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der Abschlussprüfung
WS 2015
Martin Miernicki
Beurteilung
• Insgesamt können 40 Punkte erreicht werden
• 1. Klausur: 18 Punkte
1 Punkt je konstruktiver
• 2. Klausur: 18 Punkte Mitarbeitsmeldung
• Mitarbeit: 4 Punkte
Inhalt der LV
Wie ist die Wer führt die AP Welchen Umfang
Abschlussprüfung durch? weist die Prüfung auf?
geregelt? Wann muss Wie wird der Prüfer Was ist bei der Durch-
sie durchgeführt bestellt? führung zu beachten?
werden?
Wirtschafts-
prüfer Abschluss- Bilanzskandale
prüfung
Big Four
Enron, Worldcom,
Xerox…
Hypo-Skandal
„Wirtschaftsprüfer mit
Erinnerungslücken
Rechtsgrundlagen Gesetze, brachte die Mandatare
Prüfungsstandards auf die Palme.“
Haftungsrisiken Verpflichtungen
Kurier vom 03.09.2015,
Reformen http://kurier.at/politik/inland/hypo-
skandal-sie-beluegen-den-u-
ausschuss/150.699.367
Rechtsgrundlagen - Regelungsregime
International
International Standards on Auditing (ISA)
Supranational (EU)
Richtlinie 2006/43/EG („Abschlussprüfungsrichtlinie“), zuletzt geändert durch
Richtlinie 2014/56 EU und Richtlinie 2013/34/EU
National (Österreich)
UGB, WTBG, A-QSG, Sondergesetze, Fachgutachten, Richtlinien
• Introduction (Einleitung)
• Objectives (Ziele)
• Definitions (Definitionen)
ABER:
Wirtschaftstreuhandberufsgesetz (WTBG):
Berufsrecht, Kammer der Wirtschaftstreuhänder (KWT)
-> 040463 UK RdW: Berufsspezifisches Recht für Wirtschaftstreuhänder
Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz (A-QSG):
Qualitätssicherung und -prüfung
Österreichische Gesetze finden Sie unter
https://www.ris.bka.gv.at/default.aspx
Österreichische Regelungen
Aktiengesetz (AktG)
GmbH-Gesetz (GmbHG)
Bankwesengesetz (BWG)
Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG)
Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 (WAG)
Vereinsgesetz 2002 (VerG)
Genossenschaftsgesetz (GenG)
Privatstiftungsgesetz (PSG)
…
Österreichische Regelungen
Siehe http://www.kwt.or.at/desktopdefault.aspx/tabid-175/
Siehe http://www.iwp.or.at/index.php?id=pgpe
Österreichische Regelungen
-> Legen die Berufsauffassung fest, wie ein Abschlussprüfer eine Abschlussprüfung
nach den österreichischen Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung
durchzuführen hat (vgl. KFS/PG 1 NEU Rz 1; ALT Seite 3).
-> Konkretisieren den Sorgfaltsmaßstab, der bei der Prüfung anzuwenden ist
Vom Auditing Standards Board (ASB) des American Institute of Certified Public
Accountants (AICPA)
Neufassung nach „clarity project“: aktuelle SAS No. 122 – SAS No. 128 (unterteilt in
„AU-C sections“, zB AU-C sec. 200).
Unabhängige Aufsichtsbehörde
Fachgutachten: KFS/PG 1 NEU Rz 54: „Dieses Fachgutachten ist auf die Prüfung von Abschlüssen für Geschäftsjahre, die am oder
nach dem 30. Juni 2016 enden, anzuwenden. Eine frühere Anwendung ist zulässig.“
AP-RL: „Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen bis zum 17. Juni 2016 die erforderlichen Vorschriften, um dieser
Richtlinie nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. Die Mitgliedstaaten wenden diese
Vorschriften ab dem 17. Juni 2016 an.“ (Artikel 2 Abs. 1 RL 2014/56/EU, vgl. auch Artikel 3).
AP-VO: „Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft. Sie
gilt ab dem 17. Juni 2016. Artikel 16 Absatz 6 gilt jedoch ab dem 17. Juni 2017.“ (Artikel 44, vgl. auch Artikel 41)
„Clarity“-Projekte: ISA (bis 2009), SAS (meist bis 2012), siehe für SAS 128: „This section is effective for audits of financial
statements for periods ending on or after December 15, 2014.” (AU-C sec. 610.10)
neue ISAs zum Bestätigungsvermerk: „This ISA is effective for audits of financial statements for periods ending on or after
December 15, 2016.” (ISA 700 Revised),
siehe https://www.ifac.org/publications-resources/international-standard-auditing-isa-700-revised-forming-opinion-and-reporting
SAS-Amendment: siehe SAS No. 129, Amendment to Statement on Auditing Standards No. 122 Section 920,
siehe http://www.aicpa.org/Research/Standards/AuditAttest/DownloadableDocuments/SAS_129_Summary.pdf
Was ist die Abschlussprüfung?
Zu prüfen ist, ob der „Jahres- oder Konzernabschluss […] den gesetzlichen Vorschriften
entspricht und unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung oder
sonstiger maßgeblicher Rechnungslegungsgrundsätze ein möglichst getreues Bild der
Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens oder des Konzerns
vermittelt.“ (§ 274 Abs. 2 UGB, § 274 Abs. 1 Z 3 idF 2015; KFS/PG 1 ALT Seite 18-19; vgl. ISA
200.3, 5: „true and fair view“, „free from material misstatement“; vgl. AU-C sec. 200.04).
Die Abschlussprüfung ist prinzipiell nicht auf Zweck- und Wirtschaftlichkeit der
Geschäftsführung ausgerichtet (vgl. Aufgaben des Aufsichtsrats). Sie befreit das
Management daher nicht von dessen Pflichten (vgl. KFS/PG 1 ALT Seite 16-17, ISA 200.4,
AU-C Sec. 200.05)
Funktionen der Abschlussprüfung
Öffentlichkeit
• Kontrollfunktion
• Informationsfunktion
Abschluss-
prüfung
• Beglaubigungsfunktion
Gesellschaft/
Gesellschafter
Organe
Der „Weg“ eines Jahresabschlusses
Aufstellung
(§ 193 Abs. 2, 222 Abs. 1 UGB)
Prüfung
(§ 268 UGB)
Feststellung
(§ 96/4 AktG, § 35 GmbHG)
Offenlegung
(§ 277 ff UGB)
Pflicht zur Abschlussprüfung
§ 268 Abs. 1 und 2 UGB:
„Der Jahresabschluß und der Lagebericht von Kapitalgesellschaften sind durch einen
Abschlußprüfer zu prüfen. Dies gilt nicht für kleine Gesellschaften mit beschränkter Haftung
(§ 221 Abs. 1), sofern diese nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften einen Aufsichtsrat haben
müssen. Hat die erforderliche Prüfung nicht stattgefunden, so kann der Jahresabschluß nicht
festgestellt werden. Umstände, die in einem Verfahren nach § 270 Abs. 3 geltend gemacht
werden können, hindern die Gültigkeit der Prüfung nur, wenn ein solches Verfahren zur
Der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht von Gesellschaften sind durch einen
Abschlußprüfer zu prüfen, bevor sie dem Aufsichtsrat der Muttergesellschaft vorgelegt werden.“
sowie von
ODER: Wertpapiere
• Änderungen durch BGBl I Nr. 22/2015: siehe § 906 Abs. 28, 29 (ebenfalls neu:
„Kleinstkapitalgesellschaften“, „Unternehmen von öffentlichem Interesse“)
• § 82 VAG: Versicherungsunternehmen
• § 21 PSG: Privatstiftungen
• § 60 f BWG: Kreditinstitute
• und weitere…
Verletzung der Prüfungspflicht
Die Prüfungspflicht ist erst dann erfüllt, wenn der Abschlussprüfer
-> Fachgutachten sind generelle Gutachten, die die Berufsauffassung über die österreichischen
Grundsätzen ordnungsmäßiger Abschlussprüfung festlegen und den Sorgfaltsmaßstab von
Abschlussprüfern konkretisieren
-> Durch die Reform der Fachgutachten werden die ISA übernommen und zur angemessenen
Interpretation der Grundsätze der ordnungsgemäße Abschlussprüfung erklärt
-> Dementsprechend finden sich oft Ergänzungen und Klarstellungen in den neuen Gutachten, die
die Anwendung der ISA erleichtern sollen (vgl. KFS/PG 1 NEU Rz 14).
-> Vergleichen Sie den Umfang und Aufbau der Fachgutachten nach und vor deren Neufassung
ALT: http://www.kwt.or.at/PortalData/2/Resources/downloads/downloadcenter/KFS-PG1.pdf
NEU:
http://www.kwt.or.at/PortalData/2/Resources/downloads/downloadcenter/fga/KFSPG1_240620
15_RF.pdf
2.) Die XY-GmbH (Stammkapital € 200.000) mit Sitz in Wien weist folgende
Merkmale auf:
2011 2012 2013 2014
Bilanzsumme € 3 Mio. € 2,5 Mio. € 5,5 Mio. € 4,5 Mio.
Umsatzerlöse € 6 Mio. € 5,5 Mio. € 11 Mio. € 10,5 Mio.
Mitarbeiter 52 35 45 40
(Jahresdurchschnitt)
Gesellschafter 55 55 54 54
Gesellschafter 55 55 54 54
-> Es liegt eine kleine GmbH iSd § 221 Abs. 1 UGB vor. Daran ändert die zweifache
Überschreitung des Grenzwerts für Umsatzerlöse (2013 und 2014) nichts, da nur ein
Merkmal überschritten wird. Würde auch die Bilanzsumme den Grenzwert 2014
überschreiten, läge Prüfungspflicht vor.
Anmerkung: Die Merkmale im Jahre 2015 selbst sind irrelevant für die Prüfungspflicht.
-> Gemäß § 268 Abs. 1 ist eine kleine GmbH nur prüfungspflichtig, wenn sie einen
Aufsichtsrat haben muss. Da das Stammkapital € 70.000 überschreitet und die
Gesellschaft mehr als fünfzig Gesellschafter hat, muss ein Aufsichtsrat bestellt werden
(§ 29 Abs. 1 Z 1 GmbHG).
-> Ergebnis: Die Gesellschaft ist für das Geschäftsjahr 2015 gemäß § 268 Abs. 1 Satz 2
iVm § 29 Abs. 1 Z 1 GmbHG prüfungspflichtig.
3.) Die Sonnenstudio-KG betreibt mehrere Solarien und hat als Kommanditisten die
Investment-AG sowie Fridolin und Susi; der einzige Komplementär ist die Sunburn-
GmbH. Sie weist folgende Merkmale auf:
2011 2012 2013 2014
Bilanzsumme € 4 Mio. € 4,5 Mio. € 5,1 Mio. € 5,5 Mio.
Umsatzerlöse € 6,5 Mio. € 7,5 Mio. € 11 Mio. € 12 Mio.
Mitarbeiter 30 35 49 52
(Jahresdurchschnitt)
-> Die Sonnenstudio-KG ist als Kommanditgesellschaft eine Personengesellschaft, die prinzipiell nicht nach §
268 UGB prüfungspflichtig ist. Allerdings sind die Vorschriften über die Abschlussprüfung dann anzuwenden,
wenn sie unternehmerisch tätig ist und keine natürliche Person unbeschränkt haftender Gesellschafter ist (§
221 Abs. 5 UGB, vgl. neuen § 189 UGB).
Anmerkung: Genauer gesagt liegt eine GmbH & CO-KG vor (oft werden Fridolin oder Susi auch in der
Geschäftsführung der Sunburn-GmbH mitwirken). Dies müsste aus der Firma erkennbar sein (§ 19 Abs. 2 UGB).
-> Da der einzige Komplementär eine GmbH ist, kommen die Regelungen zur GmbH zur Anwendung (§ 221 Abs.
5).
Anmerkung: Als Kommanditist haftet die Investment-AG nur beschränkt und ist daher irrelevant.
-> 2013 und 2014 werden hintereinander zwei Merkmale des § 221 Abs. 1 überschritten. Daher würde eine
mittelgroße GmbH vorliegen, die jedenfalls prüfungspflichtig ist (§ 268)
-> Ergebnis: Die Sonnenstudio-KG ist gemäß § 221 Abs. 5 iVm § 268 prüfungspflichtig.
4.) Bei der Windig-AG beschließt man, sich das Geld für die Prüfung des Jahresabschlusses zu
sparen, da man ohnehin nicht prüfungspflichtig sei und die Satzung eine Prüfung nicht vorsieht.
Um sicher zu gehen, wird die Frage von Aufsichtsrat und Vorstand der Hauptversammlung
vorgelegt. Die Gesellschafter in der Hauptversammlung sind zufrieden und stellen einstimmig
den Jahresabschluss fest. Aufgrund des Gewinnverteilungsbeschlusses erhalten die
Gesellschafter Dividenden. Im darauffolgenden Jahr wird die Prüfung ordnungsgemäß
durchgeführt und der Jahresabschluss vom Aufsichtsrat festgestellt.
Wie sind diese Vorgänge zu beurteilen? Begründen Sie Ihre Lösung und nehmen Sie an, dass
keine Gesellschaft nach § 259 Abs. 2 AktG vorliegt!
-> Die AG ist eine Kapitalgesellschaft und mangels Ausnahmebestimmungen immer prüfungspflichtig. Dass die
Satzung keine Prüfung vorsieht ist irrelevant, da es sich bei § 268 UGB um eine zwingende
Gesetzesbestimmung handelt, die jedenfalls zu beachten ist.
Anmerkung: Eine Änderung der Satzung wäre nach § 146 AktG durch eine Drei-Viertel-Kapitalmehrheit
möglich.
-> Der Feststellungsbeschluss ist nichtig (§ 199 Abs. 1 AktG iVm § 268 UGB). Daran ändert auch die Zustimmung
aller Gesellschafter nichts, da es sich um zwingendes Recht handelt (-> vgl. oben zu Funktionen der
Abschlussprüfung). Prinzipiell ist es aber möglich, den Beschluss zur Feststellung des Jahresabschlusses der
Hauptversammlung vorzulegen (§ 96 Abs. 4 AktG).
Anmerkung: § 199 Abs. 1 AktG wird in diesem Zusammenhang analog auf prüfpflichtige GmbHs angewandt.
-> Die Nichtigkeit betrifft auch Gewinnverteilungsbeschlüsse, die auf Grundlage des ungeprüften Abschlusses
ergehen. Die Gesellschafter müssen Dividenden, die sie auf Grund eines ungeprüften JA rechtsgrundlos
erhalten, zurückzahlen (Einlagenrückgewähr). In Betracht käme allenfalls ein gutgläubiger Erwerb (vgl. § 56
AktG).
-> Die Nichtigkeit von Folgeabschlüssen (d.h. Abschlüsse, die folgende Geschäftsjahre betreffen) ist strittig. Sie
können daher bei der Lösung argumentieren.
Literatur
• Straube/Ratka/Rauter, Wiener Kommentar zum Unternehmensgesetzbuch – UGB (aktueller Stand
auf https://rdb.manz.at/home).