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Inhaltsverzeichnis
Lektion 1 – Innerstaatliches Organisationsrecht .................................................................................... 3
I. Die Staatsgewalt .........................................................................................................................3
II. Die drei Gebietskörperschaften ..................................................................................................3
III. Verfassungsrechtliche Grundlagen .........................................................................................3
IV. Gesetzgebung .........................................................................................................................7
V. Vollziehung .................................................................................................................................8
Lektion 2 – Organisationsrecht der EU ................................................................................................. 12
I. Was ist die EU? .........................................................................................................................12
II. Wie ist die EU aufgebaut? ........................................................................................................14
III. Was ist Supranationalität? ....................................................................................................14
IV. Welche Institutionen gibt es in der EU? ...............................................................................14
V. Wann darf die EU tätig werden? ..............................................................................................17
VI. Welche Unionsrechtsvorschriften gibt es und wer vollzieht sie? .........................................17
VII. Wodurch zeichnet sich das Unionsrecht ab? ........................................................................19
Lektion 3 – Grundrechte der Wirtschaft ............................................................................................... 21
I. Allgemeines zu den Grundrechten ...........................................................................................21
II. Die Erwerbsfreiheit ...................................................................................................................23
III. Die Eigentumsfreiheit ...........................................................................................................24
IV. Verfahrensgrundrechte ........................................................................................................25
Lektion 4 – Binnenmarktrecht .............................................................................................................. 26
I. Der Binnenmarkt ......................................................................................................................26
II. Die Grundfreiheiten: Struktur und Prüfschema ........................................................................28
III. Warenverkehrsfreiheit .........................................................................................................29
IV. Arbeitnehmerfreizügigkeit....................................................................................................31
V. Niederlassungsfreiheit..............................................................................................................31
VI. Dienstleistungsfreiheit..........................................................................................................32
VII. Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit ..................................................................................32
Lektion 5 – Gewerbliches Berufsrecht .................................................................................................. 34
I. Die Gewerbeordnung 1994 – Was regelt sie und worauf zielt sie ab? .....................................34
II. Für welche Tätigkeiten gilt die GewO? .....................................................................................34
III. Welche Gewerbearten gibt es? ............................................................................................35
1
IV. Unter welchen Voraussetzungen darf ein Gewerbe ausgeübt werden? ..............................37
V. Wozu und wen ermächtigen die Gewerbeberechtigungen? ....................................................38
VI. Wann erlöschen Gewerbeberechtigungen? .........................................................................39
VII. Die Zuständigkeit im Gewerberecht .....................................................................................39
Lektion 6 – Betriebsanlagenrecht und Baurecht .................................................................................. 40
I. Das Betriebsanlagenrecht.........................................................................................................40
II. Wann ist eine Betriebsanlage genehmigungspflichtig? ............................................................40
III. Das Genehmigungsverfahren ...............................................................................................41
IV. Auflagen ...............................................................................................................................42
V. Betrieb der Anlage während anhängiger Beschwerdeverfahren ..............................................42
VI. Nachträgliche Änderungen von Betriebsanlagen .................................................................43
VII. Überwachung von Betriebsanlagen ......................................................................................43
VIII. Die Zuständigkeit im Betriebsanlagenrecht ..........................................................................43
IX. Das Baurecht ........................................................................................................................44
Lektion 7 – Verwaltungsverfahren und nationaler Rechtsschutz ......................................................... 45
I. Verfahrensrecht und materielles Recht ....................................................................................45
II. Das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde ............................................................................45
III. Rechtsschutz .........................................................................................................................50
IV. Rechtsmittelverfahren vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts .....................................53
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LEKTION 1 – INNERSTAATLICHES ORGANISATIONSRECHT
I. Die Staatsgewalt
Gesetzgebung
Vollziehung
(Legislative)
Verwaltung (Exekutive) Gerichtsbarkeit (Judikative)
Bund Länder Bund Länder Gemeinden Bund Länder
- Nationalrat - Landtage - BReg - LReg - Gemeinderat - VfGH, VwGH, OGH - Landes-
- Bundesrat - Bminister - Bezirks- - Bürger-meister - Bundesverwaltungs- verwaltungs-
- BPräs verwaltungs- gerichte gericht
behörden - Ordentliche Gerichte
• Bundesstaatliche Struktur: Bund und Gliedstaaten (Bundesländer) haben Anteil an allen drei Staatsgewalten
• Jurist. Personen öffentl. Rechts (wie Selbstverwaltungskörper – zB Gemeinden, Kammern, SV-Träger): haben begrenzten
Anteil an Staatsgewalt Verwaltung
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a. Demokratisches Prinzip b. Republikanisches Prinzip
- Art 1 B-VG „Ö ist demokrat. Republik, Recht geht v. Volk aus“ - Art 1 B-VG
Parlamentarische = (un-)mittelbare = repräsentative Demokratie Position des Staatsoberhaupts
Gesetzgebung durch gewählt Organe - Zeitlich begrenzte Amtsperiode (6 Jahre)
- Weisungsbindung in der Verwaltung - Politisch verantwortlich (Volksabstimmung zur Absetzung)
- Übergang zur direkten Demokratie bzw. Rechtserzeugung auf - Rechtlich verantwortlich (Anklage beim VfGH)
direktem Weg→ nur d. Gesamtänderung d. Bundesverfassung - Wahl zum BP:
muss verfassungsrechtliche Voraussetzungen erfüllen (passives
Direkt-demokrat. Elemente: in der Bundesverfassung
Wahlrecht zum NR, Vollendung 35. Lebensjahr am Wahltag)
- Volksabstimmung: Ergebnis bindend (zB Zwentendorf)
verpflichtend bei Gesamtänderung der Bundesverfassung
EU-Beitritt → keine Änderungen
- Volksbegehren: >100.000 Unterschriften→Behandlung im NR
- Volksbefragung vs. Volksbegehren:
V.befragung: konkrete Frage mit 2 alt. Lösungsvorschlägen
V.begehren: zielt auf Erlassung eines Gesetzes ab
- Führen nie unmittelbar/allein zur verbindl. Rechtserzeugung
Direkt-demokratisch Elemente: Länder und Gemeinden
- Direktwahl Bpräs, Gemeinderäte, Bgm
EU-Beitritt 1995 - Änderungen:
- Sekundäre Unionsrecht wird von Unionsorganen erzeugt
- Ministerrat – Teil der EU-Gesetzgebung
- EU-Richtlinien/Verordnungen: können Ö-Parlament binden; höherer
Rang als Ö-(Verfassungs)-gesetze (nicht höher als Grundprinzipien)
c. Bundesstaatliches Prinzip d. Gewaltenteilendes Prinzip
- Art 2 Abs 1 B-VG „Ö ist ein Bundesstaat“ - Staatliche Fkt. (Gesetzgebung, Rechtsprechung, Verwaltung)
Staatsfunktion durch Kompetenzverteilung auf Bund u. Länder aufgeteilt müssen getrennt sein, um staatl. Macht zu begrenzen
- Rechtskreise (Bundes-/Landesrecht): prinzipiell gleichgeordnet
- Organisatorische Trennung von Gesetzgebungs- und Verwaltungs-
- Gesetzgebung: Kompetenzübergewicht zugunsten des Bundes
organen
Mitwirkung der Länder an Bundesgesetzgebung durch BR
(Einfluss gering – suspensives Veto, overruled durch NR-Beharrungsbeschluss)
- Trennung von Verwaltung und Justiz (Art 94 B-VG)
- Vollziehung: Mitwirkung der Länder an Vollziehung des Bundes durch - Unvereinbarkeitsbestimmungen (zb BP kann nicht BReg-Mitglied sein)
mittelbare Bundesverwaltung → „Vollzugsföderalismus“ - Wechselseitige Kontrolle
„checks and balances“- Parlament, BReg, BP ( zb Misstrauensvotum)
- Länder – haben relative Verfassungshoheit/-autonomie
EU-Beitritt 1995 - Änderungen: EU-Beitritt 1995 - Änderungen:
- Unionsrecht ist bundesstaatsblind → staatl. Kompetenzverteilung - Starke Rolle der Europ. Kommission (Vollziehungsorgan),
unberücksichtigt Mitwirkung bei Rechtsetzung
- Devolution (Einflussverlust der Länder) bei Säumigkeit
- Bund muss Länder/Gemeinden über EU-Vorhaben informieren,
Stellungnahmerecht d Länder/G. (einheitliche Stellungnahme verbindlich für Bund)
e. Rechtsstaatliches Prinzip eng miteinander verbunden f. Liberales Prinzip
- Art 1 B-VG Gewährt Einzelperson Freiheit in Gestalt von staatsgerichteten
(1) Rechtsstaat Abwehrrechten:
- im formellen Sinn: Rechtsregeln (Staat setzt durch) bestimmen Zusammenleben, - Persönliche Freiheit
Rechtsvorschriften (Staatsgewalten sind daran gebunden; gibt Einrichtungen zur Wahrung) - Meinungs- und Pressefreiheit + weitere liberale Grundrechte,
- im materiellen Sinn: Rechtsordnung des Staats basiert auf Wertvorstellungen (wie - Glaubens- und Gewissensfreiheit in die der Staat nicht/nur unter
Gerechtigkeit, Humanität, Freiheit, Ordnung, …)
- Eigentumsfreiheit bestimmten Voraussetzungen
- ist berechenbar
- Erwerbsfreiheit eingreifen darf
- muss auch sein: Verfassungs-, Gesetzes- und Rechtsschutzstaat
- Freiheit des Liegenschaftsverkehrs
- Rechte und Pflichten der Einzelpersonen gesetzlich festgelegt und
StGG, EMRK
Durchsetzung garantiert
Gesetzesstaat (3) Ermessen und unbestimmte Gesetzesbegriffe
- Legalitätsprinzip (Art 18 Abs 1 B-VG) - Gesetzgeber kann Vollziehungsbehörden „Ermessen“ („sowas wie
- Ermessen und unbestimmte Gesetzesbegriffe Spielraum“) einräumen
Rechtsschutzstaat Handlungsermessen: Behörde kann, muss nicht handeln
- Ordentliche Gerichte, Verwaltungsgerichte, VwGH, VfGH Auswahlermessen: Behörde hat Wahl zw. mehr. Reaktionen, muss aber handeln
(2) Legalitätsprinzip (formelle rechtsstaatl. Prinzip) - Ermessungsüberschreitung (Spielraumüberschreitung) und -missbrauch (im
- Strikte Bindung allen staatlichen Handelns an Gesetz und Verfassung Spielraum, nicht im Sinne d. Gesetzes) → Akt rechtswidrig
- Art 18 Abs 1 B-VG - Unbestimmter Gesetzesbegriff:
jeder Verwaltungsakt (zB Bescheid) muss im Gesetz begründet sein muss von Behörde ausgelegt werden, orientiert an Zielsetzung des Gesetzes
häufiges Auftreten, wg. Unpraktikabilität & Einzelfallgerechtigkeit
jeder Gerichtsakt (zB Urteil) muss im Gesetz begründet sein
- Legalitätsprinzip: Vollziehungsorgan muss Gesetz entnehmen können, worauf es bei
- Richtet sich an Vollziehung und Gesetzgebung Einzelfallbeurteilungen ankommt
Gesetzgeber ist verpflichtet Verhalten der Verwaltungsbehörden in formeller
(Organisation, Verfahren) und materieller Hinsicht zu determinieren
- Inhalt, Verfahren, entscheidendes Organ – gesetzl. Festgelegt
mangelhaft determiniertes Gesetz = verfassungswidrig („Bestimmtheitsgebot“) (4) Rechtsschutz
Gesetzesbindung = demokratische Legitimation, Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit) - Fehlerkalkül der Rechtsordnung (Fehler von Vollziehungsakten können geltend
EU-Beitritt 1995 – Änderungen - Legalitätsprinzip: gemacht und korrigiert werden) → dient Rechtsfrieden
- Partielle Verdrängung des österr. Legalitätsprinzips durch das - Geordnetes Verfahren durch übergeordnete Verwaltungsbehörden
europäisch. Legalitätsprinzip (liegt Fehler vor?) – Rechtsstaat gewährt Individuum verfahrensförmigen
staatl. Verwaltung darf ausgeübt werde aufgrund von: Gesetzen UND auch aufgrund von
Rechtsschutz
unmittelbar anwendbarem Unionsrecht
- Vollziehungsakte (zB Bescheide) müssen rechtzeitig innerhalb
Rechtsmittelfrist bekämpft werden, sonst werden rechtskräftig
- Rechtsschutz im
Zivil- und Strafrecht → ordentliche Gerichtsbarkeit
Verwaltungsrecht → VwG, VwGH, (+selten: VfGH)
- Rechtsstaatliches Prinzip der Bundesverfassung
1. Individuum hat Zugang zu Rechtsschutzsystemen
2. Rechtsschutzsysteme = Mindestmaß an faktischer Effizienz
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(also Rechtsschutz) wird gewährleistet
3. Staatszielbestimmungen und Gesetzesaufträge
… zählen nicht zu Grundprinzipien der ö. Bundesverfassung
… „Programmauftrag“ an Gesetzgebung
… aus Staatszielbestimmungen lassen sich keine unmittelbaren Rechte für Rechtsunterworfene ableiten
a. Gleichstellung von Menschen mit Behinderung
• 1997: Ergänzung d. allg, Gleichheitssat gem Art 7 Abs 1 B-VG
• Verbot v. Diskriminierung & Staatsziel d. Gleichbehandlung in allen Lebensbereichen
• 2005: Bundesgesetz ü. Gleichstellung v. Menschen mit Behinderung BGStG
b. Gleichstellung von Frauen und Männern
• 1998: Art 7 Abs 2 B-VG
• Bekenntnis d. Gebietskörperschaften zur Herstellung d. faktischen Gleichstellung & verfassungsrechtl.
Legitimierung v. Maßnahmen zur Beseitigung bestehender Ungleichheiten (z.B. Quotenregelung)
c. Umwelt und gesellschaftsbezogene Staatsziele
• 2013: BVG u. Nachhaltigkeit, Tierschutz, umfassender Umweltschutz, Sicherstellung d. Wasser- &
Lebensmittelversorgung, Forschung
• 1984: umfassender Umweltschutz als Staatsziel → Bewahrung d. Umwelt als Lebendgrundlage vor schädlichen
Einwirkungen (Wasser, Luft, Boden, Lärm)
• VfGH: Umweltschutzinteressen = Kriterium der Bedarfsprüfung bei Konzessionen für Schifffahrt
d. Sicherung der Unabhängigkeit des Runfunks
• Art 1 Abs 3 d. BVG-Rundfunk, BGBI 396/1974
• Rundfunk = öffentliche Aufgabe → Bedeutung für demokratische Gesellschaft
e. Immerwährende Neutralität?
• BVG 26.10.1955 ü. Neutralität Österreichs: Ö = immerwährend neutraler Staat → völkerrechtliche und
verfassungsrechtliche Verpflichtungen
• Änderung d. Art 23f B-VG: Ö kann sich an humanitären & friedenserhaltenden Aufgaben, Kampfeinsätzen bei
Krisenbewältigung etc. beteiligen → Ö. kann sich neutral verhalten, hat aber keine völker-/verfassungsrechtliche
Verpflichtung mehr dazu
• Dauernde & immerwährende Neutralität ➔ Verpflichtung, sich im Kriegsfall neutral zu verhalten &
„Vorwirkungspflichten“ (= Verbot in Friedenszeiten, Verpflichtungen einzugehen, die Neutralität im Kriegsfall gefährden)
• Ö nicht mehr immerwährend neutral
f. Weitere Sozialbestimmungen und Gesetzesaufträge
• zB. umfassende Landesverteidigung, Schutz versch. Volksgruppen, gesamtwirtschaftl. Gleichgewicht, …
5. Landesverfassungen
• Länder → Recht auf eigene Verfassung, die nicht gg. Bundesverfassung verstoßen darf
• Relative Verfassungshoheit = Verfassungsautonomie → Regelung von Bereichen, die in BV nicht vorgegeben sind
• In Landesverfassung entscheiden:
Ob Bgm von Gemeinderat oder Gemeindevolk gewählt
Anzahl d. Mitglieder in LReg
LReg Mitglieder vom Landtag → gewählt durch Verhältniswahl oder Mehrheitswahl?
B. Einfach Gesetze
• Funktion: Steuerungs- & Ausgestaltungsinstrumente
für div. Sachbereiche, Verfahren, organisatorische Rahmenbedingungen Gesetzesflut
• Gesetzgebung kann innerhalb verfassungsrechtlicher Grenzen jeden Sachverhalt regeln = „Rechtspolitischer
Gestaltungsspielraum“
• Einfache Landesgesetze gleichranging mit einfachen Bundesgesetzen
• Quoren für das Zustandekommen:
o Präsenzquorum: mindestens 1/3 der Abgeordneten
o Konsensquorum: mehr als 1/2 der Abgeordneten (einfache Mehrheit)
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C. Stufenbau der Rechtsordnung
• Recht → entsteht in Erzeugungsprozess von obersten abstrakten Normen zu konkreteren Rechtsnormen
• Heteronorme Determinante: Rechtsetzer ist an übergeordnete Norm gebunden
• Autonome Determinante: Rechtsetzer hat auf der jeweiligen Ebene rechtliche Gestaltungsfreiheit, soweit
übergeordneten Rechtsnormen keine Bindung vorsehen
• Verwaltungsbehörden & Gerichte → bei Bescheiden & Urteilen an Gesetze & Verordnungen gebunden
• Grundprinzipien → Unionsrecht→ Verfassung → Gesetze → Verordnungserlassende Behörde
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IV. Gesetzgebung
• = Vorgang, bei dem generell-abstrakte Normen = Gesetze v. Gesetzgebungsorganen (NR, BR,
Landtage) geschaffen werden
• „generell-abstrakt“: für die Allgemeinheit verbindlich
• „Individuell-verbindlich“: beziehen sich auf ein Individuum od. einen Personenkreis (Urteil, Bescheid)
• Gesetze → verwirklichen politische Zielsetzungen
A. Bundesgesetzgebung
• NR gemeinsam BR → (Bundes-)Gesetzgebung
BR vertritt Länderinteressen in d. Bundesgesetzgebung
• Gesetzesinitiative → von BReg in Form v. Regierungsvorlagen (nach polit. Vorgaben d. BM (=Ministerialentwürfe))
oder Initiativantrag, Volksbegehren ua.
werden im NR in zuständigen Ausschüssen beraten + in 3 Lesungen im Plenum diskutiert
1. Beratung ü. allg. Inhalt d. Gesetzesvorschlags, Zuweisung an einen Ausschuss
2. Ergebnisse d. Ausschuss-Beratungen werden dem Plenum berichtet
o Generaldebatte: generelle Zielsetzung d. Gesetzes diskutiert
o Spezialdebatte: eingehen auf einzelne Bestimmungen/Problemstellungen
3. Abstimmung ü. Gesetzesvorschlag im Plenum (s. III.A.1.)
• Wenn Gesetzesbeschluss verabschiedet → Übermittlung an BR für Durchführung d. Einspruchsverfahrens
BR – Vetomöglichkeit (meist nur Suspensiv) NR – Möglichkeit d. Beharrungsbeschluss
• Nach Ende d. Verfahren in NR & BR:
BPräs beurkundet verfassungsmäßiges Zustandekommen d. Gesetzes
Bundeskanzler macht Gegenzeichnung
• Gesetzesbeschluss d. NR wird vom Bundeskanzler im Bundesgesetzblatt (BGBI - ris.bka.gv.at) verlautbart → Gesetz
Gesetz tritt idR mit Ablauf d. Tages d. Kundmachung in Kraft
Gesetzesinitiative
Verfahren im NR
Beteiligung des BR
Bei Ablehnung durch den BR:
Beharrungsbeschluss durch den NR möglich
(sog. „suspensives Veto“)
Beurkundung,
Gegenzeichnung,
Kundmachung
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V. Vollziehung
• Alle Akte, die notwendig sind, die Gesetze in die Realität umzusetzen
• Unterteilung in: Gerichtsbarkeit und Verwaltung
• Art 18 B-VG – Legalitätsprinzip – Ausübung der Vollziehung nur aufgrund Gesetze → sonst
rechtswidrig und vernichtbar
2. Behörden
- Behörden = Organe mit Hoheitsgewalt (Imperium)
gesetzl. verliehene Fähigkeit einseitig bindende Rechtsakte zur Vollziehung der Gesetze zu erlassen (Bescheid,
Verordnung, usw.)
zB BM = Behörde, Bundesministerium = Verwaltungs-/Hilfsapparat,
weitere Behörden: BVB, LH, LReg, Vwg, Gemeinderat, …
Gerichtsbarkeit:
- Ausübung: von unabhängigen,
unabsetzbaren, unversetzbaren
Organen => Richter
entscheiden allein aufgrund d.
Gesetzes, keine Bindung an Weisungen
(auch nicht v. übergeordnetem Gericht)
- Ordentliche Gerichte sind
Bundes-behörden
→ Zivil- und Strafrecht sind
Angelegenheiten des Bundes in
Gesetzgebung und Vollziehung
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2. Verwaltung
a. Hoheitsverwaltung
- Teil d. Staatsgewalt, in dessen Rahmen d. öff. Recht v. Verwaltungsbehörden vollzogen wird
zB Vollziehung d. GewO
- Behörde → Über- & Unterordnung gekennzeichnete Konstellation
- Rechtsschutz gg. Entscheidungen d. Verwaltungsbehörden → gesichert durch Gerichte d. öffentl.
Rechts (idR VwG I. Instanz)
- 2. Instanz für Rechtsschutz: Verwaltungsbehörden im eigenen Wirkungsbereich d. Gemeinde
(3) Bundesverwaltung
- Auf höchster Ebene: Bpräs, BReg (Kollegialorgan); Bundeskanzler, Vizekanzler & einzelne BM
(monokratische Organe) (=oberste Organe der Bundesverwaltung)
einander gleichgestellt, kein Weisungszusammenhang
in best. Akten voneinander abhängig
- BV → Rahmenbedingungen, ob/welche Angelegenheiten unmittelbar (von Bundesbehörden) od.
mittelbar (von Landesbehörden) zu vollziehen sind
i. unmittelbare Bundesverwaltung
- Bundeseigene Behörden
(eher Ausnahme in Ö, z.B. Bundespolizei, Finanzamt, Studienbeihilfe)
- Nur Angelegenheiten deren Vollziehung n. Art 10 B-VG dem Bund übertragen ist & für die n. Art 102
Abs 2 B-VG Möglk. d. unmittelbaren Bundesverwaltung eröffnet wird
Ob Bundesbehörde genutzt wird, entscheidet dann d. einfache Bundesgesetzgebung (indem im entsprechenden
Materiengesetz → eigene Bundesbehörden zur Vollziehung vorgesehen werden)
- Wenn nicht → mittelbare Bundesverwaltung
- Gegen Entscheidungen → Beschwerde an BVwG
ii. mittelbare Bundesverwaltung
- Landesbehörden (insb BVB & LH)
werden funktionell als Bundesbehörden tätig, obwohl sie organisatorisch Landesbehörden sind
vorgesehen in Art 102 B-VG
- Weisungszusammenhang: zw. Landes- & Bundesbehörden Kompetenzverschiebung bedarf einer
(BM kann nur LH Weisungen erteilen, Verbot d. Weisungsdurchgriffs) Änderung der österreichischen
- Vorteile: Bundesverfassung
Vermeidung doppelter Verwaltungsorganisation
Länder mit wenig eigener Gesetzgebungs-/Vollziehungskompetenz werden so stärker an Staatsgewalt beteiligt
- LH = Träger d. mittelbaren Bundesverwaltung → BVB d. Länder sind ihm unterstellt
- Beschwerde: an LVwG (sofern gesetzlich nicht BVwG vorgesehen ist)
→ wg. richterlicher Unabhängigkeit kein Weisungszusammenhang zu Bundes-/Landesorganen
(4) Landesverwaltung
- Landesbehörden
- Jedes Bundesland → von BVB verwaltet → als BVB wird die BH tätig
=gegliedert in politische Bezirke)
- LReg als Kollegialorgan → weisungsbefugt gegenüber BVB
= oberstes Organ d. Landesverwaltung
- Beschwerden → LVwG
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(5) Gemeinden: haben eigenen & übertragenen Wirkungsbereich
eigner Wirkungsbereich: = alle Angelegenheiten im Interesse d. örtlichen Gemeinschaft, die dazu geeignet sind durch
Gemeinschaft innerhalb ihrer örtl. Grenzen besorgt zu werden
- Aufgaben d. eigenen Wirkungsbereichen = explizit in Gesetz bezeichnen
→ Bezeichnung wirkt konstitutiv => erst nach expliziter Bezeichnung zählt Aufgabe zum eigenen Wirkungsbereich
- 2-gliedriger Instanzenzug
eine Verwaltungsbehörde entscheidet ü. Rechtsmittel gegen Entscheidungen einer anderen Verwaltungsbehörde (z.B.
Bgm 1. Instanz, Gemeinderat 2. Instanz)
Ausnahme: Tirol – Instanzenzug ausgeschlossen
- Nach Erschöpfung d. Instanzenzugs → Beschwerde an VwG
- Kein Weisungsrecht v. Bundes- od. Landesbehörden
Aber Gemeinde steht unter staatlicher Aufsicht
Übertragener Wirkungsbereich:
- Gemeinden werden funktionell für Land od. Bund tätig
- Zuständiges Organ = Bgm
- Weisungszusammenhang zu übergeordneten Landes-/Bundesorganen (Art 119 B-VG)
(6) Andere Selbstverwaltungskörper
- Gilt ähnliches wie für Gemeinden
eigener vs. Übertragener Wirkungsbereich, staatl. Aufsicht, Weisungsfreiheit vs. Weisungsbindung
- Wichtigste: Kammern (Wirtschaftskammer, AK.), Sozialversicherungsträger, ö.
HochschülerInnenschaft, Jägerschaften
b. Privatwirtschaftsverwaltung
- Staat handelt im Rahmen d. Privatrechts
Art 17 B-VG Bund & Länder + Art 116 Abs 2 Gemeinden => Privatrechtsfähigkeit
- Staat handelt rechtlich wie Privatperson → Verträge unterliegen dann Kontrolle d. ordentlichen Gerichtsbarkeit
- Privatrechtsfähigkeit ist begrenzt: (insb. durch Fiskalgeltung d. Grundrechte), keine umfassende Privatautonomie
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C. Die Akte der Vollziehung
Gerichtsbarkeit Verwaltung
- Urteil (ordentliche Gerichte) - Verordnung VO
- Erkenntnis (Gerichtsbarkeit öffentl. Rechts) - Bescheid
- Beschluss - Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher
Befehls- & Zwangsgewalt
• Prinzip d. Rechtsstaatlichkeit: wenn in subjektive Rechte eingegriffen wird, dann mit einem dieser Akte
• Akte Unterliegen nachprüfenden Kontrolle durch Gerichte (VwG, ordentliche Gerichte) &
Höchstgerichte (VfGH, VwGH, OGH)
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LEKTION 2 – ORGANISATIONSRECHT DER EU
I. Was ist die EU?
… Gründung der EU: 1993
Vorhergehend: 70 Jahre langer Prozess d. Europ. Integration
A. Die Ursprünge der Europäischen Union – die drei Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EAG, EWG)
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (=EGKS):
• Gründung 1951 → 1952 in Kraft getreten durch völkerrechtlichen Vertrag
o Entwickelt von: Franz Schuhmann, Jean Monnet
o Erster Schritt zur EU
o Gemeinsam Regelung der Wirtschaftssektoren: Kohle und Stahl
o Streben nach polit. Aussöhnung nach 2. WK
• 6 Mitglieder: Frankreich, Deutschland, Belgien, Italien, Luxemburg, Niederlande
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (=EWG):
UND Europäische Atomgemeinschaft (=EAG, EURATOM):
• Gründung 1957 durch völkerrechtl. Verträge („d. Römischen Verträge“) → 1958 in Kraft
• Idee: „spill over“-Effekt für Integration in weiteren Politikbereichen
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3. Erweiterungen und Brexit
• 1951 bzw. 1957 (Gründungsmitglieder): FR, D, BEL, NLD, LUX, IT
• 1973: DNK, UK, IRL
•
Erweiterungen
1981: GRC
• 1986: PRT, ESP
• 1995: AUT, SWE, FIN
• 2004: Estland, Lettland, Litauen, POL, CZE, SVK (Slowakei), SVN (Slowenien), HUN, MLT (Malta), CYP (Zypern)
• 2007: Bulgarien, Rumänien
• 2013: Kroatien (28. Mitgliedsstaat)
• 2005: Türkei
• Derzeit: Serbien & Montenegro
• 2020: Nordmazedonien, Albanien
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II. Wie ist die EU aufgebaut?
… EU = Staatenverbund = supranationale Organisation
A. Die EU
• Mittelpunkt: Binnenmarkt mit seinen Grundfreiheiten & der Wettbewerbsordnung der EU
• AEUV: legt fest in welchen Politbereichen/unter welchen Umständen EU Maßnahmen setzen darf
• Wenn die d. EU übertragenen Kompetenzen in Verträgen (EUV, AEUV) festgeschrieben sind
→ „Kompetenz-Kompetenz“ = Befugnis Zuständigkeitsverteilung zu ändern bei Mitgliedsstaaten
B. Die GASP
• = Gemeinsame Außen- & Sicherheitspolitik
• Amt d. „Hohen Vertreters“ für die GASP
o Im Außenministerrat
o Vizepräsident d. europäischen Kommission
o Nimmt an Sitzungen d. EU Rates teil
o Hat Möglichkeit selbständig Rechtssetzungsinitiativen zu ergreifen
• Im Bereich der GASP gelten Sonderregelungen:
o Entscheidungen im Rahmen zwischenstaatlichen intergouvernementalen Zusammenarbeit
o Beschlüsse bedürfen Zustimmung aller Mitgliedsstaaten & richten sich nur an die Mitglieder & nicht die einzelnen
Unionsbürger (wie im allg. Völkerrecht üblich)
Weitere Institutionen (keine Organe): EWSA Europäischer Wirtschafts- & Sozialausschuss; AdR Ausschuss d. Regionen; EIB Europäische
Investitionsbank, Europäischer Bürgerbeauftragte (Ombudsmann)
A. Europäischer Rat
• oberstes politisches Steuerungsorgan der EU
• Mitglieder:
o Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten
o Präsident des Europäischen Rates (dzt Charles Michel)
▪ Kein nation. Amt ausüben
▪ Aufgaben: Vorbereit. Arbeit. Europ. Rat; Leitung d. Sitzungen, Außenvertretung der EU
o Präsident der Kommission
• Aufgaben: Politische Gesamtleitung
o Bestimmung der allgemeinen politischen Zielvorstellungen und politischen Prioritäten der EU
o Festlegung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (Hoher Vertreter der EU für GASP)
o ernennt Kandidaten (bspw EZB oder Kommission)
• kein Legislativorgan (kann aber rechtsförml. Beschlüsse fassen)
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B. Rat der EU = „Rat“ = „Ministerrat“
• Zentrales Entscheidungsorgan der EU
• Legislativorgan → erlässt Rechtsakte, schließt internationale Abkommen
• Gesetzgebungsorgan der EU (idR gemeinsam mit Europäischem Parlament)
• Mitglieder sind jeweilige Fachminister der nationalen Regierungen;
10 verschiedene Besetzungen möglich (bspw Außenminister, Wirtschaftsminister, Umweltminister etc. )
• Wechselnder Vorsitz (dzt Slowenien, 2022: Frankreich und Tschechien)
• Aufgaben:
o Verhandlung, Abstimmung und Verabschiedung von Rechtsakten
o Koordinierung politischer Maßnahmen
o Abschluss internationaler Übereinkünfte
o Genehmigung des Haushaltsplans der EU (gemeinsam mit EP)
• Beschlussfassung (doppelt-qualifizierte Mehrheit) Höher qualifizierte Mehrheit:
o 55% der Mitglieder (= mind. 15) und erforderlich, wenn Rat der EU nicht auf
o 65% der Bevölkerung Vorschlag der Kommission tätig wird
o Sperrminorität (=Blockademinderheit) aus 4 MS möglich
C. Europäisches Parlament
• Gesetzgebungsorgan der EU (idR gemeinsam mit Rat)
• 705 direkt gewählte Abgeordnete (Ö 19)
• Abgeordnete wählen Präsidenten (dzt David Sassoli)
• Aufgaben:
o Kontrolle aller EU-Organe (insb Kommission) → Kontrollorgan
o Wahl der vom Europäischen Rat designierten Präsidentin der Kommission
o Haushaltsplanung = Budget (gemeinsam mit Rat)
• Für meisten Rechtsakte: „ordentliches Gesetzgebungsverfahren“ (Art 294 AEUV)
o Europ. Parlament gemeinsam & gleichberechtigt mit Rat d. EU nach Vorschlag durch europ. Kommission legislativ tätig
• Besonderes Gesetzgebungsverfahren:
o Annahme einer Verordnung/Beschluss/Richtlinie; entweder:
▪ - Durch europäisches Parlament mit Beteiligung d. Rates d. EU
▪ - Durch Rat d. EU mit Beteiligung d. europäischen Parlaments
D. Europäische Kommission Europäische Kommission hat in der Regel die alleinige Kompetenz,
Vorschläge zur Erlassung von Gesetzgebungsakten der EU vorzulegen
• unabhängiges Organ der EU/Rechtsetzungsorgan
• 27 Kommissionmitglieder (für Österreich: Johannes Hahn/Kommissar für Haushalt und Verwaltung),
Präsidentin (dzt Ursula von der Leyen – gewählt auf Vorschlag d. Europ. Parlaments)
• Aufgaben:
o ausschließliches Handeln im Interesse der EU
o Vertretung der EU auf internationaler Ebene
o Durchsetzung des Unionsrechts (gemeinsam mit dem Gerichtshof der EU)
o Vergabe von Finanzmitteln
• Erlassung von Rechtsvorschriften in zugewiesenen Bereichen
• Kompetenz: Initiativen zur Schaffung v. Sekundären Unionsrecht ergreifen, überwacht Vertragseinhaltung
Vorschläge für Rechtsakte vorlegen
• Handelt als Kollegium → d.h. Einvernehmen unter allen Mitgliedern (falls notwendig Abstimmung mit absoluter Mehrheit!)
E. Gerichtshof der EU
Europäischer Gerichtshof (EuGH) Europäisches Gericht EuG
• ein Richter aus jedem EU-Land (+ dazu 11 • zwei Richter/innen aus jedem EU-Land für
Generalanwälte) für jeweils 6 Jahre 6 Jahre
Generalanwälte: erarbeiten Gutachten & unterbreiten • Ist d. EuGH beigeordnet
Entscheidungsvorschläge (=Schlussanträge) → Richter sind nicht an o Für Entscheidungen ü. Klagen im ersten
diese gebunden, befolgen sie aber oft Rechtszug
• Aufgaben o Gegen Entscheidungen d. europäischen
o Auslegung des Unionsrechts (Auslegungsmonopol) → kann sie Kommission
für ungültig erklären (Ausnahme: GASP) • → gegen Entscheidungen d. EuG kann
o Durchsetzung von Unionsrecht (Vertragsverletzung)
o Rechtmäßigkeitskontrolle von Unionsrecht
Rechtsmittel beim EuGH erhoben werden
(Verwerfungsmonopol)
o Gewährleistung einer funktionierenden EU
o Sanktionsmaßnahmen gegen EU-Institutionen
o bei Zweifel eines nationalen Gerichtes, wie Unionsrecht
auszulegen ist → EuGH um Auslegung ersuchen →
Vorabentscheidungsverfahren startet
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F. Sonstige Institutionen
2. Europäischer Rechnungshof
• Finanzgebarungskontrolle – überprüft Rechts-/Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen/Ausgaben der EU
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V. Wann darf die EU tätig werden?
• Prinzip d. begrenzenten Einzelermächtigung, Art 5 Abs 2 EUV: Organe d. EU dürfen nur dann tätig
werden, wenn ihnen die Befugnis v. d. Mitgliedsstaaten in d. Verträgen übertragen worden ist
• Weit gefasste Befugnisse:
o zB. Gemeinsame Verkehrspolitik, Arbeitnehmerfreizügigkeit
o Art 114 AEUV: Binnenmarktkompetenz = Generalermächtigung für Errichtung/Funktionieren d. Binnenmarkts
o Art 352 AEUV: Lückenschließungsklausel = EU darf durch einstimmigen Beschluss d. Rates d. EU & nach
Zustimmung d. europäischen Parlaments auch ohne vertragliche Befugnis agieren, wenn Tätigwerden „erforderlich“ ist
• Prinzipien d. Kompetenzausübung:
o Art 5 Abs 3 EUV: Subsidiaritätsprinzip = EU darf nur dann handeln, wenn Ziele auf nationaler Ebene nicht
ausreichend verwirklicht werden können bzw wegen Umfang/Wirkungen auf Unionsebene besser auf Unionsebene
→ EU muss bei Gesetzesvorschlägen nachweisen, dass Handeln d. EU notwendig ist
o Art 5 Abs 4 EUV: Verhältnismäßigkeitsprinzip = Maßnahmen d. EU dürfen nicht ü. d. für Ziele
erforderliche Maß hinausgehen
B. Abgeleitetes Unionsrecht
1. Welche abgeleiteten Unionsakte gibt es?
• Abgeleitetes Unionsrecht = v. Organen d. EU auf materiell-/verfahrensrechtlicher Grundlage d.
Primärrechts/Sekundärrecht erzeugtes Recht
• Akte:
-Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, (nicht rechtverbindliche) Empfehlungen & Stellungnahmen,
-atypische Rechtsakte (=nicht in Katalog Art 288 Abs 1 genannt – Verordnungen, RL, usw werden genannt)
a. Verordnung
• Gilt allg. & unmittelbar in d. Mitgliedsstaaten (supranational)
• Begründet Rechte & Pflichten für einzelne Bürger
• „unmittelbare Anwendbarkeit“: gilt auch zw. Privatpersonen
zB. Arbeitnehmerfreizügigkeitsverordnung, Datenschutz-Grundverordnung
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b. Richtlinie
• Gerichtet an Mitgliedsstaaten (nicht wie Verordnung an einzelne Bürger)
• Nicht unmittelbar → innerhalb best. Frist müssen Mitgliedsstaaten d. Ziele & Inhalte im nationalen
Recht umsetzen
• Konzeptionell: überlässt Wahl d. Form & Mittel d. Umsetzung d. Mitgliedern selbst, aber
praktisch: sehr konkrete Regelungen, kaum Umsetzungsspielräume (zulässig nach EuGH)
• Wenn nicht fristgerecht v. einem Staat umgesetzt:
o 1 Person kann sich ggü. Staatlichen Stellen d. Mitgliedsstaates unmittelbar auf Richtlinie berufen => unmittelbare
Wirkung! → wenn Richtlinie d. Einzelnen Rechte ggü. Staat einräumt ohne Bedingungen/Auflagen
→ „vertikale Wirkung“ d. Richtlinie
o Staatshaftung: kann v. einer aus (nicht korrekt umgesetzten) Richtlinie begünstigten Person auf Schadenersatz
verklagt werden
o Keine „horizontale Wirkung“ d. Richtlinie: auf unmittelbare Wirkung kann man sich nur ggü. Staat berufen,
nicht Privatpersonen
z.B.: Ö → setzte Richtlinie zur Erhöhung d. Konsumentenschutzes bei Online-Einkäufen nicht fristgerecht um →
Konsument darf sich beim Betreiber d. Webshops nicht auf unmittelbare Wirkung d. Richtlinie berufen!
c. Beschluss
• Haben Rechtsverbindlichkeit
• individuell-konkreter Beschluss: nur für Adressaten d. Beschlusses verbindlich
(ähnlich wie Bescheid d. österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts)
zB. Verhängen einer Geldbude durch europ. Kommission gg. Unternehmen, das gg. Kartellverbot verstoßen hat
• Muss nicht immer an best. Adressaten gerichtet sein (n. AEUV)
• Unbestimmter Adressatenkreis = allg. Verbindlichkeit (Abgrenzungsprobleme zur Verordnung)
d. Empfehlung/Stellungnahme
• Rechtlich unverbindlich
• Empfehlungen → Rat d. EU, Europäischen Kommission & Europäischer Zentralbank
• Stellungnahmen → alle Organe d. EU
• Nach Ansicht EuGH: nationale Behörden sollen bei Auslegung nationaler Rechtsvorschriften unter Umständen berücksichtigen
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3. Inkrafttreten von Rechtsakten
• Muss im (elektronischen) Amtsblatt d. EU ABI kundgemacht werden (anders für Rechtsakte ohne
Gesetzgebungscharakter) → treten am 20. Tag danach in Kraft
• Reihen d. ABI:
o L (legislation, Rechtssetzung): Verordnungen, Richtlinien & Beschlüsse
o C (communications, Mitteilungen): unverbindliche Rechtsakte (Empfehlungen, Stellungnahmen, Berichte, Entwürfe etc.)
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C. Der Vorrang des Unionsrechts
Anwendungsvorrang
• im Konfliktfall zwischen nationalem Recht und Unionsrecht
• Unionsrecht hat Vorrang vor nationalem Recht (auch vor Verfassungsrecht)
• Dem Unionsrecht widersprechendes Recht darf nicht angewendet werden (bleibt allerdings in Kraft bis zur
Aufhebung durch ein nationales Gericht oder durch den nationalen Gesetzgeber)
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LEKTION 3 – GRUNDRECHTE DER WIRTSCHAFT
I. Allgemeines zu den Grundrechten
A. Was sind Grundrechte?
• Grundrechte: verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte (Art 144 B-VG)
o
… Subjektive Rechte (Rechte d. Einzelnen) -> sind regelmäßig in rechtlichem Verfahren durchsetzbar
o
Grundlage: Vorschriften mit Verfassungsrang
o
Wirken als staatsgerichtete Abwehrrechte: schaffen Freiheitsraum gegenüber Eingriffen durch Staat
→ setzen Staatshandeln Grenzen
zB. Meinungsfreiheit: Staat darf politische Berichtserstattung nicht beeinflussen
daraus ergeben sich Unterlassungspflichten für Staat & positive Handlungspflichten (Gewährleistungspflichten) →
rechtspolitischer Gestaltungsspielraum, in welcher Weise Staat Handlungspflicht erfüllt
• Handlungspflichten – treten in verschiedenen Situationen auf:
1. Best. Grundrechte können nicht ohne Handeln d. Staates in Anspruch genommen werden
=> Staat muss Voraussetzung für grundrechtliche Gewährleistung schaffen
zB. Verfahrensgrundrechte (Staat muss Gerichte schaffen)
zB. geheimes Wahlrecht (Staat muss Vorkehrungen treffen, „blickdichte Wahlzellen“)
o Institutionsgarantien = Staat muss rechtlichen Rahmen für best. Einrichtungen bereitstellen
zB. Eigentumsfreiheit (Staat muss Eigentumsordnung schaffen)
zB. Recht auf Eheschließung (Staat muss Voraussetzungen & Folgen einer Ehe regeln)
2. Schutzpflicht: Staat hat Pflicht, Grundrechte vor Eingriffen von dritter Nichtstaatlicher Seite zu schützen
zB. Recht auf Leben (Art 2 EMRK) → äußert sich zB. in Schutzmaßnahmen im Straßenverkehr
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D. Wen verpflichten die Grundrechte?
• Verpflichten den Staat → binden Gesetzgebung & Vollziehung (Verwaltungsbehörden, Gerichte)
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II. Die Erwerbsfreiheit = verfassungsrechtlich gewährleistetes Recht
b. Subjektive Zugangsbeschränkungen
Schranken, die in der Person selbst liegen und die aus eigener Kraft überwindbar sind (Ausbildungserfordernisse)
Wiegt weniger schwer als obj. Schranken
c. Ausübungsschranken
Reglementieren nur die Ausübung einer Erwerbstätigkeit (nicht Zugang)
zB. Ladeschlussvorschriften, Werbeverbote, …
Größerer rechtspolitischer Gestaltungsspielraum
Am wenigsten gewichtig
2. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
• Eingriff muss verhältnismäßig sein → sonst Verletzung d. Grundrechts aus Art 6 StGG
• Beachtet, wenn Gesetz
o Öffentliches Interesse verfolgt (umso gewichtiger, je höher Eingriffsintensität)
o Zur Erreichung d. Ziels geeignet & erforderlich ist
o Grundrecht nicht inadäquat einschränkt
• Je geringer Eingriffsintensität, desto größer Gestaltungsspielraum
a. Öffentliches Interesse: Ziel d. gesetz. Regelung muss im öffentlichen Interesse liegen
Kann in vielerlei Hinsicht bestehen (Umweltschutz, Konsumentenschutz, …)
VfGH prüft nicht sehr streng → „Vertretbarkeitskontrolle“: weiter Gestaltungsspielraum d. Gesetzgebers
b. Geeignetheit
Geeignet für d. im öff. Interesse gelegene Ziel
Weiter Spielraum d. Gesetzgebers
zB. Standortbeschränkungen für Einkaufszentren = geeignet zur Verhinderung d. „Greißlersterbens“
zB. Werbeverbot für Kontaktlinsenoptiker =/= geeignet, um intensivere Konsultation v. Fachärzten zu erreichen
zB. Bedarfsprüfung =/= geeignet für Taxigewerbe
c. Erforderlichkeit
Wahl d. Mittels, das Grundrechte so wenig wie möglich einschränkt → muss erforderlich sein für Ziel
VfGH → Erforderlichkeitsprüfung nur bei Erwerbsantrittsbeschränkungen
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C. Bindung der Vollziehung
• Bescheide d. Verwaltungsbehörde + Erkenntnisse & Beschlüsse d. Verwaltungsgerichte → können
Erwerbsfreiheit verletzen
• Bei Beschlüssen/Erkenntnissen
o wenn ohne gesetzliche Grundlage erlassen
o wenn zugrundeliegendes Gesetz = verfassungswidrig
o wenn Gesetz = verfassungswidrig ausgelegt
2. Eigentumseingriffe
• Eingriff = wenn durch Grundrecht geschütztes Recht entzogen wird
• 2 Eingriffsarten n. Rechtsprechung d. VfGH zu unterscheiden
o 1. Enteignung = wenn Eigentümern eine Sache/vermögenswertes Recht durch hoheitlichen Akt (Gesetz,
Bescheid) entzogen wird & auf einen anderen/Staat übertragen wird
o 2. Bloße Eigentumsbeschränkung = wenn Ausübung d. Eigentumsrechts eingeschränkt wird (z.B. Gebäude
unter Denkmalschutz)
→ materielle Enteignungen, wenn Eigentumsbeschränkungen so weit gehen, dass sie Entziehung d. Eigentums gleichkommen
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IV. Verfahrensgrundrechte
• Sichern Durchsetzung materieller Rechte in fairem Verfahren, an dem man in verfahrensmäßig
gesicherten Rechtsposition teilnehmen kann
• Gewährleisten Grundsatz d. effektiven Rechtsschutzes (im Rechtstaatlichkeitsprinzip verankert)
A. Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG)
• Art 83 Abs 2 B-VG: niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden
• gegen „Kabinettsjustiz“ (= gegen Versuche d. Monarchen nach Gutdünken Richter zu bestellen/abzuziehen)
• Heute: Schutz/Wahrung d. gesetzlichen Behördenzuständigkeit
• Gesetzlicher Richter = jede staatliche Behörde, die hoheitliche Kompetenzen hat
B. Recht auf ein faires Verfahren (Art 6 EMRK und Art 47 GRC)
• Art 6 EMRK → Mindestgarantien in Bezug auf zivilrechtliche/strafrechtliche Ansprüche/Klagen
• Ähnlich auch in Art 47 GRC → Schutzbereich beschränkt sich nicht nur auf zivilr./strafrechtl.
1. Anwendungsbereich des Art 6 EMRK
• Zivilrechtl. Ansprüche & Verpflichtungen, strafrechtliche Anklagen
• Begriffe = autonom als Begriffe eines völkerrechtl. Vertrags (nicht iSd nationalen Rechts)
Zivilrechtliche Ansprüche Strafrechtliche Anklage
• Streitigkeiten unter Privaten → bestimmt n. Inhalt d. Beschuldigung & Strafe
• Verfahren, die im innerstaatlichen Recht dem öffentlichen Recht • Gerichtliches Strafrecht
zugeordnet sind, wenn • Verwaltungsstrafrecht
o …ihre Ergebnisse unmittelbar für zivilr. A./V. entscheidend sind • Disziplinarstrafen (n. VfGH)
o …wenn sie Erwerbstätigkeit einer Person eingreifen o … durch die Freiheit entzogen wird
o …vermögenswerte Auswirkungen haben o …od. die in ihrer Schwere Freiheitsentzug gleichkommen
• Meist wenn Eigentum betroffen ist (z.B. Berufsausübungsverbot)
2. Gewährleistungsumfang
• Verfahrensrechtliche Mindestgarantien & spezielle Garantien im Strafprozess
• Allg. Verfahrensgarantien:
o Zugang zu & bindende Entscheidung durch „Tribunal“ = gesetzlich eingerichtetes, unabh., unparteiisches Gericht od.
entspr. unabh. Verwaltungsbehörde
o Einhaltung angemessener Verfahrensdauer
o Anspruch auf Durchführung einer öff. Mündl. Verhandlung
o Anspruch auf Durchführen eines fairen Verfahrens
(zB. Gewährung v. Parteiengehör)
o Im Strafverfahren: Grundsatz d. Unschuldsvermutung, Recht auf Verteidigung
C. Weitere Verfahrensgrundrechte
• Grundsatz „nulla poena sine lege“ = keine Strafe ohne Gesetz Art 7 EMRK
• Recht, sich nicht selbst einer Straftat bezichtigen zu müssen Art 90 Abs 2 B-VG
• Recht auf wirksame Beschwerde Art 13 EMRK
• Verbot d. Doppelbestrafung (Grundsatz d. „ne bis in idem“) Art 4.7. ZPEMRK
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LEKTION 4 – BINNENMARKTRECHT
I. Der Binnenmarkt
• Art 26 Abs 2 AEUV ???
• Raum ohne Binnengrenzen, in dem freier Verkehr v. Waren, Personen, Dienstleistungen & Kapital
gewährleistet ist
• kennzeichnend für wirtschaftl. Dimension d. europäischen Integration:
• Binnenmarktprinzipien: Marktfreiheit, Marktgleichheit & Wettbewerbsfreiheit
o Verwirklichung über (v. AEUV vorgesehen):
▪ Grundfreiheiten
▪ Ergänzende Vorschriften ü. Unionsbürgerschaft & Freizügigkeit
▪ Wettbewerbsregeln
Arbeitnehmerfreizügigkeit Niederlassungsfreiheit
• Basis aus ökonomischer Sicht: VWL-Theorie d. komparativen Vorteils → Ziel: optimale Allokation v. wirtschaftl. Ressourcen
• Subjektive Rechte: für Unionsbürger/jurist. Personen mit EU-Sitz
o gegenüber staatl. Behörden durchsetzen
o greifen nur bei/nach Grenzübertritt UND erfordern zwischenstaatliche Wirtschaftstätigkeit
o Nach Rechtsprechung d. EuGH → greifen schon wenn mitgliedsstaatliche Regelung Angehörige aus anderen
Mitgliedsstaat davon abhält, sich in dem Staat niederzulassen
• Reine Inlandssachverhalte → nicht v. Grundfreiheiten geschützt
• Inländer- bzw. Inlandsmarktdiskriminierung:
o Ausländer (=Bürger anderer MS) könnten besser behandelt werden als Inländer
zB. Österreicher: Erbringung für best. Gewerbe vorgesehenen Qualifikationsanforderungen d. Gewerbeordnung 1994
(GewO), Ausländer müssen dies nicht
o Unionsrecht beseitigt Inländerdiskriminierung nur, wenn Vorschriften zur Rechtsangleichung erlassen werden
(→ harmonisiertes Recht für ganze EU)
26
• Art 18 AEUV: Grundsatz d. Nichtdiskriminierung aufgrund Staatsangehörigkeit ➔ Unionsbürger muss unabh. V. wirtschaftl.
Tätigkeit gleichbehandelt werden
(sekundärrechtliche Regelungen: Leistungsansprüche gg Staat inkl. Sozialleistungen (Stipendien, …))
• Seit EuGH Urteil in Rs Ruiz Zambrano: Mitgliedsstaaten müssen sämtliche Handlungen unterlassen, die d. Unionsbürger faktisch
zum Verlassen d. EU zwingen (auch ohne Grenzüberschreitung d. Unionsbürgers)
z.B. kolumbianischer Vater minderjähriger belgischer Staatsbürger muss Arbeitserlaubnis kriegen, weil sie ansonsten gezwungen
wären EU zu verlassen
• Entscheidung d. EuGH in Rs Dano: Wenn nicht wirtschaftl. tätige Unionsbürger nicht Voraussetzungen (Existenzmittel etc.)
erfüllen → kein Anspruch auf Sozialleistung, können ausgewiesen werden
C. Europäisches Wettbewerbsrecht
• Vorschriften ü. Wettbewerb im Binnenmarkt Art 101 ff AEUV
o Märkte stehen allen offen, die an ihnen teilhaben möchten
o Freier & fairer Wettbewerb, Chancengleichheit
• Soll Verfälschungen durch einzelne Marktteilnehmer (z.B. Kartellverbot 101 AEUV) od. Staat (z.B. Beihilfeverbot
gem Art 107 AEUV) verhindern
D. Rechtsangleichung („Harmonisierung)
• Regelungen d. Mitgliedsstaaten, die gerechtfertigte Beschränkungen d. Grundfreiheiten darstellen
→ unterschiedlich ausgestaltbar z.B. Ö.: höherer Umweltschutzstandard für Einfuhr best. Ware
• Art 114 AEUV: Möglichkeit für Unionsgesetzgeber, sekundärrechtliche Rechtsangleichungsmaßnahmen
= Harmonisierungsvorschriften zu erlassen → einheitliche Vorschriften im EU-Binnenmarkt
• Richtlinien od. Verordnungen → gleichen divergierende Rechtsvorschriften inhaltlich aneinander an
zB. Richtlinie 93/41/EWG: Angleichung d. Inverkehrbringens technolog. Hochwertiger Arzneimittel
• muss sicherstellen, dass Schutzinteresse d. nationalen Vorschriften gewahrt wird, aber Orientierung
nicht zwingend am höchsten Schutzniveau → Absenkung für einzelne Staaten
• „Mindestharmonisierung“: Recht unter best. Voraussetzungen strengere nationale Vorschriften zu
erlassen
• „Vollharmonisierung“: keine Möglichk. zur Abweichung v. Harmonisierungsmaßnahme
• Erfolgt idR durch Richtlinie
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II. Die Grundfreiheiten: Struktur und Prüfschema
• EU-Grundfreiheiten → inhaltl. Untersch. Sachverhalte, aber ähnliche Struktur & Prüfschema
A. Struktur der Grundfreiheiten
• Unmittelbar anwendbar: verleihen Rechte
• Diskriminierungsverbot: Verbot d. Schlechterbehandlung v. Marktteilnehmern aus anderen EU-MS gegenüber Inländischen
• Beschränkungsverbot: Verbot v. Regelungen, die Marktteilnehmer in ihrem grenzüberschreitenden wirtschaftl. Handeln
behindert, Grundfreiheiten behindert
• Schranken d. Grundfreiheit: Rechtfertigungsmöglichkeiten für diskriminierende/beschränkende Maßnahmen
(denn nicht jede diskriminierende/beschränkende Maßnahme ist Verstoß gegen Grundfreiheit)
o Schranken-Schranken → sind eng auszulegen & müssen verhältnismäßig sein
o Wenn beschränkende Maßnahme nicht rechtfertigbar → verletzt Grundfreiheit, nicht erlaubt
1. Diskriminierungsverbot
• Grundfreiheiten schützen Waren, erwerbstätige Personen, Dienstleistungen & Kapital bei/nach
Grenzübertritt vor Benachteiligung gegenüber inländischer Ware/Personen
• Verbot v. Diskriminierung wegen Staatsangehörigkeit
• Offene (= direkte/unmittelbare) Diskriminierung:
wenn nationale Regelung v. Wortlaut her zu Lasten v. EU-Ausländern geht
• Versteckte (=indirekte/mittelbare) Diskriminierung:
wenn bei Vorschrift nicht explizit zw. Inländisch/ausländisch unterschieden wird, sondern nach scheinbar neutralem Kriterium,
das aber nur Ausländer betrifft
zB. Wohnsitz muss am Beschäftigungsort sein
2. Beschränkungsverbot
• Erfasst nicht-diskriminierende nationale Vorschriften, die die Ausübung v. Grundfreiheiten im EU-
Binnenmarkt beschränken
• Verbieten (auch nicht-diskriminierende) staatliche Maßnahmen, die d. Inanspruchnahme d. Grundfreiheiten
unattraktiv machen
Belgien – nur Magarine in Würfelform verkaufen – gilt für In-/Ausländer – deutsche Magarine in Bechern – nicht auf Markt gebracht
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B. Prüfschema
Immer gleiche Schritte
• Ist Schutzbereich d. betreff. Grundfreiheit eröffnet?
• Greift Maßnahme in Schutzbereich ein?
• Ist Eingriff/Maßnahme = gerechtfertigt?
3. Rechtfertigung – gerechtfertigt?
• Liegt Eingriff vor → ja → ist Eingriff/Maßnahme gerechtfertigt?
• Voraussetzungen:
1) Maßnahme aus explizit in AEUV vermerkten Gründen od. zwingenden Gründen d. Allgemeininteresses
2) Maßnahme = geeignet für Zielverwirklichung
3) Maßnahme geht nicht darüber hinaus, was erforderlich ist für Zielerreichung
III. Warenverkehrsfreiheit
A. Allgemeines
• Art 28 bis 36 AEUV: Errichtung einer Zollunion & Abschaffung aller mengenmäßiger Beschränkungen
zw. Mitgliedstaaten
• Art 37 AEUV: Verpflichtung zur Umformung staatlicher Handelsmonopole
• Sonderregeln für Landwirtschaft, Fischerei, Handel mit Kriegsmaterial
• Zollunion: Mitgliedstaaten verpflichten sich nach innen (=untereinander) dazu, alle Handelshemmnisse
(Ein- & Ausfuhrzölle, Abgaben zollgleicher Wirkung) abzuschaffen
• Fokus auf Beseitigung mengenmäßiger Ein- & Ausfuhrbeschränkungen & Maßnahmen gleicher Wirkung
B. Schutzbereich
• Grenzüberschreitende Verbringung v. Unionswaren (=Waren, die entw. in EU hergestellt od. in Mitgliedstaat in freien Verkehr gebracht wurden)
• Erfasst Unionsware → Nationalität d. Händlers irrelevant
• Ware = Erzeugnisse mit Geldwert, Gegenstand v. Handelsgeschäften, auch unkörperliche Gegenstände
• Keine Bereichsausnahmen
• Grenzen: Verwaltungs- & Kriminalstrafrecht (Rauschgift, Falschgeld, Leichen) → nicht von Warenverkehrsfreiheit geschützt
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C. Eingriff
• Art 34 & 35 AEUV → Verbot v. mengenmäßigen Ein- & Ausfuhrbeschränkungen (Kontingentierung)
• Art 34 AEUV → Verbot Maßnahmen gleicher Wirkung
= jede Regelung, die geeignet ist, grenzüberschreitenden Handel innerhalb EU (un-)mittelbar/tatsächlich/potentiell zu behindern,
weit definiert durch „Dassonville“-Formel)
Weiteres Bsp – Urteil Cassis de Dijon
Alle Regelungen, die Waren aus anderen EU-Staaten diskriminieren
Auch nicht-diskriminierende Regelungen, die ebenfalls inländische Waren erfassen
NICHT: Regelungen, die Verkaufsmodalitäten betreffen, sofern diese für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten (z.B.
Ladenschlussregelungen) →Rs. Keck
• Cassis de Dijon: Auf inländische & ausländische Ware unterschiedslos anwendbare Maßnahmen → fallen nur
unter Warenverkehrsfreiheit, wenn es sich um Marktzutritt erschwerende Maßnahmen handelt & wenn sie den
Absatz importierter Ware faktisch stärker betreffen als inländische
• Neuere Judikatur im Zusammenhang mit Verwendungsbeschränkungen
o → Verbot mit gewissen Fahrzeugen Anhänger zu ziehen
o → Verbot d. Verwendung v. Wassermotorrädern
o Maßnahmen gleicher Wirkung = wenn sie Marktzutritt erschweren, unabhängig davon, ob es produkt- od. vertriebs-
bezogene Maßnahme od. Verwendungsbeschränkung ist
Dassonville: (EuGH, Rs 8/74, Keck: (EuGH, verb Rs C-267/91 und Cassis de Dijon: (EuGH, Rs Gourmet: (EuGH, Rs C-405/98, Gourmet,
Dassonville, Slg 1974, 837) 268/91, Slg 1993, I-6097) 120/78, Cassis de Dijon, Slg 1979, 649) Slg 2001, I-1795)
- Belgien → Ursprungszeugnis für - Supermarktbetreiber Keck & - dt. Gesetz → Fruchtsaftliköre nur - SWE Gesetz → Werbeverbot
importierten Whisky Mithouard → bestraft, weil sie in FR mit mind. 25% = Likör alkoholischer Getränke → Unternehmen
- Benoit & Dassonville → importierten Ware unter Einkaufspreis verkauften - franz. Johannisbeerlikör „Cassis de durfte in von ihm herausgegebenen
nicht unmittelbar aus UK, sondern FR => verboten in FR Dijon“ = 15-20% → kein Likör in D Zeitschrift „Gourmet“ keine Werbe-
→ hatten keine Geschäftsbeziehung - sagten: Verlustverkauf = notwendig; - Gesetz = Maßnahme gleicher anzeigen zu alkohl. Getränken
mit britischem Geschäftspartner d. diskriminiert ggnü. anderen Wirkung (obwohl es auch für veröffentlichen
franz. Importeurs → Ursprungszeugnis Mitgliedstaaten, wo erlaubt ist inländische Ware - EuGH: Verbot = Maßnahme gleicher
schwer - EuGH: Verbot =/= Maßnahme galt) => erschwerte nämlich Zugang Wirkung → ist geeignet
- belgische Forderung nach gleicher Wirkung → nur EU-ausländischer Liköre zum dt. Absatz importierter Erzeugnisse stärker
Ursprungszeugnis = Maßnahme vertriebsbezogene Regelung, die alle Markt zu behindern als inländische (Kunde ist
gleicher Wirkung fr. Marktteilnehmer betrifft & nicht - nicht verhältnismäßig → bereits besser mit inländischen vertraut)
Marktzutritt erschwerend ist Etikettierung ausreichend - Aber: Werbeverbot wg. Gründen d.
Gesundheitsschutzes =
gerechtfertigt, kann erlaubt sein
• Wirkung d. Warenverkehrsfreiheit nicht nur für MS, sondern auch für best. private Einrichtungen:
zB. Juli 2012 EuGH wandte Art 34 AEUV auf DVWG (dt. Verein d. Gas- & Wasserfaches) an
einzige Einrichtung zur Zertifizierung & Normierung v. Kupferfittings für Wasserleitungen
Vertrieb von nicht DVWG zertifizierten Kupferfittings → ist erschwert
Einrichtung regelt somit Zugang zum dt. Markt! → Tätigkeit d. DVWG wirkt wie staatl. Maßnahme
D. Rechtfertigung
Warenverkehrsfreiheit verbietet Eingriffe nicht schlechthin
• Art 36 AEUV: best. diskriminierende Vorschriften gerechtfertigt → Gründe d. öff. Sittlichkeit, Ordnung &
Sicherheit, Schutz d. Gesundheit & d. Lebens v. Menschen/Tieren/Pflanzen, Schutz d. nationalen Kulturguts v.
künstlerischem/geschichtlichem/archäologischem Wert od. d. gewerblichen/kommerziellen Eigentums
o Voraussetzung: Maßnahme ist verhältnismäßig (zur Zielerreichung geeignet, erford., angemessen)
o Zwingende Erfordernisse zB. wirksame steuerliche Kontrolle, Schutz d. öff. Gesundheit, Lauterkeit d.
Handelsverkehrs, Verbraucherschutz
gilt auch Maßnahmen gleicher Wirkung
o Zweck muss im Allgemeininteresse liegen & d. Warenverkehrsfreiheit vorgehen
o Mitgliedsstaaten können sich nicht darauf berufen, wenn betreffender Bereich durch
Richtlinien/Verordnungen harmonisiert ist
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IV. Arbeitnehmerfreizügigkeit -Schützt grenzüberschreitende unselbstständige Erwerbstätigkeit
-gewährt (gem Art 45 Abs 3 AEUV) auch Rechte, die mit Erwerbstätigkeit zusammenhängen
A. Allgemeines
• Gewährleistet freie Wahl d. Arbeitsplatzes im gesamten Gebiet
• Produktionsfaktor „Arbeit“ soll so am Ort d. größten wirtschaftl. Nutzens eingesetzt werden können
• Art 45 AEUV + Arbeitnehmerfreizügigkeitsverordnung 492/2011 (ABI 2011 L 141/1) → jeder Unionsbürger hat Recht in anderem
EU-Staat eine unselbstständige wirtschaftliche Tätigkeit aufzunehmen & auszuüben
B. Schutzbereich
• Von begünstigtem Personenkreis umfasster Arbeitnehmer, der in anderem EU-Staat einer
unselbstständigen Tätigkeit nachgehen möchte
• Arbeitsverhältnis: jemand erbringt für jemand anderen während best. Zeit nach dessen Weisung Leistung, für die er als
Gegenzug Vergütung erhält ➔ Höhe & Art d. Vergütung (Bekleidung, Kost, Unterkunft, …) ist egal
• Wanderarbeitnehmer = Arbeitnehmer die in anderem Mitgliedstaat arbeiten
Angehörige eines Arbeitnehmers haben Freiheiten (Wohnrecht, Arbeitsrecht, …), auch wenn bei nicht EU-Staatsangehörigkeit
• Auch Arbeitgeber eines Staates kann Angehörige aus anderem EU-Staat als Arbeitnehmer beschäftigen
• Gewährt Rechte: in anderes Land einreisen, Wohnung suchen, und dort auch nach Beschäftigung verbleiben dürfen
• Abkommen ü. europäischen Wirtschaftsraum EWR (EU + Mitglieder d. europ. Freihandelszone EFTA
exkl. CH) → auch Staatsbürger v. ISL, NOR, LIE haben Arbeitnehmerfreizügigkeit
• Arbeitnehmerfreizügigkeit NICHT für Beschäftigungen im Kernbereich d. öffentlichen Verwaltung
→ hoheitliche Befugnisse, Nahverhältnis zw. Stelleninhaber & Staat (Polizei, Justiz, Armee, …)
• Persönlicher Schutzbereich: Unionsbürger
C. Eingriff
• Diskriminierungsverbot: Verbot von versteckter od. offener Diskriminierung
Richtet sich nicht nur an Mitgliedsstaaten, sondern auch an Privatpersonen → Kollektiv- & Einzelarbeitsverträge
• Verboten: Unterschiedslose Behandlung hinsichtl. Beschäftigung, Entlohnung, sonst.
Arbeitsbedingungen, soziale & steuerliche Vergünstigungen
• Rechtfertigungsgründe (für Eingriff/Diskriminierung): öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit (Art 45 Abs 3 AEUV)
unter Berücksichtigung d. Verhältnismäßigkeit
• Verbot v. nicht-diskriminierenden Beschränkungen d. Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Arbeitnehmer
daran hindern sein Herkunftsland zu verlasse/ v. Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch zu machen →
wenn sie Zugang d. Arbeitnehmers zum Arbeitsmarkt eines anderen Staates beeinflussen
D. Rechtfertigung
• Bei direkter Diskriminierung: Gründe öff. Ordnung, Sicherheit & Gesundheit
Maßnahme muss gerechtfertigt und verhältnismäßig sein(nach Art 45 Abs 3 AEUV)
• Indirekte Diskriminierung od. sonstige Beschränkung d. Arbeitnehmerfreizügigkeit: neben den
geschriebene Rechtfertigungsgründe, zusätzlich zwingende Erfordernisse d. Allgemeininteresses (z.B.
Förderung v. Einstellungen, Verringerung d. Arbeitslosigkeit, …)
muss verhältnismäßig sein
V. Niederlassungsfreiheit
A. Allgemeines
• Gilt auch für Selbstständige: dürfen innerhalb Binnenmarkts erwerbstätig sein
• Niederlassungsfreiheit → Recht zur Aufnahme/Ausübung einer dauerhaften selbstständigen wirtschaftl. Tätigkeit in einem
andern MS mittels einer dortigen festen Einrichtung Art 49 AEUV
B. Schutzbereich
• Niederlassungsfreiheit: Alle Staatsangehörigen eines MS, unabhängig davon wo sie ansässig sind
• Recht auf Gründung v. Zweigniederlassungen in anderen MS → nur dann, wenn sie in einem MS ansässig sind
• Selbständig = auf eigene Rechnung & Gefahr, nicht in Arbeitsverhältnis
• Recht zur Gründung/Leitung v. Unternehmen unter denselben Bedingungen wie für Inländer Art 49 AEUV
• Auch für Gesellschaften & juristische Personen
o Wenn sie nach Rechtsvorschriften eines MS gegründet wurden & ihren Sitz in EU haben Art 54 AEUV
o Staatsangehörigkeit d. Gesellschafter = egal
• Sachverhalt muss grenzüberschreitenden Bezug aufweisen
• Schutzbereich eröffnet, wenn natürliche od. juristische Person in anderem MS einer selbstständigen
Tätigkeit für unbest. Zeit nachgehen möchte (freie Berufe, gewerbliche Tätigkeiten, …)
o Tätigkeit muss auf Dauer angelegt sein (permanente Präsenz vor Ort mit fester Einrichtung)
• Art 51 AEUV: ausgenommen hoheitliche Tätigkeiten (Ausübung öff. Gewalt) → nicht in Schutzbereich
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C. Eingriff
• Verbot ausdrücklicher & versteckter Diskriminierung aufgrund Staatsangehörigkeit
• Verbot v. Beschränkung d. freien Standortwahl
• Beschränkungsverbot: Verbot v. Maßnahmen, die Niederlassungsfreiheit behindern od. weniger attraktiv machen
• Nicht-diskriminierende Beschränkungen, die Marktzugang für selbstständig Erwerbstätige aus anderen
MS rechtlich od. faktisch nicht beeinträchtigen = erlaubt (zB. Höchstsätze für Rechtsanwaltshonorare)
D. Rechtfertigung
• allg. Diskriminierungen & Beschränkungen: Gründe öff. Sicherheit, Ordnung, Gesundheit (Art 52 Abs 1 AEUV)
• bei nicht-diskriminierenden Beschränkungen: zwingende Gründe d. Allgemeininteresses
• Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
VI. Dienstleistungsfreiheit
A. Allgemeines
• Für Liberalisierung jeder Wirtschaftstätigkeiten, die nicht unter Warenverkehrs-, Niederlassungs-od. Kapitalverkehrsfreiheit fallen
• EuGH: Dienstleistungsfreiheit nicht mehr durchgehend subsidiär
B. Schutzbereich
• Selbstständige (insb gewerbl., kaufmänn., handwerkl., freiberufl.) vorübergehende Tätigkeiten, Art 56 AEUV
gegen Entgelt erbracht UND grenzüberschreitende Tätigkeit
• Aktive Dienstleistungsfreiheit: Dienstleistung wird in dem MS erbracht, in dem Dienstleistungsempfänger ansässig ist
• Passive: Leistungsempfänger begibt sich in anderen MS zur Entgegennahme d. Leistung
• Auch wenn sich beide (Erbringer & Empfänger) in anderen MS begeben
• Auch wenn nur Dienstleistung Grenze überschreitet u. Empfänger/Erbringer in eigenem MS bleiben =
Korrespondenzdienstleistungen
• Für Staatsangehörige eines MS d. EU/EWR, die in einem MS ansässig sind
• Für Gesellschaften, sofern sie nach Vorschriften eines MS gegründet wurden und in EU ansässig sind
- Dienstleistungsfreiheit => immaterielle Produkte; Warenverkehrsfreiheit => materielle
- Dienstleistungsfreiheit => vorübergehender Charakter; Niederlassungsfreiheit => dauerhaft
Dienstleister darf sich in MS jedoch mit notwendiger Infrastruktur (Büro, Kanzlei, Praxis etc.) ausstatten
- Dienstleistungsfreiheit => selbstständig; Arbeitnehmerfreizügigkeit => unselbstständig
- Dienstleistungsfreiheit => Dienstleistungen = mit Kapitalverkehr verbunden; Kapitalverkehrsfreiheit => machen selbst Kapitalverkehr aus (zB. Geldüberweisung)
C. Eingriff
• Verbot v. ausdrücklicher & versteckter Diskriminierung d. Erbringers od. Empfängers v. Dienstleistungen
• Verbot v. nicht-diskriminierenden Beschränkungen, die unterschiedslos auf alle anwendbar sind, aber
für diejenigen aus anderen MS stärkere Auswirkungen haben
D. Rechtfertigung
• Ausdrückliche Diskriminierungen → Geschriebene Gründe gem Art 62 iVm Art 52 AEUV
• Beschränkungen & indirekte Diskriminierungen → neben geschriebenen Gründen auch zwingende
Erfordernisse d. Allgemeininteresses
• Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
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C. Eingriff
• Verbot diskriminierender & beschränkender Eingriffe
• Wenn Maßnahme Marktzugang für Investitionen erschwert → Beschränkung d. Kapitalverkehrs →
rechtfertigungsbedürftig
D. Rechtfertigung
• Art 65 AEUV:
o MS darf steuerrechtlich zw. Personen mit untersch. Wohnort od. Kapitalanlageort
differenzieren → untersch. steuerrechtliche Vorschriften können so lange aufrechterhalten werden, solange
keine Harmonisierung d. Steuern durch EU erfolgt ist
o MS dürfen unerlässliche Maßnahmen zur Vermeidung finanzrechtlicher Vergehen od. zur Wahrung d. öff.
Ordnung & Sicherheit ergreifen (um Umgehung nationaler Rechts-/Verwaltungsvorschriften zu vermeiden)
o MS dürfen aber NICHT: (Art 65 Abs 3 AEUV): Mittel willkürlicher Diskriminierung oder verschleierte
Beschränkung d. freien Kapital-/Zahlungsverkehrs
• Rechtfertigungs- & Verhältnismäßigkeitsprüfung → wie bei anderen Grundfreiheiten
• Unzulässig: Genehmigungspflicht für Kapital-/Zahlungsverkehrstransaktionen
• Zulässig: Anmeldesystem
• Privatisierungsvorgänge → Schutz d. Kapitalverkehrsfreiheit → kann aber gerechtfertigt sein durch Sicherung d.
Energieversorgung, Verbraucherschutz, etc.
• Sondereinflussrechte (Zustimmungsrechte zu besonderen Geschäftsvorgängen) d. Staates in Form v. Sonderaktien „Golden
Shares“ → Beschränkung d. Kaptalverkehrsfreiheit
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LEKTION 5 – GEWERBLICHES BERUFSRECHT
I. Die Gewerbeordnung 1994 – Was regelt sie und worauf zielt sie ab?
• Ö. Bundesverfassung: Art 6 StGG 1867: alle Staatsbürger dürfen unter d. gesetzlichen Bedingungen
jeden (un-)selbstständigen Erwerbszweig ausüben
• Erwerbstätigkeiten => können v. Gesetzgeber reglementiert werden
• GewO = Gewerbeordnung
o Bundesgesetz, Ursprung: 1859
o Stammfassung d. heutigen: 1994 → BGBI 194/1994 kundgemacht, seitdem oft novelliert
o Ziel: Qualität d. Leistungen fördern & v. Gewerben ausgehende Gefahren verhindern
o Für Antritt eines Gewerbes → Nachweis fachlicher Eignung
→ „Wettbewerb unter Qualifizierten“
o Regelt auch Ausübung → Gefahr für Kunden, Nachbarn, Gewerbetreibende selbst & sonst. Betroffene Personen
verhindern & Konsumentenschutz gewährleisten
o Betreffen Antritt & Ausübung gewerblicher Erwerbstätigkeiten
o Enthalten für einzelne Gewerbe detaillierte Regelungen
o Musterklausur Jänner 2021: gilt nicht für jede selbstständig ausgeübte Tätigkeit
A. Gewerbsmäßigkeit
gewerbsmäßig iSd § 1 Abs 2 Gewo, wenn Tätigkeit ... ist
mit Absicht betrieben: ERtrag oder sonst.
selbstständig regelmäßig wirtschaftl. Vorteil zu erzielen (unabhäng.
von Zweck)
1. Selbstständigkeit
• selbstständig = auf eigene Rechnung & Gefahr (§1 Abs 3 GewO) → tragen geschäftliches Risiko
• Wirtschaftl. Abhängigkeit schließt Selbstständigkeit nicht aus!
wenn zB. Gewerbetreibender nur für einen einzigen Auftraggeber tätig wird
2. Regelmäßigkeit
• Regelmäßig = wiederkehrend
• Auch bei einmaligen Tätigkeiten, wenn:
o Nach d. konkreten Begleitumständen nachvollziehbar auf eine Wiederholungsabsicht geschlossen werden kann
o Tätigkeit = erfordert längere Zeit (zB. Bauarbeiten)
• §1 Abs 4 GewO: Anbieten einer d. Gegenstand d. Gewerbe bildenden Tätigkeit an größeren
Personenkreis (zB. Inserat) → wird Ausübung d. Gewerbes gleichgehalten
3. Ertragserzielungsabsicht
• Absicht, einen Ertrag od. sonst. Wirtschaftl. Vorteil (Gewinn) zu erzielen
• Tatsächliche Erzielung nicht erforderlich (§1 Abs 2 GewO)
• Anbieten von Ware gegen Entgelt ≠ Ertragserzielungsabsicht (zB. Karitative Einrichtung – nicht gewerblich)
• Anbieten v. Ware gegen variables Entgelt ≠ Fehlen v. Ertragserzielungsabsicht (zB. „Pay as you wish“-Systeme)
• Bei Vereinen gegründet nach Vereinsgesetz 2002 (= ideelle/nicht auf Gewinn ausgerichtete Vereine)
→ Vorliegen v. Ertragsabzielungsabsicht?
o §1 Abs 6 GewO: ideelle Vereine → Ertragsziel, wenn
▪ Vereinstätigkeit hat Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbes
▪ Ziel: Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für Vereinsmitglieder
▪ mehr als 1x die Woche eine Tätigkeit ausgeübt wird, die der GewO unterliegt (ist aber widerleglich)
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• Strafrechtlicher Begriff d. Gewerbsmäßigkeit iSd §70 StGB
C. Ausnahmen
• §§2 bis 4 GewO → genannte Tätigkeiten unterliegen nicht GeWo
• Sondergesetze für diese Ausnahmen
• Grund für Ausschluss: allg. Bestimmungen d. GewO → nicht ausreichend für genaue Reglementierung d.
Tätigkeit (z.B. Banken, Versicherungen, Ärzte, Notare, …)
• Kompetenzgrundlage „Angelegenheiten d. Gewerbes“ (Art 10 Abs 1 Z 8 B-VG) → Bundesgesetzgeber darf
keine Sachverhalte regeln, deren Regelung d. Ländern vorbehalten ist (zB. Land- & Forstwirtschaft, Berg- &
Schiführer, Kinos & Veranstaltungsbetriebe, …) => nicht Anwendungsbereich d. GewO
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B. Anmeldungspflichtige und bescheidbedürftige Gewerbe
• Frage stellen: Genügt zur Ausübung bloße Anmeldung oder ist Zuverlässigkeitsprüfung notwendig?
Unterscheidung: anmeldungspflichtig ODER bescheidbedürftig ( → aufgrund ihrer Sensibiltät genehmigungspflichtig)
• Gem §5 Abs 1 GewO: Gewerbe dürfen bei Erfüllung d. Voraussetzungen aufgrund d. Anmeldung d.
(reglementierten od. freien) Gewerbes ausgeübt werden
• Anmeldung: Gewerbebehörde wird davon verständigt, dass ein best. Gewerbe ausgeübt werden soll
muss enthalten:
genaue Bezeichnung d. Gewerbes
Standort d. Ausübung
div. Belege (zB. Name, Wohnung, Alter, Staatsangehörigkeit, Befähigung, Firmenbuchauszug)
o Vorliegen d. Voraussetzung → Eintrag in Gewerbeinformationssystem Austria GISA
o danach → §340 Abs 1 GewO: Übermittlung eines Auszugs aus d. GISA an Anmelder
o Wenn Voraussatzungen nicht vorliegen → Feststellung mit Bescheid, Verbot d. Ausübung
o Gewerbe-Ausübung ohne Gewerbeanmeldung → verwaltungsrechtlich strafbar (§366 Abs 1 Z 1Gewo – bis 3600€)
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IV. Unter welchen Voraussetzungen darf ein Gewerbe ausgeübt werden?
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2. Zuverlässigkeit
• §95 GewO bei bescheidbedürftigen Gewerben: →Behörde prüft, ob Bewerber die benöt. Zuverlässigkeit besitzt
• §87 Abs 1 Z3 GewO: Zuverlässigkeit nicht gegeben bei Verstoß v. Rechtsvorschriften & Schutzinteressen
3. Weitere Bedingungen
• Zusätzliche Voraussetzungen bei einzelnen Gewerben
o zB. Rauchfangkehrer → Bedarfsprüfung
hinsichtlich sicherheitsrelevanter Tätigkeiten (zB. Feuerpolizei, Baupolizei) §120 Abs 1 2.Satz GewO
ob tatsächlich Bedarf an weiterem Rauchfangkehrer im Gebiet besteht §121 GewO
2. Weitere Befugnisse
• Rechtsinstitute → bewirken Abschwächung d. strikten Trennung d. Gewerbe:
o §30 GewO: „Fachübergreifende Leistungen (verbundener Gewerbe)“
= Erlaubnis verbundene Gewerbe aus gleicher Gruppe d. Tätigkeiten, für die sie Befähigungsnachweis
erbracht haben auszuüben
o §31 Abs 1 GewO: „Einfache Tätigkeiten & Teilgewerbe mit vereinfachtem Zugang“
= Gewerbetreibende dürfen einzelne, einfache Tätigkeiten v. reglementierten Gewerben ausüben, wenn diese
keine weiteren Befähigungsnachweise erfordern
o §§32 Abs 1 GewO: „Sonstige Rechte v. Gewerbetreibenden (Nebenrechte)“
= zur Ausübung aufgezählt. Nebenrechte befugt
Leistungen anderer Gewerbe erbringen, wenn diese eigenes Gewerbe sinnvoll ergänzen (dürfen max. 30% d.
Jahresumsatzes ausmachen, 15% d. Auftragssumme bei reglementierten Gewerben & Abs 2 wirtschaftl. Schwerpunkt
bzw. Eigenart d. Betriebes muss erhalten bleiben)
allgemeines Handelsrecht ausüben (Waren zurücknehmen, ver-/kaufen, vermieten, vermitteln…) (§§32 Abs1 Z10 GewO)
§§32 bis 34 GewO: dürfen Arbeiten im zulässigen Umfang planen, Vorarbeiten & Vollendungsarbeiten vornehmen |
Betriebseinrichtungen instand halten | unentgeltlich Getränke ausschenken | Güter & Mitarbeiter transportieren
(Werkverkehr) | Postdienstleistungen (Ausnahme: Geld- & Zahlungsverkehr)
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C. Der gewerbliche Geschäftsführer
• § 39 Abs 1 GewO: … ist dem Gewerbeinhaber gegenüber für Ausübung d. Gewerbes & d. Behörden
gegenüber für Einhaltung d. Vorschriften zuständig
• Geschäftsführer → ist haftbar
• Gewerberechtlicher Geschäftsführer muss nicht auch unternehmensrechtlicher sein
• Hilfsorgan d. Gewerbeinhabers (und ist kein Gewerbetreibender)
als Vertreter (in Name+Rechnung) d. Gewerbeinhabers tätig)
• „Volle Supplierung“: wenn natürliche Person um Gewerbeberechtigung ansucht - d. Befähigungsnachweis
nicht erbringen kann → muss gewerberechtl. Geschäftsführer stellen
• Muss auch v. juristischer Person od. sonst. Gesellschaften bestellt werden
• Muss Voraussetzungen (Eigenberechtigung, Befähigungsnachweis) haben & sich im Betrieb betätigen können
o Muss befugt sein Mitarbeitern Anordnungen zu geben
o Darf nicht nur zum Schein da sein (§ 39 Abs 2 GewO)
• Muss Wohnsitz im Inland haben (gilt nicht bei EWR, CH & nicht wenn Zustellung v. Verwaltungsstrafen in d. anderen
Staat durch völkerrechtliche Übereinkommen sichergestellt ist)
• Bestellung/Ausscheiden d. gewerb. Geschäftsführer muss von Gewerbeinhaber bei d. Behörde
angezeigt bzw. bei bescheidbedürftigen Gewerben behördlich genehmigt werden
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LEKTION 6 – BETRIEBSANLAGENRECHT UND BAURECHT
I. Das Betriebsanlagenrecht
A. Grundsätzliches
• §§74 ff & 353 ff → regelt Voraussetzungen, unter denen Unternehmer eine gewerbliche
Betriebsanlage errichten/betreiben darf
• Interessen des Unternehmers vs. Interessen d. Nachbarn & d. Umweltschutzes
→ Spannungsverhältnis ausgeglichen durch Betriebsanlagenrecht
• §366 ff GewO: regelt anlagenrechtliche Verwaltungsbestimmungen
• §371c GewO → Sonderbestimmung für sanktionsmildernde Maßnahmen für best.
Verwaltungsübertretungen hinsichtl. leichter, gewerblicher Betriebsanlagen
B. Die gewerbliche Betriebsanlage
• Betriebsanlage = örtlich gebundene Einrichtung für gewerbliche Tätigkeit, nicht nur vorübergehend
• 3 Voraussetzungen
1. Ortsgebundenheit
• Ortsfeste Einrichtung
• Auch bewegliche Einrichtungen, wenn sie ausschließlich / überwiegend an best. Standort ist (zB. Foodtruck)
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D. „Bagatellanlagen“ (§ 359b GewO)
• Betriebsanlagen, die geeignet sind schädliche Wirkungen hervorzurufen (isd „74 Abs 2 GewO), aber nur
geringen Belästigungsgrad aufweisen
• Vereinfachtes Genehmigungsverfahren → Nachbarn kommt keine (unbeschränkte) Parteistellung zu,
nur beschränkt
• Aufgelistet in BagatellanlagenVO:
zB. Restaurant bis 200 Plätze+Hintergrundmusik, Getreidemühlen < 10t/Jahr, Eissalons, Imissstuben, kleine Hotelbestriebe
• IPPC-Anlagen, Seveso III-Betriebsanlagen ua. → keine einfachen Genehmigungsverfahren (§359Abs4, Abs6 Gewo)
E. Nicht genehmigungspflichtige Betriebsanlagen
• keine Genehmigungspflicht: Betriebsanlagen, wenn ausgeschlossen, dass sie Gefährdungen,
Belästigungen od. sonst. Relevante Einwirkungen hervorrufen (§74 Abs 2 GewO)
zB. Einzelhandelsbetrieb bis 600m², Fußpflege, Frisör, Massagebetriebe
• Zuständige Bundesminister kann durch VO „Arten v. Betriebsanlagen“ bezeichnen, für die keine
Genehmigung erforderlich ist
• Für sie kann jedoch eine baurechtliche Genehmigung erforderlich sein!
B. Genehmigungskriterien
1. Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum (§ 77 iVm $ 74 Abs 2 Z1 GewO)
• ?: Gefährdung d. Lebens/Gesundheit d. Gewerbetreibenden, mitarbeitenden Familienangehörigen/Partnern, Nachbarn, Kunden
• Gefährdung d. Lebens/ Gesundheit → Einwirkung auf menschl. Organismus, die über eine bloße Belästigung hinausgeht
• ?: Eigentum & sonst. dingliche Rechte d. Nachbarn → hinreichend geschützt ?
• §75 Abs1 GewO: Möglichkeit einer bloßen Minderung d. Verkehrswertes d. Eigentums NICHT Gefährdung d. Eigentums
• Gefährdung d. Eigentums → wenn Substanz d. Eigentums bedroht od. sinnvolle Nutzung d. Sache beeinträchtigt/nicht möglich ist
2. Belästigung der Nachbarn (§ 77 iVm $ 74 Abs 2 Z2 GewO)
• Belästigungen → v. Betriebsanlage ausgehende Emissionen, die zwar nicht gesundheitsgefährdend sind, aber das
Wohlbefinden stören (zB. Geruch, Lärm, Staub, …) → dürfen zumutbares Ausmaß nicht überschreiten
• Beurteilung d. Zumutbarkeit: Wie wirken sich die durch die Anlage verursachten Veränderungen d. örtlichen Verhältnisse
(„Istmaß“) auf Durchschnittsmensch (Kind, Erwachsener) aus?
Besondere Empfindlichkeiten = kein Versagungsgrund
• Erforderlichenfalls: Vorschreibung v. Auflagen → wenn nicht möglich → keine Genehmigung
• Gutachten einschlägiger Sachverständiger (zB Arzt)
• Gesundheitsgefährdungen → müssen vermieden werden !!
Belästigungen → auf zumutbares Maß beschränken !!
3. Beeinträchtigung öffentlicher Interessen (§ 77 iVm § 74 Abs 2 Z 3und 4 GewO)
• ?: Beeinträchtigung v. Verwendung/Betrieb anderer öffentlicher Interessen dienender Anlagen
(zB. Schulunterricht, Religionsausübung in Kirche, Kranken-/Kuranstalten, …)
• ?: Wird Sicherheit, Leichtigkeit & Flüssigkeit d. öffentlichen Verkehrs beeinträchtigt?
• → Müssen auf zumutbares Maß beschränkt werden (gegebenenfalls durch Auflagen)
• GewO schützt alle Anlagen/Einrichtungen d. öff. Interesses vor Beeinträchtigungen durch gewerbliche
Betriebsanlagen!
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4. Nachteilige Einwirkungen auf Gewässer (§ 77 iVm § 74 Abs 2 Z5 GewO)
• Nachteilige Einwirkungen auf Gewässer auf zumutbares Maß beschränken
• Nachbarn → haben kein isoliertes Recht auf Prüfung d. Einwirkungen auf Beschaffenheit d. Gewässer,
auch wenn dies ihr Eigentum/sonst. Dingliche Rechte od. Gesundheit gefährdet
• §356b GewO → die gewerberechtliche Betriebsanlagengenehmigung umfasst gewisse für
Errichtung/Betrieb/Änderung d. Anlage notwendige wasserrechtliche Bewilligungen & auch
Rodungsbewilligungen nach Forstrecht
• Betriebsanlagengenehmigung:
o entsprechende Genehmigung nach d. anderen Verwaltungsvorschriften d. Bundes
o Aber: Keine kompetenzübergreifende Verfahrenskonzentration bzw. One-Stop-Shop-Prinzip → Verwaltungsangelegenheiten
d. Länder (naturschutz, brauchrechtl.) werden nicht in gewerberechtlichen Genehmigungsbescheid konzentriert
IV. Auflagen
• Voraussetzungen für Genehmigung werden oft erst durch Auflagen erfüllt
• → Um Gefährdungen zu vermeiden & Belästigungen auf zumutbares Maß zu beschränken
• Behörde muss prüfen, ob Genehmigungshindernisse durch Vorschreibung zulässiger Auflagen
beseitigt werden können
• Auflage = pflichtenbegründende Nebenbestimmung in einem d. Hauptinhalt nach begünstigenden Bescheid
o Akzessorischer Charakter: werden erst relevant, wenn v. d. Begünstigung Gebrauch gemacht wird
o Dürfen Wesen d. Projekts nicht verändern, müssen bestimmt/geeignet/erforderlich & behördlich erzwingbar sein
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VI. Nachträgliche Änderungen von Betriebsanlagen
A. Änderung der Betriebsanlage auf Initiative von Gewerbetreibenden (§ 81 GewO)
• zB. Modernisierung:
• §81 Abs 1 GewO: Änderung einer rechtskräftigen Anlage braucht behördliche Genehmigung, wenn
dies zur Wahrung d. Interessen (§74 Abs2 GewO) erforderlich ist
• Genehmigungsvoraussetzungen: gleich wie bei Errichtung d. Anlage
• §81 Abs 2 GewO – Keine Genehmigungspflicht: Änderungen, die Emissionsverhalten nicht nachteilig
beeinflussen, (zB Ersatz v. Maschinen durch gleichartige Maschinen, Ersatzinvestition, Abfallwirtschaftskonzept – Fortschreibung)
• §81 Abs 3 GewO Anzeigepflicht: Änderungen, die Emission d. Anlage nicht beeinflussen &
Gefährdungen vermeiden & Beeinträchtigungen auf zumutbares Maß beschränken
• Temporäre Änderung → nicht anzeige- od. genehmigungspflichtig
B. Änderung der Betriebsanlage aufgrund behördlicher Anordnung (§§ 79, 79b GewO)
• Gründe: Fehleinschätzung d. Sachverständigen im Genehmigungsverfahren, neue technische
Kenntnisse ü. die Auswirkungen od. unzureichende Auflagen d. Bescheids, wahrgenommene Interessen
nicht hinreichend gewahrt
• Nachträgliche Auflagen → Anpassung d. Genehmigung an tatsächliche Gefährdungs- & Belästigungssituation
o Dürfen nicht vorgeschrieben werden, wenn sie unverhältnismäßig sind (Ausnahme: Schutz v. Leben/Gesundheit)
• Frist von bis zu 5 Jahren möglich für Umsetzung neuer Auflagen
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IX. Das Baurecht
• Kumulationsprinzip: wenn Betriebsanlage die Errichtung oder Änderung einer baulichen Anlage
erfordert → benötigt: Genehmigung nach d. BauO d. jew. Bundeslandes (Baurecht)
• Genehmigung nach §§74 ff GewO bedingt keine baurechtliche Zulassung
A. Regelungsgegenstand
• (öffentliches) Baurecht = Gesamtheit jener (öff.-rechtl.) Vorschriften, die das Bauen regeln
• Sicherheit & einwandfreie Beschaffenheit & Schutz d. Nachbarn
• Baurechtliche Bescheide müssen raumordnungsrechtlichen Vorgaben entsprechen
• Aspekte d. Ortsbild- & Umweltschutzes
• Gem. Art 15 B-VG → Baurecht ist Landessache (in Gesetzgebung und Vollziehung)
→ jedes Bundesland hat eigene Bauordnung
(Unterschiede hinsichtl. Einteilung in bewilligungspflichtige, anzeigepflichtige & freie Bauvorhaben)
• Hier: Wiener Bauordnung
2. Anzeigepflichtige Bauvorhaben
• Ohne Bewilligungsverfahren → lediglich bei Behörde anzeigen (Bauanzeige)
• Vorlage d. vollständigen Unterlagen genügt → Beginn Bauführung
• Wenn Vorlagen gesetzlichen Erfordernissen nicht entsprechen → Behörde muss die Bauführung
binnen 6 Wochen mit schriftlichem Bescheid untersagen
• zB. Einabu/Abänderung v. Badezimmern/Sanitäranlagen, Austausch v. Fenstern (§62 Wr BauO)
3. Freie Bauvorhaben
• Aufgelistet in §62a Wr BauO → weder Bewilligung noch Anzeige erforderlich
zB. Badehütten, Verkaufsstände, Marktstände, Telefonhütten, öffentl. Toiletten
C. Verfahren/Zuständigkeit
• Mehrparteienverfahren unter Beiziehung d. Nachbarn (wie Anlagengenehmigungsverfahren)
o 1. Instanz: Bürgermeister d. Gemeinde
o 2. Instanz: Gemeinderat od. Gemeindevorstand
o Möglichkeit einer Entscheidung durch überprüfende 2. Verwaltungsinstanz → nicht verpflichtend, kann von
Landesgesetzgeber ausgeschlossen werden
• Beschwerde beim Verwaltungsgericht d. jew. Landes
• In Wien: auf Gemeindeebene = Magistrat → Beschwerde bei Landesverwaltungsgericht Wien
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LEKTION 7 – VERWALTUNGSVERFAHREN UND NATIONALER RECHTSSCHUTZ
I. Verfahrensrecht und materielles Recht
• Verwaltungsverfahrensgesetze:
o regeln Verfahren, die Behörden bei Vollziehung v. Verwaltungsrecht (Baurecht, Gewerberecht etc.) anzuwenden haben &
o gesetzliche Regelungen über Verfahren vor Verwaltungsgerichten VwG
• Bundesgesetzgeber → bundesstaatliche Kompetenzverteilung: regelt
o Verfahrensrecht vor Verwaltungsbehörden Art 11 Abs 2 B-VG → Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG
o Verfahren vor d. VwG Art 136 Abs 2 B-VG
• Verwaltungsstrafgesetz VStG: Regelungen für Erlassung v. Strafbescheiden durch Verwaltungsbehörden
• Verwaltungsvollstreckungsgesetz VVG (& teilw. VStG): regelt Verfahren zur zwangsweisen Durchsetzung v.
Bescheiden & Entscheidungen d. VwG
• Einführungsgesetz zu d. Verwaltungsverfahrensgesetzen EGVG: bestimmt wann (d.h. v. welchen Behörden in
welchen Verfahren) d. Verfahrensgesetze anzuwenden sind
• Normen, anhand derer konkrete Verwaltungsverfahren durchgeführt wird ergeben sich sich aus:
o Materiengesetzlichen Regelungen (Vorschriften inhaltlicher Art, die im konkreten Fall anzuwenden sind)
o Mit Bestimmungen aus EGVG, AVG, VStG oder VVG
• 73 Abs 1 AVG: Behörden verpflichtet über Anträge ohne unnötigen Aufschub binnen 6 Monaten zu entscheiden
(sofern in besonderen Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist)
• §7 Abs 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG: einheitliche Bescheidbeschwerdefrist → 4 Wochen
(Verlängerung od. Verkürzung nur, wenn erforderlich)
• örtliche Zuständigkeit einer Behörde ergibt sich aus den entsprechenden Bestimmungen des jeweiligen Materiengesetzes oder
subsidiär aus den Bestimmungen des AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991)
• Behörde kann v. Amts wegen (= von sich aus) oder aufgrund Antrags tätig werden
• Nur wenn sie zuständig ist (geregelt durch Grundrecht auf Verfahren vor gesetzlichem Richter & Legalitätsprinzip)
• Frage n. behördlicher Zuständigkeit → Frage n. verfassungsrechtlich bestimmten Vollziehungskompetenz d.
Bundes/Länder/Gemeinde
• Bei Festlegung v. Zuständigkeitsregelungen → Gesetzgeber = gebunden an Kompetenzverteilung zw. Bund & Länder (ergibt sich
aus Art 10 – 15 B-VG)
• Sonderbestimmungen ü. Vollziehung z.B. für Gemeinden Art 118 ff B-VG
Unterscheidung:
• Sachliche Zuständigkeit:
o Verfassungsrechtliche Vorgaben (Art 10 – 15, 18, 83 Abs 2, 118 B-VG)
o Materiengesetze: (zB Zuständigkeit im Betriebsanlagenverfahren ergibt sich aus
§ 333 Abs 2 GewO: BVB)
o § 2 AVG (subsidiär): BVB
• Örtliche Zuständigkeit wenn es mehrere sachl. Zuständ Behörden gibt
o § 3 AVG: örtliche Zuständigkeit (örtlicher Wirkungsbereich der Behörde)
• Entscheidung einer unzuständigen Behörde ist rechtswidrig und bekämpfbar
• Behörde hat Zuständigkeit amtswegig zu prüfen
• Welcher Anknüpfungspunkt (Wohnsitz? Standort d. Anlage?), um festzustellen, in wessen örtl. Wirkungsbereich die
Angelegenheit fällt? → Geregelt in Materiengesetzen & subsidiär in AVG
• §3 AVG: Verwaltungssachen mit Bezug auf unbewegliche Güter (zB. Anlagen) → Standort; alle anderen → Unternehmens-
/Wohnsitz
2. Zuständigkeit im Betriebsanlagenverfahren
• Betriebsanlagenverfahren → örtlich zuständige BVB (BH, Bürgermeister od. Magistrat in Wien) Lektion 6
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B. Die Parteistellung
1. Allgemeines: Beteiligte und Parteien
• Beteiligter
o Person, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nimmt oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht (§ 8 AVG)
• Partei
o „Parteiöffentlichkeit“
o Person, die am Verfahren vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses aktiv teilnimmt, also
durch den Gegenstand des Verfahrens in ihren subjektiven Rechten unmittelbar berührt ist (§ 8 AVG)
o Schutznormtheorie: Schutzzweck der Norm
o Antragsteller sind immer Partei
• Parteienrechte
o Insb. Parteiengehör, Akteneinsicht, Ablehnung von nichtamtlichen Sachverständigen und Dolmetschern, Zustellung
des Bescheides, Erhebung von Rechtsmitteln
Parteistellung allgemein:
▪ Personen, die verfahrenseinleitenden Antrag stellen → immer Partei (kein Verlust möglich!)
▪ Bloßen Beteiligten kommen Verfahrensrechte nicht zu
▪ Dürfen an Verhandlung teilnehmen
▪ Insb. Recht auf Akteneinsicht ermöglicht es Partei, Parteiengehör vollumfänglich wahrzunehmen
▪ Einsicht in Verfahrensunterlagen (Schriftstücke, Protokolle, Pläne, Videos etc.)
▪ Erstellung von Abschriften und Kopien
▪ Elektronischer Zugriff auf Aktenbestandteile („e-Government“)
▪ Grenze: Interessen Dritter, Gefährdung der Aufgaben der Behörde
▪ Verweigerung der Einsichtnahme kann nicht direkt bekämpft werden → im Zuge des Rechtsmittels gegen
abschließenden Bescheid
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C. Der Ablauf des Verwaltungsverfahrens
1. Einleitung des Verfahrens
a. Einleitung auf Antrag oder b. Verkehr zwischen c. Befangenheit der
von Amts wegen Behörde und Partei Behörde
• Auf Antrag (wenn im überwiegenden • Partei hat grundsätzlich • Verwaltungsorgan hat
Interesse der Partei, zB Baubewilligung) sämtliche Möglichkeiten der Befangenheit selbst
• Amtswegig (wenn im öffentlichen herkömmlichen und wahrzunehmen, sich der
Interesse, zB Denkmalschutz)
modernen Kommunikation Ausübung des Amtes zu
• Betriebsanlagenbewilligungsverfahren =
Antragseinbringung im
(schriftlich, Brief, Fax, E-Mail enthalten
Betriebsanlagengenehmigungsverfahren etc.) • Kein Recht auf Ablehnung
§353 GewO • Verbesserungsauftrag bei wegen Befangenheit nach
-Betriebsbeschreibung (+ Liste v. verwendeten
Maschinen)
fehlerhaften Anbringen AVG → Rechtsmittel gegen
-Pläne & Skizzen • Zurückweisung, wenn nicht abschließenden Bescheid
Abfallwirtschaftskonzept: Beschreibung d. zu
erwartenden Abfälle & Vorkehrungen zur verbessert wird (§ 13 Abs 3 AVG)
•
Vermeidung/Verwertung/Entsorgunng
-Technische Unterlagen bzgl. Beurteilung d. Projekts & Manuduktionspflicht der
zu erwartenden Emissionen Behörde, wenn Partei nicht
rechtsanwaltlich vertreten ist
2. Das Ermittlungsverfahren
a. Grundsätze des Ermittlungsverfahrens
▪ Offizialmaxime und Grundsatz der materiellen Wahrheit
▪ Behörde muss maßgeblichen SV selbst feststellen
▪ Kein „Außerstreitstellen“ von Tatsachen durch die Parteien
▪ Grundsatz der arbiträren Ordnung
▪ Behörde bestimmt den Gang des Verfahrens, „Herrin des Verfahrens“
▪ Grundsatz der freien Beweiswürdigung (keine Beweisregeln)
▪ als Beweismittel kann alles verwendet werden, was zur Feststellung des SV geeignet ist
▪ Beweismittel: Urkunden, Zeugenaussagen, Vernehmung, Sachverständigengutachten etc.
▪ Recht auf Parteiengehör
▪ Parteien dürfen alles vorbringen, was ihren Rechtsstandpunkt stützt
▪ Zwingende Durchführung einer mündlichen Verhandlung in bestimmten Verfahren
▪ Effizienzprinzip
▪ Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit & Kostenersparnis
b. Die mündliche Verhandlung
▪ Nur Parteienöffentlichkeit (nicht Volksöffentlichkeit)
▪ Häufig Augenscheinsverhandlung
▪ Zwingende mündliche Verhandlung im Bau- und Betriebsanlagengenehmigungsverfahren
c. Präklusion
= Verlust der Parteistellung
▪ Mehrparteienverfahren
▪ Parteien präkludieren, wenn sie nicht rechtzeitig (während der Amtsstunden bis zum Tag vor
Beginn der Verhandlung, spätestens in der mündlichen Verhandlung) rechtserhebliche (rechtlich
relevante) Einwendungen erheben
▪ Partei muss über Verhandlung informiert worden sein
▪ Persönliche Verständigung oder entsprechende Kundmachung (zB Amtstafel)
▪ Quasi-Wiedereinsetzung (§ 42 Abs 3 AVG)
▪ Ausnahme Antragsteller: dieser kann nicht präkludieren
▪ Ratio → Verfahrenskonzentration!
d. Das vereinfachte Verfahren bei Bagatellanlagen
▪ Bagatellanlagenverfahren nur in Bezug auf bestimmte Anlagen möglich
(§ 359b GewO, BagatellanlagenVO)
▪ Gefahren und Belästigungen bestehen sicher nicht oder sicherlich nur in geringem Maß
▪ Nachbarn haben grundsätzlich keine Parteistellung
▪ Nur in Bezug auf die Frage, ob eine Bagatellanlage vorliegt
▪ Bewilligungskriterien sind dieselben wie bei einer Normalanlage!
e. Exkurs: Verfahren in Bausachen
▪ Grds AVG, daneben Bauordnungen der Länder
▪ Regelmäßig Augenscheinsverhandlung
▪ Subjektive Rechte
▪ Einhaltung von Abstandsregel und Regeln über Gebäudehöhe, Schutz vor Emissionen (kein subjektives
Recht ist bspw der Ortsbildschutz)
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3. Die Erledigung des Verfahrens: Der Bescheid
a. Was ist ein Bescheid
▪ Bescheid =
▪ eine auf Grund eines Verfahrens erlassene,
▪ konkret normative Erledigung
▪ einer Verwaltungsbehörde,
▪ die sich ihrem Inhalt nach an individuell bestimmbare Rechtsunterworfene richtet.
▪ Zentrales Element des österr. Verwaltungsrechts → Rechtsschutz auf diesen ausgerichtet
▪ Ergehen meist schriftlich (mündliche Verkündung möglich)
▪ Bescheid ≠
▪ Verordnung (an die Allgemeinheit gerichtet)
▪ Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (AuvBZ – verfahrensfreier Akt), zB
Festnahme, Beschlagnahme, Stilllegungsanordnung
▪ Privatrechtliche Verträge (Privatwirtschaftsverwaltung)
Der Bescheid
▪ Bescheid-Mindesterfordernisse = jene Voraussetzungen,
die erfüllt sein müssen, damit überhaupt ein Bescheid BEZIRKSHAUPTMANNSCHAFT MÖDLING
Behörden-
vorliegt: qualität und
Bezeichnung
2340 Mödling, Bahnstraße 2
Bezirkshauptmannschaft Mödling, 2340
▪ Behördenqualität der bescheiderlassenden Stelle als Behörde
▪ Spruch Kennzeichen:
MDW2B0718
Bearbeiter: Mag. Jurist Datum: 26. April 2014
c. Nebenbestimmungen in Bescheiden
▪ Auflagen (insb. im Betriebsanlagenrecht)
▪ Ergehen in Zsmh. mit begünstigenden Bescheiden
▪ Legen Bescheidadressaten Verpflichtungen auf
▪ Bedingungen
▪ Eintritt od. Erlöschen d. im Bescheid angeordneten Berechtigung/Verpflichtung = von zukünftigen ungewissen
Ereignis abhängig
▪ Aufschiebende Bedingung → Rechtserwerb, Entstehen einer Verpflichtung
Bsp. Bewilligung zum Bau eines Schlepplifts, nur wenn Sessellift errichtet wird
▪ Auflösende Bedingung → Erlöschen eines Rechts bzw. einer Verpflichtung
▪ Befristungen
▪ Verknüpft Eintritt/Beendigung d. im Bescheid ausgesprochenen Berechtigung/Verpflichtung an zukünftiges gewisses
Ereignis (z.B. Datum)
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d. Wie wird ein Bescheid erlassen?
▪ Legalitätsprinzip (keine Vollziehung ohne Gesetz) → Bescheid kann nur Ergebnis einer Gesetzes-/VO-
Anwendung sein, mitunter Entscheidungsspielraum (Ermessen) der Behörde
▪ Behörde hat von der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen
▪ Erlassen ist der Bescheid mit
▪ mündlicher Verkündung oder
▪ wirksamer Zustellung an den Adressaten/die Adressatin
▪ Ab dem Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides beginnt der Lauf der Rechtsmittelfrist
g. Der Mandatsbescheid
▪ Mandatsbescheid (§ 57 AVG)
▪ Ausnahmsweise; Bescheid ohne vorangegangenes Ermittlungsverfahren
▪ Unter 2 Voraussetzungen zulässig: Festlegung von Geldleistungen; Gefahr im Verzug
Normalerweise: Prinzipiell bedarf verwaltungsbehördlicher Eingriff in subjektive Rechte einer bestimmten Form
→ Bescheid; Voraussetzung für Bescheid: Durchführung eines Verfahrens
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III. Rechtsschutz
• Rechtsschutz = Sicherung d. Einhaltung d. Rechts, wird durch Rechtsschutzeinrichtungen gewährleistet
• Mit Rechtsmittel → Entscheidung d. Behörde kann auf Richtigkeit hin überprüft werden
• Rechtssicherheit → damit man sich auf Bescheid zukünftig auch verlassen kann, keine zeitlich
unbegrenzte Bedrohung durch Rechtsmittelweg → daher Rechtsmittelfristen
• Rechtskraft → Bescheid wird unabänderlich verbindlich
B. Die Rechtschutzeinrichtungen
1. Allgemeines
• Ermöglicht, dass Rechtmäßigkeit d. staatl. Handelns v. unabhängigen Gericht überprüft &
Streitigkeiten zw. Privaten geschlichtet werden können
• Gerichtsbarkeit → nur Gesetz verpflichtet, wird v. unabhängigen (weisungsfreien), unabsetzbaren &
unversetzbaren Organen (Richtern) ausgeübt
2. Rechtsschutzeinrichtungen in 1. Instanz
▪ 9 + 2 Modell der Verwaltungsgerichte
▪ 9 Landesverwaltungsgerichte
▪ 2 Verwaltungsgerichte des Bundes (BVwG und BFG)
▪ Verwaltungsrichter sind mit den richterlichen Garantien ausgestattet
▪ Unabhängigkeit
▪ Unabsetzbarkeit
▪ Unversetzbarkeit
▪ Entscheidung erfolgt grundsätzlich durch Einzelmitglieder
▪ Organisationsgesetzgebung
▪ Landesgesetzgeber für LVwG
▪ Bundesgesetzgeber für BVwG, BFG sowie VwGH
▪
3. Rechtsmittel im Verwaltungsverfahren
• Aufsteigende = devolutive Rechtsmittel: übergeordnete Verwaltungsbehörde od. übergeordnetes VwG ist zur
Entscheidung berufen
• Nicht aufsteigende = remonstrative Rechtsmittel: dieselbe Behörde, die angefochtenen Bescheid erlassen hat, soll
über das Rechtsmittel erkenne → dagegen kann devolutives Rechtsmittel erhoben werden!
• Zentrales Rechtsmittel im Verwaltungsrecht:
o Beschwerde an VwG (Art 130 Abs 1 Z1 B-VG)
o In Angelegenheiten d. Wirkungsbereichs d. Gemeinde: Berufung (außer Instanzenzug ist abgeschlossen)
• Untätigkeit einer Behörde im Hinblick auf Bescheiderlassung
o Säumnisbeschwerde an d. VwG
o Gemeinde: Devolutionsantrag (§73 Abs 2 AVG)
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Sachliche Zuständigkeiten
▪ Sachliche Zuständigkeit: die Verwaltungsgerichte entscheiden über
▪ Bescheidbeschwerden
▪ Maßnahmenbeschwerden
▪ Säumnisbeschwerden
▪ Weitere Zuständigkeiten können durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen werden.
Behörde (Sonderstellung als Bundesland & Gemeinde → Landesgesetzgebern durch Landesgesetze • Übertragener Wirkungsbereich: nach Maßgabe d.
Bundes- & Landesgesetze im Auftrag & nach Weisung des Bundes
Landes-/Bezirksverwaltungs-/Gemeinde zuständigkeiten fallen ausgestaltet & vollzogen werden & der Länder
zusammen) • Zuständigkeit d. VwG d. Länder ➔ Organ: Bürgermeister
→ Untersteht Weisungsrecht d. Bürgermeisters als
Landeshauptmann ➔ Kein Instanzenzug → Beschwerde beim VwG
→ Beschwerde an VwG gg Bescheide d. Magistrats (mittelbare
Bundesverwaltung)
2. Örtliche Zuständigkeit
▪ Örtliche Zuständigkeit (LVwG)
▪ Bei unbeweglichen Gütern: nach der Lage des Gutes
▪ Bei Unternehmen: nach dem Ort der Tätigkeit
▪ Ansonsten: Hauptwohnsitz/Sitz
3. Aufgaben
Entscheidungen über durch Bundes-/Landesgesetz sonst. Zuständigkeiten
d. VwG zur Entscheidung übertragen
• Bescheidbeschwerden • Beschw. wg Rechtswidrigkeit d. Verhaltens einer
gegen Bescheid einer Verwaltungsbehörde Behörde in Vollziehungd. Gesetze
wegen Rechtswidrigkeit • Beschw. wg Rechtswidrigkeit d. Verhaltens eines
• Säumnisbeschwerden Auftraggebers in d. Angelegenheiten d. öff.
wegen Verletzung d. Entscheidungspflicht durch Auftragswesens
Behörde innerhalb Frist • Streitigkeiten in dienstrechtlichen
• Maßnahmenbeschwerden Angelegenheiten d. öffentlich Bediensteten
wegen Akte unmittelbarer verwaltungsbehördl. • Beschw., Streitigk. od. Anträge in
Befehls- & Zwangsgewalt sonstigenAngelegenheiten
4. Verfahrensrechtliche Besonderheiten
▪ Verwaltungsgerichte besitzen eigene Verfahrensordnung (VwGVG)
▪ Besondere Vorschriften:
▪ Parteistellung der Behörde
▪ Volksöffentlichkeit (kann ausgeschlossen werden)
▪ Beschwerdelegitimation
▪ Person, die durch Bescheid in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet
▪ Verzicht ist möglich und unwiderruflich
▪ Frist: 4 Wochen nach Zustellung des Bescheids
▪ Einzubringen bei der belangten Behörde
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5. Beschwerdelegitimation und Beschwerdefrist
• Zur Beschwerde an VwG legitimiert: wer durch Bescheid in seinen Rechten verletzt wurde
angefochtene Bescheid muss ü, subjektive Rechte/Pflichten d. Beschwerdeführers absprechen & dessen Rechtssphäre
nachteilig berühren
Wird auf Erhebung d. Beschwerde verzichtet (Frist 4 Wochen) → Beschwerdelegitimation entfällt unwiderruflich
• Frist NICHT verlängerbar → aber: Wiedereinsetzung in vorigen Stand möglich
• In Mehrparteienverfahren: Beschwerde ab dem Zeitpunkt möglich, wo Bescheid bereits anderer Partei zugestellt wurde
• Beschwerde ist bei belangter Behörde einzubringen
6. Form und Inhalt der Beschwerde
• Schriftlich einzubringen
• Mindestinhalt
o Bezeichnung d. angefochtenen Bescheids
o Bezeichnung d. belangten Behörde
o Gründe, auf die sich die Behauptung d. Rechtswidrigkeit stützt: Unzuständigkeit d. Behörde, inhaltl. Rechtswidrigkeit,
unrichtige Beweiswürdigung, Verletzung v. Verfahrensvorschriften
o Begehren: Abänderung d. Bescheides im Sinne d. Beschwerdeführers
o Angabe zur Rechtzeitigkeit d. Beschwerde
• Im Beschwerdeverfahren → kein Neuerungsverbot: neue Tatsachen & Beweise können eingebracht werden →
Beschwerdemitteilung an die anderen Parteien (sie müssen darüber in Kenntnis gesetzt werden)
• Beschwerde hat aufschiebende Wirkung → angefochtener Bescheid ist nicht vollstreckbar
o Kann jedoch v. Behörde/VwG ausgeschlossen werden (nicht aber in Verwaltungsstrafsachen)
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IV. Rechtsmittelverfahren vor den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts
A. Allgemeines
• Entscheidungen d. VwG können durch Gerichtshöfe d. öff.
Rechts (VwGH & VfGH) überprüft werden
→Ausgeschlossen: 1 Höchstgericht kontrolliert das andere
• Abgrenzung d. Zuständigkeit d. Gerichte anhand
Prüfungsmaßstab
o VfGH: Sonderverwaltungsgerichtsbar (Art 144 B-VG) → in
verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt?
Verletzung durch Anwendung rechtswidriger genereller
Norm?
o VwGH: Verletzung eines einfachgesetzlich gewährleisteten
subjektiven Rechts
• Zuständigkeit begründet sich durch die v.
Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung
• Parallelbeschwerde → gleichzeitig an beide Gerichte wenden
• Auch möglich: zunächst an VfGH & falls abgelehnt Antrag auf
Abtretung an VwGH stellen
B. Der Verwaltungsgerichtshof
• Höchstgericht
• Für sämtliche Rechtsmaterien d. öff. Rechts sachlich zuständig für gesamtes Bundesgebiet
• Letzte Instanz bei z.B. Gewerberechtssachen (vorher LVwG), Abgabenrechtssachen (vorher BFG) od. Asylrechtssachen (vorher
BVwG)
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3. Revision
Revision richtet sich gegen
▪ ein Erkenntnis eines VwG wegen
▪ Verletzung von einfachgesetzlich gewährleisteten subjektiven Rechten (auch Unionsrecht)
▪ kann auch von der bescheiderlassenden Behörde erhoben werden.
Zulässigkeitsvoraussetzung:
▪ Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung
▪ Erkenntnis des VwG weicht von VwGH-Rsp ab
▪ Rsp fehlt
▪ Rechtsfrage bisher nicht einheitlich beantwortet
Unterscheidung zwischen
▪ Ordentlicher Revision (VwG hat bei Erkenntniserlass Revision als zulässig ausgesprochen)
▪ Außerordentlicher Revision (VwG hat bei Erkenntniserlass Revision als NICHT zulässig ausgesprochen)
▪ Frist: Revision muss spätestens sechs Wochen nach Zustellung des Erkenntnisses eingebracht werden
▪ Anwaltszwang
4. Entscheidungsmöglichkeiten
• Entscheidet mittels Erkenntnis in d. Sache selbst, wenn anhängige Rechtssache = entscheidungsreif
ist
o Dann, wenn bereits VwG in d. Sache selbst entschieden hat & Sachentscheidung im Interesse d. Einfachheit,
Zweckmäßigkeit & Kostenersparnis liegt
o Sachverhalt muss durch bescheiderlassende Behörde od. VwG umfänglich festgestellt worden sein
o VwGH kann maßgeblichen Sachverhalt feststellen & dazu VwG mit Ergänzung d. Ermittlungsverfahrens beauftragen
→ an Tatsachenfeststellung gebunden, solange Entscheidung d. VwG nicht wg Verletzung v. Verfahrensvorschriften
od. fehlerhaften Sachverhaltserhebung aufgehoben werden muss
• Wenn keine Sachentscheidung in Frage kommt → nur Aufhebung d. Entscheidung d. VwG
=→Kassation
o Wenn unzuständige VwG entschieden hat od. Entscheidung = inhaltlich rechtswidrig
→Verfahren tritt in Stand zurück, in dem es vor Entscheidung d. VwG war: VwG entscheidet erneut & ist dabei an
Rechtsansicht d. VwGH gebunden
• Wenn Entscheidung d. VwG = inhaltlich rechtskonform → Revision mit Erkenntnis abweisen
• Bei Fehlen prozessualer Voraussetzungen → Zurückweisen d. Revision
• Sonderfälle: Einstellung durch Beschluss
C. Der Verfassungsgerichtshof
1. Einleitung
• Kontrolle v. Entscheidungen d. VwG mit Blick auf Einhaltung d. Grundrechte
• VfGH = Grundrechtsgerichtshof: Grundrechte als Kontrollmaßstab
• Kompetenzen des VfGH
o Kompetenzgerichtsbarkeit zw. Gerichten & VwG/VfGH und VfGH bzw. Länder (auch untereinander) & Bund
o Verordnungsüberprüfung (auf Gesetzmäßigkeit)
o Gesetzesprüfung (auf Verfassungsmäßigkeit)
o Wahlgerichtsbarkeit Überprüfung von Wahlen
o Staatsgerichtsbarkeit Anklagen gg die obersten Bundes- & Landesorgane
• nähere Bestimmungen ü. Zuständigkeiten & Organisation & Verfahren → im Verfassungsgerichtshof-
gesetz VfGG & Geschäftsordnung d. VfGH
2. Organisation
a. Mitglieder b. Spruchkörper
• 14 Mitglieder - Präsident, Vizepräsidentin und 12 weitere Mitglieder • Entscheidungen fallen grundsätzlich im
sowie 6 Ersatzmitglieder Plenum (Präsident, Vizepräsidentin, 12
müssen persönliche bzw fachliche Voraussetzungen erfüllen Mitglieder)
• Mitglieder werden vom Bundespräsident bestellt. Vorschlag erfolgt • Ausnahmsweise „kleine Besetzung“
-Durch die Bundesregierung (Präsident, Vizepräsidentin, 6 Mitglieder, 3
(Präsident, Vizepräsidentin, 4 Mitglieder)
Ersatzmitglieder)
-Durch den Nationalrat (3 Mitglieder und 2 Ersatzmitglieder) • Anwesenheit von einem Vorsitzenden und
-Durch den Bundesrat (3 Mitglieder und 1 Ersatzmitglied) mindestens acht Mitgliedern notwendig
• Amtsende: 31.12 des Jahres, in dem Mitglied 70. Lebensjahr vollendet hat • Entscheidung mit Stimmenmehrheit
• Amt d. Verfassungsrichters → nebenberuflich, Mitglieder dürfen nicht d. • Geheime Abstimmung
Bundesregierung, d. Landesregierung od. allg. Vertretungskörpern angehörden • Tagt in vierteljährlichen Sessionen
• An keine Weisungen gebunden
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Zuständigkeit
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über:
▪ Beschwerden gegen Erkenntnisse von Verwaltungsgerichten
▪ Verfassungswidrigkeit von Gesetzen/Gesetzeswidrigkeit von Verordnungen
▪ Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen
▪ Wahlanfechtungen, Anfechtungen von Volksbegehren, Volksbefragungen, Volksabstimmungen und Europ. Bürgerinitiativen;
Verlust von Mandaten
▪ Klage wegen vermögensrechtlichen Ansprüchen
▪ Kompetenzkonflikte/Kompetenzfeststellungen
▪ Streitigkeiten betreffend Untersuchungsausschüsse
▪ Anklagen gegen Staatsorgane
3. Erkenntnisbeschwerde (Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit)
▪ VfGH entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen eines VwG, wenn Beschwerdeführer behauptet
▪ in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder
▪ wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein.
▪ Voraussetzungen:
▪ Erkenntnis oder Beschluss eines VwG
▪ Anwaltszwang
▪ Einbringung innerhalb von 6 Wochen nach Zustellung
▪ Ausführungen zu den vorgebrachten Rechtsverletzungen
▪ Begehren
b. Antragsberechtigung
• Antragsberechtigung in untersch. Konstellationen zur Einleitung eines Verordnungs-/Gesetzesprüfungsverfahren
• Konkretes Normenkontrollverfahren =Verordnungs- & Gesetzprüfung → mit Anlassfall
o Antragsberechtigt: alle Gerichte (ordentliche, VwG, VwGH)
o von Amts wegen: VfGH
• Abstraktes Normenkontrollverfahren → kann ohne Anlassfall eingeleitet werden
o Zum Initiieren berechtigt:
▪ Landesgesetze: Bundesregierung, 1/3 d. Mitglieder eines Landtages
▪ Bundesgesetze: einzelne Landesregierungen + 1/3 d. Mitglieder d. Nationalrats bzw. Bundesrates
▪ Verordnungen → so wie oben
o ¬ Antragsbefugnisse weiterer Organe Art 139 B-VG
• Ausnahmefälle:
o Parteiantrag auf Normenkontrolle:
▪ jede Person, die als Partei einer v. ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache wg. Anwendung einer gesetzeswidrigen VO od.
verfassungswidrigem Gesetz in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet
o Individualantrag: um Rechtsschutzlücken zu vermeiden, von Einzelperson möglich
▪ → Voraussetzungen: Person sieht sich durch Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes od. Gesetzeswidrigkeit einer Verordnung in
ihren Rechten verletzt | Gesetz/VO wurde ohne gerichtl./verwaltungsbehördl. Entscheidung für sie unmittelbar & aktuell
wirksam | Frage kann nicht im Rahmen v. Gerichts-/Verwaltungsverfahren anhängig gemacht werden
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c. Entscheidung
▪ Entscheidungsmöglichkeiten:
▪ Aufhebung des Gesetzes/der Verordnung,
▪ wenn verfassungswidrig
▪ Antrag abweisen (Gesetz/VO nicht rechtswidrig)
▪ Von Amts wegen eingeleitet: VfGH spricht aus, dass sie nicht als verfassungs-/gesetzwidrig aufgehoben
wird
▪ Schon außer Kraft: spricht aus, dass sie nicht v./g.widrig war
▪ Antrag zurückweisen,
▪ wenn Antragsvoraussetzungen nicht erfüllt
▪ Anlassfallwirkung
▪ Ergreiferprämie
▪ Kundmachung: Entscheidungen über die Aufhebung sind unverzüglich kundzumachen
▪ Außerkrafttreten:
▪ Grundsätzlich mit Ablauf des Tages der Kundmachung
▪ Frist (max 6 Monate VO/18 Monate Gesetz) kann vorgesehen werden
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