Übersicht
Zertifizierung des Qualitätsmanagements nach DIN EN ISO 9001:2015
ISO 9001:2015 Certification in Quality Management
Autoren
Christian Enders, Gabriele E. Lang, Gerhard K. Lang,
Jens Ulrich Werner
Institut
Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Ulm
Schlüsselwörter
Qualitätsmanagement, ISO, 9001:2015, Zertifizierung
Key words
quality, management, certification, 9001:2015, ISO
eingereicht 15. 2. 2017
akzeptiert 6. 3. 2017
Bibliografie
DOI https://doi.org/10.1055/s-0043-111084
Klin Monatsbl Augenheilkd 2017; 234: 886–890 © Georg
Thieme Verlag KG Stuttgart · New York | ISSN 0023-2165
Korrespondenzadresse
Dr. Christian Enders
Klinik für Augenheilkunde, Universitätsklinikum Ulm
Prittwitzstr. 43, 89075 Ulm
Tel.: 07 31/5 00-5 92 03, Fax: 07 31/5 00-5 90 52
christian.enders@uniklinik-ulm.de
Einführung
Wie im gesamten Gesundheitssektor soll auch in der Augenheil-
kunde das Qualitätsmanagement eine jederzeit adäquate Versor-
gung der Patienten bei gleichzeitiger Kosteneffizienz ermögli-
chen. Das komplexe Geschehen medizinischer Behandlungen be-
darf gut strukturierter Arbeits- und Behandlungsabläufe [1]. Sinn-
volles Qualitätsmanagement verbessert Strukturen, Prozesse und
Ergebnisse einer Einrichtung [2]. Auch der Gesetzgeber sieht die
Notwendigkeit von Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen.
Gemäß Sozialgesetzbuch V, §§ 135 und 136, sind „die Leistungs-
erbringer (…) zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität
der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen
müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkennt-
nisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität er-
bracht werden. (…) Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt
für die vertragsärztliche Versorgung und für zugelassene Kranken-
häuser grundsätzlich einheitlich für alle Patienten (…) die ver-
pflichtenden Maßnahmen der Qualitätssicherung (…) sowie die
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ZU SAM ME N FA SS UN G
Sinnvoll genutztes Qualitätsmanagement verbessert die
Strukturen, Prozesse und Ergebnisse von Organisationen ver-
schiedenster Art. Viele Praxen und Kliniken lassen ihr vorhan-
denes Qualitätsmanagementsystem gemäß ISO 9001 zertifi-
zieren, u. a. um das eigene Qualitätsmanagementsystem zu
überprüfen oder um ein Zeugnis gegenüber Dritten zu erhal-
ten. Die neueste Version ISO 9001:2015 enthält einige Ver-
änderungen; sowohl strukturell als auch inhaltlich. Diesen
Veränderungen kann mit vertretbarem Aufwand entsprochen
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werden. Eine Zertifizierung nach ISO 9001:2015 stellt einen
Mehrwert für die eigene Organisation dar, diese Vorteile sind
aber oft nicht direkt messbar.
AB STR AC T
Quality management improves the structures, processes and
results of organizations of all kinds. Many practices and clinics
have their existing quality management system certified ac-
cording to ISO 9001, (e.g., to check their own quality manage-
ment system or to obtain a testimonial against third parties).
The latest version ISO 9001:2015 contains some changes,
both structurally and in terms of content. These changes can
be met with reasonable efforts. An ISO 9001:2015 certifica-
tion represents a value for your organization, but these advan-
tages are often not directly measurable.
grundsätzlichen Anforderungen an ein einrichtungsinternes Qua-
litätsmanagement“. Grundlage für ein anwendbares Qualitäts-
managementmodell sollte laut dem Gemeinsamen Bundesaus-
schuss (GBA) das Prinzip des umfassenden Qualitätsmanage-
ments sein. Dieses Prinzip beinhaltet die Elemente: Patienten-
orientierung, Patientensicherheit, Verantwortung und Führung,
Wirtschaftlichkeit, Prozessorientierung, Mitarbeiterorientierung
und ‑beteiligung, Zielorientierung und Flexibilität, Fehlervermei-
dung und Umgang mit Fehlern, kontinuierlicher Verbesserungs-
prozess. Unter anderem gelten entsprechende Richtlinien des
GBA für in der Versorgung tätige Vertragsärzte sowie Kranken-
häuser.
Eine Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems ist nicht
gesetzlich vorgeschrieben (Ausnahme: Rehabilitationskliniken),
wird jedoch durch viele Leistungserbringer angestrebt [2]. Der
Nutzen dieser teilweise sehr aufwendigen Zertifizierungen ist al-
lerdings nicht wissenschaftlich belegt. Es soll in diesem Artikel
nicht das Pro und Contra von Qualitätsmanagement an sich er-
örtert werden, da hierzu ausführliche Stellungnahmen u. a. im
Deutschen Ärzteblatt erschienen sind [3, 5, 6]. Es soll eine Einfüh-
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rung in die Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems nach
ISO-Norm gegeben werden. Außerdem werden erste Erfahrungen
mit der Zertifizierung nach der aktuellsten ISO-Norm an unserer
Klinik dargestellt.
Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2015
Eine Zertifizierung kann nach verschiedenen Normen und Syste-
men erfolgen. Dabei beschreibt eine Qualitätsmanagementnorm,
welchen Anforderungen das Managementsystem einer Organisa-
tion genügen muss, um einem gewissen Standard zu entspre-
chen. Dies kann sowohl informativ zur Umsetzung innerhalb einer
Organisation dienen als auch zum Nachweis bestimmter Stan-
dards gegenüber externen Parteien. Der Nachweis wird durch
einen Zertifizierungsprozess erbracht mit anschließender Ausstel-
lung eines zeitlich befristeten Zertifikats durch unabhängige Zer-
tifizierungsstellen. Eine der am weitesten verbreiteten Manage-
mentsystemnormen ist die Norm 9001 der Internationalen Orga-
nisation für Normung (ISO) [2]. Diese Norm ist eine universell gül-
tige und weltweit anerkannte Norm, die nicht speziell auf das
Gesundheitswesen zugeschnitten ist.
Im November 2015 wurde vom Deutschen Institut für Nor-
mung (DIN) die deutschsprachige Version der überarbeiteten
Managementsystemnorm 9001 veröffentlicht. In der nun gülti-
gen Form 9001:2015 löst sie die Vorversion 9001:2008 ab [4].
Dies hat Auswirkungen für alle Kliniken und Vertragsärzte, die
eine erstmalige oder erneute Zertifizierung ihres Qualitätsmana-
gementsystems nach dieser Norm anstreben, da an der Norm
einige Veränderungen vorgenommen wurden.
Im Oktober 2016 wurde das Qualitätsmanagementsystem un-
serer Klinik für Augenheilkunde nach ISO 9001:2015 zertifiziert.
Als eine der ersten Universitätsaugenkliniken in Deutschland hat
unsere Klinik eine Zertifizierung nach ISO 9001:2015 mit allen Be-
reichen erworben (gesamtes Spektrum der konservativen und
chirurgischen ambulanten und stationären Patientenversorgung
einschließlich spezieller Diagnostik im vorderen und hinteren Au-
genabschnitt, OP und Tagesklinik sowie die Bereiche Laserchirur-
gie, Hornhautbank, Sehschule, vergrößernde Sehhilfen, Kontakt-
linsen, Ophthalmopathologie, klinische Studien, experimentelle
Forschung und Lehre). Die seit dem Jahr 2007 bestehende Zertifi-
zierung nach ISO 9001 (zunächst nach 9001:2000, später nach
9001:2008) wurde erfolgreich fortgeführt.
Eine Zertifizierung nach ISO 9001 bedeutet, dass das Qualitäts-
managementsystem, welches das ganze Jahr über in der Klinik im
Einsatz ist, auf seine Konformität zur Norm ISO 9001 geprüft wird,
ob also alle Forderungen dieser Norm erfüllt werden. Die Norm
ISO 9001 wird dargelegt in einem Dokument von 71 Seiten, un-
terteilt in 10 Kapitel (siehe Box). Für einige Forderungen werden
in der Norm konkrete Vorgaben gemacht wie z. B. „Die Qualitäts-
politik muss als dokumentierte Information verfügbar sein und
aufrechterhalten werden“. In anderen Punkten besteht ein gewis-
ser Interpretationsspielraum, da eher allgemeinere Formulierun-
gen gewählt wurden. Die konkrete Umsetzung durch das Quali-
tätsmanagementteam erhält hier etwas mehr Spielraum. Durch
die universellen Formulierungen ist es aber oft eine Herausforde-
rung, das richtige Maß zu finden, bspw. in der Forderung: „Das
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Qualitätsmanagementsystem der Organisation muss beinhalten:
dokumentierte Information, welche die Organisation als notwen-
dig für die Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems be-
stimmt hat.“
INHALT SVER ZEICHNI S DER ISO 9001:20 15
1. Anwendungsbereich
2. Normative Verweisungen
3. Begriffe
4. Kontext der Organisation
5. Führung
6. Planung
7. Unterstützung
8. Betrieb
9. Bewertung der Leistung
10. Verbesserung
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Bei der Zertifizierung wird nicht nur überprüft, ob an einem be-
stimmten Stichtag gewisse Dokumente in der Organisation vor-
handen sind. Es wird vor allem auch überprüft, ob die Umsetzung
der z. B. in Dokumenten dargestellten Abläufe und Prozesse in der
Realität erfolgt und ggf. Konsequenzen abgeleitet werden.
An unserer Klinik wurde das Zertifizierungsaudit über 3 Tage
vor Ort durchgeführt und mit einem Abschlussgespräch beendet,
in dem der Auditor auch hilfreiche Anmerkungen geben konnte.
Diese wurden eine Woche später auch schriftlich an die Klinik-
leitung übergeben. Eine Abweichung von der Norm wurde nicht
festgestellt.
Die Norm ISO 9001:2015 besteht aus 10 Kapiteln. Die Struktur
folgt dabei dem im Qualitätsmanagement omnipräsenten Plan-
do-check-act-Zyklus (http://www.tuev-sued.de/uploads/images/
1446819494462422561608/landkarte-iso140012015-pla-594x
841-p-15-07-22-rz.pdf).
Zusätzlich zum Studium der Norm ISO 9001:2015 empfehlen
wir, dass man sich im Vorfeld mit den Qualitätsmanagement-
begriffen aus der Norm ISO 9000:2015 vertraut macht, in der die
verwendeten Begriffe definiert werden.
Bevor die Zertifizierung vorbereitet wird, sollten das Qualitäts-
managementteam (QM-Team) und dessen Ressourcen benannt
werden. Wir empfehlen hier, die Leitung und Mitarbeiter aus un-
terschiedlichen Bereichen einzubeziehen. Ein kompletter Leit-
faden für eine Zertifizierung nach ISO 9001:2015 würde diesen
Rahmen sprengen. Es werden im Folgenden einige ausgewählte
Themen der aktualisierten Norm vorgestellt und unser Vorgehen
mit Beispielen erläutert.
Für die Rezertifizierung unseres Qualitätsmanagementsystems
legten wir bei der Umstellung von ISO 9001:2008 auf 9001:2015
besonderes Augenmerk auf folgende Kapitel:
▪ Kontext der Organisation (Kapitel 4 der Norm)
▪ Wissen der Organisation (Kapitel 7 der Norm)
▪ Risikomanagement (Kapitel 9 der Norm)
887
 Übersicht

Grundlagen (Kapitel 1–6)

Um überhaupt ein Qualitätsmanagementsystem etablieren zu

können, sollten zunächst die Anforderungen daran festgelegt
werden. Bei einer Ausrichtung des Qualitätsmanagementsystems
an der ISO 9001:2015 sollte zunächst der Anwendungsbereich der
Norm definiert werden. Es muss nicht jeder Bereich der Klinik zer-
tifiziert werden, es ist auch möglich nur einzelne Teile zertifizieren
zu lassen. Des Weiteren soll der Kontext der Organisation dar-
gestellt werden, da von diesem auch die Anforderungen an das
Qualitätsmanagement abhängen. Die Klinik oder Praxis sollte alle
interessierten Parteien kennen und in Bezug zu sich stellen. Das
sind z. B. Patienten und Krankenkassen, kooperierende Kliniken
▶ Abb. 1 SWOT-Analyse.
oder auch die eigenen Mitarbeiter. Besonders im Vergleich zu
Wettbewerbern sollten auch die eigenen Stärken und Schwächen
einhergehend mit Chancen und Bedrohungen analysiert werden.
In unserer Klinik werden hierfür regelmäßig SWOT-Analysen

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(SWOT: Strengths Weaknesses Opportunities Threats) durch das
QM-Team durchgeführt und ggf. Maßnahmen abgeleitet (siehe
▶ Abb. 1). Durch die Einbindung des ärztlichen Direktors/ärzt-
lichen Leiters in diese Analysen kann hier bereits das von der Norm
geforderte „Engagement der obersten Leitung“ demonstriert
werden und gleichzeitig auf das Chancen- und Risikomanagement
eingegangen werden.
Die von der obersten Leitung ersonnene Qualitätspolitik soll al-
len Mitarbeitern bekannt sein und jederzeit eingesehen werden
können. Dies kann durch Aushänge an von Mitarbeitern viel fre-
quentierten Orten erfolgen sowie durch ein Hinterlegen des
Dokuments im Qualitätsmanagementhandbuch.

Unterstützung der Organisation (Kapitel 7)

Dieser in Kapitel 7 der Norm zusammengefasste Teil des Quali-

tätsmanagements kann auch als Gerüst des Qualitätsmanage-
mentsystems angesehen werden. Die für das Qualitätsmanage-
ment notwendigen Ressourcen müssen festgelegt sein. An unse-
rer Klinik besteht das QM-Team aus 6 Mitarbeitern. Darunter sind
der ärztliche Direktor, eine Fachärztin, 2 Assistenzärzte und 2 Pfle-
gekräfte aus dem OP-Bereich und der Station. Dem QM-Team ste-
hen ein eigener PC-Arbeitsplatz sowie insgesamt 4 Arbeitsstun-
den pro Woche zur Verfügung, um das Qualitätsmanagementsys-
tem zu pflegen und zu verbessern. Die dokumentierte Informa-
tion (Verfahrensanweisungen, Arbeitsanweisungen, Leitlinien, Be-
handlungsschemata etc.) wird im Qualitätsmanagementhand-
buch auf Basis des Dokumentenmanagementsystems SharePoint
(Firma Microsoft) gespeichert. Die Dokumente werden in indivi-
duell festgelegten Intervallen, reichend von 3 bis 24 Monaten,
von hierfür eigens festgelegten Bearbeitergruppen inhaltlich be-
arbeitet oder überprüft und anschließend zur formellen Freigabe
an das QM-Team geschickt. Die Aktualität der Dokumente, deren
Nutzen für die Organisation und deren formelle Richtigkeit wer-
den hierdurch gewährleistet. Die Maßnahmenüberwachung des
QM-Teams wird mithilfe einer zentralen Excel-Datei durchgeführt
und in monatlichen Sitzungen des QM-Teams aktualisiert. Als ei-
gener Punkt wird in der ISO 9001:2015 erstmals das Wissen der
▶ Abb. 2 Risikomatrix.
Organisation explizit angesprochen. Hierunter verstehen wir ver-
schiedene Aspekte. Das fachliche Wissen im Bereich Augenheil-
kunde wird in unserer Klinik durch regelmäßige interne und exter-
ne Fortbildungen, Morbiditätskonferenzen, die Präsenz und aktive
Mitwirkung an nationalen und internationalen Fachkongressen
sichergestellt. Unterstützend stehen der Klinik regelmäßige Be-
sprechungen (Oberarztbesprechung, Assistentenbesprechung,
Stationsbesprechung, Forschungssitzung, Klausurtagung etc.) so-
wie ein Fortbildungsplan, ein Curriculum und eine Qualifikations-
matrix zur Verfügung.
Risikomanagement (Kapitel 9)
Das Risikomanagement umfasst sämtliche Maßnahmen zur syste-
matischen Erkennung, Analyse, Bewertung, Überwachung und
Kontrolle von Risiken. Der große Umfang, in dem Risikomanage-
ment betrieben werden kann, wird dadurch klar ersichtlich, dass

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▶ Abb. 3 Beispiel einer Verfahrensanweisung mit Risikobewertung.

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 Übersicht
es für diesen Teil des Qualitätsmanagements eine eigene Norm
der ISO gibt (ISO 31000). Die Forderungen des Kapitels „Umgang
mit Chancen und Risiken“ der ISO 9001:2015 wurden in unserer
Klinik durch verschiedene Maßnahmen erfüllt.
Unsere Klinik nutzt das klinikumsweite Critical-Incident-Re-
porting-System (CIRS). Dieses System ermöglicht es Mitarbeitern,
kritische Ereignisse im Klinikalltag über ein elektronisches Formu-
lar an eine zentrale Stelle zu melden. Ein kritisches Ereignis ist ein
Ereignis, das den Patienten gefährden kann, ihn aber nicht ge-
schädigt hat. Es ist also ein Beinaheschaden und soll nicht wieder
vorkommen. Die so generierten und anonymisierten Meldungen
werden über die zentrale Stabsstelle Qualitätsmanagement an
den Ärztlichen Direktor weitergeleitet und Maßnahmen gefordert
und vorgeschlagen. Alle CIRS-Meldungen inklusive der daraus fol-
genden Maßnahmen werden halbjährlich mit der gesamten Ab-
teilung diskutiert. Eine offene Fehlerkultur ohne Schuldzuweisun-
gen ist hierfür nötig.
Die Anforderungen, welche die ISO 9001:2015 an das prozess-
orientierte Risikomanagement stellt, werden von Auditoren un-
terschiedlich bewertet. Wir haben uns für die etwas aufwendigere
Methode entschieden. Jeder Prozess in unserer Klinik, insbeson-
dere die Kernprozesse, wurden vom QM-Team auf Risiken geprüft
und vorhandene Risiken bewertet. Die Bewertung erfolgt anhand
einer Risikomatrix, dargestellt in ▶ Abb. 2. Die x-Achse beschreibt
dabei die Häufigkeit des Eintretens eines gewissen Risikos, die y-
Achse beschreibt die Schwere bei Eintreten des Risikos. Daraus er-
gibt sich ein dringender Handlungsbedarf bei Risiken im roten Be-
reich, ein mittlerer Handlungsbedarf bei Risiken im gelben Bereich
und zurückgestellter Handlungsbedarf im grünen Bereich.
Die Dokumentation der Risikobewertung erfolgte in einer zu-
sätzlichen Spalte der in unserer Klinik i. d. R. bereits vorhandenen
Prozessbeschreibungen im Qualitätsmanagementhandbuch. Ein
Beispiel hierfür zeigt ▶ Abb. 3. Ob die Risikoanalyse tatsächlich
auf jeden einzelnen Prozess angewendet werden muss, um der
ISO 9001:2015 zu entsprechen, ist Interpretationssache. Eine kla-
re Empfehlung hierzu kann aufgrund des hohen Aufwands und
der Kontroversen unter verschiedenen Auditoren hier nicht gege-
ben werden.
Fazit
Die erste Rezertifizierung unseres Qualitätsmanagementsystems
nach ISO 9001:2015 verlief ohne Abweichungen und erbrachte
dazu durch den anschließenden Auditbericht wertvolle Hinweise
an das QM-Team, welche Verbesserungen noch durchgeführt
werden können. Die im Vorfeld der Zertifizierung erbrachte Leis-
tung des QM-Teams und aller Mitarbeiter wurde mit dem Zertifi-
kat, das nun 3 Jahre Gültigkeit behält, belohnt. Der Aufwand, der
für unsere Klinik durch die direkten und indirekten Kosten der Zer-
tifizierung entstand, kann nicht durch messbare Vorteile der Zer-
tifizierung gegengerechnet werden.
Generell können folgende Vorteile von einer Zertifizierung er-
wartet werden:
▪ Überprüfung des eigenen Qualitätsmanagements von extern
▪ Zeugnis nach außen für Patienten und Kooperationspartner
sowie bei Gerichtsverfahren oder Regressen
890 Enders C et al. Zertifizierung des Qualitätsmanagements …
▪ Belohnung der Mitarbeiter für die ganzjährige Arbeit
▪ Vorbereitung auf möglicherweise verpflichtende Zertifizierun-
gen in der Zukunft
Der aus unserer Sicht wichtigste Vorteil einer Zertifizierung liegt
nicht in der nur kurz dauernden Zertifizierung vor Ort an 3 Tagen
im Jahr und dem Zertifikat, das zur Schau gestellt werden kann.
Vielmehr kann durch die regelmäßigen Audits von außen das ei-
gene QM-Team die notwendige Aufmerksamkeit im Klinikalltag
und damit Ressourcen und Unterstützung erhalten und ist da-
durch imstande, noch motivierter und effizienter an den restli-
chen 362 Tagen im Jahr die Qualität der in der Klinik angebotenen
Leistungen zu überprüfen und zu verbessern. Ein gutes Qualitäts-
management kann auch ohne Zertifizierung durchgeführt wer-
den. Durch die alltäglichen Herausforderungen der Patientenver-
sorgung kann das Qualitätsmanagement als unterstützendes Ele-
ment jedoch schnell in Vergessenheit geraten. Eine regelmäßige
Überprüfung des eigenen Qualitätsmanagements stellt dessen
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korrekte Anwendung sicher. Bei jeder Maßnahme des Qualitäts-
managements muss aber auch kritisch hinterfragt werden, ob sie
wirklich nötig und sinnvoll ist und nicht nur der Dokumentations-
und Regelungswut entspringt und damit wertvolle Ressourcen in
Anspruch nimmt.
Zusammenfassung
▪ Die Zertifizierung nach ISO 9001:2015 kann mit vertretbarem
Aufwand durchgeführt werden.
▪ Eine Zertifizierung nach ISO 9001:2015 stellt einen Mehrwert
für die eigene Organisation dar.
▪ Die Vorteile einer Zertifizierung sind oft nicht direkt messbar.
▪ Qualitätsmanagement muss den Zielen der Organisation die-
nen und soll kein Selbstzweck sein.
Interessenkonflikt
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Literatur
[1] Diel F, Lessing C. Qualitätssicherung: Einheitliche Richtlinie mit Gestal-
tungsspielraum. Dtsch Arztebl 2016; 113: 45
[2] Wolf K, Kossak P. Qualitätsmanagement im Krankenhaus verstehen und
anwenden. Düsseldorf: Symposion Publishing GmbH; 2016
[3] Gerst T. Qualitätsmanagement: Reizthema für Ärzte. Dtsch Arztebl
2014; 111: 41
[4] Im Internet: http://www.din.de/de/din-und-seine-partner/presse/
mitteilungen/revision-von-iso-9001-und-iso-14001-veroeffentlicht-
87840; Stand: 16.09.2016
[5] Bach O, Eberlein-Gonska M. Qualitätsmanagement im Krankenhaus: In-
tegraler Bestandteil der Führungsstrategie. Dtsch Arztebl 2014; 111: A-
1558 / B-1346 / C-1278
[6] Costa SD. Qualitätsmanagement im Krankenhaus: Nicht zum Nutzen der
Patienten. Dtsch Arztebl 2014; 111: A-1556 / B-1344 / C-1276
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