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06 .

 2018

Schweizer Musikzeitschrift für Forschung und Kreation


Revue musicale suisse pour la recherche et la création
Rivista musicale svizzera per la ricerca e la creazione
Swiss Music Journal for Research and Creation
EDITORIAL
ÉDITORIAL

Als 1997 die Wiener Philharmoniker nach jahrelangem, zähem Lorsqu’en 1997, l’Orchestre philharmonique de Vienne, après de
Widerstand Frauen endlich in ihrem Orchester zuliessen, lachte halb longues années de résistance, engagea enfin des femmes, la moitié
Europa. Heute, über 20 Jahre später, scheint in der Musikszene die de l’Europe a rigolé. Aujourd’hui, vingt ans plus tard, l’égalité des
Gleichberechtigung der Geschlechter kein Problem mehr zu sein. sexes ne semble plus être un problème dans la scène musicale.
Doch der Schein trügt. Gerade in der Szene der Gegenwartsmusik Hélas, les apparences sont trompeuses. En Suisse aussi, les
finden wir Gebiete, in denen Frauen nach wie vor stark untervertreten femmes sont encore sous-représentées dans certains domaines
sind, auch in der Schweiz. Zum Beispiel in den Bereichen Sound Art, de la musique contemporaine en particulier, tels que l’Art sonore ou
elektronische Musik und Computermusik. la musique électronique.
Weshalb das so ist, wollte Autorin Theresa Beyer wissen und hat Pourquoi est-ce le cas, s’interroge l’auteure Theresa Beyer qui a
sowohl in der freien Szene als auch an den Schweizer Musikhoch- mené ses recherches sur les planches de la scène indépendante mais
schulen recherchiert. Ihr Artikel (ab Seite 3) benennt Probleme, aussi dans les couloirs des Hautes Ecoles de Musique suisses. Son
zeigt aber auch, dass das Gender­bewusstsein bei den Verantwort­ article (page 3) nomme les problèmes et montre que la question des
lichen wächst. Dass dies oftmals ein langsamer Prozess ist, belegt genres gagne de plus en plus la conscience des responsables. Mais
das Beispiel der Wiener Philharmoniker, die heute (2018) erst cela est un long processus comme le prouve l’exemple du Philharmo-
einen Frauenanteil von knapp 11 Prozent aufweisen. Ergänzt wird nique de Vienne qui, aujourd’hui encore, ne comporte que 11 pour
der Bericht durch eine exklusive Bildstrecke des Fotografen Norbert cents de femmes. L’article est complété par des photographies exclu-
Bruggmann: Hände von Studierenden des Studiengangs Sound Arts sives de l’artiste Norbert Bruggmann : des mains d’étudiant-e-s en
der Hochschule der Künste Bern. Mann oder Frau? Wie subtil die Sound Arts de la Haute Ecole des Arts de Berne. Homme ou femme ?
Unterschiede doch eigentlich sind! Les différences sont subtiles.
Die Zeitschrift dissonance setzt also ein weiteres Mal auf Viel­- La revue dissonance défend la diversité qui se reflète au fil des
falt und Diversität, was sich in allen Artikeln dieser Nummer articles de ce numéro : des sujets à mille facettes avec lesquels notre
widerspiegelt: vielfarbige Themen, die auch unseren Grafiker Hubert graphiste Hubert Neidhart s’amuse.
Neidhart angesteckt haben.

Cécile Olshausen Christoph Haffter


cecile.olshausen@dissonance.ch christoph.haffter@dissonance.ch

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#142 06.2018
Trägerschaft: Verein dissonance – Schweizer Zeitschrift für aktuelle Musik
Géré par l’Association dissonance – revue suisse de musique contemporaine

> 2 Männerdomäne elektronische Musik


Eine Inventur
Theresa Beyer

> 8 Avide du lointain


Une brève histoire de l’exotisme en musique
Laurent Vilarem
Essays
> 16 La musique, art fonctionnel Diskussionen
Réflexions sur un genre compromis Rezensionen
Jean-Yves Bosseur

> 21 Monochrome Klanglandschaften www.dissonance.ch


Justė Janulytė und der
grosse Reiz der Einfarbigkeit Essais
Andreas Zurbriggen
Discussions
Comptes rendus

UPDATE
> 36 Léo Collin
Judith Winter-Meier

BERICHTE – COMPTES RENDUS – RAPPORTI – REPORTS


> 30 Ultraschall Berlin 2018 – Festival für neue Musik
> 31 Zwei Tage Zeit – Festival für improvisierte
Musik, Zürich
> 32 L'Europe Sauvage – Stationentheater
der Hochschule der Künste Bern
> 33 Die Basel Sinfonietta mit
dem Konzert Sprechende Pfade
> 34 Eclat 2018 – Festival Neue Musik, Stuttgart
> 37 La Biennale Musiques en Scène, Lyon
> 38 Hyper Duo et Stefano Malferrari Literaturangaben
invités par la SMC Lausanne Bibliographie
Bibliografia
> 39 Festival Présences 2018 à Paris Bibliography
> 40 Heinz Holligers Oper Lunea, Opernhaus Zürich
Audio
> 42 Dominique Girods Orpheus, Zürich
> 43 Festival Archipel, Genève Video
> 44 MaerzMusik – Festival für Zeitfragen, Berlin Bücher
> 45 Oscar Bianchis Sinatra in Agony mit dem NEC, Basel Livres
Libri
Books
SCHÖNE STELLEN – BEAUX PASSAGES

> 46 Vera Kappeler, Pianistin CD
DVD
> 48 BÜCHER – LIVRES – LIBRI – BOOKS / CD/DVD
Software
> 54 AUTOREN – AUTEURS – AUTORI – AUTHORS
Männerdomäne
elektronische Musik
Eine Inventur
Theresa Beyer

In den Bereichen Sound Art, elektronische Musik und Computermusik nimmt zwar das
Genderbewusstsein langsam zu, doch an der Untervertretung von Frauen ändert das wenig.
Die Gründe dafür sind vielschichtig: alte Klischees, geschlechtsspezifische Sozialisierungen
und mangelnde Vorbilder führen dazu, dass sich ungeschriebene Codes und männlich
dominierte Netzwerke fortpflanzen – im Underground genauso wie an den Hochschulen.
Dabei hätte doch gerade die elektronische Musik so gute Voraussetzungen dafür, ein Raum
zu sein, in dem geltende Regeln in Frage gestellt werden. Was läuft schief in der elektronischen
Musik? Ein Blick auf die Schweizer Szene.

Und immer wieder muss man zählen. Die aufgeführten Kompo- internationales Symposium2. In der Schweiz wird die Diskus-
nistinnen und Komponisten in «Nachtstrom», der Konzertreihe sion, wenn überhaupt, vor allem in der Popmusik geführt –
des Elektronischen Studios der Hochschule für Musik Basel zum Beispiel im Februar dieses Jahres, als die Swiss Music
in der Gare du Nord ab 2016: 42 Männer, 2 Frauen. Die Studie- Awards praktisch ausschliesslich an Männer verliehen wurden.3
renden im Master Elektroakustische Komposition an der Die in diesem Artikel untersuchte elektronische Musik,
Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) seit 2009: 13 Männer, welche elektroakustische Komposition, Sound-Art, Computer-
3 Frauen. Die Autorinnen und Autoren des Buches Musik aus musik und experimentelle Club-Avantgarde einschliesst,
dem Nichts. Die Geschichte der Elektroakustischen Musik befindet sich irgendwo in der Schnittmenge zwischen Pop­
in der Schweiz1: 19 Männer, 2 Frauen. Anhand der Strichlisten musik und Neuer Musik, zwischen Underground und Akademie –
wird dann ein ungefährer Durchschnittswert errechnet, der was es umso schwerer macht, das Problemfeld genau ein­
sich irgendwo zwischen 5% und 20% bewegt. Nach dem Rech- zugrenzen. Dem Artikel zu Grunde liegen zehn Gespräche
nen kommt die Empörung – darüber, dass sich an diesen mit Musikerinnen, Veranstaltern, Wissenschaftlerinnen und
Zahlen seit Jahren kaum etwas ändert. Und am Ende folgt die Institutsleitern aus der Deutschschweiz und dem Ausland.4
Feststellung, dass diese Zahlen ja nur das Abbild einer Gesell-
schaft sind, in der Frauen strukturell benachteiligt werden.
Aber ganz so einfach ist es nicht. Denn in der elektronischen DAS ALTE KLISCHEE DER MÄNNLICHEN TECHNIK
Musik ist der Frauenanteil wesentlich niedriger als in anderen
Bereichen der Gesellschaft. Und gerade weil die elektronische Sucht man nach Erklärungen für die Unterrepräsentation von
Musik – ähnlich wie die Neue Musik – für sich beansprucht, Frauen in der elektronischen Musik, kommt man nicht umhin,
ein zukunftsorientierter, visionärer und experimentierfreudiger sich erst einmal an alten Vorurteilen abzuarbeiten. Denn nach
Raum zu sein, darf man mit ihr auch hart ins Gericht gehen. wie vor werden Frauen mit dem Klischee konfrontiert, sie
In der Neuen Musik scheint die Genderdebatte unterdessen hätten eine geringere Affinität zu Technik, sagt Rosa Reitsamer
langsam angekommen zu sein: an den Darmstädter Ferienkur- vom Institut für Musiksoziologie der Universität für Musik und
sen gründete die Komponistin Ashley Fure 2016 die Gruppe darstellende Kunst Wien: «Technisches Wissen spielt in der
«Gender Relations in Darmstadt» (GRID), die Donaueschinger elektronischen Musik eine grössere Rolle als in anderen
Musiktage diskutierten 2017 in einer Podiumsdiskussion über Genres. Und Technik ist in unserer Gesellschaft nach wie vor
«(K)eine Männersache – Neue Musik» und im Juli 2018 widmet männlich konnotiert.» Diese Vorurteile bezeichnet die Zürcher
die HfMT Hamburg der Genderfrage in der Neuen Musik ein Musikerin und Künstlerin Iris Rennert als «unangenehme

2
Begleiter, die sich fies einschreiben und meistens verharmlost rung setzen. Weibliche Studierende gehen viel reflektierter
werden». Sie blickt zurück auf ihre Anfänge in den 80er Jahren: und zielorientierter mit Technologie um, sie treibt vor allem die
«Es war auf meinem Weg tatsächlich nicht einfach, meine künstlerische Aussage an.»
Neugierde und Experimentierfreude im Umgang mit Maschinen, Harenbergs ehemalige Studentin, die Audiodesignerin und
Computer und Musikinstrumenten, die eher den männlichen Klangkünstlerin Veronika Klaus stimmt dem zu: «An und
Mitspielern zugeordnet werden, mit anderen teilen zu können.» für sich interessiert mich Technik nicht. Mich interessiert,
Auch die Zürcher Musikerin Joana Maria Aderi, die in den was ich damit machen kann». Klaus, die über die E-Geige zur
90er Jahren in die elektronische Musik einstieg und Anfang der elek­tronischen Musik kam, geht bewusst gegen die Mysti­
Nullerjahre mit Eiko ihr eigenes Elektronikprojekt startete, fizierung von Technologie vor: «Vielleicht lässt sich die männ­
kennt diese Klischees: «Immer wieder hatte ich das Gefühl, liche Konnotation der elektronischen Musik aufbrechen,
von Toningenieuren nicht ernst genommen zu werden. Sobald wenn man Technologie nicht als kompliziertes Hokuspokus,
es ein technisches Problem gab, bekam ich unterschwellig sondern schlichtweg als eine Vielzahl von Instrumenten und
zu hören, das sei ja typisch Frau. Es war schwer, sich davon Klängen begreift, mit denen man spielerisch gestalten kann.»
nicht entmutigen zu lassen.» Spielerische und experimentierfreudige Zugänge gehören bei
Um solche Vorurteile niederzureissen, bietet das Training vielen Musikerinnen im Bereich der elektronischen Musik
Center für elektronische Musikproduktion School of Sound heute zu einem feministischen Selbstverständnis. Neu sind
Kurse für die Musiksoftware Ableton exklusiv für Mädchen und sie aber nicht. Das zeigt ein Blick auf die Anfänge der elektroni­-
Frauen an. Joana Maria Aderi leitet so einen Kurs und erlebt schen Musik an den elektronischen Studios und Radiostationen:
den Zugang zur Technik der jüngeren Generation: Johanna Magdalena Beyer (1888–1944) zum Beispiel kompo-
«Selbst in so einem geschützten «female only»-Rahmen nierte bereits 1938 das Musikstück Music of the Spheres
beobachte ich, dass das Selbstbewusstsein der Mädchen für drei elektronische Streichinstrumente. Die französische
und jungen Frauen im Umgang mit Technik nach wie vor sehr Komponistin Eliane Radigue (*1932) schuf in den 60er Jahren
niedrig ist». minimalistische elektroakustische Musik, während Daphne
Oram (1925–2003) zur selben Zeit im Musikstudio der BBC mit
Tape-Aufnahmetechniken zu arbeiten begann. In der Geschich­te
UNTERSCHIEDLICHE KARRIEREN – der elektronischen Musik sind diese Pionierinnen aber unter­-
UNTERSCHIEDLICHE ZUGÄNGE ge­gangen. Und Vorbilder, gerade in der Schweiz, fehlen bis heute.5

Hinter den Ängsten steckt eine geschlechtsspezifische


Sozialisierung, die sich in den vergangen 30 Jahren wenig ELEKTRONISCHE MUSIK – EINE KÖRPERLOSE KUNST?
verändert hat, sagt die Musiksoziologin Rosa Reitsamer:
«Mädchen werden von den Eltern und Lehrpersonen bis heute Seit ihren Anfängen versteht sich die elektronische Musik als
nicht ermutigt, sich mit einem Synthesizer zu beschäftigen, eine körperlose Kunst: für ihr Erklingen ist der Körper entweder
programmieren zu lernen oder Beats zu produzieren. Ihre gar nicht nötig, oder er muss – zum Beispiel in den klassischen
Karriere in der elektronischen Musik beginnt deshalb oft später Laptop-Performances – nur minimale Bewegungen ausführen.
und das ist häufig ein Nachteil». Für Jungs ist die Beschäfti- Mehr Maschine als Mensch also, lautet die Utopie.6 Im Buch
gung mit Technik hingegen eine Möglichkeit, sich Status zu Gendertronics – Der Körper in der elektronischen Musik (edition
verschaffen – womit der frühe Einstieg in einen technischen suhrkamp, 2005) verknüpft die Kuratorin und Journalistin
Beruf den gesellschaftlichen Vorstellungen entspricht. Meike Jansen die Abwesenheit des Körpers in der elektronischen
So beobachtet es auch Germán Toro-Pérez, Leiter des Musik mit der Abwesenheit von Frauen in der Szene. Dass
Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) die Idee einer «körperlosen Musik» nur eine männliche sein
an der ZHdK: «Meine männlichen Studenten waren oft als kann, davon ist auch die irische Komponistin Jennifer Walshe
Teenager bereits technikaffin, haben in Popbands gespielt überzeugt. «Absolute Musik ist ein Luxus, den sich nur männli-
oder Clubmusik gemacht, Erfahrung im Bereich der Tontech­- che Komponisten leisten können. Alle Komponistinnen, die
nik gesammelt und dann bei uns im Studium die künstleri- ich kenne, glauben nicht daran – vielleicht, weil sie wissen, wie
schen Qualifikationen weiterentwickelt. Meine weiblichen es ist, ihr ganzes Leben nach ihrem Aussehen beurteilt zu
Student­innen sind tendenziell eher Quereinsteigerinnen: werden.»
zuvor haben sie Musikwissenschaft, Architektur, Medizin oder Wenn es also ein männliches Privileg ist, Geschlecht nicht
Flöte studiert und ihr Selbstbewusstsein darüber generiert, zu thematisieren bzw. thematisieren zu müssen, verwundert
dass sie bereits in diesen Berufen gearbeitet haben.» es umso weniger, dass feministische Zugänge in der elektro­
Aus der geschlechtsspezifischen Sozialisierung ergeben nischen Musik den Körper oft ganz bewusst einbeziehen –
sich unterschiedliche Zugänge zu elektronischer Musik, sei es durch Gesten, durch sensorengesteuerte Elektronik oder
beobachtet Michael Harenberg, Co-Leiter des Studiengangs durch die Verwendung und Verfremdung von Stimme.7 Bei
Sound Arts an der Hochschule der Künste Bern (HKB): «Unter diesen Zugängen geht es um mehr als nur darum, eine neue
den männlichen Studierenden gibt es mehr technikverliebte performative Situation zu schaffen, welche die klassische
Bastler , die ihren Fokus auf Tools, Geräte und Programmie- (normativ männliche) Laptop-Performance herausfordert. Es

3
4
5
Vorhergehende Bild-Doppelseite Fotos: Norbert Bruggmann Frauen sagten in den Interviews immer wieder, dass sie Aus-
Es geht darum, Gender umzudeuten, zu verkehren und zu dekonstruieren, sagt die schlüsse erfahren haben und bedeutend seltener als viele
Autorin Theresa Beyer. Und manchmal sind die Unterschiede zwischen den der männlichen Peers gebucht werden.» Unter diesen Seil-
Geschlechtern subtil. Wie hier auf diesen Fotos von Norbert Bruggmann. Er hat
schaften hat die Musikerin Joana Maria Aderi so stark gelitten,
Hände von Studierenden des Studiengangs Sound Arts der Hochschule der Künste
Bern fotografiert. Minimale Bewegungen an den Reglern eines Mischpults. dass sie ihr Soloprojekt Eiko zwischenzeitlich auf Eis gelegt hat.
Männerhand oder Frauenhand? Und noch ein anderer Aspekt führt dazu, dass die elektro­
nische Musik für Frauen ein hartes Pflaster ist: Wenn auf
einem Festival eine Frau gegen zehn Männer anspielen muss,
geht darum, Gender umzudeuten, zu verkehren und zu de­- ist sie in jedem Fall stärker exponiert als ihre männlichen
konstruieren. Auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung in der Kollegen. Die Berner Musikerin Veronika Klaus erinnert sich an
elektronischen Musik müssen solche Ästhetiken Platz haben – Situationen, in denen in ihr ein Unbehagen wuchs: «Wenn ich
und durch nicht-binäre und queere Ansätze erweitert werden. irgendwo als einzige Frau gebucht war, wollte ich auf keinen
Fall den Eindruck erwecken die Quotenfrau zu sein. Deswegen
habe ich mich ziemlich unter Druck gesetzt und versucht,
MÄNNLICHE NETZWERKE noch besser zu sein als die anderen».
Sobald Frauen also aus männlichen Netzwerken ausge-
Nach neuen Ästhetiken und performativen Ansätzen sucht schlossen sind, werden sie automatisch weniger wahrgenom-
auch Stefan Mousson, der die Berner Ausgabe des Festivals für men. Für Booker, Kuratorinnen und Veranstalter bedeutet
elektronische und experimentelle Musik Les Digitales organi- dies in der Konsequenz, dass sie nach Musikerinnen aktiv auf
siert und kuratiert: «Ich bin es leid, immer nur Männer hinter die Suche gehen müssen. Einem männlich dominierten Festi-
dem blassen Licht ihrer Laptops zu sehen.» Doch zu einem valprogramm kann also mit einer intensiven Recherche und
diversen Programm trägt seine Offenheit wenig bei: In der dem Blick über den Tellerrand des eigenen Klüngels durchaus
letzten Ausgabe von Les Digitales 2017 traten schweizweit entgegen gewirkt werden, zumal Online-Datenbanken wie
54 Männer und 9 Frauen auf, 2016 waren es 77 Männer female:pressure (derzeit 2100 Mitglieder aus 74 Ländern) oder
und 12 Frauen. Mousson ist mit der Schieflage unzufrieden helvetiarockt.ch (derzeit 25 Einträge im Bereich elektronischer
und sagt selbstkritisch: «Wenn wir mehrheitlich Männer Musik) die Suche erleichtern. Die effektivste Lösung bleibt
im Vorstand sind und das Festival aus dieser Sicht kuratieren, allerdings, Positionen mit Entscheidungsfunktion wie Kurato-
müssen wir uns über die Unterrepräsentation von Frauen ren, Bookerinnen, Veranstalter, Jurys, Festivalleiterinnen
nicht weiter wundern.» Das Les Digitales versteht sich als von Anfang an divers zu besetzen. Das dies ein aussichtsrei-
Familienfestival, das in öffentlichen Parks und Plätzen statt- cher Weg zum Erfolg ist, zeigen Festivals wie m4Music in
findet. Umso mehr sieht sich Mousson in der Verantwortung: der Schweiz, das Hyperreality-Festival im Rahmen der Wiener
«Wenn wir dort die elek­tronische Musik als Hoheit männlicher Festwochen oder das Stuttgarter ECLAT deutlich.
Nerds präsentieren, wirft das ein falsches Bild auf diese
Musik». Ein Bewusstsein für die Unausgeglichenheit und
einen Willen zur Veränderung scheinen beim Festival EIN BLICK AN DIE HOCHSCHULEN
Les Digitales also durchaus da zu sein. Doch warum bleibt
der Anteil von Frauen dennoch so niedrig? Laut Artikel 3 des Schweizer Fachhochschulgesetzes gehört
Genauso wenig wie sich männliche Netzwerke eindeutig die «tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern»
kartografieren lassen, würde wohl kein Kurator oder Booker zu den Aufgaben von Musikhochschulen. Von einer Gleichstel-
zugeben, dass er Frauen absichtlich benachteiligt. Weil lung kann aber, wenn man die Lehrenden, Promovierenden
Ausschlussmechanismen oft nach ungeschriebenen Codes und Studierenden im Bereich Sound Arts, Computermusik und
funktionieren, ist es umso schwerer, ihnen auf den Grund zu Elektronische Musik in der Schweiz in den Blick nimmt, nicht
gehen. Und doch lässt ein Blick auf die Strukturen von Les die Rede sein: Der Anteil an festangestellten Professorinnen
Digitales eine Vermutung zu: Das Festival funktioniert nicht im Bereich elektronischer Musik ist verschwindend klein,
über ein klassisches Booking, sondern über einen Call, auf den und auch wenn man Konferenzen und Publikationen zu elektro-
in der Regel 90% der Bewerbungen von männlichen Musikern nischer Musik untersucht, liegt die Deutungshoheit nach wie
eingehen. Dass der Call vor allem Männer anspricht, könnte vor eindeutig in männlicher Hand.
damit zu tun haben, dass er nur auf der Homepage lesdigitales. Auf der Homepage des Elektronischen Studios Basel (Hoch-
ch und auf Facebook publiziert wird. Damit entsteht ein typi- schule für Musik Basel) sieht man ein Foto von ausschliess­-
sches «Filterbubble-Problem»: er erreicht nur jene Community, lich männlichen Studierenden. So ein Bild hat eine symbolische
die sowieso vom Festival weiss oder dort bereits aufgetreten ist.8 Wirkung: es legitimiert die historische Institution als einen
Die Soziologin Rosa Reitsamer hält diese Multiplikation männlichen Ort und erhöht damit für Frauen unweigerlich
männlichen Wissens für eine typische Dynamik informeller die Hemmschwelle, sich dort zu bewerben. Erik Oña, der Leiter
Netzwerke: «In meinen Studien zur elektronischen Musik habe des Studios, sagt in einem ersten Telefongespräch, dass
ich beobachtet, dass Männer vor allem über männliche Genderfragen im Daily Business untergehen. In einer späteren
Freundschaften einen Zugang zu den Szenenetzwerken finden. schriftlichen Stellungnahme betont er, dass die Männer­

6
dominanz nur den Bereich Audiodesign betreffe (ausschliess- von den Frauen selbst aus, die sich untereinander stärken
lich männliche Studierende) und nicht den Bereich Komposition (Helvetiarockt, female:pressure), Podiumsdiskussionen
(Oña spricht hier von 40 % Frauen, meint damit allerdings und Festivals organisieren (das Gender Bending Electronic
den gesamten MA Komposition an der Hochschule für Musik Music Festival Les Belles des Nuits in Zürich), Videostate-
in Basel), dass das Studio regelmässig Komponistinnen ments auf Facebook stellen (z.B. die SRF-Moderatorin
aus dem Ausland als Gastdozentinnen einlädt und sie ein Kon- und DJ Rosanna Grüter im August 2017 zu Sexismus in der
zept für den kommenden «Tag der offenen Türe» entwickeln elektronischen Musik in der Schweiz) oder sich privat organi-
werden, um dem männlichen Image von Audiodesign bewusst sieren (wie Joana Maria Aderi, die gerade die Elektro-Jam
entgegen zu steuern. Session Female Electro Nerds für Frauen lanciert oder Iris
Dass solch ein Problembewusstsein über die Aussenwirkung Rennert, die sich als Mentorin für junge Musikerinnen engagiert).
eines Studiengangs bereits der erste Schritt ist, zeigt sich an Aber reicht das wirklich, um ein Gegengewicht zu bilden
der Hochschule der Künste Bern. In den letzten Jahren sind und Sichtbarkeit einzufordern? Nicht allein. Adrienne Goehler,
die Studentinnenzahlen beim Studiengang Sound Arts proporti- Kuratorin des deutschen Hauptstadtkulturfonds, forderte
onal angestiegen von 19% (2013) auf 25% (2017). Um das in der Diskussion «(K)eine Männersache – Neue Musik» an den
Geschlechterverhältnis zu modernisieren, haben die Dozentin Donaueschinger Musiktagen 2017, dass auch die Kulturför­
Cathy van Eck und die beiden Co-Leiter des Instituts Michael derer in der Verantwortung stehen, eine gerechtere Geschlech-
Harenberg und Daniel Weissberg den Studiengang von «Musik terverteilung und höhere Diversität bei Musikerinnen und
und Medienkunst» in «Sound Arts» umbenannt. Der wichtigste Musikern und Veranstalterinnen und Veranstaltern einzufordern.
Grund für die Umbenennung war, die künstlerischen und Und es ist an der Zeit, dass auch Männer in die Offensive
gestalterischen Aspekte der Ausbildung gegenüber den tech­ gehen. 2016 hat sich eine Reihe männlicher Journalisten
nischen stärker zu betonen und damit einen breiteren Zugang zusammengefunden und den Hashtag #men4equality kreiert.
zu ermöglichen. Die Unterzeichner haben sich verpflichtet, nicht mehr an reinen
Traditionen und Konventionen müssen also nicht nur in Männerpodien teilzunehmen. Wie wäre es mit einem ähnlichen
der Musik in Frage gestellt werden, sondern auch in den Hashtag für die elektronische Musik? Dabei wäre man ja nur
Institu­tionen. Die Musikerin und Künstlerin Iris Rennert, die an schon mit der Forderung eines relativ bescheidenen Frauen­
der Hochschule der Künste Bern (HKB) «Musik und Medien- anteils von wenigstens 30 % zufrieden (analog der Frauenquote
kunst» abgeschlossen hat und dort nun als Gastdozentin das in deutschen Aufsichtsräten). Andernfalls sagen männliche
Fach Hardware Hacking unterrichtet, findet, dass sich in Musiker die Teilnahme ab. Aber selbst diese in Zeiten nach
starren Systemen wie jenem der Hochschulen männliche #MeeToo durchaus harmlose Forderung dürfte Veranstalter,
Dominanz nicht weniger fortsetze als in informellen Netzwer- Bookerinnen und Festivalleiter ordentlich ins Schwitzen bringen
ken. Mit Blick auf die gesamte Hochschullandschaft stellt und sie nicht nur zu einem Genderbewusstsein, sondern aktiv
sie fest, dass zwar immer wieder auch Dozentinnen angestellt zum Handeln zwingen. Und das wäre wirkungsvoll!
werden, dann aber oft in schlecht bezahlten und befristeten
Lehraufträgen: «Wenn die Existenz dieser Frauen von der
Verlängerung ihres Lehrauftrags abhängt, trauen sie sich
1 Musik aus dem Nichts. Die Geschichte der Elektroakustischen Musik
kaum, am Status Quo etwas zu ändern. Damit sie ihre eigenen in der Schweiz, hrsg. von Bruno Spoerri, Zürich: Chronos-Verlag 2010.
Visionen umsetzen, ihren kritischen Geist und Experimentier- 2 Körper, Konzepte, Kanon, Konstruktionen: Sex und Gender im
willen ausleben und an die Studierenden weitergeben können, Neue-Musik-Diskurs von der Gegenwart bis zu den 1950er Jahren.
Internationales Symposium, 6.–8. Juli 2018 an der Hochschule
brauchen sie eine unbefristete Stelle auf dem gleichen Level für Musik und Theater (HfMT) Hamburg.
mit den männlichen Kollegen.» Bisher blieb die Komponistin, 3 2017 ging gerade mal einer der insgesamt zwölf Swiss Music Awards
Soundkünstlerin und Performerin Cathy van Eck mit ihrer an eine Frau – und zwar in der einzigen Kategorie, in der per Definition
eine Frau gewinnen musste: Beatrice Egli wurde als Best Female
Professur für Sound Arts an der HKB in der Schweiz eine Aus- Solo Act ausgezeichnet. Zwei Tage vor der Preisverleihung veranstalteten
nahme. Ein Richtungswechsel ist im Herbstsemester 2018 zu die Swiss Music Awards einen Abend zur Frage: «Hat die Schweizer
erwarten, wenn Teresa Carrasco ihre Professur als Nachfolge- Popmusik ein Frauenproblem?»
4 Joana Maria Aderi, Rosanna Grüter, Michael Harenberg,
rin von Daniel Weissberg antritt. Die international tätige Sound- Veronika Klaus, Stefan Mousson, Erik Oña, Rosa Reitsamer,
künstlerin und Komponistin ist damit neben Cathy van Eck Iris Rennert, Germán Toro-Pérez, Jennifer Walshe.
die zweite unbefristet angestellte Professorin für Komposition 5 Zwar findet man wenige weibliche Namen im Buch Musik aus dem Nichts
(vgl. Anm. 1): Geneviève Calame, Charlotte Hug, Franziska Baumann,
bei Sound Arts und wird zusammen mit Michael Harenberg die Trixa Arnold, Sibylla Giger oder DJ Tatana. Ein eigener Porträt-Artikel ist
Leitung und Weiterentwicklung des Studiengangs übernehmen. jedoch keiner von ihnen gewidmet.
Für die Schweizer Szene ist das ein wichtiges Zeichen. 6 Christoph Co, Wie wird Musik zu einem organlosen Körper?
Gilles Deleuze und die experimentelle Elektronika, in: Soundcultures.
Über elektronische und digitale Musik, hrsg. von Marcus S. Kleiner und
Achim Szepanski, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2003, S. 162–193.
MÄNNER IN DIE OFFENSIVE 7 Zum Beispiel Joana Maria Aderi, Cathy van Eck, Jenny Hval, Imogen Heap,
Planningtorock etc.
8 Bei genauer Untersuchung zeigt sich allerdings, dass die Follower
In der elektronischen Musikszene, den informellen Netzwerken der Seite zu ca. 35–40 % Frauen sind, analog den Besucherinnen und
und im Underground gehen konkrete Initiativen bisher vor allem Besucher an den Konzerten.

7
Avide du lointain
Une brève histoire de l’exotisme en musique
Laurent Vilarem

La fascination pour les cultures extra-


européennes a toujours accompagné
l’entreprise coloniale. Cet attrait
de l’inconnu, profondément ambigu,
se reflète dans l’exotisme artistique ; et
la musique n’y fait pas exception.
Dans leur quête de sons inouïs, les
compositeurs se tournent, aujourd'hui
encore, vers les civilisations lointaines,
poursuivant la promesse du tout
autre. Laurent Vilarem retrace l’histoire
de ce phénomène, des Indes Galantes
de Rameau jusqu’au méta-exotisme
de Mauricio Kagel, et s'entretient avec
le compositeur Thierry Pécou.

« Le turc genereux, ballet pantomime executé


à Vienne sur le teatre près de la cour le 26 avril, 1758. »
© New York Public Library

Du 30 janvier 2018 au 6 avril 2019 se tient au Musée du ambigu, car la dépréciation passe par une fausse admiration :
Quai Branly-Jacques Chirac de Paris une exposition intitulée L’exotique est fascinant. Cette fascination fige l’objet exotique
« Peintures des lointains ». Près de deux cents œuvres dans une image projetée, le réduit à un cliché consommable.
inédites datant de la fin du XVIIIe siècle jusqu’au milieu du C’est ainsi que l’exotisme s’enthousiasme pour les cultures
XXe siècle témoignent de la passion française pour les peuples inconnues et les mœurs étranges, sous condition qu’elles
et civilisations « exotiques ». L’historique du fond muséal restent non-touchées, obscures, mystérieuses. Son ouver­-
soulève de nombreuses interrogations ; en effet, la collection ture d’esprit est alors fausse, car il n’apprécie pas les choses
de peintures voit le jour avec l’Exposition coloniale de 1931, exotiques pour ce qu’elles sont, mais seulement pour ce
avant d’être transférée au Musée des Colonies de la Porte qu’elles sont pour lui : incompréhensibles, étranges.
Dorée, tout en étant régulièrement enrichi par des acquisitions
publiques.
L’arrière-fond colonialiste est évident pour un pays à EN FRANCE, LA PASSION DES LOINTAINS
l’histoire aussi problématique que la France, mais cette
attirance pour les cultures extra-européennes reste Comme l’écrit Yves Defrance dans Exotisme et esthétique
également indissociable de la naissance de la modernité musicale en France, l’attrait des « lointains » est d’abord un
musicale. L’exotisme nourrit en effet le Grand opéra du enjeu économique : « Il est remarquable que l’émergence
XIXe siècle comme les avant-gardes du début du XXe siècle, d’un exotisme musical coïncide avec celle d’événements
notamment Debussy, qui entendit un gamelan javanais à politiques ».1 Ainsi, ce seront d’abord les pays proches ou les
l’Exposition Universelle de 1889 à Paris. empires avec lesquels la cour de Versailles fait commerce, qui
Le terme exotisme désigne une forme de discrimination. seront les objets d’une appropriation culturelle. L’apport de
Le mot partage sa forme avec le sexisme et le racisme. Ce l’Italie est à cet égard considérable : des musiciens ambulants
qui est discriminé par le comportement exotiste, c’est l’autre, aux grands facteurs d’instruments, l’influence sur la musique
l’étranger, l’inconnu et le lointain. Mais le terme est plus française baroque est partout profonde. De même, des danses

8
comme la gigue écossaise ou la polka polonaise sont impor­
tées, même si l’on note déjà ici une tendance à « franciser »
des traditions étrangères. Ainsi, Giovanni Battista Lulli prend
le nom de Jean-Baptiste Lully en devenant surintendant
de la musique de Louis XIV, et la cornemuse britannique,
adoptée par la cour du Roi Soleil, est profondément modifiée
dans sa sonorité (son timbre est adouci) et sa facture
(l’instrument n’est plus rempli d’un réservoir à la bouche
mais est maintenant actionné avec un soufflet sous le bras)
dans un souci d’élégance et de bienséance chers à l’aristo­
cratie versaillaise.
Avec la création de la compagnie des Indes à Port-Louis
(l’actuel Lorient en Bretagne) en 1666, c’est ensuite l’Inde, la
Chine et le Moyen-Orient, qui sont reliés culturellement à la
cour. Naturellement, une profusion d’œuvres musicales naît,
telles Les Indes Galantes de Rameau (1735) ou Le Calife
de Bagdad de Boieldieu (1800). Le goût pour l’exotisme répond
ici à une volonté de dépaysement éphémère, à la manière
d’un divertissement qui déplacerait les enjeux de la société
française. La culture étrangère se réduit à des oripeaux :
des formules rythmiques, un instrument inédit, ou théâtrale­
ment, des préjugés sur les caractéristiques supposées de
peuples étrangers (c’est le sens des turqueries comme
L’Enlèvement au Sérail de Mozart). L’heure n’est pas encore à
l’image rêvée d’un ailleurs, puisque les images culturelles,
sociales et sonores manquent encore.

L’ORIENT SENSUEL ET DÉCADENT

Avec l’expédition d’Egypte et les guerres napoléoniennes,


tout change. Les français entrent en contact étroit avec une
« autre » civilisation. Avec la prise d’Alger en 1830, c’est
le début de nombreux voyages dans les pays arabes, ceux de
Flaubert, Nerval, Théophile Gautier, dans lesquels les artistes
partent à la recherche de nouvelles couleurs et sensations.
L’évolution est plus profonde qu’elle ne paraît au prime abord :
plutôt qu’appropriation à partir de son prisme personnel,
l’art exotique est perçu dans sa radicale étrangeté. Partir en
Orient, c’est rechercher une expérience différente, sans dé­-
termination de la morale chrétienne ni canons de l’acadé­misme.
Comme l’indiquaient déjà Les Fêtes Galantes de Watteau
sous l’ancien Régime, l’ailleurs devient le lieu de la sensualité
et de la liberté, loin des carcans de la société industrielle.
Dès lors, un vaste orientalisme se déploie, qui culmine une
première fois dans les années 1880, avant de connaître une
flamboyante décadence, au travers notamment du mythe de
Sa-lomé dans les œuvres de Richard Strauss ou Florent
Schmitt. En prenant l’exemple de Thaïs (1894) de Massenet,
qui oppose foi chrétienne et volupté, Gérard Condé écrit :
« L’Orient, c’est l’inconnu, le mystère, la séduction fatale, la
fleur vénéneuse, et donc une musique sensuelle et lascive ».2
Parallèlement, une vague hellénique et japonaise s’empare
de l’Europe, avec l’écho des expéditions de Schliemann pour la
première et de l’ouverture du commerce extérieur en 1854 « L’inconnu, le mystère, la séduction fatale … » – Affiche de l'opéra Thaïs
pour la seconde. de Jules Massenet, dessiné par Manuel Orazi en 1894. © domaine public

9
L’EXOTISME D’APPARAT harmoniques traditionnelles, au profit d’un retour au phéno­
mène sonore. A cela s’ajoutent une conception de la musique
De rares artistes font toutefois œuvre musicale sur le terrain. en plein air, un rejet du dynamisme beethovenien, un emploi
Récemment redécouvert par le Palazzetto Bru Zane, qui accru de la modalité et une composition musicale non plus
contribue à la restauration du répertoire français oublié du basée sur les « notes » mais sur les « sons », ce qui aura une
XIXe siècle, Félicien David (1810–1876) collecte ainsi des influence décisive sur toute la musique du XXe siècle.
rythmes, des thèmes et des sonorités lors de son séjour en Plus que n’importe quel autre compositeur, Varèse pour­
Egypte. Dans Le Désert (1844), le compositeur saint-simonien suivra cette démarche vers une musique plus instinctive,
reconstitue de façon lacunaire un chant de muezzin, qui libérée des canons européens. Sa volonté de sortir des
influencera pourtant tous les compositeurs français de la chemins tracés de la tradition française se traduira même
deuxième moitié du XIXe siècle. S’oppose dès lors la relative chez lui par un déplacement physique. Résident américain à
authenticité de compositeurs-voyageurs comme David, à celle partir de 1919, Varèse utilise dans Ecuatorial (alors que le
de l’orientalisme spectaculaire de la « Grande Boutique » néo-classicisme règne en France) le texte du Popol Vuh maya,
de l’Opéra de Paris. De Lakmé de Delibes à Samson et Dalila comme une invocation aux dieux créateurs. Avec le com­
de Saint-Saëns en passant par Aïda de Verdi, les compositeurs positeur de Ionisation, première pièce occidentale destinée aux
rivalisent désormais de pyrotechnies rythmiques et orchest­ percussions seules, l’utilisation de traditions exotiques
rales. Yves Defrance résume les particularités musicales renoue avec la puissance régénératrice de la sonorité brute.
de l’exotisme instrumental en ces termes : « Hautbois, cor Avec Varèse, la musique déploie des forces chamaniques, à la
anglais, flûte et piccolo occupent une place prépondérante manière d’un rituel sacré.
dans l’orchestration. Mordants aux violons, ponctuation
des petites cymbales antiques et rythme obsessionnel d’un
tambourin complètent le décor destiné à créer une VERS UNE MUSIQUE UNIVERSELLE
atmosphère d’étrangeté ».3
Contrairement à l’idée reçue, l’Espagne restera toutefois la Préfigurant le grand échange d’informations que nous
grande passion des compositeurs français de la Troisième connaissons avec Internet, les compositeurs ont désormais
République. Deux signes concomitants en favorisent l’éclosion : accès à des documents ethnomusicologiques de valeur.
le réveil économique du pays qui se remet de deux siècles Etudier des cultures qui se sont développées avec la plus
de repli culturel mais également la proximité géographique extrême sophistication en totale indépendance de l’Europe
d’un folklore qui propose un antidote salutaire à la domination relève du choc pour de nombreux créateurs. Le cas du
wagnérienne. Parce que les compositeurs français ne gamelan et de la musique indienne sont symptomatiques à cet
parviennent pas à prendre racine dans leur propre tradition, égard. En 1931, le compositeur Colin McPhee part pour Bali,
discréditée par la chute de l’Ancien Régime, les créateurs influençant nombre de compositeurs, allant de Britten à
plongent dans l’ « origine » exotique. Les éléments musicaux Gilles Tremblay en passant par Claude Vivier qui fera bientôt
pour suggérer l’Espagne restent sensiblement les mêmes lui-même le voyage sur l’île indonésienne.
que pour l’Orient : emploi d’instruments typiques tels De même, c’est grâce à la lecture de l’article de Joanny
les castagnettes, la guitare et le tambour de basque, emploi Grosset dans l’encyclopédie de la musique de Lavignac5
d’échelles mélodiques et d’intervalles caractéristiques, qu’Olivier Messiaen se penche sur les rythmes de la tradition
notamment la seconde augmentée auxquels s’ajoutent des orale indienne, notamment les Déçi-Tâlas. En révélant le fruit
danses telles la habanera, la malagueña ou la séguédille. de leurs études, les musicologues obligent ainsi les
Cette passion musicale ibérique engendrera paradoxalement compositeurs à se plonger dans l’organologie, les échelles,
une recrudescence d’une musique authentiquement nationale, modes, rythmes et systèmes d’improvisation d’origines
comme en atteste ce mot de Manuel de Falla, qui, à l’écoute extra-européennes pour en étudier les singularités
d’Iberia de Debussy, écrira : « Debussy a prétendu non pas musicales. L’anecdote, l’apparat et l’ironie leur sont désor­-
faire de la musique espagnole, mais bien traduire ses im­- mais interdits avec la collecte d’informations techniques
pressions d’une Espagne qu’il ne connaissait guère ou pas, et de première main.
qu’il s’imagine avec une exactitude incroyable »4 Avec Messiaen s’opère par ailleurs une première
synthèse des sources musicales, puisque Messiaen s’intér­
esse en profondeur aux chants d’oiseaux (dont les lois
LE RETOUR AU PHÉNOMÈNE SONORE sont bien sûr loin des canons habituels de la musique
européenne !) quand il ne recrée pas dans les Sept Haïkus,
Avec Debussy, nous entrons en réalité dans l’histoire la sonorité du gagaku japonais. Principaux apports « exo­
« moderne » de l’exotisme musical. Le compositeur de Pagodes tiques » du compositeur de la Turanga-lîla-Symphonie : une
est en effet le premier à s’inspirer des musiques exotiques, conception formelle par juxta­position, à la place du tradi­
afin de les intégrer dans les paramètres du langage musical. tionnel développement sympho­nique, un allongement
En se saisissant de traditions orales extra-européennes, du temps musical et un travail appro­fondi sur les rythmes
le compositeur français explose les catégories tonales et rétrogradables et non-rétrogradables.

10
LA SYSTÉMATISATION DE L’EXOTISME

Après la guerre, les compositeurs tenteront une grande


synthèse des différentes sources musicales. L’ethnomusico­
logie et l’anthropologie connaissent leur âge d’or, influen-
çant jusqu’à un Pierre Boulez, qui s’inspire tout à la fois du
théâtre nô japonais et utilise des percussions africaines dans
le Marteau sans maître (1955). Mais c’est Stockhausen qui
tâchera de rassembler toutes les traditions existantes, pour
créer bientôt une musique aux dimensions du monde, voire de
l’univers entier. Pour Hymnen (1966), le compositeur allemand
collecte 137 hymnes de différents pays, avant de l’achever
dans l’harmonie de la planète Pluramon. Ses pièces Mantra et
Inori poursuivent la cartographie d’une géographie personnelle
qui culminera enfin avec le rituel cosmogonique d’une durée
d’une semaine de Licht. Philippe Albèra résume judicieusement Le lointain proche : Béla Bartók en quête de folklore, 1908. © domaine public
les apports de l’exotisme chez Stockhausen : « Toutes les
dimensions de l’œuvre ont été marquées, en profondeur, par
la découverte des musiques extra-européennes : les concep­
tions du rythme et du timbre, celles de l’écriture vocale, le
choix de l’instrumentarium, la notion même d’œuvre, la ten­
tative d’effacement de la subjectivité créatrice dans une forme
autonome ou transcendante, la disposition des musiciens
dans la salle, le rituel du concert, la relation entre composi­
teurs et interprètes, allant jusqu’à transformer les musiciens
en acteurs sur la scène. »6
Autre compositeur tenté par la synthèse universelle :
Luciano Berio opère dès 1964 une réunion de différentes
traditions folkloriques dans Folk Songs, avant le grand geste
de Coro (1976) qui s’inspire des traditions sioux, péruvienne,
polynésienne, gabonaise, perse, croate, navajo, hébraïque La tradition de l'orientalisme : John Cage avec Daisetsu Teitaro Suzuki
et chilienne. De façon symptomatique, György Ligeti trouvera au Japon en 1962. © John Cage Trust

dans les polyrythmies des Pygmées Aka de Centrafrique


l’issue de sortie salutaire à l’enfermement qu’il ressent dans d’intégration objective, mais de distanciation pour en apporter
le post-sérialisme. Mais le musicologue Jacques Amblard un puissant sens politique de contestation.
voit dans l’utilisation d’une de cette tradition parmi « les plus Ce retour au folklore et à la chanson populaire a bien existé
inaccessibles » de la planète, la mort de l’exotisme « par en France, mais en raison du déséquilibre créé par l’Etat
sa propre systématisation ».7 jacobin, le mouvement folkloriste ou naturaliste n’a abouti
qu’à des œuvres mineures (Symphonie Cévénole de D’Indy, les
œuvres plaisantes du Groupe des Six pour le jazz), qui
EN EUROPE DE L’EST, L’EXOTISME DU FOLKLORE s’apparentent plus à une forme d’exotisme nationaliste qu’à
une réflexion sociale sur le rôle de la musique. C’est en
En Allemagne, le constat est pessimiste au début du XXe siècle. Hongrie et Roumanie, dans les pays où les traditions pays­
L’art musical souffre d’un excès sonore et d’une boursouf­- annes étaient les plus vivaces, que les formes musicales
lure, associés à tort ou à raison, à l’art bourgeois. On observe folkloriques pourront agir comme un antidote par rapport aux
toutefois une revalorisation des traditions populaires et un excès du post-romantisme germanique. Bartók écrit ainsi dans
regain des contes paysans. Mais la tradition germanique l’article L’influence de la musique paysanne sur la musique
est tellement ancrée dans son histoire que les compositeurs savante : « […] la musique populaire est exempte de toute
allemands ne se serviront pas de ces éléments folkloristes sentimentalité, de toute fioriture inutile […] ».8 En compagnie
qu’à la manière d’un ingrédient supplémentaire de compo­­si­ de Zoltán Kodály, le compositeur hongrois collectera entre
tion. La Seconde Ecole de Vienne fait le choix de « dessécher » 1905 et 1918 près de 10000 mélodies hongroises, roumaines,
les chansons populaires en tant qu’archétypes formels. slovaques, bulgares, arabes, serbes et croates.
Les compositeurs des années 1920 et 1930 opèreront la Cette volonté de remettre la musique au plus près de la vie
même technique, mais dans une optique différente : Kurt Weill quotidienne se retrouve également chez les Russes du Groupe
dans L’Opéra de quat’sous ou Eisler détournent le sens du des Cinq. Il est notable que le plus folkloriste d’entre eux,
jazz, de la rengaine et du cabaret, non dans un grand geste Moussorgski, soit passé pour le plus « exotique » de tous, en

11
Exclure l’effet comique ? Le méta-exotisme de Mauricio Kagel. © Deutsche Grammophon

raison de son refus du développement traditionnel et de son LE MÉTA-EXOTISME


orchestration qualifiée de « sauvage ». De même, Janáček
trouvera, dans la prosodie de la langue parlée, de nouvelles Face aux différents vagues d’orientalisme, d’ibérisme et de
constructions mélodiques et rythmiques et un moyen de japonisme, il était inéluctable que l’exotisme devienne son
résistance. Ce mouvement d’émancipation nationale trouvera propre objet de composition. Dans Le Chant de la Terre, Gustav
cependant sa limite en raison des bouleversements irré­ Mahler utilise des poèmes chinois (Li Bo, Meng Haoran et
versibles provoqués par la première Guerre Mondiale. Dans Wang Wei) altérés dans la traduction de Hans Bethge, pour
son autobiographie de 1921, Bartók termine ainsi sur cette créer une Chine d’une fertile inauthenticité. De même, dans
note amère : « Malheureusement, ce tournant favorable Shéhérazade, Ravel déploie le désir d’Asie dans des vers
(qui précédait la guerre) a été suivi, à l'automne 1918, de de mirliton de Tristan Klingsor. Multipliant les effets de
l'effondrement politique et économique. Les troubles couleurs locales et de pittoresque, l’œuvre débouche sur un
directement liés à ce dernier, et qui ont duré un an et demi, ailleurs indéfinissable, qui rappelle le mot du compositeur
n'ont pas été le moins du monde propices à la création de après le scandale de ses Valses nobles et sentimentales :
travaux sérieux. Même la situation actuelle ne nous permet « Mais est-ce qu’il ne vient jamais à l’idée de ses gens que je
pas de penser à continuer les travaux de folklore musical. ».9 peux être artificiel par nature ? ».10

12
Cette dimension parodique atteindra une apogée dans l’occasion de l’an 2000 à des compositeurs d’horizons diffé­
Exotica de Kagel. Commandée pour les Jeux Olympiques rents : l’allemand Wolfgang Rihm, la russe Sofia Goubaidoulina,
de Munich en 1972, la pièce déploie plus de 200 instruments l’argentin Osvaldo Golijov et le chinois Tan Dun. Par sa
provenant de cultures musicales du monde entier. Le com­ dimension spectaculaire, cette dernière, une Water Passion
positeur argentin écrit dans sa note de présentation : « J’ai after Saint Matthew, nécessitant un arsenal impressionnant
toujours eu le désir de composer une œuvre dont la condition de percussions à eau, s’apparente à une forme moderne
essentielle réside pour chacun des exécutants dans le fait d’exotisme d’apparat, à la différence près que l’œuvre
de ne pas jouer l’instrument auquel il est entraîné depuis des orientalisante est désormais composée par un musicien
années, mais uniquement un instrument dont il ne possède non-européen. Apparaît un « goût mondialisé » entraîné par
pas la technique. ».11 Dans Exotica, chaque musicien est tout à la perte des traditions et un égalitarisme esthétique qui réduit
la fois chanteur et instrumentiste, et dispose d’au moins dix la rencontre musicale au moindre dénominateur commun.
instruments musicaux inconnus de sa pratique habituelle. Si nombre de compositeurs asiatiques, comme Toru
Certaines sections de la partition sont notées, d’autres sont Takemitsu et Isang Yun, opérèrent au début des années 1960
réduites à des prescriptions graphiques, invitant le musicien une synthèse des traditions européennes et de leur culture
à imiter « très bien », « bien », « médiocrement » ou « très nationale (avant eux, en Amérique du Sud, le brésilien Heitor
mal » les différents paramètres des pièces proposées comme Villa-Lobos et le mexicain Carlos Chavez ont inscrit des
modèles pour l’imitation. Cette dernière s’effectue selon éléments de folklore national dans un langage néo-classique),
trois stratégies : le chef lance un court enregistrement d’une l’Europe reste le point de référence à partir duquel les com­
tradition musicale indéterminée que les musiciens doivent positeurs continueront de rayonner. Par leur poids économique,
continuer, sans connaître les codes culturels et musicaux de les Etats-Unis amorcèrent ainsi une authentique tradition
ce qu’ils interprètent ; deuxièmement, les musiciens sont nationale, constituée en partie en rejet de la musique euro­
invités à imiter une tradition instrumentale avant d’entendre le péenne. John Cage cherche du côté de la philosophie zen pour
« vrai modèle » dans une « imitation avant l’imitation », et enfin attaquer jusqu’aux fondements de la tradition romantique
les instrumentistes/chanteurs ont l’obligation d’inventer (piano préparé, happening sonores, structures aléatoires et
des musiques traditionnelles apocryphes, comme un folklore improvisations). Les longues plages musicales de Morton
personnel. Pour ne pas gâcher la puissance du dispositif, Feldman se nourrissent également des philosophies extrême-
Kagel prévient toutefois : « Les interprètes doivent exclure les orientales. De même, Steve Reich opère dans sa Music for
effets comiques ».12 Face à l’ambiguïté de sa musique, le Eighteen Musicians une fusion entre les percussions ghanéen-
compositeur déclarera après la première répétition de l’œuvre : nes et le gamelan balinais. Ici encore, comme pour la
« J’ai peur. C’est quelque chose d’absolument nouveau France du XIXe siècle, l’exotisme sert d’outil de libération
comme musique ! ».13 Et de fait, Exotica soulève de nomb­ à une tradition musicale dominante, l’Allemagne romantique
reuses questions : tout à la fois déconstruction de l’exotisme autrefois, le sérialisme de Darmstadt aujourd’hui.
européen, réflexion sur le masque et l’authenticité, tout en Toutefois, il est remarquable que ce refus de l’« impéria­
annonçant la grande fusion des styles musicaux de la fin du lisme » musical européen se produise dans des pays écono­
XXe siècle. miquement prospères. Comme l’affirme de façon lapidaire
Philippe Alberà dans Les Leçons de l’exotisme, les musiciens
venant de pays moins fortunés se tournent vers la tradition
LA FUSION DES TRADITIONS musicale du Vieux Continent, souvent au détriment de leur

A la fin des années 1990, les traditions musicales du monde


fusionnent dans un grand melting-pot. En cause, le bascule­
ment quasi généralisé vers le libéralisme économique, le
déploiement d’immenses circuits de diffusions qui font se
côtoyer musique occidentale savante et traditions du monde,
et musicalement, un certain déplacement du centre culturel
et décisionnel vers les Etats-Unis, rejetant la tradition
musicale européenne comme un « exotisme ». Dans sa Petite
Chronologie subjective et partiale,14 Jacques Amblard repère
deux événements révélateurs : la sortie en 1997 du disque
Mozart l’Egyptien, qui mêle des extraits d’œuvres de Mozart et
des improvisations par des instrumentistes traditionnels
arabes sur des thèmes du compositeur autrichien, ainsi
que l’ajout en 1999 d’un « s » à la chaîne France Musique
de Radio France. Le milieu musical évolue désormais à l’heure
mondiale. On pourrait citer la commande de l’Internationale
Bach Akademie Stuttgart de quatre grandes Passions à Henry Cowell joue du shakuhachi pour Edgar Varèse. © Cowell Estate

13
propre culture nationale : « A partir d’un certain niveau de lieu d’une spiritualité à retrouver, par le prisme de rituels
développement socio-économique, les populations d’Afrique, incantatoires. Des compositeurs comme Jean-Louis Florentz
d’Amérique latine ou d’Asie délaissent leurs idiomes musi­- (Les Jardins d’Amentà) et Gérard Grisey (Jour/Contre-Jour)
caux au profit d’une langue européenne volontiers présentée se servent par exemple du Livre des morts égyptien dans deux
comme  universelle  . Les jeunes Japonais, de même que optiques chères à la tradition française : l’évasion et l’étude
les jeunes Chinois ou les jeunes Brésiliens, connaissent purement sonore. La dernière œuvre du maître spectral, les
mieux Beethoven et Debussy que leurs propres traditions. ».15 Quatre chants pour franchir le seuil, crée d’ailleurs une grande
Ce phénomène se poursuit aujourd’hui avec de nombreux synthèse civilisationnelle (hellénique, égyptienne, méso­pota­
étudiants étrangers qui écrivent dans la « lingua franca » mienne et moderne) dans une lecture orphique. La dimension
européenne, en la rehaussant de quelques particularismes colonialiste reste impensée, en raison d’un universalisme
exotiques, issus de leurs pays. républicain qui se désintéresse de la question sociale, pour ne
se focaliser que sur le phénomène sonore.
En Allemagne, la dimension politique est en revanche
LE RETOUR DES IDENTITÉS omniprésente. L’emploi d’un instrument « exotique » est utilisé
de façon le plus souvent distanciée. Aggravés par l’actuelle
Contrairement aux prévisions des musicologues, l’exotisme situation des migrants en Europe, les compositeurs ont la
existe toujours en ce début du XXIe siècle. Un substrat tentation du prêche anti-colonialiste en favorisant la rencontre
exotique sert le plus souvent de « plus-value » culturelle à entre musiciens classiques et d’autres artistes évoluant
des œu-vres musicales de prestige. Devenue un topoï, la dans la sphère de l’improvisation ou des musiques populaires.
référence à une culture extra-européenne est notamment un Pour louable qu’elle soit, l’initiative propose des résultats
passage obligé à l’opéra (Da Gelo a Gelo de Sciarrino et Lady mitigés. Présenté au festival Rainy Days au Luxembourg, Salim
Sarashina d’Eötvös se basent par exemple sur des auteurs Salons de Hannes Seidl imaginait la rencontre entre des
japonais du XIe siècle). On observe également des échanges groupes de musiciens d’origines culturelles variées, dans un
accrus avec des puissances économiques en plein « boom » : « salon » profondément statique, comme si le compositeur
ainsi de la Chine, qui impose de nouvelles thématiques dans craignait de s’imposer au milieu de ses musiciens par peur
les institutions avec de nombreuses commandes à la clef de l’impérialisme culturel. Cette position, caricaturale, n’est en
(à titre d’exemple, Double-Je(u) de Marc-André Dalbavie pour réalité qu’une vision profondément eurocentrique de la
ensemble mixte occi-dental et ensemble mixte d’instruments musique, la question des migrants ne relevant finalement que
traditionnels chinois (2003)). Toutefois, des compositeurs d’un prétexte pour réactiver une critique des excès du post-
formés en Europe reviennent au pays, et témoignent de romantisme.
l’indépendance conquise : dernier élève de Messiaen, Qigang
Chen vient ainsi de créer des ateliers de composition au
Gonggeng College à Lishui (Chine), ou le récemment disparu QUELLES ISSUES POUR L’EXOTISME ?
Nguyen Thien Dao a dirigé les institutions musicales de son
pays, le Vietnam. De façon symptomatique, leur écriture, A l’heure où les styles musicaux se mélangent et se pré­
autre-fois largement influencée par la musique européenne, occupent de théâtre, d’arts plastiques, de danse et d’écologie,
fait désormais appel aux modes et aux instruments la frontière de ce qui est « étranger » (du grec exôtikos :
traditionnels de leurs pays respectifs. étranger, extérieur) est poreuse. Loin de l’image d’un paradis
En Amérique du Nord, l’arrivée massive de professeurs perdu, des musiciens inventent des moyens pour écouter
européens (Tristan Murail et Georg Friedrich Haas à la et entendre l’Autre. En Suisse, Martin Jaggi imagine une grande
Columbia University de New York, Franck Bedrossian à tabula rasa pour revenir aux bases de la musique. En France,
Berkeley  …) a paradoxalement créé un nouvel « exotisme » Thierry Pécou entre en contact et joue avec des musiciens de
européen. Après avoir tenus à distance l’héritage de l’après- traditions préservées (voir médaillon). Les créateurs ont
guerre, les jeunes compositeurs américains redécouvrent aujourd’hui accès à l’ensemble des connaissances du monde,
l’héritage de Boulez et Stockhausen. Les signes sont si bien que l’exotisme déborde à présent la seule question
nombreux (le compositeur et guitariste rock Bryce Dessner musicale. Un Alexander Schubert en Allemagne utilise les
composant pour l’Ensemble intercontemporain, Samuel codes de la musique électro dans sa globalité : sons, lumières,
Carl Adams écrivant dans un style beaucoup plus « atonal » scénographie, dans une orgie sonore empreinte d’érotisme.
à la stupéfaction de son père, John Adams…) et redéplacent Poursuivant l’exemple d’un Harry Partch, qui créa son propre
certes la question de la composition musicale vers les instrumentarium, le tchèque Ondřej Adámek a inventé une
centres universitaires américains, mais également à l’intérieur « airmachine », qui se saisit de l’étrangeté propre aux tech­
de la scène rock et électro des grandes métropoles. nologies d’aujourd’hui. Comme l’art se globalise, les musiciens
En France et en Allemagne, l’heure reste au statu quo. sortent de leurs partitions, et deviennent de facto également
Lointain avatar de l’orientalisme du XIXe siècle, les œuvres cinéastes, scénographes, luthiers, danseurs ou interprètes.
mystiques de Varèse et Messiaen ont laissé une vaste C’est maintenant toute la pratique de la composition qui
empreinte sur les compositeurs français. L’ailleurs reste le est frappée d’« exotisme ».

14
ENTRETIEN AVEC LE COMPOSITEUR de leur culture ; mais j’ai estimé important d’aller les voir, de
les rencontrer sur leur terre, de leur parler de mon projet
THIERRY PÉCOU afin de leur expliquer pourquoi je m’intéressais à eux. J’ai
le cas concret d’un concert où j’ai écrit une pièce inspirée
Laurent Vilarem d’un rituel de guérison au Canada, pour laquelle j’ai dû
me justifier au Conseil des Premières Nations. Il me fallait la
Laurent Vilarem: Votre parcours musical se caractérise bénédiction des Navajos pour présenter ce spectacle.
par un grand nomadisme. Pourquoi ?
LV: Faites-vous toujours ce travail d’immersion ?
Thierry Pécou: Cette envie de parcourir le monde est venue
TP: Autant que possible. J’aime créer un contact suivi avec
assez vite après mes études au Conservatoire. Voyager
des musiciens, comme c’est le cas pour ma dernière œuvre
m’a permis d’abord inconsciemment de me reconnecter à
Sangata. Ce projet, initié par l’ Alliance Française de
des racines propres, qui sont liées à une culture multiple de
New Delhi, mêle trois musiciens de mon ensemble à trois
grand métissage, et de donner un autre sens au mouvement
musiciens indiens de tradition classique hindoustani. C’est
de l’histoire de la musique. La première chose a été de
un projet d’aller-retour, de travail en commun qui est très
quitter la France. Rencontrer des musiciens venus du monde
enrichissant. La tradition en Inde est restée extrêmement
entier a représenté pour moi une ouverture énorme. Mais
conservatrice, ce qui est une bonne chose à certains égards.
le premier choc qui m’a fait prendre conscience du caractère
A mon avis, il existe le danger que les choses se diluent.
précieux des traditions orales a eu lieu en 1992 lorsque
Il est très important d’être conservateur lors des phases
j’ai assisté à un rituel de Santeria, le vaudou cubain, où j’ai
d’études, d’apprendre sa tradition de la manière la plus
été confronté en direct à ce que signifiait la transmission
rigoureuse voire la plus stricte possible, afin de pouvoir aller
orale et la puissance d’un rituel. J’ai alors cherché dans mes
ensuite vers d’autres cultures. C’est ce que Edouard Glissant
compositions à retraduire la force du vécu, en approfon­
dit : « aller à la rencontre de l’autre sans se diluer, sans
dissant la pensée philosophique qui se situe derrière chaque
se perdre ». Le métissage pour moi est quelque chose
culture.
d’assez naturel. Glissant préfère l’expression « créolisation »
LV: La culture amérindienne est à la source de plusieurs et non « métissage », car le métissage s’applique à la
de vos œuvres. Qu’est-ce qui vous a intéressé dans la philo- génétique et la créolisation s’applique à la culture. Les
sophie Navajo ? échanges sont aujourd’hui facilités à notre époque mondia­
TP: C’est une culture unique, même en Amérique du Nord, lisée mais le danger est de plaquer les choses et de mettre
dans le sens où elle place la médecine au cœur de sa des gens ensemble sans qu’il y ait de l’approfondissement.
philosophie de vie. Les rituels de guérison sont vraiment des Il faut faire la démarche de comprendre les cultures, tra­
événements sociaux qui concernent toute la communauté, vailler la matière, aller aussi loin que l’on peut, pour parvenir
dans lesquels le chant et la musique deviennent partie à ce point de créolisation à partir duquel ressortira quelque
intégrante du processus de guérison, aux côtés de peintures chose de créatif et de vraiment intéressant.
éphémères réalisées sur du sable, qui contribuent à un
climat de « hozho », de beauté et d’harmonie. Ce que nous
appelons art en Occident, les Navajos l’intègrent dans leurs 1 Yves Defrance, « Exotisme et esthétique musicale en France »,
vies sociales, spirituelles. La musique participe ici du Cahiers d’ethnomusicologie 7, 1994, pp. 191–210.
processus d’équilibre de toute la communauté. Cette 2 Gérard Condé, « Exotisme et orientalisme de Rameau à Debussy »,
Le Monde, 20 janvier 1994.
dimension d’associer la musique aux événements de la vie 3 Yves Defrance, ibid.
reste pour moi une préoccupation majeure. 4 Manuel De Falla, « Claude Debussy et l’Espagne »,
La Revue Musicale Vol. 1, No. 2, 1920, pp. 206.
LV: Comment peut-on dépasser la question du colonialisme, 5 Joanny Grosset, « Musique Indienne », dans Lavignac,
inhérente à l’exotisme musical ? Encyclopédie de la musique, Paris, 1913, p. 31.
6 Philippe Albèra, « Les leçons de l’exotisme »,
TP: Quand Debussy entend du gamelan, il entend des Cahiers d’ethnomusicologie 9, 1996, pp. 53–84.
échelles nouvelles, des couleurs nouvelles, mais il ne se 7 Jacques Amblard, « L’exotisme en musique »,
préoccupe pas de l’essence de la culture à laquelle ces sons dans L’Etincelle de l’Ircam, avril 2007.
8 Béla Bartók, « L’influence de la musique populaire sur la musique savante »
appartiennent. Finalement, ces sonorités vont influencer (1920), dans Philippe Albèra, Peter Szendy (éd.),
son écoute intérieure ; c’est pour cette raison qu’on parle Écrits de Bartók, Genève, Editions Contrechamps, 2006, pp 105–109.
d’exotisme à cette époque. Mon but n’est pas seulement 9 Béla Bartók, « Selbstbiographie », Musikpädagogische Zeitschrift,
Nov.–Déc. 1918, pp. 97–99.
musical : je ne cherche pas forcément à copier une culture 10 Roland Manuel, « A la gloire de Ravel », Nouvelle Revue Critique, 1938, p. 200.
traditionnelle, mais je cherche au moins à en témoigner. 11 Ramon Pelinski, « Masques de l’identité : Réflexions sur Exotica
Dépasser le colonialisme est une question très complexe : de Mauricio Kagel » Circuit 6(2), 1995, pp. 47–60.
12 ibid.
tout dépend du regard qu’on y pose et de l’endroit d’où 13 ibid.
on parle. Les Navajos peuvent avoir le sentiment que je n’ai 14 Jacques Amblard, ibid.
pas de légitimité de travailler sur des matériaux qui viennent 15 Philippe Albèra, « Les leçons de l’exotisme »,
Cahiers d’ethnomusicologie 9, 1996, pp. 53–84.

15
La musique,
art fonctionnel
Réflexions sur un genre compromis
Jean-Yves Bosseur

La musique, même la plus autonome, est un fait social. En tant que tel, elle joue un rôle dans
le tissage des fonctions sociales : elle rassemble et disperse, synchronise et distrait, attire
et menace, elle nous incite à l’action ou nous immobilise. Jean-Yves Bosseur s’est mis sur la trace
des compositeurs qui, au lieu de craindre une telle instrumentalisation du son, ont activement
cherché à créer une musique à usage – un genre méprisé à tort, qui ne cesse de se réinventer.

En écho à un texte que Michel Butor avait intitulé « la musique, les musiques de plein air soient quasi exclusivement réservées
art réaliste »1, on pourrait parler de « la musique, art à des ensembles s’apparentant à la musique militaire, tels
fonctionnel ». Cet article de Butor pourrait bien constituer en les orphéons ou les harmonies municipales, et il décrit de
effet une sorte de manifeste pour les musiciens qui ont su manière toute prophétique, dans Monsieur Croche, une musi­
dépasser l’étroitesse du système sériel orthodoxe hérité de que de plein air qui favoriserait une « collaboration mysté­
l’École de Vienne en explorant les ressources d’une figuration rieuse de l’air, du mouvement des feuilles et du parfum des
musicale dont les termes restaient à redéfinir. On assiste fleurs » avec les sons ; une telle musique « réunirait tous ces
ainsi, à partir de la fin des années 50, à une mutation décisive éléments dans une entente si naturelle qu’elle semblerait
depuis l’abstraction formaliste de la période sérielle post- participer de chacun d’eux. [...] Je puis me tromper, mais il me
wébernienne jusqu’à une reconquête des propriétés semble qu’il y a, dans cette idée, du rêve pour les générations
psychosociales du phénomène acoustique, à travers une prise futures. Pour nous autres pauvres contemporains, j’ai bien
en charge critique de présupposés culturels qu’il devenait peur que la musique continue à sentir un peu le renfermé. »2
illusoire de mettre plus longtemps entre parenthèses. On en
revient dès lors également au vieux débat sur la suprématie
de la « musique pure » par rapport à celles qui dépendent plus GEBRAUCHSMUSIK
ou moins explicitement d’un contexte ou de références
extérieurs à l’univers musical. Déjà vers les années 1920 apparaît en Allemagne la notion
de « Gebrauchsmusik » (musique à vocation utilitaire) dans
laquelle s’illustreront initialement Paul Hindemith et Kurt
COLLABORATION MYSTÉRIEUSE Weill. Il s’agissait de proposer des œuvres qui puissent
faciliter l’accès à la musique à des individus de niveaux de
Or toute musique est nécessairement chargée d’une fonction connais­sance des plus variés, sans exclusive. Non sans
par rapport à la société ; encore celle-ci peut-elle s’avérer plus affinité avec le courant de la « Neue Sachlichkeit » (nouvelle
ou moins restrictive ou ciblée selon les cas. Tout au long de objectivité) dans le domaine de la peinture (avec des artistes
l’histoire, afin d’assurer leur subsistance, les compositeurs comme George Grosz ou Otto Dix), la Gebrauchsmusik s’est
se sont retrouvés, de gré ou de force, au service des institu­ appliquée à toutes sortes de moyens d’expression – radio,
tions, laïques ou religieuses, ont dû s’en accommoder, contour­ cinéma, publicité – et souhaitait avoir un impact tout à
nant parfois habilement les contraintes qui leur étaient impo­ la fois social et pédagogique en visant également la pratique
sées pour donner une touche personnelle aux commandes amateur. Parmi les œuvres répondant à une telle pré­
qui leur étaient adressées et développer ainsi leurs propres occupation, on pourrait citer Lehrstück (1929) de Paul
recherches de manière plus ou moins indépendante. Hindemith sur un livret de Bertolt Brecht, cantate scénique
Les relations avec la fête et les divertissements témoignent didactique pour deux voix masculines, récitant et chœur,
pour leur part des multiples apports sociaux qu’engendre la danseur, trois clowns et orchestre, et qui incluait la
pratique musicale. Claude Debussy regrettait par exemple que participation du public.

16
L’utilisation fonctionnelle de la musique n’est certes pas des compositeurs) à rejeter entièrement le concept de
l’apanage de la civilisation occidentale. Selon Sophie Trebinjac3, musique environnementale en tant qu’idée digne
en Chine, la musique militaire avait trois fonctions principales d’attention. Ces trois dernières années, je me suis intéressé
lors d’un conflit armé : Par le rythme joué, la première visait à l’utilisation de la musique comme ambiance et en suis
à coordonner l’action collective, c’est-à-dire régler la marche, venu à croire qu’il est possible de produire un matériau
imposer et assurer l’ordre. Ensuite, elle avait une fonction susceptible d’être utilisé sans donner lieu à quelque compro-
de communication ; par le biais de tambours, elle véhiculait en mission que ce soit. Pour créer une distinction entre mes
effet des ordres et les transmettait selon la hiérarchie propres expériences dans ce domaine et les produits des
militaire, chaque tambour, de taille différente, correspondant divers pourvoyeurs de musique en conserve, j’ai commencé
à un grade. Enfin, elle avait une fonction émotionnelle ; en à employer le terme d’Ambient Music. »4
plus d’encourager les troupes alliées, elle se devait d’effrayer
les troupes ennemies. Dès 1978, Eno déclare en effet :
De nos jours, un fossé de plus en plus large s’est creusé
entre les musiques que l’on pourrait qualifier globalement « Je voulais composer une musique capable de s’adapter
d’« électro-commerciales », et celles qui correspondraient à à tous les bruits que l’on entend dans un aéroport. J’ai
la dénomination de « musique savante », même si cette pensé : il faut qu’on puisse l’interrompre (à cause des
dernière se révèle peu satisfaisante en raison des entrecroise­ annonces), qu’elle se situe en dehors des fréquences aux-
ments qui se multiplient désormais entre les différentes quelles les gens parlent, à des vitesses différentes de leur
pratiques. La société de consommation qui nous est imposée élocution (pour ne pas gêner la communication) et, ce
fait que nous sommes de plus en plus envahis par des produits qui est le plus important pour moi, il faut qu’elle soit
musi­caux répondant à des critères stylistiques extrêmement liée à l’endroit où l’on se trouve, à ce pourquoi on est là –
étroits et limités. Ce sont le plus souvent des succédanés voler, flotter et, secrètement, flirter avec la mort ».5
carica­turaux dérivés d’un langage tonal banalisé à l’extrême,
avec ses clichés les plus éculés. « On peut définir », écrit-il,

« une ambiance comme une atmosphère, une influence qui


INTÉRESSANTE, ET FACILE À IGNORER vous entoure, une sorte de couleur ou de nuance. Mon inten-
tion est de produire des œuvres originales, ostensiblement
Les musiques dites fonctionnelles pourraient répondre aux (mais pas exclusivement) destinées à des situations et des
catégories suivantes : moments particuliers, dans l’intention de créer un catalogue
réduit, mais diversifié, de musique environnementale adap-
– des musiques d’ambiance, dans la lignée de la Muzak, tée à une grande variété d’humeurs et d’atmosphères ».6
destinées à des magasins, mais visant aussi à combler
les moments d’attente au téléphone etc. Il s’agit pour lui de proposer une musique enveloppante, qui
– des jingles, ou sonals, supposés donner à une marque « colore » le lieu :
une identité musicale qui lui permet d’être repérée
très rapidement ; c’est ce que l’on appellera la signalé- « Alors que les compagnies spécialisées dans la musique en
tique sonore. conserve travaillent avec le but de régulariser l’environ­
nement, d’étouffer ses particularités acoustiques et atmos-
Mais on peut également se demander si les musiques de phériques, L’Ambient Music entend les souligner. Alors
scène, de pièce radiophonique et de film ne sont pas assimil­ que l’on produit la musique de fond conventionnelle en
ables, elles aussi, à la catégorie des musiques fonctionnelles la dépouillant de tout sentiment de doute et d’incertitude
ou, pour reprendre un qualificatif de Pierre Schaeffer, (et donc d’intérêt véritable), ce sont là des qualités que
appliquées. l’Ambient Music entend conserver. […] Celle-ci doit être
Dans le premier cas, si la musique d’ameublement chère à capable de s’adapter à de nombreux niveaux d’attention
Erik Satie était jouée par des instrumentistes, l’Ambient d’écoute sans en privilégier un en particulier ; elle doit être
Music, telle que la conçoit Brian Eno, passe désormais par la aussi intéressante que facile à ignorer ».7
diffusion technologique, acousmatique. Au dos de la pochette
du disque Music for Airports / Ambient 1, Eno précise ses Stylistiquement, la musique de Brian Eno est liée au courant
intentions, se démarquant notamment de la Muzak : minimaliste et l’on peut y déceler l’influence de la démarche de
Steve Reich, c’est-à-dire le recours à des processus qui, une
« Les connotations de cette appellation sont particulièrement fois mis en action, peuvent créer de la musique avec une petite
associées au type de matériau que produit Muzak Inc. – ou même sans aucune intervention de l’auteur. Pour ce faire
des airs familiers arrangés et orchestrés de manière légère et il recourt volontiers à des procédés de boucle et de déphasage
comme un dérivatif. De façon tout à fait compréhensible, qui créent une sorte de paysage musical exempt de tout
cela a conduit la plupart des auditeurs avertis (et la plupart effet dramatique, afin de « susciter le calme, un espace pour

17
« Voler, flotter et, secrètement, flirter avec la mort. » Pochette du vinyle Music for Airports de Brian Eno. © 1978 Virgin Records Ltd.

penser »8, selon sa propre expression. Ce qui est toutefois Charles-de-Gaulle, utilisé de 1971 à 2005, et qui demeure
révélateur du décalage entre ce qu’il a voulu entreprendre un des meilleurs exemples de ce que l’on peut réussir dans ce
idéalement et ce qui s’est produit dans la réalité, c’est que son domaine, ou encore Christian Zanési, à qui l’on doit un sonal
album Music for Airports, diffusé pendant un peu plus d’une voyageurs RATP en 1996.
semaine lors d’un festival dans l’aéroport de Pittsburgh suscita L’intérêt de Michel Redolfi pour la musique contemporaine
de nombreuses plaintes et que celui-ci se vit obligé de diffuser hors les murs et pour de larges audiences l’a orienté à
des musiques « moins angoissantes » et plus « classiques ».9 plusieurs reprises vers la conception sonore pour des espaces
publics : parcours et identité sonore sous la forme de douze
espaces musicaux simultanés pour la découverte de 5000
STYLE ET DESIGN poissons en aquariums destinés au Centre National de
la Mer (Boulogne/mer, Nausicaä) – en évolution depuis 1991 –,
Compte tenu d’intérêts économiques sans aucune commune parcours « Le Son à l’Oreille » avec la collaboration de Luc
mesure avec les conditions qui président à la vie (il faudrait Martinez, pour le Parc de La Villette et la Cité des Sciences et
plutôt dire la survie, dans la plupart des cas) de la création de l’Industrie, dans le cadre de la Fondation Maeght, du Parc
contemporaine, les secteurs d’activité liés à la musique de la Mer Marineland, de l’Exposition Universelle de Séville.
fonctionnelle sont vite devenus des chasses gardées, des Associé au CIRM10, le studio Audionaute11 doté d’une équipe
domaines réservés, leurs responsables manifestant par pluridisciplinaire, conçoit la « Cité du Son » dans le Cher
ailleurs une incontestable méfiance vis-à-vis de démarches (2001/2004). En 2007, le design musical du tramway de
par trop novatrices. Nice lui est confié puis, en 2012, celui de Brest et, plus
Plusieurs compositeurs de musique contemporaine se récemment ceux de Liège et de Besançon. Les annonces
sont pourtant intéressés au design sonore, tel Bernard « sonals » en forme de jeux de sons évoluant selon les heures
Parmegiani, qui a réalisé le Sonal de l’aéroport de Roissy- et les saisons, renouvellent le genre. Pour Redolfi, « le son,

18
Omniprésence du son en boucle : impression all-over de Christian Marclay, Untitled (Studio Floor). © Christian Marclay 2008

spatialisé par une constellation de haut-parleurs straté­ présent. Dans le cas d’une installation de plusieurs fauteuils,
giquement insérés dans le parcours, modifie l’environnement chacun d’eux retransmet des sonorités différentes.
acoustique, stylise le paysage sonore culturel : c’est cette
pratique que nous appelons le design sonore ».12 Celui-ci
devient donc une sorte de foreground; à la différence près PARCOURS D’UN PAYSAGISTE
qu’il se soucie moins du rapport au client que de la création
d’un univers sonore singulier : « À l’inverse des musiques Il faudrait également citer à ce propos une des principales
ambiantes conventionnelles, les mises en scène sonores du entreprises de design et d’architecture sonores, Diasonic,
CIRM éveillent, émerveillent ou interpellent le promeneur créée à l’initiative de Louis Dandrel en 1980, intégrée par la
suivant les projets ». suite à l’IRCAM en tant qu’unité de recherche : « Le sound
En 2010, avec le designer Marc Aurel, Michel Redolfi a designer est un plasticien du son, un architecte acoustique,
créé un banc sonore composé d’un ruban de métal tressé, « le c’est-à-dire quelqu’un qui applique le son au design et à
banc de Satie », évident clin d’œil à l’inventeur de la « musique l’architecture et vice versa ».14 Diasonic a procédé à la
d’ameublement ».13 En collaboration avec le designer et musicalisation de restaurants (ministère des finances en
compositeur Christoph Harbonnier, Redolfi a conçu le 1996), à des projets de sonorisation de gares ; à la différence
« Sonoptère », fauteuil audio-solaire qui crée une sorte de des entreprises précédemment citées, sa démarche se veut
bulle acoustique. Il n’y a pourtant ni haut-parleurs ni casque, plus expérimentale, visant une adéquation de la musique avec
le fauteuil lui-même faisant caisse de résonance avec ses l’architecture et le contexte environnemental. Rejoignant la
flancs en ailes de papillon. En s’asseyant ou s’allongeant problématique des paysages sonores, elle a réalisé plusieurs
dessus, on peut par exemple entendre des sons nocturnes jardins musicaux comme le Jardin des Sons à Hong Kong
auxquels on n’a pas accès d’ordinaire dans les jardins, et qui en 1988, le Jardin des Voix à Osaka en 1989, Le Jardin de
se mêlent, comme en transparence, avec ceux du moment la Plaine-Mer au Mont-Saint-Michel en 2001, les jardins de la

19
Borie dans le Limousin en 2013; en 1991, il conçoit une situation de blocage. En définitive, les contraintes proviennent
horloge musicale, la Clepsydre du bassin de la Géode pour majoritairement des conditions sonores du lieu à investir,
le parc de la Villette à Paris, qui fait entendre des musiques des règles acoustiques qui contribueront à justifier les choix.
différentes selon les saisons. L’architecte Christian
de Portzamparc lui a commandé une création pour la rue
musicale de la Cité de la Musique à Paris, le Gong, comprenant JUSQU’AUX LIMITES DE L’INSURMONTABLE
cinq structures mobiles, devenu opérationnel en 1994. On
lui doit également plusieurs installations musicales destinées La plupart des compositeurs persistent à penser leurs œuvres
à des événements liés à des marques, comme pour Louis en fonction du contexte traditionnel de la salle de concert
Vuitton en 2002, la convention Glenmorangie en Écosse en et du type d’écoute que cela suppose. Pour beaucoup,
2007 – Dandrel avait associé des musiques différentes à accepter de se confronter à une musique de type fonctionnel
chacun des huit whiskies de la distillerie – ou encore sera vraisemblablement considéré comme une compromission,
l’exposition Hermès en Chine en 2010. En 2013 est inaugurée voire même une forme de déchéance. Pour ma part, en tant
une sorte de salle-instrument, le Métaphone, au carreau que compositeur cette fois, j’estime que, tout comme les
d’Oignies (Pas de Calais). Celui-ci est à la fois une salle de musiciens du passé parvenaient à honorer leurs commandes, y
spectacles et un « instrument de musique urbain » dont les compris les plus astreignantes, envers et contre tout, notre
façades produisent et diffusent des sons à l’extérieur, en tâche est de prendre activement (créativement) position par
liaison avec des jeux de lumière. Dandrel a également créé rapport aux sollicitations de toutes sortes, à partir du moment
des signalétiques sonores d’entreprises notamment pour la où se profile un enjeu musical, même si les pressions se
SNCF de 1994 à 2004. Pour le constructeur PSA Peugeot- révèlent quelquefois à la limite de l’insurmontable. Faute de
Citroën, il propose le son d’une voiture électrique, pour la quoi les pleins pouvoirs seront laissés aux mains d’une caste
RATP l’ambiance de la Serre Météor-Gare de Lyon, pour de prétendus spécialistes qui se garderont bien de remettre
Rowenta un prototype d’aspirateur. Il travaille de 2009 à 2013 en question les valeurs les plus conformistes de leur univers
pour le design et l’environnement sonore du tramway de médiatique fermé sur lui-même.
Tours avec, entre autres, le plasticien Daniel Buren, le designer Par ailleurs, on constate un intérêt de plus en plus fort
Roger Tallon et l’agence RCP Design Global. Il a composé de la part de certains musiciens des nouvelles générations
l’accompagnement sonore dit des « modes doux » (piétons, (ainsi que des artistes plasticiens, car c’est là un domaine de
vélos et bus électriques) pour le nouveau tunnel, de la Croix création qui favorise les interactions de plusieurs modes
Rousse à Lyon, inauguré en décembre 2013. Les sons s’étirent d’expression) pour les questions touchant à l’environnement,
le long du tunnel (1.800 mètres), en réponse aux images avec tout ce que cela implique pour ce qui concerne les
projetées sur les parois. rapports au quotidien. À travers ses réflexions sur le paysage
Dandrel affirme n’avoir jamais ressenti de pression de la sonore15, Raymond Murray Schafer a donné une impulsion
part des sociétés ou entreprises qui se sont adressées à lui en décisive à une telle préoccupation qui se traduit aujourd’hui
ce qui concerne le style de musique ou le matériau qu’il par de nombreuses installations et interventions interrogeant
proposait. Bien sûr, il lui a fallu parfois contourner les idées la fonction non seulement de la musique mais, plus
préconçues qu’elles se faisaient de l’élément musical en globalement, du phénomène sonore dans la réalité qui nous
projet, leur ouvrir les angles d’écoute, mais il n’a pas connu de entoure.

1 Michel Butor, « la musique, art réaliste », Répertoire II, Paris, du son, musicologues, étudiants en composition électroacoustique,
Éditions de minuit, 1964. travaillant, entre autres, sur les nouvelles technologies au service
2 Claude Debussy, Monsieur Croche, antidilettante, de la création musicale. Fondé en 1968 par le compositeur
Paris, Gallimard, 1971, p. 94. Jean-Étienne Marie, le CIRM s’installe à Nice en 1978, année de la
3 Sophie Trebinjac, « Une utilisation insolite de la musique de l’autre », première édition du Festival MANCA, dont il est l’organisateur.
Pom, pom, pom, pom, musiques et caetera, Musée d’ethnographie Le CIRM est dirigé depuis mars 2000 par le compositeur François Paris.
de Neuchâtel (Suisse), 1997, pp. 235-236. 11 Fondé en 2003, le studio Audionaute est une structure indépendante
4 Brian Eno, Ambient 1. Music for Airports, pochette, Editions EG, 1978. de création et édition en design sonore proposant des mises en
5 Brian Eno, Journal, Paris, Le Serpent à Plumes, 1998, p. 356. son innovantes pour l’architecture, les espaces publics, les transports
6 Ibid., p. 357. publics ainsi que le paysagisme. Le studio est animé en tandem
7 Ibid. avec le designer et compositeur Christoph Harbonnier. Actuellement,
8 Ibid. le studio développe des objets et mobiliers sonores offrant au
9 Cf. Vincent Rouzé, « L’iPod : Entre expérience contrôlée et particulier des expérimentations musicales au sein des lieux de vie,
contrôle des expériences », in Agostinelli, Augey, Laurie (Dir.), par exemple une ligne de fauteuils musicaux (Sunfony Sound Lounger).
Entre communautés et mobilité : une approche interdisciplinaire 12 Cf. http://www.michelredolfi.info.
des médias, Mines/Paris, Presse des Mines, 2011, p. 198. 13 Ibid.
10 Le CIRM est un des six Centres Nationaux de Création Musicale, 14 Citation provenant d’une conversation inédite de l’auteur avec
label accordé par le Ministère de la culture en 1997. Ses activités Louis Dandrel en 2015.
s’articulent autour de quatre axes : production, diffusion, recherche 15 Raymond Murray Schafer, Le Paysage sonore. Toute l’histoire
et formation. Elles réunissent des professionnels : compositeurs, de notre environnement sonore à travers les âges, Paris,
réalisateurs en informatique musicale, chercheurs, ingénieurs J.-C. Lattès, 1979.

20
Monochrome
Klanglandschaften
Justė Janulytė und der grosse Reiz der Einfarbigkeit
Andreas Zurbriggen

Eine Komponistin «monochromer» Musik, so nennt sich Justė Janulytė. Einfarbig bedeutet
aber nicht notwendigerweise eintönig. Dies beweist die junge Litauerin in ihren
prozessualen Werken voller Sinnlichkeit und Schönheit, die mit verschiedenen Strömungen
aus Kunst und Musik in Verbindung gebracht werden können.

Ein einziger, ständig gleichbleibender Klang. Danach: aus­ METAMORPHOSE ALS GRUNDPRINZIP
gedehnte Stille. In der Symphonie Monoton-Silence (1947–61)
verwirklichte Yves Klein (1928–1962) musikalisch, womit er Die 1982 geborene Justė Janulytė ist die zurzeit angesagteste
sich als bildender Künstler ein Leben lang beschäftigte: der litauische Komponistin. Ihre Werke werden an renommierten
Hinwendung zur Monochromie1, gepaart mit einem hohen Grad Festivals wie MaerzMusik und am Warschauer Herbst gespielt,
an Entmaterialisierung der Kunst. Ab 1955 begnügte sich namhafte Interpreten wie Eliahu Inbal und Henri Demarquette
Klein beinahe ausschliesslich mit einer Farbe, einem Ultrama- setzen sich für ihr Schaffen ein.
rinblau, das er 1960 als «International Klein Blue» patentieren Ihre Musik bezeichnet Janulytė als «monochrom». Das
liess. In der Symphonie Monoton-Silence beschränkte er sich, eigentliche Kernelement, das den Charakter ihrer Musik
je nach Version des Stückes, auf einen einzigen Ton oder kennzeichnet, ist jedoch die Verwandlung, die Metamorphose.
einen einzigen der Tonalität entliehenen Dreiklang, der über die Mit der Bezeichnung «monochrom» stellt sich die Komponistin
Dauer von 20 Minuten unverändert gespielt wird. in eine mit der bildenden Kunst assoziierte Tradition, die von
Kein ultramarinblaues, sondern ein weisses Kunstwerk Kasimir Malewitsch über Yves Klein, Barnett Newman und
erschuf die litauische Komponistin Justė Janulytė mit ihrem Robert Rauschenberg4 bis in die Gegenwart reicht. Mit mono-
Stück White music (2004).2 Als Inspiration diente der damals chromer Malerei, wie sie die erwähnten Künstler pflegten,
22-Jährigen das Buch Seta (1996) des Italieners Alessandro hat die Musik der in Mailand lebenden Litauerin hingegen wenig
Baricco. Weniger indes der Roman selbst als die vom Schrift- zu tun. Ihre Musik erscheint nur von weitem betrachtet als
steller geäusserte Überzeugung, dass jede Erzählung ihre monochrom, das Innenleben ihrer Kompositionen ist geprägt
eigene Musik habe und diejenige von Seta weiss sei. Janulytės von fein ziselierten musikalischen Kleinstbewegungen, die
Werk für 15 Solostreicher lässt sich somit als Versuch inter- ständigen Veränderungen unterzogen werden.
pretieren, die der Erzählung immanente Musik zum Klingen Will man den Vergleich zur Malerei aufrechterhalten, böten
zu bringen. Als Äquivalent zur Farbe Weiss, die eine achromati- sich die Werke der Künstlerin Lee Krasner an, die insgesamt
sche Mischung aus den sieben Basisfarben des sichtbaren eine monochrome Wirkung entfalten, dennoch aus einer
Spektrums ist, verwendet die Komponistin sieben verschiedene grossen Anzahl fein austarierter Formen und Muster bestehen.
Siebenton-Skalen, die ineinander verflochten werden und sich Oder die Outrenoir-Bilder des Franzosen Pierre Soulages, bei
verwandeln, bis sie schliesslich in einer «weissen» Diatonik denen durch subtil herausgearbeitete Strukturen monochrome
enden, bestehend aus Tönen der weissen Tasten des Klaviers.3 Werke mit mannigfaltigen Schattierungen entstehen.

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22
NIEMALS ENDEN WOLLENDES KONTINUUM KUTAVIČIUS VERSUS BALAKAUSKAS

Langsame Tempi, eine eben wirkende Oberfläche, ein pulsie- In den letzten Dekaden vermochte es die Musik litauischer
rendes «Innenleben» ohne hörbare Instrumental-Einsätze, Komponisten kaum, ins mitteleuropäische Bewusstsein
eine unmerklich sich verändernde Klanglichkeit und eine zu dringen. Bronius Kutavičius (*1932), Initiator und Übervater
oftmals uniforme Instrumentierung. Dies sind die Ingredien- des in Litauen vorherrschenden Postminimalismus, wohnt
zien, die Janulytės Werke monochrom erscheinen lassen. schlicht nicht dieselbe Strahlkraft inne wie den Komponisten
Mit Yves Kleins einziger Komposition haben sie das Merkmal der beiden anderen baltischen Länder, einem Arvo Pärt aus
gemeinsam, eine bestimmte Art Musik zu verkörpern, die Estland oder Pēteris Vasks aus Lettland etwa. Zumindest
selbstgenügsam einfach existiert, ohne Anfang, ohne Schluss, ausserhalb des eigenen Landes. Innerhalb Litauens verstand
in einem niemals enden wollenden Kontinuum. Zäsuren oder sich ein Grossteil der Komponisten bis in die 1990er-Jahre
Pausen gibt es im Œuvre von Janulytė keine. Alles fliesst, alles hinein entweder als in der Tradition Kutavičius' stehend, der auf
befindet sich in Bewegung, als Konsequenz einer «Variation- Grundlage der vorwiegend von Frauen gesungenen Volkslieder,
basierten Entwicklung», bei der eine musikalische Geste, den sutartinės, in den 1970er-Jahren eine eigene Ausprä­-
eine DNA, einer allmählich sich vollziehenden dynamischen gung des Postminimalismus entwickelte, oder in der Tradition
und harmonischen Metamorphose unterworfen wird. Die musi- Osvaldas Balakauskas' (*1937), der in der sogenannten
kalische Textur kann sich dabei im Verlauf des Stückes sogar «Dodekatonik» tonale Verbindungen mit seriellen Strukturen
zum Antipoden des Anfangszustands entwickeln, wie es zu vereinen versuchte.6 Die eine Strömung verwies in die USA
die Komponistin beschreibt.5 und auf die eigene Musiktradition, die andere nach Mitteleu-
Die Impulse zu ihren Werken erhält Janulytė oftmals aus ropa, spezifisch nach Darmstadt. Vorherrschend war und ist
Beobachtungen natürlicher Phänomene, wie sie in ihren Werk­ die erstgenannte. Die heutige junge Generation von Komponis-
titeln zu erkennen gibt: Silence of the Falling Snow (2006), ten holt sich die Einflüsse für ihre Musik jedoch von überall her.
Elongation of Nights (2009), Observation of Clouds (2012)
oder The Colour of Water (2017). Die sich stetig verändernden
Wolken, Nächte, die sich zur Wintersonnenwende hin aus­ VON SCHÖNBERG BIS SCELSI
dehnen: Das Prinzip der zyklischen Metamorphose, das
der Musik Janu­lytės eigen ist, hat sie den Prozessen der Natur Justė Janulytė studierte an der Litauischen Akademie für
abgeschaut. Musik und Theater bei beiden prägenden Musikfiguren ihres
Landes: Kutavičius und Balakauskas. Später besuchte sie
den Kompositionsunterricht bei Alessandro Solbiati am Konser-
vatorium «Giuseppe Verdi» in Mailand. Mit dem prozessualen
Charakter ihrer Werke, die durch ständige Variierung von
musikalischen Kleinstzellen belebt werden, stellt sie sich in
die Nachfolge des litauischen Postminimalismus, weist aber
zugleich über diesen hinaus. Monochrom und, unabhängig
von der Materialbehandlung, statisch wirkende Klangland-
schaften haben in der Neuen Musik nämlich eine lange Tradi-
tion – nicht nur im musikalischen Minimalismus.
Mit der Beschreibung «monochrome Wirkung» für das
dritte seiner Fünf Orchesterstücke op. 16 aus dem Jahr 1912
wäre Arnold Schönberg wohl nicht glücklich gewesen, hat
er es doch, wenn auch nicht ganz freiwillig, auf Wunsch seines
Verlegers mit «Farben» betitelt. Trotz der durch brillante
Orches­trierung entstehenden «Klangfarbenmelodie» lässt sich
aber eine gewisse statische, monochrome Wirkung der Musik
nicht leugnen. Eine Generation später kreierte John Cage mit
In a Landscape (1948) ein entrücktes, zeitloses, unprätentiö-
ses Idyll – in einer Zeit, als in Deutschland Theodor W. Adorno
das Innovationsparadigma zur Philosophie der neuen Musik
erhob. Ende der 1950er-Jahre begann La Monte Young als
Konglomerat verschiedenster Einflüsse die sogenannte «Drone
music» zu konzipieren, langsam fliessende Musik, die sich
Dichte Vernetzung von Formen und Mustern mit monochromer Wirkung. geringfügigen Prozessen unterwirft und Einfluss auf experi-
Das Werk Untitled (1948) von Lee Krasner. Foto: Pro Litteris mentierfreudige Bands wie The Velvet Underground, Pink
Links: Die Litauerin Justė Janulytė (*1982) komponiert «monochrome» Musik.
Floyd und Kraftwerk ausübte. György Ligeti wiederum formte in
Foto: Kęstutis Pleita / Music Information Centre Lithuania  den 1960er-Jahren mit seinen beiden Orchesterstücken

23
Atmosphères (1961) und Lontano (1967) surreale Klangge-
bilde, monolithisch und amorph zugleich. Wie eingefroren und
dennoch flackernd wirkt die Musik zu Beginn von Friedrich
Cerhas Orchesterstück Spiegel V (1961/62). Einer von ver-
schiedenen Seiten aus beleuchteten Klangskulptur nicht
unähnlich, so erscheint überdies Giacinto Scelsis Komposition
Konx-Om-Pax (1968).
Auch in den vergangenen 50 Jahren lassen sich Werke einer
ganzen Reihe von Komponisten wie Morton Feldman, Terry
Riley, Steve Reich, John Luther Adams, Henryk Mikołaj Górecki,
Howard Skempton, Joep Franssens und Nikolai Korndorf mit
«Monochromie» assoziieren.

KUTAVIČIUS' INITIALWERK

Mit Janulytės Musiksprache haben die aufgezählten Komposi­


tionen indes nur bedingt zu tun. Schönberg benutzt absichtlich
keine uniforme Instrumentierung, sondern gestaltet durch
die Instrumentenwechsel die für das Stück typische «Farben-
melodie». Aus Fragmenten von Ligetis mikropolyphonem Werk
Atmosphères könnte zwar das Material zu einem Janulytė-
Stück generiert werden, konträr zu Janulytės Kompositions-
weise arbeitet Ligeti hier aber mit abrupten Wechseln. Und
im Gegensatz zur Klangwelt der US-amerikanischen Minimalis-
ten gibt es bei Janulytė keine eingängigen Patterns.
Sucht man nach den Einflüssen auf die Musik der jungen
Das ganzes Werk entwickelt sich aus der Repetition eines Motivs heraus.
Komponistin, wird man in Litauen fündig. Als Antithese Ein Op-Art-Bild des litauischen Künstlers Kazys Varnelis, von dem sich der
und Ergänzung zum pulsierenden Postminimalismus, der Komponist Rytis Mažulis hat beeinflussen lassen. Foto: National Museum of Lithuania
sich ab den 1970er-Jahren einen beachtlichen Stellenwert in
einzelnen Ländern der Sowjetunion eroberte,7 entstanden
auch im kleinsten der drei baltischen Länder Werke, die eine
flächige Struktur aufweisen. Der Komponist, der in Litauen
wohl als erster diesen Pfad einschlug, ist Kutavičius. Sein
Werk Anno cum tettigonia für Streichquartett und Zuspielband
aus dem Jahr 1980 entwickelt sich bei gleichbleibendem
Orgelpunkt aus einem Motiv heraus und steigert sich bis
zu einem expressiven Höhepunkt, wobei die einzelnen Motive
zu einer flächigen Klangstruktur zusammengewebt werden.
Danach franst die Musik aus.

«SUPER-MINIMALISTEN» UND «MASCHINISTEN» Litauischer Komponist mit Einfluss: Rytis Mažulis (*1961). Foto: Dmitrij Matvejev
Bei ihrer Werkgenese beruft sich Janulytė allerdings nicht auf
Kutavičius, sondern nimmt auf einen Komponisten Bezug, Welt zu führen – in Abgrenzung zu Kutavičius, der seine Musik
dessen Einfluss auf die junge litauische Komponistengenera- aus der litauischen Tradition entwickelte.8
tion kaum überschätzt werden kann: Rytis Mažulis (*1961). «Meine Musik basiert durchwegs auf der Repetition von
Als Antwort auf die US-amerikanische postminimalistische Abschnitten oder Motiven. Alles leitet sich aus einer einzigen
Bewegung des «Totalism» bildete sich in den 1980er-Jahren in Zelle ab», beschreibt der Komponist seinen Schaffensprozess.9
Litauen ein Komponistenzirkel von sogenannten «Super-Mini- Die Technik des Mensur- und Proportionskanons in der franko-
malisten» heraus, die bald einmal das Etikett «Maschinisten» flämischen Vokalpolyphonie liefert dabei die Grundlage. «Ex
erhielten – nach den von ihnen vergebenen Werktiteln wie una voce» nennt Mažulis das Kompositionsprinzip, aus dem
Twittering Machine (Mažulis) und Merz-machine (Šarūnas er Werke ganz unterschiedlicher Idiomatik kreiert. Darunter
Nakas). Der wohl prägendste Komponist dieser Richtung ist auch Stücke mit monochromer Wirkung wie Miegas/The Sleep
Mažulis. Ziel war es, dem Postminimalismus eine höhere Kom- (1988), Talita cumi (1999), ajapajapam (2002), Form is
plexität zu verleihen und ihn in eine virtuelle anti-utopische Emptiness (2006) und Schisma (2007).

24
PRÄGENDES TREFFEN IM SCHLOSS SOLITUDE lich wäre. Mažulis erfüllte mit diesem Stück den Wunsch sei-
nes Mentors, der bis heute starken Einfluss auf sein Schaffen
Als Keimzelle von Rytis Mažulis Stück ajapajapam10 für Chor hat, und machte dadurch, wie er rückblickend eingesteht,
und Streichquartett fungiert der Ton c, der zu Beginn unisono einen grossen Schritt vorwärts in der Erkundung mikrointer­
gesungen und gespielt wird. Jede der zwölf Chorstimmen und vallischen Komponierens, das für ihn, nebst der Faszination für
der vier Streicherstimmen beteiligt sich danach am Prozess Polytempi, seit dem Jahr 2000 konstitutiv wurde.
eines 35 Minuten dauernden Glissandos in einem anderen
Tempo. Die Tempounterschiede sind geringfügig – zwischen
 = 59,663865 und   = 60,504205. Alle Stimmen durchlaufen REFLEXION ÜBER DEN FLUSS DER ZEIT
dasselbe Intervall einer kleinen Sexte nach unten, wodurch
fluide Mikrokanons innerhalb eines mikrotonalen Tonspektrums Vier Cellisten, eingepackt in dreidimensionale durchsichtige
entstehen. Den Anstoss zum 2002 komponierten Stück lieferte Tüllzylinder, auf die rotierende visuals projiziert werden, unter-
Alvin Lucier (*1931). Im Herbst 1998 residierte Mažulis als ziehen sich einem beinahe einstündigen Prozess: Bei dem
Stipendiat der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart, wo er höchst spielbaren Ton beginnend, geht die Entwicklung hin
mit Lucier in Kontakt kam. Nachdem dieser zwei der elektroni- zum tiefsten Ton des Cellos – dem grossen C. Mit Flageoletts,
schen Stücke des litauischen Komponisten gehört hatte, regte nicht tonhöhendefinierten Klängen, Pfeifgeräuschen und
er Mažulis dazu an, dieselben Ideen rein akustisch umzusetzen. Unterbrüchen wird das in die Länge gezogene Glissando kon-
Ein Stück wie ajapajapam liesse sich mit Leichtigkeit elek­ terkariert. Die vier Instrumentalisten spielen dasselbe Material
tronisch generieren. Die akustische Umsetzung stellte Mažulis in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, einem Mensur-
vor grössere Herausforderungen, die er letztlich zu meistern Kanon entsprechend. Was sich nach einem weiteren Stück von
wusste. Erzeugt wird die Musik von den Interpreten ohne Mažulis anhört, ist in Wahrheit das bekannteste Stück von
technische Hilfsmittel. Mit einer Ausnahme: Unerlässlich bleibt Justė Janulytė: Sandglasses aus dem Jahr 2010. Mit diesem
das Tragen eines in-ear-Metronoms, ein virtueller Dirigent in Stück offenbart die Komponistin den grossen Einfluss, den
Form eines Klickzählers, ohne den eine Aufführung nicht mög- Mažulis auf ihre Arbeitsweise hat.

To Latvian Radio Chamber Singers and Chordos Quartet


ajapajapam Rytis Mazulis (2002)

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pp sempre

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4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
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=59,663865 2 3 18 19
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 =59,831938
S2
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 5 6 7 8 9 10

11 12 13
 14

15
 16
 17 18
 19

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3
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4
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5
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9
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11
 12
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15
 16
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 18
 19

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 =60,168067
A1
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 4
 5
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 7 8

9 10

11
 
12 13
 
14 15
 16
 17
 18
 19

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 =60,336138
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3
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4
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5
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6
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8
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9 10
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11
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12 13
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
15
 16
 17
 18
 19

            
 =60,504205

A3
 gliss. 2 -3
 3 -7
 
4 -10

5 -13

6 -17 7 -20 8 -23 9 -26 10 -30 11 -33 12 -36 13 -40 14 -43

15 -46

16 -50 17 -53

18 -56 19


  
             

   
2
=59,663865 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19


T1

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 2
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 3
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
5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

 
T2


  
=60,0 2
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3
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4
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5
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9
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10
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11
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15
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
T3

  
                 
2
=60,168067 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19


B1

  
                 
=60,3361382 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19


B2

   
 
=60,504205

     -26          
gliss. 2 -3 3 -7 4 -10 5 -13 6 -17 7 -20 8 -23 9 10 -30 11 -33 12 -36 13 -40 14 -43 15 -46 16 -50 17 -53 18 -56 19

 pp sempre
B3

  
 2 
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4 
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 11
 12
 13
 14
 15
 16
 17
 18
 19
 
=60,0

Vln 1        

           
simile
 =60,168067
          
2  3  4  5  6 7  8  9  10 11 12 13 14 15 16 17 18 19
Vln 2       

            
simile
 =60,336138
  2  3  4  5  6  7  8 9 10
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11
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12 13
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15
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18
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
Vla        

            


simile

  gliss.
  
=60,504205

        
2  -3 3 -7 4 -10 5 -13 6 -17 7  -20 8  -23 9  -26 10 -30 11 -33 12 -36 13 -40 14 -43 15 -46 16 -50 17 -53 18 -56 19


Vc   
simile

Rytis Mažulis' Stück ajapajapam für Chor und Streicher bewegt sich in einem mikrointervallischen Klangkosmos. Partitur, S. 1.

25
Verlaufsschema der Cellostimmen in Justė Janulytės Werk Sandglasses (2010). Foto: Justė Janulytė

Sandglasses ist ein multimediales Werk, das die Idee TEXTILES KOMPONIEREN
mehrerer Sanduhren, deren Zeit unterschiedlich abläuft, in
polytemporale Kanons verpackt. Das Durchlaufen der fünf Die einzelnen Stimmen stets fein ineinander verwoben, fern
Oktaven schliesst dabei Phasen verschiedener Dichte- jeglicher Exzentrik, so präsentiert sich Justė Janulytės Musik
und Aggregatszustände ein – die von den Sanduhren symboli- dem Hörer. Da verwundert es nicht, dass eines ihrer Stücke
sierte Zeit wird beschleunigt, verlangsamt und eingefroren. den Titel Textile trägt, ein Werk für Sinfonieorchester aus dem
Durch Granularsynthese werden die einzelnen Cellostimmen Jahr 2006. Schon einige Jahre zuvor erhob eine andere litaui-
auf einen Zenit hin verdichtet, kontrolliert durch einen auf sche Komponistin «textiles Komponieren» zu ihrem Schaffens-
dem Programm Max/MSP geschriebenen Algorithmus. Beim Credo: die in Durham wohnende Egidija Medekšaitė (*1979).
Kulminationspunkt füllt dabei ein imaginäres Cello-Orchester Ihre Kompositionen basieren auf textilen Geometrien, die sie in
mit dem Klang von 500 Celli den ganzen Raum. flächige, monochrom wirkende Musik überträgt. Seit 2005
Sandglasses ist ein Organismus, der vor den Augen des beschäftigt sich die Komponistin, die auch ein Diplom in Textil-
Publikums entsteht und verschiedene Metamorphosen durch- design hat, mit dem musikalischen Kartografieren textiler
läuft. Die auf die Zylinder projizierten Aufnahmen, allesamt Strukturen. Ihre 2016 eingereichte Dissertation trägt den Titel
in einem Glas wirbelnden Wassers gefilmt, entwickeln sich Mapping Textile Patterns into Sonic Experience, fünf ihrer Kom-
dabei parallel zur Musik. Nicht zuletzt ist Sandglasses auch positionen hat sie mit dem einschlägigen Titel Textile versehen.
eine philosophische Reflexion über den Fluss der Zeit, eine Jedes ihrer Stücke baut Medekšaitė auf einem anderen
Reflexion, die in Litauen auch andere Künstler umtreibt. Den textilen Muster auf. Das finale Resultat ist ihr dabei wichtiger
Regisseur Šarūnas Bartas (*1964) zum Beispiel, der in seinen als die Struktur selbst. «In allen meinen Kompositionen besteht
Filmen den Handlungsverläufen durch dezente Filmschnitte mein Ziel darin, über die Struktur hinaus zu gehen», verriet
ihre ganz eigene Progression erlaubt. Oder Rimas Sakalauskas sie 2017 und ergänzte: «Dabei versuche ich, in jedem Stück
(*1985), der in seinen animierten Videoclips mit slow motion- eine eigene Harmonie, einen eigenen Rhythmus zu kreieren».12
Techniken nicht die Zeit anzuhalten versucht, sondern die Zeit Medekšaitės Musik evoziert eine Klangatmosphäre, die ohne
ausserhalb jeglichen Bezugsrahmens setzt.11 Und nicht zu dramaturgische Höhepunkte auskommt. Motion statt Emotion,
vergessen der Theaterregisseur Eimuntas Nekrošius (*1952), wie es die Komponistin definiert.13 Als Einflussgrössen gibt
der Aufführungen exzentrisch in die Länge zu ziehen pflegt. sie Rytis Ma žulis und Conlon Nancarrow an, ihre Vorgehens-

26
weise erinnert jedoch auch stark an Morton Feldman, der auf Tik skaistu kalnu mums nav,
der strukturellen Basis von Perserteppichen Kompositionen mums mākoņi dzimst uz zemes.
erschuf, Crippled Symmetry (1983) beispielsweise. Ausser aus Blakām vītola atvasēm,
den textilen Ornamenten nährt sich die Musik von Medekšaitė blakām stirnas bērniem.
noch aus zwei weiteren Quellen: der klassisch-indischen
Un kad mākoņi salasās debesīs,
und der traditionellen Hindustani-Musik. «Für jedes meiner
tie ir mūsu kalni,
Stücke verwende ich einen anderen indischen Raga oder Tala,
kur mums augstu un balti domāt
der am besten der musikalischen Idee und dem textilen Muster
tāpat kā visiem citiem.
entspricht», so die Komponistin.14
Knuts Skujenieks

WOLKEN AM HIMMEL
Wir haben nicht solch' schöne Berge,
So universell die Inspirationsquellen junger litauischer Kom­ Wolken werden hier auf dem Boden geboren.
ponisten auch sind, manchmal finden sie sich auch in Neben den Weidensprösslingen,
unmittelbarer Nachbarschaft. Für ihr berückend schönes Stück neben den Kälbern der Hirschkuh.
Observation of Clouds (2012) verwendete Justė Janulytė
Doch wenn sich die Wolken am Himmel versammeln,
ein Gedicht des lettischen Poeten Knuts Skujenieks (*1936).
werden sie zu Bergen,
Obwohl der vertonte Text vor allem als gesungenes Klangma-
wohin wir unsere höchsten Gedanken wenden können
terial dient, wirken die vom Gedicht hervorgerufenen Bilder
wie alle anderen auch.
und Atmosphären auch stark auf den Charakter des Stückes,
der zum Schluss paradigmatisch für die Strömung litauischer Knuts Skujenieks
Musik mit langsam sich verwandelnden Prozessen stehen
kann:15

«Textiles Komponieren» ist das Schaffens-Credo der litauischen Komponistin Egidija Medekšaitė (*1979). Foto: Martynas Aleksa

27
INFORMATIONEN ZU CD-PRODUKTIONEN

Justė Janulytė:
Sandglasses (CD + DVD),
Music Information Centre Lithuania 2013

http://www.mic.lt/en/database/classical/releases/1027/

1 Monochrom = griechisch für «einfarbig».


Rytis Mazulis: 2 Für White music erhielt Justė Janulytė im Jahr 2004 den vom
Cum Essem Parvulus, Megadisc Classics 2004 Litauischen Komponistenverband alljährlich vergebenen Preis für
Twittering Machine, Megadisc Classics 2005 das beste Kammermusikwerk und kam dadurch zum ersten Mal
in den Fokus einer breiten Öffentlichkeit.
3 Eine kurze Werkbesprechung von White music findet sich bei
Veronika Janatjeva, Justė Janulytė. Water on Blank Paper,
erschienen in: Lithuanian Music Link No. 11.
4 Eine erwähnenswerte Parallele zwischen Robert Rauschenberg
(1925–2008) und Justė Janulytė liegt darin, dass beide ihre Karriere
mit Werken begonnen haben, die sich der Farbe Weiss widmen:
Der US-amerikanische Künstler mit seinem siebenteiligen
White painting (1951), die litauische Komponistin mit ihrer White music.
5 Jurik Dobriakov, Composing Visual Metaphors
[Interview mit Justė Janulytė], in: Lithuanian Music Link No. 15.
6 Zur Entwicklung des litauischen Postminimalismus
vgl. Andreas Zurbriggen, Minimal Music aus Heimatklängen, in:
Neue Zeitschrift für Musik 6/2017, S. 30–31.
http://www.megadisc-classics.com/album/rytis-mazulis 7 Als Beispiele seien der Lette Georgs Pelēcis und der Russe Vladimir
http://www.megadisc-classics.com/album/rytis-mazulis-1 Martynov genannt. In Litauen stand der Minimalismus als Metapher
für Freiheit und Unabhängigkeit. Durch die Volksliedtradition der
sutartinės, auf die der litauische Postminimalismus baut, verweist dieser
zugleich auf das spezifisch Litauische in Abgrenzung zum Sowjetischen.
8 Vgl. Šarūnas Nakas, What is the Lithuanian Brand of Minimalism?,
in: Lithuanian Music Link No. 8.
Egidija Medekšaitė: 9 Rytis Mažulis in einer E-Mail an den Verfasser.
Textile, 10 Im Sanskrit steht das Word japam für die Wiederholung des Mantras.
Music Information Centre Lithuania 2017 Das Präfix a steht für «ohne». Der Titel ajapajapam steht somit
für die Wiederholung des Mantras ohne das Mantra selbst
(Hinweis des Komponisten an den Verfasser).
11 Exemplarisch umgesetzt in folgendem Video:
http://youtu.be/FDVUEgkZWRQ (abgerufen im Frühjahr 2018).
12 https://www.attnmagazine.co.uk/features/11549
(abgerufen im Frühjahr 2018).
13 Ebd.
14 Ebd.
15 Zitiert aus dem Booklet zur CD Justė Janulytė. Smeėlio laikrodžiai.
Sandglasses, Lithuanian Information Centre 2013. Übersetzung vom
Verfasser nach der englischen Version von Veronika Janatjeva.
16 Etliche unentbehrliche Hinweise bei der Recherche verdanke ich
der Komponistin und Festivalleiterin Loreta Narvilaitė sowie dem
Musik­wissenschaftler Linas Paulauskis, Archivar am Music Information
http://www.mic.lt/en/database/classical/releases/1456/ Centre Lithuania. Dieses stellt zu allen litauischen Komponisten
sowie den wichtigen Strömungen innerhalb des Landes wertvolles
Material zur Verfügung, oftmals auch auf Englisch: www.mic.lt.

28
BERICHTE
COMPTES RENDUS
RAPPORTI
REPORTS

Das Feine und das Grobe


Ultraschall Berlin 2018 – Festival für neue Musik
(17. bis 21. Januar 2018)

Beim Berliner Festival Ultraschall geht sens Capriccio Bagateller eine Lebendig-
es nicht um Uraufführungen, sondern keit einhauchte, die zu erwarten man
um Interpretationen. In der Musik heisst sich längst abgewöhnt hat. Die Sei Cap-
Interpretation bekanntlich zweierlei: ricci von Salvatore Sciarrino präsentierte
Aufführung und Deutung. Welche Werke Widmann zuletzt in einer Plastizität,
der letzten Jahrzehnte gehen in den die man kaum für möglich gehalten hätte.
Aufführungskanon ein? Warum diese Dabei profitierte Widmann auch von
und nicht andere? Welche Aspekte der intimen Konzertsituation im neuen
der Musik kehren die Interpreten hervor, Boulez-Saal. Am selben Nachmittag
wie lesen sie die Werke neu? Man kann wurden dort auch Simon Steen-Ander- Feinarbeit im Innenklavier: Das Ensemble Nikel
im Radialsystem. Foto: rbb/Gundula Krause
wohl kaum überschätzen, wie stark sens Piano Concerto und Rebecca Saun-
Musikfestivals prägen, wie wir die Gegen­- ders Void wiederaufgeführt. Beide Werke Sprünge. Eine solche Kontinuität des
wart im Jüngstvergangenen verorten, bilden Marksteine der letzten Jahre – Natürlichen schliesst den scharfen Kon-
und damit auch: Was wir unter zeit­ Saunders mit ihrer unglaublich kontrol- trast nicht aus. Im Gegenteil, Klartags
genössischer Musik verstehen. lierten Arbeit an den Klangfarben des Musik ist voller heftiger Ausbrüche und
Vielleicht waren die letzten Jahr- Orchesters, Steen-Andersen mit seiner dynamischer Extreme. Aber das Gesche-
zehnte der Musikgeschichte weniger gewitzten Reflexion über die Zerstö- hen vollzieht sich ohne Schnitt, es ist ein
durch kompositionstechnische Erneue- rungswut der Avantgarde. Beide Werke kontinuierliches Spiel von Kräften – con
rungen als durch eine enorme Verfeine- verlangen aber nach einem riesigen forza di gravità lautet der treffende Titel
rung des Instrumentalspiels geprägt. Orchesterapparat, der den oval angeleg- eines aufgeführten Orchesterwerks –,
In Berlin traten die Unterschiede zwischen ten Kammermusiksaal völlig überforderte. von Bewegungsimpulsen, die sich an­-
den Generationen teilweise grell hervor: Diese Überforderung ist in gewisser einander abarbeiten, die Klangmassen
Die asketische Präzision des Trio Catch, Hinsicht bezeichnend für das diesjährige zusammenballen, aufwerfen und wieder
die Radikalität des Ensemble Nikel, Ultraschall Festival: Stilistisch breit auseinander fahren lassen. Dabei be-
die Reaktionsschnelle des Rundfunk- aufgefächert, umfasste das Programm herrscht Klartag die Möglichkeiten des
Sinfonieorchesters Berlin unter der Lei- 14 Konzerte in kaum fünf Tagen an Orchesterapparats mit einer Präzision,
tung von Enno Poppe liessen manche wenigen Spielstätten. Dafür wurde bei von der Xenakis, der geheime Pate dieser
grossen Namen von einst alt aussehen. der Probezeit der Ensembles gekürzt, Ästhetik, nur träumen konnte. Doch
Die technische Souveränität spielt dabei was sich öfters an einer schlechten gerade in dieser Verfeinerung droht die
sicherlich eine Rolle, zugleich scheint Abstimmung der Lautstärken zeigte. Musik zuweilen zum bloßen Trugspiel zu
sich aber auch eine neue Sensibilität zu Statt mit einer solchen Überfülle zu verkommen: Die Gefahr des impressio-
etablieren: Das gemeinsame Aushören ringen, hätte sich das Festival auf in­- nistischen Kitschs.
der Mischklänge ist heute wichtiger halt­liche Schwerpunkte konzentrieren Auf der anderen Seite des Gegen­
als die beflissene Befolgung der Spielan- und auf diese Weise Themen setzen satzes stehen Werke wie jene, die das
weisungen, die Stringenz eines Über- und Fragen aufwerfen können, die das Ensemble Handwerk in einem inszenier-
gangs überwiegt die rhythmische Korrekt- gegenwärtige Musikschaffen umtreiben. ten Konzert darbot. Der Name des
heit. Die erweiterten Spieltechniken In manchen Konzerten zeichnete sich Ensembles spricht Bände: Hier wird die
sind längst keine Kunststücke mehr, nämlich eine ästhetische Polarität ab, Faktura ausgestellt. Das Vorzeigen
die alleine um ihrer Ungewöhnlichkeit an der man ansetzen könnte, um die der technischen Gemachtheit der Musik
willen aufgeführt würden. Vielmehr jüngsten Entwicklungen der Musik in den vertreibt die Illusionen der Nachahmung.
machen die Musiker sich die Techniken Blick zu kriegen. Die beiden Pole erinnern Klänge wachsen nicht, sie gehen nicht
zu eigen, nuancieren und dynamisieren an den alten Gegensatz von Impressio- auseinander hervor, sondern werden
sie und lassen sie so sprechend werden. nismus und Neusachlichkeit, von Natura- produziert, zugeschnitten, getriggert
Auf geradezu beschämende Weise lismus und Mechanik. Yair Klartag, Artist und geschaltet. Andreas Eduardo Franks
gelang dies etwa Carolin Widmann in in Residence des Festivals, vertritt in Table Talk reduziert etwa das musikali-
ihrem Solo-Rezital. Beschämend, weil dieser Zuspitzung jene Tendenz zum sche Gespräch zwischen den beiden
sie selbst schlichten Werken wie Pascal Naturhaften, die sich auf die alte Formel Musikern auf das Drücken eines grossen
Dusapins In Vivo oder Hans Abraham- bringen lässt: Die Natur macht keine roten Knopfs im rechten Moment. Die

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Entspannter als auch schon


Zwei Tage Zeit – Festival für improvisierte Musik. Eine Koproduktion des
Musikpodiums der Stadt Zürich, der ignm Zürich und der Werkstatt für
improvisierte Musik (WIM) Zürich (Theater Rigiblick, 19. und 20. Januar 2018)

Interpreten führen Befehle aus, sie Da flogen die Töne und Gesten nur so mehr sehr neuartig, aber doch über
zwängen die Klänge in Wiederholungs- hin und her, in einem wendungsreichen die Jahrzehnte lebendig geblieben ist,
muster, fügen sich einer übermächtigen Dialog, brillant, kantig, fetzig, heftig, freilich mündete sie mehrmals wie
Technik. In einer Welt der Schaltkreise, flächig, frisch aufblitzend. Und man abgemacht in die vom Jazz her gewohn-
des Elektrosmogs, der automatisierten spürte, wie da zwei in lebenslangem Duo ten Soli: Jeder durfte mal kurz sein
Kommunikation darf die Kunst nicht eine gemeinsame Sprache und Sprach- Potenzial ausbreiten, das war bei
zum Naherholungsgebiet verkommen, so haltung entwickelt haben, ein Aufein­ aller ausbrechenden Virtuosität fast
scheint die Überzeugung dieser Kompo- andereingehen und Aufeinanderhinspie- schon beruhigend konventionell.
nisten zu lauten: Musik ist Kritik. Der len mit vielerlei Facetten. Die Rede Die beiden Auftritte markierten
Verdinglichung der zwischenmenschli- ist vom Posaunisten Roland Dahinden Fanfare und Kehraus der Zwei Tage Zeit
chen Beziehungen, der Verarmung der und der Pianistin Hildegard Kleeb, im Theater Rigiblick. Seit 2006 veran-
Sinne, der Erfahrung vollständiger die beide in Zug leben. stalten das stadtzürcherische Musik­
Entfremdung im digitalen Kapitalismus Die Frage mag zwar manchem mitt­ podium, die Ortsgruppe der IGNM
setzen sie eine entfremdete, verarmte, lerweile völlig obsolet erscheinen, und die Werkstatt für improvisierte
verdinglichte Kunst des stupiden aber der Zuhörer nimmt doch immer Musik gemeinsam dieses biennale Mini-
Machens entgegen. So macht sich die wieder gern wahr, ja für wahr, fürwahr, Festival. Es bewies einmal mehr: die
Musik dem ähnlich, was sie bedroht. Die ob eine Musik improvisiert oder kompo- Szene improvisierter Musik hierzulande
theatralischen Mittel, in die sie dabei niert ist (bzw. zu sein scheint). Wenn ist enorm vielfältig – und sie kommt
flüchtet, täuschen nicht über die Gewalt dieses Etikett «improvisiert» (vielleicht entspannter daher als auch schon. Es
hinweg, die solche Musik sich selbst sogar «frei improvisiert») drüber steht, handelte sich dabei durchgehend um
antut. Am Ende bleibt die Frage, ob die runzelt er vielleicht die Stirne, wenn lang erprobte und gerade aufgrund
Kunst, indem sie der Welt ein Schreck­ er bemerkt, dass Abläufe irgendwie koor- erstandener Vertrautheit ertragreiche
bild zurückspiegelt, Einspruch erhebt diniert wurden. So geschah’s etwa beim Musiken. Dabei stellte das Festival nicht
gegen das verdinglichte Leben, oder Auftritt eines britischen Quartetts nur Personalstile vor, sondern höchst
sich, aller kritischen Intention zum Trotz, mit dem Saxophonisten Paul Dunmall, unterschiedliche Musikkonzeptionen:
letztlich jener Vergröberung anpasst, dem Pianisten Liam Noble, dem Bassis- von der Soloperformance bis eben zum
die sie kritisiert. ten John Edwards und dem Schlagzeuger späten Free Jazz.
Christoph Haffter Mark Sanders. Eine Musik, die zwar nicht Wer mit Improvisation noch ein ge­-
wisses Mass an Spontaneität und
Unberechen­barkeit verbindet, dürfte
sich über den weiteren Verlauf des
ersten Abends gewundert haben. Er ver-
langte etwas mehr Ausharrungsver­
mögen. Gewöhnungsbedürftig etwa die
Vokal-Perkussions-Performance des
aus den USA stammenden und heute in
Zürich lebenden Jason Kahn: Gekehlte
Laute, ersticktes Gurgeln, stets auf
der existentiellen Kippe, ein Stimm­
beckett im roten Pullover, untermalt
von nebenher befingertem Schlagzeug,
langwierig. Diese Performance wollte
wohl auch kaum überraschen, sondern
sich in Varianten an der Geduld reiben.
Lang­sam fand man hinein – und
atmete doch auf, als es vorüber war.
Eine vielleicht äusserlich ange­
Hellwaches Zusammenspiel: Die Tänzerin Anna Huber und der Cellist Martin Schütz. Foto: © Wynrich Zlomke nehmere, allerdings ähnliche Geduld

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Bitte weiter!
L'Europe Sauvage – Stationentheater der Hochschule der Künste Bern
(im Berner Galgenfeld, Aufführungen vom 25. bis 27. Januar 2018)

erfordernde Langzeiterfahrung folgte mit


dem Quartett Evi Beast – Koï. Lose
geschichtet wurden da die Videobilder
von Delphine Depres, die perkussiven
Flächen von Béatrice Graf, die Elektronik
von Coralie Lonfat und weitgezogene
Saxophon- und Fagottklänge von Sandra
Weiss. So entstand die Nahaufnahme
eines sich recht gleichförmig vorbei­
wälzenden Geschehens, was gewiss­-
lich zu den im Wasserglas gequirlten
Elementen passte, die auf der Leinwand
gross zu betrachten waren, nicht un-
­angenehm, aber auch nicht sehr erhel-
lend, denn wollten uns die vier wohl
etwas damit zeigen? Rund um die Hochschule der Künste Bern: das Stationentheater L'Europe Sauvage, hier mit
Zum Aufmerken bedarf es nicht des Ursina Bösch und Kristine Oppegaard. Foto: © Hochschule der Künste Bern 
Verschachtelten oder Offensiven,
sondern bloss eines hellwachen Zusam- Der Traum vom Gesamtkunstwerk ist rund um die HKB gehetzt. Der Weg zwi-
menspiels, wie es etwa die Tänzerin schon älter. Doch obwohl die technischen schen den die Akte repräsentierenden
Anna Huber und der Cellist Martin Schütz Voraussetzungen zur Vereinigung der Hauptstationen wurde mit Zwischen­
über die Grenzen der Kunstsparten Künste noch nie besser waren als heute, stationen bespielt, alle verhandelten
hinweg zeigten. Seit 1999 treten die bei- wird nur sehr selten mit der grossen irgendwie das Rameausche Thema von
den gemeinsam auf. Ihre Darbietung Kelle angerührt. Zu aufwändig, zu teuer. Beziehung und Liebe, versetzt ins
hat eine selbstverständliche Gelöstheit, Die Hochschule der Künste Bern (HKB) moderne Europa. Das Ergebnis war
eine Vielfalt im Feinsten, eine Unge- hat verstanden, dass sie als Nachwuchs­- streckenweise beeindruckend. Etwa in
zwungenheit des Dialogs erreicht, dass laboratorium eine der wenigen Institu­ der Station, in der sich zwei Sonnengöt-
man nur staunt. Das Konzeptuelle er­- tionen ist, die über die personellen ter über den Relaunch der herunter­
hielt hier kein Gewicht, dafür das wech- Ressourcen verfügt, solche Projekte gewirtschafteten Erde stritten, während
selseitige Miteinander. zu stemmen. Und tat dies nun mit im Hintergrund Rameaus Drama um
Und schliesslich war da noch der L'Europe Sauvage bereits zum dritten Mal. ein Liebespaar, welches sich eines kolo-
be­rührende, intime und in der Zeit Allein die Liste der beteiligten Res- nialistischen Eindringlings erwehren
gespann­te Auftritt der in Basel leben- sorts beeindruckt: von Gesang, Komposi- muss, seinen Lauf nahm. Barocker Ge-
den Sängerin Marianne Schuppe: Slow tion und Tanz über Literatur bis zur Musik- sang, moderne Instrumentation, Schau-
Songs (wie sie bereits auf einer CD vermittlung war alles beteiligt. Freilich spiel und ein frei hinzugefügter Per­
von Wandelweiser erschienen sind) und zeigte das sehr frei nach Rameaus kussionspart wurden derart ge­schickt
No Songs, allein vorgetragen, gestützt Ballettoper Les Indes Galantes gestal- verzahnt, dass sich die unterschiedli-
nur von ein paar leisen liegenden tete Spektakel, dass die wahren Schwie- chen Ebenen ergänzten und einander
Klängen. Tatsächlich Songs, bisweilen rigkeiten nicht im Zusammentrommeln gegenseitig Tiefe verliehen. Oder die
modal, an mittelalterliche oder an des Personals bestehen. Immigranten-Geister, die einen auf dem
irische Lieder anklingend, aus dem Vielmehr gilt es, aus vielen Elementen Weg durch eine Tiefgarage heimsuchten:
Moment herauswachsend. Auf verblüf- ein funktionierendes Ganzes zu bauen. der Marsch durch graue, unterkühlte
fende Weise tauchte etwas Verges­- Dass dieses von Regisseur Joachim Industriestollen weitete sich plötzlich
senes aus dem Dunkel auf: dass man Schloemer dann auch noch als «Musik- zum Symbol für Europas gegenwärtige
auch eine ganz schlichte, schöne theaterstationendrama» inszeniert wurde, Probleme, Raum und inhaltliche Aussage
oder melancholische Melodie improvi­ vereinfachte die Aufgabe sicher nicht. geronnen zu einem stimmigen Bild.
sieren kann. So wurde man also, verteilt auf Auf der anderen Seite blieb einiges
Thomas Meyer drei Gruppen, durch den Gewerbekomplex aber auch Stückwerk. Etwa kam das im

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Der Philosoph und der Künstler


Die Basel Sinfonietta mit ihrem Konzert Sprechende Pfade mit Werken von
Sarah Nemtsov, Mike Svoboda (Uraufführung) und Jonathan Harvey. Marcus Weiss,
Saxophon; Baldur Brönnimann, Dirigent (Basel, Musical Theater, 28. Januar 2018)

Programmheft als Zusammenführung Auf sprechende Pfade begab sich die Sprachlichen auf Rituelles, auf ein
aller ausgelegten Fäden angekündigte Basel Sinfonietta im dritten Abo-Konzert Mantra, aus dem wir heraufsteigen und
Finale nicht über eine Versammlung der «Fluss»-Saison im Musical Theater erschöpft aus unkontrollierbarem
der zuvor über die Stationen verteilten Basel. Eine fantastische Erkundung im Geschwätz wieder zurücksinken. Auch
Darsteller hinaus. Auch ein Auto sowohl semantischen Dschungel von Sprache, die Elektro-Akustik ist dabei nicht bloss
zu Beginn als auch am Ende auffahren Klang und Elektronik, mit drei Stücken, Selbstzweck: Strom fliesst, erzeugt
zu lassen, ist als dramaturgische Klam- die unterschiedliche Pfade darin ein- dadurch ein Ereignis, das wiederum
mer etwas wenig. Und mit zeitlichem schlagen. In Sarah Nemtsovs Stück Bedeutungsgebung vom Hörer einfordert.
Abstand nimmt man bedauernd wahr, Scattered Ways (2015) erscheinen diese Die Trennung von musikalischem Objekt
was sich einem vom ganzen Abend am als sprödes, stochastisches Muster und Zuhörenden, so Harveys Intention,
stärksten ins Gedächtnis eingebrannt auf der Dschungelkarte; oder vielmehr: soll damit zum Ende des Stücks auf­
hat: «Bitte weiter». Die mit Lämpchen es gibt gar keine Karte. Aber aus dem gehoben sein. Ein Klangzauber, auf den
behangenen Guides, welche die Besu- Wald flirrt und knarrt es kontinuierlich, man sich gerne einlässt!
chergruppen von Station zu Station in immer neu zusammenfliessenden Nicht unähnlich mutet die inhaltliche
trieben, jeden Applaus abwürgten und Klängen, als gedankliche Rotation über Grundlage an, auf die Mike Svoboda
das Schild mit der ultimativen Aufforde- einige wenige Zeilen von Emily Dickinson sein Saxophon-Konzert Wittgen-
rung «Bitte weiter» bei jeder Gelegen- («We met as sparks»). Weniger offen- stein & Twombly (2017) stellt. Der
heit in die Luft reckten. Der Zeitplan sichtlich, zumindest in musikalischer Philosoph und der Künstler (beide in
duldete kein Verweilen! Das perfekte Weise, sind dabei die Aktionen auf dem moderner Inkarnation sozusagen) stehen
Symbol für unser heutiges, nicht zur elektronischen Toy-Piano bzw. das für Rationales und sein Gegenteil. Dass
Ruhe kommendes Europa wurde nicht Auslösen von digitalen Samples, die der Wittgenstein darüber reflektiert hat,
aus dem Stoff heraus entwickelt, Dirigent (Baldur Brönnimann) bisweilen wo die Grenzen der Sprache liegen, ist
sondern blitzte quasi nebenbei aus den durchzuführen hat. Sind es Erweite­- bekannt, aber auch die Bilder von
organisatorischen Nebengeräuschen auf. rungen des Klangraums, zeitliche Twombly bleiben, einmal gesehen, in
Das ist jedoch allgemein die Schwie- Strukturierungen oder gar Steuerungs- Erinnerung als Auseinandersetzung
rigkeit bei «Stationentheatern»: Man Aktionen? Als Eröffnung des Konzert- mit den mythischen Erzählungen der
kann den Weg zwischen den Haupt­ abends weckt Nemtsovs Stück jeden- Antike in einem Umkreisen von Bild und
ereignissen mit noch so vielen Zwischen­- falls Kopf und Sinne. Schrift. Daraus wird ein Saxophon-
spielen füllen, das Publikum überfluten In Jonathan Harveys Speakings Konzert, für Marcus Weiss geschrieben
und es so ganz in einen Kunstraum (2007–2008) lernt ein Orchester erst und von ihm auch aufgeführt, das viel-
einschliessen. Es bleiben immer ereig- einmal das Sprechen, so beschreibt es leicht im Gesamteindruck runder aus-
nislose Leerstellen, die als einziges jedenfalls der Komponist. Das Stot- fällt, als diese Anlage es erwarten
beständiges Element einen Rahmen ternde, Repetitive erster Worte wird lässt. Gleichwohl ist die Uraufführung
bilden und dadurch überproportional dabei schnell zu einer unvergleichlichen ein passendes Gegenteil namentlich
wichtig werden. spektral-elektronischen Klangwelt, die zu Jonathan Harveys Stück – es ist im
Doch der frische Zugriff, mit dem sich tatsächlich zu sprechen beginnt, weil Ansatz verdichtend, zupackend und
die Studierenden des barocken Stoffes sie einen mit unverständlichen, aber vom Solisten wie dem Orchester unter
bemächtigten, lässt solche Grübeleien in sprachlich modulierten Klangbewegun- der Leitung von Baldur Brönnimann
den Hintergrund treten. Man merkte den gen bewirft. «Shape vocoding» nannte mit Begeisterung erschaffen.
einzelnen Szenen und Bildern an, dass Harvey diese Technik der Übertragung Andreas Fatton
die beteiligten Nachwuchskräfte bei sprachlicher Regeln auf Musik. Sie
deren Gestaltung grosses Mitsprache- ist mehr als nur technische Spielerei,
recht hatten. Idealistisch, kämpferisch allerdings gleichwohl als solche komplex
und respektlos präsentierten sich alle und nur unter Mithilfe des SWR Experi-
Stationen, hielten so manche skurrile mentalstudios zu realisieren. Aber
Szene bereit und schafften das Kunst- Harvey geht es vielleicht um Einfacheres
stück, dem Aberwitz Tiefsinn abzuringen. hier. Man kann es auch ein Tieferes
Simon Bittermann nennen: nämlich das Zurückführen alles

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Künstlerische Ver(w)irrungen im Anthropozän


Eclat 2018 – Festival Neue Musik
(31. Januar bis 4. Februar 2018 im Theaterhaus Stuttgart)

Die intensive Hinwendung der jüngeren inspiriert zwischen Geräusch und Ton.
Komponistengeneration zu erweiterten Die Demonstration eines zweifellos
Präsentationsformen von Musik im degenerierten Verhältnisses von Mensch
Dunstkreis von Medienkunst, Konzeptua- und Umwelt gipfelte schliesslich in
lismus und Digitalkultur hat kaum ein Entladung purer Gewalt, welche den
Festival in den letzten Jahren so intensiv Bestandteilen einer nachgebildeten
und mutig reflektiert wie ECLAT. Die Klima-Konferenz den Garaus machte, um
Befragung der eigenen künstlerischen sie hernach dem Häcksler zu überant-
Mittel und Möglichkeiten in unmittelbarer worten. Es lärmte und staubte im Thea-
Bezugnahme auf Aspekte gesellschaft­ terhaus, als wollte man Stuttgart 21
licher Gegenwart zeigte sich auch 2018 Konkurrenz machen. Unterm Strich gab
als starke Motivation des Stuttgarter ANTHROPOSCENE ein tragisches Beispiel
Festivals. Die ästhetische Laborsituation dafür ab, wie ein politisch besonders
ist schon fast ein Markenzeichen von ambitioniertes Projekt, das den Klima-
ECLAT geworden, was auch diesjährig wandel bzw. das Zerstörungspotential
unterstrichen wurde durch die stattliche des Menschen im Zeitalter des Anthro­
Anzahl von 24 Uraufführungen. pozän zum Gegenstand hatte, sein Ziel
Dass jedoch nicht alles Gold ist, was in szenischen Wirklichkeits-Verdoppe-
da intellektuell im Vorfeld glänzt, zeigte lungen verfehlte.
der aktuelle Jahrgang in manchmal Musik und/oder Klang war eine noch
ernüchternder Weise, erwiesen sich grössere Randerscheinung bei PRINCI-
gerade die multimedialen Grossprojekte PAL BOY von Raphael Sbrzesny, eine sze-
doch überwiegend als Arbeiten, die alle- nische Arbeit mit ebenfalls unüberseh-
samt hehre Ziele verfolgten, im Ergebnis bar zeitkritischem Ansatz. Da wurde in
aber eine traurige Schieflage zu ihren der Sporthalle unter atemberaubendem
inhaltlichen Ansprüchen offenbarten. Einsatz von Deospray der Männlichkeits-
Das lag einerseits an einer oft amateur- wahn als Sinnsuche und Orientierungs-
haft anmutenden Vordergründigkeit der problem inszeniert, der unter explosivem
Mittel, andererseits an einer Banalisie- Druck stehende Körper, gipfelnd in der
rung der musikalischen Ebene, welche Figur des Selbstmordattentäters.
die Berechtigung, Teil eines innovati­- Sbrzesnys installative Darstellung
ven «Musikfestivals» zu sein, grund­ eines «ins Perverse verkehrten Wett­
sätzlich in Frage stellte. Präsentierten bewerbs um Aufmerksamkeit, dem wir
sich musiktheatrale Arbeiten von Brigitta im neoliberalen Kapitalismus grundsätz-
Muntendorf oder Jagoda Szmytka im lich alle unterworfen sind», lief aller-
vergangenen Jahr als untrennbare Ein- dings mit verblüffender Statik ab und
heiten von Musik, Bild und Szene, war beschränkte sich grösstenteils auf rela-
die klangliche Ebene 2018 oft nicht mehr tiv eindruckslose Pantomime, respektive
als akustische Staffage. posende Männer, die gelegentlich mit
Besonders extrem offenbarte sich der Sprengstoffgürteln und anderen «Body-
Spielplatzcharakter in der «Musikthea- Extensions» durchs Publikum liefen.
ter-Konzeption» ANTHROPOSCENE von Videos (vom terrorüberschatteten Fuss-
Laurent Durupt (Musik), Fabian Offert ballspiel Deutschland-Frankreich 2015),
(Bühne) und Jan Rohwedder (Choreogra- Tonbandklänge und ein hyperexpressi­-
phie). Neben «naturalistischer» Klang- ver Wortschwall machten die Angelegen­
mimikry (schwingende Mikros als krei- heit kaum lebendiger.
Klaustrophobische Klangskulptur im Kühlschrank:
sende Windräder) schwankte ein kleines Leider funktionierten auch komposi­ Sous Vide von Dmitri Kourliandski.
Instrumentalensemble mehr oder weniger torisch seriöser aufgestellte interdiszip- Fotos: Martin Sigmund

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linäre Konzeptionen nicht besser: Die erfreulichsten Darbietungen bei eine Art Trash-Trio darstellten, darunter
Clemens Gadenstätters Daily Transfor- ECLAT 2018 fanden bezeichnenderweise ein absurd dramatischer Sopran-Part
mations über einen introvertierten im althergebrachten Konzertformat statt in schwindelnden Höhen. Textgrundlage
Bewusstseinsstrom von Lisa Spalt (Text) (ja, das gibt es noch). Musik, die in ihrer bildete eine Email aus dem Spamordner
entpuppte sich trotz interessantem gewohnten Weise als sinnlich erlebbares – vollendete Sinnentleerung digitaler
Einsatz wohltuend unprätentiöser Videos Klanggeschehen aufhorchen liess, prä- Kommunikation in expressiver musikali-
auf drei Leinwänden (Anna Henckel- sentierten u.a. Konzerte des Trio Catch, scher Überspitzung.
Donnersmarck) als eine alle Sinne des Diotima-Quartetts (mit einem star- Allabendliche Lichtblicke im bedeu-
ermüdende Geduldsprobe. Der klangliche ken Stück der türkischen Komponistin tungsschwangeren Gewusel künstleri-
Detailreichtum einer auf permanente Zeynep Gedizlioğlu, die das Streichquar- scher Sinnsuche gab es bei den ent-
Flüchtigkeit angelegten Sample-Ästhetik tett gewinnbringend energetisch mit spannten Aktivitäten von stock11, einem
erzeugte eine diffuse Gleichförmigkeit, zwei Klavieren kombinierte) und des Kollektiv ganz unterschiedlicher Musiker,
die Spalts angestrengten Weltbegegnun- ensemble ascolta. Letzteres zeigte mit Klangkünstler, Komponisten (zu dem
gen die letzte Energie abzog. Der Ver- rhythmisch impulsiven und klangfreudi- der Countertenor Daniel Gloger ebenso
such hochelaborierter künstlerischer gen Uraufführungen von Sven-Ingo Koch, zählt wie Maximilian Marcoll, Martin
Alltagstransformation führte vielmehr Stefan Keller, Georgia Koumará und Schüttler oder Christoph Ogiermann),
dazu, dass man sich jede Minute inten­ Gordon Kampe, dass Komposition als die der Wille zum Nicht-Mainstream eint.
siver in die Verheissungen untrans­ Musik (oder umgekehrt) noch lange nicht Sie lieferten in verschiedenen Forma­
formierter Alltäglichkeit zurücksehnte. abgedankt hat: Ausgehend von sechs tionen intensive Nachtkonzerte zwischen
Dass es nicht unbedingt umfangrei- mikrotonalen Glocken entwickelte Koch Improvisation und Komposition, die in
cher Ressourcen bedarf, deren geistiger in Von der Liebe zur Linie III eine bemer- hybriden Interaktionen von Elektronik
Überbau sich dann raumgreifend im kenswert verschrobene Mischung aus und Instrumentalklang eine ganz beson-
Programmheft ausbreitet, bewies die Mikrotonalität und irrlichternden Jazz- dere Poesie des Augenblicks entwickeln
Musiktheatercompagnie La Cage in Anleihen, derben Artikulationen und konnten, kontemplativ oder mit expressi-
Gestalt von Dmitri Kourliandski und Per- feinen Farbnuancen, die ein mysteriös ver Abgründigkeit. In einer begleitenden
formance-Künstlerin Aliénor Dauchez. groovender Rhythmus zusammenhielt. Gruppenausstellung unter dem Titel
Ihre performative Installation Sous Vide Herzerfrischend schrill tönte Gordon NOTHING until now! wurde eine vielfältige
war im existentiellsten Sinne auf Kampes Hommage an die Operette und Mischung aus Videos, Objekten, Bildern,
«Beschränkung» aus und steckte die ihren bös-grotesken Idealzustand nach Klanginstallationen und Performances
Tänzer-Darstellerin Ixchel Mendoza Texten von Schorsch Kamerun: Schum­ präsentiert.
Hernandez in einen Kühlschrank mit mel­lümmelleichen und schrille Tentakel Dirk Wieschollek
Glastüre. Das konstituierte eine klaust- mit einem Daniel Gloger am Rande des
rophobische Klangskulptur, bei der die Wahnsinns. Kampe zeigte dabei in seinen
Bewegungsgeräusche, die beim «Existie- fünf «Genreerkundungen» grösstes
ren» erzeugt werden, von Kourliandski Vergnügen an komplett überdrehten
geschickt elektronisch verlängert und Populärmusikschnipseln und einer ins
weiterverarbeitet wurden. Dieser Ext- Groteske überzeichneten Vokaltheatralik.
remzustand von Lebensraum führte ein- Bemerkenswertes steuerten auch
dringlich vor Augen, in welche Sphären die Gewinner des traditionsreichen
intimer Isolation wir uns heute, nicht 62. Stuttgarter Kompositionspreises bei:
zuletzt mit der trügerischen Vorstellung, Malte Giesen und Juliana Hodkinson.
uns doch jederzeit mit allem und jedem Beide Preisträgerarbeiten gehörten zu
vernetzen zu können, höchst freiwillig den auffälligsten Kompositionen des
begeben. Macht man sich überdies klar, Festivals und waren bezeichnend dafür,
auf wieviel Quadratmetern Menschen in wie Komponisten heute auf Alltagsphä-
asiatischen Grossstädten heute tatsäch­- nomene reagieren. Malte Giesens $88 or
lich leben, kippt die symbolische Dimen- the poetry of capitalism war ein massi-
sion von Sous Vide in eine fast realistische. ves Ensemblestück mit drei Solisten, die

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Update > > > > > > > > > > > Les grands noms de demain foisonnent
sur les petites scènes : Jamais la
musique suisse n’a connu autant
de jeunes artistes qui se lancent le défi
du nouveau. Impossible de les suivre
tous, nous vous mettons à jour.

Léo Collin
Portrait par Judith Winter-Meier
La musique
contemporaine,
Léo Collin serait un compositeur post-
dramatique, metteur en scène et perfor-
Cette pièce transforme le mythe de
Jonas, en résonance avec nos super-
si elle dépasse
mer. Né dans un petit hameau au nom
poignant d’Estandeuil, Léo est, dès son
héros, en un drame écologique contem-
porain. Des objets créés ou détournés
son propre
plus jeune âge, disposé à entrevoir ses
gènes « endeuillés » de vieilles
entrent dans l’instrumentarium au même
titre que le violon ou le violoncelle. Mais langage,
mémoires qui lui collent à la peau. Même
son nom collin peu.
S’il vous plait, poursuivez la lecture
cela n’est pas nouveau, alors en quoi
Collin est différent ? Écoutons-le : « Le
son et la musique m’intéressent d’un
s’adresse
de cet article, tout va bien se passer.
Pour réconcilier ses gènes, la vie
point de vue thérapeutique. Comprendre
nos comportements, les disséquer
à toutes
l’envoie donc apprendre la composition
musicale en Allemagne et en Suisse.
puis les ré-assembler de manière dé­-
tournée, c’est composer de la légèreté les couches
En parlant allemand, le compositeur
francophone travaille pour la paix, pour
la réconciliation. Finalement, il décom-
vis-à-vis de nos pulsions.»
Comme autre projet psychanalytique,
DES ASTRES est un théâtre musical
du vivant.
pose autant qu’il compose, révélant que mêlant drones, grues et … méduses.
la création musicale, comme cet article, Léo (ou Collin ?) s’inspire de l’animal
n'est qu'une affaire de traduction ! marin et du mythe grec de Méduse pour
Avec Kay Zhang and Nuriya Khasenova, apporter des clefs de lectures de notre
il fonde en 2015 le collectif zurichois contemporanéité. DES ASTRES ques-
Totem, un laboratoire où il conçoit tionne notamment le rapport homme/
des pièces pluridisciplinaires, éclairant femme, raconte des histoires déconcer- le Museum für Gestaltung de Zurich. En
les mythes européens, s’inspirant de tantes où la frontière entre fiction et septembre prochain, il composera la
Jung&Freud, rappelant l’univers documentaire devient floue. D’ailleurs, musique pour le Hörspiel « Eine version
dadaïste. Ainsi, il travaille depuis deux comme dans la plupart de ses travaux, der Geschichte », une production à la
ans sur The Whale project, une vidéo- Léo écrit le libretto, réalise les vidéos, Schauspielhaus Zürich.
performance dans laquelle des per­ remixe sa propre musique et signe la Collin est convaincu que la musique
formers filment tout en jouant avec des mise en scène. Si pour lui le travail de contemporaine peut être charnelle
figurines et des objets du quotidien compositeur ne se limite pas à l’écriture et intellectuelle, politique et poétique,
posés sur une table. Les musiciens pro- de partition, c’est parce qu’il est pas- participative et intime. Ces notions
duisent le bruitage en direct : la musique sionné par de nouveaux formats. Par ne sont pas réservées à la danse,
est émise par des sacs en plastique exemple, en mars dernier, il réalisait une au théâtre ou au film : bien au contraire,
et des ballons, qui, combinés par des video walk que lui inspira l’artiste cana- la musique contemporaine, si elle
effets électroniques, rappellent le mys- dienne Janet Cardiff. En mai et juin dépasse son propre langage, s’adresse
térieux chant des baleines. 2018, il proposera des audio-guides pour à toutes les couches du vivant.

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Parc d’attractions
La Biennale Musiques en Scène (Lyon, 2 au 4 mars 2018)

Organisée par le Grame, la Biennale pour l’installer sur un siège. Des bruits La création de Virtual Rhizome de
Musiques en Scène offrait un « Crazy de cornemuse et de pas encerclent Vincent-Raphaël Carinola souffrait d’un
Week-End » qui interrogeait les l’auditeur, renforcés par un environne- autre écueil : interprété par le percus-
« État(s) limite(s) » du phénomène ment électronique procurant une sensa- sionniste Jean Geoffroy, le musicien
sonore. Première bonne surprise : tion diffuse de menace. S’entame alors tient deux smartphones (appelés
le succès public de ce week-end un ballet mêlant des musiciens (mais smartsolos) élaborés par le réalisateur
d’inauguration, notamment durant les combien ?) se disséminant dans un en informatique musicale Christophe
concerts familiaux de l’après-midi. espace (de quelle grandeur ?) à la Lebreton, censés créer une interaction
Figure phare de l’édition, le compositeur manière d’un opéra rituel de Stockhausen. entre le corps de l’interprète, des
Michaël Levinas décevait pourtant Blind tombe toutefois dans une capteurs greffés aux smartphones
lors du concert de l’Orchestre National absence de dramaturgie musicale qui d’un côté, et un vrombissant environne-
de Lyon. D’une durée de huit minutes, apparente l’œuvre au frisson d’une ment électronique sur haut-parleurs
son Psaume (Frescobaldi in memoriam maison fantôme de parc d’attractions. de l’autre. Le résultat est au mieux
II) en création s’apparente davantage à Deux créations faisaient enfin appel timide, au pire s’assimile à un gadget
une étude sonore qu’à une véritable à des smartphones, écueil obligé, pour amorcer une dimension gestuelle
partition achevée, comme si le com­ semble-t-il, par le cahier des charges de l’interprétation qui semble ici par­
positeur français s’accordait un repos des commandes institutionnelles fran- faitement superfétatoire.
prospectif après sa vaste Passion selon çaises. La première, Geek Bagatelles Finalement, c’est l’invention de
Saint Marc. Mettant quatre harpes au de Bernard Cavanna, soulève d’épi- l’Air-machine du tchèque Ondřej Adámek
premier plan de l’orchestre, Psaume uti- neuses questions sur le sens artistique qui réunissait harmonieusement les
lise des scordaturas dans un discours apporté par ces concerts participatifs. enjeux de ce premier week-end de
relativement amorphe et peu specta­ Dans une ambiance bon enfant, ici la Biennale Musiques en Scènes.
culaire. L’hommage à Frescobaldi réside encore à la manière d’une attraction Air-­machine est un dispositif fonction-
ici surtout dans la polyphonie et l’orne- de parc à thèmes, un « animateur » nant avec de l’air soufflé ou aspiré
mentation. On notera cependant que explique tout d’abord la bonne utilisa- de manière rythmique. Sur les embouts
la pièce gagne une belle suggestion tion des téléphones portables lors de se gonflent des ballons de baudruche,
poétique le soir de sa reprise, le lende- l’exécution de l’œuvre. Après avoir télé- des sifflets, des tubes, voire d’hilarants
main. Même déception sur la promesse chargé une application, les spectateurs cochonnets en plastique. Adámek
d’ « état limite » avec l’interprétation sont invités soit à lever leur téléphone réussit ici à surprendre par les sonori-
de Riot of Spring de Dmitri Kourliandski. dans les airs, soit à crier « Freude », tés engendrées par sa machine, le
Œuvre de circonstance créée pour le hommage à la Neuvième Symphonie de dialogue instauré entre l’homme
centenaire du ballet de Stravinsky en Beethoven oblige. L’idéal déployé par (Roméo Monteiro) et son instrument
1913, la pièce tient davantage du le compositeur français est résolument et la pure dimension de théâtre musical.
happening musical, puisque les musi- français : croyance dans la technique, Pour le plus grand bonheur des enfants
ciens de l’Orchestre National de Lyon se crainte d’une chute irréversible de civili- présents dans la salle, Ondřej Adámek
dispersent dans la salle à mesure que sation (dans la notice de programme, atteint seul ces « états limites »
l’orchestre maintient un accord immu­- Cavanna évoque les destructions du dont se réclame la Biennale Musiques
able en ré. Le chef (Baldur Brönnimann) temple de Palmyre en Syrie) et univer- en Scène.
dirige bientôt seul sur scène, pendant salisme à tous les étages. Or, le poli- Laurent Vilarem
que les musiciens échangent leurs tique s’immisce souvent, sans le vou­loir,
instruments pour les prêter aux specta- dans le culte hexagonal du son pour le
teurs. En dépit de ces prémisses inté- son : voir des enfants de collèges publics
ressantes, le résultat reste très sage et lever, obéir pour crier de façon très
ne transcende pas son postulat initial. militaire « Freude » est très probléma-
Blind d’Erwan Keravec offrait, lui, une tique. Seul reste le culte de la partition,
expérience inédite. A l’entrée de la salle, sous l’égide du grand dieu Beethoven,
le spectateur est muni d’un masque et le bel engagement de l’Orchestre de
oculaire puis un ouvreur l’accompagne Picardie dirigé par Arie van Beek.

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Art des spectres


Hyper Duo et Stefano Malferrari invités par la
Société de Musique Contemporaine (SMC) à Lausanne
(5 mars et 12 mars 2018)

La musique est un art des spectres. Ce la lenteur qui caractérise les bourdons, prédétermination par un acte antérieur.
mot désigne à la fois ce qui n’est plus chez Lorieux, le percussionniste travaille Dans l’interprétation magnifique
que l’apparence de quelque chose et les cordes à l’intérieur du piano avec de … sofferte onde serene … de Luigi
la dissolution d’une entité complexe en une virtuosité étonnante, chez Wubbels, Nono, c’est la présence fantomatique de
ses composantes énergétique. Curieuse il bat à toute allure dans le registre le Maurizio Pollini qui hante la scène, qui
rencontre entre deux sens, l’un fantas- plus aigu d’un vibraphone préparé. Mais se communique par le grésillement
tique, obscure, superstitieux, l’autre ce n’est pas un trajet, un développement du haut-parleur caché sous le piano, ce
profane, rationnel, analytique. Et pour- linéaire, une progression temporelle, sont les jeux de résonance qui rap-
tant, dans la musique, l’un n’exclut pas que cette activité produit, mais l’émer- pellent les échos des cloches d’une
l’autre. Au contraire, plus la musique gence d’une texture irisante, comme s’il Venise fantasmagorique. Le curieux
s’efforcera de défaire les sons, plus elle fallait tout un travail de préparation Sospeso d’Incanto No 3 d’Adriano
en fera ressurgir quelque chose d’insai- monotone et fatiguant pour provoquer Guarnieri cherche le dialogue avec la
sissable, de fantomatique. l’apparition, fragile et éphémère, de virtuosité pianistique de Franz Liszt,
La Société de Musique Contempo­- quelques chose, qui n’est sans contour imitant les grands gestes, les trilles,
raine (SMC) à Lausanne proposait deux ni substance. Le risque d’enchainer ainsi l’arpeggio pathétique amplifiées grâce
concerts qui mettaient en relief, chacun des œuvres très réduites, presque aux possibilités surhumaines des
à sa manière, cette nature spectrale informes, sans un moment de repos, a haut-parleurs ; un anachronisme irritant,
de la musique. Le Hyper Duo, composé été récompensé par l’expérience d’une démuni dans sa surabondance, mais
par Gilles Grimaître au piano et Julien tension rare que les pièces jouées de par là peut-être plus juste qu’un moder-
Mégroz aux percussions, a fait le pari manière isolée n’auraient peut-être pas nisme satisfait. La création de East
d’assembler cinq œuvres dans un eu la force de créer. St. Louis Blues d’Alessandro Ratoci
concert sans interruption. Un jeu de Le concert suivant reprenait le motif transposait ces conflits dans les
lumière très sobre, mais d’autant plus de l’apparition spectrale, cette fois, registres contemporains: Ratoci retra-
efficace, liait les différentes parties dans sa forme la plus irritante: la repro- vaille des vieux enregistrements jazz,
créant ainsi une œuvre nouvelle centrée duction électronique du son. Trois entrelace les gestes typiques du genre
autour de la lueur pâle d’une ampoule œuvres pour piano et électronique ont et la ligne de basse caractéristique
qui, dans sa présence erratique, sem- été présentées par Stefano Malferrari de ce standard dans des textures
blait sortir d’un tableau de Francis et l’équipe du Centro Tempo Reale de denses et saturées qu’il spatialise de
Bacon. Dans le premier morceau, Hant Florence. Cette rencontre du piano manière vertigineuse sur les haut-
de Dragos Tara, la lumière migre à l’inté- et du haut-parleur reflète l’image de parleurs qui entourent le public. Mais
rieur de la petite caisse amplifiée, un notre époque: L’instrument de composi- c’est surtout les sonorités crues, les
dispositif énigmatique qui se met à scin- tion traditionnel, la matérialisation du résidus sonore, les glitchs et bruits
tiller faiblement dès que Mégroz en fait système rationnel de la tonalité, le banals qui frappent l’oreille, qui ne
sortir des grondements lents et délicats. meuble bourgeois se voit submergé, s’intègrent pas au discours musical
Une résonance minimaliste, presque transformé, emporté, il se voit hanté par mais y font obstacle, qui interrompent
immobile, s’installe entre le piano et la les puissances irréelles du son électro- et qui marquent ainsi la grande distance
percussion, entre les amplifications et acoustique. Mais il ne faut pas aller entre le jeune artiste et Nono. Mais
les lumières sans que l’on puisse identi- trop vite en opposant le passé pianis- qu’est-ce que, qu’est-ce qui, par les
fier le rapport causal entre ces évène- tique au futur digital, car sur scène, membranes des enceintes, fait irruption
ments. Ce minimalisme, cette réduction le passéisme inévitable du dispositif dans le discours du piano ? Est-ce la
à un petit nombre d’actions ou de tex- électronique devient évident : Le pia- chose profane, le monde réel ?
ture sonores qui sont dépliées par une niste, agent de l’instant présent, Certes, mais un monde devenu spectre
musique plus spatiale que temporelle; se confronte à des apparences de sons lui-même, un réel qui n’est plus que
cet ascétisme se retrouve aussi dans absents, de sons qui ont été enregistrés, l’apparence de quelque chose.
les œuvres de Grégoire Lorieux, Timothy retravaillés, organisés dans un passé Christoph Haffter
McCormack, Arturo Corrales et d’Eric inaccessible, des sons qui reviennent.
Wubbels. Ce minimalisme s’exprime de Même la transformation en temps
différentes façons: chez Tara, à travers réel n’arrive pas à s’affranchir de cette

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Un portrait excessif
Festival Présences 2018 à Paris (Maison de la Radio, du 6 au 11 février 2018)

la plupart de ses œuvres une entrée en


matière dynamique, le compositeur
en fait trop lors des développements.
La symphonie concertante Psalmos par
exemple, s’appesantit à plusieurs
reprises sous l’effet d’insistantes cita-
tions de chorals. C’est dans sa musique
soliste (les évocations diffuses de
Debussy dans les Trois études impres-
sionnistes) ou chambristes (le jazz
passé au prisme de Stravinsky, la moto-
rique bartokienne et les harmonies par-
fois messiaenesques du Sextet) que
s’équilibrent peut-être le mieux geste,
Une démonstration de virtuosité : Thomas Ospital interprète Thierry Escaich à l'orgue.
discours et matériau.
Photo: Radio France / Christophe Abramowitz Thierry Escaich a tenu à inclure au
programme du festival la musique de
Après quatre années d’une programma- reformulation. La pièce tourne à la plusieurs de ses anciens élèves. Parmi
tion à la thématique géo-culturelle démonstration de virtuosité, certes eux, le brillant pianiste Jean-Frédéric
aux contours parfois flous, le festival remarquablement maîtrisée, mais Neuburger, qui n’est pas un débutant en
Présences renouait pour son édition affiche un peu trop ouvertement les composition même s’il se forme actuel-
2018 consacrée à Thierry Escaich avec limites d’un morceau de concours. lement en électroacoustique à la HEM
le principe monographique. Le large Le domaine de la musique narrative de Genève, nous vaut une excellente
domaine de compétence musicale de ce offre le même soir une déception d’un surprise. Son Concerto pour piano
compositeur-organiste-improvisateur autre ordre. Avec un texte déclamé et orchestre instaure un rapport original
promettait un portrait polychrome. par son auteur, Laurent Gaudé, l’oratorio entre soliste – le compositeur lui-
On aura pourtant pu se rendre compte Cris s’inscrit dans la tradition du mélo- même, restituant sa partition avec une
que chez Escaich, la frontière entre drame. Le sujet – les morts de Verdun – souplesse et un naturel qui profitent
composition et improvisation est assez n’incite certes pas à la fantaisie, mais à la spontanéité, pourtant contrôlée, du
poreuse. S’il met assurément une dose la tension expressionniste semble ici discours – et orchestre. Son quintette
d’écriture dans ses improvisations, bien frontale, aboutissant à une suren- avec clarinette et piano Talisman souligne
au sens où la construction, aussi instan- chère d’intensité vocale qui se révèle la propension de Karol Beffa à puiser une
tanée soit-elle, repose sur un schéma peu efficace sur le plan dramaturgique, part de son inspiration harmonique chez
mental déjà partiellement préfiguré, il ne malgré l’énergie que déploie Julien Leroy les minimalistes américains ou les com-
conserve pas moins, dans le processus aux commandes de l’ensemble de violon- positeurs de musique de film d’outre-
de composition, une part d’immédiateté celles Nomos et du Chœur de Radio Atlantique, avec, dans le second mouve-
qui vient, là encore, du clavier. Dans France. Donné cette fois en création par ment, un emprunt appuyé à la treizième
les deux cas, la musique se signale par l’Orchestre Philharmonique et la Maîtrise des Ephémères de Philippe Hersant.
son fort ancrage modal, sa pulsation de Radio France, un autre oratorio, La Les pièces de Jean-Charles Gandrille, de
affirmée et ses rythmes soulignés par Piste des chants, conclura le festival Grégoire Rolland et davantage encore
une superstructure d’accents dissymé- sur une note d’exotisme amérindien digne de Camille Pépin paraissent quant à elles
triques. Comme le laisse entendre d’un blockbuster hollywoodien. anecdotiques, voire simplistes.
Ground II pour orgue et percussion, Révélatrice de la nature foncière­- Parmi les créations plus consistantes,
donné lors du concert d’ouverture, les ment harmonique de l’écriture du com- on retient notamment le bel élan
mouvements de basse obstinée sti- positeur, sa musique orchestrale et im­pressionniste que privilégie Roger
mulent chez le compositeur une propen- concertante manifeste également une Muraro dans La Danse, selon Matisse
sion très marquée à la construction tendance récurrente au trop-plein. de François Meïmoun malgré une ten-
du discours par la répétition variée et la Alors que son sens du geste garantit à dance à la surabondance et à l’excès de

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Musikalisches Gipfelwerk
Zur Uraufführung von Heinz Holligers Oper Lunea
(Opernhaus Zürich, 4. März 2018)

masse du matériau. Trahissant l’influence Lenau, Lunea …, Laune …., Ulane … Das Lascia ch’io pianga: Ziemlich genau in
directe de l’univers sonore de Gérard Libretto von Heinz Holligers neuer der Mitte des Werks, im elften Blatt,
Pesson, Avec serait presque victime de Oper provoziert geradezu, dessen Wort- wird die vielleicht berühmteste Arie
l’inventivité de son élève Bastien David material im Kopf weiterzuspinnen. der Barockmusik zitiert. Man mag das
dans le domaine des timbres, qui entrave Leib. Beil. Leid. Lieb. Lid erscheint als zuerst einmal mit Erstaunen zur Kennt-
finalement la téléologie du discours. Wortfolge in der zweiten Szene, und nis nehmen, schafft Holliger doch sonst
Quoique défendu sans conviction par unwillkürlich ergänzt man Lied und viel- kaum je so direkt mit erkennbarem
Mikko Franck, le concerto pour hautbois leicht Diele, und danach tastet man fremdem Material. Doch ist das Zitat
L’ange double de Laurent Cuniot pro­- den Text und seine Schlüsselwörter einerseits dramaturgisch plausibel: Zu
pose une matière orchestrale très luxu- immer wieder auf mögliche Anagramme der damals berühmten Sängerin Karoline
riante et colorée par quelques touches und versteckte Bedeutungen ab. Mag Unger hatte Lenau eine kurze Beziehung,
microtonales. Globalement tendue, dies auch nicht gerade die Absicht von die unglücklich endete. Noch mehr
la pièce met à rude épreuve Olivier Doise, Komponist und Librettist gewesen sein, möchte man das Zitat aber als Hinweis
qui enchaîne avec bravoure multipho- so hat es doch mit der spezifischen auf Holligers spezifische Vertonung
niques et traits rapides dans l’aigu. Machart und Wirkung des Werks zu tun. des Librettos verstehen. Viele Elemente
Pour la seconde fois en quelques «Oper» mag Heinz Holliger sein seiner Musik scheinen – wie in der
semaines, Aurélien Dumont surprend neues Bühnenwerk Lunea nicht nennen; Barockmusik, und da mehr noch bei Bach
avec Glacis. Le compositeur se focalise im Untertitel bezeichnet er es als Lenau- als bei Händel – im Kleinen und Grossen
ici sur l’idée de superposition de strates Szenen in 23 Lebensblättern. Jedes direkt durch den Text generiert zu sein.
fines que suggère le titre, pour pro­duire dieser Lebensblätter ist eine Szene aus Da darf etwa die Melodie beim Wort
une musique en apparence plus figée, dem Leben des ungarisch-österreichi- «versenket» in die Tiefe sinken (was
par des stases ou des mouvements schen Dichters Nikolaus Lenau, der nach sich die Generation der Avantgardisten
mélodiques captifs, qu’à l’accoutumée. grossem literarischem Erfolg und einem vor Holliger strikt verbeten hätte),
Avec le concours de Fanny Vicens, spé- rastlosen Leben 1844 einen Gehirn- Lenaus ungarische Herkunft wird durch
cialiste de l’accordéon microtonal, et de schlag erlitt und die verbleibenden Jahre ein Cimbalom im Orchester mehr als
Thomas Ospital qui pousse l’orgue Gren- in einer Klinik verbringen musste; er nur angedeutet, sein Geigenspiel wird
zing de la maison bien au-delà de son starb 1850. Nicht dass das Werk nun durch ein veritables kleines Violinkonzert
tempérament habituel, le compositeur diese Biographie chronologisch nach­ evoziert, und als ganz am Schluss der
développe un climat harmonique singulier. erzählen würde: Die 23 Szenen evozieren Satz «Der Mensch ist ein Strandläufer
Si Philippe Leroux généralise dans le vielmehr in einer Art von Mosaik Lenaus am Meer der Ewigkeit» nochmals auf-
concerto pour percussion (D’)Tourner Person und Gedankenwelt, seine Bezie- scheint, erklingen im Orchester unver-
(2016) l’idée de mouvement circulaire, y hung zu Mutter, Schwester und Geliebter kennbar Vogelstimmen. Zum Text mit
compris dans le domaine du timbre, (und deren Ehemännern). Dazu hat seinem Echoraum von Assoziationen und
c’est pour mieux contrecarrer cette Holligers Librettist – der sich (passend Assonanzen schafft die Musik so einen
rotation et la faire échapper à son axe. anagrammatisch) Händl Klaus nennt – zweiten Echoraum, der an Klangreich-
Faux statisme et glissement subreptice, aus späten Texten und Notizen des Dich- tum, Atmosphäre, Plastizität und Bezie-
vivacité et dynamisme en même temps ters ein sich von Blatt zu Blatt verdich- hungsvielfalt seinesgleichen sucht.
que perfectionnisme du détail sont tendes sprachliches Geflecht erarbeitet, So stellt sich bald auch der Wunsch
typiques de la musique du compositeur. mit knappen Dialogen, Bruchstücken aus ein, diese Musik einmal ganz ohne Bild
Florent Jodelet investit pleinement son Gedichten, fragmentarischen Notizen, zu hören und sich nur auf ihre Klänge
espace scénique grâce à ses gestes poetischen Sentenzen («Der Mensch ist zu konzentrieren – was im übrigen
incarnés. Magnifique, colorée et inven- ein Strandläufer am Meer der Ewigkeit»), ein Mitschnitt der Produktion in naher
tive, cette pièce semble suggérer, si assoziativen Wortketten und Anagram- Zukunft möglich machen wird. Der Insze-
jamais le festival Présences venait à men verschiedenster Art, von ort, tor, rot nierung von Andreas Homoki gegenüber
manquer de compositeurs phares pour bis zu nhoS reuert rhI – ein Text, der ist dieser Wunsch allerdings etwas
ses prochaines éditions, de s’intéresser offen und porös zu sein scheint und so ungerecht, setzt sie doch Holligers
de près à la figure de Philippe Leroux. zu unterschiedlichsten eigenen Assozia- Partitur stimmig in eine eigene Bildwelt
Pierre Rigaudière tionen einlädt. um: Homoki siedelt die Handlung optisch

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Lenau im Beziehungsnetz: Szene aus Heinz Holligers Lunea.


Mit (v.l.n.r.) Annette Schönmüller, Sarah Maria Sun, Juliane Banse, Christian Gerhaher und Ivan Ludlow.
Foto: © Paul Leclaire

vollständig in einer graugetönten Bieder- ble (Philharmonia Zürich) zur Verfügung einem Orchesterkonzert, das Heinz
meierwelt an, die Damen mit dezent hat, die sich vollständig auf seine Holliger mit Werken eigener Wahl
farbigen Hauben, Rüschen und Reif­ Intentionen einlassen. Kommt hinzu, konzipierte und dirigierte. Eine Stern-
röcken, die Herren mit ebensolchen dass Holliger den Part von Lenau und stunde des Opernhauses und ein
Anzügen, Halsbinden und Zylindern; nur jenen seiner Geliebten/Mutter spezifisch musikalisches Gipfelwerk nicht nur
der unangepasste Lenau trägt Hemd für die Sänger der Uraufführung – dieser Saison – ein Erlebnis mit einem
und Hose. Konkrete Situationen ergeben Christian Gerhaher und Juliane Banse – lang anhaltenden Echoraum.
sich nur wenige, die Bilder haben stets geschrieben hat, die in ihren Rollen Roland Wächter
den irrealen Charakter eines Traumge- brillieren. So ist in der Gesamtleistung
schehens, in dem sich wenig mit Händen der Aufführenden von den sonst gern
greifen lässt, das aber umso mehr angeführten Problemen beim Umgang
einen unwiderstehlichen Sog entwickelt. mit neuer Musik hier kaum etwas
Natürlich hat das auch damit zu tun, spürbar – auch im ausserordentlich auf-
dass der Komponist als erfahrener merksamen Publikum nicht. Ausserdem
Dirigent seine eigene Partitur kongenial bahnte das Opernhaus die Produktion
umsetzt, dass er dabei ein Sängerteam, vorbildlich an, mit einem Gesprächs­
einen Chor (hervorragend: die Basler konzert, das Christian Gerhaher und der
Madrigalisten) und ein Orchesterensem- Pianist Gerold Huber gaben, und mit

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Neustart für einen Mythos


Orpheus von Dominique Girod und Corsin Gaudenz
(Uraufführung am 6. März 2018 im Fabriktheater, Rote Fabrik Zürich)

Zum anderen wird die Geschichte aufge-


brochen, weil die Rollen nicht eindeutig
zugeordnet sind. Auf einmal stellen
sich die Sänger und Sänger­innen einzeln
mit ihren (wahren) Studien­gängen vor
und konterkarieren so Orpheus durch die
Gegenwart. Und schliesslich werden
wir, kaum sind wir in der Unter­welt ange-
langt, zur Pausenbar gebeten, begleitet
von ganz andersartigen Klängen.
In aller Heterogenität fliesst das
jedoch schlüssig zusammen, so wie
auch die sehr individuellen Stimmen auf-
einandertreffen und sich verbinden und
wie sich die musikalischen Stile, die
Girod einbringt, gegenseitig dramatisch
Enge Körperballung beim Hohen Lied der Liebe in Dominique Girods Orpheus. Foto: Michelle Ettlin auf­laden. Darin steckt eine grosse Vielfalt
und eine Kraft, die von einfachen Gesten
«Ich bin die Musik», sagt die Frau, die und die zwei Tänzer in enger Körperbal- ausgeht, sich aber beharrlich steigern
eingangs in einem rosa Kleid und mit lung am Boden ein Hohes Lied der Liebe kann. Schräg sind die Textvertonungen,
Stirnband vors Publikum tritt und in den anstimmen. Emotion wird da sofort wohl gewollt momenteweise unelegant
zweieinhalbstündigen Abend einführt. spürbar, und so wird es auch weiterge- und der Sprachmelodie widerstrebend,
Der Opernliebhaber zuckt da für einen hen an diesem Abend, an dem das auch das ist ein Mittel des Aufbrechens.
Moment zusammen, denn mit diesen Musiktheater einmal mehr aus dem Dazwischen gelingen ein paar wunder-
Worten «Io la musica son» eröffnete Gesang des thrakischen Sängers bare und ein paar freche Szenen, fragile
eben diese allegorische Gestalt vor 411 geboren wird. Hoher Ton erscheint neben Situationen, die gerade durch die räumli-
Jahren den Orfeo in Mantua – und damit Alltäglichem – es ist eine nicht ganz che Nähe des Publikums zum Ereignis
nicht nur die zauberhafte und leiden- ungefährliche Mischung. nicht peinlich, sondern eindringlich gera-
schaftliche «Favola in musica» Monte- Die Mitglieder der Freien Oper Zürich, ten. Man merkt, hier geht’s um etwas.
verdis, sondern gewissermassen die der Librettist und Regisseur Corsin Hinter diesem scheinbar so leichten
gesamte Operngeschichte. Hier nun aber, Gaudenz und Dominique Girod, der und frechen Zusammenspiel der Genres
bei der Conférencière Denise Wintsch Komponist und musika­lische Leiter am verbirgt sich nämlich ein hoher Anspruch,
mit ihrem deutlichst zürcherisch gefärb- Kontrabass, sie erzählen den uralten ein Zurück zu den Quellen des Musik­
ten Hochdeutsch, das durchaus gele- Mythos durchaus dem gewohnten Her- theaters. Zusammen mit dem heteroge­-
gentlich in den Dialekt rüberkippt, wird gang nach: Schlangenbiss, Fährmann nen Ensemble aus Streichtrio, zwei Kla-
der Mythos sofort entzaubert und Charon, Furien­tanz, Hades und Proser- vieren, Perkussion, E-Gitarre, Kontra­-
entleidenschaftlicht. Sie spricht nicht pina, der Blick zurück und die Apotheose bass, Trompete und Saxophon entwickelt
gewählt, sondern redet halt so, wie man des Sängers im Sternbild der Leier. dieses Stück Passion, ja Pathos. Das
das tut, wenn man kaum die rechten Sie tun das mit Solo- und En­semble­ reicht bis hin zu den fern verklingenden
Worte findet. Das hat natürlich Methode. gesang, Tanz und rein instrumen­- Glockenschlägen des Fast-Schlusses.
Ein ungewöhnlicher Neustart also für talen Abschnitten, wie man das auch Bedauerlich, dass Gaudenz und Girod da
den Gründungsmythos der Musik und der bei Monteverdi und Gluck findet, und dem eigenen Tonfall nicht mehr völlig
Oper, und man fragt sich, wie das denn dennoch verändert sich vieles. Zum einen vertrauten. So muss ganz am Ende
nun mit diesem Orpheus und seiner greift die Gestalt der Musik mehrmals Frau Musica noch ein paar Töne block­
Eurydike weitergehen mag, ob alles auf ein, vermittelt den Inhalt und deeska­- flöteln und ein Grammophon bedienen.
diese Weise entmythifiziert wird. Aber liert, wie das halt bei jener Vermittlung, Schade. Mit diesem Ausplänkeln hat sich
sogleich auferstehen Zauber und Leiden- auch der Kulturvermittlung, meist das zuvor starke Stück selber verpasst.
schaft doch wieder, wenn die vier Sänger der Fall ist, die emotionale Spannung. Thomas Meyer

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Robots, machines et intelligence artificielle


Festival Archipel, 15 au 25 mars 2018, Genève

« Ecce Robo » a proclamé le festival tante est donnée à l’expression mélo- Pelzel et le Präludien Buch 1–4 (n.1–8)
Archipel pour sa 27e édition. Parmi les dique, particulièrement lors des pas- de Mischa Käser regroupent divers
machines et les installations sonores sages solistes tenus par les instruments morceaux, axés tous sur des techniques
à découvrir, c’est tout un éventail de à vents les plus graves. d’écriture différentes. Les études de
problématiques liées aux derniers déve- La thématique du festival était au Pelzel, d’une invention riche, annoncent
loppements de l’intelligence artificielle, centre des « salons de musique » qu’ont la composition d’un prochain opéra dont
de l’informatique et des algorithmes animés à l’Alhambra les ensembles on peut beaucoup se réjouir.
qui ont aiguillé la programmation NKM de Berlin et Eklekto de Genève. Benjamin Jaton
du festival. Ces questions éminemment Aux côtés d’œuvres stochastiques de
contemporaines se rapportent égale- Xenakis, c’était aussi l’occasion de
ment à une proche histoire artistique redécouvrir avec l’Illiac Suite (1956) de
que le festival a cherché à mettre à Lejaren Hiller la première œuvre compo-
l’honneur, notamment par le travail pion- sée par intelligence artificielle. De
nier de Xenakis. style néoclassique, les quatre mouve-
Ce sont les robots de l’artiste Arno ments ou « expériences » du quatuor à
Fabre qui ont ouvert le festival avec cordes ont été générés à partir d’une
deux installations sonores exposées au formalisation informatique de l’harmonie
Musée d’art et d’histoire. L’installation tonale. En conclusion des salons,
Les Souliers présentait un véritable Hitonokiesari de Masahiro Miwa alliait
orchestre avec une trentaine de bipèdes algorithmique et robotique pour ressus-
mécaniques réalisant une chorégraphie citer le rite imaginaire d’un peuple
sonore par la voltige, le frottement dont la langue n’aurait été composée
ou encore le martelage de chaussures que de tons et de voyelles. Entre le
contre le sol. À l’écoute de l’œuvre, larynx mécanique du plasticien David
l’enchaînement des séquences percus- Riches, les harmonies suspensives des
sives rappelle la rythmique brute et cordes et la constante pulsation de
répétitive des machines industrielles. tubes en plastique, un certain mysti-
C’est là un point de convergence cisme transparaît de cette œuvre, qui
entre musique et machine qui s’est toutefois semble trop se complaire dans
déployé en toute complexité le lendemain une esthétique minimaliste.
lors de la création d’œuvres de Stefano Une plus grande originalité était
Gervasoni et de David Hudry par le de partie lors du concert des Neue Vokal­-
Lemanic Modern Ensemble. L’écriture ­solisten consacré à la musique vocale
subtile de Gervasoni semble en effet suisse. Tempi Agitati de Katharina
développer dans le Cappricio ostico Rosenberg s’est offert aux auditeurs
cette musicalité caractéristique des comme une multitude de moments
machines par diverses figures circulaires, contrastés, que ce soit en termes de
souvent alambiquées, nées de la super- spatialisation et de groupement des
position de rythmes et de la combinaison chanteurs, de rythmes et de tempi, ou
de timbres. Quant à Machina Humana par le dialogue interne que noue la
de David Hudry, c’est de façon tout à fait compositrice avec les extraits de madri-
explicite que cette œuvre renvoie à la gaux d’Adrien Willaert et de Cipriano de
brutalité sonore des usines de décolle- Rore qui parsèment l’œuvre. Tandis
tage de la vallée de l’Arve, mêlant à qu’Ante litteram d’Oscar Bianchi pré-
l’orchestre les sons concrets recueillis sente d’un seul tenant un intéressant
en environnement industriel. Parallèle- développement dialectique entre tenues
Rites imaginaires : les ensembles NKM et Eklekto
ment aux violentes et spectaculaires dynamiques et agitation rythmique, dans Hitonokiesari de Masahiro Miwa.
saccades rythmiques, une place impor- l’Etüdenbuch zu Diabelli de Michael Photo: Archipel 2018

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Berlins Blick auf kriegerische Zeiten


MaerzMusik – Festival für Zeitfragen (Berlin, 16. bis 25. März 2018)

lebende, amerikanische Transgender-


Künstler/in Terre Thaemlitz ebenfalls
in den Fokus des Festivals gestellt.
In seinem monumentalen, aus fünf Teilen
bestehenden Werk Soulnessless (2012),
das über drei Tage hinweg im Martin
Gropius Bau gezeigt wurde, beschäftigt
sich Thaemlitz wie in vielen seiner Arbei-
ten mit der Kritik und Dekonstruktion
bestehender heteronormativer Ge­-
Die Pianistin Heloisa Amaral spielt Terre Thaemlitz’ Soulnessless im Gropius Bau. Foto: Maarten De Vrieze schlechts­identitäten, mit Sexualität,
Klassenzugehörigkeit, Religion sowie
Die Berliner MaerzMusik hat sich viel vor- besitzt, explizite Fragestellungen und Prozessen der Soundproduktion. Neben
genommen. Das Festival für Zeitfragen, Themenfelder zu verhandeln. Die Maerz- vier Videoarbeiten zog vor allem die
wie sie unter der künstlerischen Leitung Musik umging diese Schwierigkeit, 30-stündige Klavierkomposition Canto V:
von Berno Odo Polzer seit 2015 heisst, indem die programmatische Gewichtung Meditation über Lohnarbeit und den Tod
verbindet diskursive Formate zu gesell- statt auf reine Konzerte vielmehr auf des Albums ein junges, kunstaffines
schaftlich relevanten Themen und musikalisch-theoretische Mischformate Publikum an, das auf den im imposanten
aussergewöhnliche Konzertformen und gelegt wurde, bei denen vor allem Per­ Lichthof des Museums verteilten Liegen
will somit die Idee des Neue Musik-Festi- sonalien als Projektionsfläche für ge­- der Repetition der beiden sich abwech-
vals neu denken und sich weiteren Kon- sellschaftliche Themen genutzt wurden. selnden Akkorde lauschen konnte.
texten öffnen. Mit dem gross angelegten So lag bereits zum zweiten Mal in Ein musikalischer Höhepunkt war die
Diskursformat Thinking Together arbei- Folge ein Hauptaugenmerk auf der Musik Premiere von Migrants (2017/2018)
tete sich die MaerzMusik in ihren zehn und dem Leben von Julius Eastman des griechisch-französischen Komponis-
Festivaltagen unter dem Motto Time (1940–1990), der sich als afroamerika- ten Georges Aperghis, grandios gespielt
Wars an einem breiten Pensum (selbst-) nischer und schwuler Komponist, Pianist vom Ensemble Resonanz unter Emilio
kritischer, gesellschaftlicher, politischer und Performer im New York der 1960– Pomarico im Kammermusiksaal der
und philosophischer Fragen ab. Schon 80er Jahre in einem von weissen männli- Berliner Philharmonie. In der dreiteiligen
im Vorwort des ausführlichen Festival- chen Komponisten geprägten Umfeld Komposition für zwei Frauenstimmen,
Readers war von «Krieg zwischen den offen gegen Homophobie, Kapitalismus Klavier, drei Schlagzeuger und Streicher
Zeitlichkeiten», «Turbo-Kapitalismus», und Rassismus positionierte. Nach schaffte es Aphergis, eine gelungene
«Ausbreitung digitaler Zeitregime», Jahren der Armut, Drogen- und Alkohol- Verbindung zwischen musikalischer
«langsamer Gewalt der Umweltzerstö- sucht starb er im Alter von 49 Jahren Intensität und seinen eigenen Erfah­
rung» und «enteigneten Zeitlichkeiten und geriet samt seinem musikalischen rungen mit der aktuellen Thematik der
der Migration» zu lesen. Wer sich darauf Schaffen in Vergessenheit, bis in den Migration und Flucht herzustellen.
einliess, bekam viel geboten: in interdis- letzten Jahren seine Rolle als politische Mit The Long Now, einem 30-Stunden-
ziplinären Vorträgen, mehrstündigen Symbolfigur wieder vielfach aufgearbei- Spektakel im für Berlin typischen indus­
Leserunden, Listening Sessions, Filmvor- tet wurde. Wie schon im Jahr zuvor, triell-kathedralenhaften Dekor des
führungen, Gesprächsrunden, Installati- wurde Eastmans post-minimalistischen Kraftwerks, gingen auf den vier Ebenen
onen und Workshops zu «Gender Rela- Werken das Eröffnungskonzert im Technobeats, düsterer Elektro, virtuose
tions in New Music» wurden Themen Haus der Berliner Festspiele sowie in Jazzimprovisationen, futuristisch anmu-
vertieft und das Publikum mit interdiszi- Kollaboration mit der SAVVY Contem- tende Eisskulpturen, Videoinstallationen
plinären Denkanstössen ausgestattet. porary eine Ausstellung mit Symposium sowie die sanften Klänge von Morton
Mit Blick auf den so präsent platzier- und Performances gewidmet, bei denen Feldmans For Philip Guston (1984)
ten theoretischen Festivalrahmen sein Werk im Kontext der Dekoloni­ ineinander über und liessen das Festival
mag rasch die Frage aufkommen, inwie- sierung ausführlich betrachtet wurde. in einem nahezu zeitlosen Schwebe­
fern Musik – als doch am wenigsten Mit drei multimedialen Performances, zustand zwischen Tag und Nacht enden.
denotative Kunstform – die Fähigkeit Vortrag und DJ-Set wurde der in Japan Katja Heldt

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BERICHTE
COMPTES RENDUS
RAPPORTI
REPORTS

Sinatras Hirngespinste
Sinatra in Agony von Oscar Bianchi und Marlene Kolatschny mit
dem Nouvel Ensemble Contemporain (Gare du Nord Basel, 12. April 2018)

Frank Sinatra steckt in einer tiefen Sinn- sante Kommunikation statt: Nachdem in siebzehn Szenen auf, die zwar in der
krise. Zwar hat er ein schickes Domizil Gloger, ganz auf Wortsprache verzich- Abfolge funktionierten, jedoch keinen
im modernen japanischen Stil, drei Kin- tend, gemeinsam mit dem NEC die strukturellen Zusammenhang erkennen
der, die auch brav Klavier üben, und einen Lautpalette Schritt für Schritt zu einer liessen. Auch die Verknüpfung der
grandiosen Ausblick auf die kalifornische musikalischen Sprache entwickelt hatte, thematisierten Konzepte blieb undurch-
Küste. Trotzdem zweifelt er immer monologisierte Schwalm über die schaubar. Hier wäre weniger mehr
mehr am Sinn seines Tuns. Seiner mini- Transition von blossen Lauten hin zu gewesen. Was das Zitieren der Gesten
malistisch eingerichteten Villa fehlt ersten Wörtern bei den ersten Menschen. und Konventionen aus E- und U-Musik
jegliche Gemütlichkeit und die Natur mit Durch dieses thematische Pingpong mit der Frage nach dem Ursprung
ihrem Fressen und Gefressen-Werden wurden philosophische Themen wie der Musik zu tun hat, blieb offen, ebenso,
widert ihn an. Die Kinder üben täglich, der Ursprung der Musik, die Unterschei- wieso gerade Sinatra als Gewährsmann
doch was bringt es eigentlich, ein Instru- dung von Mensch und Tier und die zur Beantwortung dieser Fragen her­
ment zu lernen? Sinatra sinniert lieber Sinnlosigkeit der Kunst angesprochen. halten soll. Diese Unstimmigkeiten
über den Ursprung der Sprache und der Doch kann dieser philosophische Rund- waren gerade zu Beginn auffällig. Es
Musik, als sein Leben zu geniessen: umschlag in einem gut einstündigen dauerte ein paar Szenen, bis man
Wie formten sich die ersten Urlaute zu Musiktheater überhaupt gelingen? begriff, dass die Ironie den Ton angab
Ursilben und Urwörtern? Wie wurde aus Dieser – man ist fast gewillt zu sagen – und nicht der klassische Opernernst.
den Urwörtern Musik? philosophische Grössenwahn wurde Der grosse Wurf blieb also aus.
Der Komponist Oscar Bianchi und die durch ein selbstironisches Spiel mit Trotzdem: Ein packendes Musiktheater,
Librettistin Marlene Kolatschny brachten Gesten und Konventionen aus der Neuen das trotz den gewichtigen Themen,
im Musiktheater Sinatra in Agony in Musik und der Popkultur angenehm die aufgeworfen werden, nicht in philo-
der Basler Gare du Nord dieses Setting gebrochen. Gloger dirigierte das sich sophischer Schwere versinkt und
zur Uraufführung. Hauptprotagonisten zu einem quietschenden Blockflötenor- trotz einer ordentlichen Portion Humor
waren dabei der Schauspieler Cornelius chester formierende NEC in bester Neue und Slapstick nicht im Klamauk verpufft.
Schwalm als philosophierender Frank Musik-Manier mit einem Gummihuhn. Jaronas Scheurer
Sinatra und der Countertenor Daniel Die philosophischen Hirngespinste von
Gloger, der sich zusammen mit dem Schwalm als Sinatra wurden im Laufe
Nouvel Ensemble Contemporain (NEC) seiner Homestory je länger je mehr paro-
unter dem Dirigat von Pierre-Alain Monot distisch überzeichnet. Was eher nach
auf eine musikalische Suche nach dem Slapstick denn nach Neuer Musik klingen
Ursprung der Klänge begab. Cornelius mag, war bei allem Klamauk durchdacht
Schwalm war bis kurz vor Schluss aus- und sorgfältig umgesetzt.
schliesslich per Live-Videoübetragung Klanglich sauber ausgearbeitet, von
auf einer Leinwand zu sehen. An eine allen Beteiligten überzeugend umge-
MTV-Homestory erinnernd, führte er als setzt, dabei auch selbstironisch und
Sinatra die Kamerafrau Julie Schroell stellenweise höchst amüsant. Da
durch sein Domizil und erzählte von scheint das Prädikat «Meisterwerk»
seinen Erfolgen und Preisen, von nicht weit. Trotzdem verliess ich die Gare
seiner Kunst und von seinen Kindern, du Nord zwar unterhalten, doch nicht
verstieg sich dabei immer wieder in begeistert.
philoso­phische Überlegungen. Sowohl All die konzeptuellen Stränge fügten
der Countertenor als auch der Schau- sich nicht zu einem Ganzen zusammen.
spieler interagierten rege mit dem Die angeschnittenen Themen blieben
Ensemble. Miteinander traten die beiden im luftleeren Raum hängen, was vor
aber erst gegen Ende in einen Dialog, allem am Fehlen eines formalen Bogens
und auch dann nicht direkt, sondern nur lag, der die verschiedenen Szenen
Sänger Daniel Gloger und Schauspieler Cornelius
per Video-Übertragung. Inhaltlich fand zusammengehalten hätte. Bianchi und Schwalm in Oscar Bianchis Sinatra in Agony.
trotz des fehlenden Dialogs eine interes- Kolatschny teilten Sinatra in Agony Foto: Ute Schendel

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Schöne Stellen
Kunst lebt von schönen Stellen. Natürlich wären sie nichts ohne das Ganze. Und doch hören wir Musik, auch die neueste,
um dieser Momente willen, in denen alles zusammendrängt; Passagen, die wir nicht vergessen können, auch wenn sie
sich nicht nachpfeifen lassen. Solchen Augenblicken gilt diese Rubrik: Komponistinnen und Theoretiker, Musikerinnen und
Dilettanten zeigen ihre schönen Stellen aus Werken zeitgenössischer Musik. Diesmal die Pianistin

Vera Kappeler
Petiatil Cx Htdui
von Aphex Twin
Ein stiller,
kleinerer See
bei Nacht
Dieses Klavierstück steht stellvertre­-
tend für viele meiner musikalischen
vage Erinnerungen, Ahnungen, Urbe-
findlichkeiten wachruft – vielleicht auch
und ferne
Lieblingsstellen. Zudem ist es ein
repetitives «Schlaufenstück» mit einer
das Unterbewusste erreicht. Mir gefällt
auch der Gestus des Stücks: ein starker
Geräusche
einzigen Grundstimmung. Daher besteht
für mich die ganze Komposition aus
Kontrast zwischen Wehmut und
entschlossenem, feierlichem Vorwärts­ von Zügen,
einer Lieblingsstelle.
Mir gefällt daran das Skizzenhafte,
Unfertige und Fragmentarische. Das
schreiten. Wesentlich ist für mich, dass
die Miniatur wie aus der Ferne erklingt
und grosse, hallige Räume/Gebäude
Autos und
Stück klingt, wie wenn es keinen
Anfang und kein Ende hätte. Vielleicht
suggeriert. Diese Art von Klang ist für die
Wirkung des Stückes sehr entscheidend.
Kirchen-
entstand es als Improvisation, ein­
gespielt auf einem Disklavier (Repro-
Das elektronisch Verfremdete, Ver-
schwommene, etwas Ge­künstelte geht glocken auf
duktionsklavier).
Aphex Twin (*1971) ist in erster
Linie als Elektro-Musiker bekannt. Dass
einher mit der kindlich einfachen,
fast banalen Struktur der Me­lodie und
der gleichförmigen Begleitung.
der anderen
er viele lyrische Klavierstücke, unter
anderem beeinflusst von Erik Satie,
Ein anderes Bild, das beim Hören
dieses Stückes in mir aufkommt: ein
Uferseite.
kreiert und diese gerne als starke stiller, kleinerer See bei Nacht und ferne
Kontraste neben seine oft derben, sprö- Geräusche von Zügen, Autos und
den Elektronik-Kompositionen stellt, Kirchenglocken auf der anderen Ufer-
wird im 2001 veröffentlichten Album seite. Durch die grosse Distanz entsteht
Drukqs offensichtlich. Gerade das ein neuer Bezug zu gewohnten, altver-
«nicht-typisch-Pianistische» berührt trauten Klängen.
und fasziniert mich bei seinen Werken. Die Musik lädt ein zu bewussten
In Petiatil Cx Htdui passiert so wenig «Klarträumen», ein Zustand, dem
und doch löst die Musik so viel in mir sich Aphex Twin laut eigenen Aussagen
aus, weil sie Räume öffnet und erkundet, auch gerne hingibt.

46

                 Transcribed    byMegan     
= 55
Aphex Twin
                 
         L.Nell
  p

Petiatil Cx Htdui
 Htdui
 Twin       Transcribed    byMegan     
= 55
 
Petiatil
 
Cx

una corda

Aphex
          
     Aphex 
Petiatil    Twin
Cx Htdui
 
  Transcribed    L.Nell
  p Aphex Twin
Petiatil Cx Htdui      by Megan
Aphex Twin


L. Nell

 Transcribed            
Transcribed by Megan L. Nell
 = 55 
= 55
    
                               

una corda by Megan L. Nell

 =55  
52
                       
   p                           
= 55

       puna



          
          

    5       p                           
    
17 corda


                      
p        
      
   

                            
    5        una                          
  corda

        una  corda
                     
   tre corda    

una corda
una corda

                    3 



  
                           
 
9

     
5

5
    
 
                              
     92                     
                       3        
5

17   
                    
      
      
 tre   
  
    
   
 
    
    
  
 
 
 9                      3               

corda

                      
                
 corda   
    tre
      
   
 
                     
   

  tre corda
9    
                    3      
13 9

3 
  tre corda             3        3      
   13    
                             
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9

 2                           
  
  
   tre 

 
                     

            
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  tre  corda          June  23, 2007          
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June 23, 2007  23, 2007 una corda

 
        
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De lave et de fer. Une jeunesse mann, qu’elles éclairent, complètent pulsion de contact, suscite la corres-
allemande : Helmut Lachenmann et parfois contredisent. Sont insérés pondance de l’écoute et de ce sens
Laurent Feneyrou également des commentaires sur objectif, primordial, du toucher. » En
Paris, Éditions MF, 2017, 281 p. les œuvres de Lachenmann. Bien que passant par le corps politique et la bio-
Feneyrou n’évacue pas le discours politique de Foucault, l’auteur considère
Aborder la question de l’engagement sur la matière musicale, ce livre n’est que « le ‹corps instrumental› lachen-
en art, est-ce une forme d’engagement ? pas non plus un ouvrage de musicologie mannien, geste et son, oppose une
Celui de Laurent Feneyrou prend plu- au sens traditionnel, se détournant résistance dans son ordre propre, celui
sieurs formes dans cet essai. Celui d’une approche analytique systématique du musical, en tant que politique de
d’abord d’une grande rigueur dans pour ne se focaliser que sur quelques l’écoute. »
le choix, l’analyse et le traitement des œuvres clés. Choisies en fonction des Il voit dans l’opéra La petite fille
sources. C’est chose prudente étant événements liés aux actions et à l’évolu- aux allumettes, qui constitue son troi-
donné la sensibilité du sujet : l’Alle- tion de la RAF, ces dernières ont pour sième moment (1997), une synthèse et
magne, servant de cadre à cette somme dessein de montrer la variété et la un point d’aboutissement des œuvres
de récits, est celle qui, à partir des richesse des médiations de Lachenmann qu’il avait préalablement mises en
années soixante, fut secouée par les dans le rapport de la musique au poli- exergue. Dans cette œuvre « révélant la
mouvements étudiants et l’action terro- tique, l’auteur préférant éviter les teneur politique du conte d’Andersen
riste de groupes armés. L’auteur insiste connotations du vocable « musicien qui n’est en rien une histoire idyllique à
sur le fait qu’il ne s’agit pas d’un livre engagé ». lire aux enfants le soir de Noël […],
d’historien, mais d’un livre qui raconte Premier des trois moments qui mais une dénonciation de l’indifférence
des histoires. Celle, centrale, de Helmut structurent l’ouvrage, l’année 1967 bourgeoise », Lachenmann utilise un
Lachenmann, celle de Gudrun Ensslin, correspond à la montée d’un climat de extrait d’une lettre écrite par Gudrun
figure d’opposition, et celle, médiatrice tension en Allemagne fédérale, exacerbé Ensslin dans sa cellule de la prison
et parfois plus subliminale que vraiment par l’assassinat de l’étudiant Benno de Stammheim. S’emparant de la phrase
présente, de Luigi Nono. Bien que les Ohnesorg le 2 juin 1967, à l’occasion de « Écrivez sur notre peau », l’auteur opère
noms de Baader, Ensslin, Meins et la venue du shah d’Iran à Berlin. La un glissement de la notion de toucher
Meinhof reviennent souvent dans le réponse de Lachenmann à cette violence vers le thème de la peau, soulignant une
texte, l’auteur n’écrit pas une histoire ambiante est la pièce Air, où il est fait nuance importante dans le fait que le
de la Fraction Armée Rouge (RAF), pour usage d’un pistolet, au sens « aura- compositeur aurait « saisi que peau
laquelle il n’affiche pas de sympathie tique » particulièrement fort dans un tel n’implique pas que le toucher, mais aussi
particulière, mais dont il a développé une contexte social. L’auteur s’emploie à la sensation de la pression. » Présente
connaissance presque intime, laissant montrer que le coup de feu (« Schuss »), en filigrane dans le même opéra, la
supposer une implication d’ordre person- culmination de la dynamique des pizzi- litanie suggère une dimension religieuse
nel dans cet impressionnant travail. cati de cordes, ne relève pas d’un « art et nous rappelle l’origine du lien amical
Le temps de maturation de ce projet né d’agit-prop imitant ou singeant les mani- qui existait entre Gudrun Ensslin et le
en 1991, bien que le texte soit rédigé festations étudiantes et leur répres- compositeur, le père de ce dernier
de 2014 à 2015, aura manifestement sion », mais qu’il joue sur le « socle ayant été, au sein de l’église protes-
joué sur sa cristallisation en un ouvrage commun d’une réalité acoustique tante, le supérieur hiérarchique de
non seulement marquant, mais aussi déployant les pans du matériau, de la celui d’Ensslin. Le fait que « le domaine
presque troublant par son acuité expres- structure et de l’aura – partant, de l’his- du protestantisme qui domine le dis-
sive. toire. » cours de Lachenmann sur Ensslin […]
Singulier, il l’est aussi par sa forme. C’est en 1977, deuxième temps [rende] explicite ce qu’on appellera
Outre le corps du texte, des citations du livre qu’est achevé Salut für Caudwell, l’éthique transcendantale de sa
longues constituent au même titre pièce à propos de laquelle Feneyrou lutte armée » valut au compositeur
que les cinquante pages de notes s’intéresse à la philosophie des sens une opposition polémique, notamment
regroupées en fin de volume des déve- (notamment Husserl, Derrida, Nancy) et celle de Konrad Boehmer, lui reprochant
loppements annexes. Seize « excursus » postule que « l’apport de Lachenmann de biaiser la nature laïque de son
contrepointent les positions de Lachen- est de considérer que l’haptique, comme action.

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L’ouvrage culmine – et il s’agit là Hermann Danuser Mit zahlreichen Unterbegriffen weist


d’une de ses lignes de force – sur une Metamusik Metamusik darauf hin, dass man Musik
invitation à reconsidérer les formes Schliengen: Edition Argus 2017, 497 S. nicht nur auditiv wahrnehmen, sondern
de négativité dans la musique de auch erfinden, erforschen, notieren,
Lachenmann. Le « refus » des années 60 Musik der Musik, Musik über Musik, Musik beschreiben, malen, sehen, denken und
sera transcendé en « nihilité », concept mit Musik. All diese Formeln zielen sich vorstellen kann.» (S. 24). Diese
emprunté à la philosophie japonaise auf den Versuch, Musik auf sich selbst vage Vorbestimmung des Begriffs wird
de la fin des années 90, notamment zurück zu biegen, Musik sich selbst jedoch weiter präzisiert. Danuser baut
celle d’un Nishida Kitarō prônant l’éveil à bedeuten, thematisieren, hinterfragen auf einem allgemeinen Verständnis
soi d’un sujet sans ego. Cet ancrage und kritisieren zu lassen. Was diese Aus- von Musik als Text auf. Ein musikalischer
philosophique ainsi postulé permet à drücke also anvisieren, wäre die Bewe- Text kann auf vier Weisen existieren:
l’auteur de formuler une conclusion qui gung musikalischer Reflexion. Doch kann als hörbarer Klang, als symbolische
cristallise a posteriori le sens de l’ou- Musik überhaupt reflektieren? Hört eine Notation, als sprachlicher Text oder als
vrage tout entier : « l’irruption du geste Musik, die auf sich selbst blickt, nicht sichtbares Bild. Musik im engeren Sinne
terroriste et le questionnement compo- auf, Musik zu sein? Muss man nicht aus privilegiert die Existenzweise des Klangs.
sitionnel sur le vide, sur le dispositif jedem Rahmen erst heraus treten, um Metamusikalische Gebilde hingegen
en tant qu’expérimentation – expérience ihn in den Blick zu kriegen? Diese Fragen behandeln diese vier Seinsformen der
du son, de l’image et de la lumière (les klingen reichlich spekulativ, und doch Musik als ebenbürtig. Ganz gleichwertig,
allumettes s’embrasant) –, sur la bilden sie das eigentliche Zentrum der so muss man gegen Danuser einwenden,
logique du lieu et sur la détermination aktuellen Debatten der Gegenwarts­ sind die Formen natürlich nicht: Der
temporelle comme présent absolu, musik: Denn die Erweiterung des Musik- erweiterte Musikbegriff hat ja den her-
comme maintenant, participent l’une à begriffs, die Hinwendung zu Musik­ kömmlichen Begriff von Musik als orga-
l’autre […] au dépassement de la moder- theater und Performance, der Streit um nisiertem Klang zur Grundlage, ohne
nité chez Lachenmann. » den konzeptuellen Gehalt von Musik den er jeden Sinn verlöre. Ein Bild ist
Presque éprouvante par la tension drehen sich letztlich um die Frage nach Metamusik nur, insofern es sich irgend-
qu’elle engendre sans jamais vraiment dem Selbstverhältnis der Musik. Her- wie auf organisierten Klang beziehen
lui offrir d’exutoire, la lecture de ce mann Danuser hat nun ein Buch vorge- lässt, etwa, so Danusers Beispiel, wenn
livre apporte en même temps le senti- legt, das in diese Diskussionen eingreift, es ein Musikinstrument abbildet.
ment d’y avoir effectué un cheminement ohne sie explizit zu verhandeln. Er Gemeint ist also, dass solche nicht-
initiatique. Les perspectives qu’elle unternimmt den Versuch, einen musikalischen Auseinandersetzungen
ouvre ne peuvent que modifier durable- musikwissenschaftlichen Grundbegriff mit Musik nicht äusserliches Beiwerk
ment la perception de la musique de zu prägen, der jenes Feld absteckt, sind, sondern wesentlich prägen,
Lachenmann. in welchem die gegenwärtigen Debatten was wir unter Musik verstehen: Musik
Pierre Rigaudière sich bewegen. Der Titel dieses Feldes wäre nicht, was sie ist, ohne ihre
ist Metamusik. sprachlichen, notationalen und bildlichen
Einen Begriff bestimmen heisst, ihn Überformungen. Dieser Abhängigkeit
von anderen Begriffen zu unterscheiden. trägt der Begriff Metamusik Rechnung.
Im Falle von «Metamusik» ist diese Wie jeder Text steht auch der musika-
Unterscheidung vertrackt. Denn einer- lische Text in einem Kontext. Der Kontext
seits bezeichnet er eine Art von Musik. umfasst alle Bedingungen, die einen
Andererseits ist diese Art gerade verständlichen Text erst ermöglichen.
dadurch ausgezeichnet, dass sie sich Danuser unterscheidet sieben Dimensio-
von Musik im engeren Sinne unter­- nen dieses Kontextes, die für das Ver­
scheidet. Denn Metamusik ist «alles mit ständnis seiner These entscheidend
Musik Verbundene, das jenseits des sind: Die intratextuelle (Verhältnis
Hörbaren existiert und darum als der Textteile zueinander), infratextuelle
Musik über Musik verstanden werden (Verhältnis der Textteile zum Text­
kann. ganzen), intertextuelle (Verhältnis des

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Texts zu anderen Texten desselben tung ergänzt werden. Die Pointe des sischen Musikkritik? Auch wenn Danuser
Mediums), intermediale (Verhältnis des Danuserschen Ansatzes besteht diese Konsequenzen nicht zieht,
Texts zu Texten anderer Medien), darin, klassische Werke der Musik­ mangelt es dem Buch gerade in den
extratextuelle (Verhältnis des Texts zu geschichte vor dem Hintergrund seines vielen aufschlussreichen Werkanalysen
ausser-ästhetischen Vollzügen), pro- an musiktheatralischen Verfahren nicht an kritischem Einsatz und origi­
duktionsästhetische (Verhältnis des gewonnenen Reflexionsbegriffs neu nellen Umdeutungen. Sein grösster
Texts zu seinem Hersteller) und rezep- zu erfassen: Selbst «absolute» Verdienst liegt vielleicht darin, mit Mut
tionsästhetische (Verhältnis des Texts Musik wie Brahms’ Klaviersonate op. 5 zur Zuspitzung den eigentlichen Sinn
zu seinem Rezipienten) Dimensionen (S. 314–326), deren Reflexionsarbeit musikwissenschaftlicher Forschung in
bilden zusammen das Bedingungs­ sich ganz in Klangverhältnissen voll- Erinnerung zu rufen: Musikgeschichte
gefüge, in dem ein jeder Musiktext steht. zieht, erweist sich in ihrer Auseinander- schreiben heisst, die Gegenwart zu
Metamusikalische Texte zeichnen sich setzung mit den Form- und Konstruk­ deuten.
nun dadurch aus, dass sie diesen tionsmodellen als Musik über Musik, die Christoph Haffter
Kontext nicht als Selbstver­ständlichkeit ihre eigenen Bedingungen im Rückgriff
voraussetzen, sondern diesen Kontext auf nicht-klangliche Dimensionen der
im Text thematisieren. Damit sind die Musik thematisiert. Provokativ schlägt
zwei Unterscheidungsmerkmale des Danuser dies in einer anachronistischen
Begriffs benannt: Ein Musiktext ist Meta- Verkehrung der Musikgeschichtsschrei-
musik, wenn er die vier Existenzformen bung vor: Unter den Titeln «Konservative
von Musik als gleichwertig erachtet Neue Musik», «Moderne Romantik»,
und mindestens eine seiner Kontextdi- «Postmoderne Klassik» und «Avant­
mensionen im Text thematisch wird. gardistische Alte Musik» legt er dar,
Diese Definition enthält natürlich wie sich künstlerische Reflexionsverfah-
gewisse Vagheiten und hat mitunter ren, die für gewöhnlich mit der Musik
kontraintuitive Folgen. Nimmt man des 20. Jahrhunderts verbunden werden,
sie ernst, so ist etwa Danusers Buch bereits in früherer Musik wiederfinden
selbst Metamusik. Der Sinn des Begriffs lassen. Diese Methode zielt auf eine
zeigt sich jedoch nicht im Wortlaut sei- Dekonstruktion der musikhistorischen
ner Definition, sondern im Vollzug seiner Kategorien, die mit Danusers Zurück­
Verwendung. Und hier liefert Danuser weisung der Idee eines Materialfort­
reichhaltiges Material: Von früher Mehr­ schritts einher geht: Konservatismus und
stimmigkeit bis zur Postmoderne fächert Avantgarde, Reaktion und Fortschritt
er verschiedenste Verfahren musikali- verlieren als musikhistorische Grössen
scher Reflexivität auf. Ein Schwerpunkt ihren Sinn. Damit erweist sich Danusers
liegt dabei auf der Tradition des Metamu- Musikgeschichte selbst als Kritik der
siktheaters, das Danuser von den Komö- Moderne. Er nimmt so bewusst in Kauf,
dien des 18. Jahrhunderts (Marcello, die kritische Dimension der Musik­
Gnecco, Goldoni, Calzabigi, Mozart, geschichtsschreibung Preis zu geben.
Salieri) über Wagners Meistersinger bis Ob sich dieser Preis rechtfertigen lässt,
ins 20. Jahrhundert (Strauss, Honegger, mag strittig sein. Zugleich zeichnet
Hindemith, Ligeti, Kagel und Cage) ver- sich für den Leser eine andere These ab,
folgt. Die sprachliche Dimension der die Danuser selbst nicht ausspricht:
Werke – Werktitel, Personennamen, Legt sein Ritt durch die Musikgeschichte
Libretto – übernimmt dabei naturgemäss nicht letztlich nahe, dass alle Musik
den Grossteil der Reflexionsarbeit, die als Kunst Metamusik ist? Dass also
aber durch die musikalischen Reflexions- erst ihr reflexiver Charakter Musik zu
formen des Zitats, der Variation, der Kunst macht? Und wäre diese Einsicht
Symmetriebildung und der Motivverarbei- nicht die Grundlage einer zeitgenös-

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Xiaoyong Chen : Imaginative Reflections Cette double identité – celle, non écoute hypnotique, notamment grâce à
Ensemble Les Amis Shanghai choisie, de sa naissance et celle, l’accord en quarts de ton du piano, qui
COL LEGNO WWE 1CD 20438 élective, de sa résidence – informe la en fait un instrument à la fois étrange et
démarche du compositeur : depuis familier.
Si l’expression n’était déjà prise, on aime- les années 1980, il aspire à une syn- Citons encore « Reflected Sculptures
rait pouvoir décrire la musique de thèse entre ses origines chinoises et of Light », quatrième mouvement
Xiaoyong Chen sous la forme d’une « éco- son quotidien européen, réinterprétant d’Imaginative Reflections pour clari-
logie sonore », tant elle semble faire une la tradition musicale chinoise vue au nette, violon, violoncelle et piano (2015)
avec l’espace qui l’accueille. À la fois travers du prisme occidentale. Ou, pour qui donne son titre à l’album. On ne
reflet de, et réflexion sur, la nature (et emprunter une métaphore à la culture saurait mieux décrire les processus à
pas uniquement notre nature terrestre : du thé, infusant la philosophie chinoise l’œuvre dans ces miniatures intimistes :
elle semble également en appeler à la dans la composition occidentale. Pour processus d’accumulation et de cristal-
profondeur lumineuse de l’espace), cette cela, il ne se contente pas de mêler lisation d’une « sculpture sonore » à
musique s’inscrit dans le silence, et fait instruments occidentaux et orientaux, la fois organique et minérale. Comme
penser en cela à tous ces petits bruits ni de dénaturer les uns et les autres par un polaroïd en cours de développement
qui meublent effectivement le silence – divers artifices (préparation, accords, qui se fait peu à peu le reflet du réel.
toutes ces infimes vibrations de l’air etc.). « La musique, écrit le compositeur,
qui, par leur présence et le simple fait En témoigne, sur la pochette de ce balance entre illusion et réalité, entre
qu’on les perçoit, nous font justement disque admirablement interprété par son et bruit, entre univers sonore
dire que silence il y a. Sifflements ténus, l’Ensemble Les Amis Shanghai, une série concret et artificiel ». Par son écoute
grincement imperceptibles, tintements d’idéogrammes chinois – une maxime nécessairement recueillie, celle de
assourdis d’une goutte d’eau qui tombe, signée Lao Tseu, heureusement traduite Xiaoyong Chen est une invitation à la
tous ces sons qui vont et viennent, sur la première page du livret : « Un bon méditation, à un laisser-aller, à abandon-
résonnent, se répondent en écho et se son est inaudible, une bonne image est ner toute posture d’« attente ».
dissipent comme ils étaient venus – ainsi dénuée de forme. » Les titres que Jérémie Szpirglas
de la musique de Xiaoyong Chen, dont Xiaoyong Chen choisit pour ses œuvres
chaque note semble advenir, à la fois au traduisent son ambitieux projet : exsu-
hasard et attendue, prédéterminée, se dant une poétique manifestement
développe sans contrainte aucune, pour extrême-orientale, voire zen, ils portent
s’épanouir dans une fluidité sensuelle en eux un sentiment de fugitif et
et retenue et finalement s’évanouir. d’impermanence. Citons par exemple
Né en Chine en 1955, Xiaoyong Chen Evapora pour flûte, clarinette, violon,
étudie tout d’abord au Conservatoire violoncelle et piano (1996), un titre si
de Pékin, avant de migrer en Europe et approprié pour désigner le soin qu’y
de s’installer à Hambourg – pour ne plus apporte le compositeur au devenir
en bouger. Là, il complète sa formation de la note, à cette contemplation du
auprès de György Ligeti, dont il sera le son dans sa trajectoire intimement tra-
seul élève chinois, et avec lequel il vaillée, dans ses délicates évolutions –
entretiendra des relations d’amitiés on pense parfois aux musiques de
jusqu’à son décès. Cette proximité n’est Morton Feldman ou Giacinto Scelsi, mais
pas innocente : si leurs univers respec- dans un geste bien plus simple, sans
tifs sont, selon tout apparence, aux anti- affectation ni complaisance. De fait,
podes l’un de l’autre, l’approche du chaque pièce semble une réflexion sur la
phénomène sonore et de son contrôle de vie du son dans son environnement, de
Chen peut parfois rappeler celle de son son attaque à sa désinence, en passant
mentor. De même que la rigueur de sa par les effets réverbérants de l’acous-
démarche et la cohérence de sa pensée, tique environnante. À cet égard, les cinq
d’un bout à l’autre de sa carrière. courtes pièces du Diary V sont d’une

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Katharina Rosenberger: SHIFT – mische Böen, erzeugen verrauschte Ton- Das 13-minütige modules für verstärk­-
WasteLAnd With Rage Thormbones schwaden und akustische Verwehungen. tes Quartett und Effekt-Pedale spielt
WasteLAnd: Michael Matsuno, Flöten; Claire Chenette, Im Kontrast dazu stehen die Ensem­ mit der räumlichen Anordnung des En­-
Oboe; Brian Walsh, Klarinetten/Tenor-Saxohon;
Justin DeHart, Perkussion; Richard Valitutto, Klavier; blestücke wie unverrückbare Monolithen. sembles: diese Musik lebt vom Prozess
Mark Menzies, Violine/Viola; Andrew Tholl, Violine; Im namensgebenden SHIFT für zwei des Wandels und der Variation. Ein zarter
Linnea Powell, Viola; Ashley Walters, Violoncello;
Scott Worthington, Kontrabass; Nicholas Deyoe, Posaunen und Ensemble etwa entlädt Lufthauch schwebt an den Ohren vorbei,
E-Gitarre, Leitung; Rage Thormbones: Matt Barbier, sich in knapp 20 Minuten ein monumen- das Klavier verbündet sich mit Störge-
Posaune, Weston Olencki, Posaune
tales Klanggewitter. Satte Streicher- räuschen; es entsteht ein Klangmosaik
HatHut Records, hat-now-art-199
klänge werden von Pausen abgelöst, von brutaler Kraft und fragiler Schönheit.
organisch zwischen Geräusch und Jedes der Module besitzt auch kontemp-
Die Shift-Taste dient auf Computer- Stimme umgeschaltet, bevor flächige lative Momente, während das Schlag-
Tastaturen dem Umschalten auf die Geräuschebenen durchschritten werden. werk die Impulse zum Übergang in neue
zweite Belegungsebene. Wenn nun Rosenberger schafft eine Klangkunst, Klangbereiche setzt, in denen sich
Katharina Rosenberger ihre CD mit SHIFT die eine andere Art des Zuhörens ver- die einzelnen Instrumente exponieren
überschreibt, darf man darunter auch langt: das Publikum hat sich gewisser- dürfen.
Symbolischeres verstehen: das massen in einen Off-Zustand zu ver­ Ganz zum Ende ertönt als postlude
Umschalten in musikalische Subtexte setzen; der Hörer muss die Kontrolle der langgezogene Schrei einer E-Gitarre,
und alternative Hörgewohnheiten. darüber, harmonische Strukturen zu die sich in übersteuerter Freude am
Das Booklet beginnt mit einer Fabel: erahnen, abgeben und stattdessen Klang überschlägt und damit ein letztes
ein Kompositionsprofessor äussert jedem der eintrudelnden Klänge sein Ohr Mal die Shift-Taste betätigt, die den
Bewunderung für die Arbeiten seiner öffnen. Erst dann verbinden sich die Hörer zurück auf die erste Ebene der
Schüler, auf einer Metaebene steht die lose verknüpften Fäden zu einem Klang- Wahrnehmung führt: die Realität, die
«admiration» als eine Art ästhetisches gebilde von rarer Schönheit, in der plötzlich seltsam eindimensional wirkt.
Ausrufezeichen für Überraschung und pianistische Repetitionen und glissan- Anna Schürmer
emotionale Involvierung. Eine solche dierende Streicher unmerklich den
musikalische Interpunktion setzt Rosen- musikalischen Prozess vorantreiben
berger durch eine erfrischende Palette und an einem Klangkörper stricken, der
unerhörter Klangentwicklungen, die eine sich zunächst aufbläht, um schliesslich
neue Art der Rezeption einfordern: in einer tonalen Phrase zu verglühen.
Improvisierendes Hören, das durch die Auch im ebenfalls knapp 20-minütigen
sinnlich ansprechenden Improvisationen Gesang an das noch namenlose Land
der Interpreten geschult wird. Matt (2013) für Streichtrio ist eine Art impro-
Barbier und Weston Olencki bilden das visierendes Zu-Hören gefragt, ein Shift
Posaunen-Duo Rage Thormbones der tradierten Hörgewohnheiten. Nach
und sind tatsächlich rasend gut; dazu fragmentarischem Beginn erzeugen
kommen Mitglieder des wasteLAnd schillernde Flageoletts eine filigran
collective, die das musikalische Ödland verhangene Stimmung. Wie zwischen hin
in Los Angeles avantgardistisch und her ziehenden Nebelschwaden wer-
fruchtbar machen. den Ausschnitte eines namenlosen
Die Dramaturgie der Aufnahme lebt Landes hörbar, das schroff, aber voller
vom Wechsel sehr kurzer Zwischen- Leben ist. Es flirrt und kreucht, raschelt
spiele der beiden Posaunisten und und gurgelt, blitzt und donnert in einer
breit angelegter Ensemblestücke. Die komplexen Klangfülle, die wie Poesie
Miniaturen tragen Titel wie speed sput- funktioniert: der Sinn liegt verschlüsselt,
ter, flutter gust oder wafts & drifts – die Botschaft im Rauschen. Hier gilt es,
und tatsächlich sprudeln Barbier und nicht gegen den Fluss der Klänge
Olencki atemlos haspelnd wie auf Speed, an­zukämpfen, den die Musiker aufeinan-
sie lassen die Klänge flattern wie stür- der reagierend zum Strömen bringen.

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Zimmerlin, Stoffner, Meier: des Ergatterten (Alice ist zauberhaft). das «Grosse Ganze», die Makro-Struktur
One (For [Your Name] Only) Hier kruschtelt Schlagzeuger Meier der einzelnen Stücke, bleiben aber stets
Alfred Zimmerlin, Cello; Flo Stoffner, durch ein perkussives Klangerzeuger- erfassbar und stringent. Das mag
Guitar; David Meier, Drums Arsenal jenseits des Drumsets, voller auch daran liegen, dass kein Track die
Wide Ear Records WER026 glockiger und ketten-artiger Klänge, 10-Minuten-Grenze erreicht.
während Gitarre und Cello leicht skepti- Nicht nur Stoffners Gitarre, auch das
«Seit dem ersten Ton kommt es mir so sche Kommentare dazu abzugeben Cello von Zimmerlin ist elektrisch ver-
vor, als ob wir langjährige Komplizen scheinen. Andere Stücke stellen neue stärkt. So entwickelt der Trio-Sound
wären», sagt Gitarrist Flo Stoffner über fiktive Gruppensituationen her – im mitunter die klangliche Intensität einer
seinen Brother in Sound, den Cellisten humoresken Elsa Nella Luna scheint Rockband wie im Meta-Rocksong Little
Alfred Zimmerlin. Dabei spielen die bei- sich eine bekiffte Runde Witze zu William, inklusive Wah-Wah-Sounds
den noch gar nicht allzu lange zusam- erzählen, während Shukran Ali Baba und einem Finish mit Gitarren-Tremolo
men. Doch in der Tat: Was sich auf ihrem an eine Koch-und-Schnibbel-Aktion zu und Tom-Eskapaden. Aus dem kontemp-
ersten gemeinsamen Album – als Trio dritt erinnert. lativen Anfang von Sayonara Noriko
mit dem Schlagzeuger David Meier – Egal, was man sich auch für Kon­ erhebt sich in beängstigender Geschwin-
ereignet, trägt Züge einer verwegenen stellationen vorstellen mag, es herrscht digkeit ein spooky Stück Drone-Rock,
Komplizenschaft, die bei der Planung immer Gleichberechtigung. Wenn einer als hätten die Musiker die Drachen in sich
eines gut durchdachten Verbrechens die Führung übernimmt, dann nur kurz, erweckt.
genau weiss, wie die Stärken des ande- weil er etwas Wichtiges zu sagen Die atmosphärische Miniatur in Form
ren effektiv einzusetzen sind, dann, hat oder die gemeinsame Sache mit des Closing Tracks (Kerppo Pulliaisen
wenn alles ganz schnell gehen muss. einem Impuls vorantreiben will. Längere Keksintö), die Stücktitel (jeder in
Mit Alfred Zimmerlin, Flo Stoffner Solo-Ausschweifungen und Virtuosen- einer anderen Sprache und einen Vor­
und David Meier haben sich vor wenigen Eskapaden gibt es bei Zimmerlin-Stoff- namen beinhaltend) und das kaleidosko-
Jahren drei Schweizer Musiker aus ner-Meier aber nicht, genauso wenig pische Artwork runden das Paket ab.
grob 2,5 Generationen zusammengefun- wie präzise Aufgabenteilung. Eher geht Eine ergiebige Beute.
den. Den Jahrgängen 1955, 1975 und es zu wie in einer unberechenbaren Friedemann Dupelius
1985 entspringend, kommen hier drei Fussballmannschaft, in der die Spieler
unterschiedliche musikalische Erfah- ständig auf ihren Positionen rotieren.
rungshorizonte zusammen. Zudem haben So rücken Cello oder Gitarre immer wie-
Stoffner und Meier Jazz studiert, der ins perkussive Lager, das Schlagzeug
während Zimmerlin als Cellist und Kom- wiederum gibt (gehaltene) Töne von
ponist viel Zeit mit Neuer Musik ver- sich, und teilweise werden ganze Klang-
bracht hat. Wie seine beiden Mitstreiter Gesten im schnellsten Zusammen­-
watet aber auch er knietief in improvi­ spiel zu zweit oder zu dritt on the fly
satorischen Wassern – heute ist er geformt. Nichts ist von langer Dauer –
Professor für freie Improvisation an der keine Szene, kein Klang. Das Ergebnis ist
Hochschule für Musik Basel (FHNW). aber kein heilloses Chaos, eher gezielt
One (For [Your Name] Only) ist das erzeugte, temporäre Unordnung, die
erste Album, in dem das Trio gemeinsam einem höheren Prinzip zu folgen scheint.
auf Beutejagd geht, erschienen ist es Mitunter ist die Ereignisdichte so
bei Wide Ear Records aus Zug. Die hoch, dass sich nicht alles Gehörte im
Gauner-Analogie kommt nicht von unge- Kopf gleich ordnen lässt. Muss es aber
fähr: So erwecken gerade die ersten auch nicht. Dem Trio gelingt es, ein
beiden Stücke klangliche Assoziationen Spannungsverhältnis zwischen fein ge­-
von durchwühlten Schubladen voller glie­derter Durchsichtigkeit (auch unter-
Wertsachen (und Schrott), einer rasan- stützt durch die luftige Abmischung)
ten Verfolgungsjagd (Little William) und dem stets möglichen Sprung
und der anschliessenden Begutachtung ins Chaotische zu erzeugen. Die Umrisse,

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AUTOREN
AUTEURS
AUTORI
AUTHORS

Theresa Beyer, Studium der Musik- Laurent Vilarem est journaliste


wissenschaft und Italianistik an der et critique musical. Il est collaborateur
Universität Bern. Arbeitet als Musik­ régulier de la revue dissonance ainsi
redaktorin bei Schweizer Radio SRF 2 que de nombreux journaux et revues
Kultur, u.a. für die Sendungen Musik internationaux dont la revue en ligne
unserer Zeit, Kontext, Jazz&World www.lalettredumusicien.fr. Depuis 2017,
aktuell und Passage. Sie gehört zum il est rédacteur pour l’Orchestre national
Kernteam des Musik-Recherche de Lille et la Philharmonie de Paris.
Netzwerkes Norient, mit dem sie die
Plattform Norient.com betreibt, Bücher Andreas Zurbriggen, (*1986), ist
zu globaler Undergroundmusik heraus- aufgewachsen in Saas-Fee. Er studierte
gibt, Konzertreihen und Festivals Komposition bei Daniel Glaus an der
kuratiert. 2016 gewann Theresa Beyer Hochschule der Künste Bern sowie
den Reinhard Schulz-Preis für zeit­ Musikwissenschaft, Geschichte und
genössische Musikpublizistik. Kunstgeschichte an der Universität
Bern. Sein Forschungsschwerpunkt ist
Jean-Yves Bosseur, né en 1947 à die aktuelle Musik der postsowjetischen
Paris, étudie la composition à la Staaten. Als Komponist zeichnet sich
Rheinische Musikschule de Cologne seine Musik durch das Hineinhorchen
avec Karlheinz Stockhausen et Henri in vermeintlich überwundene musika-
Pousseur, et il reçoit un Doctorat lische Materialien und deren Integration
d’État (philosophie esthétique) à l’Uni- in einen modernen Kontext aus. Er lebt
versité de Paris I. Il fut directeur de als Komponist und Musikpublizist im
recherche au C.N.R.S et professeur Wallis.
de composition musicale au CNR
de Bordeaux jusqu’en 2013. En 2016,
il publie le livre Musique et environne-
ment aux Editions Minerve.

Norbert Bruggmann, (*1946), gelern-


ter Grafiker, beschäftigt sich nach ein
paar Jahren Berufserfahrung intensiv mit
Malerei und Fotografie. Seine Arbeiten
werden in renommierten Galerien ausge-
stellt. Zeichenlehrer am Hochalpinen
Institut in Ftan und später im Bereich
Kommunikation tätig. In der Folge arbeitet
er als Berater für visuelles Marketing für
international tätige Unternehmen. Partner
von cm-p change management partner
zürich sowie Peters & Helbig in Essen. Er
lebt und arbeitet heute im Engadin und
in Chiavenna (Italien).

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IMPRESSUM

Trägerschaft Adresse Redaktion, Administration Abonnement für 4 Ausgaben


Géré par Adresse rédaction, administration Abonnement pour 4 numéros
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für aktuelle Musik Postfach 96 CHF 50
l'Association dissonance – revue suisse CH-4009 Basel Europa
de musique contemporaine T +41 78 742 17 80 CHF 62 (EUR 60)
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Redaktion  CHF 68 (EUR 65)
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Date de parution #142 ben. Le site Internet de dissonance est réalisé Diversität als Folge einer verdrängenden
06.2018 avec l’appui de la Fondation Nestlé pour l’Art. Urkraft aus dem Zentrum heraus. Je weiter sich
die Materie von der gemeinsamen Basis
dissonance wird unterstützt von Erscheinungsdaten entfernt, desto mehr bilden sich Individualität
der Stiftung Christoph Delz. Dates de parution und Unterschiedlichkeit aus. Gestaltung
dissonance est soutenue par 1.3., 1.6., 1.9., 1.12. und Text zum Bildnachweis: Hubert Neidhart
la Fondation Christoph Delz.
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1.2., 1.5., 1.8., 1.11. ­ermitteln konnten, werden wegen nachträg­licher
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Délais pour les encarts être identifiés sont priés de prendre contact avec
Theresa Beyer, Simon Bittermann,
10.2., 10.5., 10.8., 10.11. la rédaction.
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Andreas Fatton, Christoph Haffter,
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Pierre Rigaudière, Jaronas Scheurer,
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Anna Schürmer, Jérémie Szpirglas,
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Donau-
Karten: reservix.de #domt18

Ausschreibung Kompositions-Wettbewerb

eschin-
«Phoenix-Trabant» 2018/2019

Das «Ensemble Phoenix Basel» schreibt einen biennalen, internationalen


Kompositionswettbewerb aus.
ACHT ausgewählte Komponist(inn)en kommen in den Genuss eines
dreiteiligen Kompositions-Workshops mit dem Ensemble und seinem

ger
musikalischen Leiter Jürg Henneberger (Coach: Eric Oña). Anschliessend
erhalten ZWEI Komponist(inn)en einen Auftrag zur Komposition eines
neuen Werks. Die beiden neuen Kompositionen werden als «Trabant»
das Ensemblestück «Chain I» von Witold Lutosławski «umkreisen» und
im November 2019 in Basel uraufgeführt.

Bewerbungsschluss: 30. Juni 2018

Musik-
Weitere Informationen: www.ensemble-phoenix.ch

Concours de Composition
«Phoenix Satellite» 2018/2019

tage
L‘«Ensemble Phoenix Basel» annonce un concours international de
composition biennal.
HUIT compositeurs/compositrices seront sélectionné(e)s pour bénéficier
d‘un atelier de composition avec l‘ensemble et son directeur
Jürg Henneberger qui se déroule en 3 modules (entraîneur: Eric Oña).
Après, DEUX des participants auront la possibilité d‘écrire une nouvelle
œuvre. Les nouvelles compositions tourneront quasi comme un satellite
autour de l‘œuvre «Chain I» de Witold Lutosławski et seront créées en
novembre 2019 à Bâle.

Date limite de soumission: 30 juin 2018


Plus de détails: www.ensemble-phoenix.ch

Ins. Dissonance_2 91 × 128mm

WEIL UNTER
DER OBERFLÄCHE
MEHR LOS IST.

Konzepte und Uraufführungen von: Peter Ablinger, Ruedi Häusermann,


Mauro Hertig, Clara Iannotta, Mischa Käser, Barblina Meierhans und
Manos Tsangaris
Vorverkauf via unsere Homepage www.neue-musik-ruemlingen.ch
oder direkt bei kulturticket.ch WWW.DISSONANCE.CH
WWW.NEIDHART-GRAFIK.CH
Wir begrüssen
unsere neuen
Kolleginnen und
Kollegen
• Simon Steen-Andersen Komposition
• Tom Arthurs Leitung Jazz
• Teresa Carrasco Sound Arts, Ko-Leitung und Dozentin
• Dennis Mayer, Nathalie Meidhof Theorie

… und arbeiten weiter


an spannenden Projekten,
unter anderen:
• Machinations von Georges Aperghis am Festival Acht Brücken, Köln,
Mai 2019 • CD-Releases von Mahlers Wunderhorn-Liedern sowie John
Cage / Bryan Ferneyhough / James Wood (NEOS) • Historisches Musik-
theater von Egisto Macchi in Kooperation mit der Fondazione Cini,
Venedig • Kammeroper Lady Sarashina von Peter Eötvös, Bern und
Bellinzona, Frühling 2019 • Big-Band-Projekt Jazz mit Django Bates in
Kooperation mit den Hochschulen Barcelona und Lille, Sommer 2019 •
SNF-Projekt zur Mikrotonalität des 20./21. Jahrhunderts • Visiting
Artists: Evan Parker, Stefan Prins u.a.m.

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Géré par l’Association dissonance – revue suisse de musique contemporaine

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