Sie sind auf Seite 1von 10

INFINITE VERBFORMEN

Im Deutschen lassen sich zwei infinite Verbformen


unterscheiden:
☞ der Infinitiv
☞ das Partizip

Die infiniten Verbformen kennzeichnen sich durch folgende


Merkmale
☞ sie sind nicht personengebunden.
☞ sie sind nicht konjugiert.
☞ sie drücken die grammatischen Kategorien der Person,
des
Numerus und des Modus nicht aus.
☞ sie können das Prädikat nicht bilden.

Der Infinitiv
Der Infinitiv ist die Lexikonform (die Form, die im Lexikon
angegeben wird) und die erste Stammform des Verbs (die erste
Form in einem verbalen Paradigma).

Man unterscheidet vier Infinitivformen:


Infinitiv I (Präsens) Aktiv
Passiv
Infinitiv II (Perfekt) Aktiv
Passiv

Infinitiv I (Präsens)

Infinitiv I Aktiv bildet man aus dem Verbstamm und der


Infinitivendung “-en” / “-n” (d.h. an den Verbstamm wird die
Infinitivendung angehängt).
mach + en ➳ machen
lauf + en ➳ laufen
tu + n ➳ tun
wechsel + n ➳ wechseln

Infinitiv I Passiv
Hier unterscheidet man zwischen Vorgangspassiv
Zustandspassiv
☞ Infinitiv I Vorgangspassiv bildet man aus dem Patizip II
und dem
Hilfsverb “werden”
➳ gefragt werden ➳ geschrieben werden
☞ Infinitiv I Zustandspassiv bildet man aus dem Partizip II
und dem
Hilfsverb “sein”
➳ geöffnet sein ➳ gefragt sein
Infinitiv II (Perfekt)

Infinitiv II Aktiv bildet man mit dem Partizip II und dem


Infinitiv von “haben” / “sein”
➳ geschrieben haben ➳ gekommen sein

Infinitiv II Passiv
Hier unterscheidet man zwischen Vorgangspassiv
Zustandspassiv
☞ Infinitiv II Vorgangspassiv bildet man aus dem Patizip II
und dem
Infinitiv II des Hilfsverbs “werden”
➳ gefragt worden sein ➳ geschrieben worden
sein

☞ Infinitiv II Zustandspassiv bildet man aus dem Partizip II


und dem
Infinitiv des Hilfsverbs “sein”
➳ geöffnet gewesen sein ➳ gefragt gewesen sein

Der Infinitiv erscheint in der Regel mit einem finitem Verb


und seine Form ändert sich dadurch nicht. Die verbalen
Markierungen für Person, Numerus, Tempus und Modus werden
von dem finiten Verb übernommen / getragen.

Bei der Verbindung des finiten Verbs mit dem Infinitiv sind
bestimmte Besonderheiten zu beachten. Manche Infinitivformen
erscheinen mit der Partikel “zu”, andere ohne die Partikel “zu”.
Folglich kann man zwischen dem Infinitiv mit ”zu” und dem
Infinitiv ohne “zu” (reinem Infinitiv) unterscheiden.

Infinitiv mit “zu”


Infinitiv ohne “zu” (reiner Infinitiv)

Der Infinitiv mit “zu” erscheint bei den meisten finiten


Verben. Die Partikel “zu” steht unmittelbar vor dem Infinitiv.

Bei den Verben mit trennbarer Partikel steht “zu” zwischen


der Partikel und dem Verb.
Ich versprach ihm mitzukommen.
Bei zusammengesetzten Tempusformen und bei
eingeleiteten Neben-
sätzen kann der Infinitiv entweder vorangestellt oder nachgestellt
werden. Die Nachstellung ist häufiger.
Ich habe ihn zu kommen gebeten.
Ich habe ihn gebeten, zu kommen.
Der Infinitiv ohne “zu” (der reine Infinitiv) tritt bei
folgenden Verben:

☞ Modalverben ➳ Er darf nicht rauchen.


☞ “werden” in Zukunft ➳ Ich werde in die Oper gehen.
☞ sehen, hören, fühlen, spüren. ➳ Ich sehe ihn kommen.
➳ Ich höre meine Freundin lachen.
➳ Er fühlte sein Herz schlagen.
➳ Er spürte Zorn in sich aufsteigen.
☞ gehen, fahren, kommen, reiten, schicken ➳ Die
Krankenschwester geht
dem Kranken eine
Arznei
geben.
☞ bleiben, lassen ➳ Ich lasse das Buch auf dem Tisch liegen.
➳ Er bleibt ruhig liegen.
☞ haben, machen, finden, legen nur in bestimmter Verwendung
➳ Er hat das Auto vor der Garage stehen.
➳ Der Witz machte ihn lachen.
➳ Er fand sie vor Freude lachen.
➳ Er legte sich schlafen.

Der Ersatzinfinitiv tritt an die Stelle des Patizips II bei der


Bildung von Perfekt, Plusquamperfekt und Infinitiv II. Das Partizip
II wird also durch den Infinitiv ersetzt, deshalb die Bezeichung
“Ersatzinfinitiv”.

Der Ersatzinfinitiv steht bei folgenden Verben:

☞ Modalverben ➳ Er hat nicht mitfahren dürfen.


☞ sehen, hören, fühlen spüren, helfen, lassen, brauchen, heißen
(zu etwas auffordern)
➳ Er hat sein Herz schlagen fühlen.
➳ Sie hat ihr Ende kommen fühlen.
➳ Er hat Zorn in sich aufsteigen spüren.

Der Infinitiv verbindet sich


☞ ① mit einem finitem Verb Hilfsverb
Vollverb

☞ ② mit einem Substantiv


➳ Er hat die Hoffnung, im Lotto zu gewinnen.

① Der Infinitiv verbindet sich mit einem finitem Verb.


Dieses finite Verb kann entweder ein Hilfsverb oder ein Vollverb
sein.

Der Infinitiv mit einem Hilfsverb erscheint in folgenden


Situationen:

☞ haben + zu + Infinitiv
Die Schüler haben Übung drei zu schreiben. ➳ Sie müssen
Übung
drei schreiben.

☞ sein + zu + Infinitiv
Der Füller ist nicht zu gebrauchen. ➳ Der Füller kann nicht
gebraucht werden.

☞ Modalverben erscheinen immer mit einem Infinitiv ohne


zu
Der Kranke muss drei Tage im Bett bleiben.

☞ einige Verben, die sich wie Hilfsverben verhalten und


deshalb
mit einem Infinitiv erscheinen können.
bleiben, brauchen, scheinen, pflegen, wissen.
Er bleibt auf dem Stuhl sitzen.
Du brauchst es mir nur zu sagen.
Sie scheint zu schlafen.
Die Zeit schien stillzustehen.

Der Infinitiv mit einem Vollverb

Wenn das finite Verb ein Vollverb ist, handelt es sich um


eine Verbindung von zwei Vollverben. Der Infinitiv wird mit oder
ohne zu verbunden.

Sie hilft ihm packen.


Ich bitte ihn, mir beim Packen zu helfen.
Infinitivkonstruktionen (Infinitivsätze) werden mit dem
Infinitiv mit “zu” gebildet. Sie sind auf einen eingeleiteten
Nebensatz zurückzuführen. (sie lassen sich aus einem
eingeleiteten Nebensatz ableiten.) Bei dem Nebensatz müssen
bestimmte Transformationen unternommen werden:
☞ das Einleiteelement und das Subjekt werden getilgt
☞ die finite Verbform wird durch einen Infinitiv ersetzt.

Mein Kollege hat mich gebeten, dass ich ihm bei der schweren
Arbeit helfe.
Mein Kollege hat mich gebeten, ihm bei der schweren Arbeit zu
helfen.
Infinitivkonstruktionen sind möglich, wenn es
Referenzidentität
zwischen dem Subjekt des Infinitivsatzes (des untergeordne-
ten Satzes)

und dem Subjekt


einem anderem Objekt Akkusativobjekt
Dativobjekt
Präpositionalobjekt
dem Attribut
dem Possessivpronomen
des übergeordneten Satzes
besteht.

Wir entscheiden uns, dass wir das Auto kaufen.


☞ Wir entscheiden uns, das Auto zu kaufen.

Ich bat ihn, dass er mir das Buch gibt.


☞ Ich bat ihn, mir das Buch zu geben.

Nach einer Reihe von Verben stehen fast ausschließlich


Infinitiv-
konstruktionen: ☞ anfangen
☞ beginnen
☞ aufhören (damit)
☞ befehlen
☞ beschließen
☞ planen
☞ probieren
Wir planen, ins Gebirge zu fahren.

Infinitivkonstruktionen sind nicht möglich nach vielen Verben


des Sagens: ➳ antworten
➳ berichten
➳ erzählen
➳ fragen
➳ sagen
➳ behaupten

Der Infinitiv I Aktiv kann substantiviert werden und in


diesem Fall wird er groß geschrieben. Substantivierte Infinitive
sind immer Neutrum, sie drücken eine Handlung im unbegrenzten
Verlauf aus und sie haben keine Pluralform.

Ich bin gerade am Packen.


Das Partizip

Das Partizip ist eine infinite Verbform, die eine Mittelstellung


zwischen Verb und Adjektiv einnimmt.
Partizipien können sich 1. mit einem finiten Vollverb
2. mit einem Substantiv
verbinden.

1. Bei der Verbindung von Partizip mit einer finiten Verbform


unterscheidet man zwischen dem prädikativen Gebrauch
dem adverbialen Gebrauch

☞ der prädikative Gebrauch: Seine Tätigkeit ist aufreibend.


(istovitor,
extenuant)
Der Film ist spannend.
Der Schriftsteller ist bekannt.

☞ der adverbiale Gebrauch: Er kommt lächelnd die Treppe


hinunter.
Er trat niedergeschlagen (abătut)
ins
Zimmer.

2. Bei der Verbindung von Partizip mit einem Substantiv


handelt es sich um den attributiven Gebrauch. In diesem Fall
verhalten sich die Partizipien wie Attribute und stehen wie
Adjektive vor Substantiven. Diese Partizipien nennt man auch
Partizipialattribute und sie werden wie Adjektive dekliniert.

☞ der attributive Gebrauch: der eilende Mann


der rollende Wagen
der niedergeschlagene Mann
der angekommene Gast

Diese Partizipialattribute können erweitert werden. Die


Erweiterung steht zwischen Artikel und Partizip und manchmal
fehlt der Artikel.
Der zu Hilfe eilende Mann
Der rechtzeitig angekommene Gast

Diese erweiterten Attribute werden vor allem in der


Schriftsprache verwendet.

Im Deutschen lassen sich zwei Partizipformen


unterscheiden:
1. Partizip I (Partizip Präsens)
2. Partizip II (Partizip Perfekt)
1. Das Partizip I (Partizip Präsens)

a) Bildung
Das Partizip I wird gebildet, indem man die Endung “-d” an
die Infinitivform anhängt.

Kommen + d ➳ kommend
lachen + d ➳ lachend

b) Bedeutung
Das Partizip I signalisiert, dass der vom Partizip I
bezeichnete Sachverhalt gleichzeitig mit dem im Satz
bezeichneten Sachverhalt stattfindet.

Er kommt lächelnd die Treppe hinunter. ➳ Er kommt die


Treppe hinunter und er lächelt.

c) Die Verbindung von Partizip I


Das Partizip I kommt in Verbindung mit 1. einem
finitem Verb
2. einem
Substantiv

1. Die Verbindung von Partizip I mit einem finiten Verb


a) Die Verbindung des Partizips I mit einem finiten Hilfsverb
ist im
Deutschen nicht möglich.
* Er ist lachend.
* Er hat kommend.
* Er will sprechend.
b) Die Verbindung des Partizips I mit einem finiten Vollverb
ist im
Deutschen möglich.
Der Film ist spannend.
Sie diskutiert überzeugend.
Hier lassen sich zwei Gebrauchsformen von Partizip I
unterscheiden:
☞ der prädikative Gebrauch
☞ der adverbiale Gebrauch

Der prädikative Gebrauch


Das Partizip I erscheint in der Regel in der Regel in
Verbindung mit
den Verben sein, bleiben, werden. Diese Verben fungieren
als finite
Vollverben und das Partizip I verhält sich wie ein Adjektiv.

Der Film ist spannend.


Der Film ist spannender.
Die Krankheit ist ansteckend.
Der Schüler ist anwesend.
Der adverbiale Gebrauch
Das Partizip I verbindet sich mit einem finiten Vollverb und
die
Bedeutung des Patizips I ist aktivisch. Die zwei Verben
drücken die-
selbe Zeit aus.
Sie diskutiert überzeugend. ➳ Sie diskutiert und überzeugt.

2. Die Verbindung von Partizip I mit einem Substantiv kommt


im Deutschen auch vor. Hier handelt es sich um den
attributiven
Gebrauch von Partizip I.
der attributive Gebrauch die ansteckende Krankheit
der entscheidende Augenblick
Das Partizip I verhält sich in diesem Fall wie ein Adjektiv, d.h.
es wird
wie ein Adjektiv dekliniert, es übernimmt die adjektivischen
Merkmale
für Genus, Numerus, Kasus, Deklinationsart und
Komparation.

2. Das Partizip II (Partizip Perfekt)


a) Bildung
Das Partizip II der regelmäßigen Verben wird gebildet, indem
man die Endung “-t” an den Verbstamm anhängt.
Das Partizip II der unregelmäßigen Verben wird gebildet,
indem man die Endung “-en” an den Verbstamm anhängt
und dabei erscheint eine Veränderung des Stammvokals.

Bei den meisten Verben erscheint im Partizip II das Präfix “-


ge”. Bei den Verben mit trennbarer Partikel erscheint das
Präfix “-ge” zwischen der trennbaren Partikel und dem Verb.
Bei den folgenden Verben fällt das Präfix “-ge” im Partizip II
weg:
☞ bei den Verben, deren erstes Glied unbetonnt und
untrennbar ist
bestellt, empfohlen, entstanden, ersetzt, gefallen,
misslungen,
verkauft, zerbrochen.
☞ bei den Verben, die die Betonung nicht auf der ersten
Silbe haben.
studieren ➳ studiert
posaunen ➳ posaunt
prophezeien ➳ prophezeit

b) Bedeutung
Das Partizip II signalisiert, dass ein Sachverhalt vergangen
oder
abgeschlossen ist. Das wird in Perfektkomplexen deutlich.
➳ Oma hat zwei Stunden geschlafen. ➳ vergangen
➳ Oma ist in einer Viertelstunde eingeschlafen. ➳
abgeschlossen
(der Beginn des Schlafs ist vor einer Viertelstunde.)
c) Die Verbindung von Partizip II
Das Partizip II kommt in Verbindung mit 1. einem
finitem Verb
2. einem
Substantiv

1. Die Verbindung von Partizip II mit einem finiten Verb


Das Partizip II kann sich sowohl mit einem finiten Hilfsverb
als auch
mit einem finiten Vollverb verbinden.

a)Die Verbindung des Partizips II mit einem finiten Hilfsverb


Mögliche Hilfsverben sind: ☞ sein, haben, werden.
☞ bekommen, erhalten, kriegen.
Die Verbindung des Partizips II mit den Hilfsverben sein,
haben, werden dient zur Bildung des Perfekts Aktiv und des
Passivs.
Er hat das Buch gelesen. (Perfekt)
Er ist in die Uni gegangen. (Perfekt)
Der Text wird von dem Mann übersetzt. (Passiv)

Die Verbindung des Partizips II mit den Hilfsverben


bekommen, erhalten, kriegen ist beschränkt und dient der
Passivumschreibungen.
Die Lehrer bekommen von den Verlagen Bücher zugeschickt.
Der Patient erhält / kriegt Röntgenbilder vorgelegt.
Die meisten Patienten erhalten die Krankenkosten erstattet.

b) Die Verbindung des Partizips II mit mit einem finiten


Vollverb ist syntaktisch unbeschränkt. Es geht hier um den
adverbialen Gebrauch von Partizip II und das Partizip II kann
aktivische oder passivische Bedeutung haben.
Sie kamen gutgelaunt zurück.
Er spricht ausgezeichnet Englisch.
Das Kind kommt gelaufen. (vine fugind)
Er steht gebückt.

2. Die Verbindung von Partizip II mit einem Substantiv


Hier handelt es sich um den attributiven Gebrauch von
Partizip II.Das Partizip II hat entweder eine aktivische oder eine
passivische Bedeutung.
der angekommene Gast
die bestandene Prüfung

Das könnte Ihnen auch gefallen