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SITZMÖBEL
ARCH 153 BAUEN IN DEN BERGEN
Zeitschrift Eternit ( Schweiz ) AG November 2009
www.eternitshop.ch
Impressum
ARCH 153 BAUEN IN DEN BERGEN
BERGHÜTTEN
Wanderer und Bergsteiger schätzen es, unterwegs auf Berghütten zu stossen, die ihnen Verpflegung und Unterkunft
bieten. Der Schweizer Alpen-Club baut und unterhält viele solcher abseits in den Bergen gelegenen Einkehrstätten.
Waren diese früher höchst elementar eingerichtet, so wird heute ein gewisser Komfort erwartet. Nach wie vor ver-
langt das Bergklima hohe Ansprüche an die Bauausführung und Materialisierung.
Erdgeschoss 1: 500
Bei den Hütten, die Wanderern und Alpinisten zur Rast und Unter- Nur vereinzelt machte sich die Moderne in der Berghüttenarchitek-
kunft im Gebirge dienen, handelt es sich um eine besondere Gebäu- tur bemerkbar. Der Glarner Architekt Hans Leuzinger schuf mit der
deart. Viele dieser Berghütten in den Schweizer Alpen gehören dem Planurahütte 1930 einen neuen Hüttentyp: ein aus des Topografie he-
Schweizer Alpen-Club (SAC), andere werden privat geführt. Die rauswachsender, organisch modulierter Baukörper mit gekurvter Au-
heute 153 SAC-Hütten stehen meist einsam in der unberührten Berg- ssenwand und Pultdach. Dieses Konzept führte Leuzinger ein Jahr
landschaft, ausserhalb der Bauzonen. Bei der architektonischen Ge- später am Ortstockhaus fort: Der gebogene Bau mit Pultdach ist in
staltung steht daher der Bezug zur Natur an erster Stelle, wobei Klima die Topografie eingepasst und «umarmt» schützend die Aussichtster-
und Witterung besondere Lösungen bei der Materialwahl und Bauaus- rasse davor. Knapp unter der Waldgrenze gelegen bot sich hier Holz
führung erfordern. als Baustoff an, das mit grossformatigen, schwarzen Eternitplatten ein-
Zu Beginn baute der 1863 gegründete SAC sehr einfache Holzstän- gekleidet wurde.
der- und Steinbauten. In den 1910er Jahren kamen, gefördert vom Zür- Nach dem Zweiten Weltkrieg liess der SAC viele Unterkünfte erwei-
cher Baumeister Gustav Kruck, jene Hütten auf, die vor Ort aus ge- tern oder ersetzen. Der Zürcher Architekt Jakob Eschenmoser entwi-
hauenen Bruchsteinmauern aufgebaut wurden und die heute wohl be- ckelte die organische Formgebung weiter. Seine an Bergkristalle erin-
sonders mit den Schutzhütten des SAC assoziiert werden. Weiterhin nernde Polygonformen resultierten aus der Einbettung in die Land-
dominierte das Satteldach den Hüttenbau, es wurde nun aber ver- schaft und der platzsparenden Raumanordnung: Typische Beispiele
mehrt mit Eternit, dem damals modernsten Baumaterial, oder mit für Eschenmosers Hüttenarchitektur sind die Domhütte (1957), die
Blech eingedeckt. Coazhütte (1964) sowie die Bertolhütte (1976).
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UMBAU UND ERWEITERUNG LEGLERHÜTTE verkleidet. Um den Heizaufwand gering zu halten, weist die
Eine herrliche Aussicht sowie das umgebende Wild- und Natur- Wandkonstruktion eine Dämmstärke von 280 Millimetern auf.
schutzgebiet zeichnet die Leglerhütte im südlichen Glarner- In Anlehnung an die vertikale Holzlattung am Altbau wurden
land aus. Es handelt sich dabei nicht primär um ein von Alpinisten am Erweiterungsbau schmale, hochrechteckige Plattenformate
für die Besteigung der umliegenden Gipfel benötigtes Refu- gewählt. Alt- und Neubauteile ergänzen sich. mh
gium; vor allem Naturliebhaber aus dem Unterland nutzen die
Standort Freiberg Kärpf, oberhalb von Schwanden (2273 m. ü. M.)
Leglerhütte als rasch erreichbare Erholungsstätte. Für die Bauherrschaft Schweizer Alpen-Club, Sektion Tödi, Glarus
bessere touristische Vermarktung wollte die SAC-Sektion Tödi Architekten und Bauleitung Aschmann Ruegge Architekten AG, Glarus
Bauzeit 2007
die 1907 erbaute Leglerhütte erneuern. Zur Finanzierung war Fassadenbau For Roof, Haslen
sie dabei erstmals auf das Modell Spenden, Sponsoring und Dachdecker Riget, Pfäffikon
Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Anthrazit 7020
Darlehen angewiesen. Dachmaterial DACHSCHIEFER, Naturgrau
An der alten Hütte hängen die Erinnerungen, eine neue
ermöglicht den ökologischen Betrieb. Im 2004 durchgeführten
Architekturwettbewerb liessen die Ausschreibenden offen,
ob die bestehende Leglerhütte erhalten und erweitert oder
durch einen Neubau ersetzt werden sollte. Aschmann Ruegge
Architekten aus Glarus entschieden sich für Ersteres; nur
der bestehende Anbau an der Westseite wurde abgebrochen.
Massgebend für diesen Entscheid waren der enge Kosten-
rahmen und die durchgehende Bewartung während der Bauzeit.
Bei der Planung stellten die Energie- und Abwasserentsorgung
eine besondere Herausforderung dar. Am Ende entschied
man sich für ein mit Rapsöl betriebenes Blockheizkraftwerk – Obergeschoss
Erdgeschoss 1: 500
ein Pilotprojekt des SAC –, eine Photovoltaikanlage und
ein Trocken-WC.
Die Holzelemente des Erweiterungsbaus, die per Helikopter
eingeflogen wurden, sind mit anthrazitfarbenen Eternitplatten
Erdgeschoss
Berghütten sind nicht nur den extremen Witterungsverhältnissen der Anteil von Bergwanderern gegenüber dem von Bergsteigern. Der
im Gebirge ausgesetzt, sie unterliegen auch den zerstörerischen Na- SAC versucht eine Gratwanderung zwischen Einfachheit und Kom-
turgewalten von Stein- und Schneelawinen. Das führt dazu, dass be- fort. In seinem Leitbild von 2005 hält er hinsichtlich der Hütten fest:
sonders die hoch gelegenen Hütten oft um- oder wieder aufgebaut «Der Charakter von einfachen Gebirgsunterkünften bleibt ihr heraus-
werden. Wegen der Zunahme des Bergtourismus wurden die Hütten ragendes Merkmal», wobei man sich offen zeige «für innovative ar-
ausserdem laufend vergrössert. Unter den Berggängern finden sich seit chitektonische Lösungen im Gebirge». Michael Hanak
jeher zwei Haltungen: Die einen wünschen mehr Komfort und
Dienstleistungen mit Duvets und Dusche, die anderen beharren auf Neue und erneuerte SAC-Hütten
der einfachen, reduzierten Lebensweise in der Natur mit Massenlager, Neubau Saleinazhütte, 1994 –1996, Brigitte Widmer & Stéphane de Montmollin
Plumpsklo und eigener Essenszubereitung. Erweiterung Tschiervahütte, 1997–2003, Hans-Jörg Ruch mit Toni Spirig
Trotz dem stetigen Ausbau seiner Unterkünfte verzeichnete der Neubau Cristallinahütte, 1999–2003, Nicola Basserga & Christian Mozzetti
SAC in den 1990er Jahren einen starken Rückgang der Übernachtun- Neubau Topalihütte, 2002, Meier Associés
gen. Um diesem bis in Jahr 2000 anhaltenden Trend entgegenzuwir- Anbau Trienthütte, 2006, Michel Perraudin
ken, verstärkte der SAC das Marketing für seine Hütten und positio- Anbau Terrihütte, 2007, Gion A. Caminada
nierte sie mit gezielten Massnahmen neu in der Öffentlichkeit. Seither Erweiterung Corno-Grieshütte, 2007, Silvano Caccia
Neubau Monte-Rosa-Hütte, 2009, Andrea Deplazes/ETH-Studio «Monte Rosa»
hat sich die Auslastung der SAC -Hütten spürbar verbessert; die jähr-
liche Übernachtungszahl liegt wieder bei über 300 000. Dabei steigt
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Unterstützung der Patenschaft Berggemeinden
Eternit hilft in den Bergen
völkerung peripherer Gegenden ebenso programmiert 1996 Valchava (GR), Rohre für die Wasserversorgung
Tersnaus (GR), Brunnenstube für die Wasserversorgung
wie der Verlust am touristisch nutzbaren Kapital Land-
1997 Gadmen (BE), Bedachung Turnhalle
schaft.» Haslen (GL), Bedachung Alphütte Lüser
Engi (GL), Bedachung Gemeindehaus
1992 äusserte die Mitarbeiterkommission den Wunsch,
1998 Seelisberg (UR), Fassaden Schulhaus und Turnhalle
sich anstelle der Kundengeschenke, die üblicherweise zum Betschwanden (GL), Bedachung Alpgebäude Vordersand
Jahresende verschickt werden, für etwas Sinnvolleres zu 1999 Romoos (LU), Fassade Gemeindehaussanierung
engagieren. In Zusammenarbeit mit der Schweizer Paten- Cormoret (BE), Bedachung Turnhalle
2000 Campo Blenio (TI), Dachsanierung Berghaus Scuola Montana
schaft für Berggemeinden wird seither jedes Jahr ein Soli-
Cristallina
daritätsbeitrag von in der Regel 15 000 Schweizer Franken St. Maria in Calanca (GR), Bedachung neues Gemeindehaus
an eine oder zwei Gemeinden in Bergregionen überreicht. 2001 Fuldera (GR), Bedachung Gemeindehaus
Valendas (GR), Bedachung Umbau und Erweiterung Schulanlage
Der Betrag wird für infrastrukturelle Bauten und Anlagen
2002 Baumgartenalp / Linthal (GL), Bedachung Alpgebäude Baumgartenalp
eingesetzt, bei denen Faserzementprodukte verwendet
2003 Eriz (BE), Sanierung und Erweiterung der Schulanlage
werden. Die 1940 gegründete Non-Profit-Organisation
2004 Gordola (TI), Fassadensanierung Altersheim Casa Solarium
bietet Gewähr für eine seriöse Abklärung und stellt sicher, 2005 Rüti (GL), Dachsanierung Schulhaus
dass dort investiert wird, wo begründeter Bedarf besteht. 2006 Matt (GL), Neubau der Heuloch-Rinderhütte im Krauchtal
«Speziell bei der Eternit ist», so erklärt Geschäftsleiterin Gadmen (BE), Dachsanierung Schulhaus
Barbla Graf, «dass die Firma nicht einfach den Scheck 2007 Schwellbrunn (AR), Erweiterung Schulhaus Sommertal und
Anpassung der Sportanlagen
schickt, sondern ihn persönlich überreicht und den Kon-
2008 Ausserberg (VS), Schulhaussanierung
takt zu den Gemeindevertretern vor Ort sucht.» So lernt
2009 Frasco (TI), Lawinenschutz-Unterkunft
die Eternit (Schweiz) AG die Sorgen und Freuden der
Bergler kennen – wie dieses Jahr in Frasco. Die Schweizer Patenschaft für Berggemeinden unterstützt Infrastruktur-
Michael Hanak projekte in finanzschwachen Schweizer Berggemeinden bei einem jährlichen
Budget von rund 20 Millionen Schweizer Franken.
www.patenschaftberggemeinden.ch
St. Anton am Arlberg, mitten in den Lechtaler Alpen ge- Als hauptsächliches Bekleidungsmaterial benutzten die
legen, ist vor allem als Wintersportort bekannt – einigen Architekten weisse Faserzementplatten, «wegen ihrer gu-
ist vielleicht die Alpine Skiweltmeisterschaft 2001 noch in ten Witterungsbeständigkeit gegen die erschwerten Tiroler
Erinnerung. In den letzten 100 Jahren durchlief die Berg- Wetterbedingungen», wie Jan Schröder von AllesWird-
gemeinde eine enorme Entwicklung hinsichtlich des Win- Gut erläutert. «Weiss wählten wir wegen der grundsätz-
ter- und auch des Sommertourismus. Zur Erschliessung lich freundlichen Ausstrahlung und als Widerspiegelung
trugen die Arlberg-Passstrasse, seit 1884 der Bahntunnel der verschneiten Tiroler Berggipfel.»
und seit 1978 der Strassentunnel durch den Arlberg bei. Der ebenerdige, kompakte Baukörper steigt an der
Die aus mehreren Ortsteilen bestehende, flächengrosse Nordostecke auf zwei Geschosse an, um die Bauhöhen
Gemeinde zeigt die typischen Symptome eines Touris- der umliegenden Gebäude aufzunehmen und einen ge-
musortes: architektonisches Tohuwabohu, dörfliche Tra- deckten, witterungsgeschützten Eingang auszubilden.
dition vermischt mit urbanem Flair. Oft ist vom «Welt- Man ist versucht zu sagen, der Bau bäume sich auf, zumal
Dorf» die Rede. Erst in den letzten Jahren profiliert sich das vorkragende Obergeschoss von drei willkürlich ge-
die Berggemeinde durch qualitativ hochstehende zeitge- setzten dünnen «Baumstämmen» getragen wird. Vom Fo-
nössische Architektur. yer ausgehend zieht sich ein Erschliessungsgang, der auch
Der neue Kindergarten am Ortsrand, den das Wiener die Garderoben aufnimmt und von oben mit Tageslicht
Architekturbüro AllesWirdGut plante, fällt seiner polygo- durchflutet wird, quer durch das ganze Gebäude. Auf der
nalen Form wegen auf. Die äussere Erscheinung des Neu- nördlichen Seite dieser Achse liegt eine Aula, die auch als
baus scheint an diesem Ort zunächst ungewohnt: Kein Gymnastikraum genutzt wird. Auf der südlichen Seite
Satteldach, sondern ein Sheddach, kein Holzbau, sondern sind die drei Gruppenräume mit gangseitigem Sanitärbe-
eine Eternit-Fassade. Beim genaueren Hinsehen passt die reich mit ihren Panoramafenstern gegen den Garten aus-
gezackte Dachlinie zum Gebirgshorizont. Die unteschied- gerichtet. Zwischen die Gruppenräume sind Spielbereiche
lich grossen Fassadenplatten erinnern an ein Mauerwerk eingeschoben, welche die Gangachse mit dem Garten ver-
aus Bruchsteinquadern mit verschieden hohen Schichten. binden. Diesen Spielbereichen, die wie gedeckte Aussen-
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Die versetzt verlegten
Eternitplatten mit unter-
schiedlichen Formaten
erinnern an das im alpi-
nen Raum verbreitete
Bruchsteinmauerwerk.
bereiche stellenweise mit Kiesbelag gestaltet und weder sind. Nicht massive Fensterrahmen, sondern naturbelas-
gedämmt noch beheizt sind, verlieh das Büro AllesWird- sene Holzlatten fassen diese Öffnungen ein. AllesWird-
Gut besondere räumliche Qualitäten. Sie reichen bis un- Gut-Architekten schufen mit der vielgestaltigen Gebäu-
ter die höchsten Stellen des Sheddachs, wo die Nachmit- deform, der «vielschichtigen» Fassadengestaltung und der
tagssonne eingefangen wird. Auf der Galerie ragen Räume räumlichen Vielfalt einen gelungenen Ort der Entfaltung.
vor, die wie Baumhäuser geschlossen und mit runden Michael Hanak
Ausgucklöchern versehen sind. Sie werden von den
Gruppenräumen aus erreicht und sind den Kindern will-
kommene Rückzugsbereiche. Durch die Bullaugen sehen
die Drei- bis Sechsjährigen in Räume hinein, die jenseits Standort St. Jakober-Dorfstrasse 100, St. Anton am
bereiche nahtlos in den Garten über, alles differenziert zo- Bauherrschaft Gemeinde St. Anton am Arlberg
niert und gestaltet – wie ein Erlebnispark. Architekten AllesWirdGut Architektur ZT GmbH,
An diesem Kindergarten im österreichischen Bergtal ist Wien; Karl Gitterle, Landeck (Bauaufsicht)
alles etwas anders. Die räumliche Organisation weicht Bauzeit 2003 – 2004
vom Standardprogramm ab und schafft eine spannende Fassadenbau Gerhard Walser GmbH Dachdeckerei,
1 Faserzementplatte 8 mm
2 Hinterlüftung
3 Wärmedämmung, extrudierter Polystyrol
4 Stahlbeton
5 Blechhochzug, gekanteter Edelstahl
6 Selbstklebende Abdichtungsfolie
7 Hohlraum
8 Stahlwinkel
9 Gipskarton-Vorsatzschale
10 Gewaschener Rundkies
11 Abdichtung Elastomerbahn, zweilagig
12 Bituminöse Dampfbremse, Voranstrich
Längsschnitt 1: 500
Obergeschoss
Erdgeschoss
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ARCH 153 BAUEN IN DEN BERGEN 13
Umbau und Erweiterung des Carlton Hotels, St. Moritz
Touristisches Bergmassiv
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All-In-One-Hotel «Inn Lodge», Celerina
Urbanes Wohnen in den Bergen
3. Obergeschoss 1: 500
sind. Jedes Haus hat dreieinhalb Zimmer auf 58 Quadrat- Dachdecker Karl Burkhardt + Sohn AG, Thusis
Dachmaterial DACHSCHIEFER NATURA, grau N 6510
metern und ist auf sechs Personen ausgelegt. Es verfügt
über ein Wohn- / Esszimmer, in dem eine Doppelauszieh-
couch eingerichtet ist, zwei Schlafzimmer mit je zwei
Betten, Dusche und WC. Fernseh-, Radio- und Internet-
anschlüsse sind vorhanden. Die Terrasse, auf der Tische
und Bänke bereitstehen, bietet eine prächtige Aussicht auf
die gegenüberliegende östliche Talseite, das Domleschg.
Die 21 äusserlich identischen Ferienhäuser, die an Mai-
ensässe erinnern, bilden eine geschlossene Einheit. Zum
resortartigen Charakter tragen nicht zuletzt die gemein-
same Rezeption und der Waschsalon bei, die sich in der
oberhalb gelegenen Talstation des Skilifts befinden, wo
auch ein Restaurant, ein kleiner Laden und ein Ski-Ver-
leih untergebracht sind. Doch anders als die traditionellen
Maiensässe, die für den sommerlichen Viehweidebetrieb
gebaut wurden, werden die Resort-Häuschen möglichst
Grundriss 1: 200
das ganze Jahr hindurch genutzt. Sie können wochen-
weise gemietet werden. Michael Hanak
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Ferienhaus, Braunwald
Moderne alpine Bautradition
Das Zürcher Architektenpaar Margrit Althammer und fern eingedeckt, wie sie sich dank ihrer Dauerhaftigkeit
René Hochuli hat sich im autofreien Bergkurort Braun- beim Bauen in den Bergen seit langem bewähren.
wald am Klausenpass ein Feriendomizil geschaffen. In sei- Seine einfache, klare und funktionale Gliederung über-
ner schlichten Funktionalität steht der Bau ganz in der nimmt das Ferienhaus von klassisch-modernen Vorbil-
Tradition der Moderne und knüpft gestalterisch an die dern, wie sie bekannte Zürcher Architekten in den Nach-
1920er und 1930er Jahre an. kriegsjahren in Braunwald errichtet haben: Hans Leuzin-
Zunächst erwarben die Architekten einen 150 Jahre al- ger, Egidius Streif oder Ernst Gisel. Der Eingang führt
ten Heugaden oberhalb des Dorfkerns, dessen Umbau durch das unbeheizte Sockelgeschoss durch den Skiraum,
sich allerdings nicht lohnte. Stattdessen rissen sie den bau- der zugleich als Remise dient; eine einfache Treppenflucht
fälligen Stall bis auf seine ursprünglichen Grundmauern lenkt entlang der Rückfassade nach oben ins Wohnge-
ab und errichteten auf dem historischen Bruchsteinsockel schoss. Dieses besteht aus einem einzigen grossen Raum,
eine zeitgemässe Holzkonstruktion. an den hangseitig eine geräumige Küche mit Durchreiche
Sechs auf neun Meter misst das Grundrissrechteck des anschliesst. Das Obergeschoss dient als Schlafbereich:
originalen Ökonomiebaus; zwei einfache Mauerwinkel Drei Zimmer mit maximal sechs Betten liegen nebenein-
aus Bruchsteinen begrenzen es auf den Schmalseiten senk- ander an der Südfassade; ein Badezimmer mit Dusche
recht zum Hang. Die beiden parallel zum Hang verlau- und separatem WC sowie ein begehbarer Einbauschrank
fenden Längsfassaden gliedern sich klar in eine der Sonne
zugewandte, offene Talfront und eine geschlossene hang-
wärtige Rückseite. Diese Raumordnung behielten die Ar-
chitekten auch bei der Nutzung als Wohnhaus bei. Da-
durch, dass die Zufahrt zum vormaligen Heuschober
hangseitig angelegt war, besteht zwischen dem Gebäude
und dem steil ansteigenden Gelände im Rücken ein gross-
zügiger Freiraum. Im Sommer dient dieser nun als schat-
tiger Aussensitzplatz. Eine «Sommertüre» und eine breite,
bewegliche Trittleiter mit drei Stufen verbinden ihn direkt
mit der Küche im Hochparterre. Die neue Holzelement-
Konstruktion liegt auf den historischen, mit einer Beton-
schwelle verstärkten Bruchsteinmauern. Errichtet wurde
das Haus mit dem Helikopter in nur einem Tag: In 58 Flü-
gen gelangten die fertigen Bauteile vom Talboden auf die
Alpterrasse in 1400 Metern Höhe. Zwei Monate später
waren auch der Innenausbau und die äussere Verkleidung
– alles aus einheimischem Lärchenholz – vollendet.
Gedeckt ist das Haus – dem Vorgängerbau und den Nach-
barbauten entsprechend – mit einem schlichten Sattel-
dach. Dieses ist mit kleinformatigen, grauen Eternitschie-
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Sonne in die Wohnung, um den Heizaufwand gering und Beim Bauen in den Bergen gelten spezielle Entwurfsparameter im Zusammenhang mit der
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das Haus stets warm zu halten. Anna Schindler Topographie, der Erreichbarkeit, den klimatischen Bedingungen sowie dem Bauen in na-
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turnaher Umgebung. In unserem Fall spielt das Verhältnis vom Haus zum landwirtschaft-
lich bewirtschafteten Kontext sowie zum Aussenraum eine besondere Rolle.
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Was zeichnet dieses Verhältnis zum Aussenraum aus?
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Ein wesentliches Merkmal in unserem Projekt ist der nicht gestaltete Aussenraum. Die
Alpwiese reicht allseitig an den Steinsockel des Hauses heran. Im Sommer mäht der Bauer
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das Gras bis an die Mauern – entsprechend platzieren wir unsere Gartenutensilien wie
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Tisch und Liegestühle frei auf der gemähten Fläche. Ein zweites, zentrales Element stellt
der eingezogene Aussenraum dar, der sich im Erdgeschoss in Form einer schmalen ge-
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deckten Alkove über die ganze Länge des Gebäudes zieht. Dieser Aussenbereich ist mit
Steinplatten des ursprünglichen Gadens belegt und bildet im Winter eine geschützte Vor-
zone vor dem Haus, im Sommer einen Sitzplatz nahe am Innenraum. Ein dritter, tempo-
rär nutzbarer Aussenraum ist der rückwärtige Sitzplatz auf der ehemaligen Rampe zum
Heuschober. In den warmen Monaten wird er durch eine breite «Sommertüre» erschlos-
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Obergeschoss 1: 200 sen und damit zu einem Teil des Wohnraums; im Winter verschwindet die stulpschalen-
verkleidete Türe komplett in der Fassadenstruktur.
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Wo zeichnen sich die speziellen Bedingungen des Bauens in den Bergen in der
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Unser Ferienhaus ist ein einfacher Bau mit einem pragmatischen, funktionalen Grundriss,
einfachen Strukturen, einer klaren Orientierung der Räume und einer logischen Exposi-
tion. Diese war bereits durch den Steinsockel des Vorgängerbaus vorgegeben. Sie folgt der
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Topografie und richtet sich nach Süden, zur Sonne hin – die in den Bergen für das Innen-
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raum- und Hausklima wesentlich prägender ist als im Unterland. Es sind dies logische,
Erdgeschoss
direkte Entscheidungen, die das Ferienhaus in seiner Einfachheit prägen und nicht reprä-
sentativen Zwecken dienen.
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nutzt werden. Die Verarbeitungsweisen von Holz sind aus kulturellen Gründen sehr viel-
fältig. Deshalb hat sich diese Bauweise als solide und beständig bewährt. Es gibt in Braun-
wald Beispiele von 80-jährigen Stulpschalungen aus sägerohen Tannenbrettern, die nach
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wie vor intakt sind. Das sind einfachste, dauerhafte und auch wirtschaftliche Anwendun-
11 gen von Holz. Heute ermöglichen moderne Produktionsverfahren eine hightechartige
12 Verarbeitung. In unserem Fall erwies sich die Vorfabrikation und Elementbauweise in
8 9 10 Holz deshalb trotz der Helikoptermontage als wirtschaftliche, technisch fortschrittliche
und nachhaltige Lösung. In diesem Sinne haben wir versucht, tradierte und moderne
Holzverarbeitungen und Holzanwendungen zu kombinieren.
Vertikalschnitt Traufe 1: 20
Das Dach Ihres Hauses aber ist mit Faserzementplatten belegt. Weshalb haben
1 Faserzementplatte 5 mm, Dreifachdeckung
Sie dieses Material gewählt?
2 Dachlattung
3 Konterlattung 80 × 100 mm, im Bereich des Dachvorsprungs Die Gemeinde Braunwald setzt sich für eine «neutrale» Gestaltung der Dächer ein. Der
auskragend
4 Unterdachbahn
Eternitschiefer hat sich, wie Holz als Baustoff, in ganz Braunwald seit Jahrzehnten als
5 Grobspanplatte Dachbelag bewährt. Auch dies war aber nicht primär ein gestalterischer, sondern ein prag-
6 Fusspfette, Furnierschichtholz
7 Vordachuntersicht Lärche matischer Entscheid.
8 Sparren 100 × 280 mm, Wärmedämmung Interview von Anna Schindler
9 Dampfbremse
10 Dreischichtplatte 27 mm Lärche
11 Fassadenschalung, Stulpschalung in sägeroher Lärche
12 Rahmenfries und Aufdoppelung in Lärche, geschützt durch
Kupferblechabdeckung
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Das mitten im wunderschönen Rebberg Balavaud in Vé- und in der Küche. Dasselbe gilt für die Böden: ein ge-
troz gelegene Haus ist von der traditionellen Walliser wachster Belag in den Zimmern, während im Wohnzim-
Wohntypologie geprägt. Ein aus Lärchenbohlen erstellter mer der ursprüngliche Boden beibehalten wurde.
Hausteil überlagert den Sockel aus Bruchsteinmauerwerk. Claude Fabrizzi, Laurent Savioz
Im unterirdischen Teil befindet sich der Weinkeller. Die
Schlafzimmer sind im Zwischengeschoss, die Tagesräume
im oberen Teil des Gebäudekörpers angeordnet.
Das Besondere an diesem Wohnhaus ist der Mix beim
Trägermaterial. Die unverputzten Natursteinfassaden und
die original belassenen Bohlen unterstreichen den Gebäu-
decharakter, und die an der Fassadenaussenseite ange-
brachten neuen Fenster betonen die massive Anmutung
des Sockels. Im Innern ist das Haus vollständig isoliert,
wobei die Wandverkleidungen die Beschaffenheit der Fas-
sadenmaterialien aufnehmen: Lärchentäfelung im Wohn-
zimmer, zementgebundene Spanplatten in den Zimmern
Claude Fabrizzi und Laurent Savioz, Ihr Büro hat mehrere Gebäude in
gebirgiger Umgebung realisiert. Was bedeutet für Sie das Bauen in den
Bergen?
Bauen in den Bergen heisst, mit der Natur zu bauen, denn dort sind natürli-
che Elemente weit stärker präsent als beispielsweise in einer urbanen Umge-
bung. Bei allen unseren Projekten sind wir bestrebt, den lokalen Bedingungen
Rechnung zu tragen. Der Einbezug der Topografie, die Inszenierung der
Landschaft und die Hervorhebung des kulturellen Erbes sind häufig Teil un-
serer Projekte. Sie alle zeichnen sich durch den Dialog mit ihrer Umgebung
aus.
Wie gehen Sie mit den überlieferten Bautraditionen um, und wo sehen
Sie Innovationsmöglichkeiten?
Der Fortbestand der Baukultur ist wichtig. Dennoch scheint uns die Erhal-
tung der historischen Substanz als einziges Ziel fragwürdig. Wie im Fall des
Wohnhauses Germanier erlauben es geeignete Sanierungsvorschläge, ein Ge-
bäude den Bedürfnissen der Zeit anzupassen und den kulturellen Rahmen,
mit dem es in Beziehung steht, zu respektieren.
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Lärchentäfer kleidet
den aus Holzbohlen
bestehenden Hausteil
aus, zementgebundene
1 Faserzementplatte 5 mm, Dreifachdeckung Spanplatten decken
2 Zementgebundene Holzspanplatte 18 mm die Bruchsteinmauern
3 Dachlattung ab.
4 Hinterlüftung, Konterlattung 40 × 60 mm
5 Unterdachbahn
6 Fichtenbretter
7 Schiftung
8 Wärmedämmung, Mineralwolle
9 Dampfbremse
10 Installationsraum
11 Bestehendes Natursteinmauerwerk
12 Abdeckung, Edelstahl
13 Spanplatten
Naturgrau N 6510
Innenausbau Astori Frères, Bramois
Material Innenausbau CEMSPAN, Naturgrau
Nicht alle Bewohner wandern aus den abgelegenen Berg- Fassadenbekleidung kam deswegen nicht in Frage», er-
dörfern ab – dies beweist die demographische Entwick- klärt Projektleiterin Anja Sturzenegger, Mitarbeiterin des
lung Curaglias, das Kerndorf der politischen Gemeinde Architekturbüros Werner Mattle in Chur. «Um nahe an
Medel; das auf 1332 Meter über Meer am Weg zum Luk- der Thematik der umliegenden traditionellen Bauten zu
manierpass gelegene Dorf ist in den letzten Jahren stetig bleiben, zugleich jedoch einen modernen Akzent zu set-
gewachsen. zen, entschieden wir uns zusammen mit der Bauherr-
Eine junge Familie errichtete mitten im Dorf, neben schaft bald für rote, grossformatige Eternitplatten.»
dem Elternhaus ihr eigenes Wohnhaus. Es entstand an der Das kompakte Wohnhaus fügt sich in das bäuerliche
Stelle des nicht mehr benötigten Stalls. Lage, Grundfläche Dorfbild ein und führt die enge Siedlungsstruktur fort. Es
und Firstrichtung gab das Stallgebäude vor, so verlangte ist ein vorbildliches Beispiel der Siedlungsverdichtung
es der Ortsbildschutz. Auf der zur Verfügung stehenden nach innen. Und die Ausführung mit Sichtbeton und
Fläche wurden die Räume kompakt organisiert: oben Eternitplatten bringt zum Ausdruck, dass einfühlsames
Wohnräume und Küche, unten die Schlafräume. Ein Ver- Weiterbauen in den Bergdörfern eine zeitgemässe Gegen-
bindungsgang verknüpft den Neu- mit dem hangabwärts massnahme gegen die Abwanderung darstellt.
gelegenen Altbau. Die Schlafräume im unteren Geschoss Michael Hanak
des Neubaus liegen auf demselben Niveau wie die Räume
des oberen Geschosses im Elternhaus. Dies ermöglicht Standort Via Lucmagn 34, Curaglia
mehr Flexibilität: Gegenwärtig benutzt die fünfköpfige Bauherrschaft Gabriel und Maria Venzin-Marty,
Familie ein Kinderzimmer sowie ein Gästezimmer im Curaglia
umgebauten Elternhaus. Architekten Werner Mattle GmbH, Chur; Werner
Das neue Haus übernimmt die Typologie des alten: Es Mattle, Anja Sturzenegger, Erich Jäger
handelt sich ebenfalls um einen Holzbau auf einem mas- Bauzeit 2008 – 2009
siven Sockel, der hangseitig nach oben gezogen ist. Beim Bauleitung Linus Maissen, Disentis
Neubau wählten die Architekten moderne Materialien: Fassadenbau Constructa-Bau AG, Chur
Beton für den Sockel und Eternitplatten für die Verklei- Fassadenmaterial SWISSPEARL® CARAT, Rubin 7030
dung des Holzbaus. «Aufgrund der engen Bauabstände
gab es strenge Auflagen der Feuerpolizei. Eine brennbare
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10 11 2 12 11
4 4 13 7
4 1
7 2
8 3
9
Curaglia 4
Curaglia
Mst: 1:500 5
Vertikalschnitt Traufe 1: 20
6
Mst: 1:500
1 Faserzementplatte 8 mm
00 2
3
4
Hinterlüftung
Windpapier
Wärmedämmung Mineralwolle
5 Beton 180 mm
6 Feuchtigkeitssperre
7 Dreischichtplatte
8 Installationsebene 45 mm
9 Gipskartonplatte 15 mm
10 Blechdach mit Trennlage
11 Massivholzschalung, mit Nut und Kamm
12 Unterdachbahn
13 Dampfbremse, Installationsraum
Ganz in Holz und mit einem Eternitdach präsentiert sich Obergeschossen der Schmalseiten mit Lamellen ausgebil-
das neue Mehrfamilienhaus mitten in Bürglen. Das Dorf det. Von nahem betrachtet entdeckt man eine Modulie-
liegt am Rand des felsigen Reusstals und am Eingang des rung: Die drei Zentimeter breiten Holzlamellen stehen
wilden Schächentals, durch das die Klausenpassstrasse abwechslungsweise um drei Zentimeter verschieden weit
führt. Der Heimatort Wilhelm Tells gilt als eine der ältes- vor. Mit der Auskragung über dem Erdgeschoss und der
ten Siedlungen im Kanton Uri. Im Dorfkern vermitteln feingliedrigen Struktur interpretieren die Architekten die
historische Häuser aus Holz und Stein noch heute den regionaltypischen Lauben. Das Dach ist als fünfte Fassade
Eindruck eines intakten Bergbauerndorfs. flächig behandelt und ohne Dachvorsprünge ausgeführt:
Der freistehende Neubau knüpft an diese ländliche, al- Es handelt sich um ein Integraldach mit Eternitschiefern.
pine Stimmung an: auf einem massiven Unterbau zwei Besondere Merkmale des Hauses sind die fünfeckige
Hauptgeschosse mit Holzfassaden, darüber ein Sattel- Grundfläche und das gestufte Dach mit einer Art Lukar-
dach. Obwohl die ortsüblichen Voraussetzungen über- nen. Zum einen gab die geplante Quartierstrasse die Bau-
nommen werden, wirkt die Ausgestaltung alles andere als liniengrenzen vor; zum anderen musste sich die vom Bau-
traditionell. Die ausführenden Architekten – die Büros herr gewünschte Dachwohnung nach der Regel richten,
Steiger & Kraushaar sowie HTS im bewährten Zusam- dass die Aufbauten über der vorgegebenen Kniestockhöhe
menspiel – formten einen monolithischen Felsblock und maximal ein Drittel der Fassadenlänge betragen dürfen.
verkleideten ihn mit Holz. Die Holzschalung besteht aus Beides lässt sich also als kreativer Umgang mit Sachzwän-
Douglasie; sie ist an den Breitseiten flächig und an den gen bezeichnen. Michael Hanak
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Holzhaus mit Sattel-
dach und Lukarnen:
alpine Bautraditionen
neu interpretiert.
Ra um hö he
ca . 1 .6 0m
Gard ero be Gard ero be
Kü che s ieh e a uch s pez . Pl an
Gard ero be
Obergeschoss Dachgeschoss
Erdgeschoss 1: 500
1 2 3 4 5 6 7 1 Faserzementplatte 8 mm
Standort Klausenstrasse 144a, Bürglen
2 Dachlattung
3 Hinterlüftung, Konterlattung Bauherrschaft Paul und Johanna Arnold-Planzer,
4 Unterdachbahn
5 Holzwerkstoffplatte
Bürglen
6 Wärmedämmung Architekten Architektengemeinschaft Steiger & Kraus-
7 Dachrinne
8 Lattung, Installationsebene haar, Meggen, und HTS Architekten + Partner AG,
9 Gipskartonplatte Altdorf
10 Holzlamellen
11 Holzwerkstoffplatte mit Hinter- Bauzeit 2008
lüftungsöffnung
10 Bauunternehmung Robert Gamma AG, Schattdorf
12 Hinterlüftung
11 13 Beton Holzbau und Fassade Gotthard Holzbau GmbH,
5 8 9
12 Schattdorf
6 Dachdecker Toni Gisler AG, Erstfeld
13 Dachmaterial INTEGRAL PLAN, Vulcanit N 6510
Vertikalschnitt Traufe 1: 20
Sechseckig ist das Haus und zweifach umhüllt: mit dem Sicht- und Fassadenschutz und dem rot durchschimmern-
den Wetterschild. Ein feines Spiel mit neu interpretierten Motiven alpiner Architektur.
28
ARCH 153 BAUEN IN DEN BERGEN 29
Die Faserzementplatten Das Haus steht am Fusse des Flüela-Passes, am Spinne-
in sattem Carat-Rot
kontrastieren ange-
lenweg in Davos Dorf. Erschlossen wird es von Norden,
nehm zum hellen Holz. ebenerdig gegen Süden öffnet sich der Wohn- und Essbe-
reich, im Obergeschoss liegen die Schlafräume. Die Haus-
mitte markiert ein gläsern gefasstes Treppenhaus, das dem
Geborgenheit vermittelnden, in sich gekehrten Bau eine
unerwartete Weite verleiht.
Entgegen dem Sprichwort des weichen Kerns in rauer
Obergeschoss 1: 500 Schale, das auf unerwartet feinfühlige Menschen gemünzt
ist, wartet das Haus am Spinnelenweg aussen mit einer
feingliedrigen, spielerisch wirkenden Palisadenwand auf.
Diese besteht aus rechtwinklig zur Fassade angeordneten
Trägern in Fichte. Von dieser Wand physisch unabhängig
findet sich der eigentliche Wetterschutz nach innen ver-
setzt; es ist Letzterer, der sich hinaufzieht und zum Sattel-
dach wird. Wände und Dach sind mit Faserzementplatten
verkleidet, die mit ihrem satt wirkenden Farbton in dunk-
lem Carat-Rot angenehm zum hellen Holz kontrastieren.
Die Verschachtelung der Hüllen führt zu überraschenden
Einsichten, während abends, wenn die Lichter angehen,
das leuchtende, beinahe mit einem Lampion vergleichbare
Erdgeschoss Volumen dem Betrachter kaum Einblick in das Innenle-
ben erlaubt.
Nur an der Südfassade öffnet sich eine Glasfront, Lie-
1 5 6 7 8
gestühle stehen auf der Terrasse. Der Umstand, dass die
äussere Hülle den Baukörper west-, nord- und ostseitig
1 Faserzementplatte 8 mm verpackt und nur gegen Süden die Veranda eine Öffnung
2 Hinterlüftung, Vertikallattung 30 mm darstellt, erinnert an die Davoser Liegeterrassen der Sana-
3 Glaswollplatte, Metallunterkonstruktion
200 mm torien des frühen 20. Jahrhunderts wie sie etwa Rudolf
4 Beton 180 mm
1 Gaberel hier mehrfach gebaut hatte. Man könnte auch sa-
5 Dachlattung 30 mm
2 6 Hinterlüftung, Konterlattung 100 mm gen, indem die äussere Umklammerung den Bau wetter-
7 Unterdachfolie
3
8 Furnierschichtplatte
seitig umfasst, ist sie ähnlich einer Lawinenverbauung
4 9 Rippen 320 mm, Mineralwolle konzipiert. Nur ist diese Klammer ein durchlässiger
10 Grobspanplatte
11 Dampfbremse Kamm und nicht eine undurchdringliche Wand.
9 10 11 12 13 12 Lattung, Installationsebene 30 mm Inge Beckel
13 Gipskartonplatte
Vertikalschnitt Ort 1: 20
30
ARCH 153 BAUEN IN DEN BERGEN 31
Petit-Lancy, 2002
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Spreitenbach, 2002
Die Stadt machen nicht die grossen und eindrucksvollen Monumente wesen gleiches Anrecht auf Selbstverwirklichung und Selbstdarstel-
aus, die auf den Werbebroschüren und auf den Postkarten abgebildet lung. Und da jeder Bürger und Stadtbewohner anders sei als sein
werden, sondern die einzelnen Quartiere mit ihrem Kontinuum von Nachbar, müsse die Stadt mit unterschiedlichen Architekturformen
Wohnhäusern, die alles andere sind als merkwürdig. Im Gegenteil de- die Verschiedenartigkeit ihrer Lebensweisen und Kulturen widerspie-
klinieren sie facettenartig jene Normalität, auf welcher die Lebensfä- geln. Das Ergebnis dieser Haltung ist ein Durcheinander von Formen,
higkeit und Lebensqualität einer Stadt viel eher gründet als auf Sehens- das jegliche Verständlichkeit und Dialogfähigkeit verliert. So wie un-
würdigkeiten. terschiedliche Menschen unterschiedlicher Kulturen nur dann wirk-
Einer derart beschaffenen Normalität scheint sich die neue städti- lich zusammenleben, wenn sie miteinander in einen produktiven Dia-
sche Gesellschaft zu widersetzen: Als Mediengesellschaft ist sie daran log treten, so ist die Stadt der Moderne nur dann die Stadt des tole-
gewohnt, dass sich unentwegt etwas ereignet, und verlangt ständig ranten Zusammenlebens, wenn sie diesem Zusammenleben brauchbare
aufeinanderfolgende Ereignisse auch der Stadt ab. Dabei übersieht sie, Orte bietet und architektonischen Ausdruck verleiht. Diese Orte und
dass das Leben meistens gerade dann schön ist, wenn nichts passiert. dieser Ausdruck werden jedoch nicht die arithmetische Addition der
Und wenn Zeit bleibt, um spazierenzugehen, um nachzudenken, um Verschiedenheiten sein können und auch nicht ihr kleinster gemein-
zu lesen, um zu lieben. Nicht viel anders ist die Stadt schön (und le- samer Nenner. Vielmehr müssen sie den Freiraum versinnbildlichen,
benswert), wenn in ihrer Architektur nichts passiert. Und vor ihrem der den Einzelnen gewährt wird, damit sie sich individuell entfalten
stillen, diskreten Hintergrund das Leben sich umso unbeeinträchtig- und kollektiv zusammenwirken können.
ter entfalten kann. Der individuellen Entfaltung eröffnen neuerdings die neuen In-
Ein weiteres, gewichtigeres Argument bescheinigt einer normalen formationstechnologien in unerwartetem Mass neuen Raum: vom
Stadtarchitektur ihre vermeintliche Untauglichkeit für die moderne Handy bis zur Chatline im Netz. Die kollektive, gesellschaftliche Di-
Stadtgesellschaft. Deren Pluralismus, so lautet einer der Lieblingsre- mension hingegen obliegt immer noch und vielleicht noch mehr der
frains zeitgenössischer Stadtplanung, verlange nach Vielfalt. Jeder Stadt. Sie muss die Möglichkeiten bieten und die Anreize schaffen, da-
Bürger, jeder Stadtbewohner habe in einem demokratischen Gemein- mit die vielfältigst miteinander vernetzten Nomaden des telematischen
Zeitalters das unterhaltsame Abenteuer des menschlich unverbindli- solche besteht sie aus Schichtungen und Erweiterungen urbaner Teile,
chen Kontaktes auf eine andere, bedeutsamere Stufe überführen und die in Jahrzehnten und Jahrhunderten aufeinander gefolgt sind. Mit-
Formen der Gemeinschaft erproben und ausleben können. Und sie hin trägt sie zwar unterschiedliche architektonische Züge. Doch sind
muss dieser Solidarität die visuelle Begründung liefern. diese Züge in sich nicht nur geschlossen, sondern zumeist auch ano-
Ihr Grundmotiv ist jenes der Normalität, der Einfachheit, der nym: generiert aus der Wiederholung dessen, was in verschiedenen
Zurückhaltung, der Uniformität, der Anonymität. Bereits vor 1900 Epochen als gut befunden und empfunden wurde. Collage City, das
mahnte Hendrik Petrus Berlage, die Schlüsselfigur in Hollands mo- weitverbreitete Ideal der 1970er und 1980er Jahre, dem ein einflussrei-
derner Baukultur, für die Stadtarchitektur der neuen Epoche eine «im- ches Buch von Colin Rowe und Fred Koetter 1978 den Namen gab, ist
pressionistische» Zurückhaltung an, die allein der unaufmerksamen in der traditionellen Stadt nie das Ziel gewesen, allenfalls Ergebnis
und unsachkundigen Wahrnehmung der neuen demokratischen Mas- schroffer Wachstumsprozesse. Wenn urbane Collagen stattfanden,
sen entspreche: «Weg mit all den zeitraubenden Details, die doch waren sie tolerierte Pragmatismen, nicht künstlerische Strategie.
nicht dem Wunsch entsprechend ausgeführt werden können! Weg mit Genau dies aber wollen sie heute sein. Sowohl die Fähigkeit als
all dem, das den grossen Eindruck des Ganzen stört! Suche nur nach auch der Wille zur Harmonie scheinen in der zeitgenössischen Stadt
einigen charakteristischen grossen Flächen und begrenzenden Linien!» verloren. Jeder, der darin baut, will auffallen: als Bauherr oder als Ar-
Wenige Jahre später forderte der Kunst- und Architekturkritiker Karl chitekt. Und jeder, der auffällt, wird dafür in den Medien belohnt, die
Scheffler typologisch, aber auch ästhetisch identische Grossstadtwoh- bevorzugt das zeigen, berichten und (zumeist wohlwollend) kom-
nungen, damit sich die urbanen Nomaden, die von Metropole zu Me- mentieren, was sich ausserhalb der Norm bewegt. Die konkrete, re-
tropole oder von Stadtteil zu Stadtteil zogen, überall auf Anhieb zu- ale, gebaute Stadt selbst gerät so, wenn sie nicht schon längst den Spe-
rechtfänden. Ähnlich sollten so gut wie alle Vertreter der modernen kulanten und Geschäftemachern mit ihrer zunehmend vulgären
Bewegung in der Architektur argumentieren, von Heinrich Tessenow Durchschnittsarchitektur überlassen worden ist, zum aufgeregten
bis Ernst May, von Le Corbusier bis Ludwig Mies van der Rohe. Die Konglomerat arroganter individueller Gesten, zum Erlebnispark aus
moderne Stadt ist, zumindest in Europa, die historische Stadt; als geborgten, ja oktroyierten Emotionen.
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Chur, 2002
Doch wenn es wahr ist, dass die Stadt eine Bühne ist, sollte das Vittorio Magnago Lampugnani,
geboren 1951 in Rom, studierte
Leben auf dieser Bühne nicht in vorbestimmte Bahnen gelenkt wer-
Architektur an den Univer-
den, sondern sich in Freiheit entfalten. Wenn es wahr ist, dass die Stadt sitäten Rom und Stuttgart. Seit
1994 ist er ordentlicher Pro-
Ausdruck der höchsten Stufe gesellschaftlichen Zusammenlebens ist, fessor für Geschichte des
sollte sie nicht zum gebauten Emblem eines losgelassenen Individua- Städtebaus an der ETH Zürich,
daneben führt er zusammen
lismus geraten, sondern gerade das darstellen, was den Individuen mit zwei Partnern ein eigenes
neben dem notwendigen Spielraum den nicht minder notwendigen Architekturbüro in Mailand.
Zahlreiche Publikationen zu
sozialen Zusammenhalt gibt. Mit anderen Worten: Damit die Men- Fragen des Städtebaus.
schen sich frei ausleben können, sollte sich die Stadt bescheiden und
grosszügig zurückhalten. Joël Tettamanti, geboren 1977
in Efok (Kamerun), 1997–2001
Um somehr in einer Zeit der Bilderinflation und der Reizfülle. Die Ausbildung zum Fotografen
Epoche der Mediatisierung legt der Stadt die grosse Aufgabe nahe, als an der École cantonale d’art de
Lausanne (ECAL). Seither
Antidot eben dieser Mediatisierung zu wirken. Wer in seinem Alltag freischaffender Fotograf in
mit zahllosen Bildern konfrontiert wird, will nicht eine städtische Um- Lausanne und Les Breuleux,
zahlreiche Ausstellungen
gebung, die ihn mit ebenso zahllosen Bildern behelligt. Wer einen und Publikationen im In- und
Ausland. www.tettamanti.ch
Grossteil seiner Zeit damit verbringt, auf flimmernde Bildschirme zu
schauen, will sie nicht auch noch auf Hauswänden sehen. Und wer,
wenn er nicht gerade arbeitet oder schläft, mehr oder minder freiwil-
lig unterhalten wird, möchte vielleicht auch einmal in ein architekto-
nisches Universum der Stille, der Neutralität und sogar der Musse ein-
tauchen.
Swissbau 2010
Rudolf Stucki, dipl. Architekt HTL aus Glarus: «Durch die hinterlüftete Fas-
sade mit grossflächigen, verschiedenfarbigen Eternitplatten erhielt das Haus
nebst der langen Lebensdauer auch ein einladendes, farbbetontes Äusseres.»
Im Auftrag der Genossenschaft Alterswohnungen Näfels hat Rudolf Stucki
den Neubau mit 24 Alterswohnungen in Oberurnen entworfen. Die Vorgaben
waren ehrgeizig: Das Haus ist vollständig behindertengerecht erbaut, verfügt
über eine eigene Caféteria und erfüllt, bis auf die automatische Lüftungsanlage,
sämtliche Minergie-Kriterien. Zu den funktionalen Anforderungen kam der be-
Begehbares Origami
wusste Anspruch, ein Haus zu bauen, das farbliche Akzente setzt und die kom-
fortable Wohnqualität auch durch sein Äusseres ansprechend vermittelt.
Ins Auge springendes
Detail: Name und
Logo des Cafés im
Parterre wurden
aus den Eternitplatten
herausgefräst und
weiss hinterlegt.
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Impressum
ARCH 153 BAUEN IN DEN BERGEN
www.eternitshop.ch
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