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Prof. Dr. T. Hebbeker, Dr. M. Merschmeyer, Dr. A. Meyer Version 2020-02-12

Klausur Experimentalphysik I, 16.02.2021, 09:00-11:00

Lösungsskizze

• Bitte schreiben Sie VORHER Ihren vollständigen Namen und Ihre Matrikelnummer auf jedes
später hochzuladende Blatt.
• Bitte alle Antworten erklären und begründen.
• Lesen Sie die Aufgaben genau durch. In der Vorlesung angegebene Formeln können benutzt
werden. Eine Herleitung ist nur erforderlich wenn dies in der Aufgabenstellung explizit verlangt
wird.
• Rechnen Sie immer erst allgemein mit den Symbolen, setzen Sie die Zahlenwerte erst am Ende
ein. Falls möglich, geben Sie ein numerisches Ergebnis an. Oft ist das Anfertigen einer Skizze
hilfreich.
• Schreiben Sie bitte leserlich.

Teilnahmeberechtigt ist nur, wer genügend Punkte in den Übungsaufgaben erzielt hat, unter Beach-
tung aller Nebenbedingungen.
Die Klausur ist bestanden (Note 4.0), wenn mindestens die Hälfte der maximal möglichen Punkte
erreicht sind.

Aufgabe Max. Punkte Erreichte Punkte Kommentar


1 5
2 7
3 9
4 8
5 11
6 9
7 8
8 7
SUMME 64
2

Aufgabe 1: Gleichgewicht ( 5 Punkte)


Ein horizontales masseloses schmales Brett der Länge l = 4 m ist mit zwei Federwaagen an der
Decke aufgehängt; deren Abstand beträgt d = 3 m; eine der Federwaagen greift an einem Brettende
an, siehe Skizze.

Auf dem Brett liegt an jedem Ende ein punktförmiges Gewicht, links mit der Masse mL = 1 kg und
rechts mit mR = 2 kg.
Welche Kräfte F1 und F2 zeigen die beiden Federwaagen an ?

Summe Kräfte = null:


~1 + F
F ~2 + (mL + mR ) ~
g = ~0

Summe Drehmomente = null (hier bzgl. linkem Brettende):


~2 + ~l ⇥ mR ~
~1 + T
T g = ~0 + d~ ⇥ F
~2 + ~l ⇥ mR ~
g = ~0

Also, betragsmäßig F2 = l
d
mR g = 26.2 N und F1 = (mL + mR )g F2 = 3.2 N.
Punkte: 1 Kräftegleichgewicht, 2 Drehmomentgleichgewicht, je 1 für numerische Resultate.
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Aufgabe 2: Fadenpendel (2 + 2 + 2 + 1 = 7 Punkte)

a) Skizzieren Sie ein um einen Winkel ausgelenktes Fadenpendel (Länge l, Masse m) das an
einer Decke aufgehängt ist und tragen Sie die wirkenden Kräfte ein. Der Faden ist masselos,
Reibung tritt nicht auf.

Punkte: 1 für Skizze, 1 für Kraftvektoren.


b) Leiten Sie allgemein die Schwingungsgleichung für die Winkelauslenkung des Pendels her.

m · s̈ = m · l ¨ = F = (mg) · sin
also
¨ + g sin =0
l
mit Erdbeschleunigung g und Pendellänge l.
Punkte: 1 für Ansatz, 1 für korrekte Differentialgleichung

c) Machen Sie eine geeignete Näherung für kleine Auslenkungen und lesen Sie die Winkelfre-
quenz ! ab. Bestimmen Sie auch die Periodendauer T .

Kleine Auslenkung : sin ⇡ , also

¨+ g =0
l
Der Vorfaktor g/l vor ist gleich ! 2 (Winkelfrequenz), also
r s
g 2⇡ l
!= T = = 2⇡
l ! g

Punkte: 1 für Differentialgleichung, 1 für Periode.


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d) Wie groß ist die Periodendauer für ein in der Nähe des Erdbodens schwingendes Fadenpendel
der Länge l = 4.7 m?

s
l
T = 2⇡ = 4.3 s
g
mit Erdbeschleunigung g = 9.81 m/s2 .
Punkte: 1
5

Aufgabe 3: Wettrennen (1 + 8 = 9 Punkte)


Auf einer schiefen Ebene mit Neigungswinkel ↵ = 15.0 gegenüber der Horizontalen machen
ein Würfel, eine homogene Kugel und ein Hohlzylinder ein Wettrennen. Alle drei haben die gleiche
Masse m. Von der gleichen Starthöhe h aus rollen Kugel und Zylinder los, während der Würfel
rutscht, mit einem Gleitreibungskoeffizienten µG = 0.100. Vernachlässigen Sie Luftreibung und
Rollreibung. Die Skizze ist nicht maßstabsgerecht und zeigt nur den Würfel.

Hinweis: Trägheitsmomente von Vollkugel und Hohlzylinder bezüglich der Symmetrieachse(n) durch
den Schwerpunkt:
2 2 2
I K = m RK I Z = m RZ
5
RK und RZ sind Kugelradius und Zylinderradius.

a) Zeigen Sie, dass die obige Formel für IZ korrekt ist.

Z Z
2 2 2
IZ = ⇢(~
r) r? dV = RZ ⇢(~
r ) dV = m RZ

Punkte: 1

b) Berechnen Sie für alle drei Körper die Beschleunigung entlang der schiefen Ebene, also die
Größen aW , aK , aZ . Wer gewinnt?

Hangabtriebskraft für alle drei Körper:

FH = sin ↵ m g
6

Würfel: Reibungskraft entlang der schiefen Ebene:

FR = µG FN = µG cos ↵ m g

aW = (FH FR )/m = (sin ↵ µG cos ↵) g = 0.162 g = 1.59 m/s2

Kugel und Zylinder: Änderung der kinetischen Energie:


d d d 1 1 d 1 I
FH ·v = Ekin = (Etrans +Erot ) = ( m v 2 + I! 2 ) = ( (m+ 2 ) v 2 )
dt dt dt 2 2 dt 2 R
mit ! = v/R.
I
FH · v = (m + )av
R2
I
a = sin ↵ g/(1 + )
m R2
aK = 0.714 sin ↵ g = 1.81 m/s2
aZ = 0.5 sin ↵ g = 1.27 m/s2
Kugel gewinnt!
Punkte: 2 (W) + 3 (K) + 3 (Z)
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Aufgabe 4: Mond (3 + 2 + 3 = 8 Punkte)


Der (Erd-)Mond hat eine Masse von mM = 7.35 · 1022 kg und einen Radius von rM = 1740 km.
Dieser Himmelskörper ist in guter Nährung kugelsymmetrisch.

a) Leiten Sie eine Gleichung zur Berechnung der ‘Mondbeschleunigung’ gM her und berechnen
Sie den Wert. gM ist die Beschleunigung, mit der ein frei fallender Körper auf den Mond zu
beschleunigt wird, nahe der Mondoberfläche. Vergleichen Sie die Mondbeschleunigung gM mit
der Erdbeschleunigung g.

mM
gM = GN 2
= 1.62 m/s2 = 17% g
rM

Punkte: 2 Gleichung, 1 numerischer Wert

b) Beschreiben und erklären Sie mindestens zwei von Astronauten durchgeführte Experimente,
die auf dem Mond quantitativ anders ablaufen als auf der Erde.

hier nur Stichworte: Hammer und Feder, Hoch springen


Punkte: 1 pro Experiment

c) Auf seiner näherungsweise kreisförmigen Bahn beträgt die mittlere Entfernung des Mondes
von der Erde d = 3.84 · 108 m. Berechnen Sie die zugehörige Umlaufperiode P , nachdem Sie
vorher die entsprechende Formel hergeleitet haben. Wie groß ist die Bahngeschwindigkeit v?

mM mE 2⇡
mM ! 2 d = G N != mE = 5.97 · 1024 kg
d2 P
4⇡ 2 d3
P2 = P = 2.37 · 106 s = 27.4 d
G N mE
r
G N mE
v = !d = = 1020 m/s
d

Punkte: 2 Gleichungen P und v + 1 numerische Werte


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Aufgabe 5: Federpendel (2 + 1 + 1 + 1 + 1 + 3 + 2 = 11 Punkte)


Eine Kugel mit Radius r = 5 cm und Masse m = 1 kg hängt senkrecht (z-Achse) an einer
elastischen Schraubenfeder und schwingt mit der Periode P = 3 s.

a) Berechnen Sie die Federkonstante D.

2⇡
= ! = 2.09/s
P
r ✓ ◆2
D 2⇡
!= D=m = 4.39 N/m
m P

Punkte: 1 Formel + 1 numerischer Wert

b) Schreiben Sie explizit die Auslenkung z der Kugel aus der Ruhelage als Funktion der Zeit t
auf. Die maximale Auslenkung aus der Ruhelage betrage A = 1 cm.

z(t) = A sin(!t) = 0.01 m sin(t · 2.09 /s)

Punkte: 1

c) Schreiben Sie explizit die Geschwindigkeit v der Kugel als Funktion der Zeit auf.

v(t) = A ! cos(!t) = 0.0209 m/s cos(t · 2.09 /s)

Punkte: 1

d) Zeichnen Sie die Kurven z(t) und v(t) in ein Diagramm mit gemeinsamer Zeitachse ein.

Punkte: 1
9

e) Zeigen Sie dass der zeitliche Mittelwert des Geschwindigkeits-Betrages h|v|i von der Größen-
ordnung 0.01 m/s ist.

Geschwindigkeitsbetrag |v| variiert zwischen 0 und 0.0209 m/s. Der Mittelwert ist h|v|i ⇡
0.01 m/s.
Punkte: 1

f) Die Kugel schwingt in Luft (Viskosität ⌘ = 1.8 · 10 5 Ns/m2 ). Benutzen Sie das Ergebnis
von e) um die mittlere Stokessche Reibungskraft und damit den mittleren Energieverlust E
pro Periode abzuschätzen.

7
hFR i = 6⇡ r ⌘ hvi = 1.7 · 10 N
Zurückgelegte Wegstrecke pro Periode = 4 A:
9
E ⇡ hFR i · 4 A = 6.8 · 10 J

Punkte: 2 Kraft, 1 Arbeit

g) Vergleichen Sie den Energieverlust E aus f) mit der in der Schwingung anfänglich steckenden
Gesamtenergie E. Was schließen Sie daraus?

1
E= D A2 = 2.2 · 10 4
J ⇡ 30000 E
2
Schwingt mehrere Stunden!
Punkte: 1 Energie, 1 Vergleich /Schlussfolgerung
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Aufgabe 6: Paradoxa ( 3 +3 + 3 = 9 Punkte)


Diskutieren Sie bitte kurz die folgenden Paradoxa: schreiben Sie was beobachtet wird, erklären Sie
das Phänomen, und erläutern Sie warum man von einem Paradoxon spricht.

a) Hydrostatisches Paradoxon

Flüssigkeit in kommunizierenden Röhren: gleiche Höhe, unabhängig von Breite und Form der
Röhre.

Druck hängt nur von Höhe der darüberbefindlichen Flüssigkeitssäule ab. Paradox weil man
vermuten könnte, dass breitere oder unten zugespitzte Röhren einen höhreren Druck erzeugen,
so dass bei gleichem Druck im unteren Bereich die Steighöhen variieren.
Punkte: 1 + 1 + 1
b) Aerodynamisches/Hydrodynamisches Paradoxon

Bei schnell vorbeiströmender Luft wird die untere Scheibe angezogen, wegen des statischen
Unterdrucks, der durch die Bernoulli-Gleichung erklärt wird:
1
p+ ⇢ · v 2 = p0 = const
2
Paradox, weil man denkt dass durch die Strömung die Scheibe abgestoßen wird.
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Punkte: 1 + 1 + 1

c) Zwillings-Paradoxon

Der zu bestimmten Zeiten beschleunigte Zwilling altert weniger als der im Inertialsystem.
Asymmetrie kommt durch Beschleunigung (kein Inertialsystem) zustande. Paradox, weil man
meinen könnte die Situation ist symmetrisch, so dass prinzipiell kein Altersunterschied auftre-
ten kann.
Punkte: 1 + 1 + 1
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Aufgabe 7: Achtung, Achtung! ( 2 + 3 + 3 = 8 Punkte)

a) Ein Zug fährt mit einer Geschwindigkeit von vL = 72 km/h auf gerader Strecke. Um eine auf
den Gleisen stehende Kuh zu verscheuchen, pfeift die Lok mit der Frequenz f0 = 1200 Hz.
Bestimmen Sie die von der Kuh empfangene Frequenz fK A
.

A
f0
fK = = 1280 Hz
1 vL /vS
mit Schallgeschwindigkeit vS = 340 m/s.
Punkte: 1 Formel, 1 numerischer Wert

b) Aus Angst rennt die Kuh von der Lok weg, mit der Geschwindigkeit vK = 36 km/h relativ
zur Erde, aber aus lauter Panik bleibt sie auf dem Gleis. Bestimmen Sie die jetzt von der Kuh
empfangene Frequenz fK B
.

B
1 vK /vS
fK = f0 = 1240 Hz
1 vL /vS
Punkte: 1 Formel von der Struktur her, 1 richtige Vorzeichen berall, 1 numerischer Wert

c) Ein sich der Erde näherndes Raumschiff kündigt sich durch eine Folge von Lichtblitzen im
zeitlichen Abstand T0 = 0.300 s an, dem international bekannten Warnsignal. An einem fes-
ten Beobachtungsort auf der Erde wird eine Zeitdifferenz von TE = 0.200 s gemessen. Mit
welcher Geschwindigkeit v fliegt das Raumschiff auf die Erde zu?

Relativistischer Dopplereffekt: s
c v
TE = T0
c+v
1 x
v =c· x = (TE /T0 )2 = 4/9 = 0.444
1+x
v = 0.39 c = 115000 km/s

Punkte: 2 Formel, 1 numerischer Wert


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Aufgabe 8: Reise ins All ( 3 + 3 + 1 = 7 Punkte)


Die Zwillinge Arnd und Markus verabschieden sich voneinander. Arnd tritt eine lange Reise zu ei-
nem fernen Planeten an, während Markus auf der Erde bleibt - die man für diese Betrachtung als
Inertialsystem annehmen darf. Beide sind beim Start 30 Jahre alt. Arnd unternimmt die Reise mit
|vA | = 0.97 · c. Nach 10 Jahren (gemessen im System von Markus) kommt Arnd am Ziel an,
wird jedoch feindlich empfangen und kehrt daher sofort um und fliegt zur Erde zurück, wieder mit
|vA | = 0.97 · c, wo er von Markus empfangen wird.

a) In welchen Etappen der Reise spürt Markus Beschleunigungen, wann Arnd? Wie alt sind die
beiden Zwillinge, wenn sie sich wiedersehen?

Markus: -
Arnd: Verlassen der Erde, Umkehr, Ankunft Erde.
q
2
1/ = 1 vA /c2 = 0.243

TM = (30 + 20) a = 50 a
TA = (30 + 20/ ) a = 34.9 a

Punkte: 1 Beschleunigungsphasen, 2 Alter

b) Eine (andere) Rakete hat beim Start von der Erde eine Gesamtmasse M = 1.00 · 106 kg,
davon ist m = 0.80 · 106 kg die Masse des Treibstoffs, beim Start. Letztere wird mit einer
Geschwindigkeit v = 3.00 · 103 m/s relativ zur Rakete emittiert. Berechnen Sie die Endge-
schwindigkeit der Rakete vR . Vernachlässigen Sie die Gravitation.

M
vR = v · ln = 4.83 km/s
M m

Punkte: 2 Formel + 1 numerischer Wert

c) Vergleichen Sie vA aus a) mit vR aus b). Was schließen Sie daraus?

vR ⌧ vA = 291000 km/s
Mit heutiger Raketentechnologie bleibt a) eine Utopie.
Punkte: 1

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