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Humboldt-Universität zu Berlin

Lehrstuhl für Management


Prof. Dr. Anja Schöttner

Lehrveranstaltung: Strategie, Organisation und Information Technology

Übungsaufgabenblatt 2: Organisation vs. Markt (Transaktionskosten und Hold-up)

Aufgabe 2.1
Nennen Sie Beispiele für unterschiedliche Transaktionskosten bei Abschluss eines
Arbeitsvertrages und versuchen Sie, diese zu systematisieren.

Lösung:

Arbeitgeber Arbeitnehmer (AN)


Anbahnungskosten Inserat aufgeben; Inserate lesen;
Lesen der Bewerbungen; Informationen über
Führen von Unternehmen sammeln;
Vorstellungsgespräche Bewerbungen schreiben;
Führen von
Vorstellungsgesprächen
Vereinbarungskosten Verhandeln und Aufsetzen Verhandeln und Prüfen des
des Arbeitsvertrages Arbeitsvertrages
Kontrollkosten Messung der Arbeitsleistung Überprüfen des korrekten
(erfüllte AN Pflichten wie Zahlungseingangs (z.B.
vereinbart) Stücklöhne)
Durchsetzungskosten Abmahnung bei Einklagen von
Fehlverhalten Vertragsbestandteilen vor
Gericht; Bestehen auf nur
mündlich zugesagten
Sonderzuwendungen

Anpassungskosten Verhandeln und Aufsetzen Verhandeln von


von Vertragsänderungen, Vertragsänderungen, z.B.
z.B. veränderte Teilzeit aus familiären
Arbeitszeiten, Gründen (Kindererziehung,
Aufgabenzuweisung, Gehalt; Altenpflege); Bitte um
glaubhafte Information des Lohnerhöhung;
AN über Notwendigkeit Nachverhandeln bei
dieser Änderungen besserem Jobangebot

Aufgabe 2.2
Was versteht man unter unvollständigen Verträgen? Weshalb sind Verträge in der Praxis
häufig unvollständig?

Stand: 6. Mai 2020 Seite 1 von 4


Lösung:
• Definition:
Ein Vertrag ist unvollständig, wenn er nicht alle transaktionsrelevanten Details explizit
regelt. Das heißt, der Vertrag legt nicht das Verhalten der Vertragsparteien für alle
möglichen zukünftigen Umweltzustände fest.
Beispiel Arbeitsvertrag: Regelt nur selten explizit die genauen Aufgaben des
Arbeitnehmers (z.B. Verträge für wissenschaftliche Mitarbeiter*innen: „Mitarbeit in
Forschung und Lehre am Lehrstuhl“)
• Gründe:
▪ Begrenzte Rationalität der Vertragsparteien: Es ist im Allgemeinen nicht möglich,
alle zukünftigen Umweltzustände vollständig vorherzusehen, z.B. Angebot der
Lehrveranstaltungen eines Lehrstuhls über den gesamten Beschäftigungszeitraum
eines Mitarbeiters.
▪ Prohibitiv hohe Vereinbarungskosten: Es ist zu aufwendig, einen Vertrag
aufzusetzen, der alle (auch noch so unwahrscheinlichen) möglichen
Umweltzustände berücksichtigt und das jeweilige Verhalten regelt
(Opportunitätskosten der Zeit).
▪ Prohibitiv hohe Durchsetzungskosten: Es ist möglich, dass die Einhaltung
bestimmter Vereinbarungen zwar von den Vertragsparteien selbst beobachtbar ist,
jedoch nicht bzw. nur zu sehr hohen Kosten von einer unabhängigen dritten
Partei, z.B. einem Gericht. In diesem Fall ist die Einhaltung der Vereinbarung
nicht verifizierbar. Die Vertragsparteien können dann zwar (implizite)
Vereinbarungen treffen, deren Einhaltung jedoch nicht vor Gericht einklagen.

Aufgabe 2.3
a) Grenzen Sie die Begriffe Beobachtbarkeit und Verifizierbarkeit voneinander ab.
b) Die Inhaberin einer Bäckerei beschäftigt mehrere Mitarbeiter für den Verkauf, wobei
stets zwei Mitarbeiter gleichzeitig im Verkaufsraum tätig sind. Welche Dimensionen
des Jobs sind der Inhaberin vermutlich wichtig? Welche dieser Dimensionen sind
verifizierbar?

Lösung:
a) Eine Handlung ist beobachtbar, aber nicht verifizierbar, wenn sie zwar von der an der
Transaktion beteiligten Parteien beobachtbar ist, jedoch nicht von einer dritten
unabhängigen Partei, z.B. einem Gericht.

b) Job-Dimensionen: Umsatz, Freundlichkeit, Pünktlichkeit (wird das Geschäft pünktlich


geöffnet und geschlossen), Hilfsbereitschaft gegenüber den Kollegen (z.B. beim
Einarbeiten neuer Kollegen), Flexibilität (z.B. Einspringen, wenn Kollegen krank
sind).

Wenn jeweils ein Mitarbeiter eine Kasse bedient, ist der Umsatz verifizierbar. Alle
anderen Dimensionen sind nicht verifizierbar, oder eine Verifizierung wäre zumindest
mit Kosten verbunden, z.B.: stichprobenartige Besuche der Inhaberin zum Testen der
Pünktlichkeit, Kundenbefragungen oder „Testkäufer“ zum Testen der Freundlichkeit,
Evaluationen der Hilfsbereitschaft durch ihre Kollegen. Aber auch dann handelt es
sich um subjektive Evaluationen und keine objektive Messung.

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Aufgabe 2.4
Ein Getränkehersteller und ein Flaschenfabrikant erzielen aus einer Zusammenarbeit jeweils
einen Gewinn von 7 Geldeinheiten (GE). Die Marketingabteilung des Getränkeherstellers hat
nun herausgefunden, dass durch eine Neugestaltung der Getränkeflaschen sowohl der
Getränkehersteller als auch der Flaschenfabrikant einen höheren Gewinn von jeweils 12 GE
erzielen könnten. Der Flaschenfabrikant müsste dafür aber derart in die Veränderung seiner
Produktionsstätte investieren, dass er für keinen anderen Getränkehersteller mehr Flaschen
produzieren könnte. Damit wäre er in Höhe von 12 GE vom Getränkehersteller ausbeutbar.

a) Stellen Sie das beschriebene Spiel graphisch, in der extensiven Form dar. Wird der
Flaschenfabrikant seine Produktionsstätte verändern? Begründen Sie Ihre Antwort.
b) Wie bezeichnet man das unter a) aufgetretene Problem? Wie kann diesem
entgegengewirkt werden? Begründen Sie Ihre Antwort.

Lösung:
a) F: Flaschenfabrikant, Spieler 1
G: Getränkehersteller, Spieler 2

Ausbeutung
(0, 24)
G
Veränderung :

(12, 12)
F keine Ausbeutung

(7, 7)
keine
Veränderung

Lösen durch Rückwärtsinduktion:


• Was macht der Spieler, der die zweite Entscheidung trifft (hier: G)?
Da „Ausbeutung“ (24) > „keine Ausbeutung“ (12) → „Ausbeutung“
• Was macht der erste Spieler, wenn er weiß, was der zweite Spieler machen wird?
Da „Veränderung“ → „Ausbeutung“ (0) < „keine Veränderung“ (7)
→ „keine Veränderung“

Der Flaschenfabrikant wird seine Produktionsstätte nicht verändern. Würde er das


tun, würde der Getränkehersteller ihn ausbeuten, was zu einem Gewinn von 0
anstelle von 7 führt.

b) Das Problem bezeichnet man als Hold-up-Problem. Eine mögliche Lösung dieses
Problems stellt die vertikale Integration dar. Der Getränkehersteller könnte den

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Flaschenfabrikant aufkaufen. In diesem Fall würde das neue Unternehmen den
Gesamtgewinn maximieren, d.h., die Produktionsstätte würde verändert werden.

Aufgabe 2.5
Folgende Aussagen können entweder richtig oder falsch sein. Markieren Sie jede Aussage mit
R (richtig) oder F (falsch).

a) Laut dem Transaktionskostenansatz von Coase sollten zwei unabhängige


Vertragspartner sich zu einem Unternehmen zusammenschließen, wenn die durch die
Zusammenarbeit entstehenden Transaktionskosten auf einem Markt größer sind als sie
es innerhalb eines gemeinsamen Unternehmens wären.
b) Mit steigender Anzahl der möglichen vertragsrelevanten Umweltzustände können auch
die Vereinbarungskosten steigen.
c) Transaktionsspezifische Unterinvestitionen bei vollständigen Verträgen können durch
das Hold-up-Problem erklärt werden.
d) Verifizierbarkeit setzt nicht unbedingt Beobachtbarkeit voraus.

Lösung:
a) richtig
b) richtig
c) falsch (Hold-up-Probleme treten aufgrund unvollständiger Verträge auf.)
d) falsch (Verifizierbarkeit setzt unbedingt Beobachtbarkeit voraus.)

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