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Zur Entstehung Jahren 650 bis 656, also 18 bis 24 Jahre nach
dem Tod Mohammeds, zur heutigen Ganz-
schrift des Koran zusammengestellt worden.
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zig 1924, S. 520 f. Ohlig, Hinweise auf eine neue Religion in der christli-
4 Josef van Ess, Theologie und Gesellschaft im 2. und chen Literatur ¹unter islamischer Herrschaftª, in:
3. Jahrhundert Hidschra. Eine Geschichte des religiæ- Ders. (Hrsg.), Der frçhe Islam. Eine historisch-kriti-
sen Denkens im frçhen Islam, Berlin, Bd. 1: New York sche Rekonstruktion anhand zeitgenæssischer Quellen,
1991, Vorwort VIII. Berlin 2007, S. 223 ±325.
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Diese Theologie und Christologie ist aber Die græûere ostsyrische Kirche vom Euph-
nicht neu, sondern wurde schon frçh im syri- rat bis Indien gehærte zum Perserreich und
schen Christentum vertreten. Man weiû, dass war an den Diskussionen im Ræmischen
in der westsyrischen Theologie der so ge- Reich nicht beteiligt. Sie vertrat die oben ge-
nannte ¹Monarchianismusª gelehrt wurde, schilderte vornizenische Theologie: Gott ist
ein unitarischer, vom Machtgedanken gepråg- einer (er allein hat die Herrschaft), Jesus ist
ter Monotheismus. Die biblischen Aussagen sein Gesandter, Knecht, Prophet und Messias.
zum Wort Gottes und zum Geist Gottes wer- Erst im Jahre 410 fçhrte sie ± nach Verfol-
den als Hinweise auf die Wirkungen des gungszeiten ± in der Hauptstadt des Sassani-
einen und selbigen Gottes nach auûen, als denreichs Seleukia-Ktesiphon (ungefåhr dort,
Kråfte ± Dynameis ± Gottes verstanden: der wo heute Bagdad liegt) eine Reichssynode
so genannte dynamische Monarchianismus. durch, in der sie, obwohl sie sich als auto-
Damit verbunden wurde Jesus als Mensch ge- nome ± autokephale ± Kirche verstand, die
sehen, der sich mehr als andere durch die Beschlçsse von Nizåa anerkannte. Es dauerte
Gnade Gottes ethisch bewåhrt hatte, so dass aber in vielen Regionen bis ins 6. Jahrhundert
wir uns in seiner Nachfolge ebenfalls bewåh- hinein, bis die Lehre vom gleichwesentlichen
ren kænnen und mçssen ± die antiochenische Gottessohn und damit auch eine Binitåtslehre
¹Bewåhrungschristologieª. in der ostsyrischen Kirche verbreitet wurde.
Eine Schrift der so genannten Apostoli- Noch der syrische Theologe Aphrahat
schen Våter, die uns auch den åltesten Text (gest. nach 345) wusste nichts von Nizåa und
des eucharistischen Hochgebets çberliefert, erklårte die neutestamentliche Formel vom
die Didache, im 2. Jahrhundert in Syrien ent- Gottessohn Jesus mit Rçckgriff auf das Alte
standen, nennt Jesus ¹Knecht Gottesª, in Testament: ¹Denn der ehrwçrdige Name der
einer anderen Schrift, dem Martyrium des Gottheit wurde auch gerechten Menschen
Polykarp, wird Gott als ¹Vater dieses gelieb- beigelegt und denen, die seiner wçrdig waren.
ten und gelobten Knechtes Jesus Christusª Die Menschen, an denen Gott sein Wohlge-
angeredet (ebenso çbrigens der in Rom im fallen hatte, nannte er ,meine Sæhne` und
Jahr 97 verfasste Erste Klemensbrief). Das ,meine Freunde`ª. 9 Als Beispiele erwåhnt er
Gottesbild ist in dieser Tradition monarchia-
nisch, Jesus ist ¹nurª Knecht Gottes. 6 7 Paul von Samosata, Aus dem Hymenåusbrief, in:
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den von einem neuen Kaiser verstçmmelt hammad Jesus zum Propheten der Araber. Die Hi-
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Der Felsendom ist innen nicht planiert; er So wurde er, anfånglich schon in der ersten
çberdacht die Felsspitze auf dem Sionsberg, Hålfte des 8. Jahrhunderts, in der Gestalt
der nach syrischer Theologie, so z. B. bei eines arabischen Propheten historisiert ± der
Aphrahat (gest. nach 345), Christus symboli- Kirchenvater Johannes Damascenus spricht
siert. Er schreibt: ¹Nun hære von dem Glau- schon, er bietet die ålteste Quelle ± von dem
ben, der gestellt ist auf den Felsen, und von Pseudopropheten Ma(ch)med. Spåter, im 9.
dem Bauwerk, das aus dem Felsen emporragt Jahrhundert, wurde ebenso der christologi-
(. . .) Christus (wurde) Fels genannt von den sche Titel 'abdallah, Knecht Gottes, histori-
Propheten (. . .).ª 16 Fortan werden auf den siert zum Namen des Vaters Mohammeds:
Mçnzen 'Abd al-Maliks die Kreuzsymbole Mohammed, Sohn des Abdallah. In dieser
durch ein Steinidol ± Christus ± ersetzt, Zei- Zeit wurden auch die Anfangsgeschehnisse in
chen der arabischen Reichskirche, die sich die ethnische Heimat der Araber, auf die Ara-
von den Byzantinern und den syrischen Chri- bische Halbinsel, verlegt. 17 Hierbei war si-
sten unterscheidet. cher hilfreich, dass die Verbindung der kora-
nischen Materialien mit dem mesopotami-
Muhammad war also ursprçnglich, wie schen Reich Arabiya oder der ræmischen
auch die Prådikate 'abdallah (Knecht Gottes), provincia Arabia erinnert wurde, die es aber
Prophet, Gesandter, Messias, ein christologi- jetzt schon lange nicht mehr gab.
scher Titel. Das Prådikat muhammad hat sich
spåter aber von seinem Bezugspunkt Jesus ge- Die muhammad-Christologie wie auch die
læst. Dies låsst sich anhand zweier Entwick- Anfånge der koranischen Bewegung stammen
lungen beobachten: Die Inschriften an der aber nach dem Zeugnis der Mçnzen aus Ge-
Omaiyadenmoschee in Damaskus, erbaut bieten weit æstlich Mesopotamiens, worauf
707/708 n. Chr., und am Heiligtum von Me- auch die ursprçnglich aramåisch-syrische
dina, erbaut 756 n. Chr., sind zwar formal in Textgestalt der Sprçche hinweist.
gleicher Weise aufgebaut wie die im Felsen-
Zweite Hålfte des 8. Jahrhunderts bis Be-
ginn des 9. Jahrhunderts. Auch çber diese
storisierung eines christologischen Prådikats, in: ders. Zeit gibt es nur wenige Quellen. Die arabi-
(Anm. 6), S. 327±376.
15 Ich beziehe mich auf die Dokumentation und
sche Herrschaft war fest etabliert, wenn auch
Ûbersetzung der Inschrift von Christoph Luxenberg, viele Regionen ± zeitweise ± nicht oder nur
Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu locker mit der ¹Zentraleª verbunden waren.
Jerusalem, in: K.-H. Ohlig/G.-R. Puin (Anm. 13), Auffallend an den Mçnzprågungen und In-
S. 124 ±147. schriften dieser Zeit ist der Aufdruck symbo-
16 Aphrahat, Unterweisungen. Erster Teilband. Aus
Wien u. a. 82.84. Er fçhrt noch viele alttestamentliche about Mohammad? www.openDemocracy.net (31. 8.
Stellen an, in den von Stein/Fels die Rede ist; alle diese 2006). Sie nimmt allerdings fålschlich die Gegend um
Stellen deutet er christologisch. das Tote Meer als Entstehungsort des Islam an.
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