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WiSe 2022/23
Inhalt:
- Übersicht der Praktikumsaufgaben…………………………………...2
- Stähle…………………………………………………………………….3
- Gusseisen……………………………………………………………….9
- Wärmebehandlungen bei Stählen…………………………………...14
➔ Das vorliegende Skript ist die Grundlage für das Praktikum und da-
her bitte vor dem Praktikum sorgfältig zu lesen!
Ein typischer metallografischer Präparationsweg einer Probe für die Untersuchung mit dem
Lichtmikroskop wird nachvollzogen. Jeder Teilnehmer hat eine Probe aus untereutektoidem
Stahl (C45) zu präparieren.
Ausgangszustand:
Ziel:
Schleifen: Körnung 600 bis 800/1200er SiC, nass auf rotierender Scheibe (etwa 250 1/min)
Polieren: Diamantpaste 6, 3, 1 µm; Lubricant, rotierende Scheibe (etwa 300 1/min)
Ätzen: 3 %ige HNO3 (Nital), 5 bis 20 s
Anschließend erfolgen die selbstständige Begutachtung und der Vergleich der Proben mit
Hilfe des Lichtmikroskops bei Vergrößerungen zwischen 50x bis 1000x.
Tag 2:
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Stähle
2. Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm
Der hier abgebildete Teil des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms stellt für die Technik den wichtigen
Teilabschnitt dar. Stähle besitzen (neben anderen Komponenten) einen Kohlenstoffgehalt von
wC 0,1 % bis wC 2,06 %. Gusseisen hat einen Kohlenstoffgehalt von wC 2,06 % bis
wC 4,5 %.
Die Abbildung zeigt zwei Zustandsdiagramme übereinander. Die durchgezogenen Linien ge-
ben das Zustandsdiagramm für den metastabilen Zustand an. Das Zustandsdiagramm des
Gleichgewichtszustandes (durchgezogene und gestrichelte Linien) weicht von dem metastabi-
len Zustand ab.
Je nach thermischer Behandlung kann ein Werkstück im metastabilen oder stabilen Zustand
vorliegen. Bei den üblichen technischen Wärmebehandlungen stellt sich der metastabile Zu-
stand ein. Das graue Gusseisen liegt im stabilen Zustand vor.
Der größte Unterschied zwischen den beiden Zustandsdiagrammen besteht im Auftreten der
metastabilen Zementit-Phase im metastabilen Zustandsdiagramm. Das Gleichgewichtsdia-
gramm zeigt diese Phase nicht, sondern auf der rechten Seite nur reinen Kohlenstoff (Graphit).
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Dass die Zementit-Phase überhaupt auftritt, liegt in der leichteren Keimbildung und Kristallisa-
tion des Zementits verglichen mit der Graphit-Phase. Wenn Werkstücke im metastabilen Zu-
stand einer langen Hochtemperaturbeanspruchung ausgesetzt werden, kann der Zementit in
Kohlenstoff (Graphit) und -Eisen zerfallen. Dadurch kann es zum Bruch des Werkstücks kom-
men, der wegen der Ablagerung von freiem Kohlenstoff auf der Bruchfläche Schwarzbruch
genannt wird.
3. Stahlsorten
Obwohl seit September 1992 die Grundlage für die Bezeichnung von Stählen die Europanorm
EN 10027 ist, werden in der Praxis immer noch die alten Bezeichnungen nach DIN verwendet,
so dass zurzeit die Kenntnis beider Bezeichnungssysteme notwendig ist.
Silizium 0,5 %
Mangan 0,8 %
Aluminium oder Titan 0,1 %
Kupfer 0,25 %
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Beispiel: 10CrMo 9 10
3.1.3 Hochlegierte Stähle
Hochlegierte Stähle sind Stähle, deren Gehalt mindestens eines Legierungselements mehr als
5 % beträgt. Hochlegierte Stähle erhalten, um zu kurzen Legierungskennzahlen zu kommen,
für alle Legierungszusätze den Multiplikator 1. Zur Unterscheidung von den niedriglegierten
Stählen wird bei hochlegierten der Benennung ein X vorangestellt.
Beispiel: X 165 CrMoV 12
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
3.1.4 Schnellarbeitsstähle
Beispiel: S 18-1-2-5,
dabei ist S der Kennbuchstabe für einen Schnellarbeitsstahl, 18 der Wolframgehalt in %, 1 der
Molybdängehalt in %, 2 der Vanadiumgehalt in % und 5 der Kobaldgehalt in %.
Während bei den niedrig- und hochlegierten Stählen die Legierungselemente immer nach ab-
nehmenden Legierungsgehalten angeordnet werden, bleibt bei den Schnellarbeitsstählen die
Reihenfolge der Legierungselemente immer dieselbe (Wolfram-Molybdän-Vanadium-Kobalt).
Dem Hauptsymbol folgt eine Zahl, die je nach Stahlsorte Mindeststreckgrenze, Mindestzug-
festigkeit, Mittelwert des Härtebereichs oder Magnetisierungverlust angibt. Daran können sich
Zusatzsymbole anschließen, die weitere Eigenschaften des Stahls bezeichnen.
Beispiele:
S185 Stahl für den allgemeinen Stahlbau, Mindestzugfestigkeit 185 N/mm²
P355NH Stahl für den Druckbehälterbau, Mindestzugfestigkeit 355 N/mm², N: Thermo-
mechanisch gewalzt, H: Hochtemperatur
E295 Maschinenbaustahl, Mindestzugfestigkeit 295 N/mm²
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Beispiel: 20MnMoNi5-5
X6CrNiTi18-10
Die Schnellarbeitsstähle haben nun die Kennbuchstaben HS (statt S nach der alten DIN) und
auch hier werden die Gehaltszahlen der Legierungselemente mit Bindestrichen voneinander
getrennt (wie auch schon nach DIN)
Beispiel: HS 2-9-1-8
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Gusseisen
Das in der Vorlesung besprochene Eisen-Kohlenstoff-Diagramm soll anhand von lichtmikro-
skopischen Untersuchungen an verschiedenen Gusseisenproben vertieft und die praktische
Bedeutung dieses Diagramms verdeutlicht werden.
2. Gusseisen allgemein
Abb. 1: FeC-Zustandsschaubild
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Gusseisen nicht vor. Das im Hochofen anfallende Roheisen (Gusseisen I. Schmelzung), des-
sen Zusammensetzung nur schwer einem vorgesehenen Verwendungszweck angepasst wer-
den kann, kommt als Werkstoff lediglich für untergeordnete Zwecke (z.B. Bodenplatten) in Be-
tracht.
Graues Gusseisen ist nach dem stabilen System Eisen-Kohlenstoff erstarrt. Der überwiegende
Teil des Kohlenstoffs liegt als lamellar, wurmförmig (vermikular) oder kugelartig (globular) aus-
gebildeter Graphit vor. Neben im Vergleich zum Gusseisen mit lamellarem Graphit leicht ver-
änderten C- und Si-Gehalten, führt vor allem eine deutliche Schwefelarmut sowie eine Schmel-
zenbehandlung mit Magnesium zur globularen Ausbildung des Graphits. Dabei bewirken die
adsorbierten Mg-Atome eine Herabsetzung der Oberflächenspannung des Graphits und somit
eine kugelförmige Ausbildung dessen. Der vermikulare Graphit ist eine Zwischenstufe zwi-
schen dem globularen und dem lamellaren Graphit. Die chemische Zusammensetzung der
unterschiedlichen grauen Gusseisen ist in der folgenden Tabelle gegeben.
Weißes Gusseisen hingegen erstarrt nach dem metastabilen System. Auf Grund seines gro-
ßen Zementitgehaltes ist es sehr hart sowie verschleißfest. Liegen größere Querschnitte vor,
kann die Erstarrung so eingestellt werden, dass sie am Rand weiß und im Kern grau erfolgt
(Schalenhartguss). Dazwischen liegt eine melierte Übergangszone.
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Gusseisen
Tempern
4
Grauguss
3
Ferritisch-perli-
2 tisches Gussei-
Weißes perlitisches sen
Gussei- Gusseisen
1
sen
0
0 1 2 3 4 5 6 %Si
7
Die Art des Gusseisens ist von der chemischen Zusammensetzung (Kohlenstoff- und Silizium-
gehalt) sowie von der Abkühlgeschwindigkeit abhängig. Eine hohe Abkühlgeschwindigkeit be-
günstigt die Entstehung von weißem Gusseisen, eine geringere Abkühlgeschwindigkeit die
von grauem Gusseisen. Daher unterscheiden sich auch die Gefüge der unterschiedlichen
Gusseisenarten. Das weiße Gusseisen besteht gefügemäßig aus Perlit und Ledeburit. Im
Übergang zum grauen Gusseisen findet sich bei dem melierten Gusseisen neben Perlit und
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Ledeburit noch ein Anteil an elementarem Kohlenstoff in Form von Graphitblättern. Das graue
Gusseisen besteht aus einer perlitischen oder ferritisch-perlitischen Grundmasse mit eingela-
gertem Graphit.
Weißes Gusseisen:
• (sehr hart und verschleißfest)
• Hochverschleißbeanspruchte Bauteile
• Werkzeuge
• Bremsklötze
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
2. Definition: Wärmebehandlung
Der Wärmebehandlung der Eisenwerkstoffe kommt eine sehr große technische und wirtschaft-
liche Bedeutung zu, da sich bestimmte gewünschte Gebrauchseigenschaften durch zielgerich-
tete Beeinflussung bzw. Änderung des Gefüges einstellen lassen.
Unter Wärmebehandlung versteht man Vorgänge, bei denen ein Werkstück im festen Zustand
einer oder mehrerer Zeit-Temperatur-Folgen unterworfen wird.
Bei einem Teil der Verfahren spielt die −-Phasenumwandlung eine wichtige Rolle, z.B. beim
Normalglühen oder Härten.
Abb. 2: Diffusionsglühen
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
3.2 Grobkornglühen
Unter Grobkornglühen versteht man ein Glühen bei einer Temperatur oberhalb des oberen
Umwandlungspunktes Ac3 (950 – 1100 °C) mit zweckentsprechendem Abkühlen, um gröberes
Korn zu erzielen.
Durch die grobkörnige Ausbildung wird vor allem bei Stählen mit niedrigen Kohlenstoffgehalten
und einem ferritisch-perlitischen Gefüge eine gute Bearbeitbarkeit erreicht. Diese Verbesse-
rung ist die Folge der geringen Zähigkeit des Werkstoffes mit grobem Korn, so dass ein leicht
bröckelnder Span entsteht, der geringeren Schneiden-Verschleiß bewirkt. Ferner entsteht kein
Fließspan, der sich z.B. beim Drehen um die Werkzeuge wickeln kann und somit zum Ausfall
der Anlage führt.
Abbildung 3 zeigt das Zeit-Temperaturdiagramm für das Grobkornglühen.
Abb. 3: Grobkornglühen
3.3 Normalglühen
Beim Normalglühen wird auf eine Temperatur erwärmt, die oberhalb (ca.20 bis 50°C) des obe-
ren Umwandlungspunktes Ac3, bei übereutektoiden Stählen oberhalb Ac1, liegt, anschließend
an ruhender Luft abgekühlt. Es wird angewendet, um ein gleichmäßig feinkörniges Gefüge zu
erhalten.
Bei untereutektoiden Stählen besteht das Gefüge aus Perlit und Ferrit, bei übereutektoiden
Stählen aus Perlit und Zementit. Die Kornverfeinerung beruht auf dem zweimaligen Durchlau-
fen der - - Umwandlung beim Erwärmen und Abkühlen. Je höher die Aufheiz- bzw. Abkühl-
geschwindigkeit ist, umso feinkörniger wird das Gefüge, vorausgesetzt, dass die Umwandlung
während der Abkühlung noch in der Perlitstufe abläuft.
Durch Normalglühen kann ein ungleichmäßiges und grobkörniges Gefüge, welches bei der
Warmumformung entstanden ist, beseitigt werden. Außerdem werden damit in umwandlungs-
freudigen Stählen mit C-Gehalten unter 0,5 % durch die Einstellung eines Perlit- Ferrit-Gefü-
ges in weitgehend gleichmäßiger Verteilung gute Zerspanungseigenschaften erreicht.
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Die Luftabkühlung ist nur auf Stähle anwendbar, die hierbei in der Perlitstufe vollständig um-
wandeln. Dies trifft für unlegierte und schwach legierte Stähle zu. Im Zweifelsfalle gibt darüber
das ZTU- Schaubild für kontinuierliche Abkühlung Aufschluss. Bei höher legierten Stählen ist
eine isothermische Perlit-Umwandlung zweckmäßig. Man geht vom ZTU- Schaubild für iso-
thermische Umwandlung aus und benutzt dabei mit einem ausreichenden zeitlichen Sicher-
heitszuschlag die Temperatur der raschesten Perlitbildung.
Abbildung 4 zeigt das Zeit-Temperaturdiagramm für das Normalglühen.
Abb. 4: Normalglühen
3.4 Weichglühen
Das Weichglühen erfolgt bei einer Temperatur dicht unterhalb Ac1, mitunter auch über Ac1 oder
durch Pendeln um Ac1, mit nachfolgendem langsamen Abkühlen zum Erzielen eines weichen
Zustandes (DIN 17022 Teil 1-5). Durch diese Wärmebehandlung werden die Zementitlamellen
des Perlits in eine kugelige Form - den so genannten körnigen Zementit- umgewandelt. Diese
Art des Gefüges ergibt für Stähle mit C-Gehalt von mehr als ca. 0,5 % die günstige Bearbeit-
barkeit. Für jede Art der Kaltverformung, z.B. durch Stauchen, Ziehen, oder Kaltfließpressen,
ist der körnige Zementit der Zustand bester Verformbarkeit.
In der Praxis wird auf die vorgeschriebene Glühtemperatur erwärmt, einige Zeit gehalten, dann
langsam im Ofen bis ca. 600 °C und anschließend an Luft abgekühlt. Ein besonders gleich-
mäßiges Glühgefüge mit feinverteiltem körnigem Zementit kann durch Härten mit nachfolgen-
der Weichglühung erreicht werden.
Abbildung 5 zeigt mögliche Zeit-Temperaturzyklen für das Weichglühen.
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Abb. 6: Spannungsarmglühen
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3.6 Rekristallisationsglühen
Eine Rekristallisationsglühung wird vorgenommen wenn das Material kaltverformt wurde. Die
dabei aufgetretenen Eigenschaftsänderungen, wie zum Beispiel Verfestigung, können mit die-
ser Wärmebehandlung beseitigt werden. Mit zunehmender Kaltumformung steigt die Festig-
keit an, bei gleichzeitiger Abnahme von Dehnung und Zähigkeit. Ist das Material an seiner
Umformgrenze angelangt, muss durch eine Rekristallisation eine Kornneubildung vorgenom-
men werden. Bei der Rekristallisationsglühung findet keine Neubildung der Gefügezusammen-
setzung statt. Die Neigung zur Kornneubildung ist umso größer je größer der Umformgrad ist.
Bei hohen Umformgraden ist auch eine niedrigere Glühtemperatur ausreichend. Bei steigen-
den Umformgraden und sinkender Rekristallisationstemperatur nimmt die Korngröße der neu
gebildeten Körner ab, zum Teil sogar unter die Ursprungskorngröße. Bei Profilen mit örtlich
unterschiedlichen Verformungen können manchmal Probleme bei der Kornneubildung auftre-
ten, da durch die unterschiedliche Verfestigung keine einheitliche Korngröße entsteht.
Abbildung 7 zeigt das Zeit-Temperaturdiagramm für das Rekristallisationsglühen.
Abb. 7: Rekristallisationsglühen
4. Gleichgewichtsferne Glühbehandlungen
Bei den gleichgewichtsfernen Glühbehandlungen handelt es sich um sehr schnell ablaufende
Wärmebehandlungen, die nur anhand von ZTU-Schaubildern dargestellt werden können.
4.1 Härten
Unter Härten versteht man das Abkühlen von einer Temperatur oberhalb der Umwandlungs-
punkte A3 bzw. A1 mit solcher Geschwindigkeit, dass oberflächlich oder durchgreifend eine
erhebliche Härtesteigerung, in der Regel durch Martensitbildung, eintritt. Das Erwärmen muss
auf eine Temperatur über die Umwandlungspunkte Ac1 oder Ac3 und das Abkühlen von einer
Temperatur oberhalb der Umwandlungspunkte Ac1 oder Ac3 vorgenommen werden (DIN 17022
Teil 1-5).
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
Das Ziel des Härtens ist eine möglichst hohe Härtezunahme des Werkstücks. Die erreichte
Härte richtet sich nach dem Kohlenstoffgehalt des Stahls und seiner Härtbarkeit, wobei sich
die Abmessungen des Werkstücks und die Wärmebehandlungsbedingungen als mitbestim-
mend ergeben. Die optimale Durchführung der Härtung erfordert genaue Einhaltung der an-
gegebenen Härtetemperaturen und Haltezeiten sowie die richtige Wahl des Härtemittels und
seine Handhabung. Die günstigsten Härtewerte sind durch Härten in der Martensitstufe zu
erreichen.
Ferrit im Härtungsgefüge ist die Folge zu niedriger Härtetemperatur oder zu langsamer Ab-
kühlung. Restaustenit kann bei hochgekohlten, legierten Stählen als Folge einer zu hohen
Härtetemperatur auftreten. In diesem Fall tritt meist auch eine Kornvergröberung ein. Zu hohe
Anteile an Ferrit, Perlit oder Zwischenstufengefüge verursachen eine Verringerung der Härte
und beeinträchtigen auch die Zähigkeitseigenschaften.
Abschreckmittel sind meist Wasser, Öl oder Luft, wobei sich die Anwendung nach der kriti-
schen Abkühlgeschwindigkeit des Stahls richtet. In jedem Fall wird die mildeste Abschreckung
angewendet, die nach Sachlage möglich ist, um Rissgefahr und Verzug so gering wie möglich
zu halten.
Abbildung 8 zeigt das Zeit-Temperaturdiagramm für das Härten eines untereutektoiden Werk-
stoffs.
Abb. 8: Härten
4.2 Anlassen
Unter Anlassen versteht man ein Erwärmen nach vorausgegangenem Härten, Kaltverformen
(Kaltrichten) oder Schweißen auf eine Temperatur zwischen Raumtemperatur und unterem
Umwandlungspunkt Ac1 und Halten bei dieser Temperatur mit nachfolgendem, zweckentspre-
chendem Abkühlen (DIN 17022 Teil 1-5).
Ein durch rasche Abkühlung umgewandeltes Gefüge befindet sich nicht in einem stabilen
Gleichgewicht, so dass durch ein Wiedererwärmen unter gleichzeitigem Anstieg der Zähigkeit
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die Härte wieder abgebaut werden kann. Der Grad des Härteabfalls wird dabei durch die An-
lasstemperatur und die Anlassdauer bestimmt.
Der Abfall der Härte erfolgt in verschiedenen Stufen, die durch bestimmte Ausscheidungs- und
Umwandlungsvorgänge gekennzeichnet sind. Zunächst wird der tetragonale Martensit in den
weniger rissanfälligen kubischen Martensit umgewandelt (bei ca. 200 °C) und oberhalb dieser
Temperatur werden allmählich in immer größerem Umfang Karbide ausgeschieden. Beim Vor-
liegen von Restaustenit bei höher legierten Stählen tritt durch diese Ausscheidungsvorgänge
eine Kohlenstoffverarmung des Restaustenits ein, der hierdurch beim Abkühlen in tetragona-
len Martensit umwandeln kann. In solchen Fällen ist ein nochmaliges Anlassen erforderlich.
Die Anlassbehandlung sollte sofort im Anschluss an die Härtung erfolgen, um Spannungsrisse
zu vermeiden. Die Einstellung der mechanischen Werte wird in weitaus stärkerem Maße durch
die Anlasstemperatur als durch die Zeit bestimmt. Im Allgemeinen wählt man je 25 mm Wand-
dicke eine Haltezeit von einer Stunde. Die Abkühlung nach dem Anlassen richtet sich nach
der Form des Werkstücks und der Stahlqualität. Bei komplizierten Stücken können durch zu
rasche Abkühlung unzulässige Spannungen entstehen.
Bei langsamer Abkühlung aus der Anlasstemperatur kann Anlasssprödigkeit auftreten, die sich
im Abfall der Kerbschlagzähigkeit äußert. Diese Versprödungserscheinung tritt vor allem bei
Mn-, CrMn- und CrNi-legierten Stählen auf, wenn nach dem Anlassen der Temperaturbereich
von 550 bis 400 °C langsam durchlaufen wird oder in diesem Temperaturbereich ein längeres
Halten erfolgt. Die Neigung zur Anlasssprödigkeit kann durch Mo-Zusätze in diesen Stählen
abgeschwächt werden. Es ist auch möglich, durch schroffe Abkühlung die Anlasssprödigkeit
zu unterdrücken, wenn man über dem gefährlichen Temperaturbereich, also oberhalb von 550
°C, angelassen hat. Die Änderung der mechanischen Eigenschaften in Abhängigkeit von der
Anlasstemperatur verläuft bis ca. 500 °C mit einem stetigen Härteabfall ohne merklichen Zä-
higkeitszuwachs. Erst oberhalb 500 °C ist eine starke Zunahme der Zähigkeit unter weiterem
Abfall der Härte festzustellen. Die Vorgänge beim Anlassen lassen sich anhand von Dilatome-
terkurven anschaulich beschreiben. Diese sind in Abbildung 9 dargestellt.
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Praktikum zur Lehrveranstaltung Konstitutionslehre
4.3 Vergüten
Unter Vergüten versteht man eine Wärmebehandlung zum Erzielen hoher Zähigkeit bei be-
stimmter Zugfestigkeit durch Härten und anschließendem Anlassen meist auf höherer Tempe-
ratur (DIN 17014).
Die mechanische Eigenschaft eines vergütenden Stahls, besonders seine Zähigkeit, hängt im
hohen Maße von der Sorgfalt der Vergütungsbehandlung ab.
Das beste Streckgrenzverhältnis und die höchste Zähigkeit werden beim Vergüten dann er-
reicht, wenn eine vollkommene Härtung über die Martensitstufe erfolgt. Günstige Eigenschaf-
ten werden bei der Vergütung in größeren Querschnitten noch eingestellt, wenn im Kern nach
dem Härten ein Gefüge bestehend aus mind. 50 % Martensit erreicht wird.
Zur Einstellung der gewünschten Eigenschaften dienen die Vergütungsschaubilder, welche für
die meisten Stahlqualitäten angegeben sind. Die Auswahl der Stähle für eine gewünschte Fes-
tigkeitsstufe richtet sich weiterhin nach den Vergütungsquerschnitten, die in den Angaben über
die mechanischen Eigenschaften zu berücksichtigen sind (DIN EN 10083 ff).
Abbildung 10 zeigt das Zeit-Temperaturdiagramm für das Vergüten.
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