Sie sind auf Seite 1von 21

Heiko Kirchesch

[26]
Wenn es eine erste Mendelsche Regel gibt, dann gibt es doch bestimmt auch eine
zweite Mendelsche Regel
Sicher haben Sie noch das Aufgabenblatt mit unseren
schönen Tigern!!

Sie betrachten hocherfreut und liebevoll die Ergebnisse ih-


rer Tigerkreuzung. Was nun folgt, mögen Sie vielleicht für
verwerflich halten, es sei aber hier gestattet. Die Geschwis-
tertiger Hagen und Clawdia bekommen Nachwuchs!
Übertragen Sie erst den Genotyp für die Fellfarbe in die
Kästchen, führen Sie die Kreuzung durch. Anschließend
verfahren Sie entsprechend mit dem Genotyp der Beiden
für die Augenfarbe.

a) Fellfarbe
(Hagen v. Tronje) (Clawdia)

f1

f2
26

b) Augenfarbe
(Hagen v. Tronje) (Clawdia)
f1

f2
Heiko Kirchesch

[27]
Mustererlösung für die Tiger Teil zwei

Sie betrachten hocherfreut und liebevoll die Ergebnisse ihrer Tigerkreuzung. Was nun folgt
mögen Sie vielleicht für verwerflich halten, es sei aber hier gestattet. Die Geschwistertiger
Hagen und Clawdia bekommen Nachwuchs!
Übertragen Sie erst den Genotyp für die Fellfarbe in die Kästchen, führen Sie die Kreuzung
durch. Anschließend verfahren Sie entsprechend mit dem Genotyp der Beiden für die Augen-
farbe.

a) Fellfarbe
(Hagen v. Tronje) (Clawdia)
f1 Bw Bw Legende:
Fellfarbe
braun  B
weiß  w
B w B w

f2 BB Bw Bw ww

braun braun braun weiß

Legende:
b) Augenfarbe Augenfarbe
bernstein  b
hellblau  h
(Hagen v. Tronje) (Clawdia) 27

f1 – Generation
p bh bh
(Köperzelle)

b h b h

f12 – Genera- bb bh bh hh
tion (Köper- Bernstein schün
zelle)
Genotyp
bernstein- schlamm- schlamm-
farben farben farben hellblau
Heiko Kirchesch

[28]
Sie sehen, dass die Nachkommen der zweiten Generation (f 2) nicht mehr gleich sind. Auch
gibt es Unterschiede zwischen dem dominant-rezessiven und dem intermediären (zwischen-
elterlichen) Erbgang.

Gregor Mendel hat sehr viele dieser Kreuzungsexperimente gemacht und ausgewertet. 17

In der zweiten Nachkommensgeneration sind die Nach-


kommen in Bezug auf das beobachtete Merkmal nicht
mehr alle gleich, sondern der Phänotyp spaltet sich in
einem bestimmten Verhältnis auf:
beim dominant – rezessiven Erbgang im Verhältnis 3 : 1
beim intermediären Erbgang im Verhältnis 1 : 2 : 1.

Bei einem dominant-rezessiven Erbgang mag Gregor Mendel zu folgendem Ergebnis ge-
kommen sein:
Es gab 1048 Nachkommen in der f2 – Generation, davon waren 802 rot und 246 weiß.
Nach seiner Regel hätten es jedoch bei einem dominant-rezessiven Erbgang 786 rote und
262 weiße Tulpen sein sollen!! Was hat Mendel gemacht? Tja, man konnte es tatsächlich in
einigen Fällen nachweisen, dass er die Zahlen geschönt hat.
Doch dies war vollkommen unnötig!
Die vier Nachkommen, die wir bei den Kreuzungsexperimenten immer sehen, sind
vier mögliche Nachkommen, weil es eben bei jeweils zwei Keimzellen vier mögliche
Kombinationen gibt.
Nehmen wir an, Sie würden ein Kreuzungsexperiment mit Elefanten machen, die Erbanlage
für lange Stoßzähne sei dominant (L) und die Erbanlage für kurze Stoßzähne sei rezessiv.
Für die f2 – Generation ergeben sich damit folgende vier mögliche Nachkommen:
LL Lk LL kk 28
lang lang lang kurz
Aber eine Elefantenkuh hat sehr selten eine Zwillingsgeburt und bekommt sicher nie Vier-
linge. Was Sie aus dem Kreuzungsschema ableiten können, das ist die Wahrscheinlichkeit
für ein Kalb mit langen Stoßzähnen (3 von 4 Möglichkeiten = ¾ = 0,75 = 75 %) oder für ein
Kalb mit kurzen Stoßzähnen (1 von 4 Möglichkeiten = ¼ = 0,25 = 25 %).
Es ist also sehr wahrscheinlich, dass ein Kalb mit langen Stoßzähnen geboren wird.
Wenn Sie sehr viele Experimente mit vielen Nachkommen durchführen, dann wird bei einer
Auszählung das Verhältnis sich dem Verhältnis 3 : 1 immer mehr nähern.18

17 Ich vermute, dass er dabei tatkräftige Unterstützung hatte. Vermutlich hat er die Experimente geplant, die
eigentliche, körperliche Arbeit ist wahrscheinlich von Novizen, also von „Jung-Mönchen“ gemacht worden.
18 Das ist das Gesetz der großen Zahlen. Wenn Sie würfeln, dann ist die Wahrscheinlichkeit, eine 6 zu würfeln,
1/ . Doch wenn Sie 12x würfeln, kann es sein, dass Sie keine einzige 6 erhalten. Das kennen Sie beim Spiel
6
„Mensch ärger dich nicht!“. Wenn Sie aber 12.000x würfeln, so wird die Zahl der gewürfelten 6en recht nah bei
2000 liegen.
Heiko Kirchesch

[29]
Die oben genannten Zahlen (802 zu 246) sind eigentlich schon recht genau. Eigentlich sollte
man eher misstrauisch werden, wenn das Zahlenverhältnis genau getroffen wird.

Und wenn die im Beispiel genannte


Elefantenkuh aufgrund des Kreu-
zungsexperimentes 2008 ein Kalb
mit kurzen Stoßzähnen zur Welt
bringt, einige Jahre später wieder
trächtig wird und das Kalb hat erneut
kurze Stoßzähne, dann hätte man
damit Gregor Mendel sicher nicht wi-
derlegt. Auch wenn die Chance für
zwei Kälber mit kurzen Stoßzähnen
recht gering ist, es bleibt möglich!

Noch einmal:

Die im Kreuzungsschema aufgeführten Nachkommen sind mögliche Nachkommen, wie der


Geno- und Phänotyp eines tatsächlichen Nachkommens aussieht, das entscheidet sich in
dem Augenblick der Befruchtung und hängt davon ab, welches Spermium auf welche Ei-
zelle trifft.

Erinnern Sie sich? Ich habe auf einem Arbeitsblatt gefragt, warum es besser gewesen ist,
dass Gregor Mendel mit Pflanzen statt mit Elefanten experimentiert hat.

Es hängt eben auch mit dem Gesetz der großen Zahlen zusammen. Und Sie werden mir zu-
stimmen:

29

Es ist leichter, billiger und un-


gefährlicher bei 1000 Tulpen
die Blütenfarbe festzustellen,
als bei 1000 Elefanten die
Stoßzähne zu messen.
Heiko Kirchesch

[30]
Mal wieder eine Übung bis Mendel II

1. Bevor Sie züchten, noch einmal die Grundbegriffe:

Symbol für eine Körperzelle

Symbol für eine Keimzelle

Genotyp für reinerbig für das dominante


Merkmal grüne Federn
Genotyp für reinerbig für das rezessive
Merkmal lila Federn
Genotyp für die aus blau und gelb ge-
mischte Federfarbe (intermediärer Erb-
gang)

2. Dies sind zwei Wölfe, Lisa ist eine


reinerbig weiße Wölfin und Stupido
ist reinerbig grau. Verblüfft stellt
Lisa fest, dass alle 6 Jungen, die
sie zur Welt bringt, grau sind. Stel-
len Sie den Erbgang bis zur zwei-
ten Nachkommensgeneration dar!
Wie groß ist die Wahrscheinlich-
keit, dass Lisa eine weiße Enkelin
bekommt?
30
Heiko Kirchesch

[31]

Musterlösung für Mal wieder eine Übung bis Mendel II

1. Bevor Sie züchten, noch einmal die Grundbegriffe:


Symbol für eine Körperzelle

Symbol für eine Keimzelle

Genotyp für reinerbig für das dominante LL


Merkmal grüne Federn
Genotyp für reinerbig für das rezessive ll
Merkmal lila Federn
Genotyp für die aus blau und gelb ge- l b
mischte Federfarbe (intermediärer Erb-
gang)
2. Dies sind zwei Wölfe, Lisa ist eine reinerbig weiße Wölfin und Stupido ist reinerbig grau.
Verblüfft stellt Lisa fest, dass alle 6 Jungen, die sie zur Welt bringt, grau sind. Stellen Sie
den Erbgang bis zur zweiten Nachkommensgeneration dar! Wie groß ist die Wahr-
scheinlichkeit, dass Lisa eine weiße Enkelin bekommt?
♂ Stupido ♀ Lisa
p GG grau ww weiß

G G w w

f1 Gw Gw Gw Gw
31

grau

f1
Gw grau Gw grau

G w G w

f2
GG Gw Gw ww

grau grau grau weiß


Die Wahrscheinlichkeit für einen weißen Enkel liegt bei 25%, da aber nur jeder zweite Wolf
weiblich ist, ist die Wahrscheinlichkeit für eine weiße Enkelin 12,5%.
Heiko Kirchesch

[32]

Das hier von uns genutzte Kreuzungsschema hat viele Vorzüge, es zeigt die Unterschiede
zwischen Körper- und Keimzellen, Genotyp und Phänotyp sind deutlich und schnell erkenn-
bar.19

Man kann auch ein anderes Schema für die Darstellung einer Kreuzung nutzen. Dies ist die
Tabellenform.

Hier trägt man in die Spalten- bzw. Zeilenköpfe die Keimzellen ein. Zu beachten ist, dass
man auch hier die p-Generation vorstellt, man stets erkennen können muss, welche Gene-
ration dargestellt wird und man klar und eindeutig, in jeder Zelle sowohl Genotyp- als auch
Phänotyp sieht.

Aber erst noch einmal von einer unserer ersten Aufgaben unser Kreuzungsschema:

Legende
Blütenfarbe
weiß  w
rot r

p: w w weiß X rr rot

w w r r

f1 w r wr wr wr

Rosa Rosa Rosa Rosa


Und hier der oben dargestellte Kreuzungsversucht komplett in Tabellenform:
Legende 32
Blütenfarbe
weiß  w
rot r

p: w w weiß X rr rot

♂ w w
wr
r wr
rosa
wr wr
r
rosa
f1

19Und – letztlich ist es das Schema, das ich vor vielen Jahren selbst habe lernen dürfen. Ich bin es eben auch
gewöhnt. ;-)
Heiko Kirchesch

[33]
Man kann den Phänotyp also eintragen, man kann wie hier die Zelle entsprechend einfär-
ben oder ein treffendes Symbol (oder Bild) nutzen.20

Wichtig ist, dass der Phänotyp eindeutig und leicht erkennbar ist.

Natürlich kann man auch die Kreuzung zur f2-Generation auf beide Weisen darstellen:

Legende
Blütenfarbe
weiß  w
rot r

f1: w r Rosa X wr Rosa

w r w r

f2 w w wr wr rr

Weiß Rosa Rosa Rot

1 : 2 : 1

Auch hier noch einmal die Darstellung in Tabellenform:

Legende
Blütenfarbe
weiß  w
rot r

f1: w r Rosa X wr Rosa 33


♂ w r
ww wr
w
weiß rosa
wr rr
r
rosa rot
f2

Für die weitere Arbeit gilt:

Wenn nicht ein bestimmtes Kreuzungsschema in der Aufgabenstellung vorgeschrieben wird,


steht es Ihnen frei, mit welchem Schema Sie arbeiten möchten.

20 Im Gegensatz zu dieser Darstellung sollte man in einer Tabelle stets dieselbe Kennzeichnung wählen!
Heiko Kirchesch

[34]

Aufgabe: Stellen Sie die Löwen-Aufgaben in der Tabellenform dar

Begründen Sie außerdem den Namen „Spaltungsregel“ für die zweite Mendelsche Regel.
Musterlösung

Legende
Fellfarbe
braun  B
weiß  w
p: ♂ BB braun X ♂ ww weiß



♂ B w
♂ w w BB Bw
Bw Bw B
B braun braun
braun braun Bw ww
Bw Bw w
B braun weiß
braun braun f2
f1

Legende
Augenfarbe
bernstein  b
hellblau  h
p: ♂ bb bernstein X ♂ hh hellblau


♂ b h
♂ h h bb
bh bh bh
b b
bern-
schlamm schlamm schlamm
stein 34
bh bh bh hh
b h
schlamm schlamm schlamm hellblau
f1 f2
---

Spaltungsregel – der Phänotyp bleibt in der zweiten Nachkommensgeneration nicht bei al-
len Individuen gleich, sondern spaltet sich auf.
Heiko Kirchesch

[35]
Was sollte nun neu in Ihr Vokabelheft? Teil B
Art Ein Gruppe Lebewesen, die man von anderen abgrenzen kann
und die untereinander fortpflanzungsfähige Nachkommen zeu-
gen können.
ACHTUNG:
Dies ist eine Definition, die aus der Zeit Gregor Mendels stam-
men könnte (19. Jh.), es gibt heute keine Definition mehr, die
von allen Fachrichtungen der Biologie als zufriedenstellend
empfunden wird.
Mendel I Uniformitätsregel
Kreuzt man zwei Individuen einer Art, die sich in einem
Merkmal unterscheiden, für das sie reinerbig sind, so sind
die Nachkommen der ersten Nachkommensgeneration in
Bezug auf dieses Merkmal alle gleich.
Mendel II Spaltungsregel
In der zweiten Nachkommensgeneration (f2) ist der Phäno-
typ nicht mehr bei allen Nachkommen gleich, sondern es
zeigt sich eine typische Aufspaltung:
beim dominant-rezessiven Erbgang 3:1
beim intermediären Erbgang 1:2:1
Spaltungsregel vgl. Mendel II
Uniformitätsregel  vgl. Mendel I
 alle Nachkommen uniform ≙ also gleich sind, allerdings
nur bezogen auf das beobachtete Merkmal

Blut

Vielleicht sind Sie ja ein bisschen genervt von all diesen Kreuzungsschemata, Sie interes-
sieren sich ja vielleicht auch nicht so sehr für die Vererbung von Blütenfarben.
35
Daher erfolgt an dieser Stelle ein Einschub, der Ihnen zeigt, dass man mit dem bislang er-
worbenen Wissen bereits auch durchaus praktisch arbeiten kann.

Die Schilderung der ersten bekannten Bluttransfusion21 lässt einem heute noch das Blut in
den Adern gefrieren: Im Juli 1492 gaben drei Zehnjährige dem im Sterben liegenden Papst
Innozenz VIII. ihr Blut zu trinken. Es handelte sich also nicht um eine Transfusion im
eigentlichen Sinne! Man erhoffte sich dadurch die Verjüngung des betagten Kirchenfürs-
ten. Die drei Kinder überlebten das Experiment nicht, und auch der Papst blieb so krank wie
zuvor.

Blut wurde auch von einem lebenden Hund auf einen anderen übertragen, Tierblut – etwa
von Schafen – kranken Menschen verabreicht. Die erste Bluttransfusion von Mensch zu
Mensch fand 1818 in London statt. Der Patient erhielt etwa einen halben Liter Blut
verschiedener Spender. Er überlebte den Eingriff nicht.

Aufgrund von Misserfolgen bei der Mensch zu Mensch Transfusion fällt man insbeson-
dere in der Kriegschirurgie auf Lammblut zurück. Laut preußischer sanitärer

21 Transfusion = Übertragung
Heiko Kirchesch

[36]
Dienstvorschrift von 1870/71 sollte einem Lamm die Carotis (Halsschlagader) freigelegt und mit Ka-
nülen versehen werden. Ein Soldat musste das so vorbereitete Tier auf den Tornister geschnallt - als
lebende Blutkonserve - in die Schlacht tragen! Auch das ging (für beide Beteiligten) tödlich aus.
Heute werden bei der Verträglichkeitsbestimmung bis zu 40 Merkmale und außerdem die für die
Transplantat-Abstoßung verantwortlichen Gewebeantigene berücksichtigt. Es gibt 15 bis 19 bekannte
Blutgruppen-Systeme.
Durch die immer aufwändigeren Tests liegt der Preis für eine Konserve bei über 140 € (Stand 2001,
1999 waren es noch etwa 60 €).
Heute ist also eine Vielzahl von unterschiedlichen Blutgruppensystemen bekannt, die allerdings nur
zu einem geringen Teil praktische Anwendung finden. Das wichtigste unter ihnen ist das 1901 von
dem österreichischen Bakteriologen22 Karl Landsteiner entdeckte AB0 - System (sprich: ABNull - Sys-
tem). Dabei werden die vier Hauptgruppen A, B, 0 und AB unterschieden. Später hat man noch die
Unterscheidung zwischen A1 und A2 herausgefunden und eingeführt.
Landsteiner hat entdeckt, dass ein Mensch mit der Blutgruppe A gegen rote Blutkörperchen aus dem
Blut mit der Blutgruppe B Antikörper bildet, weil bestimmte Strukturen auf der Zelloberfläche (Eiweiße,
sie werden Antigen genannt) diese Zellen als Fremdkörper kennzeichnen. Dies führt zu einer Ver-
klumpung des Blutes, was letztendlich den Tod zur Folge hat.

Aus der nachfolgenden Tabelle können Sie entnehmen, dass ein Mensch mit Blutgruppe 0 allen an-
deren Menschen Blut spenden könnte, ein Mensch mit der Blutgruppe AB kann Blut von Allen emp-
fangen.
Spender
Empfänger A B AB 0
A ja nein nein ja
B nein ja nein ja
AB ja ja ja ja
0 nein nein nein ja

Die Blutgruppen sind nicht gleich häufig, es gibt Unterschiede zwischen den Ländern und natürlich
erst recht zwischen den Kontinenten. So verteilen sich die Blutgruppen in Deutschland:

Blutgruppe in Deutschland
36
A 44 %
B 12 %
AB 6%
0 38 %

Die Blutgruppe ist ein Merkmal, das von Eltern vererbt wird. Ein Mensch hat also sowohl
von seinem Vater als auch von der Mutter eine Erbanlage für eine Blutgruppe geerbt.

Hat Susi etwa sowohl vom Vater als auch von der Mutter die Erbanlage für die Blutgruppe
Null geerbt, so hat sie für dieses Merkmal den Genotyp 0 0. Sie ist also reinerbig für die die
Ausprägung des Merkmals Blutgruppe Null.

Feststellbar ist, dass sie die Blutgruppe Null hat, dies wäre der Phänotyp.

22 Bakteriologe = Wissenschaftler der sich mit Krankheiten beschäftigt, die von Bakterien übertragen werden
Heiko Kirchesch

[37]

Übung 1

Blutgruppe möglicher Genotyp


A1 A10 oder A1A1 oder A1A2
A2 A20 oder A2A2
B BB oder B0
AB A1B oder A2B
0 00

a) Werten Sie die Tabelle aus. Formulieren Sie Sätze wie z. B.


A1 ist dominant gegenüber ….

b) Ergänzen Sie die untenstehende Tabelle der möglichen und unmöglichen Väter!

Susi hat einen eher „lockeren“ Lebenswandel. Sie hatte im fraglichen Zeitraum Sex mit eini-
gen Männern, zum Glück kennt man die Blutgruppen der möglichen Väter:

Anton (A1), Albert (A2), Adalbert (AB), Burkhard (B) und Norbert (0),
Susi selbst hat die Blutgruppe Null. Tragen Sie in die folgende Ta-
belle ein, wer von den Liebhabern möglicher Weise der Vater sein
kann, wenn das Kind eine der möglichen Blutgruppen hat. Wer schei-
det jeweils als Vater aus? Wieso kann das Kind nicht die Blutgruppe
AB haben?

Diese Aufgabe ist schon recht schwierig. Ein Beispiel:

Wenn die Mutter die Blutgruppe Null hat, so hat sie den Genotyp 0 0. Wenn auch das Kind
die Blutgruppe Null hat, so hat das Kind sowohl von der Mutter als auch vom Vater die Erb- 37
anlage für die Blutgruppe Null erhalten, es ist also auch reinerbig für die Blutgruppe Null.

Adalbert mit der Blutgruppe AB muss den Genotyp A B haben. Er kann also keine Erbanlage
für die Blutgruppe Null vererben  Er kann daher keinesfalls der Vater sein.

Wie sieht das für Anton, Albert, Burkhard und Norbert aus? Und wie sieht es aus, wenn das
Kind die Blutgruppe B hat? Dann wäre doch Adalbert ein möglicher Vater, oder?

Mutter Kind mögliche Väter unmögliche Väter


0 0 Adalbert
0 A1
0 A2
0 B
Heiko Kirchesch

[38]
Übung 2

a) Elke hat die Blutgruppe A1 mit dem Genotyp A1A1, Serkan hat die Blutgruppe 0. Wie sehen
die jeweiligen Keimzellen aus?
b) Welche Blutgruppen (einschließlich des Genotyps) können Kinder der Beiden haben?
c) Elke bekommt eine süße kleine Tochter Susi! Sie hat die Blutgruppe AB. Was sagen Sie
dazu?
d) Jahre später unterhält sich Susi mit ihrem Bruder Sinan (Blutgruppe B). Sie werten gemein-
sam die Blutgruppen und ihr Wissen darüber aus. Unterstützen Sie die Zwei!
e) Darf Sinan seiner Schwester Blutspenden?
f) Kann jede Mutter ihrem Kind Blut spenden?
Noch mehr Informationen!
Blutgruppen werden auch häufig mit einem + oder - versehen. Dies bedeutet, dass bei Vor-
handensein eines Rhesus Antigens (ein anderes Eiweißmolekül auf der Zelloberfläche) die
Blutgruppe ein +(positiv) erhält zur weiteren Differenzierung. Fehlt dieses Antigen, dann ist
die Blutgruppe -(negativ). Viele Menschen wissen, dass der Rhesusfaktor (er heißt so, weil
er zuerst bei den Rhesus – Affen entdeckt worden ist) für die Schwangerschaft von Bedeutung
ist. Wieso?
Rhesuskonstellation: Mutter Rhesus negativ, Kind Rhesus positiv
Ist die Mutter Rhesus negativ, trägt sie häufig ein Rhesus positi-
ves Kind, welches vom Vater den dominanten positiven Faktor
vererbt hat. Dies geht solange gut, wie kein Blut vom Kind auf die
Mutter übertritt (links im folgenden Bild).
Bei der Geburt, bei heftigen Erschütterungen der Gebärmutter
(Unfällen), bei Fehlgeburten, Eileiterschwangerschaften, Frucht-
wasserpunktionen und manchmal auch ohne ersichtliche Ursache
treten geringe Mengen kindlichen Bluts in die mütterliche Blut-
bahn über (rechts im oberen Bild). Die Mutter bildet daraufhin Antikörper (Ak) gegen den
positiven Rhesusfaktor im kindlichen Blut. Dies wirkt sich in der ersten Schwangerschaft meis-
tens noch nicht negativ aus.
38
Heiko Kirchesch

[39]
Bei späteren Schwangerschaften reagiert das mütterliche Ab-
Häufigkeitsverteilung der wehrsystem zunehmend heftig auf die fremde Blutgruppe des
Blutgruppen in Deutsch- Kindes, wie auf einen bereits bekannten Infektionserreger. Die
land: Antikörper passieren die Plazenta und zersetzen die roten Blut-
körperchen des Kindes. Früher führte dies häufig zu Totgebur-
A Rhesus positiv 37 % ten wegen extremer Blutarmut.
Schwere kindliche Komplikationen wegen Rhesus-Unverträglich-
0 Rhesus positiv 35 % keit sind heute dank der Rhesusprophylaxe extrem selten. Dabei
wird bei Rhesus-negativen Müttern in allen oben genannten Situ-
B Rhesus positiv 9%
ationen eine Dosis Rhesus-Antikörper injiziert (nach der Geburt
A Rhesus negativ 6% aber nur dann, wenn das Kind tatsächlich Rhesus-positiv ist). Die
Antikörper (Anti-D Immunglobulin) wirken wie eine passive Imp-
0 Rhesus negativ 6% fung und verhindern, dass die Mutter später überempfindlich rea-
giert und ihr eigenes Kind abstößt.
AB Rhesus positiv 4%
Übung 4
B Rhesus negativ 2%
Begründen Sie, weshalb eine Rhesusunverträglichkeit erst bei der
AB Rhesus negativ 1% zweiten Schwangerschaft von Bedeutung ist.

39
Heiko Kirchesch

[40]

Musterlösung Blut, Blutgruppen


Übung 1
Blutgruppe möglicher Genotyp
A1 A10 oder A1A1 oder A1A2
A2 A20 oder A2A2
B BB oder B0
AB A1B oder A2B
0 00

a) Werten Sie die Tabelle aus. Formulieren Sie Sätze wie z. B.


A1 ist dominant über oder überdeckt 0
A1 ist dominant über oder überdeckt A2
A2 ist dominant über oder überdeckt Null
B ist dominant über oder überdeckt O
A1 bzw. auch A2 werden mit B intermediär vererbt
b) Ergänzen Sie die Tabelle der möglichen und unmöglichen Väter!

Anton (A1), Albert (A2), Adalbert (AB), Burkhardt (B) und Norbert (0), Susi selbst hat die Blut-
gruppe Null. Tragen Sie in die folgende Tabelle ein, wer von den Liebhabern möglicher Weise
der Vater sein kann, wenn das Kind eine der möglichen Blutgruppen hat. Wer scheidet jeweils
als Vater aus? Wieso kann das Kind nicht die Blutgruppe AB haben?

Mutter Kind mögliche Väter unmögliche Väter


0 0 Norbert (00), Anton (A1A1, Adalbert (A1B, A2B)
A10), Albert (A2A2, A1A2,
A20), Burkhardt (BB, B0)
0 A1 Anton (A1A1, A10), Al- Norbert (00), Burkhardt (BB, B0)
bert(A2A2, A1A2, A20), Adal-
bert (A1B, A2B)
0 A2 Albert(A2A2, A1A2, A20), Anton (A1A1, A10), Norbert (00), 40
Adalbert (A1B, A2B) Burkhardt (BB, B0)
0 B Adalbert (A1B, A2B), Anton (A1A1, A10), Norbert (00),
Burkhardt (BB, B0)

Übung 2
Elke hat die Blutgruppe A1 mit dem Genotyp A1A1, Serkan hat die Blutgruppe 0.
a) Wie sehen die jeweiligen Keimzellen aus?
lke Serkan:
A1 A1
0 0

b) Welche Blutgruppen (einschließlich des Genotyps) können Kinder der Beiden haben?
einzig möglicher Gentotyp A10  Blutgruppe A1
Heiko Kirchesch

[41]

c) Elke bekommt eine süße kleine Tochter Susi! Sie hat die Blutgruppe AB. Was sagen Sie
dazu?

Elke muss Verkehr mit einem Mann mit den Blutgruppen AB oder B gehabt haben.
Serkan kann nicht der leibliche Vater von Susi sein!

d) Jahre später unterhält sich Susi mit ihrem Bruder Sinan (Blutgruppe B). Sie werten gemein-
sam die Blutgruppen und ihr Wissen darüber aus. Unterstützen Sie die Zwei!

Sinan kann kein leibliches Kind der Eltern sein, er muss adoptiert worden sein. Da
sein Genotyp aber auch B0 sein könnte, ist nicht auszuschließen, dass Serkan sein
Vater ist und er von Elke und ihm dann adoptiert wurde.

e) Darf Sinan seiner Schwester Blutspenden?

Ja. AB bildet keine Antikörper.

f) Kann jede Mutter ihrem Kind Blut spenden?

Nein. Beispiel: Mutter hat A mit Genotyp A0, Kind hat 0, so würde das Kind Antikör-
per gegen das Blut der Mutter bilden.

41
Heiko Kirchesch

[42]
Die Entdeckung der Blutgruppen hat nicht nur in unseren Übungsaufgaben, sondern auch in
der Realität für eine Revolution in Sachen Vaterschaftstest geführt.

Vorher konnte man lediglich anhand von besonderen persönlichen Kennzeichen eine Ent-
scheidung treffen. Wenn in der Familie des Ehemannes z. B. viele Menschen mit einem gro-
ßen Muttermal auf der Schulter leben und das Kind auch ein solches Muttermal hatte, so
hatte der Ehemann kaum eine Chance die Vaterschaft anzuzweifeln. Ähnliches gilt für cha-
rakteristische Nasenformen, Haarfarben etc.

Wenn aber ein Kind sehr der Mutter ähnelte, so haben diese Vaterschaftstests versagt.

Früher ist es in Schulen durchaus üblich gewesen, bei diesem Thema die Blut-
gruppen zu bestimmen, es reichen einige wenige Blutstropfen.

Heute ist das in Schulen verboten. Hauptgrund ist eine mögliche Infektionsgefahr. Aber es
gibt noch einen anderen Grund. Denken Sie an die Übung zum Thema Blut.

Die Mutter eines Schülers hat die Blutgruppe 0, der Vater AB. Jetzt stellt sich beim schuli-
schen Blutgruppentest heraus, dass der Schüler auch die Blutgruppe 0 hat. Dies kann zu
familiären Problemen führen.

Thema Zungenrollen:

Übrigens – viele Lehrkräfte23 sind auf ein anderes Thema ausgewi-


chen, um ein anschauliches Beispiel für dominante Vererbung zu ha-
ben, z. B. das Zungenrollen.

Gern hat man solche Arbeitsblätter eingesetzt:

42

23 darunter auch ich!


Heiko Kirchesch

[43]
Doch musste ich lernen, dass die Fähigkeit des Zungenrollens nach neueren Studien nicht
oder zumindest nicht ausschließlich erblich ist. Es gibt Menschen, die lernen das Rollen et-
was später als andere, auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die es im Laufe ihres
Lebens wieder verlernen.

Ich musste mich auch von einigen meiner Lieblingsaufgaben verabschieden, doch Sie dür-
fen Sie dennoch einfach als Übung bearbeiten:

Aufgabe 1

Susi ist mit ihren Eltern beim Mittagessen, lustlos stochert sie im Essen und mehr unbe-
wusst rollt sie ihre Zunge. „Lass das,
Susi! So etwas macht man nicht beim
Essen!“, sagt ihr Vater. Susi erwidert:
„Wir haben über das Zungenrollen
heute im Bio-Unterricht gesprochen.
Das wird dominant vererbt. Aber sagt
mal,“ sagt sie plötzlich ein wenig unsi-
cher, „rollt ihr doch mal eure Zungen!“

43
Heiko Kirchesch

[44]
Vater und Mutter versuchen es. Vergeblich. Werten Sie diese Situation bitte aus.24

Aufgabe 2

Dieses Arbeitsblatt habe ich im Netz gefunden Es ist zu schön, um es nicht zu nutzen.

Das ist ein Familienstammbaum. Die mit einem Querstrich verbundenen Personen sind ver-
heiratet (Beispiel: 1 und 2), die Personen, die senkrecht verbunden sind (Beispiel: Eheleute
1&2 mit 3 und 4), das sind die Kinder.

Schreiben Sie hier zu den Personen den Genotyp.

Doch vergessen Sie nicht:

Zungenrollen ist nicht (oder nicht nur) erblich.

44

24An dieser Stelle muss ich eines meiner Lieblingszitate angeben: Friedrich Schiller (Dichter, 1759-1805)
schrieb: „Nicht Fleisch und Blut, das Herz macht uns zu Vätern und Söhnen!“ Darüber kann man durchaus ein-
mal nachdenken.
Heiko Kirchesch

[45]

Musterlösung Zungenrollen

Aufgabe 1

Legende
Zungenrollen
Rollen  A
Nichtrollen  a

Da Zungenrollen dominant ist, hat ein Nichtroller stets den Genotyp a a, er kann also kei-
nesfalls die Erbanlage Roller weitergeben.

Susi kann die Zunge rollen, sie hat also entweder den Genotyp A a oder A A.

Da Susis Eltern beide Nichtroller sind, muss die Erbanlage A von einem anderen Menschen
kommen. Susi ist entweder das Ergebnis einer außerehelichen Beziehung der Mutter mit ei-
nem Zungenroller oder sie ist von ihren Eltern adoptiert worden.

Aufgabe 2

1 Aa

2 Aa

3 A a oder A A

4 aa

5 aa
45

6 Aa

7 aa

8 aa

9 Aa
Heiko Kirchesch

[46]

Neue Begriffe für Ihr Vokabelheft – Teil C

Blutgruppen  Hauptsächlich arbeitet man heute mit dem AB0 –System


(≙ ABNull-System), man unterscheidet also die Blutgrup-
pen A, B, AB und 0.
 Heute unterscheidet man noch A1 und A0.
 Es gibt allerdings heute noch wesentlich differenziertere
Blutgruppensystem.
 Erhält ein Mensch Blut mit einer nicht passenden Blut-
gruppe, so reagiert er mit der Ausschüttung von Antikör-
pern  Folge: Verklumpung
 Ein Mensch mit der Blutgruppe 0 kann (meist) allen ande-
ren spenden, ein Mensch mit der Blutgruppe AB kann
(meist) Blut aller Blutgruppen empfangen.
 In Deutschland ist A die häufigste Blutgruppe.
 Nimmt man Blutgruppe als Merkmal, so sind die Blutgrup-
pen die Ausprägungen; ein Mensch mit dem Genotyp A 0
hat die Blutgruppe A.
 Die Blutgruppe hatte eine große Bedeutung für die Fest-
stellung einer Vaterschaft.
Rhesus-Faktor  weiteres Unterscheidungsmerkmal für Blutgruppen
 Auch hier kommt es bei einer Vermischung zur Unverträg-
lichkeit (Verklumpung)
 Gefährlich ist es, wenn die Mutter Rhesus-negativ ist, das
Kind aber Rhesus-positiv, vermischt sich etwa bei der Ge-
burt das Blut von Mutter und Kind, so bildet die Mutter An-
tikörper, die bei einer erneuten Schwangerschaft in den
Kreislauf des Ungeborenen eintreten.
Zungenrollen  Die Fähigkeit, die Zunge zu rollen (=seitlich nach oben zu
biegen) galt lange als Beispiel für einen dominant-rezessi-
ven Erbgang, doch weiß man heute, dass man das Zun- 46
genrollen er-, aber auch verlernen kann.

Das könnte Ihnen auch gefallen