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Tuberkulose

Dr. Frank Antwerpes, Miriam Dodegge + 30


Synonyme: Tb, Tbc, Morbus Koch, Schwindsucht bzw. Lungenschwindsucht
Englisch: tuberculosis
1. De nition

Tuberkulose ist eine


Infektionskrankheit, die durch Bakterien des Mycobacterium-tuberculosis-Komplexes
ausgelöst wird. Die Erkrankung kann jedes Organ betreffen, manifestiert sich jedoch
hauptsächlich in der Lunge

3. Einteilung

3.1. ...nach Infektionsstadium


• Latente tuberkulöse Infektion : Erstinfektion mit erfolgreicher Eindämmung der
Erreger , jedoch Persistenz im Organismus
• Primärtuberkulose : Organmanifestation nach Erstinfektion. Es kann zu einer
progressiven Primärtuberkulose mit Lungenbefall oder bei Immunde zienz auch
zu einer primären Miliartuberkulose mit disseminiertem Organbefall kommen.
• Postprimärtuberkulose (Sekundärtuberkulose): Reaktivierte Tuberkulose. Die
zeitliche Latenz kann mehrere Wochen bis Jahrzehnte betragen.[1]
3.2. ...nach Keimnachweis
• Offene Tuberkulose: Keime in Körpersekreten (z.B. Sputum, Magensaft)
nachweisbar
• Geschlossene Tuberkulose: Keine Keime in Körpersekreten nachweisbar
Im Allgemeinen beziehen sich die Begriffe offene und geschlossene Tuberkulose jedoch
auf die Infektiösität (offene infektiöse gegenüber geschlossener nicht infektiöser
Lungentuberkulose).
3.3. ...nach Organbefall
• Lungentuberkulose : mit 80 % d.F. die häu gste Form der Tuberkulose[1]
• Extrapulmonale Tuberkulose (z.B. Lymphknotentuberkulose,
Urogenitaltuberkulose)
4. Erreger

Die Tuberkulose wird v.a. durch Mycobacterium tuberculosis (sensu stricto) ausgelöst.
Das eng verwandte Mycobacterium africanum kommt überwiegend bei Patienten in
West-, Zentral- und Ostafrika vor. Der Zoonoseerreger Mycobacterium bovis wird durch
nicht pasteurisierte
Milch übertragen und war früher ein häu ger Auslöser der Tuberkulose. 2015 war
Mycobacterium bovis noch für ca. 150.000 Fälle weltweit verantwortlich.[2]
Mycobacterium bovis ist typischerweise resistent gegenüber Pyrazinamid. Sehr selten
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werden andere Bakterien des Mycobacterium-tuberculosis-Komplexes isoliert, vor allem
bei Patienten mit Immunde zienz.
Mykobakterien besitzen eine speziell aufgebaute Zellwand die reich an Mykolsäure ist
und ihnen eine hohe Säurefestigkeit und Resistenz gegenüber den meisten Antibiotika
verleiht. Das Genom von Mycobacterium tuberculosis umfasst 4.043 Gene, die für
3.993 Proteine kodieren.

5. Epidemiologie

Vermutlich ist etwa ein Viertel der Weltbevölkerung mit Bakterien des Mycobacterium-
tuberculosis-Komplex in ziert.[3] Bei Immunkompetenz entwickeln hiervon etwa 5 bis
10 % eine behandlungsp ichtige Tuberkulose. Jährlich kommt es weltweit zu über 10
Millionen Neuerkrankungen.[1] Davon treten 95 % in Entwicklungsländern auf.[4] In
insgesamt acht Ländern treten zwei Drittel aller Neuerkrankungen auf: Indien,
Indonesien, China, den Philippinen, Pakistan, Nigeria, Bangladesch und Südafrika.[1]
Zwei Drittel der Fälle treten bei Männern auf.[5] Jedes Jahr erkranken zudem ungefähr 1
Millionen Kinder an Tuberkulose, wovon 230.000 an der Krankheit sterben.[6]
Die Anzahl der weltweiten jährlichen Todesfälle durch Tuberkulose wird mit etwa 1,5
Millionen beziffert, wobei ca. 25 % gleichzeitig mit HIV in ziert sind.[1][7] Damit gehört die
Tuberkulose in Entwicklungsländern, trotz existierender Therapie, noch vor HIV zu den
am häu gsten tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten.[1] Armut, mangelnde
Gesundheitsversorgung, die HIV-Koinfektion und die Verbreitung von
Antibiotikaresistenzen sind entscheidende epidemiologische Faktoren der Tuberkulose.
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In Deutschland ist die Erkrankungsrate seit dem Anstieg 2015 und 2016 weiter
rückläu g. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland 4.127 Tuberkulosefälle registriert. Das
entspricht einer Inzidenz von 5 pro 100.000 Einwohner.[8]In den Jahren 2021 und 2022
wurden in Deutschland 3.938 bzw. 4.076 Fälle gemeldet.[9]
6. Übertragung

6.1. Aerogene Übertragung


Die Übertragung erfolgt fast immer aerogen durch Tröpfcheninfektion : Durch Husten
und Niesen übertragen Patienten mit infektiöser offener Lungentuberkulose die Erreger.
Die Kontagiosität ist jedoch deutlich geringer als bei anderen durch Aerosole
übertragenen Infektionskrankheiten (z.B. Varizellen, Masern und SARS-CoV-2).[1] Einer
der wichtigsten Risikofaktoren für die Übertragung sind entsprechend dichte
Menschenansammlungen in schlecht belüfteten Räumen. Tuberkulosepatienten mit
kavernöser Lungentuberkulose oder Kehlkopftuberkulose, deren Sputum mikroskopisch
sichtbare säurefeste Bakterien enthält (Sputum positiv), spielen die bedeutendste Rolle
für die Ausbreitung der Tuberkulose. HIV-in zierte Patienten bilden häu g keine
Kavernen aus, sodass deren Infektiosität vermindert sein kann. Patienten mit nur in der
Kultur nachgewiesener Tuberkulose ohne sichtbare Bakterien im Sputumausstrich sind
weniger infektiös, können aber für eine Übertragung der Erreger verantwortlich sein.
Patienten mit kulturell negativer Lungentuberkulose oder extrapulmonaler Tuberkulose
sind meist nicht infektiös.
6.2. Andere Übertragungswege
Eine Infektion durch nicht pasteurisierte, mit Mykobakterien kontaminierte Milch ist
prinzipiell möglich. Dieser Übertragungsweg ist jedoch in Mitteleuropa nicht mehr von
Bedeutung, da der Rinderbestand weitgehend tuberkulosefrei ist. Weitere
Übertragungswebe, z.B. über die Haut oder die Plazenta, sind ungewöhnlich und
epidemiologisch nicht relevant.

7. Risikofaktoren

Die Pathogenese und der Verlauf nach einer Infektion mit Tuberkuloseerregern hängt im
Wesentlichen von der Anzahl und Virulenz der Erreger und der individuellen Abwehrlage
ab. Risikofaktoren für eine aktive Tuberkulose sind unter anderem:
• Alter
: Aus ungeklärten Gründen ndet sich weltweit unter den In zierten die höchste
Inzidenz im späten Jugendalter und im frühen Erwachsenenalter. Männer sind
zudem in allen Altersklassen häu ger betroffen als Frauen.[10] In Deutschland
steigt die Prävalenz mit dem Alter an. Der Gipfel im mittleren Alter fällt deutlich
kleiner aus. Zwischen dem 25. und 39. Lebensjahr sind Frauen häu ger
betroffen, im höheren Alter kehrt sich das Verhältnis wieder um.[8]
• Diabetes mellitus
• chronische Niereninsuf zienz
• Malnutrition
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• vorbestehende Pneumokoniosen (z.B. Silikose)
• Lymphome
• angeborene oder erworbene Immundefekte, insbesondere HIV-Infektion
• medikamentöse Immunsuppression (z.B. mit Glukokortikoiden, Ciclosporin,
Zytostatika, TNF-α-Blockern)
• Alkoholismus
• intravenöser Drogenabusus
• Tabakrauchen
• Gastrektomie
• jejunoilealer Bypass
• niedriger sozialer Status[1]

8. Manifestation

Entwickelt sich nach erfolgter Infektion eine Erkrankung, spricht man von einer
Primärtuberkulose. Sie wird v.a. bei Kindern in den ersten Lebensjahren sowie bei
abwehrgeschwächten Menschen beobachtet. Die primäre Tuberkulose kann schwer
und disseminiert verlaufen, ist im Allgemeinen jedoch nicht hoch infektiös.
Bei einer später im Leben erworbenen Infektion ist die Chance größer, dass die
Infektion (zumindest vorübergehend) vom Immunsystem kontrolliert werden kann.
Allerdings können die Erreger jahrelang persistieren und sich schließlich reaktivieren.
Insgesamt entwickeln ca. 5 bis 10 % der immunkompetenten in zierten Personen im
weiteren Leben eine aktive Tuberkulose. Die Wahrscheinlichkeit aus einer latenten
Infektion heraus zu erkranken, ist in den ersten beiden Jahren am höchsten.[1] Das
Risiko ist bei HIV-Infektion deutlich erhöht. Auch Reinfektionen
bei bereits in zierten Personen, insbesondere in Gebieten mit hohen
Übertragungsraten, können die Ausbildung einer aktiven Tuberkulose begünstigen.
9. Pathogenese

Die Tuberkulose löst nur eine relativ geringe Immunreaktion des Wirts aus, da die
Wachse und Lipide der äußeren Zellwand der Bakterien nur schwach immunogen sind.
Die Erreger bilden auch keine Toxine, die als Antigen wirken könnten. Durch die
Wachshülle und seine geringe Stoffwechselaktivität "maskiert" sich der Erreger
gegenüber dem Immunsystem. Als Folge dieser Anpassung an das menschliche
Immunsystem wachsen Mykobakterien allerdings vergleichsweise langsam.
9.1. Initialstadium
Nur weniger als 10 % der inhalierten, erregerhaltigen Tröpfchen erreicht die Alveolen,
wo die Phagozytose durch Alveolarmakrophagen erfolgt. Auf verschiedenen Wegen
verhindern die Erreger ihren Abbau (z.B. Hemmung der Phagolysosom -Bildung,
Blockade der Autophagie). Anschließend beginnt die Replikation, die zur Ruptur der
Makrophagen und zur Freisetzung des bakteriellen Inhalts führen kann. Nicht in zierte
Phagozyten, die absterbende Makrophagen aufnehmen, werden selbst in ziert und
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tragen zur Ausbreitung der Infektion bei. Im Initialstadium breitet sich Mycobacterium
tuberculosis über die regionalen (z.B. hilären und mediastinalen) Lymphknoten
aus. Vor dort aus kann es nach Eintritt ins Blut zur hämatogenen Streuung in weitere
Bereiche der Lunge oder andere Organe kommen. In diesem Stadium ndet ein starkes
Wachstum in naiven, nicht aktivierten Makrophagen statt. Zugang zum Parenchym
erhält der Erreger vermutlich über Infektion von Epithelzellen oder indem Makrophagen
das Epithel durchqueren. Dann beginnen in zierte dendritische Zellen oder Monozyten
damit, das Mykobakterium in das Lymphsystem zu transportieren. Diese Zellen
migrieren in die drainierenden Lymphknoten und präsentieren dort den T-Zellen die
mykobakteriellen Antigene. Zu diesem Zeitpunkt werden die zellvermittelte und die
humorale Immunität initiiert. Diese Initialphase der Infektion ist i.d.R. asymptomatisch.
9.2. Spezi sche Immunreaktion
Etwa 2 bis 4 Wochen nach Infektion bilden sich zwei verschiedene Formen der
Immunreaktion aus:
• T-Zell-vermittelte Aktivierung von Makrophagen
• Hypersensitivitätsreaktion vom verzögerten Typ
gegenüber mykobakteriellen Antigenen
Beide Mechanismen können das Wachstum der Mykobakterien hemmen. Mit
Ausbildung der spezi schen Immunität und Anhäufung von aktivierten Makrophagen am
Ort der Primärinfektion entstehen Granulome bzw. Tuberkulome. Diese bestehen aus
Lymphozyten und aktivierten Makrophagen, die sich zu Epitheloidzellen und Langhans-
Riesenzellen differenzieren. Im Zentrum entsteht eine verkäsende Nekrose. Durch den
geringen Sauerstoffgehalt und niedrigen pH-Wert in der Nekrose wird das
Erregerwachstum gehemmt. Einige der Läsionen können zu diesem Zeitpunkt durch
Fibrosierung abheilen und anschließend verkalken.
Eine latente Tuberkulose entwickelt sich aus einem dynamischen Gleichgewicht
zwischen Mikroorganismus und Wirt. Latente Infektion und manifeste Erkrankung
stellen ein Kontinuum dar. Bisher (2022) existieren keine systemischen Biomarker, die
es erlauben vorherzusagen, bei welchen Patienten eine Progression auftreten wird.
Extrapulmonale Läsionen durchlaufen die gleichen Reaktionsphasen wie in der Lunge,
die meisten heilen allerdings ab. Bei Kleinkindern mit einer noch nicht voll
ausgebildeten natürlichen Immunabwehr kann die hämatogene Aussaat z.B. zu einer
Miliartuberkulose oder einer tuberkulösen Meningitis führen.
9.2.1. Makrophagenaktivierung
Makrophagen, welche die bakteriellen Antigene prozessiert haben, stimulieren T-
Lymphozyten zur Produktion von Lymphokinen. Nur durch T-Lymphozyten bzw.
Zytokine (IFN-γ,TNF-α) stimulierte Makrophagen können phagozytierte Mykobakterien
abtöten.Während die Makrophagen und T-Zellen (v.a.CD4-T-Zellen) die entscheidende
Funktion bei der Abwehr von Mycobacterium tuberculosis ausüben, spielt die humorale
Abwehr nur eine untergeordnete Rolle. Die von Alveolarmakrophagen ausgeschütteten
Zytokine sind neben der Granulombildung auch für viele systemische Effekte
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(Fieber,Gewichtsverlust) verantwortlich. CD8-T-Zellen unterstützen zudem die
spezi sche Immunantwort durch Lyse der in zierten Makrophagen und Abtötung der
Bakterien.
9.2.2. Verzögerte Hypersensitivitätsreaktion
Bei ausgeprägter, verzögerter Hypersensitivitätsreaktion kommt es zu einer Zerstörung
des umliegenden Lungengewebes. Bronchialwände und Blutgefäße werden in ltriert
und zerstört, sodass Kavernen entstehen, in denen Mykobakterien gut wachsen
können. Das ver üssigte, erregerreiche Material wird über das Bronchialsystem
drainiert. Die verzögerte Hypersensitivitätsreaktion ist die Grundlage für den Tuberkulin-
Hauttest (s.u.). Sie induziert zwar eine protektive Immunität, ermöglicht aber keinen
sicheren Schutz vor einer Reaktivierung. Patienten, die bereits wegen einer aktiven
Tuberkulose behandelt wurden, können durch einen neuen Mycobacterium-
tuberculosis-Stamm rein ziert werden.
10. Genetik

Genetische
Faktoren spielen eine wichtige Rolle in der angeborenen, unspezi schen Resistenz
gegenüber einer Infektion bzw. der Entwicklung einer aktiven Tuberkulose.
Insbesondere NRAMP1 auf Chromosom 2 reguliert die Resistenz bzw. Emp ndlichkeit
gegenüber Mykobakterien. Weitere Polymorphismen betreffen verschiedene Allele von
MHC, IFN-γ, Vitamin-D-Rezeptor und IL-1. Weiterhin spielt das Chemokin MCP-1
(Makrophagen-Chemoattraktorprotein-1) eine Schlüsselrolle. Personen mit bestimmten
genetisch bedingten MCP-1-Varianten – kodiert auf dem Genlokus 17q11.2 – erkranken
fünfmal so häu g wie Personen mit der Normalvariante. Die Mutation des MCP-1-Gens
führt dazu, dass der Körper zu viel MCP-1 bildet. Das wiederum blockiert in den
Monozyten die Produktion von Interleukin-12p40. Durch das Fehlen dieser Zytokin-
Untereinheit kann sich die Infektion leichter ausbreiten.
11. Klinik

11.1. Symptome
Bei Erstinfektion kommt es nach einer Inkubationszeit von 6 bis 8 Wochen zu
unspezi schen Symptomen wie:
• B-Symptomatik
◦ Fieber
◦ Nachtschweiß
◦ Gewichtsverlust (daher die Bezeichnung "Schwindsucht")
• Inappetenz
• Erythema nodosum
• Thoraxschmerzen
• Pleuritis exsudativa
• Konjunktivitis phlyctaenulosa
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Die Erstinfektion kann jedoch auch asymptomatisch verlaufen, was die
Diagnosestellung erschwert.
Bei Ausbildung eines tuberkulösen Primärkomplexes (Ghon-Komplex) oder bei primär
pulmonalem Verlauf können hinzutreten:
• Husten
• Hämoptyse
• lokale Lymphknotenschwellungen
• Dyspnoe

11.2. Verlaufsformen
Bis zu einer messbaren Infektion mittels Immuntests dauert es meist sechs bis acht
Wochen.[1] Eine offene Lungentuberkulose tritt ungefähr sechs Monate nach einer
Infektion auf. Reaktivierungen latenter Herde können noch nach Jahrzehnten auftreten.
Eine Tuberkulose kann sich in den verschiedenen Stadien der Erkrankung auf
mannigfaltige Weise präsentieren. Mögliche Verlaufsformen in den einzelnen Phasen
sind:
• Primärtuberkulose: ca. sechs Wochen nach dem ersten Kontakt mit dem
Mykobakterium bildet sich ein (meist) symptomloser Primärkomplex (Primärherd
+ vergrößerte Hiluslymphknoten), der später oft als verkalkter Rundherd
(Tuberkulom) sichtbar ist.
◦ Lungentuberkulose (auch postprimär)
◦ Hiluslymphknoten-Tuberkulose
◦ Pleuritis exsudativa
◦ Miliartuberkulose
◦ Landouzy-Sepsis
• Postprimärtuberkulose: meist entzündliche Reaktionen im Bereich der
Lungenspitze, die oft einschmelzen, wodurch es zur Bildung einer Kaverne
kommt. Bei Anschluss an das Bronchialsystem ist der Patient infektiös ("offene"
Tuberkulose). Komplikationen sind Lungenblutung, Pleuritis, Pleuraempyem,
respiratorische Insuf zienz, Narbenkarzinom und Amyloidose
.
• Extrapulmonale Tuberkulose: Ausbreitung der Infektion auf andere Organe. Sie
tritt außer bei Immunschwäche in der Regel im Rahmen einer postprimären
Tuberkulose auf.
◦ Darmtuberkulose: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Temperaturerhöhung,
Bauchschmerzen, Gewichtsabnahme, Diarrhoe
◦ Urogenitaltuberkulose: Flankenschmerzen, Dysurie, sterile Pyurie,
Infertilität
◦ tuberkulöse Meningitis bzw. Enzephalitis: schleichender Beginn
◦ Hauttuberkulose
◦ Knochentuberkulose (Tuberkulöse Spondylitis): Leitsymptom unklarer
Wirbelsäulenschmerz
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◦ Gelenktuberkulose (Tuberkulöse Arthritis)
◦ Nierentuberkulose (Kittniere)
◦ Nebennierentuberkulose: Morbus Addison
◦ Pericarditis constrictiva
Eine Sonderform ist die Silikotuberkulose.

12. Diagnostik

12.1. Anamnese und Untersuchung


Die Verdachtsdiagnose einer Tuberkulose ergibt sich aus der Zusammenschau von
Anamnese und körperlicher Untersuchung. Anamnestisch sind insbesondere in zierte
Kontaktpersonen, frühere Verdachtsmomente oder Manifestationen einer Tuberkulose
und eine orientierende Beurteilung des Immunstatus zu erheben.
Klinisch stehen die unspezi schen Symptome, eventuell ergänzt durch pulmonale
Symptome im Vordergrund. Labormedizinisch kann es zudem zu erhöhten
unspezi schen Entzündungsparametern kommen (CRP,BSG, Leukozytose).
12.2. Bildgebung
Ein Röntgen-Thorax kann einen Primärkomplex, Simon-Spitzenherde oder Assmann-
Frühin ltrate aufdecken. Bei begründetem Verdacht auf eine frische oder
vorangegangene Infektion sollte die Röntgenaufnahme in nahem zeitlichen Abstand
(z.B. 3 Monate) wiederholt werden. Alternativ oder ergänzend kann auch eine
Computertomographie durchgeführt werden, die bezüglich kleinster Läsionen sensitiver
ist.
Bei der Primärtuberkulose nden sich typischerweise folgende Thoraxbefunde:
• Konsolidierungen (segmental, lobär, multifokal oder nodulär)
• Lymphadenopathie
Für eine postprimäre Tuberkulose sprechen Oberlappen-betonte, heterogene
Konsolidierungen, Kavitäten (45 %), Bronchialwandverdickungen und als Zeichen der
aktiven endobronchialen Dissemination zentrilobuläre und azinäre Lungenrundherde mit
Tree-in-Bud-Muster sowie lobuläre Konsolidierungen. Bei der Miliartuberkulose zeigen
sich scharf begrenzte Mikronoduli mit zufälliger (miliarer) Verteilung.
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12.3. Hauttest
Ein Tuberkulin-Hauttest (Mendel-Mantoux-Test) ist ein nicht beweisender, jedoch
einfach durchzuführender Test mit intrakutaner Applikation von gereinigten
Erregerextrakten. Das Testergebnis lässt sich frühestens nach 2 Tagen beurteilen. Die
Reaktion beruht auf einem Ansprechen sensibilisierter T-Lymphozyten. Weder
Sensitivität noch Spezi tät des Hauttests sind für die Diagnose einer Tuberkulose
ausreichend. Er ist also oft falsch-negativ und kann zudem durch eine stattgehabte
BCG-Impfung falsch-positiv werden.
12.4. Mikrobiologische Diagnostik
Zur Sicherung der Diagnose sollte ein Erregernachweis angestrebt werden. Dazu muss
für die mikrobiologische Diagnostik erregerhaltiges Material gewonnen werden.
Geeignet sind:
• Sputum
• Magensaft
• Bronchialsekret (nach BAL)
• Urin (bei V.a. urogenitalen Befall)
• Abstriche von verdächtigen Hautläsionen
• Probeexzisionen verdächtigen Materials
• Aspirierte Flüssigkeiten aus Punktionen (z.B. Lymphknotenpunktion)
• Ejakulat
Die Diagnostik kann auf mehreren Wegen parallel ablaufen. Mögliche Methoden sind
PCR, Bakterienkultur und mikroskopischer Nachweis.
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12.4.1. PCR
Eine positive PCR lässt auf das Vorliegen einer Erkrankung mit Erregern des
Mycobacterium-tuberculosis-Komplex schließen. Für den Test sind folgende Schritte
nötig:
1. Sputum, Bronchial-Lavage, etc. unter Ausschluss von
Kontaminationsmöglichkeiten gewinnen
2. Entfernen von Inhibitoren (Zentrifugieren, Waschen)
3. Inaktivierung der Keime durch Hitzebad
4. Lyse zum Freisetzen der DNA
5. Qualitätskontrolle: Aktivieren von Negativkontrolle und Kalibrator
6. DNA-Ampli kation (Thermocycler)
7. Detektion mittels spezi scher Gensonden und Messung, z.B. mit der MEIA-
Methode
Bei dringendem Verdacht auf eine infektiöse Tuberkulose ist die PCR stets auch aus
forensischen Gründen indiziert, da bis zum Verstreichen des kulturellen Ergebnisses
(z.T. mehrere Wochen) von einem Indexfall bereits multiple (vermeidbare) Sekundärfälle
ausgegangen sein können. Die PCR ersetzt die mikroskopische Untersuchung. Die
Kultur muss zusätzlich angesetzt werden, da sie als Substrat für die Resistenzprüfung
dient. Die PCR auf Erreger-DNA sollte durch eine Kontrolle bestätigt werden.
12.4.2. Kultur
Die Anzucht im Kulturmedium gilt als sensitivste Methode zum Nachweis einer
vorliegenden Infektion. Zunächst müssen die Proben vorbehandelt werden. Dies
umfasst die Dekontamination des Untersuchungsmaterials mit N-Acetyl-L-Cystein-
NaOH und die Zentrifugation. Anschließend wird das Sediment auf Nährmedien
eingebracht. Bei einer Bakterienkultur mit Antibiogramm schließt eine negative Kultur
eine Tuberkulose nicht aus, eine positive Kultur ist beweisend.
12.4.2.1. Flüssigmedium Testprinzip: Falls Mykobakterien im Nährmedium vorkommen
(modi ziertes Kirchner-Medium mit Vitaminkomplex für beschleunigtes Wachstum),
wandelt das Redox-System der Mykobakterien das farblose Tetrazoliumsalz in ein
wasserunlösliches, stabiles rosa bis violettes Formazan um. Ein Farbumschlag in dem
Fläschchen der Flüssigkultur weist auf Mykobakterien hin.
Andere Keime werden durch das Nährmedium und das Antibiotikagemisch supprimiert
(PACT=Polymyxin B, Amphotericin B, Carbenicillin,Trimethoprim). Etwa 10 Bakterien/ml
reichen aus, um ein positives Ergebnis zu erzielen.
12.4.2.2. Festmedien Eine Kultivierung auf festem Nährboden nimmt über 4 Wochen in
Anspruch, in Flüssigmedien (BACTEC-Verfahren) kann der Nachweis innerhalb von 2
Wochen gelingen. Es werden ca. 100 Bakterien/ml benötigt, um ein positives Ergebnis
zu erzielen.
• Löwenstein-Jensen-Agar
• Gottsacker-Medium

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12.4.3. Mikroskopischer Nachweis
Nach der Anreicherung ist die Mikroskopie von Untersuchungsmaterial mit der Ziehl-
Neelsen-Färbung möglich. Die Nachweisgrenze ist hoch, es müssen mindestens 104
Keime/ml vorhanden sein, um ein positives Ergebnis zu erhalten. Ein negativer Befund
schließt eine Tuberkulose nicht aus, ein positiver Befund ist nicht beweisend. Zwischen
Tuberkulosebakterien und ubiquitär vorkommenden Mykobakterien kann nicht
unterschieden werden.
12.5. Immunologische Diagnostik
Der γ-Interferon-Test (Interferon-Gamma-Release-Assay, IGRA) ermöglicht einen
schnellen und zuverlässigen Nachweis. Er liefert eine gute Sensitivität und Spezi tät
und ist unabhängig von einer evtl. stattgehabten BCG-Impfung. Der IGRA entwickelt
sich aktuell mehr und mehr zum Goldstandard der Tuberkulosediagnostik – immer
ergänzt durch parallele mikrobiologische Diagnostik.
13. Histologie Tuberkulose, Niere (Mensch, HE)

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14. Therapie

Die Behandlung der Tuberkulose erfolgt mit einer Mehrfachkombination von Antibiotika,
sogenannten Tuberkulostatika, über mehrere Monate. siehe Hauptartikel:
Medikamentöse Therapie der Tuberkulose.
Flankiert wird die Tuberkulosetherapie durch Mitbehandlung eventuell vorliegender
Begleiterkrankungen, die eine Immunde zienz bewirken. In die gleiche Richtung zielen
das Einstellen eines Nikotinabusus bzw. Alkoholismus.
15. Antibiotikaresistenz

Das vermehrte Auftreten von bakteriellen Antibiotikaresistenzen hat die Behandlung der
Tuberkulose in den letzten Jahren deutlich erschwert. Auslöser ist der falsche oder
unkontrollierte Einsatz der verfügbaren Tuberkulostatika. Auf dieser Basis hat man
Sonderformen der Tuberkulose de niert. Dazu zählen:
• Rifampicin-resistente Tuberkulose (RR-TB): 2016 weltweit ca. 100.000 Fälle
• Multiresistente Tuberkulose (MDR-Tb): mindestens gegen Isoniazid
und Rifampicin resistent. 2016 weltweit ca. 500.000 Fälle[11]
• Extrem arzneimittelresistente Tuberkulose (XDR-Tb): zusätzliche Resistenz
gegenüber Medikamenten der 2. Wahl (Fluorchinolone, Amikacin, Kanamycin,
Capreomycin).
Insgesamt ereignen sich 47 % der Fälle mit MDR-Tb in Indien, China und Russland.
Weltweit könnten etwa 6,2 % der MDR-TB-Fälle tatsächlich XDR-Fälle sein.[11] Die
überwiegende Zahl dieser Erkrankungen wird nicht diagnostiziert, da zuverlässige
Methoden zur Emp ndlichkeitstestung fehlen und die Laborkapazitäten ausgeschöpft
sind.
16. Prävention

• Quarantäne von Patienten mit offener Tuberkulose


• Ausrottung der Rindertuberkulose
Eine Impfung mit dem derzeit verfügbaren BCG-Impfstoff wird nicht empfohlen.
17. Prognose

Bei adäquater Behandlung ist eine Tuberkulose in den meisten Fällen heilbar.
Unbehandelt versterben ca. ein Drittel der Patienten innerhalb von einem Jahr nach
Diagnosestellung und 50 bis 65 % innerhalb von 5 Jahren. Von den nach 5 Jahren noch
lebenden, unbehandelten Patienten weisen ca. 60 % eine Spontanremission auf,
während die restlichen Personen weiterhin Bakterien ausscheiden.
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