleuchtet das Spannungsfeld zwischen reiner Information und
ich den Kunden für die Idee? Wie läuft guter Gestaltung – wertvolles Know-how vom Designprofi für Designprofis!
die Abstimmung mit dem Auftraggeber?
Das Seminar »Infografik« findet am 8. April 2013 im Hotel Gastwerk, Hamburg,
3. Animation, Interaktion, Multichannel – von 9 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 648 Euro (zzgl. gesetzlicher
die Wahl der Mittel und ihre Kalkulation MwSt.). Die Gebühr* umfasst die Tagungskosten, Lunch und Kaffeepausen.
Wie setze ich Infografiken crossmedial ein? Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also schnell anmelden
Ist eine statische oder eine interaktive, unter www.page-online.de/seminar
animierte Grafik besser? Wie gestalte ich
den Workflow, um schon in der Ent-
wicklungsphase den unterschiedlichsten Der Referent
Nutzungsarten Rechnung zu tragen: als
App, Poster, Magazinseite oder PowerPoint- QJan Schwochow (44), Gründer und Geschäftsführer der Golden Section Graphics
Template. Wie kalkuliere ich eine Infografik? GmbH, gilt als einer der renommiertesten Infografiker weltweit und ist als erster
Wie verhandle ich die Nutzungsrechte? Infografiker Mitglied der ADC-Jury. Jan Schwochow und sein Team haben zahlreiche
nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, unter anderem bei den
Das PAGE Seminar mit Jan Schwochow lässt Malofiej Awards und den European Design Awards sowie beim ADC. Der Diplom-
genug Zeit für Fragen und Diskussionen und Designer blickt auf über 20 Jahre Erfahrung als Infografiker, Designer und Journalist
den Austausch der Teilnehmer untereinander. zurück. So war er unter anderem Ressortleiter und Artdirektor der Infografik-Abteilung
beim »stern« und als Artdirektor für Infografiken in der Entwicklungsgrafik des Verlags
PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG Milchstraße tätig. Zuletzt baute Jan Schwochow bei der Agentur KircherBurkhardt in
E-Mail: info@page-online.de Berlin eine Infografik-Abteilung auf, bevor er 2007 sein eigenes Unternehmen,
Telefon: +49 40 85183400 die Golden Section Graphics GmbH mit derzeit bis zu 15 Mitarbeitern gründete.
www.page-online.de/seminar Jan Schwochow ist Herausgeber und Chefredakteur des Magazins »In Graphics«.
040 PAGE 02.13

KREATION

Die Canon-Installa-
tionen »Neoreal«
in der Zona Tortona
zur Mailänder
Design Week 2012
PAGE 02.13 041

QWer zufällig in die verdunkelten Hallen stolperte, wur-


de von der magischen Raumatmosphäre aus Licht, Material
und Bewegung schier überwältigt. Im Rahmen der Mailän-
der Möbelmesse 2012 hatten Architekten, Designer und
Künstler für Canon die Ausstellungsreihe »Neoreal« mit digi-
tal-analogen Installationen zum Thema »In the Forest« be-
spielt. Das Ergebnis waren poetische Materialkompositio-
nen, mit Canon-Technik digital getunt.
Im ersten Raum mit dem Titel »Spring« war – als eine
Art imaginärer Wald – ein dreidimensionales Gitternetz aus
Klaviersaiten gespannt, auf das eine digitale Lightshow mit
Texten und Bildern projiziert wurde. Die filigranen, im sonst
dunklen Raum unsichtbaren Kunststoffsaiten glimmten un-
ter der Bestrahlung sachte auf und vermittelten dem Be-
trachter ein sonderbares Raumgefühl, das an der eigenen
Orientierung zweifeln ließ.
Der nächste Raum – »Pop In Fall« – führte durch mehre-
re zart fließende, wasserfallartige Textilvorhänge aus plis-
siertem, transluzentem Polyestergewebe. Eine poetisch ent-
schleunigte Dynamik entstand auf den Textilbahnen, die sich
durch den leichten Luftzug leise bewegten und gleichzeitig
mit farbenfrohen Bewegtbildern bespielt wurden. »Super
Nature«, die letzte Installation, bestand aus überdimensio-
nalen Projektionsflächen, schräg im Raum platziert, deren
Naturfotomotive über diagonal angebrachte Spiegel zurück-
geworfen wurden und den Betrachter so komplett umhüll-
ten. Dem vorsichtig vorantapsenden Besucher blieb nichts
anderes übrig, als sich dem ganzheitlichen Spektakel zu
überlassen und zu staunen.

Wunderbares im Alltag entdecken, sich freiwillig irritieren


und faszinieren lassen, kurzum: die Magie und Leichtigkeit
des Augenblicks zu spüren – das wünschen sich nicht nur
gestresste Großstadtnomaden. Mit Olafur Eliassons und
Anthony McCalls physikalisch-verspielten Kunstwerken zum
Vorbild, hat es sich die Kommunikationsbranche zur Aufga-
be gemacht, den Zauber in den Alltag zurückzuholen: auf
Messeständen oder Markenevents, überall dort, wo Räume
Menschen mit Spiegel-, Nebel-, Farb- und Lichteffekten
überraschend aus dem Alltag entführen können. Ein biss-
chen wie Kirmesattraktionen für Erwachsene verschaffen
sie den Betrachtern intensive Erlebnisse, indem sie die
Grenzen der Wahrnehmung ausreizen – das Markener-
lebnis wird also in das subjektive Empfinden des Rezi-
pienten ausgelagert.
Eine flüchtige Digitalprojektion, festgehalten auf einer
Wasseroberfläche; Spiegel, die Licht auf ungeahnte Weise
brechen; Schatten, die plötzlich ein Eigenleben bekommen:
Es sind die einfachen Wunder der Physik, die verzaubern.
Die Kombination aus natürlichen Phänomenen und digi-
taler Produktion verschleiert zuweilen, ob ein Effekt aus di-
gitalen oder analogen Quellen stammt. Dieses Spiel mit
den Dimensionen wirkt, als versichere man sich mithilfe
der digitalen Technik, dass es die analoge Welt noch gibt.

Super Nature
Wenn wir durch die mysteriösen Rauminstallationen hin-
durchwandern, wenn Spiegelungen die optischen Eindrü-
cke potenzieren und die Wahrnehmung foppen, wenn Ne-
bel ringsherum uns die Orientierung nimmt und grelle,
raumgreifende Farben eine leichte Übelkeit hervorrufen,
In der 3-D-Kommunikation überbieten Gestalter die dann stellen wir fest: Wir sind nicht nur Beobachter der
Welt, mit dem Like-Button als Werkzeug in der digitalen
Physik und verzaubern mit Installationen aus Spiegeln, Hand, sondern Teil davon. wl
Licht, Farbe und digitalen Effekten
042 PAGE 02.13 KREATION Magie in der 3-D-Kommunikation

spiegel
Der ökologischen Sanierung der vier großen Flüsse Koreas
widmete sich eine Ausstellung der EXPO 2012. Für den Four-
Rivers-Pavillon bei Gwangju hatte ART+COM die interaktive
Spiegelinstallation »River is . . .« gestaltet: Die 23 Quadratmeter
große, dreidimensional gefräste Wellenskulptur mit ihrer
glitzernd verchromten Facettenoberfläche stellt eine eingefrore-
ne Momentaufnahme des nah gelegenen Flusses Yeong San dar.
Darüber eine pendelnde Leuchte, die, je nach Lichteinfall, in die
Oberfläche codierte koreanische Schriftzeichen an die Wand
wirft. Die Besucher können mithilfe einer Taschenlampe auf der
unruhigen Spiegelfläche nach weiteren Schriftzeichen suchen,
die den Satzanfang »River is . . .« vervollständigen, zum Beispiel
mit ». . . the beginning« oder » . . . Culture«. Beruhend auf dem
Prinzip der Lichtbrechung auf Wasseroberflächen entsteht so ein
stimmungsvoller, scheinbar ganz analog produzierter Effekt,
der Kindheitserinnerungen an einen Sonntagnachmittag am
Ufer eines beruhigend funkelnden Flusses aufsteigen lässt.
»River is . . .« ist die Weiterführung von ART+COM-Projekten wie
der spiegelkinetischen Installation für Otto Bock oder dem
»Anamorphic Mirror« für die Deutsche Bank. Die Arbeit entwi-
ckelten die Designer in einem komplexen Prozess mit ver-
schiedenen digitalen Tools, um die genaue Lichtbrechung zu
berechnen, und zahlreichen physischen Prototypen. Aus vielen
kleinen, schräg angeordneten Spiegelflächen konstruierten sie
die ästhetisch fließende Wasserebene und lenkten zugleich die
Lichtstrahlen in die richtige Richtung, um mit der ART+COM-eige-
nen Leichtigkeit Schriftzeichen aus Licht an die Wand zu zaubern.
PAGE 02.13 043

wasser Unter dem Motto »The Living Ocean and Coast« stand das Thema
Wasser im Zentrum der EXPO 2012. Tamschick Media + Space aus
Berlin inszenierte den Schweizer Pavillon »Birth of an Ocean – It’s
in your hands«, der die Bedeutung der jahrtausendealten
Gletscher in dem Alpenland als lebenswichtige Trinkwasserspei-
cher über verschiedenen Ebenen hinweg multisinnlich und
immersiv vermittelte. Das Highlight war der Bereich der »Quelle
des Wissens«: ein ringsum komplett verspiegelter Raum am Ende
des Ausstellungsparcours. Er lebte von einer digitalen Bewegt-
bildshow mit Sound, die auf ein gefülltes Wasserbassin proji-
ziert war – und die sich zusätzlich, ähnlich wie in einem Kaleido-
skop, als zauberhaftes Glitzern an den verspiegelten Wänden
brach. Digital dargestellte Blasen, Tropfen und Eis trafen auf die
Wasseroberfläche und zerplatzen oder zerschellten, von
entsprechendem Sound begleitet. Dabei floss das Wasser vom
runden Beckenrand in die Mitte, sodass die Besucher beim
Blick in die Spiegel den Eindruck einer nach oben schießenden
Wasserfontäne erhielten und sich von Wasser umspült fühlten.
Oftmals bemerkten sie erst beim zweiten Blick, dass das Bassin
kein digitaler Riesenbildschirm, sondern tatsächlich gefüllt war.
Die fragile Schönheit des Elements Wasser wurde durch die drei
aufeinander bezogenen medialen Ebenen verstärkt: die digitalen
Visuals mit Bildern und Typo, den flüssigen »Real-Life-Screen« und
die visuelle Verfremdung der Installation durch die Spiegelung.
044 PAGE 02.13 KREATION Magie in der 3-D-Kommunikation

Wer beim Designers’ Saturday die


erste Präsentation von Sky Frame,
Hersteller rahmenloser Schiebe-
fenster, miterlebte, fühlte sich in
einen abstrahierten Sommer-
nachtstraum versetzt: Als Erstes
durchquerte der Besucher einen
dunklen Gang, um dann in einem
mit schwarzem Textil ausgeklei-
deten und einer Sitztribüne ver-
sehenen Raum zu gelangen. Zu
leiser Pianomusik öffnete sich in
kurzen Abständen drei groß-
flächige Schiebefenster, die den
Blick in eine reduzierte Märchen-
welt mit einem hinterleuchteten
»Mond« und lautlos schwe-
benden Glühwürmchen freigaben. Durch die Fenster konnte der Besucher den
Nachtraum betreten – um dort festzustellen, dass die vor dem Vollmond
herumschwirrenden Glühwürmchen aus fünfzig herabhängenden, mit einem
Ventilator in Bewegung versetzten LED-Lämpchen bestanden. Allein mit
den beiden Elementen Bühne und Licht erzählte Designer Hannes
Wettstein hier eine kompakte Geschichte, zu der das Sky-Frame-Produkt,
ganz zurückgenommen, lediglich das Tor darstellt.

licht
© Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com
PAGE 02.13 045

An der Schnittstelle von Design, Kunst


und Architektur, Live-Performance
und Digitalinstallation arbeitend, hat
United Visual Artists noch nie groß
zwischen analogen und digitalen Phä-
nomenen unterschieden. Die Instal-
lation der Londoner Kreativen mit dem
Titel »Always/Never« war im Herbst
ein Teil der Ausstellung »Let There Be
Light« im Gazelli Art House. Wie
eine Sonnenuhr aus einer Armada von
© Designers’ Saturday, www.susanabruell-photography.com

Lichtpyramiden zeigte sie das Ab-


laufen der Zeit an. Dabei bewegten
sich die Schatten der pyramiden-
förmig im Raum angeordneten LED-
Lichtstäbe und verformten sich zu
geometrisch-dreidimensional wirken-
den Körpern. Allein durch den

schatten
unterschiedlich starken Lichteinfall,
dank der gestaltpsychologischen
Gesetze, wurde die Wahrnehmung
des Betrachters in die Irre geführt
und die Grenzen zwischen 2-D-Ober-
fläche und Raum aufgehoben.

Beim Designers’ Saturday im schweizerischen Langenthal überzeugte


die Präsentation von Création Baumann, Produzent für innovative
High-End-Textilien, mit einem multisensualen Raumerlebnis. Es erinnerte
an die Atmosphäre aus »1001 Nacht«: Beim Flanieren durch die herab-
hängenden Stoffcoupons tauchten die Besucher in ein Farbenmeer ein
und wurden mit ihren Schattensilhouetten selbst zum Teil der Installa-
tion. Dabei waren die Textilmodelle mit ihren unterschiedlichen Gewebe-
strukturen, Mustern und Transparenzen jeweils mit Sound und farbi-
gem Licht gekoppelt, sodass die Stoffe als taktiles, visuelles und akusti-
#sches Produkt wahrgenommen werden konnten. Das jährlich wieder-
kehrende Event, das Design, Handwerk und Industrie verbindet, schaffte
es mit diesem Auftritt einmal mehr, den sinnlichen Faktor des Produ-
zierens süffig in Szene zu setzen – eine subtile Form von Storytelling, die
als subjektive, physische Erfahrung stattfindet. wl

farbe
046 PAGE 02.13 KREATION Nivea-Relaunch

Q Produktdesign muss man in die Hand nehmen, um es

Radikal zu verstehen«, konstatiert Jenny Fleischer, Global Head of


Design Management bei Beiersdorf in Hamburg. Und so
war der Musterkoffer mit Prototypen des neuen Designs

aufgeräumt
ihr ständiger Begleiter während des gesamten Relaunch-
prozesses. Eine Marke stringent aus dem Designmanage-
ment heraus zu überarbeiten, ist in Deutschland zwar noch
selten, bei einer Marke mit elf Produktkategorien wie Kör-
per-, Baby- und Haarpflege, der Submarke Nivea For Men,
Nivea hat einen umfassenden Markenrelaunch 1900 Produkten und 13 000 Länderadaptionen aber uner-
initiiert. Interessanterweise ist es das Designmanage- lässlich. Vielleicht ist die starke Einbeziehung des Visuellen
und Haptischen der Grund dafür, dass der neue, radikal
ment, das diesen Erneuerungsprozess steuert aufgeräumte Auftritt der Hautpflegemarke als klares State-
ment und zugleich völlig selbstverständlich daherkommt.
In den letzten Jahren hatte Nivea das Kernprodukt, die
Hautpflege, durch Markendehnung, zum Beispiel in die de-
korative Kosmetik, vernachlässigt. Auch die Designsprache
PAGE 02.13 047

Die Körperpflegeflasche wirkt


mit ihrer simplen, ikonischen
Form authentisch und nahbar.
Der abgeschrägte Deckel,
eine Referenz an die klassische
Cremedose, demonstriert
Zugeneigtheit. Der Relaunch greift
Megatrends wie Heritage,
Sustainability und True Values auf

wurde immer diffuser, es wimmelte von heterogenen For- dass in jüngeren Märkten wie Brasilien oder China die Of-
men, Schriften und Materialien. Um sich auf die Grundpro- fenheit für Veränderung größer ist als im Westen, wo der
dukte und -werte »Care, Trust & Family« zurückzubesinnen Durchschnittskonsument etwa 55 Jahre alt ist«, sagt Jenny
und die emotionale Bindung der Konsumenten zu Nivea zu Fleischer. Ein zu schneller, radikaler Rollout hätte die euro-
stärken, rief Beiersdorf 2010 eine Designmanagementab- päischen Konsumenten irritiert.
teilung ins Leben, die im Rahmen der Consumer Business
Strategie »Focus on Skin Care. Closer to Markets« den um-
fassendsten Relaunch der Markengeschichte startete.
Werteorientiert und am Puls der Zeit
Mitte 2012 zeigte Nivea das neue Logo erstmals auf eini- Auf die Macht der Kommunikation setzte Nivea schon früh.
gen Produkten und in der Kommunikation: vom vormals Als 1911 die Nivea-Creme, vom Chemiker Isaac Lifschütz ent-
rechteckigen hatte es sich zum runden, grafisch vereinfach- wickelt, auf den Markt kam, war sie die erste Feuchtigkeits-
ten Signet gewandelt. Ab Januar 2013 wird die neue redu- creme weltweit. Haltbarer als andere Hautpflegemittel, über-
zierte Formen- und Grafiksprache nach und nach zu sehen dauerte sie lange in den Ladenregalen. Die ersten Behälter
sein, etwa auf den Körperpflegeflaschen. Die internationale präsentierten sich im ornamentverzierten Art-déco-Look.
Umstellung der einzelnen Elemente erfolgt sukzessive über Bereits 1914 umfasste das Sortiment auch Sonnenschutz
mehrere Jahre hinweg – in den Schwellenländern schneller und Aftershave und war in 34 Ländern erhältlich. Aufgrund
als in Europa. »Unsere Marktforschungen haben ergeben, dieser frühzeitigen Allgegenwart der Marke, so berichtet
048 PAGE 02.13 KREATION Nivea-Relaunch

Fleischer, würden viele Konsumenten heute glauben, dass eine konkrete Designsprache, die im weiteren Prozess aus-
Nivea aus ihrem eigenen Land stamme. Dafür sei auch der differenziert wurde.
universelle Name – das lateinische Wort für »schneeweiß« – So wird etwa das Designattribut »As Little as Possible«
verantwortlich. Die bekannte blau-weiße Cremedose basiert in knappem, pointiertem Wording, einer metaphorischen
auf dem ersten Relaunch von 1925 (siehe unten), der damals Grafiksprache mit abstrakten Detailillustrationen und vor
mit einer Bauhaus-Grotestkschrift die Tendenz zur reduzier- allem im Logo sichtbar. Prägnant und minimalistisch, aber
ten Sachlichkeit widerspiegelte. frei interpretierbar, soll es die Einzigartigkeit der Marke un-
Die ikonische Aluminiumdose ist es auch, deren Form das terstreichen. Die erste Befürchtung, dass der Verzicht auf
neue Design, der Strategie »Own the Icon« folgend, über alle den dekorativen Silberrand im Logo auf Kosten einer hoch-
Markenelemente hinweg interpretiert. »Die Nivea-Creme wertigen Anmutung gehen könnte, bestätigt sich in den
ist eng mit Kindheitserinnerungen verknüpft und transpor- Marktforschungen nicht: »Ein hoher Weißanteil wirkt ähn-
tiert unsere Heritage punktgenau«, erklärt die Designma- lich«, meint die Designmanagerin. »Heute ist es die formale
nagerin. »Tradition im Allgemeinen und die Herkunft von Reduktion, die Ehrlichkeit und Wertigkeit vermittelt.«
Produkten wird immer entscheidender. Viele Frauen zum »Pure Geometry« wird in den schlichten Bodyflaschen
Beispiel nutzen neben High-End-Kosmetika unsere Haut- deutlich, die die zuvor asymmetrische Form ablöst. Eine
creme. Menschen wünschen sich Verlässlichkeit in einer Ausnahme ist der dem Nutzer zugeneigte Kopf des Behäl-
Welt, die sich immer schneller dreht.« ters: Als leiser Bruch in der seriösen Anmutung der milch-
Wie viele Marken derzeit setzt Nivea auf ein beinah mini- kannenähnlichen Flasche sorgt die schräge Fläche für eine
malistisches Designsystem, das sich über sämtliche Touch- dynamische, moderne Anmutung. Darauf geht auch der
points und Produktkategorien hinweg einfach, prägnant Designwert »Pleasure to Use« mit fließenden, handschmeich-
und flexibel anwenden lässt. »Dabei müssen die Unter- lerischen Formen ein. Und die gewölbte, geprägte Creme-
schiede zwischen einer Duschcreme und einer Bodylotion dose findet in leichtem Embossing des neuen Flaschen-
für den Konsumenten auch ohne Brille erkennbar bleiben«, deckels ihre Entsprechung.
erklärt Fleischer. »Bei der Körperpflege geht es beispiels- Während Nivea das Thema Nachhaltigkeit bislang nicht
weise um ›Innere Schönheit‹, beim Duschen um ›Transfor- kommuniziert hat, gehört »Sustainability« jetzt zu den De-
mation am Morgen‹.« So erhalten Produkte, in denen Par- signwerten: Durch die nun symmetrische Form wird bei der
fum eine Rolle spielt, einen farbintensiveren Look, wäh- Produktion der Flaschen 15 Prozent weniger Material ver-
rend das Design für Hautpflege mit einem hohen Weißan- braucht; 23 Prozent Einsparung ergab eine Verkleinerung
teil Reinheit vermitteln soll. der Flaschenlabels. Außerdem lassen sich beim Transport
12 000 Flaschen mehr auf einer Europalette unterbringen.
Das Attribut »Balance« wiederum zeigt sich in der An-
Entwicklung der Designsprache ordnung der Markenelemente und ihrer Größenverhält-
Wie lassen sich abstrakte Werte wie Pflege, Vertrauen und nisse, etwa einer übersichtlichen Navigationshierarchie.
Familie visualisieren? Wie verbindet man das traditions- Bemerkenswerte Erkenntnisse lieferte dazu die Marktfor-
reiche mit einem innovativen Image? Diese Fragen löste schung: Im neuen, kreisförmigen Logo fällt der weiße Nivea-
das Team bei Beiersdorf gemeinsam mit der Leadagentur Schriftzug bei gleicher Signetgröße kleiner aus als im alten,
fuseproject aus San Francisco. Die Wahl fiel auf fuseproject, rechteckigen Logo, was aber keinerlei Auswirkungen auf
weil Gründer Yves Behar für einen holistischen Gestaltungs- die Wiedererkennbarkeit hat – Größe ist offensichtlich nicht
ansatz steht, der von der Produktentwicklung über Packa- alles. »Tatsächlich gibt es ein Über-Branding«, so Fleischer.
ging bis hin zur emotionalen Markenwirkung reicht. Der »Wird ein Logo etwa am Point of Sale sehr groß platziert,
Produktdesigner übersetzte die Kernbegriffe zunächst in wirkt es zu dominant. Das passt nicht zu einer demokrati-
schen Marke wie Nivea.« Insgesamt wurde das neue Design
sehr positiv kommentiert: »Endlich wieder Nivea!«

Vom Research zum Markt


Eine wesentliche Aufgabe bestand darin, die Designwerte
an die Anforderungen in Badsituationen und am Point of
Sale anzupassen. So gefiel der abgeschrägte Flaschenkopf
den Testkonsumenten auffallend gut, berichtet Fleischer.
Ȁsthetische Gesichtspunkte bei der Kaufentscheidung sind
neben dem Nutzen nicht zu unterschätzen. Schließlich

1925 1935

1949 1959 1970 2007


PAGE 02.13 049

Rechts oben: Die verschiedenen Bildstile zeigen die Produktbereiche an, während die Motive,
etwa Gel, Creme, Flüssigkeit, Nutzen und Inhaltsstoffe kommunizieren. Die Keyvisuals
entstanden teils fotografisch, teils als fotorealistische Illustrationen. Links unten: Seit dem ersten
Relaunch 1925 hat sich Nivea stetig, aber vorsichtig weiterentwickelt. Das Festhalten an
Tradition beschert der Pflegemarke nun ein prägnantes Logo, das sich flexibel interpretieren lässt
050 PAGE 02.13 KREATION Nivea-Relaunch

Die neue Bodylotion-Flasche spart Material-


und Produktionkosten. Wie beim Hühnerei
gilt: Je gleichmäßiger die Materialdicke, desto
sparsamer. Die fließende Form mit ihrer
selbsttragenden Statik lässt eine ideale
Materialverteilung zu

sieht man Pflegeprodukte täglich im Badezimmer.« Um


die Wirkung des Produkts im Supermarktregal zu optimieren,
bieten viele Unternehmen flache, breite Verpackungen an.
Aber lässt sich auf diese Weise der Nivea-Grundwert »Care«
vermitteln? Statt auf Größe zu setzen, verstärkte die Marke
Weiß- und Blautöne, um für Wiedererkennbarkeit zu sorgen.
Der Marktforschung von Beiersdorf zufolge werden die prä-
gnanten, stark aufgeladenen blau-weißen Bodyprodukte mit
knapp 3 Sekunden Suchzeit im Regal um 20 Prozent schnel-
ler gefunden als vorher – und doppelt so schnell wie die der
Konkurrenz. Bemerkenswert: Die Veränderung der Logo-
form fiel den Testkonsumenten erst nach 8 Sekunden auf.
Nun folgte die Adaption der Marke für internationale
Märkte. Das betraf nicht nur die Kommunikation, sondern
auch die Produkte – etwa hautbleichende Pflege für das
Der sanfte, nahtlose Übergang
von Flaschenkappe zu -körper
reduziert Passungstoleranzen
und vermittelt Qualität

1963 1975 1981 1993 2004 2013


PAGE 02.13 051

asiatische Schönheitsideal, bräunender Sonnenschutz für


das südamerikanische – und ihr Packaging. In Brasilien sind
zum Beispiel parfümierte Produkte gefragt, die mit farben-
intensiverem Design visualisiert werden.

Designmanager als Übersetzer


Jenny Fleischer, die aus dem Marketing kommt, hält die Kom-
bination von Business und Design für zukunftsweisend: »Seit
tradierte Werte wie Ehrlichkeit und Vertrauen wieder wich-
tiger werden, gewinnt Design an Bedeutung, weil es Marken
aus ihrem Kern, dem Produkt, heraus entwickelt.« An der Um-
stellung des Auftritts arbeitete ein interdisziplinäres, inter-
nationales Team: Marketingleiter aller Regionen, die Abtei-
lungen Controlling und Global Sales, Packaging und Logistik.
Dabei steuert und moderiert das Nivea-Designmanagement-
Team, als eigene Abteilung im Brand Management angesie-
delt, alle Schnittstellen zwischen den Verantwortlichen, Un-
ternehmensbereichen und Kooperationspartnern.
Der komplexe Entwicklungsprozess erfolgte iterativ, un-
terteilt in drei Design-Freezes zu den Bereichen Konzept,
Grafik und Technik, die jeweils ein halbes Jahr dauerten. Mit-
hilfe der internen Marktforschungsabteilung wurden alle An-
sätze – die strategischen Werte, die Entwürfe, aber auch die
Vorgehensweise für den perfekten Launch des neuen De-
signs – regelmäßig überprüft. Hilfreich waren dabei News-
letter an die Beteiligten mit Informationen zum Stand der
Dinge. Und natürlich der Musterkoffer mit Modellen: Bei der
Durchsicht der Entwurfszeichnungen fand ein Kollege, dass
das Design nicht die Werte widerspiegelte. Als er die Formen
dann in die Hand nahm und eine persönliche Beziehung
dazu aufbauen konnte, änderte er seine Meinung. Design
funktioniert bei Nivea subtil und besonders über die Haptik.
Eine Herausforderung in ihrer Arbeit sei, so Fleischer, dass
Designmanagement als junge Disziplin noch nicht überall
Verständnis fände. »Deren Stärke liegt im ganzheitlichen,
umsetzungsorientierten Denken. Es geht darum, sich in die
Perspektiven der verschiedenen Unternehmensbereiche, der
Agenturarbeit und der Konsumenten hineinzudenken«,
meint sie. Das Konkretisieren von Ideen durch Modelle und
Guidelines sorgt dafür, dass sie sich auf ihre Praxistauglich-
keit überprüfen lassen und Zukunftsvisionen greifbar wer-
den. »Und in unserer schnelllebigen Gesellschaft ist es wich-
tig, dass sich jemand mit den Details und den Konsequen-
zen unseres Handelns auseinandersetzt.« wl

Die runde Flaschenform ist handschmeichelnd,


wird aber nicht schnell im Regal erkannt. Während die
großen Bodylotion-Flaschen nun runder ausfallen,
haben die kleinen, ovaleren leichte Ecken. Die gewon-
nene Breite dient dem »Shelf Impact« und der
»Squeezability«. Die Flasche lässt sich leichter zusam-
mendrücken, das Produkt besser entnehmen
052 PAGE 02.13 KREATION

QSkiliftgondeln, Konferenzräume im
Sadomaso-Look, Rutschbahnen – Goo-
gle lässt sich ziemlich viel einfallen, um
die verspielt-visionäre Atmosphäre ei-
nes Start-ups aufrechtzuerhalten. Doch
fördern quietschbunte Wände und Bäll-
chenschwimmbäder tatsächlich die Ar-
beit? Angesichts neuer Herausforde-
rungen stellt sich für Kreativagenturen
und Designstudios die Frage, mit wel-
chen Raumkonzepten sie effiziente, rei-
bungslose Abläufe und zugleich kre-
atives Arbeiten ermöglichen können.
Workfloworientierte Büroorganisation
klingt zwar nicht so lustig wie Rutsch-
bahnen im Büro (die ja keineswegs
ausgeschlossen sind), erleichtert aber
den Arbeitsalltag. Interdisziplinarität
steht dabei oft im Mittelpunkt. Immer
häufiger gruppieren Agenturen ihre
Mitarbeiter in Kundenteams, statt sie
nach Departments wie Kreation, Bera-
tung und Technik zu gliedern. »Die
Kommunikation im Team nimmt merk-
lich zu, wenn die Leute an einem Tisch
zusammensitzen. Das stärkt den Team-
geist, aber auch die Identifikation mit
dem Projekt«, sagt Elke Klinkhammer,
Executive Creative Director bei Razor-
fish in Frankfurt.
Die Digitalagentur bezog Mitte 2012
neue Räume im Frankfurter Ostend und
entwickelte dafür in Zusammenarbeit
mit Vitra das Konzept Agile Office (sie-
he Interview auf Seite 57). Mitarbeiter
sitzen flexibel in Teams zusammen,
feste Plätze gibt es kaum noch. Die
mobilen Schreibtische bieten keinen
Platz, sich häuslich einzurichten, Ar-
beitsmaterialien lagern in einer Schub-
lade, die am Ende des Tages in einem
Spint eingeschlossen werden kann.
Der Arbeitsraum sieht entsprechend
clean und unpersönlich aus. Damit die
Mitarbeiter sich nicht »heimatlos« füh-
len und den Kontakt zu ihren Disziplin-
kollegen nicht verlieren, hat Razorfish
sogenannte Vereinsheime geschaffen.
Dort können sich Kollegen aus Krea-
tion, Beratung oder Technik für Brain-
storming, Schulungen oder einfach nur
zum Plauschen treffen.

Die Vorteile von zusammensitzenden


Kundenteams liegen auf der Hand:
Fragen lassen sich auf Zuruf klären,
der Austausch zwischen den Diszipli-
nen erfolgt unmittelbarer. Darüber
PAGE 02.13 053

Ein langer Tisch im Empfangs-


bereich bei Razorfish in Frankfurt
lädt zum interdisziplinären
Arbeiten ein. Inspirieren ließ
sich die Agentur von Coffeeshops
und Coworking Spaces

Living Rooms
Agil, mobil, fließend: Wie Kreativagenturen und Designbüros ihre
Räumlichkeiten gestalten, um den Workflow zu optimieren
054 PAGE 02.13 KREATION Office-Design

hinaus entsteht an gemischten Ti-


schen häufig eine besondere Dynamik,
die die Ideenfindung beflügeln kann –
wie in den sogenannten War Rooms,
in denen sich in vielen Agenturen Pro-
jektteams zurückziehen, um zu brain-
stormen und das weitere Vorgehen zu
planen. Das war auch der Grund für
den Umbau des Hamburger Büros von
SinnerSchrader. Die Digitalagentur be-
auftragte eine interne Projektgruppe,
die in sechs Monaten ein System für
die Zusammenstellung von Teams und
reibungsloses Umziehen entwickelte.
Sie führte Einzelgespräche mit Mitar-
beitern, analysierte Arbeitsprozesse
und organisierte interdisziplinäre Mee-
tings. Ganz vorbehaltlos ging die Um-
stellung nicht vonstatten: »Wir mussten
an einigen Stellen Überzeugungsarbeit
leisten«, berichtet Andrea Spranger,
Bereichsleiterin Entwicklung, die das
Parkplatzähnliche Markierun-
Projekt maßgeblich begleitete. Heute
gen auf dem Boden zeigen
sitzen die Mitarbeiter nach Kunden
den Mitarbeiten bei Razorfish
geclustert zusammen, ein Übersichts-
mögliche Anordnungen
plan im Treppenhaus zeigt an, wo wel-
der Schreibtische, die den
che Teams zu finden sind.
Anschlüssen im Boden und
Um Umzüge zu erleichtern, hat je-
dem Lichteinfall angepasst
der Mitarbeiter einen rollbaren Contai-
sind. Unten: Das Vereinsheim
ner, Telefone lassen sich schnell um-
der Kreation kombiniert
stellen. Außerdem schaffte die Agen-
gemütliche Lese-Lounge
tur kleinere Tische an, die mehr Raum
mit bunter Bastelecke
lassen. Idealerweise bleiben bei jedem
Teamtisch ein, zwei Plätze frei für spon-
tane Besuche von Kollegen, die paral-
lel an einem anderen Projekt arbeiten.
Damit die Unit-Mitglieder untereinan-
der nicht den Kontakt verlieren, sitzen
sie immer mindestens zu zweit mit am
Tisch. Dazu gibt es wöchentliche Mee-
tings. »Der Austausch innerhalb einer
Disziplin erfolgt jetzt bewusster«, so
Spranger, »zugleich ist der Umgang mit
den anderen Disziplinen noch selbst-
verständlicher und lockerer geworden.«
Die Umzüge verlaufen bei SinnerSchra-
der mittlerweile problemlos, das Feed-
back ist Spranger zufolge durchweg po-
sitiv. Um die Organisation weiter zu ver-
einfachen, arbeitet die Agentur derzeit
an einer App, mit der man Arbeitsflä-
chen blocken, Kundenteams verorten
oder an einem Platz einchecken kann.

Eine agile Büroeinrichtung hat auch


ihre Grenzen. »Flexibel arbeiten und
seinen Container jeden Tag unter ei-
nen anderen Schreibtisch rollen mag
trendy sein«, sagt Sascha Hanke, Exe-
cutive Creative Director bei Kolle Reb-
be. »Häufige Umzüge können aber auch
die PS-Zahl eines Kreativen reduzieren.
Nicht jeder ist fürs Liquid Office ge-
schaffen.« Bei der Hamburger Kreativ-
agentur achten die Teamleiter darauf,
dass die Mitarbeiter sich gut ergän-
PAGE 02.13 055

zen und miteinander wohlfühlen. »Das auf agiles Arbeiten, sondern auch auf
Wichtigste ist, dass kreative Energie offene Arbeitsflächen und machen da-
erzeugt wird«, erklärt Hanke. »Und die mit gute Erfahrungen. Scholz & Friends
entsteht nicht unbedingt dadurch, dass in Berlin hat sich dagegen bewusst für
man jeden Tag woanders sitzt.« geschlossene Büros mit ein bis drei Ar-
Auch bei Scholz & Friends in Berlin beitsplätzen entschieden. »Wir haben
haben die Mitarbeiter feste Plätze. Um gemerkt, dass Großraumbüros für uns
trotzdem die Begegnung mit Kollegen nicht so gut geeignet sind. Der Lärm-
zu fördern, hat die Agentur auf jeder pegel ist unvereinbar mit kreativer Ar-
Etage eine Art Rundlauf geschaffen. beit«, sagt Dominik Thesing. Auch bei
»Wir haben bewusst verhindert, dass Kolle Rebbe sitzen die Mitarbeiter in
jeder nur einen Bewegungsradius von kleinen Gruppen in Büros zusammen.
fünf Metern hat«, sagt Dominik The- Allerdings sind sämtliche Wände aus
sing, Geschäftsführer Scholz & Friends Glas, sodass sich jederzeit Blickkontakt
Agenda, der an der Planung betei- zu den Kollegen herstellen lässt.
ligt war. Das Gebäude am Hackeschen Für Kreativagenturen ist es wichtig,
Markt befand sich noch im Rohbau, dass es Rückzugsmöglichkeiten für kon-
sodass die Agentur es in Zusammen- zentrierte Einzelarbeit sowie für Be-
arbeit mit dem Architekten Ivan Rei- sprechungen gibt. Bei SinnerSchrader
mann mitgestalten konnte. Es mutet sind das zum Beispiel kleine Denkzel-
an wie ein Konzerthaus – in Analogie len, bei Razorfish Arbeitsalkoven und
zum S-&-F-Leitspruch »Orchester der die Vereinsheime. Scholz & Friends Ber-
Ideen«. Den Mittelpunkt bildet ein Atri- lin hat dafür gleich das ganze Dachge-
um, das sich über acht Etagen bis zur schoss frei gehalten. Dort stehen vier
Glasdecke erstreckt. Natürlich ist der große Räume als War Rooms zur Ver-
Bezug eines neuen Gebäudes mit Mit- fügung, die durch Flügeltüren verbun-
spracherecht beim Ausbau ein wesent- den sind. Mit Stellwänden und mobilen
licher Vorteil bei der Bürogestaltung. Sitzmöbeln können die Mitarbeiter sich
die Räume nach ihren Bedürfnissen ein-
Großraum versus Einzelbüros – das richten. Telefone gibt es keine. Auch
ist meist eine Glaubensfrage. So setzen MetaDesign in Berlin stellt ihren Mit-
Razorfish und SinnerSchrader nicht nur arbeitern techniklose Räume zum
056 PAGE 02.13 KREATION Office-Design

Ideenspinnen und analogen Arbei-


ten zur Verfügung. »Die besten Ideen
entstehen nun mal oft nicht am Schreib-
tisch«, so Marion Richter, Head of Hu-
man Resources bei MetaDesign. Eine
Lounge mit Tischkicker und Tischten-
nisplatte bietet darüber hinaus Ablen-
kung, wenn der Kopf raucht.
Bei Kolle Rebbe können die Kreati-
ven auf einen sehr hanseatischen Rück-
zugsort ausweichen: Die Geschäftsfüh-
rung hat eine Etage in einem Wasser-
schlösschen neben dem Agenturge-
bäude in der Hamburger Speicherstadt
gemietet. Die Zimmer sind nüchtern
gehalten und nach Belieben mit Stüh-
len und Tischen möblierbar, es gibt
nur ein einziges Telefon. Mitarbeiter
beschreiben die Atmosphäre in dem
urigen Häuschen als offen und produk-
tiv, allein schon der Weg vom Büro dort-
hin helfe beim Abschalten.
Bei allen Überlegungen, wie sich
die Raumgestaltung und der Agentur-
workflow am besten verknüpfen las-
sen, sollte die Balance zwischen Effizi-
enz und den persönlichen Bedürfnis-
sen der Mitarbeiter eine maßgebliche
Rolle spielen. So klopfte Vitra in Work-
shops die Wünsche der Razorfish-Mit-
arbeiter ab und richtete sich bei der
Gestaltung der Vereinsheime komplett
nach ihnen. Und auch eine Neustruk-
turierung wie bei SinnerSchrader ist
ohne den Rückhalt bei den Mitarbei-
tern nur schwer umzusetzen. Die Ar-
beitswelt von Kreativen befindet sich
in einem stetigen Wandel – besonders
mit zunehmendem Projektgeschäft.
Ständiges Umziehen kann so manchen
zusätzlich belasten. So weigerte sich
ein Grafikdesigner bei Kolle Rebbe kürz-
lich strikt, seinen Arbeitsplatz zu wech-
seln, da er sich woanders nicht wohl-
fühlen würde. Selbstverständlich durf-
te er sitzen bleiben, wo er war. nik

Oben: Gemäß dem


Agenturleitspruch
»Orchester der Ideen«
ist das Berliner
Hauptquartier von
Scholz & Friends
aufgebaut wie ein
Konzerthaus. Kurze
Meetings werden
auch mal auf Schau-
keln abgehalten

Wer sitzt wo?


Ein Übersichtsplan im
Treppenhaus bei
SinnerSchrader zeigt an,
welche Kunden-
teams wo zu finden sind
PAGE 02.13 057

»Agilität bedeutet wandelbar


zu sein – auch räumlich«
lien und Unterlagen, die er über Nacht terdisziplinärer Treffpunkt, wo die Mit-
in einem Schließfach verstaut. arbeiter gemeinsam oder allein arbei-
Ist es in den Räumen nicht sehr laut? ten. Dabei haben wir uns von Coffee-
Wir haben schallschluckende Materia- shops und Coworking Spaces inspirie-
lien gegen den Lärmpegel eingesetzt. ren lassen. Auf dieser Ebene befinden
So sind etwa die Steckwände mit Stoff sich auch die Rezeption und zwei Kon-
bezogen und der Boden trittschallge- ferenzräume für Kundenmeetings –
dämmt. Wer Ruhe braucht, kann sich also ein ziemlich lebendiger Ort. Vom
Elke Klinkhammer, Executive Creative in eines der kleinen mobilen, akustisch Erdgeschoss gelangt man in einen
Director bei Razorfish, über das Raum- abgeschirmten Arbeitselemente von Zwischenraum, der zum ersten Stock-
konzept Agile Office, das die Agen- Vitra zurückziehen. Diese Alcove-Mö- werk führt – eine Art Multifunktions-
tur gemeinsam mit Vitra für den bel sind besonders bei den Communi- raum mit mobilen Projektionsflächen
Frankfurter Standort entwickelt hat ty Managern beliebt, die viel schreiben. für Präsentationen, Kinoabende und
Und damit sich niemand in unserem Events. Wir halten hier unsere Montag-
Wie kam es überhaupt zu der Ent- Agile Office heimatlos fühlt, haben wir morgenmeetings ab.
wicklung des Agile-Office-Konzepts? für die jede der Disziplinen eine Art Nutzen Sie ein System, das festhält,
Elke Klinkhammer: Unser altes Büro Vereinsheim geschaffen. wer wann wo sitzt?
war architektonisch schön, aber in sei- Ein Vereinsheim? Bei allen wechselnden Teamstruktu-
ner Ausrichtung statisch mit massivem Das sind Räume, die einer Disziplin ge- ren und Arbeitsplätzen ist es wichtig,
Mobiliar. Wir stellten fest, dass wir hören und vornehmlich von dieser ge- den Überblick zu behalten. Deswegen
mehr räumliche Flexibilität sowie de- nutzt werden. Die Mitarbeiter haben gibt es im Intranet einen Sitzplan, der
partmentübergreifende Konstellatio- diese Orte mitgestaltet; sie entspre- darüber informiert, welcher Mitarbei-
nen benötigten. Es ist in zahlreichen chen also ihren Bedürfnissen. Heraus- ter aktuell in welchem Team und an
Projekten sinnvoll, Kreation, Strategie, gekommen sind komplett unterschied- welchem Platz arbeitet.
Beratung und Technik zusammenzu- liche Konzepte: Die Kreation beispiels- Was passiert, wenn jemand an mehr als
bringen – auch räumlich. Zudem haben weise hat Raum für Ideen, Material zur einem Kundenprojekt arbeitet, also
wir unsere Arbeitsweise auf Scrum um- Inspiration wie Magazine, Spielzeug, eigentlich an zwei Orten gleichzeitig
gestellt: also weg von einem Wasser- aber auch technisches Equipment und sitzen müsste?
fallworkflow hin zu iterativen Abläufen. Möbel, die alles mitmachen. Im Ver- Dann richtet er seinen Arbeitsplatz
Wir planen ein Projekt im Vorhinein einsheim der Technikkollegen steht da- bei dem Team ein, in das er am stärks-
mit allen Arbeitspaketen durch, die gegen ein langer Tisch für Schulungs- ten eingebunden ist. Übernimmt er
Teams aktualisieren den Fortschritt situationen, und die Berater bevorzu- für einige Stunden eine Aufgabe für
regelmäßig selbst. Das ermöglicht es, gen Stehtische für kurze, informelle einen anderen Kunden, dann sucht er
schnelle und koordinierte Resultate zu Treffen. Die Räume sind offen und sich einen geeigneten Platz – ganz
schaffen. Beide Faktoren haben uns zu gleichzeitig abschirmbar, dank variab- wie er möchte.
einem Umdenken bewogen. Wir tes- ler Schiebeflächen. Wie funktioniert das mit der
teten das Agile Office in einem Pilot- Gibt es keine Chefbüros mehr? Telefonanlage?
projekt im alten Büro, und es kam bei Nicht wirklich, dennoch hat das Ma- Wir alle haben schnurlose Telefone, die
den Mitarbeitern sehr gut an. nagement einen Treffpunkt – einen ins WLAN integriert sind. Insofern ist
Und wie sieht das neue Büro aus? runden Tisch ohne feste Sitzplätze jeder Mitarbeiter stets über seine Fest-
Die Arbeitsfläche ist auf jeder Etage und eine kleine Lounge für Gespräche. netznummer erreichbar – unabhängig
ähnlich angeordnet: ein großer, offener Zudem gibt es ein paar geschlossene davon, wo er sich gerade aufhält.
Raum, der im Kreis verläuft, ähnlich Räume und kleinere Büros für ein bis Wie kam es zu der Zusammenarbeit
der Tartanbahn einer Sportanlage. Im vier Personen. Die sind verglast, so- mit Vitra?
Zentrum des Raums befinden sich dass Blickkontakt möglich ist. Dort Wir haben Architekten, die sich mit
Treffpunkte und Kommunikationsflä- können sich Teamleiter, zum Beispiel dem Thema Mobile Office beschäfti-
chen. Die Arbeitstische sind höhen- ein Kreativdirektor und ein Account gen, zum Pitch eingeladen. Vitra hat
verstellbar und lassen sich dank Rol- Director, zum Sparring zusammenset- uns sowohl mit ihrem Entwurf als auch
len jederzeit bewegen. Parkplatzähn- zen. Eine Ausnahme bilden die De- mit ihrer Denk- und Arbeitsweise über-
liche Markierungen auf dem Boden partments Finance und Human Re- zeugt, die unserer Herangehensweise
zeigen mögliche Anordnungen, die sources. Sie brauchen einfach einen ähnlich ist. So hat das Unternehmen
den Anschlüssen im Boden und dem festen Ort, damit sie immer zu finden das Projekt mit einem Workshop be-
Lichteinfall angepasst sind. Flexible sind, sowie Platz für abschließbare gonnen, um erst mal die Bedürfnisse
Steckwände erlauben es den Teams, Schränke und für Zweiergespräche. der Mitarbeiter abzuklopfen. Danach
sich voneinander abzugrenzen. Außer- Gibt es auch Orte, wo sich alle übernahm Vitra die Leitung und küm-
dem lässt sich an ihnen Arbeits- und Mitarbeiter begegnen können? merte sich um das Raum-, Licht-
Inspirationsmaterial aufhängen. Jeder Im Empfangsbereich steht ein langer, und Akustikkonzept sowie um Sonder-
Mitarbeiter besitzt eine mobile, selbst einladender Tisch, an dem jeder sit- anfertigungen wie die Arbeitstische
gestaltete Schublade für seine Utensi- zen und arbeiten kann. Er dient als in- und Steckwände.
058 PAGE 02.13 KREATION Jägermeister-Auftritt

Interaction First
Zum Start der neuen Kampagne hat Hi-Res! den digitalen Markenauftritt
von Jägermeister grundlegend überarbeitet

Q Mit einem Spot von Philipp und Tablets konsumiert, sollte die neue ten zwei, drei Jahre State of the Art ist«,
Keuntje und dem Claim »Wer, wenn Site die Marke nicht nur visuell insze- erklärt Mike John Otto, Geschäftsführer
nicht wir« läutete Jägermeister im Ok- nieren, sondern als eine Art Hub auch der Hamburger Hi-ReS!-Dependance.
tober eine neue Kampagne ein. Weni- deren Aktivitäten zentral bündeln und Der erste Schritt der Neukonzeption
ge Tage später ging die neue Website per Klick via Facebook, Twitter, Pinte- bestand im Sammeln und Clustern al-
Jaegermeister.de online. Deren Re- rest, Google+ oder per E-Mail teilbar ler relevanten Contentbausteine: Age-
launch konzipierte Hi-ReS!, seit vier machen. Um das Look-and-feel über al- Gates, Formulare und Icons ebenso wie
Jahren digitale Leadagentur der Mar- le digitalen Kanäle hinweg einheitlich Kampagnen, Banderolen oder Farb-
ke, die technische Umsetzung im Re- zu gestalten, entwickelte Hi-ReS! einen muster. Dabei wurde schnell klar, dass
sponsive Design lag in den Händen Interaction Styleguide, der nun sukzes- es nicht reichen würde, die alte Flash-
der Hi-ReS!-Schwesteragentur Syzygy. sive umgesetzt wird. »Für uns war es Seite zu ersetzen, sondern dass eine
Da die Kernzielgruppe digitale Inhalte wichtig, die Marke digital so aufzustel- neue Contentstrategie nötig war. »Alle
zunehmend über Smartphones und len, dass sie mindestens für die nächs- bisherigen Bausteine waren zwar mar-
kant, doch sie wurden jedes Mal neu
entwickelt«, so Otto. »Es war uns ein
Bedürfnis, aufzuräumen, den gesam-
ten Look zu verbinden und zu verein-
fachen.« Daher erstellte Hi-ReS! einen
Bausatz, der alles für Jägermeister in-
haltlich und visuell Wichtige aufführt.
Unzählige Wireframes und Flowcharts
entstanden, und parallel zum digita-
len Styleguide legte das Team die ers-
ten Templates und Prototypen an, die
sich neben dem Look besonders mit
den Funktionen und der Usability der
neuen Seite befassten.
Der neue Grundlook von Jaeger-
meister.de ist schwarzweiß, Highlights
werden orange eingefärbt. »Wichtig
war uns, den für Jägermeister charak-
teristischen Mix aus Tradition und Mo-
derne auch visuell zu transportieren«,
sagt Mike John Otto. »In der stilisier-
ten Banderole, die wir aus dem Fla-
schenlabel abgeleitet haben, kommt
dies exemplarisch zum Ausdruck.« Be-
sonders glücklich ist Hi-ReS! mit der
Um die Marke besser erlebbar zu machen, sind die vier Freunde aus dem Spot auch
integraler Teil der digitalen Kampagne. Diese entstand in Kooperation zwischen Philipp
und Keuntje und Hi-Res!, die für den digitalen Markenrelaunch verantwortlich war

Der TV-Spot von Philipp und Keuntje läutete die neue Jägermeister-Kampagne ein. Mit dem Claim »Wer, wenn nicht wir«
positioniert sich der Kräuterlikörhersteller als Marke für besondere Gemeinschaftsmomente
PAGE 02.13 059

Moodboard und Styleguide dienen als Orientierungs-


hilfe für digitale Kanäle und können auch von anderen
Jägermeister-Agenturen genutzt werden

Einführung der neuen Schrift Solano, Kampagne haben die Agenturen in ei-
die die Frutiger im digitalen Umfeld nem gemeinsamen Workshop voran-
ablöst. »Die Solano sorgt für ein moder- getrieben und umgesetzt. Bei einem
nes Schriftbild, ist digital gut einsetz- von Jägermeister initiierten Hauptagen-
bar und hat Ecken und Kanten, was sehr turtag diskutierten alle Beteiligten die
gut zur Fraktur der Wortmarke passt.« Parameter, die für ein übergreifendes
Der digitale Styleguide ist weitgehend Markenverständnis wichtig sind.
fertig und gilt als Basis für Agenturen, »Die Entwicklung der Jägermeister-
die künftig digitale Projekte für Jäger- Kampagne und der digitale Relaunch
meister übernehmen. Hi-ReS! will den liefen zeitlich parallel. In regelmäßi-
Styleguide noch in Richtung Motion- gen Abständen haben wir uns gegen-
design und 3-D erweitern. So soll es In- seitig auf den neuesten Stand ge-
tros und Outros geben, die vor und bracht – und gesehen: Es läuft alles
nach Videos geschaltet werden, um Hand in Hand«, meint Robert Müller,
diese wie bei klassischen Motionde- Kreativdirektor bei Philipp und Keuntje.
signtrailern zu branden. Für Mike John Otto ist dies der Ideal-
fall: »Wenn man den kleinsten gemein-
Die Offenheit von Jägermeister gegen- samen Nenner findet, dann kann man
über dem »Interaction first«-Branding statt der Standards die gesamte digi-
verdankt sich der langjährigen Zusam- tale Bandbreite nutzen.« In vielen Fäl-
menarbeit mit Hi-ReS! und deren Schul- len finden heute Veränderungen im
terschluss mit den anderen beteiligten Bereich Marken- und Produktinszenie-
Agenturen. »Wir haben etwa Philipp rung zuerst im Digitalen statt. Die Stra-
und Keuntje sehr früh in die Entwick- tegie des »Interaction first«-Branding
lung des Styleguides einbezogen – und gibt der Marke Zeit, auf digitale Trends
sie uns umgekehrt in die Kampagnen- zu reagieren und bei entsprechendem
konzeption«, berichtet Mike John Otto. Bedarf anschließend in den anderen
Ideen zur digitalen Verlängerung der Bereichen nachzuziehen. fb
060 PAGE 02.13 KREATION

PAPIERWELT
Geschäftsführer Axel Scheufelen das
Patentiertes Blocker absolute Mindestengagement: »Weni-
Q Beim Wort »blickdicht« denkt man ger geht für uns nicht. Klimaneutralität
sofort an Strumpfhosen, in diesem Fall ist die neue Währung der ökologischen
aber geht es um das Papier Blocker von Nachhaltigkeit, und unser Handeln re-
lakepaper, das schon ab einer Stärke flektiert nicht mehr als ein Mindest-
von 100 Gramm hundertprozentig un- maß an Verantwortung, die wir über- spiele sollen Anregungen geben, wie Die Kunstschach-
durchsichtig ist. Auf dem Markt ist es nehmen müssen.« sich Gestaltungselemente aus frühe- tel »Presentation«
zwar bereits länger, jetzt aber bekam Das Programm umfasst folgende ren Epochen neu interpretieren und bietet Ideen für
lakepaper das weltweite Patent für die Punkte: Alle Metapaper-Papiere stam- mit aktuellen Trends kombinieren las- hochwertiges Ver-
Sorte und kann, da nun keine Nachah- men aus nachhaltiger Forstwirtschaft sen. Darüber hinaus zeigen sie, wie packungsdesign
mer mehr zu befürchten sind, richtig und sind entweder FSC- oder PEFC-zer- man hierfür innovative Veredelungs-
die Werbetrommel rühren. Zum Bei- tifiziert oder bestehen aus Recycling- techniken einsetzen kann, unter an-
spiel mit dem schönen Musterbuch, das material. Metapaper engagiert sich mit- derem Struktur- und Reliefprägungen
die Sorte vorstellt. hilfe des Vereins Click-for-Climate im oder holografische Designs. Interes-
Durch die maximale Opazität lässt Klimaschutz und unterstützt verschie- senten können ein kostenloses Exem-
sich Blocker beidseitig, auch mit kräfti- dene Projekte mit sozialer und ökolo- plar der Box per E-Mail (PMgraphics@
gen Farben bedrucken, ohne dass et- gischer Ausrichtung. Die Papiere wer- kurz.de) anfordern.
was auf die Rückseite durchscheint. Da- den so weit wie möglich mit regenera- ≥ www.kurz.de
mit eignet es sich besonders gut für tiven Energien produziert, momentan
beidseitigen Druck, etwa in Büchern, liegt ihr Anteil bei 74,66 Prozent. Das
Broschüren, Mailings oder als Überzugs- Unternehmen verzichtet zusätzlich auf
Synthetisches YupoBlue
material. Das weiße, FSC-zertifizierte die Zusammenarbeit mit chinesischen Q Papier Union nimmt das syntheti-
Papier besitzt eine angenehm weiche und indonesischen Papierlieferanten sche Papier YupoBlue in ihr Programm
Oberfläche und liegt in den vier Gram- und arbeitet mit transparenten Prei- auf. Das hochweiße Material reißt und
maturen 80, 100, 135 und 270 Gramm sen, die Investitonen für alle Beteilig- zerkratzt nicht, ist zu 100 Prozent was-
vor. Verschiedene Umschläge mit und ten planbar machen. serfest, splittert nicht ab und weist kei-
ohne Fenster sind ebenfalls erhältlich. ≥ www.metapaper.de ne Schlieren auf. Beim Druck überzeugt
≥ www.gmund.com das speziell für HP-Indigo-Systeme ent-
wickelte Papier nicht nur durch seine
Kunst aus der Schachtel Dimensionsstabilität, sondern auch da-
Weiß auf Blau Q Der Prägefolienhersteller Kurz stellt durch dass es sich ohne zusätzlichen
Q Der UV-Relief-Lack Eis von Achilles die zweite Ausgabe der Kunstschach- Primer verarbeiten lässt. YupoBlue ist
gibt Printprodukten eine frostige An- tel »Presentation« vor – diesmal steht von 150 bis 350 Gramm in fünf Gewich-
mutung – sowohl optisch als auch hap- sie unter dem Motto »Era«. Wie schon ten erhältlich. Außerdem gibt Papier
tisch. Er eignet sich bestens für die Dar- die erste macht die Box hochwertiges Union eine Preiserhöhung für grafische
stellung von Eis oder Schnee und lässt Verpackungsdesign erlebbar. Die sechs Papiere um 7 Prozent bekannt, weil die
sich zur Veredelung von Verpackun- enthaltenen Einzelschachteln reprä- Hersteller erneut ihre Abgabepreise
gen, Büchern oder Karten einsetzen. sentieren verschiedene Epochen wie anheben wollen. ant
Erzielt wird der Effekt durch das Auf- Jugendstil oder Flower-Power. Die Bei- ≥ www.papierunion.de
schäumen des Lacks und die Aushär-
Absolut blick-
tung des Schaumes. Neben allen ge-
dicht: Blocker
strichenen Papier- und Kartonsorten
von Lakepaper
lassen sich auch PE-, PP-, PVC- und
Polyester-Folien mit dem Siebdruck-
lack veredeln. Dabei kommen seine
Effekte – passend zum Winter – auf
blauem Untergrund außerordentlich
gut zur Geltung.
≥ www.achilles.de

Klimaneutrales Papier
Q Metapaper, Online-Service rund um
Papier und Print, stellt sein Nachhal-
tigkeitsprogramm Green Responsibili-
ty vor und bietet jetzt alle Papiersor-
ten klimaneutral an – für Metapaper-
062 PAGE 02.13

TYPO

Schwünge, Schleifen & Schraffuren


Sie begegnen uns auf Verpackungen und T-Shirts, in Kampagnen, Büchern und auch schon mal auf
Kaffeefiltern. Handgemachte Buchstaben liegen nach wie vor im Trend
PAGE 02.13 063

Kalligrafisch geprägt
sind die Arbeiten
von Niels Shoe Meulman,
Schöpfer des schönen
Begriffs »Calligraffiti«.
Zunehmend löst
sich der niederländische
Künstler vom Papier
und malt und schreibt im
urbanen Raum – wie
hier in Gold auf einer
Wand in Singapur.
Zunächst füllte er die
Mauer mit »UN«, dann
schrieb er in Gold mit
einem Zweig und einer
Bürste »shoe« darüber,
wobei beim o eine
Farbbombe explodierte
Foto: Adele Renault

Q Nicht totzukriegen sind manche gerade eine neue Produktlinie auf den Image zu befreien und zu neuer Leich-
Dinge. Dazu gehört die Vorliebe für Markt, deren Verpackungen auf von tigkeit zu finden. Dazu trägt auch das
Handgemachtes in der Typografie. Seit Hand gezeichnete Typo setzen. Auch Buch »Tintentanz« bei, das ein »Kalli-
Jahren hat Lettering hier Konjunktur, das Wort »Kalligrafie« hört man in letz- grafiekonzept« entwickelt, bei dem der
Tendenz weiterhin zunehmend. Nicht ter Zeit wieder häufiger. Die Kunst des Spaß und das Entdecken der eigenen
umsonst brachte der traditionsreiche schönen Schreibens scheint sich gera- Handschrift im Vordergrund stehen
Schokoladenhersteller Lindt mit Hello de von ihrem ein wenig verstaubten (siehe PAGE 01.13, Seite 62).
064 PAGE 02.13 TYPO Lettering und Kalligrafie

In ihrem handgeletterten Blog


Daily Dishonesty kombiniert
Lauren Hom eine gute Portion Humor
mit Typografie und Illustration

Apropos Bücher: Wie Pilze schießen dern auch Interviews mit Schriftkünst- selbe Verlag brachte bereits 2007 Mike
momentan Publikationen rund um das lern führt und Experten für fremde Perrys »Hand Job« heraus, das Artworks
Thema Lettering und Kalligrafie aus Schriftsysteme zu Wort kommen lässt von 50 Designern präsentiert und auch
dem Boden – ebenfalls ein Indiz dafür, (siehe PAGE 12.12, Seite 62). Bei Prince- mehr als 5 Jahre nach seinem Erschei-
dass der Trend sich keineswegs ab- ton Architectural Press erschien so- nen noch Inspirationen liefert. Der
schwächt. Das vermutlich fundiertes- eben »Sign Painters«. Auf 183 Seiten Gestalten Verlag publizierte mit »Let-
te und umfangreichste ist »Hand to stellen Faythe Levine und Sam Macon man« eine Monografie des niederlän-
Type«, in dem Herausgeber Jan Midden- 24 Schildermaler und ihre großartigen dischen Illustrators Job Wouters (sie-
dorp nicht nur Artworks zeigt, son- Arbeiten vor (siehe auch Seite 74). Der he PAGE 10.12, Seite 70). Ganz wunder-
PAGE 02.13 065

bar ist auch »Handgeschriebene Schrif- gen als unkonventionell, modern und
ten«, ein Flohmarktfundstück von Karin am Puls der Zeit.
und Bertram Schmidt-Friderichs, das Wo liegt eigentlich der Unterschied
gerade in seiner Unperfektion anrüh- zwischen Kalligrafie und Lettering? Kal- Der französische Designer Bruno, der
rend ist. Das mehr als hundert Jahre ligrafie ist immer handgeschrieben, Let- seinen Nachnamen nicht nennen
alte kleine Heftchen mit Vorlagen für tering kann auch im Computer entste- will, zeichnet all seine Buchstaben von
handgeschriebene Schriften hat Her- hen. Kalligrafie tendiert eher in Rich- Hand und erzählt mit ihnen Geschich-
mann Schmidt Mainz neu aufgelegt. tung Kunst, Lettering hingegen betont ten. Wie die des Brooklyner Mode-
die Anwendung. Jan Middendorp ver- labels TWTH (The World is Tired to
Die Beliebtheit von Lettering und Kal- gleicht in seinem Buch »Hand to Type« Hate), für das sein Studio BMD Design
ligrafie liegt vor allem darin begrün- Kalligrafie mit Live-Musik: »eine sehr das Branding sowie die Gestaltung
det, dass sie mehr Emotionalität und körperliche Aktion, die großes Kön- von Etiketten und T-Shirts übernahm
Authentizität vermitteln als eine durch-
schnittliche Satzschrift – Eigenschaf-
ten, die in der heutigen Zeit einen enor-
men Stellenwert haben. Schließlich ist
auch der Nostalgie- und Vintage-Trend
ungebrochen. Jan Middendorp vertritt
die Ansicht, Lettering sei deswegen so
populär, weil viele Leute selbst nicht
mehr schreiben könnten und deshalb
gerne einen Scriptfont nutzen oder ei-
nen Schreibkünstler beauftragten.
Angesichts des täglichen Informa-
tionsüberflusses haben zahlreiche Un-
ternehmen darüber hinaus das Ge-
fühl, dass sie in ihrer Kommunikation
etwas Besonderes brauchen, um sich
von anderen abzuheben. Lettering ist
da ein sehr beliebtes Stilmittel und –
nicht ganz unwesentlich – erheblich
günstiger als zum Beispiel ein aufwen-
diges Fotoshooting. So betrachtet Lindt
das Lettering auf den Hello-Verpackun-
066 PAGE 02.13 TYPO Lettering und Kalligrafie

nen, Selbstvertrauen und Geistes- in der Gestaltung entstehen, durch-


gegenwart braucht«. Lettering sei da- setzt von kleinen Details, die das Art-
gegen mehr wie eine Studioaufnahme. work interessanter machen. Sozusa-
Auch hier könne etwas Handgeschrie- gen perfekte Unvollkommenheit.
benes oder -gezeichnetes am Anfang Wie gut Illustration und Lettering
stehen. Doch werde dieses dann ge- zusammenpassen, demonstriert Steve
scannt und digital weiterbearbeitet. Simpson aus Dublin. Seine Bilder spie-
geln Einflüsse aus Design, Comic, Ani-
Gerade viele junge Gestalter beschäf- mation und technischer Illustration wi-
tigen sich mit handgemachter Typo- der, kombiniert mit einer Vorliebe für
grafie. Sie generieren frische Designs, Bücher und Werbeillustrationen aus
die analoge und digitale Techniken den 1950er und 1960er Jahren. Zudem
hemmungslos mischen und eine stim- liebt er es, wenn möglich, den Text als
mige Balance zwischen Traditionellem Teil der Illustration ins Bild zu integrie-
und Modernem finden. Simon Ålander ren. »Ich glaube, die Namen all der
beispielsweise studierte Digital Media Bands, die ich als Teenager kreuz und
an Schwedens Kreativkaderschmiede quer über meinen Schulranzen ge-
Hyper Island, liebt es aber, mit dem schrieben habe, prägen meine heutige
Stift auf Papier oder auch auf Kaffee- Arbeit weit mehr als Ausbildung und
filter zu schreiben. Der 24-Jährige be- Studium«, sagt Steve Simpson. Davon
zeichnet sich als Letterer mit einer Ob- abgesehen findet er es kreativer und
session für Schwungbuchstaben, Liga- häufig auch viel ökonomischer, kurz ein
turen, Schleifen und Strukturen. Er paar Buchstaben zu zeichnen, als sich
steckt eine Menge Arbeit in Details und durch Tausende von Fonts zu wühlen.
die Beziehung der Buchstaben unter- Sehr eng verwoben sind Analoges
einander. So soll ein natürlicher Fluss und Digitales auch bei Lauren Hom.

Thematisch voll im
Thema Kaffee sind
die Sprüche, die
Simon Ålander auf
die Filtertüten
schrieb. Der Kaffee-
junkie tat dies als
Gastbeitrag auf
einem seiner
Fade Street Social in Dublin vereint
Lieblingsblogs:
zwei Restaurants unter einem Dach:
Draw Coffee
The Gastro Bar und The Restaurant.
Besucher finden hier irisches Essen
und eine von Steve Simpson wunder-
bar gestaltete Speisekarte, die
schon allein den Besuch rechtfertigt
PAGE 02.13 067

Die Amerikanerin betreibt den hand- Texten. Alle ihre Designs beginnen als Die hier gezeigten Arbeiten aus
geletterten Blog Daily Dishonesty. Dort Handzeichnung im Skizzenbuch, die Schweden, Irland, den USA, den Nie-
dokumentiert sie nicht nur die kleinen sie dann allerdings scannt und weiter- derlanden und Frankreich sind ledig-
Lügen, die sie sich selbst regelmäßig bearbeitet. Typisch für Lauren Hom lich fünf von unzähligen anderen Bei-
erzählt – beispielsweise »Ich bin gar sind kräftige Farben, fette Buchsta- spielen, die belegen, dass Typo im
nicht hungrig« oder »Heute Abend ben und subtile, feminin verspielte Handmade-Look derzeit rund um den
trinke ich nur ein Glas Wein« –, son- Details. All dies nutzt sie auch in ihren Globus hohes Ansehen genießt. Von
dern kombiniert zugleich ihre Vorlie- kommerziellen Arbeiten, so zum Bei- mir aus kann dieser Trend noch lange
be für Typografie, Illustration und das spiel für YouTube. Zeit anhalten. ant
068 PAGE 02.13 TYPO Webfonts

Zukunft ist jetzt


Werden Schriften im Web mit OpenType-Features und funktionierender
Silbentrennung die Printtypografie imitieren oder einen eigenen Weg einschlagen?
Wir sprachen mit dem Berliner Typedesigner Tim Ahrens

Bis jetzt ging es beim Thema Webfonts vor allem darum, die Kombination würde einfach der Logik von CSS wider-
System- gegen individuellere Schriften auszutauschen und sprechen. Aktiviert man mehrere Features gleichzeitig in
so für mehr typografische Vielfalt zu sorgen. Wie sieht die einer Klasse, funktioniert es. 
weitere Entwicklung aus? Was ist mit Ligaturen?
Tim Ahrens: Die Webtypografie wird sich verfeinern und Auch hier gibt es leider keine Einheitlichkeit. Firefox stellt
mehr wie Print werden. Zugleich muss sie aber auch weg Ligaturen dar, Internet Explorer bis einschließlich Version 9
davon, das heißt, nicht mehr nur dieses Medium imitieren, gar nicht. Natürlich kann ich ein wenig tricksen: Einige Liga-
sondern einen eigenen Weg finden. turen haben eine Unicode-Nummer. Gebe ich die in den
»Mehr wie Print« – ist damit die Integration von OpenType- Quelltext ein, funktioniert es. Allerdings würde ich davon
Features gemeint? abraten, denn es ist nicht klar, ob Suchmaschinen oder
Genau, OpenType-Features, aber auch Trennungen oder Screenreader das richtig interpretieren.
Blocksatz funktionieren im Web noch nicht so gut. Das OT- Nun dienen Small Caps und Ligaturen ja vor allem der
Feature Small Caps beispielsweise, funktioniert mit Firefox Ästhetik – wie sieht es mit Blocksatz und Silbentrennungen
ohne Schwierigkeiten, mit Safari aber gar nicht, und Inter- aus, die ja auch die Lesbarkeit verbessern?
net Explorer unterstützt sie erst ab Version 10. Auf http:// Man kann in CSS Blocksatz und Silbentrennungen ange-
caniuse.com sieht man, was in welchem Browser geht. Un- ben, allerdings ist das noch nicht so ausgefeilt wie in InDe-
ter »Font Feature Settings« ist aufgelistet, ob sie OT-Fea- sign. Häufig erhält man drei, vier Trennungen untereinan-
tures unterstützen. Abgesehen von Kerning und Ligaturen der. Der niederländische Webentwickler Bram Stein hat ge-
können die Browser entweder alles oder nichts. rade das Tool Typeset fertiggestellt, das mittels JavaScript
Wenn manche Browser Small Caps nicht darstellen, sollte ich Silbentrennungen einfügt und vor allem auch intelligente
dann besser auf sie verzichten? Oder sage ich: Wer sie sieht, Zeilenumbrüche kann.
kann sich freuen, doch das Layout funktioniert auch ohne sie? Es gibt eine Reihe von Tools, die mittels JavaScript typo-
Das muss man abwägen. Es gibt Features wie Kapitälchen, grafische Stilmittel simulieren, etwa wie Lettering.js oder
mit denen ich gezielt gestalte und die deshalb browserkon- MathJax. Ist das sinnvoll oder sollte man warten, bis die
sistent sein müssen, sonst verzichte ich lieber. Andere Fea- Browser so weit sind?
tures, bei denen es um eine bevorzugte Variante geht, zum Allgemein lässt sich sagen, dass immer, wenn ich Einzelbuch-
Beispiel Minuskelziffern, setze ich ein, auch wenn sie nicht staben in HTML-Spans packe – egal, ob im Quelltext oder
überall angezeigt werden. dynamisch per JavaScript – die meisten Screenreader das
Lassen sich verschiedene OT-Features auch kombinieren? zerhäckselt vorlesen. In puncto Kerning würde ich versu-
Separat aktivierte Features kombiniert der Browser nicht, chen herauszuholen, was per Browser geht. Und es gibt na-
wenn beispielsweise zwei Klassen gleichzeitig auf ein Ele- türlich immer noch die Möglichkeit, SVG-Grafiken einzuset-
ment angewendet werden. Das ist kein Fehler des Browsers, zen, wenn man etwas Kompliziertes machen will. 
PAGE 02.13 069

Hier steht eine


Bildunterschrift.
Hier steht eine
Bildunterschrift.
Hier steht eine
Bildunterschrift.
Hier steht eine
Bildunterschrift.
Hier steht eine
Bildunterschrift.
Hier steht eine
Bildunterschrift.

Beim Webfontday hielt


Tim Ahrens den Vortrag
»Das Ende der Kindheit«, der
sich aber nicht auf seinen
Sohn, sondern natürlich auf
Webfonts bezog

Foto: Michael Schmidt

Was lässt sich sonst tun, um die Lesbarkeit im Das heißt es braucht nicht nur Webfonts, sondern auch ein
Web zu verbessern? neues typografisches Denken?
Als Schriftnutzer kann ich zwar nicht den Font an sich be- Bislang denken wir genau wie vor den Webfonts, schalten
einflussen, wohl aber den Buchstaben-, Wort- oder Zeilen- einfach nur auf einen anderen Font um. Das ist zwar be-
abstand. Ich verwende zum Beispiel sehr gerne den Web- quem, aber ich hoffe, dass sich die Webtypografie weiter-
font Utopia von Robert Slimbach. Eine tolle Schrift, aber entwickelt. Gerade was die Schriftwahl angeht, sollten wir
das Leerzeichen ist – wie bei vielen ursprünglich für Print raffinierter werden. Es kann jetzt nicht mehr nur darum ge-
gestalteten Typen – fürs Web viel zu klein. Nicht umsonst hen, einen möglichst abgefahrenen Webfont zu nutzen, da-
haben Georgia oder Verdana sehr große Leerzeichen. Wenn mit er auf keinen Fall wie Georgia aussieht. Das Ziel sollte
ich das also etwas vergrößere, kann ich schon viel errei- vielmehr sein, eine Schrift zu verwenden, die exakt zu mei-
chen. Ein weiteres Extrembeispiel ist die neue »SZ«-Web- ner Gestaltung passt. Also zum Beispiel die Univers statt
seite. Unglaublich, dieses viel zu kleine Leerzeichen! der Arial. Und dann sollten wir natürlich mit verschiedenen
Um noch mal auf den Anfang unseres Gesprächs zurück- Schnitten und optischen Größen arbeiten. Also etwa Utopia
zukommen: Wenn Webtypografie nicht nur Print Display statt Georgia. Besonders interessante Einsatzmög-
imitieren darf, sondern eigene Wege gehen muss – was lichkeiten sehe ich auch für extrem fette, leichte oder enge
bedeutet das konkret? Schnitte, die uns jetzt dank Webfonts zur Verfügung stehen.
Web kann zwar auf der einen Seite weniger als Print, auf Damit lässt sich etwa Überschriften eine stärkere visuelle
der anderen aber auch mehr. Denken wir zum Beispiel an Präsenz verleihen. Andererseits kann man stilistisch neutral
Online-Wörterbücher. Sie sind ihren Printäquivalenten über- bleiben, indem man eine nicht zu ungewöhnliche Fontfami-
legen, weil sie mehrere Ebenen bieten. Dann sollten sie lie wählt. Dies ist wichtig bei Websites, die sehr unterschied-
aber auch nicht so gestaltet sein wie ein Printwörterbuch. liche Inhalte mit derselben Typografie behandeln, zum Bei-
Wir haben im Web andere Möglichkeiten wie Farbe oder In- spiel Nachrichten. Dann will man ja nicht, dass die Schrift-
teraktivität. Die müssen wir nutzen. art schon eine eigene Aussage macht. 

»Webtypografie muss sich mehr in Richtung Print


entwickeln, gleichzeitig aber auch weg davon«
070 PAGE 02.13 TYPO Webfonts

Oliver Reichenstein von Information Architects plädiert stalteten Font begutachtet, wird man schnell zu sensibel,
für Responsive Typography. Er will allerdings nicht nur vor allem bei den ersten Schriftentwürfen. Eine gute Schrift
Schriftgröße, Zeilenabstand und Spationierung genau an funktioniert auch, wenn sie je nach Betriebssystem ein we-
das jeweilige Ausgabegerät anpassen, sondern fordert nig leichter oder fetter gerendert wird.
sogar unterschiedliche Graduierungen in der Strichstärke Webfonts sind zwar recht einfach zu nutzen, aber man muss
eines Schriftschnitts. Letzteres geht der Typografie-Pro- etwas mit Code hantieren. Mit Typecast kam jetzt gerade die
fessorin Indra Kupferschmid einen Schritt zu weit: Sie wünscht erste Web-App auf den Markt, mit der man direkt im Browser
sich neben angepasster Typografie vor allem bessere gestalten kann. Ist das die Zukunft oder hat diese Methode
Media Queries, die auch Auflösung, Gerätehersteller oder auch Nachteile?
Renderingmethode abfragen. Wer hat aus Ihrer Sicht Recht? WYSIWYG hat immer auch Nachteile. Zum Beispiel aufgebläh-
Beide. Es wird leider oft vergessen, die verschiedenen Para- ten Code und damit längere Ladezeiten. Es gibt inzwischen
meter typografischer Gestaltung aufeinander abzustimmen. aber auch Systeme, mit denen man von Hand coden kann,
Ein typisches Beispiel ist der Zeilenabstand, der meist bei- aber eine sofortige Vorschau im Browser hat – ohne Refresh.
behalten wird, auch wenn sich die Zeilenlänge je nach Aus- Wenn man dann die beiden Fenster nebeneinander stellt, hat
gabegerät drastisch ändert. Dabei gehört es zum typogra- man fast schon das Gleiche wie bei den Paletten in InDesign.
fischen Einmaleins, dass die genannten Dimensionen von- Was wird das nächste große Thema in der Webtypografie sein?
einander abhängen. Olivers Versuch, sogar die Fette genau Ich denke, Webfonts für nicht lateinische Schriftsysteme
zu kontrollieren, geht mir aber auch zu weit. Ich denke, er werden uns in nächster Zeit viel beschäftigen. Es gibt noch
achtet dabei auf das Falsche. Wenn man seinen selbst ge- nicht viele solcher Fonts, da ist also einiges zu tun.

Bild zu Schrift
Mit Tools wie IcoMoon ist es mittlerweile ganz einfach, Icons als Webfonts darzustellen

Q Jahrelang wandelte man Schriften München. »Aber auf den Retina-Dis- Fonts sind bezahlbar und hochwertig.
fürs Web in Bilder um. Es gab keine an- plays mit einer extrem hohen Pixeldich- Außerdem sind sie so angelegt, dass
dere Möglichkeit, sie darzustellen. Jetzt te lassen sie sich nicht mehr wirklich Screenreader sie als Icons und nicht
geht es umgekehrt: Aus Bildern wird scharf darstellen. Die Zoom-Funktion als vorzulesende Buchstaben wahr-
Schrift. Immer häufiger stellt sich die verstärkt das Problem noch. Icon-Fonts nehmen«, meint Markus Greve. Kos-
Frage: Was ist mit Logos oder Symbo- dagegen kann man beliebig skalieren, tenlose Möglichkeiten gibt es auch,
len im Web, lassen sich Bildzeichen auch ohne dass sie an Schärfe verlieren.« Ein- zum Beispiel die Fonts Awesome oder
als Webfonts darstellen? ziger Nachteil: Die zu Schrift geworde- Sosa. Es ist allerdings auch ein Leich-
»Bislang bildete man Icons als Bit- nen Icons können nur einfarbig sein. tes, mit einem Tool wie IcoMoon aus
maps oder Vektorgrafiken ab«, sagt Und wie kommt man an gute Icon- eigenen Icons einen Font zu erstellen.
Markus Greve, Managing Director Di- fonts? »Eine Quelle sind Plattformen Wie das geht, zeigt Markus Greve im
gital Business bei Kochan & Partner in wie etwa Symbolset. Die angebotenen Folgenden. ant

Step by Step: Markus Greve über die Umwandlung von Icons in einen Webfont

1  Egal, ob Sie das


Icon in Illustra-
tor oder direkt in
einem Schrifteditor
wie Fontlab entwer-
fen, exportieren
Sie es anschließend
als SVG-Datei.
PAGE 02.13 071

2  Öffnen Sie die kostenlose App


IcoMoon in Ihrem Browser und
importieren die SVG-Grafik. Statt der
eigenen Icons lassen sich auch die
von IcoMoon zur Verfügung gestellten
lizenzfreien Symbole verwenden.

3  Direkt in IcoMoon lassen sich


eventuell noch notwendige kleine
Korrekturen vornehmen, etwa an der
Ausrichtung oder der Position. Um
die ausgewählten Glyphen in einen
Font umzuwandeln, gehen Sie
auf »Font« am unteren Fensterrand.

4  Der so erzeugte Font lässt sich


beliebig benennen. IcoMoon zeigt
die Glyphentabelle mit der Unicode-
Belegung an. Wichtig ist, dass Sie beim
Speichern des Fonts über »Reset
Encoding« im Pulldown-Menü links
nicht »Basic Latin« wählen, sondern
unbedingt »Private Use Area«. Nur
so ist gewährleistet, dass Screen-
reader die Icons als solche erkennen.
Beim Klick auf »Download« sichert
IcoMoon den Font als EOT-, TTF-, WOFF-
und SVG-Datei auf Ihrem Rechner.
072 PAGE 02.13 TYPO Webfonts

Ohne Code
Das Tool Typecast erlaubt es, mit Webfonts direkt im Browser zu gestalten

Q Kaum war die Betaversion von lässt sich sofort loslegen. Man wählt fachen Bedienung noch unsicher ist,
Typecast online, kaufte Monotype auch eines der Templates oder generiert kann sich die vier Videotutorials »Meet
schon dessen Entwickler, die Belfaster ein eigenes Projekt. Text wird in einen the Interface«, »Styling Typography«,
Webagentur Front – ein Indiz dafür, oder mehrere Container geschrieben, »Adding and Structuring Text« und
dass das Tool zukunftsfähig ist. Mit ihm beim Klick in den Text erscheint die »Choosing Fonts« anschauen, bei Be-
kann man direkt im Browser gestalten Werkzeugleiste. Mit diesen kann man darf bietet Front sogar einen individu-
und zwischen rund 26 000 Webfonts Schrift und Schriftstile, Textgröße und ellen Durchgang via Skype an.
von Fonts.com, Google Webfonts, Type- Farbe auswählen, aber auch das Spa- Ralf Herrmann, Betreiber des Por-
kit und Fontdeck wählen. Dabei erstellt cing oder die Ausrichtung bestimmen. tals Typografie.info und Webfontken-
Typecast produktionsfertige CSS- und Für einen detaillierten Blick auf alle ner der ersten Stunde, begrüßt die
HTML-Codes, sodass keine zusätzlichen typografischen Parameter reicht ein Entwicklung von Typecast: »Bei den
Schritte wie zum Beispiel Exportieren Klick auf den CSS-Button. Die Projekte üblichen Photoshop-Mockups sieht
notwendig sind. werden automatisch gespeichert und man die Schrift nicht so, wie sie später
Nach dem unkomplizierten Anlegen lassen sich beim nächsten Anmelden im Browser erscheint und hat erst
eines Accounts auf http://typecast.com, weiterbearbeiten. Wer trotz der ein- recht nicht immer sämtliche Webfonts
parat. Mit Typecast kann man bequem
alles Webtypografische gestalten und
dann den fertigen CSS-Code nutzen –
eine schöne Sache.« Kritisch sieht er
allerdings die Übernahme von Front
durch Monotype. Damit steht Ralf Herr-
mann nicht alleine da, zahlreiche po-
tenzielle Anwender fürchten, dass die
App in Zukunft nur noch Monotype-
Schriften anbieten wird.
Monotype selbst betont, das Ange-
bot an Schriften keineswegs einschrän-
ken, sondern im Gegenteil eher aus-
bauen zu wollen: »Das 14-köpfige Front-
Team soll sich als Teil von Monotype
ausschließlich auf die Entwicklung und
Erweiterung von Typecast konzentrie-
ren und es zur ersten und besten Web-
typografie-App machen. Dabei wird
das Team nicht nur mit Fonts.com, son-
dern auch mit vielen anderen Webfont
Anbietern zusammenarbeiten«, ver-
spricht Chris Roberts, Vizepräsident
und General Manager Ecommerce bei
Monotype. Warten wir also auf die
Vollversion und hoffen, dass Mono-
type es nicht mit Adenauer und sei-
nem »Was interessiert mich mein Ge-
schwätz von gestern« hält. ant

Ziemlich einfach
und ziemlich gut: Type-
cast ermöglicht das
Gestalten mit Webfonts
direkt im Browser
074 PAGE 02.13 TYPO

TYPOWELT

Der Band »Sign Painters« stellt 24 Meister ihres Fachs vor, darunter auch drei Frauen. Hier Norma Jeanne Maloney in ihrer Werkstatt

Faythe Levine und Sam Macon, ihm ein »Die Macht der Schrift«
Denkmal zu setzen: mit dem soeben bei
Princeton Architectural Press erschie- QDesignforschung ist noch eine recht
nenen Buch »Sign Painters« (176 Sei- junge Disziplin. Einer, der sie voran-
ten, 19,10 Euro, isbn 978-1-61689-083-4) treibt, ist Andreas Koop. Der Kommu-
und einem Film, der dieses Jahr fertig- nikationsdesigner aus dem Allgäu be-
gestellt werden soll. schäftigt sich seit vielen Jahren mit dem
Die 24 vorgestellten Schildermaler, Verhältnis von Schrift und Macht. 2008
darunter immerhin drei Frauen, sind erschien »NSCI« über das Erscheinungs-
allesamt Nordamerikaner. Mit kurzen bild der Nationalsozialisten, 2010 der
Texten und zahlreichen Bilder geben Forschungsbericht »Schrift und Macht«.
die Porträts Einblick in ihre Arbeitswei- Dieser bildet die Grundlage für den
se, zeigen ihre Werkstätten sowie fer- jetzt bei Niggli erschienenen Band »Die
tige Schilder. Am Ende der Publikation Macht der Schrift« (304 Seiten, 46 Euro,
Die Kunst des finden sich 21 Seiten mit Tipps zu ver- isbn 978-3-7212-0780-4).
schiedenen Schriftstilen und Werkzeu- Doch bevor es um das angekündig-
Schildermalens gen. Schön, wenn auch nicht auf den te Thema geht, gibt Andreas Koop auf
QNoch in den 1980er Jahren war, ge- ersten Blick erkennbar ist, dass sowohl mehr als 100 Seiten zunächst einen
rade in den USA, die Mehrzahl der Pla- der Titel als auch die Namen der Künst- Überblick über Ursprünge, Methoden,
katwände, Hausfassaden oder Auto- ler auf den Innenseiten handgeschrie- Ansätze und Prozesse der Designfor-
beschriftungen mit Pinsel und Farbe ben sind. Das Vorwort stammt übrigens schung. Im zweiten Teil erfährt der Le-
handgeschrieben. Dann kamen Com- von Ed Ruscha, der parallel zu seinem ser dann, dass Schrift mehr ist als ein
puter und Plotter, und die sign painters Kunststudium selbst auch als Schilder- ästhetisches Phänomen. Sie kann pro-
verschwanden nach und nach von der maler gearbeitet hat. Er bringt die da- grammatisch, revolutionär, restaurativ
Bildfläche. Mit der Rückbesinnung auf für notwendigen Fähigkeiten auf den und immer auch ein Machtsymbol sein.
Handwerkliches erlebt der Berufsstand Punkt: »Plan ahead«. Das zeigt sich bei Herrschern wie Karl
nun eine Renaissance. Grund genug für ≥ www.papress.com dem Großen ebenso wie bei Napoleon,
PAGE 02.13 075

≥ Weitere interessante Artikel rund um Typografie finden Sie unter www.page-online.de/


emag/typo und Links zu Typefoundrys et cetera unter www.page-online.de/typo-links

Mussolini oder Hitler. Natürlich unter- besteht. Die Magazine kann man für
sucht Andreas Koop zudem, wie sich den Preis von je 14,80 Euro im Buchhan-
heute Staaten typografisch präsentie- del oder direkt beim Verlag beziehen.
ren. Leichte Kost ist das nicht. Dazu ≥ www.augustdreesbachverlag.de
trägt auch der sehr klein gesetzte Text
in der immerhin sehr gut lesbaren Eu-
reka bei. Doch hat man sich erst mal
Herbsthandschrift
eingelesen, ist »Die Macht der Schrift« QVor mehr als 20 Jahren bekam Julia
ein spannendes und überaus wichtiges Sysmäläinen eine Postkarte von ihrer
Buch, das jeder, der sich mit Schrift be- Tante Katri aus Karelien, die sie zum
schäftigt, kennen sollte. Und vielleicht herbstlichen Beeren- und Pilzesammeln
ist es für den ein oder anderen die Ini- einlud. »Katri hat eine überaus freund-
tialzündung, sich mit dem Thema De- liche, aber auch sehr energische Per-
signforschung anzufreunden. sönlichkeit, die sich in ihrer Handschrift
≥ www.niggli.ch wunderbar widerspiegelt«, erzählt die
in Berlin lebende finnische Designerin.
Sie beschloss, daraus einen Scriptfont
Klammern zu Bärten zu entwickeln. In Kooperation mit dem
Q Im wahren Leben ist die Zeit der Designstudio Art. Lebedev aus Moskau
Schnurrbärte vorbei, bei Tor Weeks aus entstand SyysScript, was übersetzt so
San Francisco feiern sie ein Comeback. viel wie »Herbsthandschrift« bedeutet.
Der Designer bringt jetzt bereits das Über 2000 Glyphen, viele Ligaturen und
zweite Poster heraus, das Schnurrbär- Alternativzeichen sowie Sprachunter-
te bekannter Gestalten wie Mr. Gara- stützung für Latein und Kyrillisch eröff-
mond, Mr. Helvetica Neue oder Mrs. (!) nen weit mehr Anwendungsmöglichkei-
Eaves zeigt. Ursprünglich wollte Weeks ten als die Gestaltung von Postkarten.
lediglich eine Einladung zu einer Wein- Für etwa 30 Dollar ist SyysScript bei Die Handschrift ihrer Tante Katri inspirierte die Designerin
und Käseparty entwerfen und die ge- MyFonts erhältlich. ant Julia Sysmäläinen zu dem Scriptfont SyysScript – einer Liebes-
schweiften Klammern als Gestaltungs- ≥ http://juliasys.com erklärung an Karelien
element einsetzen. Doch er konnte sich
nicht zwischen den vielen Varianten
entscheiden und stellte dann plötzlich
fest, dass sie ihn an Schnurrbärte erin-
nerten. Also gab es anstatt einer Ein-
ladung dieses nette Poster. Die neue
Version, in Schwarz und Gold gehalten,
kann man für ungefähr 28 Dollar bei
Angabe des Stichworts »Poster« über
Old Tom Foolery bestellen.
≥ www.oldtomfoolery.com

»Typotopografie«
QDer für Schrift begeisterte August
Dreesbach Verlag bringt jetzt die Ma-
gazinreihe »Typotopografie« heraus,
die zu einem typografischen Streifzug
durch verschiedene Städte einlädt. Den
Anfang machen München, Düsseldorf
und Berlin, bald sollen Leipzig, Frank-
furt am Main und Wien folgen. Dabei
handelt es sich nicht um Reiseführer Das schöne
im klassischen Sinne, sondern um Ma- Poster von
gazine, die sich in Artikelform Typo- Tor Weeks zeigt
und Druckthemen der jeweiligen Stadt unterschied-
annehmen. Eine wirklich gute Idee, lichste Schnurr-
wenn auch bei der Gestaltung der Hef- bärte aus
te zurzeit noch Optimierungspotenzial Klammern
1 Das Erfolgsseminar
»Leitmedium Design« reloaded
Mit neuen Fallbeispielen – als Eintages-
oder Zweitagesseminar buchbar!

PRAXIS

GUTES DESIGN
ENTWICKELN
Fallbeispiele & Strategien

Das Seminar 1 Der Referent Das Seminar 1


QDass Design ein bedeutender Wirtschaftsfaktor ist, steht außer Frage: Q Professor Jochen Rädeker ist geschäftsfüh-
CD/CI-Agenturen verzeichnen eine Auftragslage wie schon lange nicht render Gesellschafter und Mitbegründer
mehr; klassische Werbeagenturen bauen ihre Design-Units aus; auch kleine von Strichpunkt. Seine Designagentur steht
und mittlere Unternehmen entdecken die Notwendigkeit, sich durch einen für hochwertige Marken- und Unternehmens-
professionell gestalteten, ganzheitlichen Auftritt – über alle Medien hinweg – kommunikation im Print-, Online- und
den nachhaltigen Erfolg im internationalen Wettbewerb zu sichern. Auf 3-D-Bereich, hat mehr als 600 internationale
Designer kommen dabei neue Herausforderungen zu: Immer mehr werden Preise gewonnen und ist seit Jahren in den
sie auch zu Beratern für strategische Unternehmenskommunikation. Die Top Ten des PAGE Kreativrankings vertreten.
Entwicklung und Umsetzung eines Markenauftritts ist deshalb kein leichtes Jochen Rädeker verfügt mit seinen Arbeiten
Unterfangen: Es ist ein langfristiger Prozess, der von Gestalter und Auftrag- für Unternehmen von adidas bis WMF, von
geber nicht nur gegenseitiges Vertrauen und Kooperationsvermögen erfordert,
sondern vom Designer auch die Kunst, Beratung, Konzeption und Umsetzung
zielgerichtet zu verzahnen. Die Agenda
Jochen Rädeker erläutert im PAGE Seminar »Leitmedium Design« anhand eines 1. Vom Leitbild zur Bildwelt
prototypischen, gemeinsamen Marken-Workshops und konkreter Praxisbei- Was Corporate Identity von Corporate
spiele, wie Sie einen komplexen Gestaltungsprozess angehen, mit dem Kunden Design unterscheidet – und warum das
eine umfassende Branding-Strategie entwickeln und – weit über Styleguides eine für das andere so wichtig ist.
hinaus – die gesamte Unternehmenskommunikation harmonisieren. Wertvolles
Know-how vom Designprofi für Designprofis in Agentur und Unternehmen! 2. Vom Briefing zur Strategie
Wie entwickelt man mit dem Kunden das
Das Seminar »Leitmedium Design 1« findet am 1. März 2013 im Hotel Gastwerk, optimale Briefing?
Hamburg, von 9 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 648 Euro Wie definiere ich eine Kommunikations-
(zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch strategie?
und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also Der Marken-Workshop als zentraler Start-
schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar. punkt in ein erfolgreiches Projekt.

Am Folgetag findet Jochen Rädekers Anschluss-Seminar zum Thema Kalkulieren, 3. Von der Strategie zur kreativen Idee
Präsentieren, Verkaufen statt. Sie können die Seminare einzeln buchen, sie Wie funktional muss, wie kreativ darf ein
bauen nicht direkt aufeinander auf. Wenn Sie aber beide buchen, zahlen Sie nur gutes Corporate Design sein?
1166 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) statt 1296 Euro und sparen 130 Euro. Möglichkeiten und Grenzen des Kreativ-
prozesses.

PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // E-Mail: info@page-online.de // 4. Vom Leitmedium zur Medienneutralität
Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar Wie werden aus einer großartigen Idee
großartige Medien?
Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihen- Wege und Umwege zu einem konsistenten
folge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach Markenauftritt.
Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage der Veranstaltung
seitens der Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprü-
che bestehen nicht. Bei Stornierung der Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 04. 01. 2013 berechnen Der PAGE Workshop mit Jochen Rädeker lässt
wir 50 Prozent, ab 31. 01. 2013 100 Prozent der Teilnahmegebühr. Bei Buchung beider Tage können seitens des Teil-
nehmers nicht einzelne Tage storniert werden. Die Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist jederzeit möglich.
genug Zeit für Fragen und Diskussionen und
Es werden nur schriftliche Stornierungen oder Namenswechsel akzeptiert. Es gilt der Poststempel. den Austausch der Teilnehmer untereinander.
2 Das Erfolgsseminar
»Leitmedium Design« reloaded
Mit neuen Fallbeispielen – als Eintages-
oder Zweitagesseminar buchbar!

PRAXIS

GUTES DESIGN
GUT VERKAUFEN
Kalkulation. Präsentation. Wettbewerbe.

Das Seminar 2
Beiersdorf über Vorwerk bis zu Schauspiel, QDesigner wollen nur eins: Top-Arbeit abliefern – über alle Medien hinweg.
Oper und Kulturfestivals über einen immensen Denn das bringt dem Kunden Wettbewerbsvorteile und dem Gestalter Geld,
Erfahrungsschatz in Sachen Konzeption und Ruhm und Ehre. Doch vor der allgemeinen Freude steht harte Arbeit: Wie wird
Umsetzung komplexer Designstrategien – von ein Designkonzept kalkuliert? Wie werden Angebote vom Designer richtig
der Imagebroschüre bis zur Werbekampagne, formuliert und vom Kunden richtig bewertet? Wie laufen Verhandlungen für
vom Online- bis zum Messeauftritt. Er ist beide Seiten sinnvoll ab? Ist der Job da und die Idee steht *, kommt die nächste
Professor für Corporate Design und Corpo- Hürde: Wie kann ich bei internen und externen Präsentationen überzeugen?
rate Identity an der Hochschule Konstanz Ist das Ergebnis schließlich überzeugend umgesetzt, sind Kreativ-Awards eine
und Autor zahlreicher Bücher zum Thema Möglichkeit, mit seiner Arbeit bekannt zu werden. Aber nicht jede herausra-
Unternehmenskommunikation. gende Arbeit hat in jedem Wettbewerb eine Chance, denn die Jurys legen ganz
unterschiedliche Kriterien an.

Die Agenda Jochen Rädeker erläutert den optimalen Workflow zwischen Kreativen und Auf-
traggebern. Anhand konkreter Kalkulationen zeigt er den Aufbau eines über-
1. Kunden stören. Kreative nerven. zeugenden Angebots und diskutiert mit den Teilnehmern, wie Designleistungen
Vom Pitch bis zur Agenturauswahl, vom fair bepreist, überzeugend verkauft und sinnvoll abgerechnet werden können.
Briefing bis zum Timing, vom Angebot Er gibt ihnen ausführliche Präsentationstipps an die Hand und zeigt anhand
bis zur Autorenkorrektur: Workflow, Stol- ausgezeichneter Arbeiten, was den Jurys bei den wichtigsten Kreativ-Awards
perfallen, Tipps und Taktik für den gegen- wirklich wichtig ist.
seitigen Umgang der Projektpartner.
Das Seminar »Leitmedium Design 2« findet am 2. März 2013 im Hotel Gastwerk,
2. Richtig kalkulieren. Hamburg, von 9 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 648 Euro
Aufbau, Pricing und Rahmenbedingungen (zzgl. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr umfasst die Tagungskosten, Lunch
überzeugender Angebote. und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt! Also
Nutzungsrechte, Stundensätze, Dos and schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar.
Don’ts: aus der Praxis für die Praxis.
*Am Vortag findet Jochen Rädekers Seminar zum Thema Designstrategien
3. Überzeugend präsentieren. und Konzeption statt. Sie können die Seminare einzeln buchen, sie bau-
Pitch und Präsentation: 40 Tipps für en nicht direkt aufeinander auf. Wenn Sie aber beide buchen, zahlen Sie
eine erfolgreiche Präsentation. nur 1166 Euro (zzgl. gesetzlicher MwSt.) statt 1296 Euro und sparen 130 Euro.

4. Ruhm und Ehre


Wie tickt welche Jury? Wann macht eine
Award-Beteiligung Sinn? Jochen Rädeker PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG // E-Mail: info@page-online.de //
teilt seine Erfahrungen aus zahlreichen Telefon: +49 40 85183400 // www.page-online.de/seminar
internationalen Designjurys und analysiert,
warum welche Arbeiten bei welchen Wett- Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl werden die Anmeldungen in der Reihen-
bewerben erfolgreich sind. folge der Eingänge der Zahlungen berücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort nach
Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Abzug zu überweisen. Bei Absage der Veranstaltung
seitens der Ebner Verlag GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll zurückerstattet. Darüber hinausgehende Ansprü-
Der PAGE Workshop mit Jochen Rädeker lässt che bestehen nicht. Bei Stornierung der Anmeldung gelten folgende Fristen und Gebühren: Ab 04. 01. 2013 berechnen
wir 50 Prozent, ab 31. 01. 2013 100 Prozent der Teilnahmegebühr. Bei Buchung beider Tage können seitens des Teil-
genug Zeit für Fragen und Diskussionen und nehmers nicht einzelne Tage storniert werden. Die Vertretung eines angemeldeten Teilnehmers ist jederzeit möglich.
den Austausch der Teilnehmer untereinander. Es werden nur schriftliche Stornierungen oder Namenswechsel akzeptiert. Es gilt der Poststempel.
078 PAGE 02.13

BILD
PAGE 02.13 079

Kampagne: Bernhard Willhelm


Spring/Summer 2013 Women’s
Collection
Projektleitung/3-D-Animation:
Geoffrey Lillemon
Fotografie: Petrovsky and Ramone
Styling: Niki Pauls
Produktionsleitung:
Valtteri Laihanen, Random Studio
Interactive Design:
Hugo Dechesne, Random Studio

Projekt konzipiert und umgesetzt hat


Kampagne, die sie in Szene setzt – und das Team, das das kollaborative
Ebenso ausgefallen wie die Mode Bernhard Willhelms ist die digitale

Sexy Unsexiness
080 PAGE 02.13 BILD Making-of: Bernhard-Willhelm-Kampagne

der Projektwebseite wiegen sich psy-


chedelisch gekleidete Modelle mit wil-
den, grotesken Masken in ungelenken
Posen hin und her. Die Gesichtsaus-
drücke der maskierten Fotomodelle
Die Bilder für die sind stark überzeichnet, ihre Haut
Kampagne schoss wurde grün oder violett eingefärbt
das Fotografenduo und ihr Haar wirkt stählern und wild.
Petrovsky and Einige Köpfe sind sogar vollständig
Ramone, das unter von Tüchern bedeckt.
anderem durch In wenigen Wochen schloss das
das fortlaufende Team den Auftrag ab. Das aufstreben-
Projekt »Kiss« de niederländische Duo Petrovsky and
bekannt ist, das Ramone, das bereits für die holländi-
Paare aus aller Welt sche »Vogue« Bildstrecken umsetzte,
dokumentiert fotografierte zunächst die Kollektion
Bernhard Willhelms im Studio. Dann
QKnallige Farben, Absurditäten und tion auf der Pariser Fashion Week ent- digitalisierte Geoffrey Lillemon mit dem
popkulturellen Nonsens mit Haute Cou- schied er sich für eine digitale Kam- Programm Faceshift die Gesichter der
ture zu vermischen – dafür ist Mode- pagne, für die er ein internationales Models, importierte sie in 3ds Max und
designer Bernhard Willhelm bekannt. Team um Random Studio und 3-D-Ar- hauchte ihnen dort neues Leben ein.
Seine Entwürfe sind immer unkonven- tist Geoffrey Lillemon gewann. Zusam- Anschließend brachte er die Körper in
tionell, extravagant und oftmals ein men entwickelten sie die Idee, mithilfe After Effects mit den animierten Mas-
bisschen schrullig. Seine aktuelle Da- von Technologie den Kern des Mensch- ken zusammen und fügte noch den
menkollektion zum Beispiel inszenier- lichen hervorzubringen. »Wobble«-Effekt hinzu – eine Technik,
te Willhelm als Zirkus wilder Muster, Die Umsetzung des Projekts als mit der sich auf verblüffend simple Art
schriller Farben und zerrissener und Webkampagne mit überwältigenden, und Weise stereoskopische Bewegt-
wieder zusammengeknoteter Stoffe. fast surrealen Bildern steht der Ver- bilder simulieren lassen.
Statt der branchenüblichen Präsenta- rücktheit der Mode in nichts nach: Auf Bernhard Willhelm, selbst gebürti-
ger Deutscher mit Lebensmittelpunkt
in Paris, hat mit dem US-Amerikaner
Geoffrey Lillemon, dem Finnen Valtteri
Laihanen sowie Random Studio und
Petrovsky and Ramone aus den Nieder-
landen eine multinationale Kreativ-
spitze versammelt, deren Mitglieder
jeweils auf ihrem Spezialgebiet erfolg-
reich sind. Dass das Ergebnis dennoch
ein so kohärentes ist, führt Projektlei-
ter Lillemon in erster Linie auf zwei
Faktoren zurück: gut strukturierte Ab-
läufe, in denen jeder genau das macht,
was er am besten kann, und einen ge-
wissen Grad kreativen Leerlaufs, der
genügend Raum für flexible Entschei-
dungen lässt. fb
Während man sich
auf Bernhard
Willhelms Website
durch die Kollek-
tion klicken kann,
zeigt http://
geoffreylilemon.
com/bernhard
willhelm vor allem
technische
Hintergrund-
informationen.
Darüber hinaus
sind dort alle
»Wobble«-Bilder
versammelt
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Foto: Ralf-Jürgen Stilz // photoappar.at

Good School und PAGE präsentieren:

9LVXDO
7KLQNLQJ
/HVVRQV
'LH$JHQGD Manchmal möchte man zeichnen können. Immer
dann, wenn es kompliziert wird und ein Bild
9:00 Uhr Warm-up alles viel einfacher machen würde. Im Workshop,
Wie man ganz schnell die Angst vorm
weißen Blatt Papier ablegt und den Stift zu seinem um die Ergebnisse grafisch festzuhalten. Im Kon-
besten Freund macht. zept, um komplexe Sachverhalte schnell verständ-
lich darzustellen. Oder in der Ideenentwicklung,
10:00 Uhr Lesson Nr. 1: Basics des Zeichnens
Wie man mit elementaren Formen so ziemlich alles
um nicht immer viele Worte machen zu müssen.
skizzieren kann, was man sagen möchte.
Wie man mit nur wenigen Strichen eigene Ideen
11:30 Uhr Lesson Nr. 2: Visual Notetaking darstellen und in kurzer Zeit seine Gedanken
Wie man in Echtzeit Vorträge, Meetings und Diskussionen
visualisiert und komplexe Begriffe einfach darstellt.
visuell strukturieren und präsentieren kann, lernt
man in den Visual Thinking Lessons mit Anna
12:30 Uhr Mittagspause Lena Schiller, der deutschen Vertreterin des Graphic
Recording, eines neuen methodischen Ansatzes
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Anna Lena Schiller ist selbstständige Informationsdesignerin und wohnt


in Berlin. Nach ihrem Diplom an der KaosPilot-Universität in Dänemark,
einer Hochschule für Kreativität und gesellschaftliche Innovation, machte
sie das Denken in Bildern zu ihrem Beruf. Spezialisiert hat sie sich auf
Live-Visualisierungen bei Konferenzen, Infografiken und Moderation. Für
ihre Kunden, darunter große internationale Firmen, Start-ups, Freiberuf-
ler und NGOs, übersetzt sie Worte, Diskussionen und Texte in leicht verständ-
liche Bilder, um Kommunikation effizienter zu gestalten.

Die Good School (www.good-school.de) ist eine Schule für digitale Kommuni-
kation in Hamburg. Seit 2009 hat sie mehr als 700 Profis und Mitarbeiter aus über
80 Unternehmen fit gemacht – darunter Deutschlands erfolgreichste Kreativköpfe,
Marketingmanager großer Marken und Vorstände internationaler Agenturnetz-
werke. Sie arbeitet mit gut 100 nationalen und internationalen Top-Experten
für alle relevanten Themen: Digital Planning, Online-Projektmanagement,
Social Media, Mobile Marketing, Performance Marketing, Search, Techniktrends
und Innovationen, integrierte Kommunikation und Organisation.

Veranstalter: Good School // Kooperationspartner:


PAGE, das Magazin für Design, Werbung, Medien (www.page-online.de)
082 PAGE 02.13 BILD Making-of: Bernhard-Willhelm-Kampagne

re Arbeitstage am Ende lang waren, Gespräche mit den anderen Kreativen,


wurden am Set viele Witze gemacht. im Team, sogar mit sich selbst. Jeder der
Das hat die Stimmung aufgelockert. Beteiligten hat mit seiner Sprache, sei-
Geoffrey Lillemon: Wir haben gern nem Stil, seiner Erfahrung und seinen
mit Petrovsky and Ramone gearbeitet, Werten das Endprodukt geprägt. Die
sie haben wirklich eine gute Energie Kampagne entstand aus einer wunder-
am Set. Sie schafften es, dass die Mo- bar gemeinschaftlichen Beziehung.
dels auf eine Art posieren, die sich gut Lillemon: Und in gewisser Weise wird
anfühlt. Da wir sie durch die Masken ja Mode, wenn alle eng zusammenarbei-
eher entsexualisiert haben, war es ei- ten, anstatt nur eine spezifische Idee
ne Herausforderung, sie dennoch va- auszuführen, viel artistischer, kreati-
ge sexy erscheinen zu lassen – was in ver, eben mehr als nur: »Tu exakt diese
der Mode einfach zum Spiel gehört. Köpfe auf exakt diese Dinge!« Aber na-
Bei einem so großen Team muss doch türlich verderben zu viele Köche auch
jemand alle Fäden in der Hand halten? den Brei. Ich glaube, das ist der Grund,
Lillemon: Valtteri war Produktions- warum sich jeder an seine Rolle gehal-
leiter. Wir haben diese Rolle ganz klar ten und Bernhard und mir die finalen
gebraucht. Bei so einem Shooting hat Entscheidungen über den Look über-
jeder unterschiedliche Bedürfnisse und lassen hat. Andernfalls gäbe es tausend
alles hat auch eine technische Seite. Es Wege, die Technik einzusetzen und
muss also gut organisiert sein. Das ist Content zu erzeugen.
auch die größte Schwierigkeit, wenn Kann man bei so viel kreativer Offen-
man mit unterschiedlichen Disziplinen heit mit Deadlines arbeiten?
hantiert und versucht, dieselbe Spra- Lillemon: Wir haben nur fünf Wochen
che zu sprechen. für die Umsetzung gebraucht. Es war
War das Ihre erste Kooperation mit uns aber wichtig, genau zu planen, um
Bernhard Willhelm? einen möglichst reibungslosen Ablauf
Lillemon: Wir arbeiten schon länger zu gewährleisten. Natürlich gab einige
zusammen und haben jüngst erst einen unerwartete Parts, schließlich konnten
Interview Spot für Unterwäsche von Undz.org ge- wir nicht wissen, wie zum Beispiel die
macht. Schon bei unserer ersten Kolla- Köpfe zusammen mit der Kleidung wir-
QDer amerikanische Webkünstler und boration fiel mir auf, dass er und ich völ- ken. Oder wie sich die Masken mit den
3-D-Artist Geoffrey Lillemon (links) un- lig unterschiedlich kommunizieren. Sein Outfits zusammenbringen lassen wür-
tersucht das Wechselspiel zwischen di- Team schickte mir sonderbare, etwas den. Begonnen haben wir am 1. Sep-
gitalem und physischem Raum, wobei beliebig formulierte E-Mails, die keinen tember; für die Konzeption, die Tests
er traditionelle Medien mit interaktiven Sinn ergaben. Das bedeutete, dass ich mit den Köpfen, das Modeshooting, die
Animationen anreichert. Seit 2012 wird quasi interpretativ arbeiten musste, um Postproduktion, den Release und die
er von Random Studio aus Amsterdam etwas zu schaffen, das Designer oder Vorbereitungen für Presse und PR ha-
vertreten, deren Creative Producer Künstler inspirieren könnte. Zum Bei- ben wir etwa einen Monat gebraucht.
Valtteri Laihanen (rechts) in den letz- spiel: »Geoffrey, weißt du mit welcher Am 4. Oktober gingen die Kollektion
ten Jahren Kampagnen und Projekte Technik man Hände wie Herzen ausse- und die Projektseite online.
betreute, die Kunst, Technologie und hen lassen kann?« Ziemlich vage. Bei Laihanen: Wir arbeiteten zum einen
digitale Medien einander annähern. Bernhard Willhelm würde mich nie je- bei Random Studio, wo wir das Konzept
Wir sprachen mit beiden über die be- mand fragen, ob ich etwas ganz Be- entwickelten, mit den Masken experi-
sondere Zusammenarbeit bei dem stimmtes machen könnte. Damals ha- mentierten und die Postproduktion
Bernhard-Willhelm-Projekt. ben wir letztendlich ein Video produ- abwickelten. Zum anderen haben wir
ziert, das wir dann auf der Fashion während des Fittings und des Shoo-
Wie gelingt es, sich bei einem derart Show projizierten. Und so laufen mehr tings drei Tage bei Umsjatka, einem
internationalen und interdisziplinären oder weniger all meine Kollaboratio- fantastischen Fotostudio im Herzen
Projekt nicht zu verzetteln? nen mit Bernhard Willhelm. Amsterdams verbracht.
Valtteri Laihanen: Jeder kannte sei- Wie stellt man sicher, dass alle über Insgesamt wirkt die Kampagne doch
ne Aufgabe, dadurch waren wir sehr dasselbe reden? kohärent: jung, medial, ironisch.
produktiv. Wir hatten aber auch ein of- Laihanen: Unser kreativer Prozess Lillemon: Wir wollten die interessante
fenes Ohr für Ideen der anderen und enthielt sehr viele Gespräche – über Technologie mit einem Sinn für Realis-
haben uns geholfen. Auch wenn unse- Ziele und wie man sie erreichen kann: mus und dem Klassischen und der Emo-
tionalität von Kunst zusammenbringen.
Arty-farty, aber mit Sinn für Humani-
tät sozusagen. Wir alle haben einen je-
»Das Schwierigste bei einem solchen Projekt weils ziemlich speziellen Stil, doch wir
versuchen, unseren Horizont mit jedem
ist, trotz der vielen verschiedenen Disziplinen zu Projekt ein wenig zu erweitern – und
Mode bietet sich dafür besonders an.
versuchen, dieselbe Sprache zu sprechen« Weil sie eben kein festgelegter Look
ist – sie ist nicht Coca-Cola oder Nike –,
Geoffrey Lillemon, 3-D-Artist und Projektleiter ist sie offener für Veränderungen.
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084 PAGE 02.13 BILD Making-of: Bernhard-Willhelm-Kampagne

Geoffrey Lillemon über das Maskieren und Animieren der realen Models mit Faceshift, 3ds Max und After Effects

Konzeption Gesichter mit Faceshift digitalisieren

1  In der ersten E-Mail schrieb uns Bernhard


Willhelms Team, man möge die Idee, den
Models Masken aufzusetzen. Vielleicht etwas
2  In 3-D animierte Gesichter wirken jedoch schnell leblos. Daher nutzten
wir das Animationsprogramm Faceshift, das mit einer Kinect den
menschlichen Kopf in Echtzeit vermisst und so äußerst detaillierte Gesichts-
Gruseliges? Oder etwas Geheimnisvolles, zum ausdrücke aufzeichnet. Man kann zum Beispiel aufnehmen, wie jemand
Beispiel wie bei den Freimaurern? Das war der die linke Augenbraue hebt und das 3-D-Modell dann zusätzlich spöttisch
Ausgangspunkt für unser Konzept. Wir wollten lächeln lassen und so überzogene, groteske Gesten erzeugen. Solche
die Köpfe der Models irgendwie bedecken. Also komplexen Muskelbewegungen lassen einen Ausdruck erst wirklich mensch-
suchten wir nach interessanten Gesichtsaus- lich erscheinen. Spielerisch nannten wir dies »den menschlichen Makel
drücken, die sich für animierte Masken eignen. der Technologie« und begannen, mit Ausdrücken zu experimentieren.

Frisuren in 3ds Max animieren

3  Wir importierten die Gesichter in 3ds Max.


Dort erscheinen sie glatzköpfig, denn es
gibt keine Haarsimulation. So war der folgende
Schritt ein wenig, als würde man die Rolle
des Stylisten in einem traditionellen Mode-
shooting übernehmen. Wir dachten uns
eine Menge ausgefallener Frisuren aus. Der
Vorteil an der Arbeit mit computergene-
rierten Bildern ist, dass man wirklich jedes
erdenkliche Material verwenden kann –
Haar aus Gold, Samtspitzen, Laseraugen.
Haut, die wirkt wie ein Marshmallow. So etwas
funktioniert nur in der digitalen Welt. Wir
kreierten in 3ds Max etwa siebzig Variationen
von Gesichtsausdrücken und Frisuren, aus
denen wir mit Bernhard eine Auswahl trafen.
PAGE 02.13 085

Art der Animation festlegen

4  Es ergab sich die Frage, mit welcher Technik wir


die Masken mit den Modefotos zusammenbringen
könnten. Wir wollten nicht einfach starre Köpfe auf
unbewegte Körper setzen. Also suchten wir nach Möglich-
keiten in der Animation, um unsere Modelle auf inte-
ressante Weise zum Leben zu erwecken. Wir wollten
originelle Bewegungen, die sich gleichzeitig gut
als Loop machen, wie zum Beispiel ein Bein des Models
vor- und zurückschwingen lassen. Wir entdeckten die
Wobble-Technik, die mit einer Bildsequenz arbeitet, die
durch die Trägheit des Auges ein 3-D-Bild simuliert.

Wobble-Effekt in
After Effects generieren

5  Um den Wobble-Effekt zu erreichen, mussten wir


jedes Model fünf- bis sechsmal ablichten und dabei
die Kamera insgesamt 25 bis 30 Zentimeter nach links
und rechts schwenken. In der Postproduktion fixierten
wir dann einen Zielpunkt auf jedem der Einzelbilder
und reihten diese aneinander. Dafür benutzten wir den
sogenannten Ping-Pong-Takt, also vom Frame 6 zu 5,
4, 3, 2, 1 und dann wieder zu 2, 3, 4 und so weiter, vor und
zurück. Betrachtet man die Methode, wie man die
einzelnen Frames in Programmen wie Photoshop oder
After Effects aneinander reiht und dann exportiert,
lässt das an animierte GIFs denken; tatsächlich kommen
hier aber JPEG-Sequenzen und ein JavaScript zum
Einsatz. Das hat den großen Vorteil, dass man die Bild-
größe halbieren und die Zeitachse im Code manipu-
lieren kann. Dadurch laden die Bilder viel schneller als
ein animiertes GIF, und man kann zudem die Bildrate
kontrollieren, die für den Effekt der Wobble-Fotografie
wesentlich höher sein muss als bei einem GIF.

Models und Köpfe in After Effects


zusammenbringen

6  Um zu sehen, was am besten harmoniert, druckten


wir die Fotos und Masken aus, schnitten alles aus und
legten es von Hand aneinander – eine wahre Fleißarbeit.
Es war aber die einfachste Lösung, denn wir hatten 37 Foto-
grafien und 20 Animationen gesammelt, was ungefähr
60 Kreativentscheidungen ergab. Da die meisten Köpfe schon
fertig waren, konnten wir die Postproduktion in nur fünf
Tagen abschließen. Die Kleidung hatte uns als Musterkollek-
tion erreicht, weil die Fashion Week kurz bevorstand. Wir
waren also unter Zeitdruck und es war entscheidend, einen
Großteil der Masken vorzeitig fertig und animiert zu
haben. So blieb in der Postproduktion lediglich, die Kamera
so im Studio aufzubauen und so zu bewegen, wie bei
den Modeaufnahmen, damit beide zueinander passten.
Dann haben wir die jeweiligen Perspektiven in After
Effects nachempfunden und die jeweiligen Aufnahmen
der Masken rausgerendert. Zuletzt passte die
3-D-Rotation des Kopfs genau zu der des Shootings.
086 PAGE 02.13 BILD

BILDWELT
Multiple Persönlichkeit
Q Wer ist »Der Affe«? Unter diesem
Pseudonym stellte die Berliner Reprä-
sentanz UpperOrange gerade einen
Neuzugang vor, der mit bandwurmlan-
gen Zeichnungen in einem eigentümli-
chen Mix von Präzision und Durcheinan-
der unsere Aufmerksamkeit erregte –
unten ein Ausschnitt aus einer solchen
Bildergeschichte. Wir durften das Ge-
heimnis lüften und verraten es (selbst-
verständlich unter dem Siegel der Ver-
schwiegenheit . . .) hier weiter: Der Affe
ist die zweite Identität von Andreas
Martini, ebenfalls von UpperOrange
vertretener 3-D-Illustrator.
Ein Fall von kreativer Schizophre-
nie? Tatsächlich sind die Arbeiten des
studierten Architekten außerordent-
lich vielseitig und reichen von cleanen
3-D-Visualisierungen, die er etwa im
Auftrag von Jung von Matt/relations
anfertigt, über explosive 3-D-Welten,
die wie das Bild links unter dem Namen
Andreas Martini auf der UpperOrange-

Arbeiten von Andreas Martini


und dem Affen, die beide von
UpperOrange vertreten werden.
Fallen Ihnen Ähnlichkeiten auf?
PAGE 02.13 087

≥ Mehr zum Thema Fotografie und Illustration unter www.page-online.de/emag/bild

Website zu sehen sind, bis zu den ana- sonstigen Bildern – der Schnappschuss- Ein Foto von Fran-
logen Zeichnungen des Affen. Eine Ge- look ist wohl sorgfältig von Profifoto- çois Coquerel
fahr der Persönlichkeitsspaltung aber grafen inszeniert. aus der neuen
besteht nicht: »Das intuitive Bauchge- Tatsächlich sind immer mehr hoch- Gallery-Stock-
fühl einerseits und die Hand-Auge-Ko- karätige Fotojournalisten bekennende Kollektion
ordination andererseits kommen im- Instagram-Nutzer. So dokumentierte von plainpicture
mer zusammen«, so der Stuttgarter Il- John Stanmeyer die Situation im Süd-
lustrator. Und die Formfindung beim sudan im Auftrag von Ärzte ohne Gren-
Zeichnen sei immer expressiv, ob im zen. Die Hilfsorganisation schätzt die
Skizzenbuch oder mit dem Tabletstift. Plattform als wichtigen Multiplikator
Nur dass bei Letzterem danach eine bei potenziellen Spendern. Andere re-
weitaus aufwendigere technische Aus- nommierte Fotojournalisten liefern an
arbeitung folgt. den Account von »National Geogra-
≥ www.upperorange.com; phic«, der 500 000 Follower hat. Und als
www.andreasmartini.com Hurrikan Sandy die US-Küste heimsuch-
te, ließ das »Time Magazine« fünf be- Sara Forsters Pola-
kannte Fotografen per Instagram da- roids, die die
Neues Bildmaterial rüber berichten – ein gemäldeartiges Entwicklung von
Q Die Agentur plainpicture in Ham- Bild von Benjamin Lowy schaffte es Farbfotografien
burg hat zwei neue Partner. Zum einen obendrein aufs Cover. Lowy gehört mit- dokumentieren,
Gallery Stock aus New York, die sich da- tlerweile ebenso wie Ed Kashi, Martin sind in der
mit rühmen kann, Arbeiten einiger der Schoeller, oder Modefotografin Fre- Ausstellung »go
besten internationalen Fotografen zu derike Helweg zu den Fotografen, die photo« in Düssel-
lizenzieren, die sich teilweise sonst vom Kultmagazin »The New Yorker« dorf zu sehen
überhaupt nicht mit Stockfotografie dafür bezahlt werden, für seinen Feed
abgeben. Rund 8400 Motive hat plain- ende zeigt eine spannende Schau na- Instagram-Bilder beizutragen.
picture aus dem Archiv ausgewählt und mens »go photo« in den Schwanenhö- Längst nutzen auch Marken wie Ni-
bietet diese jetzt erstmalig und exklu- fen junge Fotografie. Die Initiatorinnen ke, MTV, Starbucks, Marc Jacobs, Gior-
siv in Deutschland an. Der zweite neue kommen interessanterweise nicht von gio Armani, Volvo Cars US, McDonald’s
Partner kommt so gewissermaßen aus der Kunstakademie, sondern sind Ab- oder Ben & Jerry’s Instagram – sei es,
der Nachbarschaft, nämlich ebenfalls solventinnen des Masterstudiengangs um scheinbar authentische Einblicke
aus Hamburg: die kleine, aber feine Medienkulturanalyse der Düsseldorfer »hinter die Kulissen« der Firma zu ge-
Agentur neuebildanstalt, die seit vier Heinrich-Heine-Universität. Zur Jury ge- ben, sei es mit Marketingaktionen, bei
Jahren vor allem Bilder für Buchcover- hören Medienprofessor Mischa Kuball, denen User selbst Bilder beitragen. Mit
gestalter vertreibt. Rund 3800 ihrer Mo- Galerist Max Mayer, Fotoredakteurin den im November von Instagram lan-
tive bereichern nun die plainpicture- Nadja Masri sowie Peter Bitzer, Chef der cierten Webprofilen wird das bestimmt
Kollektion »Rauschen«. renommierten Kölner Bildagentur laif. noch zunehmen. Seither bekommt je-
≥ www.plainpicture.com Sie sorgten für eine Auswahl zwölf der User eine eigene Homepage (die
herausragender Fotografen aus ganz von ihrem Aufbau stark an Facebook
Junge Fotografie in Deutschland. Bei Erfolg soll »go photo« erinnert) und kann darüber alle In-
zum alljährlichen Event werden. halte öffentlich teilen. Unser Blick auf
Düsseldorf ≥ www.thisisgophoto.de die Welt wird instagramisiert. Durch
Q Es ist schon komisch: Die Stars der Filter gesehen, sieht halt alles irgend-
sogenannten Düsseldorfer Fotoschu- wie schicker aus. cg
le – die Becher-Schüler Andreas Gursky,
Instagram professionell
Thomas Ruff, Thomas Struth oder Can- Q Dass die im April 2012 von Face-
dida Höfer – gehören zu den berühm- book für eine Milliarde Dollar gekaufte
testen und am höchsten bezahlten Fo- App und Community bei Amateuren
tokünstlern der Welt. Doch aktuell ist beliebt ist, wissen wir alle. Doch unter
in Düsseldorf von herausragendem Fo- den mehr als 100 Millionen Instagram-
tografienachwuchs nicht viel zu hören, Usern sind bemerkenswerterweise zu-
was vor auch daran liegt, dass die Foto- dem immer mehr Profis. So starteten Auf dem Cover
klasse der Kunstakademie fast brach- auch die Wahlkampfhelfer von Barack des »Time Maga-
lag, bis Gursky neben Christopher Wil- Obama einen Account, der inzwischen zine« gelangte
liams dort 2010 eine Professur antrat. rund 1,8 Millionen Follower hat. Auf Instagram zu
Jetzt regt sich auch ausstellungs- den Bildern im warmen Polaroid-Look höchsten Foto-
technisch wieder etwas: Am letzten sieht der fotogene Präsident noch journalismus-
Januar- und am ersten Februarwochen- besser und sympathischer aus als auf Weihen
088 PAGE 02.13

TECHNIK

In den Büroräumen in einer


ehemaligen Fabrik in
Kreuzberg arbeitet das Team
der dotdotdot GmbH seit
März 2012 an der Umsetzung
seiner Social-Reading-App
4

Die Lese-App hat zahlreiche Fea- 5 6

tures: Mit ihr kann man zum Bei-


spiel 1 Textstellen aus E-Books
und von Webseiten markieren
und kommentieren. 2 Spannen-
de Lektüre lässt sich Freunden
weiterempfehlen. 3 Das soziale
Netzwerk von dotdotdot ist
dabei ähnlich aufgebaut wie das
von Twitter. 4 Sukzessive legt
man eine Bibliothek an, die sich
durch Tags 5 verschlagworten
und durchsuchen lässt. 6 Das
persönliche Dashboard zeigt
übersichtlich alle Aktivitäten
PAGE 02.13 089

Projekt: dotdotdot
User Experience: Thomas Schinabeck
2
User Interface: Thomas Weyres, Jacopo Bortolato
Backend: Christian Klingler
Frontend: Christian Schlesinger, David Goldwich
iOS-Entwicklung: Christian Beer, Oliver Greschke

À Point
Die Lese-App dotdotdot verbindet die Grundfunktionen sozialer
Netzwerke mit einem klaren, benutzerfreundlichen Design. Wir berichten
über den anspruchsvollen Entwicklungsprozess
090 PAGE 02.13 TECHNIK Making-of: dotdotdot

Die Möglichkeit,
Textstellen zu
markieren und
kommentieren
ermöglicht ein
kollaboratives
Arbeiten am Text.
Dies unter-
scheidet dotdot-
dot von anderen
Lese-Apps
wie Readability

QWer morgens U-Bahn fährt, weiß, Datei- oder Medienformaten – egal ob Das Projekt lief lange neben unseren
dass digitale Texte im Alltag angekom- E-Books, Blogposts oder Magazinarti- normalen Jobs«, erzählt Weyres. »Eine
men sind. Da lesen Pendler ihre Roma- kel – einfach und schnell zu impor- arbeitsreiche Zeit.« Doch mit vielen
ne auf dem Kindle, prüfen ihre E-Mails tieren, zentral in einer individuellen E-Mails bestärkten die Testnutzer das
via Smartphone und bereiten Präsen- User-Bibliothek zu verwalten, zu le- kleine Team in ihrer Idee. Die Beteili-
tationen fürs Büro vor – mit dem Lap- sen, zu kommentieren und mit ande- gung von Investoren im März 2012 er-
top auf dem Schoß. Nicht wenige ver- ren Nutzern zu teilen. möglichte ihnen die Gründung einer
arbeiten die gerade aufgenommenen Von anderen Lese-Apps unterschei- GmbH und die Arbeit in Vollzeit. Im
Informationen nahtlos weiter, in Form det sich dotdotdot durch ihr Social- November startete man in die Closed-
von Status-Updates, Tweets oder Mails. Reading-Layer. Entsprechende Funk- Beta-Phase. Inzwischen kann man dot-
Durch die zunehmende Verbreitung tionen ermöglichen es den Usern, rund dotdot auch ohne persönliche Einla-
neuer mobiler Geräte haben digitale um Texte zu interagieren, diese gege- dung testen. »Wir haben absichtlich
Texte noch einmal enorm an Bedeu- benenfalls zu kommentieren, zusam- keinen konkreten Zeitraum für die Be-
tung gewonnen. Um sich deren Poten- menzufassen oder zu editieren. Au- taphase festgelegt, denn das Feedback
zial und das ihrer via Internet vernetz- ßerdem ist es möglich, anderen dot- ist für uns sehr wertvoll und wir möch-
ten Leser zu erschließen, hat die Pub- dotdot-Nutzern zu folgen und, ähnlich ten sicherstellen, dass das System wirk-
lishing- und Verlagsindustrie – vom wie bei Facebook, eine eigene Chronik lich stabil läuft«, erklärt Weyres. »Es
Bereitstellen diverser Tablet-Magazine aufzubauen. Texte und Bücher ent- gibt momentan, beispielsweise durch
und E-Books abgesehen – bisher jedoch wickeln sich so von einem statischen all die typografischen Feinheiten, doch
wenig Innovatives entwickelt. »Man »Stück Wissen« zu einer interaktiven noch relativ viel zu tun. Wir müssen si-
konzentriert sich noch zu sehr auf die »Plattform für Wissen«, so Weyres. Au- cherstellen, dass jeder Text – egal, aus
Erhaltung bestehender Erlösmodelle«, ßerdem kann dotdotdot, im Gegen- welcher Quelle – gleich angezeigt wird,
beanstandet Thomas Weyres. Der Gra- satz zur Konkurrenz, auch mit EPUB- was uns als kleinem Team zuweilen
fik- und Interface-Designer ist Teilhaber Dateien, dem offenen Standardformat den Schlaf raubt.«
der Zentralen Intelligenz Agentur in für E-Books umgehen. Thomas Weyres war hin und wie-
Berlin und verfolgt seit etwa zehn Jah- Besonders wichtig war den Ent- der engagiert worden, um anlässlich
ren die Entwicklungen auf diesem Ge- wicklern eine gute Readability – eine einer Buchveröffentlichung eine Web-
biet. »Es gibt derzeit keine Anwendung, gute Lesbarkeit und ordentliche typo- seite zu gestalten. Dort sollte es dann
die es ermöglicht, quellen- und format- grafische Darstellung sowie die ein- ein Forum geben, wo Leser über das
übergreifend digitale Texte an einem heitliche Formatierung ohne störende Buch diskutieren konnten. Schon da-
Ort zu verwalten, zu lesen und dabei Werbebanner. Sie wollen den Prozess mals dachte er sich, wie viel besser es
durch den Einsatz von kollaborativen des digitalen Lesens von der Suche nach wäre, den Austausch direkt ins Buch
Tools, Social Graphs und Datenanaly- relevanten Texten bis hin zum kolla- zu verlegen. »Gerade bei Sachbüchern
sen all ihre Möglichkeiten auszuschöp- borativen Arbeiten optimieren. Sämt- und im akademischen Bereich stelle
fen«, meint er. Ein wesentlicher Faktor liche Dokumente können mit Tags ver- ich mir das spannend vor, wenn ich die
dabei ist, dass das Bereitstellen von sehen und so besser organisiert wer- Kommentare und Markierungen von
Content meist mit aufwendigen Lizenz- den; diese sind auch durchsuchbar. jemandem aus dem vorigen Semester
rechtverhandlungen verbunden ist. Mögliche lizenzrechtliche Komplikatio- einsehen kann.« Außerdem gehe beim
nen umgeht dotdotdot mit technischer häufigen Wechsel zwischen Computer
Schon seit einigen Jahren ist Thomas Raffinesse: Wenn man einen Text im- und Tablet auch viel Benutzerfreund-
Weyres dabei, zusammen mit Thomas portiert, wird dieser im Privatarchiv lichkeit verloren: »Manche Texte liest
Schinabeck, Christian Beer und Chris- des Users abgelegt. Die iPad-App und man im Browser und legt sich dafür
tian Klingler eine deviceunabhängige das Browser-Plug-in synchronisieren Lesezeichen an, andere auf dem Smart-
Social-Reading-App zu entwickeln, die anschließend die Bibliothek des Nut- phone oder Tablet. Wir wollten ein
diese Lücke schließen soll. Die Lese- zers mit dessen Archiv. Somit ist dot- Tool, das all diese Texte verwaltet, et-
Applikation mit integriertem sozialem dotdot ein Tool, das Texte nicht zentral was, das unseren eigenen Ansprüchen
Netzwerk optimiert längere Texte für hostet, sondern lediglich darstellt und und Wünschen gerecht wird«, sagt er.
iOS und Webbrowser. Sie erlaubt es, sie mit von Usern generierten Meta- Und ja, die App soll auch dazu inspirie-
Texte aus unterschiedlichen Quellen, daten synchronisiert. ren, mehr Bücher zu lesen. fb
092 PAGE 02.13 TECHNIK Making-of: dotdotdot

Making-of: Interface-Designer Thomas Weyres über die Entwicklung der Social-Reading-App dotdotdot

Ausgehend vom ersten Proto-


typ, einem E-Book-Reader
fürs iPad mit Dropbox-Anbin-
dung, entwickelte das Team
alle weiteren Funktionen

man E-Books importieren konnte. Da-


nach implementierten wir die Funk-
tion, Markierungen und Anmerkungen
im E-Book-Text zu hinterlassen. Dazu
mussten wir im Backend, für das wir
das Java-Framework Grails verwende-
ten, ein API bauen, über das die An-
merkungen synchronisiert werden.
Parallel dazu entwickelten wir, eben-
falls im Backend, ein Follower-System
ähnlich dem von Twitter. Denn der Nut-
zer soll entscheiden können, wem er
folgen und welche Kommentare er se-
hen möchte. Die zweite Hauptkompo-
nente, die wir in der Prototyp-Phase
erzeugten, ist das persönliche Dash-
board, das die Aktionen des Users und
Entwicklung des dotdotdot-Prototyps seiner Follower übersichtlich anzeigt.
QZunächst entwickelten wir in Ob- Konzeptioner, ein Designer sowie ein Als Drittes implementierten wir eine
jective-C und Core Text eine Dummy- iOS- und ein Backend-Developer – vier Funktion, mit der der Anwender seine
version des E-Book-Readers für das Wochen lang gearbeitet. Der Prototyp eigenen Kommentare und Markierun-
iPad. Daran haben vier Personen – ein hatte eine Dropbox-Anbindung, sodass gen durchsuchen kann.

Implementierung der Funktionen


QAls Nächstes nahmen wir das Im- Späterlesen schicken kann. Im zwei-
portieren von Texten aus dem Web in ten Schritt setzten wir einen In-App-
Angriff. Zunächst entwickelten wir das Browser ein, mit dem der Anwender
JavaScript-Makro Bookmarklet für alle in der App im Internet surfen und Texte
gängigen Browser, über das der User direkt importieren kann. Eine logische
mit einem Klick einen Text von einer Erweiterung war dann die Google-
beliebigen Website an die App zum Reader-Anbindung, mit der man auch

Schritt für Schritt


entstanden
Schnittstellen
für den Import
von Texten via
Dropbox oder
Google-Reader,
aus eigenen
E-Books oder
direkt aus dem
Internet. Rechts:
Indem Nutzer
Content impor-
tieren und diesen
verschlagworten,
bauen sie ein
persönliches,
digitales Text-
gedächtnis auf,
das sich nach
Tags ordnen und
durchsuchen lässt
PAGE 02.13 093

Für jedes Feature erstellte das Team zunächst Use Case und Wireframe Interfacedesign und Usability der ersten Dummy-App
und entwickelte dann das Design sowie Back- und Frontend. Im An- verbesserte das Team um Thomas Weyres nach und nach
schluss testeten sie die neue Funktion und passten sie gegebenfalls an bis zur finalen Version

RSS-Feeds in der App lesen und archi- walten und ordnen – und natürlich Page-Konzept: Jede geteilte Zitat ge-
vieren kann. Für die Archivfunktiona- schnell auf die Inhalte zugreifen. neriert eine eigene Seite im Netz mit
lität arbeiteten wir mehrere Wochen Als Nächstes kümmerten wir uns Deeplink, auf den Twitter oder Face-
lang am Konzept und Design der User- um die Facebook- und Twitter-Anbin- book verweisen. Das Design dieser
Bibliothek. In dieser kann der dotdot- dung, damit sich Textstellen auch au- Quote-Page variiert je nach Länge der
dot-User seine Texte in selbst ange- ßerhalb von dotdotdot teilen lassen. Textpassage und wird davon abhängig
legten Listen auf einfache Weise ver- Dafür entwickelten wir das Quote- in verschiedenen Fonts nach dem

Dotdotdot-User
entscheiden
selbst, was sie
teilen möchten,
und behalten
außerdem die
Rechte an sämt-
lichen persön-
lichen Angaben,
Anmerkungen,
Nachrichten
und Profildaten
094 PAGE 02.13 TECHNIK Making-of: dotdotdot

Making-of: Interface-Designer Thomas Weyres über die Entwicklung der Social-Reading-App dotdotdot

Lösungen für
knifflige
Komponenten

Teilt der User Thomas Weyres berichtet,


eine Textstelle wie das dotdotdot-Team
auf Facebook
Probleme an entscheidenden
oder Twitter,
generiert dot- Stellen meisterte
dotdot eine
eigene Quote-
Page mit Deep-
link im Netz,
Gute Readability
deren Font Problem: Für den Import von Webtex-
per Zufall aus- ten einen Parser zu konzipieren und
gewählt wird umzusetzen, der mit den oftmals sehr
unterschiedlich aufgebauten HTML-
Strukturen umgehen kann und zuver-
lässig die relevanten Textabschnitte
erkennt – und das schnell und für alle
Devices. Der Parser muss innerhalb
kürzester Zeit sämtliche Teaser und
Anzeigen einer Webseite herausfiltern
und lediglich den Haupttext mit seiner
inhaltlichen Struktur, den Headlines,
Zitaten, Bildern et cetera in einer hoch-
wertigen Lesbarkeit anzeigen, und das
beispielsweise auch auf einem iPad
der ersten Generation mit geringem
Speicher und einer schlechten Inter-
Zufallsprinzip generiert. Die Quote- ander abgegrenzt. So fand beispiels- netverbindung.
Pages entwickelten wir auf Basis von weise ein sehr großer Teil der Konzep- Lösung: Der Hauptbestandteil unse-
HTML5 und CSS3, die Webfonts inte- tion und des Designs der Features im res Parsers ist eine Engine, die Struk-
grierten wir mittels Typekit. Sprint vor deren Entwicklung statt. turen einer HTML-Seite analysiert. Die
In dieser Phase arbeiteten wir in Während der technischen Umsetzung Engine durchläuft die Struktur einer
zweiwöchigen Sprints. Für jedes Fea- haben wir, speziell auf iOS-Seite, täg- Datei und ermittelt dabei einen Score
ture erstellten wir zunächst Use Case lich Developer-Versionen über den Ser- für jeden HTML-Knoten. Enthält die-
und Wireframe, dann folgten das De- vice Hockey veröffentlicht. Auf dieser ser aufeinanderfolgende Textblöcke,
sign sowie die Backend- und die Front- Grundlage passten wir das Design und so wird der Score dieses HTML-Kno-
endentwicklung, bevor wir wieder An- bei Bedarf die User Experience noch tens erhöht. Nachdem die Engine die
passungen am Design, Tests, gegebe- einmal an. Zum Testen der neuen Fea- gesamte Struktur einmal durchlaufen
nenfalls Bugfixing und vor dem Re- tures und Funktionen verwendeten hat, wird der HTML-Knoten mit dem
lease noch einen abschließenden Test wir das Planungstool Testpad und un- größten Score verwendet und dessen
vornahmen. Die einzelnen Schritte sind ter anderem auch den Charles Web Text extrahiert und nach den von uns
dabei natürlich nicht ganz klar vonein- Debugging Proxy. spezifizierten Vorgaben dargestellt.
Um die Qualität sicherzustellen, be-
ziehungsweise noch in den Parser-
Prozess eingreifen zu können, setzen
Umsetzung des Browser-Plug-ins wir dabei mehrere Inclusive- und Ex-
QNach Abschluss der Prototyp-Pha- entwickler zum Team, einer für CSS clusion-Filter ein. Darüber hinaus über-
se machten wir uns parallel zur Um- und HTML und einer für JavaScript, prüfen wir mithilfe eines selbst ge-
setzung der iPad-App an die Konzep- auf dem die Browserversion basiert. Im schriebenen Testframeworks laufend
tion der Browserversion. Auch hier be- November 2012 veröffentlichten wir die Ergebnisse des Parsers. Dessen
gannen wir mit der Entwicklung eines schließlich unsere erste Betaversion. Qualität und Performance hat uns die
Readers, den wir dann um weitere Damit ist die Entwicklung von dotdot- meiste Zeit gekostet – und wir ar-
Funktionen – die gleichen wie bei der dot aber keineswegs abgeschlossen – beiten noch immer an ihrer weiteren
App – ergänzten. In dieser Phase des in den nächsten Monaten ist noch viel Verbesserung.
Projekts stießen noch zwei Frontend- zu tun und zu optimieren.
PAGE 02.13 095

Optimale Schrift
Problem: Einen Font finden, der opti-
male Lesbarkeit auf unterschiedlichs-
ten Devices garantiert.
Lösung: Lange arbeiteten wir an der
Anpassung der CSS für die unter-
schiedlichen Geräte – besonders an
der typografischen Darstellung. So ha-
ben wir zuerst mit der Sentinel von
Hoefler & Frere-Jones experimentiert,
die auf dem Retina-Display des iPads 3
gut funktioniert, im Browser jedoch
katastrophal wirkt. Nach dreimonati-
gen Tests haben wir uns für die FF Tisa
Mobile und die FF Tisa Web von Mitja
Miklavčič entschieden, deren relativ
große X-Höhe und ausgeprägte Seri-
fen eine ausgesprochen gute Lesbar- Lange testete das Team, welche Schrift die beste Lesbarkeit in Browser und iPad-App garantiert.
keit garantieren. Sie wählten die FF Tisa Mobile und Tisa Web mit recht großer x-Höhe und ausgeprägten Serifen

Fingerprint-Technologie
Problem: Sicherstellen, dass Anwen- werden damit die Markierungen des te ein Dokument, dem im Gegensatz
der, die denselben Titel in unter- anderen direkt im Text angezeigt. Um zum Original einige Seiten fehlen, im-
schiedlichen Versionen lesen, auch die- diese Verbindung von Text und Me- mer noch eindeutig zuzuordnen sein.
selben Markierungen und Kommentare tadaten wie ISBN, Autor oder Titel zu Um eine rasche Übertragung und Kal-
zu sehen bekommen. ermöglichen, muss der Text beim erst- kulation des ermittelten Fingerprints
Lösung: Um den Austausch von Mar- maligen Öffnen durch einen berech- zu gestatten, muss dieser möglichst
kierungen im Text und den zugehö- neten Fingerprint eindeutig identifi- klein sein. Formatspezifische Attribu-
rigen Kommentaren zwischen Lesern ziert und die Ähnlichkeit zu vorhan- te eines Dokuments müssen zur Bil-
zu gewährleisten, haben wir mithilfe denen Texten festgestellt werden. Der dung eines Fingerprints entfernt wer-
eines Mathematikers einen speziellen erste von uns umgesetzte Fingerprint den, damit dieser unabhängig vom
Algorithmus entwickelt. Dieser gleicht ist noch ziemlich grob und wir ar- Format erkannt wird. Der Fingerprint
jeden Text mit bereits von anderen beiten momentan schrittweise an sei- wird so konzipiert, dass er nicht nur
Usern gelesenen Texten ab und legt ner Verbesserung. die Messung einer exakten Überein-
die entsprechenden Markierungen und Im Idealfall sind durch den Finger- stimmung, sondern auch die Erken-
Kommentare wie Pauspapier darüber. print Ähnlichkeiten von Text-Doku- nung des Grades einer Übereinstim-
Nutzern, die sich gegenseitig folgen, menten abbildbar, beispielsweise soll- mung erlaubt.
Der Algorith-
mus hinter der
Fingerprint-
Technologie
kann Text-
dateien ein-
deutig iden-
tifizieren,
selbst wenn
sie in unter-
schiedlichen
Formaten
oder Versionen
vorliegen
* Aufgrund der auf 18 Personen pro Veranstaltung begrenzten Teilnehmerzahl
werden die Anmeldungen in der Reihenfolge der Eingänge der Zahlungen be-
rücksichtigt. Die Teilnahmegebühr fällt mit der Anmeldung an. Sie ist sofort
nach Erhalt der Rechnung zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer ohne Ab-
zug zu überweisen. Bei Absage der Veranstaltung seitens der Ebner Verlag
GmbH & Co. KG wird die Seminargebühr voll zurückerstattet. Darüber hinaus-
gehende Ansprüche bestehen nicht. Bei Stornierung der Anmeldung gelten
folgende Fristen und Gebühren: Ab 15. 02. 2013 berechnen wir 50 Prozent,
ab 20. 03. 2013 100 Prozent der Teilnahmegebühr. Die Vertretung eines ange-
meldeten Teilnehmers ist jederzeit möglich. Es werden nur schriftliche Stor-
nierungen oder Namenswechsel akzeptiert. Es gilt der Poststempel.
PRAXIS

DESIGNMANAGEMENT
Design Thinking, Strategien, Fallbeispiele

Die Agenda Der Workshop


1. Von der Unternehmensaufgabe zur QDie Dinge um uns herum verändern sich: die Märkte, die Technik, die Gesell-
Business-Strategie schaft. Als Designer lieben wir die Veränderung, sie ist unser Business. Mit
Was Unternehmen antreibt, welche Strategien neuen Herausforderungen umzugehen und kreative Problemlösungen zu erar-
sie einschlagen, wie sich Firmenkultur und beiten, sind wir gewohnt. Wir fokussieren dabei den Menschen und schauen
Kommunikation gegenseitig beeinflussen uns die Aufgaben aus der Nutzerperspektive an. So können wir Unternehmens-
und warum Design in Zukunft mehr zur aufgaben eine neue Richtung geben, die Wettbewerbsfähigkeit beeinflussen,
Performance beitragen kann als alle anderen Prozesse verbessern und Märkte gestalten. Es ist aber nur dann möglich, gezielt
Unternehmensfunktionen. etwas zu den unternehmerischen und gesellschaftlichen Herausforderungen
beizutragen, wenn wir wissen, wie Business, Markt und Gesellschaft funktionie-
2. Von der Business- zur Designstrategie ren. Designmanagement sucht den Schulterschluss zwischen Business und
Warum Research-Methoden wie die Design. Es umfasst Design Thinking ebenso wie die operative Steuerung des
SWOT- oder die Portfolioanalyse auch Designprozesses. Mit dem Ziel, in einem sich ständig wandelnden Umfeld
für die Designstrategie nützlich sind, die Designentwicklung ganzheitlich zu verstehen und effektiv zu managen.
wie Design Thinking funktioniert und
wie sich Business-Strategien durch Christine Hesse erklärt, wie Design die Positionierungsstrategien unterstützt, wie
Design veranschaulichen lassen. man die Corporate Culture weiterentwickelt und Marken führt, wie Research und
Moderation die Designstrategien unterstützen, welche Faktoren im Designprozess zu
3. Vom strategischen zum operativen berücksichtigen sind und wo die Ressource Design künftig eine Rolle spielt – wert-
Designmanagement volles Know-how vom Designprofi für Designprofis in Agentur und Unternehmen!
Wie sich Designprojekte vom Briefing bis zur
CD-Spezifikation effektiv managen lassen, wie Das Seminar »Designmanagement« findet am 22. April 2013 im Hotel Gastwerk,
man den Veränderungsprozess moderiert und Hamburg, von 9 bis 17:30 Uhr statt. Die Teilnahme kostet 648 Euro (zzgl.
welche Steps dabei zu berücksichtigen sind. gesetzlicher MwSt.). Die Gebühr* umfasst die Tagungskosten,
Lunch und Kaffeepausen. Die Teilnehmerzahl ist auf 18 Personen begrenzt!
4. Vom Designer zum Designmanager Also schnell anmelden unter www.page-online.de/seminar.
Was qualifiziert einen Designer als Design-
manager? Von Aus- und Fortbildung bis zur
Ausgestaltung neuer Agenturmodelle.
Die Referentin
Der Workshop lässt genug Zeit für Fragen und
Diskussionen – etwa darüber, wie man sich QChristine Hesse ist Mitinhaberin und geschäftsführende Gesellschafterin von
als Designer stärker in die kommunikativen Hesse Design. Sie studierte Designmanagement an der Westminster University
Unternehmensprozesse einbringen kann. in London, ist Mitglied des Advisory Board des Design Management Institute
in Boston und Herausgeberin diverser Designpublikationen. Hesse Design gehört
mit über hundert Designauszeichnungen im In- und Ausland zu den führenden
Spezialisten für Markenentwicklung und Corporate Design. In enger Zusammen-
arbeit mit den Entscheidungsträgern in Unternehmen erarbeitet die inhaber-
geführte Düsseldorfer Agentur Lösungen für Print und Screen sowie für die Kommu-
PAGE // Ebner Verlag GmbH & Co. KG nikation im Raum. Als eine der ersten Designagenturen legte Hesse Design bereits
E-Mail: info@page-online.de Ende der 1980er Jahre großen Wert auf die enge Verknüpfung von Unternehmens-
Telefon: +49 40 85183400 strategie und Design. Auf ihrer Kundenliste stehen Namen wie Audi, Bewag, Bosch,
www.page-online.de/seminar Dekra, die Landeshauptstadt Düsseldorf und die Robert Bosch Stiftung.
098 PAGE 02.13 TECHNIK

TOOLS & TECHNIK


Neuerungen bei Adobes Creative Cloud
QDie Zukunft gehört der Cloud und cher nun ähnlich wie bei Dropbox oder
dem Abonnement – das machte Ado- Google Drive direkt mit dem Desktop-
be am 11. Dezember einmal mehr deut- Computer synchronisieren.
lich: In einem weltweit übertragenen Diese Features allein reichen aller-
+++ Lumion 3. Ein 3-D-Modell auszuleuchten und Webcast kündigte der Softwareherstel- dings noch nicht, Agenturen und Ver-
in Szene zu setzen ist nicht ganz einfach. Hier setzt ler eine Teamversion seiner Creative lage zum Umstieg auf das neue Li-
die Software Lumion an, die Gestaltern von Architek- Cloud an sowie einige exklusive neue zenzmodell zu bewegen. Auf Nach-
turmodellen hilft, aus diesen unkompliziert Filme zu Features für die Kunden des 2012 ein- frage erklärten die meisten, dass das
generieren. In der neuen Version 3 ist mit »Global Illu- geführten Abomodells. Eine der wich- für sie bislang noch kein Thema sei,
mination«, das die Reflektion von Licht auf Oberflä- tigsten Neuheiten ist jedoch für alle zumal große Player wie etwa die WPP-
chen simuliert, ein wichtiges, bislang fehlendes Fea- Anwender zugänglich: Photoshop und Tochter AKQA eigene Rahmenverträ-
ture hinzugekommen. Ein weiteres Highlight ist die Illustrator unterstützen jetzt Apples ge mit Adobe haben. Mit der Creative
Möglichkeit, auch eine dreidimensionale Geräuschku- hochauflösende Retina-Displays. Cloud Team versucht Adobe nun auch
lisse zu erzeugen. Aufgefüllt hat der niederländische Für die Abonnenten gibt es außer- diese Großkunden von dem neuen Mo-
Hersteller Act 3D Productions zudem die Requisiten- dem Smart-Object-Unterstützung für dell zu überzeugen: Sie bietet zunächst
kiste mit Bäumen und anderen Pflanzen, mit denen alle Weichzeichnungs- und Verflüssi- die gleichen Features wie die Einzel-
sich ein Gebäude rasch in eine Landschaft einbet- gen-Filter, erweiterte 3-D-Funktionen, platzvariante, allerdings lassen sich hier
ten lässt. Lumion kostet ungefähr 3000 Euro (Pro- eine Exportfunktion für CSS-Daten so- 100 statt 20 Gigabyte in der Cloud spei-
Version) und in der abgespeckten Variante nicht ganz wie eine Importfunktion für Farbpa- chern. Wichtiger sind jedoch die Back-
1500 Euro. ≥ http://lumion3d.com/lumion-3-0-update letten. Zudem lassen sich Automati- office-Funktionen: Hilfe durch einen
+++ Nintendo Wii U. Die sechste Generation der Kon- sierungsskripte für bestimmte Aufga- Expertenservice sowie Werkzeuge, mit
sole wartet mit einem neuen Controller auf: dem Wii ben anlegen. Kleinere Änderungen hat denen der Systemadministrator Instal-
U Game Pad. Neben einem Bewegungs- und Beschleu- Adobe an Werkzeugen wie etwa dem lationen zentral warten und die Lizen-
nigungssensor besitzt dieser ein eigenes 6,2-Zoll-Dis- Beschnitt-Tool vorgenommen. Auch zen verwalten kann. Ob das die Ent-
play, auf dem auch andere Inhalte erscheinen können der Design-orientierte Webeditor Muse scheider in den Agenturen überzeugt,
als auf dem angeschlossenen Fernseher. An eine Kon- erhielt ein Update. So kann man mit wird sich zeigen müssen. Der offizielle
sole lassen sich zwei Wii U Game Pads anschließen. ihm künftig leichter Webseiten für un- Preis für die Teamversion liegt bei cir-
Entwickler sollen, so der Wunsch von Nintendo, auf terschiedliche Endgeräte simulieren. ca 83 Euro pro Monat.
dem Gerät neue Konzepte umsetzen, die von den Fä- Schließlich lässt sich der Cloud-Spei- ≥ www.adobe.com/de
higkeiten zum »asymmetrischen Gameplay« Gebrauch
machen. Bisher beschränkten sie sich aber meist da-
rauf, den schnelleren Prozessor und den größeren
Speicher auszunutzen. Die Grafik ist wesentlich leis-
Autodesk 123D Design
tungsfähiger. Die Wii U gibt es im Premium Pack mit QDie Preise für den 3-D-Druck sind in intuitiv bedienbare Software vorgefer-
32 Gigabyte Speicher für rund 350 Euro oder im Basic den letzten Jahren rapide gesunken, tigte Bausätze etwa für Roboter, Mo-
Pack mit 8 Gigabyte Speicher für knapp 300 Euro. sodass die Technologie nun auch für dellautos oder -flugzeuge sowie Grund-
≥ www.nintendo.de +++ Instagram vs. Twitter. Die Freelancer und kleinere Designstudios formen bereit, aus denen der Nutzer
Facebook-Tochter Instagram und der Kurznachrich- interessant wird (siehe auch Seite 36 f.). druckfähige 3-D-Objekte fertigen kann.
tendienst Twitter machen ihren Kunden das Leben In diesen Markt steigt nun Autodesk mit 123D Design lässt sich sowohl über den
schwer: Seit Anfang Dezember werden Instagram- 123D Design ein. Das kostenlose Tool Browser wie auch Windows-, Mac- oder
Fotos nicht mehr als Vorschau im Twitter-Nachrich- ermöglicht das einfache Gestalten von iPad-Anwendung nutzen. Auf der Web-
tenstrom angezeigt, nur noch ein Link verweist auf Objekten, die dann über einen 3-D- site 123app stehen weitere Vorlagen
Instagram, wo das Bild dann zu sehen ist. Das Ganze Drucker ausgegeben oder in anderen und Werkzeuge sowie Community-
ist vermutlich eine Retourkutsche auf Twitters neues Autodesk-Anwendungen weiterverar- Funktionen zur Verfügung. dsc
Konzept, in ihrer Mobil-App selbst Bildbearbeitungs- beitet werden können. Dazu stellt die ≥ www.123dapp.com
tools anzubieten, die stark an Instagram erinnern.
≥ http://is.gd/twitter_instagram +++ E-on Vue 11.
Softwarehersteller E-on hat seinen Landschaftsgene-
rators Vue überarbeitet. Die neue Version gibt es unter
anderem als Plug-in für große 3-D-Pakete wie Maya,
3ds Max, Cinema 4D und LightWave oder als Stand-
alone-Version. Neu sind vor allem Tools wie »EcoPar-
ticles« , mit dem sich Regen, Schnee oder auch ein Mit Autodesk 123D
Heuschreckenschwarm simulieren lässt. Dabei kann Design lassen sich
man über ein eigenes Kontrollfeld die Intensität des Objekte für den
Wolkenbruchs exakt regeln. ≥ www.e-onsoftware.com 3-D-Druck gestalten
PAGE Markt 099

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102 PAGE Markt
106 PAGE 02.13

AUSBLICKE
. . . auf 2013: Mit welchen Trends und Themen beschäftigen sich Kreative privat?

Nachdem ich langsam meine Bilanz aus dem Jahr 2012 ziehe, beginne
Ich selbst habe mir für 2013 vorgenommen, im schnelllebigen Kreativbusiness

Mentale Präsenz Initiativ werden


Q Ich bin gespannt, wie sich die allge- Q »Komm auf den Boden« lautet mein Motto für 2013. Ich

ich 2013 wieder bei null – mal sehen, was kommt.


meine Medienkompetenz, unser Um- habe 2012 über ein halbes Jahr in Neapel verbracht, um ei-
gang mit den Möglichkeiten der digi- ne Graphic Novel zu schaffen, die durch ein neapolitani-
talen Kommunikation entwickeln wird. sches Lied inspiriert ist. Armut und »schlechte Organisa-
Parallel zur Allgegenwart des iPhones tion« bestimmen den Alltag der Menschen in der süditalie-
scheint eine »digitale Bohème« zu ent- nischen Stadt. Trotzdem haben sie keine Angst vor dem
stehen, die sich dem Zwang zur Kom- Leben. Ich sah überall Druck- und Möbelwerkstätten, in der
munikation bewusst entzieht. sehr alte Leute sehr vital arbeiten. Das erinnerte mich an
Ab und zu unterrichte ich an der meine Großeltern in Tokio – reich und erfolgreich zu wer-
Filmakademie Baden-Württemberg, wo den war für sie nicht wichtig.
sogar Studenten, Digital Natives von In Neapel habe ich gelernt, dass die Grenzen zwischen
Anfang 20, über die Abschaffung ihrer Nord und Süd, Ost und West oder Arm und Reich von den
mehr Ruhe und mentale Präsenz zu bewahren.

Smartphones nachdenken. Vor Kur- Menschen selbst gezogen werden. Sie sind in diesen Ideen
zem wurde meines gestohlen – und gefangen, aber ich glaube nicht an starre Bilder wie »Süd =
ich bin gar nicht unglücklich, mein All- Arm« und »Nord = Reich«. Den Neapolitanern wiederum
tag funktioniert bestens. Das ist vor al- würde ich gern viel von dem weitergeben, was ich in Berlin
lem eine Frage der Organisation: Die gelernt habe: die Bescheidenheit der Berliner, Freundschaf-
ständige Erreichbarkeit zwingt uns in ten und die Möglichkeit, selbst initiativ zu werden.
einen Reaktionsrhythmus, der uns oft- Für mein Comicprojekt musste ich eine ganz neue visu-
mals daran hindert, uns auf das We- elle Sprache entwickeln, genauso wie ich Italienisch und das
sentliche zu fokussieren. Aus diesem abgefahrene neapolitanische Leben kennen lernen muss-
Grund versuchen wir zum Beispiel in te. Zeichnen ist eine gute Methode, um den Alltag an einem
der Agentur, uns vor 12 Uhr auf kreati- Ort und die Haltung der Menschen zu verstehen und zu
ve, inhaltliche Arbeiten zu beschrän- vermitteln. Um die ganze Neapel-Geschichte visuell erzäh-
ken und erst nachmittags zur Admi- len zu können, brauche ich aber noch etwas Zeit. Nachdem
nistration überzugehen. ich langsam meine Bilanz aus dem Jahr 2012 ziehe, beginne
Ich denke, Technik wird sich künf- ich 2013 wieder bei null – mal sehen, was kommt.
tig zurückziehen und Usern die Mög-
lichkeit bieten, sich nicht zum Sklaven Maki Shimizu, freie Illustratorin, Berlin und Tokio
der Geräte zu machen – wie etwa mit
der »Bitte nicht stören«-Funktion des
neuen iPhones. Ich selbst habe mir für
2013 vorgenommen, im schnelllebigen
Kreativbusiness mehr Ruhe und men-
tale Präsenz zu bewahren.

Andreas Schimmelpfennig,
Geschäftsführer von Elastique, Köln
PAGE 02.13 107

Das soll ein Trend für 2013 werden: Marken, deren Kommunikation beherzt

Ein neues Jahr ist wie ein Stück Papier. Man kann es beschreiben, bemalen,
Braingoodies verteilt – mit einer ebenso beherzten Mediastrategie!

Psychotricks Denken
QDie winterliche Angewohnheit, am QDie Kurzversion: Mein persönlicher Trend?! Uuuuuuu-
Abend häufiger Bioschokoladeneis zu aaaaaarrrggghhhhh!!! Rent a Trend. Das fremdbestimmte
essen und dafür umso seltener Jog- Kaffeesatzlesen zeigt nur die Hilflosigkeit, nicht selber den-
gen zu gehen, hat mir einen halbamtli- ken zu können oder zu wollen. Ist ja viel bequemer so. Also
verbrennen, zerreißen, zerschneiden, knicken, lochen oder falten.

chen Bauchansatz eingebrockt. Also – gilt für 2013 wie für jedes neue Jahr: einmal Denken bitte.
könnte ich mir ja eigentlich Almased
kaufen. Almased, diese Diäternährung, Die Jammerlappenversion: Es wäre nicht schlecht, wenn:
für die in den letzten Wochen im Fern- • man unserem Berufsstand mit mehr Respekt begegnete,
sehen geworben wurde. Ich kaufe Al- • die hochglanz- und mattgestrichenen Magazine einen
mased allerdings nicht, weil ich weiß, kritischen Designjournalismus und den Diskurs pflögen,
dass solcherlei Produkte »therapeu- • wir aufhörten, viel zu viele Designer auszubilden,
tisch nicht zweckmäßig« sind, wie die • wir uns uns nicht mehr ausbeuten ließen würden,
Gesundheitsenzyklopädie »Pschyrem- • wir auf auskömmliche Honorare bestünden,
bel« sagen würde. • wir mehr zum Telefonhörer griffen, statt Mails zu schicken,
Schade, denn die TV-Werbung da- • wir gemeinsam gegen die unsägliche Wettbewerbs-
für ist wirklich bemerkenswert. Sonni- kultur vorgängen,
ger Strandtag. Bouncende Brüste. Sü- • wir einen Schlussstrich unter diese ewige, lächerliche
ßer Hund. Strahlende Beachboys. Sanf- und überholte Kunst-Design-Diskussion zögen,
ter Ohrwurm. Und – eine wunderbare • uns nicht mehr mit Trends beschäftigten,
Mediapräsenz: Zu sehen ist der Spot • das akademische Designgewäsch aufhörte,
jeden Tag vor der »Tagesschau«, das • Professuren auf sechs Jahre begrenzt würden,
über Tage und Tage hinweg. Zugege- • Design in der Spalte »Vermischtes/Aus aller Welt«
ben, er hat auch Schwächen – die Sto- auftauchen und im Feuilleton besprochen würde,
ry beispielsweise ist äußerst schlicht, • Design in den Abendnachrichten Erwähnung fände,
das Grafikdesign beim Packshot eher • diese Auflistung überflüssig wäre
unappetitlich. Aber ich sage ohne Iro-
nie: vieles richtig gemacht. Das soll ein Die Anspruchsvollenachdenklichedesignergrafik-
Trend für 2013 werden: Marken, deren version: Ein neues Jahr ist wie ein Stück Papier. Man kann es
Kommunikation beherzt Braingoodies beschreiben, bemalen, verbrennen, zerreißen, zerschnei-
verteilt – mit einer ebenso beherzten den, knicken, lochen oder falten. Wie man mit den Dingen
Mediastrategie! oder mit der Begrenzung der Zeit umgeht, liegt in der Hand
desjenigen, der gestalten will. Das neue Jahr übersetzen wir
Christian Fritsche, Kreativdirektor in unserer Neujahrskarte in ein DIN-A4-großes papiernes
bei Scholz & Friends Opel Performance Rechteck, das zu unterschiedlichen Formen gefaltet werden
Center, Berlin kann. Der eine macht es geordnet und ruhig, beim anderen
entstehen bewegte, lebendige Figuren. Wir wünschen, dass
sich das neue Jahr 2013 gut entfaltet.

Andreas Uebele, Kommunikationsdesigner, Stuttgart


108 PAGE 02.13

KALENDER

Von links nach rechts und von unten: Memo Akten (www.memo.tv); Lou Scheper-Berkenkamp: Urlaubsgruß an Maria Rasch (1928), 28,8 mal 21,3 cm, Deckfarbe, Aquarell und Tusche, © Nachlass Scheper, Berlin/Foto: Bauhaus Archiv Berlin; Rubiks Cube, Rubiks Cube
Messen • Kongresse • Seminare Messen • Kongresse • Seminare
Köln imm cologne 2013 Hamburg Leitmedium Design 2: Gutes Design gut verkaufen
14. bis Internationale Einrichtungsmesse Koelnmesse 2. März PAGE-Seminar mit Jochen Rädeker (siehe Seite 77)

for the Blind © Konstantin Datz 2010; Pfeil – unbesiegt, deutsch um 1890/95, Kunstanstalt Grimme & Hempel Act.-Ges., Leipzig-Schleussig, Leipzig um 1890/95, Chromolithografie, 101,7 mal 57,3 cm, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Foto: MKG
20. Januar ≥ www.imm-cologne.de Gastwerk Hotel Hamburg
≥ www.page-online.de/seminar
Berlin Berlin Fashion Week
15. bis Von der Bread & Butter über die Ethical Fashion Leipzig Leipziger Buchmesse
20. Januar bis zum Green Showroom – die Modebranche 14. bis 17. März Frühjahrstreff der Verlagsbranche mit Schwerpunk-
präsentiert sich und aktuelle Trends ten zu digitalen Medien und zu Buchkunst; unter
≥ www.fashion-week-berlin.com/de anderem findet ein Marktplatz Druckgrafik statt
(siehe PAGE 01.13, Seite 72) Messe Leipzig
München DLD 2013 ≥ www.leipziger-buchmesse.de
20. bis »Patterns That Connect« ist das Thema der Digital-
22. Januar konferenz des Burda-Verlags HVB Forum Hamburg Infografik-Seminar
≥ www.dld-conference.com 8. April PAGE-Seminar mit Jan Schwochow (siehe Seite 38 f.)
Gastwerk Hotel Hamburg
Berlin 2. Kongress Nachhaltigkeit & Marke ≥ www.page-online.de/seminar
24. Januar Neueste Entwicklungen, Best Cases und Lösungs-
ansätze rund um »Green Profit« Maritim Hotel Berlin Hamburg Visual Thinking Lessons
≥ www.nachhaltigkeit-marke.com 16. April Workshop von PAGE und Good School (siehe Seite 81)
Good School
Winterthur Plat(t)form 2013 ≥ www.page-online.de/seminar
26. bis 42 junge Fotografen und Künstler stellen ihre
27. Januar Portfolios vor Fotomuseum Winterthur Hamburg PAGE Seminar »Designmanagement«
≥ www.fotomuseum.ch 22. April Workshop mit Christine Hesse (siehe Seite 96 f.)
Gastwerk Hotel Hamburg
Frankfurt/Main Paperworld ≥ www.page-online.de/seminar
26. bis Messe zu Papier und Bürobedarf Messe Frankfurt
29. Januar ≥ http://paperworld.messefrankfurt.com Festivals • Ausstellungen
Toronto iXDA 13 Hamburg Als Kitsch noch Kunst war. Farbendruck im
27. bis Interaction-Design-Konferenz Ab 11. Januar 19. Jahrhundert
31. Januar Metro Toronto Convention Center Nach der großen »Grafikdesign im Jugendstil«-Schau
≥ http://interaction13.ixda.org von 2011 widmet sich das Hamburger Museum für
Kunst und Gewerbe jetzt der Vorgeschichte: der zu
Hamburg ADC-Seminar »Editorial & Storytelling« ihrer Zeit umstrittenen »Chromo-Zivilisation«. Denn
7. bis 8. Februar Der Workshop wendet sich in gleicher Weise an die Chromolithografie, als eine der großen techni-
Grafiker und Journalisten Gruner + Jahr schen Innovationen des 19. Jahrhunders, führte zu
≥ www.adc.de einer explosionsartigen Verbreitung farbiger Blätter
Museum für Kunst und Gewerbe
München Toca Me Design Conference ≥ www.mkg-hamburg.de
16. Februar Das Designstudio Toca Me bringt immer wieder span-
nende internationale Kreative nach München – dies- Lausanne TOUCH. The World at Your Fingertips
mal sind das unter anderem Visual Artist Memo Akten, Bis 13. Januar Die in Kooperation mit dem Designmuseum
das großartige Künstlerduo Lernert & Sander und mudac entwickelte Schau beschäftigt sich nicht
openFrameworks-Mitbegründer Zach Lieberman nur intellektuell mit Tastsinn und haptischer
Alte Kongresshalle Gestaltung, sie lädt den Besucher ein, dies
≥ www.toca-me.com spielerisch und mit eigenen Sinnen zu erkunden
Fondation Claude Verdan – Musée de la main
Amsterdam FITC Amsterdam 2013 ≥ www.verdan.ch
18. bis Interaction-Design- und Technik-Event Felix Meritis
19. Februar ≥ www.fitc.ca/events Berlin Phantastiken. Die Bauhäuslerin Lou Scheper-
Bis 14. Januar Berkenkamp
München Ueber||quellen. Kreativität trifft Code trifft Signal Zu einer Neuentdeckung lädt das Bauhaus-Archiv
22. Februar Unter dem Motto »Visual Storytelling statt Tabel- ein. Die Arbeiten der 1976 in Berlin verstorbenen
lenquälerei« widmet sich der Typotag dem Malerin und Zeichnerin Lou Scheper-Berkenkamp
Thema Orientierungssysteme und Infografiken wirken auf bezaubernde Weise modern – vor allem
Halle 27, Kochan & Partner die humorvoll-verspielte Kombination von Text
≥ www.tgm-online.de und Grafik in ihren »Bilderbriefen« und Collagen
(siehe PAGE 12.12, Seite 8)
München #qved 2013. Tell me about Editorial Design! Bauhaus-Archiv / Museum für Gestaltung
23. bis Auf der Konferenz geben »herausragende ≥ www.bauhaus.de
24. Februar Gestalter, exzellente Journalisten und mutige
Verleger« Einblick in ihre Arbeit Literaturhaus Berlin Filmscreening und Buchpräsentation»It’s more
≥ www.tgm-online.de 21. Januar than TV« und »Breaking Down Breaking Bad«
Stuttgart Christoph Dreher, Professor für Film und Video an der
Hamburg Leitmedium Design 1: Gutes Design entwickeln 29. Januar Merz Akademie, dokumentiert die Arbeitsprozesse
1. März PAGE-Seminar mit Jochen Rädeker (siehe Seite 76) bei der Entwicklung von US-Serien wie »Breaking Bad«
Gastwerk Hotel Hamburg Kino arsenal, Berlin/Stadtbibliothek Stuttgart
≥ www.page-online.de/seminar ≥ www.merz-akademie.de
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≥ Weitere Termine unter www.page-online.de/events. Dort können Sie uns auch Ihre Veranstaltungstermine mitteilen

Festivals • Ausstellungen Wettbewerbe


Ann & Coley, 2007, 23,5 x 35 cm, C-Print Privatsammlung Fribourg/Schweiz © Ryan McGinley, Foto: Courtesy of the artist, Alison Jacques Gallery, London, Team Gallery, New York, und Bischoff Projects, Frankfurt; Verner Panton: Swimming Pool, Spiegel-Verlagshaus
Von unten: Prototypdesign Buki Akib, Weltkulturen Labor 2012, Foto: Takahito Sasaki; Neozoon: Fox 2011. Performance and installation, Fake fur; Replik der FEWA-Johanna von Jan Niesler, 1997, Leihgabe des Industriemuseums Chemnitz; Ryan McGinley: Marcel,

Zürich Designpreise der Schweizerischen Bis iF concept design award 2013


Bis 27. Januar Eidgenossenschaft 2012 10. Januar Studierende und Absolventen aller Design-,
Die Ausstellung präsentiert die Arbeiten der dies- Architektur-, Marketing- und Engineering-Studien-
jährigen Preisträger aus den Bereichen Mode- gänge können ihre Konzepte einsenden
design, Grafik (darunter Ludovic Balland, Jan Abellan, ≥ www.ifdesign.de
Laurenz Brunner und Esther Rieser), Fotografie,
Produkte und Objekte, Vermittlung sowie der Grand- Bis BoB 2012
Prix-Design-Gewinner Gavillet & Rust, Franco Clivio 11. Januar Einreichen lassen sich Werbe- und Kommunika-
und Karl Gerstner (siehe PAGE 12.12, Seite 6 f.) tionsmittel im Bereich der Business-to-Business-
Museum Bellerive Kommunikation, die von Oktober 2011 bis
≥ www.museum-bellerive.ch September 2012 in Deutschland, Österreich oder
der Schweiz zum Einsatz kamen
Berlin transmediale 2013 ≥ www.bobaward.de
29. Januar bis »Back When Pluto Was a Planet« oder kurz »BWPWAP«
3. Februar lautet der Titel des Festivals für Kunst und digitale Bis New Media Award 2013
Kultur. Er bezieht sich auf das Jahr 2006, in dem Pluto 14. Januar Prämiert werden herausragende digitale
der Planetenstatus aberkannt wurde. In den Threads Kampagnen aus Deutschland, Österreich und
»Users«, „Networks«, »Paper« und »Desire« soll der Schweiz (siehe Seite 21)
erkundet werden, wie sich unsere Kultur seither ≥ www.newmediaaward.de
verändert hat Haus der Kulturen der Welt
≥ www.transmediale.de Bis ADC Nachwuchswettbewerb 2013
15. Januar Studenten, Absolventen und Junioren sind
Weil am Rhein Pop Art Design aufgerufen, ihre besten Semester-, Abschluss-
Bis 3. Februar Dem Dialog zwischen Design und Kunst widmet das und Praxisarbeiten einzusenden
Vitra Design Museum eine Ausstellung und stellt ≥ www.adc.de
Entwürfen von Ray und Charles Eames oder Ettore
Sottsass Arbeiten von Ed Ruscha, Andy Warhol und Bis ADC Wettbewerb 2013
anderen Pop-Art-Künstlern gegenüber – begleitet 15. Januar Die Kategorien des großen Kreativwettbewerbs
von Plattencovern, Magazinen und Interieurfotos reichen von digitalen und klassischen Medien
Vitra Design Museum bis hin zu räumlichen Inszenierungen und – erst-
≥ www.design-museum.de mals – Branded Content/PR
≥ www.adc.de
(Hamburg) 1969 © Panton Design, Basel; -logy by Vanessa Gageos © Benoit Piccand; Jan Abellan: Grischa Lumnezia; Foto © BAK/Anja Schori

Frankfurt/Main Privat
Bis 3. Februar Die Auflösung der Privatsphäre und die Öffent- Bis 100 beste Plakate 12
lichkeit des Intimen erforscht diese Ausstellung 18. Januar Bei dem deutschsprachigen Plakatgestaltungs-
anhand der Arbeiten von dreißig Künstlern. Eine wettbewerb können Arbeiten in drei Kategorien
entscheidende Rolle spielen dabei die Medien eingesandt werden (siehe Seite 16)
der Bildproduktion Schirn Kunsthalle Frankfurt ≥ www.100-beste-plakate.de
≥ www.schirn.de
Bis D&AD Professional Awards 2013
Gera Zwischen Johanna und Klementine 30. Januar Der Wettbewerb des internationalen Kreativen-
Bis 24. Februar Tatsächlich gab es auch in der früheren DDR Produkt- clubs bewertet Arbeiten des Jahres 2012
werbung, entwickelt von gut ausgebildeten Grafikern ≥ www.dandad.org/awards
im Auftrag der Deutschen Werbe- und Anzeigenge-
sellschaft DEWAG, die alle Werbemittel produzierte. Bis 2013 SEGD Gobal Design Awards
Die Ausstellung zeigt Beispiele aus der Zeit zwischen 31. Januar Bei dem Wettbewerb der Society of Environmental
1950 und 1970 Museum für Angewandte Kunst Graphic Design können Gestalter mit ihren Arbeiten
≥ www.gera.de aus dem Bereich Outdoor Graphics teilnehmen
≥ www.segd.org/design-awards
Lausanne Pop-Up. Design zwischen den Dimensionen
Bis 3. März Das Konzept für die Ausstellung hat das nieder- Bis BCP – Best of Corporate Publishing 2013
ländische Museum of the Image Moti entwickelt 1. Februar/ Der Wettbewerb für Unternehmenskommunikation
und als Kuratorin Lidewij Edelkoort gewonnen. 4. April wendet sich an Firmen ebenso wie an Corporate-
Präsentiert wird Kunst und Design in den viel- Publishing-Dienstleister. Der April-Termin gilt für
fältigen Übergängen von 2-D zu 3-D, Analog zu Geschäftsberichte
Digital oder Natur und Technologie mudac ≥ www.bcp-award.com
≥ www.mudac.ch
Bis Die Große Klappe 2013
Frankfurt/Main Trading Style – Weltmode im Dialog 1. Februar Bei dem Nachwuchsfilmwettbewerb sind Ideen
Bis 31. August Zu sehen sind die Ergebnisse eines spannenden für die Deutsche Bahn, Hapag-Lloyd Kreuzfahrten
Projekts: Unter der künstlerischen Leitung von und Jever Fun gesucht (siehe Seite 21)
Teimaz Shahverdi waren vier internationale Mode- ≥ www.dieklappe.de
labels eingeladen, sich von der ethnografischen
Bis Die Klappe 2013
Sammlung des Weltkulturen Museums zu neuen
9. Februar Neu bei dem Bewegtbildwettbewerb für Produk-
Kreationen inspirieren zu lassen. Neben diesen
tionen aus dem deutschsprachigen Raum ist
Prototypen zeigt das Museum über 500 historische
die Kategorie »International« für international
Objekte, Fotos und Filme Weltkulturen Museum
eingesetzte Werbefilme au
≥ www.weltkulturenmuseum.de
≥ www.dieklappe.de/ausschreibung
110 PAGE 02.13 Publikationen

PUBLIKATIONEN

Q »One by One«. In einem wunder- Ganz oben: Milkshake-Werbung


schönen lasergeschnittenen Schuber von Roy Poh aus Singapur. Darunter:
aus Balserholz kommt dieser Wälzer Theaterplakate des Deutschen
des zwischen Berlin und Hangzhou in Frieder Grindler (1970 und 1994).
China pendelnden Designers Jianping Links: ein Plakat, mit dem Tommy
He daher. Er versucht das Unmögliche: Li zu einer Ausstellung seiner
one by one die wichtigsten Designer Arbeiten in Hongkong einlud
des Planeten vorzustellen. 47 Länder
sind mit insgesamt 477 Gestaltern und dem ist es spannend, in die Kreativ-
3477 Artworks vertreten. szene einzelner Länder Einblick zu be-
Im Fokus steht weniger der hippe kommen. Und ja, trotz Globalisierung
Nachwuchs als vielmehr Gestalter, die lassen sich noch Unterschiede feststel-
für ein Land prägend sind und waren. len. So kommt etwa chinesisches De-
Aus Deutschland sind etwa »Jungspun- sign oft filigran daher, russisches eher
de« wie Jung + Wenig ebenso dabei wie provokativ und derbe.
alte Haudegen à la Gunter Rambow. >Jianping He: One by One. Berlin und
Wohl jedem werden Designer einfallen, Hangzhou (hesign) 2012, 634 Seiten.
die in dem Kompendium fehlen. Trotz- 100 Euro. isbn 978-3-981557-00

Q »Branded Interactions«. Wenn je- zipien des von ihm so genannten BIxD Netz. Auch wenn der streng methodi-
mand ein 362-seitiges Buch über Inter- arbeitet. Das Kürzel steht für Branded sche Ansatz streckenweise etwas drö-
action Design schreibt, das fast ganz Interaction Design und meint die kon- ge rüberkommt, ist dennoch ein prakti-
aus Text sowie Diagrammen und nur sistente Gestaltung des Markenerleb- sches Handbuch und Nachschlagewerk
ein paar kleinen Kapiteln mit Bildern be- nisses über alle Bildschirmmedien hin- entstanden, das von Konzeption bis Im-
steht, muss er es ernst meinen. Eben weg. Wobei Gestaltung eben nicht nur plementierung immer wieder Hilfestel-
das ist der Fall bei Marco Spies, ehe- Hübschmachen, sondern User Experi- lung und Klarheit gibt.
maliger Kreativdirektor bei Neue Digi- ence im allerweitesten Sinne meint. >Marco Spies: Branded Interactions.
tale und Leiter der Interactive-Unit der Spies hat sich vorgenommen, dazu Digitale Markenerlebnisse planen &
Peter Schmidt Group. Mit Katja Wenger das erste Standardwerk zu schreiben – gestalten. Mainz (Hermann Schmidt)
gründete er 2010 in Berlin die Design- erstaunlicherweise gibt es bisher kaum 2012, 362 Seiten. 68 Euro.
agentur think moto, die nach den Prin- Publikationen zum Thema Marken im isbn 978-3-87439-830-5
PAGE 02.13 111

≥ Weitere Buchrezensionen finden Sie unter


www.page-online.de/buecher

Q »Goodvertising«. Was ist davon zu »Vac from the


halten, wenn Levi’s sich mit viel Tam- Sea«: Electrolux
tam als umweltbewusste Marke posi- sammelte Müll
tioniert, indem sie die Käufer aufruft, aus dem Ozean
Jeans nur noch bei 30 Grad zu waschen und ließ daraus
und sie am Ende statt in den Müll zur Staubsauger
Altkleidersammlung zu geben? Gleich- bauen. Bloß
zeitig produziert die uramerikanische kurzfristige
Firma keine einzige Hose mehr in den PR-Aktion oder
USA, sondern vor allem in Bangladesch. nachhaltiges
Autor Thomas Kolster, ein Werber aus Engagement?
Dänemark, der sich mittlerweile be-
sonders der Beratungs- und Vortrags-
tätigkeit widmet, hat damit aber kein
Problem. Ein bisschen Greenwashing,
so erklärt er im Vorwort, sei durchaus
okay. Hauptsache, man befasse sich in
irgendeiner Weise mit Umweltthemen.
Wobei sein Buch sich diversesten
Themen widmet, bei denen Werbe-
power Gutes bewirken kann, von Anti- Sammelsurium kreativer und innova- >Thomas Kolster: Goodvertising.
Raucher-Kampagne bis Obdachlosen- tiver Werbeideen, das in jedem Fall an- Creative Advertising that Cares.
hilfe. Mit ausführlichen Texten, Inter- regend ist. Man muss ja nicht alles gut London (Thames & Hudson) 2012,
views mit prominenten Werbern und und richtig finden, Hauptsache, man 256 Seiten. 29,95 Pfund.
Fallbeispielen entstand so ein buntes denkt mal darüber nach . . . isbn 978-0-500-516263

Q »Marken des Jahrhunderts«. Mar-


ken von A wie adidas bis Z wie Zewa
haben eine kaum zu unterschätzende
Bedeutung für die deutsche (Export-)
Wirtschaft. Anlässlich der Markengala
des Verlags Deutsche Standards Editio-
nen im Berliner Hotel Adlon haben sie
sich jüngst mal so richtig pompös ge-
feiert. Es wurde nicht nur der Marken-
preis vergeben, sondern zudem der Schlichter
FAUN-Preis für Familienunternehmen – Prunk:
dieser ging an HiPP, Druckknopfher- Mike Meiré
steller Prym und Otto Bock. inszeniert
Star des Abends war aber die Son- Markenikonen
deredition des jährlichen Kompendi- als Leucht-
ums »Marken des Jahrhunderts«. Das türme
von Mike Meiré durchgängig nach dem im Marken-
Prinzip der Abbildung rechts gestalte- meer vor
te und auf Deutsch, Englisch und Man- Sonnenaufgang
darin erschienene Mammutwerk wird
weltweit von Auswärtigem Amt und
Goethe-Institut verbreitet. Gleichzei-
tig erschien der Band »Marke10« mit je
zehnseitigen Essays von zehn Marke-
ting- und Unternehmensberatungsex-
perten zu Themen wie Globalisierung, lich, ob die Webauftritte deutscher Mar- (Gabal Verlag) 2012, 580 Seiten.
Markendehnung, Verpackung et cetera. kenikonen auf der Höhe des 21. Jahr- 78 Euro. isbn 978-3-86936-449-0
Anfang März werden wir uns ebenfalls hunderts sind. cg >Florian Langenscheidt (Hrsg.):
in PAGE 04.13 mit den Marken des Jahr- >Florian Langenscheidt (Hrsg.): Deutsche Standards. Marke10. Offen-
hunderts befassen, allerdings ein biss- Marken des Jahrhunderts. Leuchttürme bach (Gabal Verlag) 2012, 130 Seiten.
chen kritischer: Wir prüfen dann näm- auf dem Markenmeer. Offenbach 29,80 Euro. isbn 978-3-86936-448-3
112 PAGE 02.13 Publikationen

Neuerscheinungen – kurz vorgestellt


The Package Design Book 2. Köln (Taschen) 2012, 432 Seiten. 39,99 Eu- Sandu Publishing: On Show – Temporary Design for Fairs, Events &
ro. 978-3-8365-2968-6. 400 Arbeiten aus 30 Ländern – das Buch zeigt Art Exhibitions. Berkeley, CA (Gingko Press) 2012, 272 Seiten. 45 Euro.
alle Sieger der auf dem Gebiet des Verpackungsdesigns führenden 978-1584234944. Nicht nur Messe-, auch Ausstellungsdesign aus aller
Pentawards von 2011 und 2012. Oben zu sehen: der modulare Eierkar- Welt ist Thema dieses Sammelbands. Jeff Gold: 101 Essential Rock
ton Gogol Mogol der russischen Designagentur Kian, in dem die Eier Records. The Golden Age of Vinyl From The Beatles to the Sex Pistols.
direkt in der Verpackung gekocht werden. René Spitz: HfG IUP IFG. Ulm Berkeley, CA (Gingko Press) 2012, 240 Seiten. 39,90 Euro. 978-1-58423-
1968–2008. Ulm (IFG Ulm) 2012, 316 Seiten. 38 Euro. 978-3-9802864-2-8. 488-3. Amüsanter Trip in die Musik- und Designgeschichte, der durch-
Nicht nur an der Hochschule für Gestaltung, auch an den Nachfolge- aus nicht für Nostalgiker interessant ist. Viction:ary: Geo/Graphics.
institutionen macht man sich in Ulm intensiv Gedanken um die gesell- Simple Form Graphics in Print and Motion. Hongkong (viction:ary)
schaftliche Verantwortung von Design. Der Band gibt Einblicke und An- 2012, 256 Seiten. 40 Dollar. 978-988-19439-2-7. Wunderschöne Sammlung
regungen. Beate Kling, Torsten Krüger: Signaletik – Orientierung geometrischer Designs – die Motion-Projekte lassen sich über QR-Codes
im Raum. München (Detail) 2012, 176 Seiten. 59 Euro. 978-3-920034-71-3. auch in Bewegung betrachten. In obigen Packungen von mousegraphics
Praxisorientierter Leitfaden, der anhand von vielen Beispielen erklärt, aus Athen befindet sich im Übrigen Fliesenkleber. Steffen Bender:
wie Architekten und Designer interdisziplinär zu tollen Ergebnissen Virtuelles Erinnern. Kriege des 20. Jahrhunderts in Computerspielen.
gelangen. David Carlson: Make Design Matter. Amsterdam (BIS Pub- Bielefeld (transcript) 2012, 264 Seiten. 29,80 Euro. 978-3-8376-2186-0.
lishers) 2012, 164 Seiten. 12 Euro. 978-90-6369-304-6. Mehr über dieses Angesichts der Milliardenumsätze mit Kriegsspielen ist es höchste Zeit,
Manifest für sinnvolles Design unter http://makedesignmatter.com. deren Geschichtsbild mal genauer anzuschauen. Stephan Günzel:
Come On In My Kitchen: The Robert Johnson Book. Traveller Edition. Egoshooter. Das Raumbild des Computerspiels. Frankfurt (Campus)
Frankfurt (Christoph Keller Editions) 2012, 19 Euro. 378 Seiten. 978-3- 2012, 400 Seiten. 49 Euro. 978-3-593-39755-9. Noch mal Game Studies:
00-039653-3. Der Bildband über den kultigen Offenbacher Club Robert Der Professor für Medientheorie an der Berliner Technischen Kunsthoch-
Johnson war so schnell vergriffen, dass er nun mit neuem Cover in einer schule zeichnet mit vielen Bildern eine Geschichte der Egoshooter und
Paperback-Ausgabe herauskam – siehe http://liveatrobertjohnson.com. deren Raum- und Bilderleben nach. cg

Sie und Ihr Partner Jacques Magiera leben und arbeiten seit Jahren
Was lesen Sie? in Berlin. Wie sieht es mit Schweizer Literatur aus?
Spannend fand ich, kürzlich in den Tagebüchern von Max Frisch zu
Brigitte Speich, lesen, dass man als Schweizer zuerst ins Ausland gehen muss, um
Jacques et Brigitte, Berlin dann seine Heimat wieder schön zu finden und um dort akzeptiert
www.jacquesetbrigitte.com zu werden. Frisch war ja auch jahrelang in Berlin. Ein tolles Buch
aus der Schweiz ist ebenfalls Tim Krohns »Quatemberkinder und
wie das Vreneli die Gletscher brünnen machte«. Er lässt die Dia-
Was bedeuten Bücher für Sie? lekte aus Schweizer Dörfern und alte Sagen der Schweiz in eine
Brigitte Speich: Ich bin ein Bücherwurm, auch wenn ich mich Art Märchen um ein Mädchen einfließen, dessen magische Kräfte
selbst eher durch Zeichnungen ausdrücke. Aber ich finde es toll, sogar einen Gletscher zum Brennen bringen.
wenn Leute so schreiben können, dass die Fantasie beim Leser zu Wie funktioniert es konkret, wenn Bücher Ihre Arbeit inspirieren?
wachsen anfängt. Das hat auch auf meine Arbeit großen Einfluss. Ich bin mit Skizzenbüchern groß geworden. Wenn ich ein Buch lese,
Heißt das, dass Sie am liebsten Romane lesen? zeichne ich extrem viel. Eine Schatzkiste, aus der ich etwa bei der
Durchaus. Wobei das letzte Buch, das mir sehr gefallen hat, die Zusammenarbeit mit Berliner Modedesignern schöpfe, für die ich
Autobiografie »Leben, um davon zu erzählen« des Kolumbianers Textildrucke gestalte. Für eine Kollektion wollte die Designerin ger-
Gabriel García Márquez war. Man begegnet da aber vielen seiner ne Welten zwischen Urwald, Tropen und Asiatischem. Und ich hat-
Romane wieder – und den Parallelen, die Bücher wie »Hundert te gleich lustige Mischungen aus Fischen und Papageien parat, die
Jahre Einsamkeit« zu seiner eigenen Familiengeschichte haben. dafür gutes Ausgangsmaterial boten.
PAGE 02.13 113

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Dipl.-Des. Gabriele Günder, V.i.S.d.P. Mobilfunk maximal 0,42 Euro/Minute.
Textchefin
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(CH: 181,80 Franken, A: 108,50 Euro). Selbstständig, angestellt, fest frei oder eigene Agentur: In der Kreativ-
Redaktion Das PAGE-Plus-Abo, also 12 Ausgaben und
die PAGE-Jahrgangs-CD, kostet 106,40 Euro
branche gibt es viele spannende Erwerbsmodelle. Wir zeigen, welche
Franziska Beyer (fb), Nina Kirst (nik);
Anna Weilberg (aw, Redaktion Online) (CH: 201 Franken, A: 119,60 Euro). Das Abo Möglichkeiten sich Neueinsteigern und gestandenen Designern bieten
Freie Mitarbeit: Antje Dohmann (ant), kann immer 6 Wochen vor Ablauf des
Dr. Claudia Gerdes (cg), Wiebke Lang (wl), Bezugsjahres schriftlich gekündigt werden.
Schüler und Studenten erhalten gegen Vor-
Daniel Schilling (dsc); Rebecca von Hoff
(Grafik), Christine Krawinkel (Art- lage eines gültigen Ausweises oder einer Typo: Adaption
direktion); Maiken Richter, Jan Roidner gültigen Immatrikulationsbescheinigung
20 Prozent Rabatt. Mitglieder der Allianz
historischer Vorlagen
(Text-/Schlussredaktion);
Sabine Danek (sd, Redaktion Online) deutscher Designer (AGD), des Bundes Bei der Gestaltung von
Deutscher Grafik-Designer (BDG) und des
Autoren dieser Ausgabe designerinnen forum e. V. erhalten ebenso Schriften liefern oft
Christian Büning, Verena Dauerer (vd), 20 Prozent Rabatt. historische Vorlagen die
Simon Ruschmeyer, Jürgen Siebert Inspiration. Aber wie weit
PAGE Mediaberatung darf man beim »Abkupfern«
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der Verbreitung von Werbeträgern e. V. (IVW)
Making-of: Mirror-Website
Die Londoner Digitalagentur RGYS/YKS hat ein Webtool entwickelt,
≥ www.page-online.de ≥ www.twitter.com/pagemag das anhand von Facebook-Daten ein detailliertes Persönlichkeitsprofil
≥ www.facebook.com/pagemag ≥ iTunes App Store des Users erstellt und visualisiert
114 PAGE 02.13 Fundstücke von Jürgen Siebert

Kleiner Social-Media-Marketing-Kurs
Kühne Kommentare von Jürgen Siebert zu Trends, Ereignissen und
dem ganz normalen Alltagswahnsinn eines Kreativen

Q Die Welt der Kommunikation be- gibt es auch auf diesem Gebiet Könner
findet sich im Umbruch. Und wir alle und Untalentierte. Aber selbst Letzte-
Twittern!
stecken mittendrin. Die Demokrati- re richten keinen großen Schaden an Die perfekte Ergänzung zu
sierung des Publizierens (Facebook,
Twitter . . .) macht die Konsumenten zu-
nehmend unabhängig von Produzen-
und werden verstanden. Daher ist die
These der »Ich-Sender« – »Ich brauche
keine Agentur für mein Marketing.« –
4  Facebook, mit wenig Über-
schneidungen von Fans und
Form. Die beste Erfindung seit dem
ten und Werbung. Bald werden Kun- durchaus berechtigt. Telefon. Und bald genauso verbreitet.
den Marken gestalten. Wenn einge- Noch funktioniert die Zauberfor-
führte Marken relevant bleiben wollen, mel des Social-Media-Marketings: (viel)
Diese und weitere müssen sie lernen, den Dialog mit ih- Aufmerksamkeit für wenig Geld. Und
Augenpulver Pinterest
Fundstücke von ren Kunden zu suchen und deren Mei- wer es richtig anstellt, kann sogar die Wer Dienste oder Produkte mit
Jürgen Siebert fin-
den Sie unter
www.page-online.
nung eine Spielfläche geben. 
Die Agenturen stehen am Scheide-
weg zwischen Erneuerung und Bedeu-
Klammer um das Wörtchen »viel« weg-
lassen. Nachfolgend ein paar Spielre-
geln für Anfänger und Fortgeschrittene.
5  visueller Komponente anbietet,
kommt an Pinterest nicht vor-
bei. Funktioniert so einfach wie Brief-
de/fundstuecke tungsverlust. 2013 könnte das Jahr der markensammeln.
Entscheidung werden. Eine abflauende
Konjunktur, insolvente Verlage und Ge-
Website aktualisieren
winneinbußen in der Automobilbran- Den eigenen Auftritt schlank
E-Mail-Newsletter
che sind Indizien dafür, dass härtere
Zeiten bevorstehen. Höchste Zeit, sich 1  halten (ohne Flash), unbedingt
optimiert für gutes Auffinden
versenden
Einmal im Monat oder alle zwei
mit neuen Arbeitsweisen, Organisa-
tionsstrukturen und Geschäftsmodel-
len auseinanderzusetzen.
durch Google und tauglich für Mobilge-
räte. Wer sich keinen Webdesigner leis-
ten kann, nutze Fertigseiten wie etwa
6  Monate eine E-Mail an Kunden
mit Neuheiten, Nachrichten,
Veränderungen. Dabei mithilfe der Sta-
Manche Unternehmen und Marken Tumblr, WordPress oder Posterous. tistiken aufmerksam verfolgen, ob das
sind der Auffassung, dass sie keine eigene Business noch als interessant
Agenturen mehr benötigen. Nur weil wahrgenommen wird.
sie selbst Zugang zu den Kanälen ha-
Werde zum Blogger
ben, die auch Agenturen nutzen: Ban- Wer Talent zum Schreiben hat, »Wann soll ich das alles machen?«, hö-
ner, Google-Anzeigen, YouTube, Face-
book, Twitter und der ganze Social-
Media-Zauber. Doch haben wir in den
2  sollte Produkte und Ideen über
einen Blog veröffentlichen. Ver-
lockt auch dazu, das eigene Tun zu re-
re ich die ersten Leser stöhnen. »Na
zwischen 9 und 18 Uhr«, würde ich sa-
gen. »Ich habe keine Zeit dafür.« Das
letzten Jahren nicht gelernt, dass ein flektieren . . . Kommentare der Leser ist die dümmste Ausrede in Bezug auf
Tool besitzen noch lange nicht heißt, geben wichtiges Feedback. Social Media, die ich kenne. Die wah-
ein Tool auch benutzen zu können? ren Zeitfresser sind Telefon, E-Mail und
Wir alle haben grafikfähige Computer Ohne Facebook unnötige Meetings. Das Gute an vielen
auf dem Schreibtisch stehen, raffinier- Social-Media-Aktionen ist, dass sie nur
te Spiegelreflexkameras in der Tasche
läuft gar nichts wenig Zeit beanspruchen und überall
und 10 000 Songs auf dem iPod. Aber Immer noch das effizienteste angestoßen werden können. Zum Bei-
macht uns das automatisch zum Desi-
gner, zum Fotografen, zum DJ?
Mit der Kommunikation verhält es
3  Tool für Selbstpromotion und
zur Steigerung der Bekannt-
heit. Nicht vergessen: Einmal täglich
spiel beim Warten in der Supermarkt-
kasse oder auf den Bus, in der Mittags-
pause oder einfach so in der Arbeits-
sich etwas anders. Wir tun es jeden die Fans füttern, denn Facebook ist zeit, weil es Ihr Job ist. Ja, Marketing ist
Tag. Mündlich oder schriftlich. Sicher Geben und Nehmen. Arbeit . . . selbst wenn es Spaß macht.

Das Gute an vielen Social-Media-Aktionen ist, dass sie kaum Zeit


beanspruchen und überall angestoßen werden können.
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