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Das Verb

Das Verb hat eine zentrale Funktion im Die Konjugation des Verbs ....
Satz
stellt die Beziehung des Verbs mit dem Rest des Satzes her:
Die berndeutschen Verben haben oft eine starke Ausdruckskraft und · Konjugationsform: verbindet das Verb mit dem Subjekt
können eine emotionale, irrationale und volkstümliche Tiefe bezeu-
gen. Das Vokabular dreht sich um Haushalt, Kunsthandwerk, Bauern, · Zeitform: gibt die Zeitbeziehung an
Ereignisse in der Familie, in der Natur und in den Gefühlen. · Modus: unterscheidet Realität von Irrealität

Die Möglichkeiten, Substantive, Adjektive und andere Wörter zu · Aktiv/Passiv: gibt die Sicht des Sprechers oder der Sprecherin
verbalisieren, sind grösser als in den meisten Schriftsprachen. wieder (das Subjekt führt eine Handlung aus oder erleidet eine
Handlung)

Bsp.: der Chopf – chopfe der Kopf – begreifen


der Herbscht – herbschtele der Herbst – herbsten Die anderen Verbformen
bös – böse böse – schlimmer werden
zwöi – zwöie deux – zwei – entzweien · Der Imperativ
d Loube – löibele die Lauben – unter den Lauben spazieren hat im Singular eine besondere Form: den Stamm des Verbs (ohne
Endung):
1. Konj.: mach ! zünd ! stell !
2. Konj.: lueg ! choch ! lüt !
3. Konj.: spring ! lis ! trink !
Das Geschehen, das durch ein Verb
ausgedrückt wird, ... Bei den Verben der 2. Konjugation (Endung=Konsonant + -le, -re, -ne,
-me, -ge, steht an Stelle des Imperativs der Infinitiv (Bsp.: habere nid
kann sein: so schnäll ! rächne das zersch uus !). Aber diese Form ist selten;
meistens wird dieser Imperativ mit dem Verb «tue» umschrieben (tue
das usrächne ! tue nid so schnäll habere).
· eine Handlung (das Subjekt ist aktiv)
Bsp.: mache machen, schutte Fussball spielen
trinke trinken
· Das Partizip Präsens
· ein Vorgang (das Subjekt ist nicht aktiv beteiligt) gibt es nicht.
Bsp.: läbe leben, ryffe reifen, fyschtere finstern Bsp.: «Die in den Strassen singenden Kinder» wird im Berndeut-
schen zu: D Chind wo i de Strasse singe.
· ein Zustand
Bsp.: sy sein, blybe bleiben, stah stehen Einige stehende Redewendungen sind übriggeblieben:
en asteckendi Chrankheit eine ansteckende Krankheit
e hinkende Grossvatter ein hinkender Grossvater
en ermüedendi Aglägeheit eine ermüdende Angelegenheit

Die Verben bezeichnen auch ... Mehrere hochdeutsche Partizipien kennen im Berndeutschen eine
entsprechende Form («end» wird zu «ig»):
die Art und Weise eines Geschehens:
wüetig wütend
glänzig glänzend
· Beginn zitterig zitternd
Bsp.: abmarschiere abmarschieren läbig lebend
ufblüeje aufblühen lärmig lärmend
chochig kochend
· Augenblick: brüelig brüllend
Bsp.: erchlüpfe erschrecken
zuepacke zupacken Einige stehende Redewendungen geben ebenfalls aufs Hochdeutsche
zurück:
· Resultat
Bsp.: fülle füllen, chalbere kalben am louffende Band am laufenden Band
vom fahrende Zug vom fahrenden Zug
· Dauer mit rasender Begeischterig mit rasender Begeisterung
Bsp.: tröime träumen, verwyle verweilen di sprächendi Uhr die sprechende Uhr

· Wiederholung
Bsp.: fl attere fl attern nippe nippen
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Bärndütsch – mit Spass

3 Konjugationen
Die Verben können in drei Konjugationsklassen eingeteilt werden:

1. Konjugation:
die Endung des Partizips Perfekt ist -t: chouffe – gchoufft
schwach
2. Konjugation:
die Endung des Partizips Perfekt ist -et : rägne – grägnet

stark 3. Konjugation:
die Endung des Partizips Perfekt ist -e : verlüüre – verloore

Konjugation der Verben mit regelmässigen Endungen:


i gloube – du gloubsch – är si äs gloubt – mir gloube – dihr gloubet – si gloube

Allgemeine Bemerkungen
Das Partizip Perfekt wird normalerweise mit der Vorsilbe «g» gebildet.

Die Vorsilbe «g» fällt weg, wenn das Verb mit b, d, g, p, t, k oder z beginnt (Verschmelzung der Vorsilbe mit diesen Konsonanten):
Bsp.: g+b : brönne – brönnt brennen Ds Huus het brönnt. Das Haus hat gebrannt.
g+d : decke – ddeckt bedecken Der Schnee het ds Huus ganz ddeckt. Der Schnee hat das Haus ganz bedeckt.
g+g : gloube – gloubt glauben Mir hei neimerem gloubt. Wir haben niemandem geglaubt.
g+p : putze – putzt putzen Du hesch ds Outo putzt. Du hast den Wagen geputzt.
g+t : trinke – trunke trinken Mir hei Bier trunke. Wir haben Bier getrunken.
g+k : kenne – kennt kennen Hesch ne kennt? Hast du ihn gekannt?
g+z : zieh – zoge ziehen Si hei der Schlitte zoge. Sie haben den Schlitten gezogen.

Auch wenn das Verb selbst mit einer (untrennbaren) Vorsilbe beginnt, wird die Vorsilbe («g») weggelassen:

Bsp.: verschänke – verschänkt verschenken


Mir hei üses Büssi verschänkt. Wir haben unsere Katze verschenkt.
behoupte – behouptet behaupten
Är het öppis behouptet. Er hat etwas behauptet.
misstroue – misstrout misstrauen
Si het mir misstrout. Sie hat mir misstraut.

Wenn aber das Verb mit einem (trennbaren) Verbzusatz beginnt (vor-, um-, zue-, nache-, ab- ...) wird die Vorsilbe des Partizips Perfekt «g-»
beibehalten und nach diesem platziert:

Bsp.: vorstelle – vorgstellt vorstellen


Mir hei üsi Tante vorgstellt. Wir haben unsere Tante vorgestellt.
umstosse – umgstosse umstossen
Der Hund het der Chübel umgstosse. Der Hund hat den Kübel umgestossen.
zueluege – zuegluegt zuschauen
Dihr heit em Spiil zuegluegt. Sie haben dem Spiel zugeschaut.
nachemache – nachegmacht nachmachen
I ha ihm d Zeichnig nachegmacht. Ich habe ihm die Zeichnung nachgemacht.
abschrybe – abgschribe abschreiben
Si het d Üebig nume abgschribe. Sie hat die Übung nur abgeschrieben.

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Das Verb

Transitive/intransitive Verben
Die Verben werden in transitive und intransitive Verben eingeteilt, je nachdem ob das von ihnen bezeichnete Geschehen auf ein Akkusativobjekt
als Zielpunkt einer Handlung gerichtet ist und sich an ihm vollzieht (transitiv) oder nicht (intransitiv).
Bsp.: gseh: transitiv: I gsehn e Hund Ich sehe einen Hund – direkte Beziehung
plange uf: intransitiv: I plange uf d Ferie ich kann die Ferien kaum erwarten – indirekte Beziehung (Präposition)
rägne: intransitiv: Es het grägnet es hat geregnet – keine Beziehung

Einige transitive Verben können gleichzeitig zwei Objekte haben (Akkusativobjekt + Dativobjekt).
Bsp.: Mir gäbe em Fritz es Gschänk wir geben Fritz ein Geschenk – Dativobjekt + Akkusativobjekt

Die intransitiven Verben beschreiben ein Geschehen, das nicht auf ein Objekt zielt.
Bsp.: Si schlafe sie schlafen

Manchmal kann dasselbe Verb – je nach Satzaufbau – transitiv oder intransitiv gebraucht werden. Man kann also nicht ein Verb als transitiv oder
intransitiv bezeichnen; oft bestimmt erst der Sinn des Satzes und der Gebrauch des Verbs die Funktion des Verbs.

Sie finden in der folgenden Liste die geläufigsten Verben der 3 verschiedenen Konjugationen mit Infinitiv, Partizip
Perfekt und deutscher Übersetzung sowie einem Beispielsatz in beiden Sprachen.

1. Konjugation
Endung des Partizip Perfekt = –t; keine Veränderung des Verbalstammes:

büetze (veraltet)/bbüetzt nähen, flicken Werum gloubet dihr nid a Gott?


I möcht hüt d Täsche büetze. Warum glauben Sie nicht an Gott?
Ich möchte heute die Tasche nähen.
gspüre/gspürt spüren
chläbe/gchläbt kleben Si gspüre der Früelig.
I chläbe ds Papyr uf ds Bild. Sie spüren den Frühling.
Ich klebe das Papier auf das Bild.
lege/gleit legen
chlepfe/gchlepft knallen I lege d Dechi uf ds Bett.
Ds Füürwärk het fescht gchlepft. Ich lege die Decke auf das Bett.
Das Feuerwerk hat laut geknallt. litze/glitzt krempeln
dänke/ddänkt denken (ufe, ume ...)
Du dänksch z viil a d Ferie. Litz d Ermle ufe !
Du denkst zuviel an die Ferien. Kremple die Ärmel um!

erbe/gerbt erben lösche/glösche löschen


Mir hei zwöi Bett gerbt. Si hei der Brand i zwo Minute chönne lösche.
Wir haben zwei Betten geerbt. Sie haben den Brand in zwei Minuten löschen können.

fähle/gfählt fehlen lüpfe/glüpft heben


Es fähle drei Spiler. Hilfsch mer bitte, der Schaft z lüpfe?
Hilfst du mir bitten, den Schrank zu heben?
Es fehlen drei Spieler.
Du fählsch mir sehr. merke/gmerkt merken
Du fehlst mir sehr. Heit dihr nüüt gmerkt vom Diebstahl?
Haben Sie nichts vom Diebstahl gemerkt?
fülle/gfüllt füllen
Mir fülle d Fläsche mit Tee. nütze/gnützt nützen
Wir füllen die Flasche mit Tee. Das nützt nüüt !
Das nützt nichts.
ghöre/ghört hören, gehören
I ghöre der Lärm nid. Di Agända nützt mir geng.
Diese Agenda nützt mir immer.
Ich höre den Lärm nicht.
Dä Ring ghört mir. pfände/pfändet pfänden
Dieser Ring gehört mir. Si hei üsi Wohnig pfändet.
Sie haben unsere Wohnung gepfändet.
gloube/gloubt glauben
Är gloubt ihre nid.
preiche/preicht treffen
Er glaubt ihr nicht. I ha i d Mitti preicht.
Ich habe die Mitte getroffen.
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Bärndütsch – mit Spass

rede/gred(e)t reden, sprechen verheie/verheit zerschlagen, zerbrechen, kaputtmachen


Dihr redet viil z viil. Di chinesischi Vase isch verheit.
Sie reden viel zu viel. Die chinesische Vase ist zerbrochen.
Mir hei lang über di aktuelli Politik gredt.
Wir haben lange über die aktuelle Politik gesprochen. verzelle/verzellt raconter
Är het e Gschicht verzellt.
rütsche/grütscht rutschen Il a raconté une histoire.
Mir rütsche über d Ysbahn.
Wir rutschen über die Eisbahn. zelle/zellt zählen
Ds Outo isch uf em Ys usgrütscht. Mir zelle bis uf zäh, de chöit’er cho.
Der Wagen ist auf dem Glatteis ausgerutscht. Wir zählen bis zehn, dann können Sie kommen.

schade/gschad(e)t schaden
Der Hagel schadet de Pflanze. und alle Verben auf «-iere»:
Der Hagel schadet den Pfl anzen.
parliere (selten)/parliert gewandt sprechen, bes. auch französisch
setze/gsetzt setzen Üsi Tochter tuet gärn parliere.
I ha my Bueb uf e Bank gsetzt. Unsere Tochter spricht gerne gewandt.
Ich habe meinen Jungen auf eine Bank gesetzt.
spändiere/gspändiert spendieren
spile/gspilt spielen Der Chef het Champagner gspändiert.
Si spile gärn Tennis. Der Chef hat den Champagner spendiert.
Sie spielen gerne Tennis.
Ds Bebe spilt sälte mit de Chlötzli. spaziere/gspaziert spazieren
Das Kleinkind spielt selten mit den Klötzchen. Mir spaziere dür e Wald.
Wir spazieren durch den Wald.
stecke/gsteckt stecken
Bisch ir Kolonne blibe stecke?
Bist du in der Kolonne steckengeblieben? und die folgenden Verben, die auf einen Vokal enden:
I stecke der Stecker i d Steckdose.
Ich stecke den Stecker in die Steckdose. blähje/bläit blähen
stelle/gstellt stellen D Zibele bläit.
Die Zwiebel bläht.
Stell der Bäse i ne Egge.
Stelle den Besen in eine Ecke. blüeje/blüeit blühen
stüpfe/gstüpft treten, einen Fusstritt geben Im Früelig blüeje viil Blueme.
Im Frühjahr blühen viele Blumen.
Du söttsch nid anderi Chind stüpfe.
Du solltest andere Kinder nicht treten. chrähje/gchräit schreien
stütze/gstützt stützen Ds Bebe chräit stundelang.
Der Säugling schreit stundenlang.
Är het mi müesse stütze, i ha nümm möge louffe.
Er musste die alte Frau stützen. drähje/dräit drehen
sueche/gsuecht suchen Me mues am Chnopf drähje.
Man muss am Knopf drehen.
Si sueche ihri Eltere.
Ich suche ihre Eltern. fröje (sich)/gfröit sich freuen
töte/töt(e)t töten Mir fröjen üs uf Wiehnachte.
Wir freuen uns auf Weihnachten.
D Bäremueter het ihres Junge tötet.
Die Bärenmutter hat ihr Junges getötet. glüeje/glüeit glühen
tröime/tröimt träumen Dr Himmel glüeit.
Der Himmel glüht.
I tröime geng wider vom glyche.
Ich träume immer wieder dasselbe. mähje/gmäit mähen
ufhöre/ufghört aufhören Jede Samschtig mues i der Rase mähje.
Jeden Samstag muss ich den Rasen mähen.
Hör uuf gränne !
Hör auf zu weinen! nähje/gnäit nähen
ufruume/ufgruumt aufräumen I nähje mir es paar Hose.
Ich nähe mir ein Paar Hosen.
Si sött jede Tag ds Zimmer ufruume.
Sie sollte jeden Tag das Zimmer aufräumen. säje/gsäit säen
Är ruumt der Schaft uuf. Weit’er Rüebli säje?
Er räumt den Schrank auf. Wollen Sie Karotten säen?

usgschlipfe/usgschlipft ausrutschen ufblüeje/ufblüeit aufblühen


Di alti Frou isch usgschlipft. Das Jahr isch mi Suhn ufblüeit.
Die alte Frau ist ausgerutscht. Dieses Jahr ist mein Sohn aufgeblüht.

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Das Verb

2. Konjugation

Endung des Partizips Perfekt =-et; keine Veränderung des Verbalstammes:


Diese Gruppe beinhaltet vor allem die Verben mit den Endungen.
und die Verben, die von einem Substantiv, Adjektiv... abgeleitet sind:
– le: hagle/ghaglet hageln
– ere: tschädere/tschäderet klirren, läuten, klingeln (Tel.) – zältle/zältlet zelten
– ne: rächne/grächnet rechnen – alte/galtet altern
– me: lisme/glismet stricken – sünnele/gsünnelet sonnenbaden
– ge: hange/ghanget hängen

beleidige/beleidiget beleidigen gschäfte/gschäftet Geschäfte machen


Du hesch mi beleidiget. Heit’er guet gschäftet?
Du hast mich beleidigt. Haben Sie ein gutes Geschäft gemacht?

beobachte/beobachtet beobachten hübsche/ghübschet hübscher werden


Mir hei d Vögel beobachtet. Das Meitschi het ghübschet.
Wir haben die Vögel beobachtet Das Mädchen ist hübscher geworden.

bessere (sich)/bbesseret sich bessern yneschoppe/ynegschoppet hineinstopfen


D Schuel het sech bbesseret. Si hei viil Schoggi ynegschoppet.
Die Schule hat sich gebessert. Sie hat viel Schokolade hineingestopft.

briegge/briegget weinen lyre/glyret lallen


Äs het lang briegget. Am Aabe spät hei mer nume no glyret.
Er hat lange geweint. Am späten Abend haben wir nur noch gelallt.

brüele/brüelet brüllen, schreien metzge/gmetzget schlachten


Du hesch lüt brüelet, aber mir hei nüüt ghört. Der Metzger het es Chalb gmetzget.
Du hast laut geschrien, aber wir haben dich nicht gehört. Der Metzger hat ein Kalb geschlachtet

chafle/gchaflet betatschen möffele/gmöffelet meckern, motzen


Wär het a de Güezi gchaflet? D Chind hei der ganz Tag gmöffelet.
Wer hat die Kekse betatscht? Die Kinder haben den ganzen Tag gemotzt.

chlättere/gchlätteret klettern möögge/gmöögget schreien


Si sy uf e Boum gchlätteret. Mir hei uf em Bärgspitz lut gmöögget.
Sie sind auf einen Baum geklettert. Wir haben auf dem Berggipfel laut geschrien.

chutzele/gchutzelet kitzeln plage/plaget plagen, quälen


Der Julien het sys Schwöschterli gchutzelet. D Chatz het d Muus plaget.
Julien hat seine kleine Schwester gekitzelt Die Katze hat die Maus gequält.

chüüche/gchüüchet keuchen plange/planget kaum erwarten können, sich sehnen


Bim Ufelouffe het der alt Maa gchüüchet. Heit’er uf ds Konzärt planget?
Beim Hinaufgehen hat der alte Mann gekeucht. Haben Sie das Konzert kaum erwarten können?

folge/gfolget folgen, gehorchen sage/gsaget sägen


Dihr heit hüt nid gfolget. Si het Holz gsaget.
Sie haben heute nicht gehorcht. Sie hat Holz gesägt.

gine/gginet gähnen schyle/gschylet Ski fahren


I ha hüt no nid gginet. Mir sy abe gschylet.
Ich habe heute noch nicht gegähnt. Wir sind mit den Skiern hinuntergefahren.

glette/glettet bügeln schlärpele/gschlärpelet trödeln, schlurfen


Är het alli Hemmli glettet. D Buebe hei gschlärpelet, drum sy si z spät cho.
Er hat alle Hemden gebügelt. Die Jungen haben getrödelt, deshalb sind sie zu spät gekommen.

gnage/gnaget nagen schnätzle/gschnätzlet (Fleisch) fein zerschneiden


D Muus het am Chäs gnaget. Hesch ds Fleisch scho gschnätzlet?
Die Maus hat am Käse genagt. Hast du das Fleisch schon fein zerschnitten?

göisse/ggöisset kreischen schnöigge/gschnöigget herumstöbern, schmökern


D Zueschouer hei ggöisset. I ha echly i der Zytig gschnöigget.
Die Zuschauer haben gekreischt. Ich habe einwenig in der Zeitung gestöbert.

goume/ggoumet hüten schnure (abwertend)/gschnuret (viel, unnütz) daherreden


Mir hei ihre Hund ggoumet. Si hei nid lang gschnuret.
Wir haben ihren Hund gehütet. Sie haben lange dahergeredet.

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Bärndütsch – mit Spass

schuume/gschuumet schäumen tische/tischet den Tisch decken


Ds Meer het gschuumet. Är het scho tischet.
Das Meer hat geschäumt. Er hat den Tisch gedeckt.

sorge für/gsorget sorgen tröchne/tröchnet trocknen


Mir hei für drü Chind gsorget. D Wösch tröchnet ar Sunne.
Wir haben für das Kind gesorgt. Die Wäsche trocknet an der Sonne.

stagle/gstaglet stottern, stammeln tröpfele/tröpfelet tröpfeln


Uf ds Mal het der Lehrer gstaglet. Geschter het’s nume tröpfelet, hüt rägnet’s fescht.
Plötzlich hat der Lehrer gestammelt. Gestern hat es zu regnen begonnen, heute regnet es in Strömen.

strähle/gstrählet kämmen verbessere/verbesseret verbessern


Hesch di scho gstrählet? I ha my Ufsatz verbesseret.
Hast du dich schon gekämmt? Ich habe meinen Aufsatz verbessert.

strychle/gstrychlet streicheln vertrödle/vertrödlet vertrödeln


Mir hei ds Chüngeli gstrychlet. Si hei der Morge vertrödlet.
Wir haben das Kaninchen gestreichelt. Sie haben den Vormittag vertrödelt.

stuune/gstuunet staunen warte/gwartet warten


Heit’er o gstuunet? Hei si uf mi gwartet?
Haben Sie auch gestaunt? Haben sie auf mich gewartet?

süüfzge/gsüüfzget seufzen zügle/züglet umziehen


Der Grossvati het nie gsüüfzget. Mir hei z letschtemal züglet.
Der Grossvater hat nie geseufzt. Wir sind umgezogen.

3. Konjugation (starke Konjugation)

Endung des Partizips Perfekt = -e rybe/gribe reiben


D Plättli sött me nid rybe.
Hier findet eine Veränderung des Verbalstammes statt, d.h. der Stamm- Das Gesicht sollte man nicht reiben.
vokal entspricht nicht dem Vokal des Partizips Perfekt. Wir können diese
Verben in sechs Klassen unterteilen. rysse/grisse reissen, zerreissen
Ds Seili het grisse.
Das Seil ist zerrissen.

1. Klasse: Präs.: y (lang, geschlossen) – Part. Perf.: i (kurz), selten u ryte/gritte reiten
Mir sy i Wald gritte.
begryffe/begriffe begreifen Wir sind in den Wald geritten.
Werum begryffsch du mi nid?
Warum begreifst du mich nicht? schyne/gschune scheinen
Är het begriffe, was i gseit ha. D Sunne het scho lang nümme gschune.
Er hat begriffen, was ich gesagt habe. Die Sonne hat schon lange nicht mehr geschienen.

byge/bbige stapeln, (auf)schichten schlyche/gschliche schleichen


I byge d Chleider überenand. Wär schlycht um ds Huus?
Ich staple die Kleider aufeinander. Wer schleicht um das Haus?

bysse/bbisse beissen schlyffe/gschliffe schleifen


D Schlange het mi bbisse. Du söttsch dyni Mässer schlyffe.
Die Schlange hat mich gebissen. Du solltest deine Messer schleifen.

blybe/blibe bleiben schlysse/gschlisse schleissen, zerreissen, abnutzen


Blybe mer hüt deheim? Si hei üses Zält gschlisse.
Bleiben wir heute zu Hause? Sie haben unser Zelt geschlissen.

glyche/gliche gleichen spyse/gspise speisen (gehobene Sprache)


Der Tobias glycht syre Schwoscht überhoupt nid. Heit’er scho einisch im Schwyzerhof gspise?
Tobias gleicht seiner Schwester überhaupt nicht. Haben Sie schon einmal im Schweizerhof gespeist?

lyde/glitte leiden schrybe/gschribe schreiben


Si lydet a Rheuma. I ha ne Roman gschribe.
Sie leidet unter Rheuma. Ich habe einen Roman geschrieben.

pfyffe/pfiffe pfeifen styge/gstige steigen


Si pfyfft geng bim Düschele. I ma nid Stäge styge.
Sie pfeift immer unter der Dusche. Ich habe keine Kraft, Treppen zu steigen.

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Das Verb

stryche/gstriche streichen louffe/gloffe zu Fuss gehen


Mir hei geschter d Chuchi gstriche. Si loufft gärn bis zum Bahnhof.
Wir haben gestern die Küche gestrichen. Sie geht gerne zu Fuss zum Bahnhof.

stryte/gstritte streiten lüge/gloge lügen


D Chind stryte di ganz Zyt. Dihr heit gloge, u jitz ha-n-i ke Vertroue meh.
Die Kinder streiten sich die ganze Zeit. Sie haben gelogen, und jetzt habe ich kein Vertrauen mehr.

trybe/tribe treiben röje (unpersönlich.)/groue reuen


Der Luft het ds Boot uf ds Meer tribe. Es röit mi, dä Rock furtzschiesse.
Der Wind hat das Boot aufs Meer getrieben. Er reut mich, dieses Kleid wegzuwerfen.

uswyche/usgwiche ausweichen schiebe/gschobe schieben


Zum Glück ha-n-i em Tram chönne uswyche ! Mit hei der Tisch wäggschobe, so chöi mer besser düre.
Zum Glück habe ich der Strassenbahn ausweichen können! Wir haben den Tisch weggeschoben, so haben wir mehr Platz.

verysse/verrisse zerreissen schiesse/gschosse schiessen


Werum hesch der Brief verrisse? Am Sunntig hei si bis am Aabe gschosse.
Warum hast du den Brief zerrissen? Am Sonntag haben sie bis spät abends geschossen.

wyse/gwise weisen schlüüffe/gschloffe schlüpfen


Muesch ihm der Wäg wyse ! Scho am sibni bin i under d Dechi gschloffe.
Du musst ihm den Weg weisen? Schon um sieben Uhr bin ich unter die Decke geschlüpft.

siede/gsotte sieden
Nach füf Minute sy d Eier gsotte gsy.
2. Kl.: Präs.: ie, üü und andere Vokale – Part. Perf.: o Nach fünf Minuten waren die Eier gesotten.
betrüege/betroge betrügen stübe/gstobe stieben
Si het d Firma um 5000 Franke betroge. Es stübt geng uf der heisse Strass.
Sie hat die Firma um 5000 Franken betrogen. Es stiebt immer auf der heissen Strasse.
biege/boge biegen suuffe (ugs.)/gsoffe saufen
Chasch der Rügge biege? A der Hochzyt hei zwe Manne z viil gsoffe.
Willst du den Rücken biegen? An der Hochzeit haben zwei Männer zuviel gesoffen.
biete/botte bieten verlüüre/verloore verlieren
Mir bieten öich 100 Franke für das uralte Velo. Mit em Portemonnaie ha-n-i o d Identitätscharte verloore.
Wir bieten Ihnen 100 Franken für das uralte Fahrrad. Mit der Brieftasche habe ich auch meine Identitätskarte verloren.
bschliesse/bschlosse beschliessen zieh/zoge ziehen
Mir hei ds Chalet bschlosse. Zieh nid a myne Haar !
Sie haben an der Sitzung nichts Neues beschlossen. Ziehe nicht an meinen Haaren!
erniesse/ernosse niesen
Im Früelig erniesst my Maa jede Tag es paarmal.
Im Frühjahr niest mein Mann jeden Tag einige Male. 3. Klasse: Präs.: i, ü – Part. Perf.: u
flie/gfloe fliehen binde/bunde binden, schnüren
Är isch ohni Familie uf Südamerika gfloe. Mit füfi het är scho chönne d Schue binde.
Er ist ohne Familie nach Südamerika gefl ohen. Mit fünf Jahren konnte er schon die Schuhe schnüren.

fliesse/gflosse fliessen bringe/brunge ( oder: bracht) bringen


Uf ds Mal isch ke Wasser me gflosse. Är het üs es Gschänk bracht.
Plötzlich fl oss kein Wasser mehr. Er hat uns ein Geschenk gebracht.

flüge/gfloge fliegen bsinne (sich)/bsunne sich besinnen, sich erinnern


Mir flüge uf New York. I bsinne mi a my Urgrossmueter.
Wir fliegen nach New York. Ich erinnere mich an meine Urgrossmutter.

früüre/gfroore frieren finde/gfunde finden


Dä Winter ha-n-i di ganzi Zyt a d Händ gfroore. Hesch ds Buech gfunde?
Diesen Winter fror ich die ganze Zeit an die Hände. Hast du ein Buch gefunden?

gniesse/gnosse geniessen glinge/glunge gelingen


Dihr heit ja das Konzärt gar nid chönne gniesse ! Der Chueche isch mer glunge.
Sie haben das Konzert ja gar nicht geniessen können! Der Kuchen ist mir gut gelungen.

ygfrüüre/ygfroore einfrieren gwinne/gwunne gewinnen


Dä Summer hei mir 15 Kilo Rüebli ygfroore. Mir hei fasch e Medallie gwunne.
Diesen Sommer haben wir 15 Kilo Karotten eingefroren. Wir haben fast eine Medaille gewonnen.

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Bärndütsch – mit Spass

hinke/ghunke hinken 4. Klasse: Infinitiv: ä, e – Präs. Perf.: o u


I ha drei Monet ghunke.
befähle/befohle befehlen
Ich habe drei Monate gehinkt.
Mir hei ne befohle mitzcho.
rünne/grunne rinnen Wir haben Ihnen befohlen mitzukommen.
Üses Dach het grunne.
bräche/broche brechen
Unser Dach hat geronnen.
Mys Härz isch broche !
schimpfe/gschumpfe schelten, schimpfen Mein Herz ist gebrochen!
My Mueter het nie mit mir gschumpfe.
empfähle/empfohle empfehlen
Meine Mutter hat mich nie gescholten.
Chöit dihr mir e guete Wy empfähle?
schinte/gschunte schälen Können Sie mir einen guten Wein empfehlen?
Me sött d Härdöpfel schinte.
erbräche/erbroche erbrechen
Man sollte die Kartoffeln schälen.
Uf der Bärgstrass het my Tochter müesse erbräche.
schlingge/gschlungge schlenkern Auf der Bergstrasse musste meine Tochter erbrechen.
My Bueb het sy Schuelsack gschlungge, jitz isch er kaputt.
erschrecke/erschrocke erschrecken
Mein Junge hat seinen Schulranzen geschlenkert, jetzt ist er kaputt.
Si sy furchtbar erschrocke.
schwinge/gschwunge schwingen Sie sind furchtbar erschrocken.
Mir wei üsi Arme schwinge !
fächte/gfochte fechten
Wir wollen die Arme schwingen!
Si het scho als Chind gfochte.
singe/gsunge singen Sie hat schon als Kind gefochten.
Mir hei zum erschtemal es Lied vom Mozart gsunge.
flächte/gflochte flechten
Wir haben ein Lied von Mozart gesungen.
Hüt cha fasch niemer meh flächte.
schwelle/gschwulle schwellen Heute kann fast niemand mehr fl echten.
Sy Arm isch fescht gschwulle.
gälte/ggulte gelten
Sein Arm ist geschwollen.
Di Pass gilt nümme.
schwümme/gschwumme schwimmen Dein Pass ist nicht mehr gültig.
Syt dihr hüür scho ir Aare gschwumme?
gebäre/gebore gebären
Sind Sie in diesem Jahr bereits in der Aare geschwommen?
Ihres dritte Chind isch nächti gebore.
sinke/gsunke sinken Ihr drittes Kind ist gestern abend geboren.
Ds Schiff isch innert zwo Stund gsunke.
hälffe/ghulffe helfen
Das Schiff ist innerhalb von zwei Stunden gesunken.
Mir hei bis am Morge am drü ghulffe abwäsche.
spinne/gspunne spinnen Wir halfen bis drei Uhr morgens abwaschen.
So viil ässe: das isch ja gspunne !
mälche/gmulche, gmolche melken
So viel essen: das ist ja verrückt!
Der Buur het syni Chüe scho gmulche.
springe/gsprunge rennen, springen Der Bauer hat seine Kühe schon gemolken.
Mir sy der ganz Wäg gsprunge.
schmelze/gschmulze schmelzen
Wir sind den ganzen Weg gerannt.
Der Schnee isch schnäll gschmulze.
stinke/gstunke stinken Der Schnee ist schnell geschmolzen.
I dere Stadt het’s z fescht gstunke.
stäche/gstoche stechen
In dieser Stadt hat es zu stark gestunken.
Es Bieni het mi gstoche.
trinke/trunke trinken Eine Biene hat mich gestochen.
Si hei nüüt anders als Milch trunke.
stähle/gstohle stehlen
Sie haben nichts als Milch getrunken.
Si hei üse ganz Schmuck gstohle.
verschwinde/verschwunde verschwinden Sie haben unseren ganzen Schmuck gestohlen.
Nach em Bankroub sy alli Röiber verschwunde.
stärbe/gstorbe sterben
Nach dem Bankraum sind alle Räuber verschwunden.
Werum isch är scho mit zwänzgi gstorbe?
winke/gwunke winken Warum ist er schon mir zwanzig gestorben?
Mir hei no us em Bus gwunke.
träffe/troffe treffen
Wir haben noch im Bus gewinkt.
Mir hei viil berüemti Schouspiler troffe.
zwinge/zwunge zwingen Wir haben viele berühmte Schauspieler getroffen.
Niemer het di zwunge, furt z gah. D Buebe hei mit der Balle e Schybe troffe.
Niemand hat dich gezwungen fortzugehen. Die Jungen haben mit dem Ball eine Scheibe getroffen..

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Das Verb

verderbe/verdorbe verderben brate/brate braten


Du hesch das Spiil verdorbe. Mir wei es Poulet brate.
Du hast dieses Spiel verdorben. Wir wollen ein Hähnchen braten.

verspräche/versproche versprechen errate/errate erraten


Werum heit dihr mir ds Paradys versproche? I ha schnäll errate, wär’s isch gsy.
Warum habt ihr mir das Paradies versprochen? Ich habe schnell erraten, wer es war.

wäägge/gwoge wiegen, wägen fahre/gfahre fahren


Hesch di hüt scho gwoge? Mir si uf Züri gfahre.
Hast du dich heute schon gewogen? Wir sind nach Zürich gefahren.

wäbe/gwobe weben gfalle/gfalle gefallen


D Chindergärteler hei es Täschli gwobe. Ds Theaterstück het mir nid gfalle.
Die Kindergartenschüler haben ein Täschchen gewoben. Das Thaterstück hat mir nicht gefallen.

wärbe/gworbe werben graate/graate geraten, gelingen


Me het währet drei Monet für d Initiative gworbe. Öji Chind sy guet graate.
Wir haben während drei Monaten für die Initiative geworben. Ihre Kinder sind gut gelungen.

wärde/worde werden grabe/grabe graben


Mir sy plötzlech chrank worde. Si hei stundelang grabe, aber nüüt gfunde.
Wir wurden plötzlich krank. sie haben stundenlang gegraben, aber nichts gefunden.
Us em Daniel wird speter e Pianischt.
höische/ghöische verlangen
Daniel wird später Pianist.
Im Restaurant het me 10 Franke z viil ghöische.
In der Gaststätte hat man 10 Franken zuviel verlangt.
5. Klasse: Infinitiv: ä, i – Präs. Sg.: i – Part. Perf.: ä hürate/ghürate heiraten
ässe/ggässe essen Si hüratet en Amerikaner.
I ha drü Blätzli ggässe. Sie heiratet einen Amerikaner
Ich habe drei Schnitzel gegessen Mir sy scho füfzg Jahr ghürate.
Wir sind schon seit fünfzig Jahren verheiratet.
frässe/gfrässe fressen
D Hünd frässe viil Fleisch. ylade/yglade einladen
Die Hunde fressen viel Fleisch Si dihr o a d Hochzyt yglade?
Sind sie auch zur Hochzeit eingeladen?
läse/gläse lesen
Heit’er ds Nöischte scho gläse? lade/glade laden
Haben Sie das Neuste schon gelesen? Du söttsch d Battery nöi lade.
Du solltest die Batterie aufl aden.
lige/gläge liegen
D Chleider sy am Bode gläge. mahle/gmahle mahlen
Die Kleider haben am Boden gelegen. Der Buur mahlt ds Chorn zwöimal im Jahr.
Der Maa isch uf em Bett gläge. Der Bauer mahlt das Korn.
Der Mann hat auf dem Bett gelegen.
male/gmale (gmalt) malen
mässe/gmässe messen Si male ds ganze Huus sälber.
Mir müesse der Bruschtumfang mässe. Sie malen das ganze Haus selber.
Wir müssen den Brustumfang messen.
salze/gsalze salzen
sitze/gsässe sitzen D Suppe isch nid gsalze.
I bi hüt der ganz Tag gsässe. Die Suppe ist nicht gesalzen.
Ich habe den ganzen Tag gesessen.
schlafe/gschlafe schlafen
Hesch guet gschlafe?
6. Klasse: Infinitiv, Präs. und Part. Perf.: gleicher Hast du gut geschlafen?
Vokal spalte/gspalte spalten
abhalte/abghalte abhalten Mir hei müesse Holz spalte.
Wir mussten Holz spalten.
Mir wei nech nid vom Spile abhalte.
Wir wollen euch nicht vom Spielen abhalten.

bache/bbache backen Diese Einteilung wurde von Arthur Bauer («Grüezi miteinand»,
Mir hei e Turte bbache. Winterthur, 1974) übernommen.
Wir haben eine Torte gebacken.
Diese Listen können nie vollständig sein, aber wir haben versucht,
blase/blase blasen eine repräsentative Auswahl vorzustellen.
Der Wind het alls furt blase.
Der Wind hat alles fortgeblasen.
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Bärndütsch – mit Spass

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