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Volumen und Oberfläche der n-dimensionalen Hyperkugel v 1.

2 6/2003

Volumen und Oberfläche der


n-dimensionalen Hyperkugel
– Die folgenden Rechnereien sind nur für Schüler der 8. Klassen nachvollziehbar, da man den
Integralbegriff, sowie partielles Integrieren und Substitution kennen muss. Auch sollte man
bereits etwas über den Dimensionsbegriff nachgedacht haben.
– Wir werden die Vorsilbe 'Hyper' meist weglassen und die Begriffe 'Kugel' und 'Würfel' einfach
ganz allgemein fassen.
– Für das Volumen eines n-dimensionalen Körpers schreiben wir Vn, für seine Oberfläche On.
– Erinnerung: Was bedeutet eigentlich der Begriff 'Volumen': die Maßzahl des n-Volumens gibt
an, wie viele n-Einheitswürfel in diesem Körper Platz finden können.

Der n-dimensionale (Hyper)würfel

Er entsteht aus einem (n-1)-dimensionalen Würfel der Kantenlänge A (Raumrichtungen x,y,...,z),


indem man diesen in einer auf die bisherigen Raumachsen senkrechten Richtung u um A Einheiten
verschiebt. Sein Volumen könnte man mittels Integration berechnen:
A A A

Vn = € V n B1 ¢ x,y,...z£ du = ‚ ¢ xEyEvEz £ du = A n B1€ du = A n ¢ =V n B1EA£


0 0 0
Das ist aber eigentlich überflüssig, da der Einheitswürfel immer Volumen 1 besitzt
(definitionsgemäß) und eine Vervielfachung aller n Seitenlängen um den Faktor A eine
Vervielfachung des Volumens um den Faktor An zur Folge hat.

Die n-dimensionale (Hyper)kugel


Wir werden die Berechnung in mehreren abgegrenzten Teilschritten durchführen. Das erleichtert
den Überblick.

Das folgende Resultat werden wir später benötigen:


à
2

Berechne C n = € cosn ¢ t £ dt .
à
B
2
Das erledigen wir mittels partieller Integration:

€ cosn t dt =€ ¢ sin t £ 'Ecosn B1 t dt =sin t cosn B1 t B€ ¢sin t £E¢ nB1£ cosn B2 t ¢Bsin t £ dt =

sin t cos n B1 t A¢ nB1 £ € sin 2 tEcos n B2 t dt =sin t cos n B1 t A¢ nB1 £ € ¢ 1Bcos 2 t £Ecos n B2 t dt =

t A¢ nB1 £ € cos t dt B¢ n B1 £ € cos t dt


n B1 n B2 n
sin t cos

Nun fällt uns auf, dass der cosn – Term ja der zu berechnende ist und ziehen links zusammen:

n € cosn t dt = sin t cos n B1 t A¢ n B1 £ € cosn B2 t dt

Betrachten wir die Grenzen -π/2 und π/2. Der erste Term auf der rechten Seite ist beide Male Null (Cosinus von

Wolfgang Urban, HIB Wien 1


Volumen und Oberfläche der n-dimensionalen Hyperkugel v 1.2 6/2003

+-90°) und kann weggelassen werden. Wir erhalten


à à
2 2

€ cos t dt = nBn 1
n
€ cosn B2 t dt und erkennen links Cn und rechts Cn-2!
à à
B B
2 2

nB1
Der Grad wurde also um 2 reduziert und wir erhalten die rekursive Vorschrift: C n = C n B2
n
à à
2 2

und die ersten beiden Werte sind C 0= € 1 dt =à , C 1= € cos t dt =2


à à
B B
2 2

à
2
nB1
Für das Integral C n = € cosn ¢t £ dt gilt C n =
n
C n B2 wenn nU2 , C 0=à , C 1 =2
à
B
2

1 4 3 1 5
weitere Werte sind C 2= à , C 3= , C 4= à , C 5= , C 6= à , v
2 3 8 15 16

Nun können wir uns endlich dem Volumen der Kugel zuwenden:

Eine n-Kugel mit Radius R ist bekanntlich definiert als Punktmenge (x,y,...,z,u) für die gilt :
x2+y2+.....+z2+u2 “ R2 (Pythagoras). Schneiden wir so eine Kugel senkrecht zur Achse u mit einer (n-1)-
Ebene, so erhalten wir als Schnitt eine (n-1)-Kugel, deren Radius r= R 2 Bu 2 misst.
(Am besten für n=3 mit Koordinaten x, y, u aufzeichnen! Wir schneiden eine 3D-Kugel waagrecht mit einer
Ebene und ziehen diese Ebene in Richtung u von unten nach oben. Die Schnittfigur ist ganz unten (u=-R)
ein Kreis mit Radius r=0, dann wächst der Radius r, bis er in der Mitte (u=0) zu R wird, dann nimmt er
wieder bis 0 ab.)

Also berechnen wir das Volumen der n-Kugel mit Radius R als Summe der Volumina von (n-1)-Kugeln mit
obigem Radius r. Diese besitzen ein Volumen Vn-1(r), das wir als Vn-1(1)rn-1 oder einfach Vn-1rn-1 schreiben.
Vn-1 ist dann ein reiner Zahlenfaktor und kann aus dem Integral herausgenommen werden.
R R R
n B1
V n ¢R£ = V n R =
n
€ V n B1 ¢r £ du = € V n B1 ¢1£ r n B1
du = V n B1 € R B u
2 2
du
BR BR BR
Wie immer beim Auftreten dieser Wurzel substituieren wir u=R sin Ñ , du=R cos Ñ d Ñ mit den Grenzen -π/2
und π/2 und erhalten
à à à
2 2 2

V n ¢ R £=V n B1 € ¢ REcos Ñ£ REcos Ñ d Ñ = V n B1 € R Ecos Ñ d Ñ = V n B1 R E€ cos Ñ d Ñ


n B1 n n n n

à à à
B B B
2 2 2

Das verbleibende Integral entspricht aber genau dem im Vorfeld berechneten Wert Cn!

Damit erhalten wir für die n-dimensionale Einheitskugel:

V n = C nEV n B1 mit V 1=2 und können damit alle Volumina der Reihe nach berechnen!

Die n-dimensionale Hyperkugel mit Radius R hat das Volumen Vn(R) = VnRn, wobei für Vn die
folgende Rekursion gilt: V n = C nEV n B1 mit V 1=2

Wolfgang Urban, HIB Wien 2


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Versuchen wir nun diese Rekursion aufzulösen um explizite Formeln zu erhalten.

Dazu schreiben wir unsere eben erhaltenen Rekursionsvorschrift etwas weiter aus:
V n = C nEV n B1 = C nEC n B1EV n B2 = C nEC n B1EC n B2EV n B3 = v = C nEC n B1EC n B2EC n B3EvEC 2EV 1
Es läuft also darauf hinaus, dass wir das Produkt aller Cn bis zu C2 hinunter bilden!

Deren Rekursionsvorschrift erniedrigte den Index jeweils um 2. Wir können also CnCn-1 zu einem Ausdruck in Cn-
2Cn-3 umformen. Die beiden Faktoren stehen aber bereits da, sie werden also quadratisch. Dieses Spiel treibt man
weiter, Cn-4Cn-5 kommen dann hoch drei vor,... Wir erhalten also Paare von gleich zu behandelnden Größen. Die
sich zusätzlich ergebenden Zahlenfaktoren wollen wir nun untersuchen:
Für ein einzelnes Paar erhalten wir
mB1 mB2 mB2
C m C mB1 = C C = C mB2 C mB3
m mB1 mB2 mB3 m
Und für das ganze Produkt:
C nEC n B1 E C n B2EC n B3 E C n B4EC n B5 EvEC 2EV 1 = v
Beachte beim explizit Anschreiben und Kürzen: je nachdem, ob n gerade oder ungerade ist, kann man anders
zusammenfassen!

Alternativ

Wir haben rekursive Formeln erhalten, die in Zweierschritten zu kleineren Dimensionen wechseln.
Wenden wir das Cavalierische Prinzip aber so an, dass wir gleich zwei Variable herausziehen (also
nicht entlang einer Linie sondern über eine Kreisfläche integrieren), erhalten wir ohne viel
Rechenarbeit hübschere Rekursionsformeln. Dabei substituieren wir u2 + v2 = r2.

1 1 n B2

V n ¢1£ =  V n B2 ¢ 1B u B v £ dudv = 2 à € V n B2 ¢ 1Br £ r dr = 2 à € V n B2 ¢ 1 £¢ 1Br £


2 2 2 2 2
r dr =
u 2 Av 2 Tr 2 0 0
1 n B2

2 à V n B2 ¢ 1 £ € ¢ 1Br 2 £ 2
r dr = V ¢1 £
0 n n B2

und damit

Volumen und Oberfläche der n-dimensionale Hyperkugel (n=1,2,3,...) :


Sn n d V n ¢ R£
V n ¢ R£ = ER , O n ¢ R £ = = S nER n B1
n dR

S n A2 = S , S 1=2, S 2 =2à
n n

Wolfgang Urban, HIB Wien 3


Volumen und Oberfläche der n-dimensionalen Hyperkugel v 1.2 6/2003

Einige Beispiele:

Dimension Volumen Vn Oberfläche On


1 V 1=2 R -
2 V 2 =à R2 O 2=2 à R
3 4à 3
V 3= R O 3 =4 à R2
3
4 à2 4
V 4= R O 4 =2 à2 R3
2
5 8 à2 5 8 à2 4
V 5= R O 5= R
15 3

Fragen:

– In welchem Raum hat die Kugel das größte Volumen? (Exakt: in welchem Raum passen die
meisten n-Einheitswürfel in eine n-Einheitskugel? 1D: Faktor 2, 2D: Faktor 3.14..., usw.)
– Wie sieht das bei der Oberfläche aus?
– Wie hängt das vom Radius der Kugel ab? In wie viel Dimensionen ist die 'größte' Kugel mit R=2
zu finden? Wo mit R=0.5? Wo mit R=0.9 oder 1.1?
– Hat man einen n-Würfel mit Kantenlänge 2, kann man aus ihm eine n-Einheitskugel schnitzen.
Dabei wird Material entfernt und wird zu 'Abfall'. Gibt es Räume, in denen das Verhältnis
zwischen Kugel und Abfall besonders (un-)günstig ist?
(Die Informatikabteilung kann Dich mit einem Python-Programm bei der Berechnung
unterstützen!)

Allgemeine Fragen zum Nachdenken:

– Passt ein 3D-Würfel mit Seitenlänge 10 in eine 3D-Kugel mit Radius 2?


– Passt ein 3D-Würfel mit Seitenlänge 10 in eine 4D-Kugel mit Radius 2?
– Passt ein Faden der Länge 10 in einen Kreis mit Radius 2?
– Passt ein Elefant in eine 4D-Kugel mit Radius 1 Millimeter?

Detail am Rande:
Die Maßzahlen für die Volumina der n-Kugeln werden für größere n immer kleiner. Es ist
inzwischen bekannt, dass die Summe aller unendlich vieler Volumina Vn(1) endlich ist! Die
Abnahme erfolgt also sehr rasch.

Wolfgang Urban, HIB Wien 4

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