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Prof. Dr.

Karen Müller-Oestreich Makroökonomie


Sechstes Tutorium Inflation/Deflation

Aufgabe 1
Die Eroberung Mittel- und Südamerikas führte zu massiven Goldzuflüssen nach
Europa, die von Spanien und Portugal als Zahlungsmittel verwendet wurden.
Hierdurch wurde eine große Inflation ausgelöst. Welche Inflationstheorie erklärt
diesen konkreten Zusammenhang am besten?
Antwort:
Der erhebliche Goldimport führte zu einer Erhöhung der Geldmenge, die wiederum
zu einer sofortigen Erhöhung der Güternachfrage führte. Insofern erklärt die
quantitätstheoretische (monetaristische) Theorie, bei der eine Erhöhung der
Geldmenge zu einer Erhöhung der Güternachfrage führt, die damalige Inflation am
besten.

Aufgabe 2
Was versteht man unter Umlaufgeschwindigkeit bzw. Einkommens-
kreislaufgeschwindigkeit? Weisen die drei Geldmengenaggregate unterschiedliche
Umlaufgeschwindigkeiten aus?
Antwort:
Die Umlaufgeschwindigkeit zeigt, wie oft die Geldmenge in einer bestimmten Periode
für Transaktionen genutzt wurde. Sie ist definiert als nominales BIP (bzw.Y*P)
dividiert durch die Geldmenge.
Die drei Geldmengenaggregate M1, M2 und M3 weisen unterschiedliche Umlauf-
geschwindigkeiten auf. Bei M1 ist die Umlaufgeschwindigkeit gemäß der obigen
Formel am höchsten, bei M3, dem größten Aggregat, am niedrigsten.

Aufgabe 3
Ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes in einer galoppierenden Inflation hoch oder
niedrig?
Antwort:
Sie ist extrem hoch, da die Menschen Geld nicht halten, sondern wegen des
ständigen Wertverlusts sofort wieder für Güterkäufe verwenden.

Aufgabe 4
Beschreiben Sie die Komponenten der Quantitätsgleichung. Gibt die
Quantitätsgleichung Wirkungszusammenhänge wieder?

Aufgabe 5
Führt eine Ausweitung der monetären Güternachfrage bei Unterauslastung der
Produktionskapazitäten zu Mengen- oder zu Preiseffekten?
Antwort:
Sie führt grundsätzlich zu Mengeneffekten, da die Unternehmen den
Nachfrageanstieg mit den gegebenen Kapazitäten befriedigen können.
Ausnahme: Kostensteigerungen, die vor dem Nachfrageanstieg noch nicht in den
Preisen weitergegeben werden konnten.
Aufgabe 6
In den 1970er Jahren führte eine Ausweitung der Nachfrage bei Unterauslastung der
Kapazitäten zu Preissteigerungen. Welche Gründe vermuten Sie hinter dieser
damals völlig überraschenden Entwicklung?
Antwort:
Die Unternehmen waren mit deutlichen Stückkostensteigerungen konfrontiert
(Ölkrise: massive Ölpreiserhöhungen sowie erhebliche Lohnsteigerungen) und
nutzten den Nachfrageanstieg, um diese Kostensteigerungen in den Preisen
weiterzugeben.

Aufgabe 7
In Deutschland herrschte während des 2. Weltkriegs für viele Güter ein staatlich
verordneter Preisstopp. Ist dies mit Preisstabilität gleichzusetzen?
Antwort:
Nein. Durch den verordneten Preisstop werden die „wahren“ Preise und damit die
wahren Knappheitsverhältnisse nicht mehr angezeigt.

Aufgabe 8
Nennen Sie die wichtigsten Ansätze zur Inflationserklärung!
Antwort:
Nachfrageseitige, angebotsseitige und quantitätstheoretische
(monetaristische)Inflationserklärung

Aufgabe 9
Unter welchen Umständen dürfte eine Erhöhung der monetären Gesamtnachfrage zu
Preiserhöhungen führen?
Antwort:
Bei ausgelasteten Kapazitäten und/oder Kostensteigerungen

Aufgabe 10
Nennen Sie 3 wichtige Faktoren, die die Kostensituation der Unternehmen
bestimmen. Welchen Einfluss hat der Staat?
Antwort:
Rohstoffpreise, Löhne, Steuern/Sozialbeiträge
Der Staat beeinflusst die Kostensituation der Unternehmen insbesondere durch die
Sozialversicherungsbeitragssätze (Lohnnebenkosten) und die Steuern.

Aufgabe 11
Wie wirkt sich eine Abwertung des € auf die Kosten der Unternehmen aus?
Begründen Sie Ihre Ansicht.
Antwort:
Rohstoffe werden in der Regel in $ fakturiert. Eine Abwertung des € gegenüber dem
$ bedeutet dass für jeden $ ein höhere €-Betrag aufgebracht werden muss. Damit
verteuern sich sie Kosten für importierte Rohstoffe.

Aufgabe 12
Wie hoch ist der Ölpreis in US-$ derzeit? Liegt der Fasspreis in € darunter oder
darüber? Erläutern Sie Ihre Auffassung!
Antwort:
Am 2.1.09 betrug der Ölpreis pro Fass knapp 47 US-$. Da für einen € deutlich mehr
als ein $ gezahlt wird (2.1.09: 1€ = 1,39 US-$) liegt der Fasspreis in € unter dem
Dollarbetrag.
Aufgabe 13
Unter welchen Umständen steigen die Lohnstückkosten? Welche Lohnempfehlung
ließe sich daraus unter dem Ziel der Inflationsvermeidung ableiten?
Antwort:
Die Lohnstückkosten steigen, wenn die Löhne prozentual stärker als die Arbeits-
produktivität zunehmen. Um Inflation zu vermeiden, sollte die Lohnsteigerung also
nicht über die Zunahme der Arbeitsproduktivität hinausgehen.

Aufgabe 14
Vergleichen Sie die Überwälzungsmöglichkeiten eines Lohnstückkostenanstiegs und
eines Rohstoffkostenanstiegs!
Antwort:
Ein Lohnstückkostenanstieg kann erheblich leichter als ein Rohstoffkostenanstieg
überwälzt werden, da mit den Lohnkostensteigerungen gleichzeitig eine Steigerung
der nominalen Nachfragemöglichkeiten verbunden ist und der für eine Überwälzung
erforderliche Nachfrageanstieg somit wahrscheinlicher ist.

Aufgabe 15
Wann spricht man von voller Kostenüberwälzung? Unter welcher Bedingung ist sie
möglich?
Antwort:
Man spricht von voller Kostenüberwälzung, wenn die gestiegenen Kosten bei
unveränderter Absatzmenge überwälzt werden können. Voraussetzung ist ein
entsprechender Nachfrageanstieg.

Aufgabe 16
Wie wird die Arbeitsproduktivität gesamtwirtschaftlich gemessen?
Ändert sich die Arbeitsproduktivität/Kopf im Konjunkturverlauf?
Antwort:
Gesamtwirtschaftliche Arbeitproduktivität: reales BIP / Anzahl der Erwerbstätigen.
Die Arbeitsproduktivität ändert sich im Konjunkturverlauf stark, da die Unternehmen
die Beschäftigungszahlen mit Verzögerung an Produktionsänderungen anpassen:
Zu Beginn des Abschwungs verzichten sie bei Produktionsrückgängen zunächst auf
Entlassungen, so dass die rechnerische Arbeitsproduktivität fällt während sie bei
Beginn des Aufschwung die vermehrte Produktion zunächst ohne Neueinstellungen
bewerkstelligen und so die rechnerische AP steigt.

Aufgabe 17
a) Schildern Sie im monetaristischen Modell der relativen Preise wie eine
Geldmengenausweitung zu Preissteigerungen führt.
Antwort: siehe Vorlesungsfolie
b) Wie müsste die EZB bei strikter Gültigkeit dieses Zusammenhangs auf die
gegenwärtige deutliche Überschreitung des Zielwerts für M3 reagieren
(Zielwert 4,5%, tats. Wert ca.10%)?
Antwort:
Da im monetaristischen Modell von konstanter Entwicklung der Umlaufgeschwin-
digkeit ausgegangen wird, muss eine Überschreitung des Zielwerts für die Geld-
menge (bei gegebener Entwicklung des Produktionspotenzials) zu einer Über-
schreitung des Zielwerts für die Preisstabilität, also einer zu hohen Inflationsrate
führen. Bei Gültigkeit dieser Theorie müsste die EZB als Maßnahmen zur Reduk-
tion des Geldmengenwachstums einleiten, z.B. die Leitzinsen erhöhen.
c) Welche Reaktion halten Sie für sinnvoll?
Antwort:
Wenn die Erhöhung der Geldmenge nicht mit einer entsprechenden Erhöhung
der Güterkaüfe einhergeht, die Umlaufgeschwindigkeit also stärker als unterstellt
zurückgeht, ist auch bei Überschreiten des M3-Zielwerts nicht mit einem
Überschreiten der angestrebten Preissteigerungsrate zu rechnen. Eine
Überschreitung des M3-Zielwerts ohne signifikante Gefährdung der Preisstabilität
ist immer dann gegeben, wenn das Motiv der Geldmengenausweitung nicht
Transaktionszwecke (Güterkäufe!), sondern inVermögensumstrukturierungen
(Spekulations/Portfoliomotiv) besteht.Die EZB sollte dann auf restriktive
Maßnahmen verzichten.

Aufgabe 18
Wurden am Donnerstag, den 8.11.2007 wichtige geldpolitische Entscheidungen
getroffen?

Aufgabe 19
Beschreiben Sie den Friedmannschen Helikoptergeldansatz. Was bleibt dabei
unerklärt?
Antwort:
Hier wirft ein Hubschrauber Geld auf die Wirtschaftssubjekte ab, die dieses
aufsammeln und für Güterkäufe verwenden. Damit wird aber nicht erklärt wie die
Geldmenge realiter steigt und eine Erhöhung der Güterkäufe bewirkt.

Aufgabe 20
Welche Rolle spielt die Geldmenge
a) bei der nachfrageseitigen Inflationserklärung?
Antwort:
Die entscheidende Nachfrageausweitung ist nur möglich, wenn ausreichend
Geldmenge zur Verfügung steht
b) bei der angebotsseitigen Inflationserklärung
Antwort
Die für die Kostenüberwälzung erforderliche Nachfrageausweitung ist nur möglich,
wenn ausreichend Geldmenge zur Verfügung steht
c) bei der monetaristischen Inflationserklärung
Antwort:
Eine Erhöhung der Geldmenge führt automatisch zu einer Erhöhung der Nachfrage

Aufgabe 21
Vergleichen Sie die Rolle der Geldmenge in den in Aufgabe 20 genannten
Inflationserklärungen!
Antwort:
Bei den ersten beiden Inflationserklärungen ist eine ausreichend hohe Geldmenge
Voraussetzung für einen Nachfrageanstieg, beim monetaristischen Ansatz führt jeder
Anstieg der Geldmenge auch zu einem Nachfrageanstieg.
Aufgabe 22
Schildern Sie den möglichen Einfluss der beiden Währungsreformen von 1923 und
1948 auf die Einstellung der Wirtschaftssubjekte zur Inflation.
Antwort:
Beide Währungsreformen waren Folge massiver Geldentwertungen und damit auch
der Ersparnisse. Gerade wegen des erfahrenen Verlusts der Ersparnisse besteht
große Angst vor Inflation.

Aufgabe 23
Im Jahr der €-Bargeldeinführung stieg der Harmonisierte Verbraucherpreisindex um
1,4%. Dennoch wurde der Euro vielfach als Teuro bezeichnet. Erklären Sie diesen
Widerspruch!
Antwort:
Massive Preissteigerungen bleiben viel stärker im Gedächtnis haften als moderate
Preisanstiege bzw Preisrückgänge. Da es im Zusammenhang der €-Einführung in
einzelnen Bereichen (zB Gaststätten) zum Teil zu erheblichen Preissteigerungen
kam, überdeckte die Wahrnehmung dieser eklatanten Änderungen die Entwick-
lungen im restlichen Warenkorb und führte somit zu einer verzerrten Wahrnehmung
der gesamten Preisänderung.

Aufgabe 24
In China sind die Verbraucherpreise zum Teil staatlich fixiert.
Was bedeutet dies für die Aussagekraft des VPI, wenn auch diese Waren im
repräsentativen Warenkorb berücksichtigt werden?
Antwort:
Der VPI ist nur bedingt aussagefähig, da die „wahre“ Preisentwicklung dieser Güter
nicht erkennbar ist. Praktisch bedeutet es eine Unterzeichnung der Preissteigerung.

Aufgabe 25
Welche Konsumgüterpreisveränderungen sollen vom Verbraucherpreisindex erfasst
werden? Welche Probleme sind damit in der Praxis verbunden?
Antwort:
Der Verbraucherpreisindex soll Preisänderungen bei unveränderter Qualität zeigen.
Da viele Produkte aber laufend variiert werden, muss das statistische Bundesamt
abschätzen, wie hoch der Preis des jeweiligen Produktes ohne Qualitätsveränderung
gewesen wäre.

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