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Entdeckungsreise
(2,793 words)

1. Einleitung
Article Table of Contents
Die vom 15. bis ins 19. Jh. aus unterschiedlichen Motiven
1. Einleitung
unternommenen europ. E. sind ein prägendes
Charakteristikum der Geschichte der Neuzeit. In einer 2. Afrika
traditionellen Geschichtsschreibung wurden sie als 3. Asien
Schlüsselelement der europ. Expansion bzw. als Beginn 4. Australien
der »Europäisierung der Erde« verstanden. Häu g diente 5. Amerika
und dient die Entdeckung Amerikas (1492), einer für die
Europäer Neuen Welt, als Epochen-Scheide, die das
»Zeitalter der großen Entdeckungen« vom MA trennt. Die
Entdecker konnten aus dieser Perspektive als wahre Renaissance-Menschen gefeiert werden,
den Entdeckten blieb nur die Rolle eines Objekts der Geschichte. Die neuere, den
Eurozentrismus kritisch re ektierende Historiographie hat die Entdeckungsleistungen der
Europäer relativiert. Gerade mit Blick auf Asien (s. u. 3.) scheint der Einseitigkeit implizierende
Begri f »Entdeckung« problematisch, und auch Afrika (s. u. 2.) musste in der Nz. nicht erst
»entdeckt« werden. So sind jüngst die Termini »Erkundung« bzw. »Entschleierung« der Welt
vorgeschlagen worden, an der sich eben nicht nur Europäer beteiligten. Damit soll stärker als
bisher die Vielseitigkeit des Prozesses der Begegnung, der mit den E. einherging, mitbedacht
werden.

Wenn man diese Vielseitigkeit des Prozesses der Begegnung in den Mittelpunkt rückt, wird
sehr viel o fensichtlicher, dass die E. auf den unterschiedlichen Kontinenten und in den
verschiedenen Regionen jeweils eigene Charakteristika annahmen (vgl. die folgenden, nach
Regionen strukturierten Abschnitte). Jenseits dieser konzeptionellen Erweiterung ist es wichtig
zu betonen, dass in der Praxis Entdeckungsleistungen und Erkundungsvorgänge, Abenteuer
und Reisen, Forschen und Schriftstellerei meist dicht beieinander lagen und E. deshalb nicht
immer trennscharf von z. B. Forschungsreisen zu unterscheiden sind. Die Forschungslage gibt
ferner zu verstehen, dass E. Aktivitäten insbes. von Männern waren. Verallgemeinernde
Aussagen zum sozialen Hintergrund der sog. Entdecker können kaum getro fen werden.

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Verwandte Artikel: Expansionen | Forschungsreise | Globale Interaktion
Stefan Rinke
Kirsten Rüther

2. Afrika

2.1. Einleitung

Verschiedene Motivationen waren bei der Entdeckung des afrikan. Kontinents miteinander
verquickt: Handelsinteresse, Eroberungs-Drang, Missionierungs-Lust und wiss. Neugier
ergänzten einander oder kon igierten miteinander. Der afrikan. Kontinent machte es den
Entdeckern nicht leicht. Das Klischee des »dunklen Kontinents« entstand nicht zuletzt
deswegen, weil bis weit ins 19. Jh. große Teile Afrikas unentdeckt blieben. Viele Entdecker
sammelten wertvolle ethnographische, soziologische, sprachwiss. und histor. Details, die den
Grundstock für die europ. Kenntnis afrikan. Gesellschaften bildeten. Doch viele »Entdecker«
konnten sich auch von den rassischen Vorurteilen ihrer Zeit nicht befreien (Rassismus) und
trugen durch verzerrte Darstellungen und Fehlinterpretationen zu einem Bild Afrikas bei, das
noch heute Vorstellungen maßgeblich prägt [4. 439–444].

2.2. Entdeckung eines Kontinents?

Als die Portugiesen im 15. Jh. schrittweise die Atlantikküste Afrikas erkundeten, war dieser
Kontinent bereits Bestandteil zweier Weltregionen. Über den Transsaharahandel war er mit
der Mittelmeerwelt Europas verbunden, und die Araber waren das Bindeglied zu Asien (
Indischer Ozean) [3]. In dem Maße, wie sich die Europäer erfolgreich in den Handel
einklinkten, wurde die westl. Küste Afrikas Bestandteil einer dritten Weltregion, nämlich der
Atlantischen Welt, für die insbes. nach 1640 Sklaven aus dem Hinterland rekrutiert wurden (
Sklavenhandel). Die Tiefenwirkung der Versuche europ. Ein ussnahme war jedoch
unterschiedlich.

Nach der Sichtung des nordwestafrikan. Ceuta 1415 markierte die Entdeckung Madeiras 1420
den Auftakt zu einer ersten Etappe europ. Erkundungen entlang der afrikan. Westküste. Im
folgenden Vierteljahrhundert erreichten portug. Seefahrer die Azoren und schließlich 1443/44
die Senegalmündung. Hier erö fneten sich Handelsperspektiven für Gold, Gewürze und
Sklaven und mit ihnen die zweite Etappe der Entdeckung des Kontinents. Wiederum mehr als
25 Jahre später stießen die Portugiesen 1471 bis zur Küste des heutigen Ghana vor, wo rund
zehn Jahre später ein befestigtes Handels-Kontor errichtet wurde.

Etwa zur selben Zeit erblickte die Besatzung auf dem Schi f des Diogo Cão den gewaltigen
Fluss Kongo. Zeitgleich begann die Kolonisierung der zehn Jahre zuvor entdeckten Insel São
Tomé, zunächst mit ursprünglich zum Tode Verurteilten, später mit den Kindern der nach der
Einnahme von Granada vertriebenen Juden. 1488 erreichte Bartholomeu Dias das Kap der
Guten Ho fnung. Die zweite Kapumsegelung erfolgte 1498, als Vasco da Gama über Quelimane,

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Mosambik, Mombasa und Malindi den Weg nach Indien fand. Mit der Ansteuerung
Madagaskars im Mai 1500 durch Diogo Dias war schließlich die gesamte Küstenlinie Afrikas
bekannt.

2.3. Auf der Suche nach den Ursprüngen: Die Quellen von Niger und Nil

Den Lauf des Nigers zu beschreiben, bildete eine große geographische Herausforderung, für die
sich auch der engl.-franz. Handel interessierte, der in Westafrika Fuß zu fassen versuchte. 1778
startete die British African Association zur Klärung des Rätsels zwei Expeditionen, die erfolglos
endeten. 1795 brach Mungo Park auf und entdeckte 1805/06 einen Teil des Flussverlaufs [2].
Zwischen 1821 und 1830 führten Denham, Clapperton und die Brüder Lander im Auftrag der
brit. Regierung weitere Expeditionen durch, die jedoch nicht zum gewünschten Ziel führten.
Auch Laing und Caillié bereisten den Kontinent, ohne die Quellen des Nigers aus ndig zu
machen. Heinrich Barth, der zwischen 1849 und 1856 auf der Suche nach den Nigerquellen das
Air-Massiv durchquerte (die Haussaländer und Bornu), erkundete den Oberlauf des Benue und
entdeckte in Gwandu eine der großen arab. Chroniken der vorkolonialen Geschichte des
Sudans, bis heute eine wichtige Quelle für das Wissen um die Geschichte Westafrikas
(Historische Überlieferung, außereuropäische) [1].

In Ost- und Zentralafrika stellte sich die Frage nach den Quellen des Nils. 1856 bis 1858 schickte
die Royal Geographic Society Burton und Speke zur Erkundung der Großen Seen in diesem
Gebiet aus, auf die arab. Quellen hingewiesen hatten. Sie entdeckten stattdessen den
Tanganjikasee. Die Missionare Rebmann und Krapf hatten zu diesem Zeitpunkt das Gebiet
bereits bereist, den schneebedeckten Kilimanjaro bestaunt, eine vorläu ge Karte der Region
gezeichnet und erste Sprachstudien in Form eines Wörterbuches und einer Grammatik in
Swahili dokumentiert. Motiviert durch das Evangelium, erkundete und missionierte im Sinne
der abolitionistischen Bewegung David Livingstone zwischen 1849 und seinem Tod 1873 Teile
Afrikas, auch er berufen, nach den Nilquellen zu suchen. Die Quelle des Kagera-Nils am
Luvironza wurde jedoch erst 1893 von Oscar Baumann und Oskar Lenz entdeckt; danach
machte man sich daran, den anschließenden Flusslauf zu vermessen. 1898 wurde die
geographische Lage dieser Quelle von Richard Kandt genau bestimmt.

2.4. Entdecktes Afrika?

Weder durch die Kenntnis der Küstenlinie noch mit der intensiven Suche nach den
Geheimnissen der großen Flüsse war der afrikan. Kontinent um 1850 in irgendeiner Weise
erfolgreich »entdeckt«. Naturräumliche Gegebenheiten, fehlende Immunität der Europäer
gegenüber Krankheiten, wohl auch das wenig einladende Klima hinderten die Europäer
außerhalb der Kapregion (vgl. Kapkolonie) an einem systematischen Vordringen. Das europ.
Wissen über den Kontinent blieb damit äußerst begrenzt. Dies mag verdeutlichen, dass »E.«
weder zwangsläu g zur kolonialen Begegnung noch unmittelbar zu einem europ.
Wissensvorsprung führten. Tatsächlich fand die koloniale Begegnung in Afrika intensiv erst seit
dem letzten Drittel des 19. Jh.s ihre Muster und sollte auch eine grundsätzlich andere werden
als die zwischen Europäern und den Gesellschaften anderer Kontinente (Kolonialismus).
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Verwandte Artikel: Forschungsreise | Kolonialismus | Kulturkontakt, globaler | Sklavenhandel

Kirsten Rüther

Bibliography

Quellen

[1] H. B , Reisen und Entdeckungen in Nord- und Zentralafrika in den Jahren 1849 bis 1856,
1857–1858

[2] M. P , Travels in the Interior Districts of Africa, 1806.

Sekundärliteratur

[3] M. A , Afrika südl. der Sahara: Fragmente zur sukzessiven Marginalisierung, in: F.
E et al. (Hrsg.), Globalgeschichte 1450–1620: Anfänge und Perspektiven, 2002, 75–94

[4] J. K -Z , Die Geschichte Schwarz-Afrikas, 1981.

3. Asien

Seit der röm. Antike war der Seeweg über den Pers. Golf nach Indien bekannt. Über die
Seidenstraße nördl. und südl. des eurasischen Gebirgsriegels von Kaukasus und Himalaya
erlangte man in Europa schon während des MA Kenntnis, und mit Sibirien hatte Novgorod seit
dem frühen MA Handels-Beziehungen. Daher musste in der Nz. der asiat. Kontinent nicht erst
entdeckt werden; das Ziel der nzl. Gesandtschaften bestand vielmehr darin, neben den
diplomatischen v. a. die wirtschaftlichen Kontakte weiter auszubauen. So manche See-
Expedition, die oft aus Teilnehmern aus den verschiedensten europ. Regionen
zusammengesetzt war, ist lediglich unter dem Namen ihres Kapitäns bekannt geworden.

Den Seeweg nach Indien fand Vasco da Gama 1498 mit Hilfe eines ind. Lotsen, den er im
ostafrikan. Mosambik an Bord nahm. So konnte der Portugiese das Arabische Meer zum
südind. Calicut überqueren und für die Europäer die unabhängige Seeroute nach Indien
erschließen. Von Stützpunkten aus kontrollierten sie bald den Handel im Indischen Ozean,
zeigten aber wenig Interesse am Hinterland der Küstenstädte oder gar an der asiat. Landmasse.
Die Reiseberichte des 16. und 17. Jh.s beschränkten sich meist auf die Seereise, kleine Inseln wie
Sankt Helena und Mauritius, die als Versorgungsstationen dienten, sowie Hafenstädte von
Mosambik über Surat und Banten bis nach Macao (Reise). Erst die Angestellten der holländ.
und engl. Ostindischen Kompanien, meist Mediziner, widmeten sich im 17. Jh. der botanischen
Erkundung des Hinterlandes ihrer Handelsstationen ( Forschungsreise).

Engelbert Kaempfer war einer der ersten Europäer, der mit wiss. Akribie Asien bereiste. Als
Sekretär einer Gesandtschaft des schwed. Königs Karl XI. brach er 1684 über Moskau, das
damals zu Asien zählte, nach Isfahan in Persien auf. Zu beiden Reichen sollten diplomatische
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und wirtschaftliche Kontakte geknüpft werden. Anschließend gelangte Kaempfer über
Südindien und Java 1690 nach Japan, wo er in der Niederlassung der holländ.
Ostindiengesellschaft als Arzt arbeitete. Seine hier verfassten Berichte über Land und Leute
bestimmten bis weit ins 19. Jh. das europ. Japanbild. Die meisten Aufzeichnungen über die
zuvor bereisten Länder sind – nicht nur zum Bedauern Kaempfers – nie verö fentlicht worden
[2].

Im 17. Jh. eroberten die Russen Sibirien und verständigten sich 1687 mit China – die Expansion
abschließend – auf einen bis heute mehr oder weniger gültigen Grenzverlauf. Motor der
Erkundung war die von Zar Peter I. 1724 gegründete Akademie der Wissenschaften. Mangels
eigener Wissenschaftler waren oft dt. Gelehrte an den Expeditionen beteiligt. Als Erster
erkundete der Danziger Arzt Daniel Messerschmidt von 1720 bis 1727 die sibirische Flora und
Fauna.

Die Teilnehmer der »Großen Nordischen Expedition« (1734–1744) suchten o ziell nur nach
einer Verbindung von Asien nach Amerika, im Ergebnis jedoch führte die Reise zu einer
umfassenden Erkundung Sibiriens. Der Däne Vitus Bering stand der Expedition als Kapitän vor.
Johann Georg Gmelin, Chemiker aus Tübingen, verfasste die Naturgeschichte, für die
ethnologisch-geographischen Arbeiten war der Historiker Gerhard Friedrich Müller zuständig,
der Franzose Louis de L'Isle de La Croyère für die astronomischen Bestimmungen zur
kartographischen Darstellung ( Kartographie). Die Expedition brachte nicht nur neue wiss.
Erkenntnisse über Sibirien, sondern ermöglichte die russ. Expansion nach Alaska, wo neue
Handelsverbindungen den niedergehenden sibirischen Pelzhandel ersetzten [1. 1–84].

In Indien initiierte der frühe brit. Kolonialstaat (vgl. British Empire) im ausgehenden 18. Jh.
gezielte diplomatisch-wiss. Missionen von Bengalen nach Tibet. Hierüber ho ften die Briten,
die Hintertür zum chines. Markt ö fnen zu können. Generalgouverneur Warren Hastings
schickte zwischen 1774 und 1784 insgesamt fünf Gesandtschaften nach Lhasa. Auf den Reisen
sollten neben geographischen Beschreibungen, die in Reisejournalen festgehalten wurden, v. a.
Gegenstände und Güter aufgelistet werden, die für den Handel wichtig werden könnten. Die
Resultate waren jedoch bescheiden, und erst Ende des 19. Jh.s nahm Kalkutta auf Veranlassung
Londons wieder Kontakte mit Tibet auf.

Generell gilt für die nzl. Expeditionen nach und in Asien, dass nicht zufällige »überseeische«
Entdeckungen, sondern meist planvolle und systematische Erforschungen die Mittel der
zeitgenössischen europ. Staaten waren, ihre politischen, aber auch kulturellen Grenzen zu
de nieren, den Handel zu fördern und damit die Einkünfte der stets prekären Staats nanzen
zu verbessern. Stillten die Reiseberichte des 16. und 17. Jh.s noch eher das Bedürfnis des europ.
Lesepublikums nach exotischer Lektüre (Exotismus), erweiterten im 18. Jh. die wiss.
Sammlungen und deren systematische Auswertung den Kenntnisstand über Asien erheblich
und trugen entscheidend zum Selbstverständnis Europas in bewusster Abgrenzung zu Asien
bei.

Verwandte Artikel: Forschungsreise | Indischer Ozean | Indienhandel | Japanhandel | Reise |


Reiseberichte
/
Michael Mann

Bibliography

Quellen

[1] J. G. G , Expedition ins unbekannte Sibirien, hrsg., eingeleitet und erläutert von D.
Dahlmann, 1999 (Orig. 1751/2).

Sekundärliteratur

[2] G. B , Engelbert Kaempfer (1651–1716). Der Reisende und sein Ein uss auf die
europäische Bewusstseinsbildung über Asien, 2003.

4. Australien

Die ersten Menschen kamen vor etwa 50 000 bis 60 000 Jahren nach Australien. In einem
allmählichen, Jahrtausende währenden Prozess nahmen sie, die später von den Europäern
Aborigines genannt wurden, den Kontinent in Besitz. Europäer erschienen erst 1606 an seinem
Rande: Luis Váez de Torres, ein Portugiese in span. Diensten, durchsegelte die heute nach ihm
benannte Meeresstraße zwischen Australien und Neuguinea; im selben Jahr erkundete der
Niederländer Willem Janszoon den Nordwesten der Cape-York-Halbinsel und betrat als erster
Europäer austral. Boden. Torres und Janszoon stehen für verschiedene Motive, welche die
Erschließung des Pazi ks und letztlich die »Entdeckung« Australiens stimulierten.

Bei Portugiesen und Spaniern mischte sich die Suche nach wertvollen Handels-Waren, bes.
nach Gold, mit religiösen und utopischen Triebkräften, die auch von der seit der Antike
existierenden Idee einer terra australis (»südliches Land«) inspiriert waren. Die Portugiesen
erreichten den Rand des Pazi kraums vom Westen her; 1511 landeten sie auf der Nelkeninsel
Ternate. Für die Spanier lag das Einfallstor im Osten: 1513 durchquerte Vasco Nuñez de Balboa
Amerika an seiner schmalsten Stelle, am Isthmus von Panama, und sichtete den Pazi schen
Ozean. Magellan durchsegelte ihn 1520/1521. 1565 etablierten sich die Spanier dauerhaft auf den
Philippinen. Im Südpazi k suchten sie nach gold- und silberreichen Inseln, von denen sie in
Peru gehört hatten. Das Streben nach schnellem Reichtum verband sich mit chiliastischen
Motiven ( Chiliasmus). Dort, wo man eine terra australis incognita (»ein unbekanntes
südliches Land«) vermutete, wollte man eine unverdorbene Welt entdecken, ihre Bewohner
bekehren und das Reich Gottes auf Erden errichten. Beide Träume zerschlugen sich jedoch.

Die Triebkräfte der Holländer waren ökonomischer und machtpolitischer Natur. Das Interesse
an Handelschancen, die ein möglicher Südkontinent versprach, sowie das Bestreben, den span.
Rivalen wirtschaftlich und militärisch in die Defensive zu drängen, bestimmten ihren Blick auf
den Pazi k und auf Australien ( Rivalität, koloniale). Auf den Fahrten in ihre asiat. Kapitale
Batavia wurden niederl. Schi fe mehrfach an die unwirtliche Westküste Australiens
verschlagen, zuerst 1616, als Dirk Hartog auf der Insel landete, die nach ihm benannt ist. Zwei
/
Meuterer des Schi fs Batavia, das 1629 unter dramatischen Umständen auf ein Korallenri f lief,
wurden nahe dem heutigen Kalbarri ausgesetzt. Sie waren die ersten Europäer, die dauerhaft in
Australien blieben.

Da die Niederländer zunächst v. a. lebensfeindlicher Natur begegnet waren, sollte Abel
Janszoon Tasman prüfen, ob sich nicht günstigere Landstriche nden ließen. 1642 segelte er
vom niederl. Stützpunkt Mauritius im Indischen Ozean Richtung Osten. Das austral. Festland
sah er nicht, da es nördl. von seiner Route lag, doch stieß er auf die Insel, die jetzt seinen
Namen trägt. In einem großen Bogen kehrte er durch den westl. Pazi k zurück nach Batavia,
wobei er Neuseeland sowie Inseln der Tonga- und Fiji-Gruppe berührte. Auf einer zweiten
Reise stieß Tasman 1644 in den Golf von Carpentaria vor und folgte einem Teil der Nordküste
Australiens, das er Neu-Holland nannte. Handelsgüter oder potentielle Geschäftspartner fand
er nicht. Konsequenterweise stellten die Niederländer weitere Erkundungsfahrten ein [4].

Im 18. Jh. wurde die Entdeckungsgeschichte Australiens von Engländern und Franzosen


geschrieben. Triebkräfte waren dabei einerseits die weltpolitische Rivalität zwischen beiden
Mächten, andererseits wiss. Erkenntnisdrang. Die ersten Engländer allerdings, die den Pazi k
durchsegelten und die Küste Australiens erreichten, waren Freibeuter, die es auf span. Schi fe,
Kolonialstädte und Handelsstädte abgesehen hatten. Zu ihnen gehörte William Dampier, der
1688 an der austral. Nordwestküste in der Nähe des King Sounds landete. Die Menschen, auf
die er traf, bezeichnete er als »armseligstes Volk der Welt«.

Nachdem Frankreich in Nordamerika und in Indien den Engländern weichen musste, erwachte
das Interesse am noch kolonialherrschaftsfreien Pazi k und dem Südkontinent, von dessen
Existenz europ. Gelehrte überzeugt waren. Ohne ihn, so glaubten sie, würde die Welt aus dem
Gleichgewicht geraten. Diesen vermeintlich rohsto freichen, fruchtbaren und klimatisch
begünstigten Erdteil galt es in Besitz zu nehmen, bevor konkurrierende Nationen dies taten.

Louis Anne de Bougainville, Samuel Wallis und James Cook durchkreuzten den Pazi k, hielten
ihre Eindrücke in Bildern und Texten fest und vermaßen die Küsten und Buchten, auf die sie
stießen. Bes. systematisch ging Cook auf seinen drei Reisen zwischen 1768 und 1779 vor. Er wies
nach, dass der Südkontinent nicht existierte oder zumindest nicht größer war als Australien
und Neuseeland. 1770 erkundete er die Ostküste Australiens. Er ging an einer Stelle südlich des
heutigen Sydney an Land, die er Botany Bay nannte, segelte dann nach Norden, passierte das
Great Barrier Reef und durchquerte die Torresstraße. Cook berichtete von fruchtbarem Land
und zeichnete ein freundliches Bild seiner Bewohner, in dem sich die zeitgemäßen
Vorstellungen vom edlen Wilden erkennen lassen.

Diese Nachrichten gaben den Ausschlag, ab 1788 Strä inge nach Australien zu deportieren, die
von den selbständigen USA nicht mehr aufgenommen wurden. Der Grundstein für die brit.
Kolonie New South Wales war gelegt. Franzosen wie A. R. J. de Bruny d'Entrecasteaux (1792) und
Nicolas Baudin (1801–1803) warfen prüfende – und für die Briten verdächtige – Blicke auf die
Süd- und Westküste Australiens. Doch die Fahrten von Matthew Flinders, der von 1800 bis 1803

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den Kontinent umrundete, erbrachten nicht nur eine genaue Vorstellung von seinen Umrissen.
Sie untermauerten auch den brit. Anspruch auf den Erdteil, der nun auf Flinders' Vorschlag
Australien genannt wurde.

Verwandte Artikel: Forschungsreise | Indischer Ozean | Kontinent

Reinhard Wendt

Bibliography

[1] U. B , Die Entdeckung und Eroberung. Dokumente und Berichte, Bd. 2: Asien,
Australien, Pazi k, 1981

[2] D. H , Enz. der Entdecker und Erforscher der Erde, 5 Bde., 1978–2004

[3] H. L (Hrsg.), Australia: Studies on the History of Discovery and Exploration, 1994

[4] G. S , Australia Unveiled. The Share of the Dutch Navigators in the Discovery of
Australia, 1976

[5] E. S (Hrsg.), Dokumente zur Geschichte der europ. Expansion, Bd. 2: Die großen
Entdeckungen, 1984

[6] O. H. K. S , The Paci c since Magellan, 3 Bde., 1979–1988

[7] J. H. V , Geschichte Australiens, 1988.

5. Amerika

S. Entdeckung Amerikas; Neuentdeckung Amerikas

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Rinke, Stefan, Rüther, Kirsten, Mann, Michael and Wendt, Reinhard, “Entdeckungsreise”, in: Enzyklopädie der Neuzeit Online, Im Auftrag des
Kulturwissenschaftlichen Instituts (Essen) und in Verbindung mit den Fachherausgebern herausgegeben von Friedrich Jaeger. Copyright © J.B.
Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH 2005–2012. Consulted online on 14 May 2020 <http://dx-doi-
org.uaccess.univie.ac.at/10.1163/2352-0248_edn_COM_258533>
First published online: 2019

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