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Serge Zacher

Manfred Reuter

Regelungstechnik
für Ingenieure
Analyse, Simulation und Entwurf
von Regelkreisen
14. Auflage
Regelungstechnik für Ingenieure
Serge Zacher ⋅ Manfred Reuter

Regelungstechnik für
Ingenieure
Analyse, Simulation und Entwurf von
Regelkreisen

14., korrigierte Auflage

Mit 403 Abbildungen, 96 Beispielen und 32 Aufgaben


Serge Zacher Manfred Reuter
Wiesbaden, Deutschland Kreuztal, Deutschland

ISBN 978-3-8348-1786-0 ISBN 978-3-8348-2216-1 (eBook)


DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1

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V

Vorwort zur 1. Auflage

Das vorliegende Buch stellt eine Einführung in die Grundlagen der Regelungstechnik
unter besonderer Berücksichtigung der Laplace-Transformation dar und ist für
Studenten an Fachhochschulen gedacht. Die zum Teil sehr ausführliche Darstellung
soll, wenn nötig, auch ein selbständiges Einarbeiten in das Stoffgebiet ermöglichen.
Zur Untersuchung der einzelnen Regelkreisglieder werden die klassischen Methoden
wie: Differentialgleichung, Sprungantwort, Frequenzgang, Ortskurve und Bode-
Diagramm angewandt. Diese sind die Voraussetzung für die in der modernen Rege-
lungstheorie benutzten Verfahren der z-Transformation und der Betrachtung im
Zustandsraum.
Nach der Einführung der Grundbegriffe der Steuerung und Regelung in Kapitel 1,
wird in Kapitel 2 die mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder erörtert.
Ausgehend vom Zeitverhalten der Grundtypen von Regelkreisgliedern in Kapitel 3,
werden in Kapitel 4 die Regelstrecken ausführlich behandelt. Für jede Streckenart
werden sowohl elektrische als auch für den Maschinenbauer geeignete Beispiele
durchgerechnet. Zur Ermittlung des charakteristischen Verlaufs der einzelnen
Sprungantworten wird abwechselnd je ein Beispiel nach der klassischen und eines
mittels Laplace-Transformation gelöst. Bei der Behandlung der Regeleinrichtungen
(Kapitel 5) wird gleichzeitig deren typisches Verhalten an einfachen Regelstrecken
untersucht. Über den Störfrequenzgang und die entsprechende Differentialgleichung
werden deren Vor- und Nachteile, z. B. der Einfluß der einzelnen Reglerparameter auf
die bleibende Regelabweichung und die Dämpfung aufgezeigt. Die für den Rege-
lungstechniker wichtige Darstellung im Bode-Diagramm ist in Kapitel 6 zusammen-
gefaßt. Zur Stabilitätsbetrachtung von Regelkreisen (Kapitel 7) werden die Kriterien
von Hurwitz, Nyquist, die Behandlung im Bode-Diagramm und das Zweiortskurven-
verfahren abgeleitet und an Beispielen ausführlich erläutert. Das Zweiortskurvenver-
fahren dient ferner der Behandlung von Nichtlinearitäten mittels der Methode der
harmonischen Balance in Kapitel 9. Für verschiedene Nichtlinearitäten werden die
Beschreibungsfunktionen abgeleitet. Anschließend werden in Kapitel 10 Zwei- und
Dreipunktregler ohne und mit Rückführung erläutert. Das abschließende Kapitel 11
behandelt kurz die Wirkungsweise des Analogrechners. Ferner wird auf die Pro-
grammierung der wichtigsten Regler und Regelstrecken eingegangen. Den Anhang
(Kapitel 12) bilden eine kurzgefaßte Ableitung der Laplace-Transformation sowie
zusammenfassende Tabellen.
Zum Schluß möchte ich mich bei meinen Kollegen, den Herren Dipl.-Ing. E. Böhmer,
Dipl.-Ing, W. Mengel und Dr.-Ing. W. Zimmermann bedanken, die mir durch Rat-
schläge und Anregungen geholfen haben. Ferner danke ich dem Verlag Friedr. Vie-
weg & Sohn und seinen Mitarbeitern, insbesondere Herrn A. Schubert für die stets
gute Zusammenarbeit.

Siegen, im Januar 1972 Manfred Reuter


VI

Vorwort zur 14. Auflage

In der Vorwort zur 12. Auflage schrieb ich im März 2008: „Seit vier Jahrzehnten leis-
tet Reuter seinen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von Diplom-Ingenieuren im
Bereich Regelungstechnik... Zum Buch greifen Studenten, wenn ein Problem bei der
Diplomarbeit entsteht, Ingenieure von renommierten Autoherstellern verwenden es
zur Lösung von betrieblichen Aufgabenstellungen.“
Diese Meinung über das Buch gilt auch heute und ist durch die neuen, durchaus posi-
riven, Rezensionen bestätigt. Beispielsweise teilte Prof. Dr. Roland Büchi von Zür-
cher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in seiner Mail mit: "Für
die Grundlagen der Regelungstechnik, RT1 und RT2 unserer FH-Studiengänge Elekt-
rotechnik sowie Systemtechnik haben wir entschieden, keine eigenen Skripte mehr zu
schreiben, sondern Ihr Standardwerk ‚Regelungstechnik für Ingenieure‘ zu verwen-
den." Eine erfreuliche Nachricht, die zu fachlichen Kontakten, Anregungen und zu
einem Beitrag des ZHAW-Kollegen, Prof. Dr. Georgios Lekkas führte. Dieser Beitrag
ist ins Kapitel 8 als Rezeptanleitung zum Frequenzkennlinienverfahren eingeflossen,
wofür ich mich bei Kollegen R. Büchi und G. Lekkas herzlich bedanke.
Welche Änderungen wurden noch in der aktuellen Auflage vorgenommen? Der Ab-
schnitt 8.7 "Mehrgrößenregelung" ist neu gestaltet und mit neuen Beispielen bzw.
MATLAB-Simulationen ergänzt. Wie in vorherigen Auflagen erfolgt der Entwurf von
Mehrgrößensystemen ausschließlich mit Übertragungsfunktionen, die Entwurfsme-
thoden im Zeitbereich sind anhand Zustandsmodellen im Kapitel 13 "Zustandsrege-
lung" vertreten.
Neu ist auch das so genannte Bus-Konzept zum Entwurf von Mehrgrößenregelkreisen
im Kapitel 8. Wegen des begrenzten Umfanges des Buches war es leider nicht mög-
lich, die Betrachtung von klassischen Systemen unter diesem neuen Blickwinkel de-
tailliert zu beschreiben. Mit dem Bus-Konzept kann man die Wirkungspläne von
Mehrgrößenstrecken auch bei größerer Anzahl von Variablen n > 2 anschaulich und
übersichtlich mit Übertragungsfunktionen darstellen, um die Wege zu einer perfekten
Entkopplung zu finden.
In der neuen Auflage ist außerdem das Kapitel 12 "Intelligente Regelung" von Über-
arbeitungen getroffen. Das sind die neuen Methoden der modellbasierten Regelung,
die an mehreren Projekt-, Diplom-, Bachelor- und Master-Arbeiten unter meiner
Betreuung in der Industrie ausprobiert und getestet wurden.
Zum Schluß möchte ich meinen herzlichen Dank für die freundliche Atmosphäre,
Unterstützung und jederzeit konstruktive Zusammenarbeit den beteiligten Mitarbei-
tern des Springer Vieweg Verlags aussprechen, insbesondere dem Cheflektor Elektro-
technik/ IT/ Informatik, Herrn Reinhard Dapper, und der Editorial-Assistentin, Frau
Andrea Brossler.
Wiesbaden, im Oktober 2013 Serge Zacher
VII

Inhaltsverzeichnis

Formelzeichen ........................................................................................................ XIII

1 Einleitung (von M. Reuter und S. Zacher).............................................................1


1.1 Das Prinzip der Regelung ................................................................................3
1.2 Darstellung im Wirkungsplan ..........................................................................5
1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises ...........................................7
1.4 Das Prinzip der Steuerung ...............................................................................8
1.5 Beispiele für einfache Regelkreise ..................................................................9
1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise............................................................12

2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen (von M. Reuter).................15


2.1 Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes.....................15
2.2 Das Aufstellen der Diffenrentialgleichung....................................................17
2.3 Lösung der Differentialgleichung..................................................................19
2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen.............................................................19
2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung der
Eingangsgröße.....................................................................................21
2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen
der Veränderlichen..............................................................................22
2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz ..............23
2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungfunktion ..25
2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße.30
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich....................................34
2.4.1 Der Frequenzgang ...............................................................................34
2.4.2 Die Ortskurve......................................................................................36
2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort ...........................39
2.4.4 Das Bode-Diagramm...........................................................................41
2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen ......................42
2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern...........................42
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens...........................................................44
2.6.1 Statische Kennlinien ............................................................................45
2.6.2 Statischer Regelfaktor.........................................................................47
2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren.........................................48
2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren............................................50

3 Regelstrecke (von M. Reuter) ..............................................................................51


3.1 P-Strecken ohne Verzögerung............ ...........................................................53
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung.......................................................53
VIII Inhaltsverzeichnis

3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung.......................................................59


3.4 Strecken höherer Ordnung.................. ...........................................................70
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung ..................................................75
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung.................................................. ......................83
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung........................................................86
3.8 Strecken mit Totzeit Tt...................................................................................92
3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung ..............................96

4 Regeleinrichtungen (von M. Reuter) .................................................................99


4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker .....................................101
4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises ....................104
4.2.1 Führungsübertragungsfunktion .........................................................104
4.2.2 Störübertragungsfunktion .................................................................106
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen ...................................................106
4.3.1 P-Regeleinrichtung............................................................................106
4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke.........108
4.3.2 I-Regeleinrichtung ............................................................................112
4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke..........114
4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke ................117
4.3.3 PI-Regeleinrichtung ..........................................................................118
4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke........120
4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke..............124
4.3.4 D-Verhalten.......................................................................................125
4.3.5 PD-Regeleinrichtung.........................................................................127
4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke ......131
4.3.6 PID-Regeleinrichtung .......................................................................135
4.3.6.1 PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke.....140

5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren (von M. Reuter) ...143


5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge................................................143
5.1.1 Bode-Diagramm eines P0-Gliedes ....................................................144
5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes.......................................................144
5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes .....................................................146
5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung.......147
5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes.....................................................148
5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes ...................................................150
5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes.................................................152
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm ..................153
5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen 153
5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten (aktualisiert von S. Zacher) ........156
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms ..........................................163
Inhaltsverzeichnis IX

6 Stabilitätskriterien (von M. Reuter) ................................................................167


6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz................................................................168
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist ................................................................174
6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener Pol-
Nullstellenverteilung.........................................................................175
6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums ....................................................178
6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums ................................................180
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm.........................185
6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium .....................................................190
6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand .........................................................191
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren ..........................195
6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke................197

7 Das Wurzelortskurvenverfahren (von M. Reuter).......................................201


7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve ............................................203
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven...................................213

8 Entwurf von linearen Regelkreisen (von S. Zacher)....................................221


8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens..................................................................221
8.2 Praktische Einstellregeln..............................................................................224
8.2.1 Grob approximierte Strecke..............................................................224
8.2.2 Fein approximierte Strecke ...............................................................228
8.3 Integralkriterien............................................................................................233
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich ..............................................................236
8.4.1 Frequenzkennlinienverfahren ............................................................236
8.4.2 Betragsoptimum ................................................................................240
8.4.3 Symmetrisches Optimum ..................................................................242
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken......................................247
8.5.1 Instabile P-T1-Glieder .......................................................................247
8.5.2 Instabile P-T2-Glieder .......................................................................249
8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken ............................................252
8.6 Vermaschte Regelung ..................................................................................255
8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen.........................................................255
8.6.2 Kaskadenregelung.............................................................................256
8.6.3 Begrenzungsregelung .......................................................................258
8.6.4 Störgrößenaufschaltung ....................................................................260
8.7 Mehrgrößenregelung....................................................................................262
8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein- und Ausgangsgrößen...................262
8.7.2 P-kanonische Form ...........................................................................263
8.7.3 V-kanonische Form............................................................................264
8.7.4 Dezentrale Regelung einer Mehrgrößenstrecke.................................265
8.7.5 Stabilität der dezentralen Zweigrößenregelung .................................266
X Inhaltsverzeichnis

8.7.6 Entwurf einer Entkopplungsregelung ...............................................267


8.7.7 Bus-Konzept zur Darstellung der Mehrgrößenstrecken ...................269

9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis (von M. Reuter) ...................................271


9.1 Harmonische Balance ..................................................................................275
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen ..........................................276
9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung ........................277
9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone .......................279
9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese........................282
9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese ......285
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen ...........................287
9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor ...........................288
9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit .....292

10 Unstetige Regelung (von M. Reuter)................................................................295


10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung ....................296
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung ..................302
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung...............................................................305
10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung ...............................306
10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung ...........310
10.4 Dreipunktregler ............................................................................................312
10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung....................................................313

11 Digitale Regelung (von S. Zacher) ...................................................................315


11.1 Digitale Regeleinrichtungen ........................................................................315
11.2 Abtastregelung .............................................................................................319
11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen.....................................320
11.2.2 Rechenzeit........................................................................................323
11.2.3 Beschreibungsmethoden ..................................................................324
11.3 Quasikontinuierliche Regelung....................................................................327
11.3.1 Wahl der Abtastperiode ...................................................................327
11.3.2 Praktische Einstellregeln..................................................................327
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich......................................330
11.4.1 Differenzengleichungen...................................................................330
11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen ...........................................330
11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion ..................331
11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen....................................331
11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen .....................................335
11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme...........................................341
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich....................................343
11.5.1 Die z-Transformation .......................................................................343
11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen.........................................................346
Inhaltsverzeichnis XI

11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen ...........348


11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen ......................................351
11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise .....................................352

12 Intelligente Regelung (von S. Zacher) .............................................................357


12.1 Modellbasierte Regelung .............................................................................357
12.1.1 Kompensationsregler .......................................................................357
12.1.2 Smith-Prädiktor................................................................................359
12.1.3 PFC (Predictive Function Control) ..................................................361
12.1.4 SPFC (Simplified Predictive Function Control)..............................362
12.1.5 ASA-Control (Regelung nach dem Antisystem-Approach).............364
12.1.6 AFIC (Adaptive Filter for Identification and Control) ....................365
12.1.7 Dead-Beat-Regler (Regler mit endlicher Einstellzeit) .....................367
12.2 Fuzzy-Regler ................................................................................................371
12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers ...........................371
12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen ................................372
12.2.3 Regelbasis und Inferenz...................................................................374
12.2.4 Defuzzifizierung...............................................................................375
12.3 Neuro-Regelung ...........................................................................................377
12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons .........................................377
12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation ........................................379
12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN ........................................................383

13 Zustandsregelung (von S. Zacher) .................................................................387


13.1 Zustandsebene ............................................................................................387
13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems.........................................388
13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene .............................390
13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems ......................394
13.2 Zustandsraum..............................................................................................397
13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit.............................................................400
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung .......................................402
13.4.1 Zustandrückführung .....................................................................402
13.4.2 Vorfilter........................................................................................404
13.4.3 Ausgangsrückführung...................................................................405
13.4.4 Störgrößenaufschaltung................................................................408
13.4.5 Beobachterentwurf .......................................................................410
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien ..........................................413
13.5.1 Optimale Zustandsrückführung....................................................414
13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters..........................................416
XII Inhaltsverzeichnis

14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink (von S. Zacher)............... 417


14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung .............................................417
14.2 Grafik mit MATLAB..................................................................................421
14.3 Control System Toolbox.............................................................................426
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB..................................................................429
14.5 WOK mit MATLAB...................................................................................432
14.6 Einführung in MATLAB / Simulink ..........................................................438

15 Lösungen der Übungsaufgaben (von M. Reuter und S. Zacher)............ 441

Anhang ............................................................................................................ 465


Rechenregeln der Laplace-Transformation (von M. Reuter) ......................................465
Korrespondenztabelle (von M. Reuter).......................................................................466
Sätze der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter).........................................467
Tabelle der Laplace- und z-Transformation (von M. Reuter) .....................................468
Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder (von M. Reuter) .......................................470

Literaturverzeichnis (von S. Zacher) ............................................................... 476

English-German Symbols Directory (von S. Zacher) ..................................... 483

Fachwörter Deutsch-Englisch (von S. Zacher) ............................................... 491

Sachwortverzeichnis...................................................................................... 505
XIII

Formelzeichen

A Fläche, Querschnitt, Schwingungsamplitude, Gewindesteigung


A Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix
AM Systemmatrix des Beobachters
A1, A2... Koeffizienten der charakteristischen Gleichung P(w)
AR Betragsreserve (Amplitudenreserve)
a0, a1... Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Über-
tragungsfunktion, Beiwerte der Eingangsgröße und deren Ableitungen
B Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix
b Dämpfungskonstante
b0, b1... Koeffizienten der Differentialgleichung, der Fourier-Zerlegung, der z-Über-
tragungsfunktion, Beiwerte der Ausgangsgröße und deren Ableitungen
C Kapazität, Kondensator, Integrationskonstante, Konzentration
C Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix
C0 Koppelfaktor, Koeffizient,
C0 Controlability Matrix, Steuerbarkeitsmatrix
c Federkonstante, spezifische Wärme
D Dämpfungsgrad, Determinante
d Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs
d Störgrößenvektor
E Fehler eines künstlichen neuronalen Netzes
e Regeldifferenz
e(∞) bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞
F Kraft
f Funktion, Frequenz
G Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel, auch Matrix
G(jω) Frequenzgang
|G(jω)|dB Amplitudengang in dB
G(s) Übertragungsfunktion
G(z) z-Übertragungsfunktion
Ggesch(s) Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
GH(s) Übertragungsfunktion des Haltegliedes
GHS(z) z-Übertragungsfunktion Halteglied/Strecke
G0(s) Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
GM(s) Übertragungsfunktion des gewünschten Regelverhaltens
XIV Formelzeichen

GR(s) Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung


GS(s) Übertragungsfunktion der Regelstrecke
Gv(s) Übertragungsfunktion des Vorfilters
Gvorw(s) Übertragungsfunktion des Vorwärtszweigs
Gw(s) Führungsübertragungsfunktion
Gz(s) Störübertragungsfunktion
g Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung
H Höhe, Füllstandshöhe, magnetische Feldstärke
H Systemmatrix eines Systems mit Zustandsrückführung
h Abstand, Höhe (Abweichung vom Arbeitspunkt), Übergangsfunktion
I Einheitsmatrix
i Strom
ia Ankerstrom
ie Erregerstrom
J Massenträgheitsmoment, auch Funktional, Integralkriterium
j imaginäre Einheit j = − 1
K Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten, Konstante
K Zustandsrückführung
KD Differenzierbeiwert
Kd Störgrößenaufschaltung
KI Integrierbeiwert
Kkr kritischer Proportionalbeiwert
K0 Kreisverstärkung
KP Proportionalbeiwert
KPM Proportionalbeiwert des Modells
KPR Proportionalbeiwert des Reglers
KPr Proportionalbeiwert des Smith-Prädiktors
KPS Proportionalbeiwert der Strecke
KPw Proportionalbeiwert des geschlossenen Kreises (Führungsverhalten)
KPSy Proportionalbeiwert der Strecke beim Stellverhalten
KPSz Proportionalbeiwert der Strecke beim Störverhalten
KS Übertragungsbeiwert der Strecke
Ky Ausgangsrückführung
k Wärmedurchgangszahl, Konstante
L Leistung, Induktivität, Länge
L Rückführung des Beobachters
Formelzeichen XV

L[...] Laplace-Transformierte von [...]


l Länge
M Masse, Moment
m Ordnung des Zählerpolynoms der Übertragungsfunktion, Masse
N Vorfilter, Scaling Factor, Windungszahl einer Wicklung
N(s) Nennerpolynom
N ( xˆe ) Beschreibungsfunktion
n Drehzahl, Anzahl von Halbwellen, Ordnung der Übertragungsfunktion
ni Anzahl der Pole auf der imaginären Achse
nl Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
nr Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene
Ob Observability Matrix, Beobachtungsmatrix
P Leistung, Druck
P Vektor der Polstellen
P(w) Polynom der charakteristischen Gleichung im w-Bereich
P(z) Polynom der charakteristischen Gleichung im z-Bereich
Pe elektrische Heizleistung
p Druck, Polstelle
Q Wärmemenge, Durchflüßmenge, Güteindex
Q positiv semidefinite symmetrische Matrix
Qabs Betrag der linearen Regelfläche
QITAE zeitgewichtete Betragsfläche
Qlin lineare Regelfläche
Qqrs quadratische Regelfläche
q Durchfluss
R elektrischer bzw. magnetischer Widerstand, Gaskonstante
R positiv definite symmetrische Matrix
RF statischer Regelfaktor
r Radius
S0, S1... Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Bode-Diagramms
SB Beobachtbarkeitsmatrix
SM Modellmatrix, Matrix des Beobachters
SS Steuerbarkeitsmatrix
s komplexe Variable s=σ+jω
sN Nullstellen
sP Polstellen
XVI Formelzeichen

T Zeitkonstante, Periodendauer
TA Abtastzeit
Tan Anregelzeit
Taus Ausregelzeit
TE Ersatzzeitkonstante
Te Schwingungsperiode
Tg Ausgleichszeit
Th Länge des Prädiktionshorizontes
TI Integrierzeit
TM Zeitkonstante des Modells
Tn Nachstellzeit
TR Verzögerungszeitkonstante des Reglers
Tt Totzeit
Tu Verzugszeit
Tv Vorhaltzeit
Tw Zeitkonstante eines geschlossenen Regelkreises
t Zeit
ta, te Ausschaltzeit, Einschaltzeit
tw Koordinate des Wendepunktes
t10, t50 Zeitpunkte für die Regelgröße von 10%, 50% stationäres Wertes
U Spannung
u zeitlich veränderliche Spannung (Abweichung vom Arbeitspunkt),
auch Eingangsgröße
u Eingangsvektor bzw. Stellgrößenvektor
uD Differenzspannung des Operationsverstärkers
V Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad
V Hilfsmatrix zur Ermittlung der Ausgangsrückführung
V(s) Übertragungsfunktion einer Mehrgrößenstrecke in V-kanonischer Struktur
v Geschwindigkeit, Ausgang eines verdeckten Neurons
v Transferfunktion eines Neurons
W Gewicht eines Neurons
w Führungsgröße, Sollwert, Operator der bilinearen Transformation
w0 Höhe des Sollwertsprungs
X Regelgröße, Weg
Xh Regelbereich
x Regelgröße (Abweichung vom Arbeitspunkt), Weg
Formelzeichen XVII

x Zustandsvektor
x(t) Sprungantwort
x(0) Anfangswert bei t = 0
x(∞) Beharrungswert bei t → ∞
xa, xe Ausgangsgröße, Eingangsgröße (allgemein)
x̂ a Amplitude der Ausgangsgröße
xB Sättigungszone
xE Endwert
xe0 Eingangssprung
x̂ e Amplitude der Eingangsgröße
2xL Hysteresebreite
xMA Mittelwertabweichung
xm Überschwingweite
2x0 Schwankungsbreite
xr Rückführgröße
xref Referenzgröße
xs Sollwert
xt tote Zone
x50 Zeit-Prozentkennwert
Yh Stellbereich
Y0 Stellgröße im Arbeitspunkt
y Stellgröße
y Ausgangsvektor
yR Stellgröße am Ausgang der Regeleinrichtung
Z Impedanz
Z [...] z-Transformierte von [...]
Z(s) Zählerpolynom
Z0 Störgröße im Arbeitspunkt
z Störgröße, komplexe Variable bei z-Transformation, Nullstelle bei Matlab
z0 Höhe des Störsprungs
α Abklingkonstante, Aktivierung, Konstante der Korrespondenztabelle,
Skalierungsfaktor, Winkel, Winkelposition
β Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des ungedämpften Systems,
Zeitskalierungsfaktor, auch Aktivierung eines Neurons
γ spezifisches Gewicht
Δ Kennzeichnung von Größenänderung
δ Impulsfunktion, Nadelimpuls
XVIII Formelzeichen

η Zähigkeit von Gasen, Lernschrittkonstante


θ Schwellenwert
ϑ Temperatur
λ Wurzel der homogenen Differentialgleichung, Eigenwerte,
auch Wärmeleitfähigkeit
μ (...) Zugehörigkeitsfunktion
ρ Dichte
σ Einheitssprung
τ Zeit, Maschinenzeit
υ Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve bzw. des Phasengangs
ĭ Wärmestrom, Fluss, Erregerfluss
ϕ Winkel, Phasenverschiebungswinkel
ϕRd Phasenreserve
ϕ (ω) Phasengang
ω Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit
ωd Durchtritts(kreis)frequenz
ωE Eck(kreis)frequenz
ωe Eigenkreisfrequenz
ωkr kritische Kreisfrequenz

Indizes
A Anker-
a Abfluss- , Ausbreitung-
akt aktueller Wert
C Feder- , Kondensator-
D Dämpfer- , Differenzier-
F Filter-
f Feder-
G Gewicht-
HT Höher-Tiefer
M Motor- , Moment-, auch Modell-
m.R. „mit Regler“-Verhalten
n negativ
0 Anfangspunkt-, Arbeitspunkt-, aufgeschnittener (offener) Kreis, Leerlauf
o.R. „ohne Regler“-Verhalten
p positiv
TG Tachogenerator-
W Wasser-
1

1 Einleitung

Die Regelungstechnik gehört zu den Grundlagenfächern der Ingenieurwissenschaften,


die sich mit der selbsttätigen Regelung einzelner Arbeitsvorgänge sowie geschlosse-
ner Produktionsabläufe befasst. Die zunehmende Automation ist durch die rapide
Verbreitung von Regelungssystemen und durch eine Expansion ihres Anwendungsbe-
reiches gekennzeichnet. Mit Hilfe von Prozessrechnern werden auch komplexere Re-
gelalgorithmen digital realisiert. Durch die Bustechnologie und die Vernetzung ist es
heute möglich kompliziertere Systeme zu regeln, als dies mit den klassischen Regel-
einrichtungen möglich war.
Das Wesentliche einer Regelung besteht in einem Rückkopplungszweig, der dazu
dient, die zu regelnde Größe (die Regelgröße) von Störeinflüssen unabhängig zu ma-
chen, so dass sie stets einen vorgegebenen Wert beibehält. In technischen Anlagen
sind die zu regelnden Größen physikalischer Natur, so z. B. Druck, Temperatur,
Drehzahl, Durchfluss, Flüssigkeitsstand, Strom, Spannung usw.
Der Beginn der Regelungstechnik lässt sich nicht genau datieren. Bereits 1765 hat
Polsunow einen Regler zur Wasserstandsregelung in einem Kessel über Schwimmer
und Absperrklappe erfunden. Eine größere Bedeutung erlangte der 1788 von James
Watt erfundene Zentrifugalregulator, der zur Drehzahlregelung von Dampfmaschinen
benutzt wurde.
Wie Bild 1.1 zeigt, besteht der Zentrifugalregulator aus zwei Massen 1, die durch die
Arme 2 pendelnd gelagert sind. Bei Rotation der Welle 3 werden die beiden Massen
infolge der Zentrifugalkraft nach außen bewegt. Diese Kraft wirkt über das Gestänge
4 auf die Muffe 5. Als Gegenkraft ist die Feder 6 wirksam, die der durch die Zentri-
fugalkraft auf die Muffe ausgeübten Kraft das Gleichgewicht hält. Einer bestimmten
Federspannung entspricht eine ganz bestimmte Drehzahl.

6 2

5 4

Dampf

Bild 1.1 Zentrifugalregulator

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_1,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
2 1 Einleitung

Nimmt aus irgendeinem Grund die Dampfzufuhr zu und damit die Drehzahl, so wird
infolge der größeren Zentrifugalkraft die Feder stärker gespannt, die Muffe angehoben
und das Ventil etwas geschlossen. Dadurch wird die Dampfzufuhr gedrosselt, bis die
ursprüngliche Drehzahl wieder erreicht ist. Sinkt nun infolge einer höheren Belastung
die Drehzahl ab, so würde bedingt durch die Rückkopplung das Ventil so weit geöff-
net, bis der durch die Feder eingestellte Sollwert wieder erreicht wird.
Der Mensch ist immer bestrebt, empirisch Gefundenes theoretisch zu konsolidieren.
Die erste vollständige Theorie des Regelkreises gelang (1868) Clerk Maxwell und
(1877) Wyschnegradski. Ein weiteres Problem besteht darin, dass in einem Regelsys-
tem, bedingt durch den Rückkopplungszweig, beim Auftreten einer äußeren Störung
eine unerwünschte Erscheinung auftreten kann, die gegebenenfalls zur Zerstörung der
Anlage führt und als Instabilität bezeichnet wird. Diese Erscheinung trat erstmals bei
der Regelung von Wasserturbinen auf und wurde zuerst von Routh (1877) und Hur-
witz (1895) theoretisch gelöst. Später wurde eine weitere Zahl von Stabilitätskriterien
entwickelt, mit deren Hilfe es möglich ist, die Bedingungen festzustellen, die zur In-
stabilität führen und welche Maßnahmen zu treffen sind, um dies zu beseitigen. Diese
Entwicklung wurde stark von der Elektrotechnik geprägt, da die Regeleinrichtungen
aus analogen Bauelementen wie Operationsverstärker bestanden.
Mit Konrad Zuse, der den ersten freiprogrammierbaren digitalen Computer der Welt
fertig stellte, fängt der Umbruch der Regelungstechnik an. 30 Jahre später kommt der
erste Mikroprozessor auf den Markt (1971) und revolutioniert die Technik von analog
zu digital mit einer wachsenden Anzahl von Anwendungen.
Heute sind Automatisierungssysteme ohne Mikroprozessoren, Computer und spei-
cherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) undenkbar. Ein Produktionssystem lässt
sich als Pyramide, wie im Bild 1.2 gezeigt, darstellen. In der Feld- und Prozessebene
findet man alle Komponenten des Regelkreises: Regelstrecke, Messfühler (Sensoren),
Regler, Steller.

Betriebsleitbene
.

Prozessleitebene
. .

.. Server
Regler SPS SPS Feldebene
.. . .................... ............
. .. .. . ..
Feldbus
Sensor Steller Prozess
Strecke

Bild 1.2 Produktionssystem als Automatisierungspyramide


1.1 Das Prinzip der Regelung 3

Erst im 20. Jahrhundert entdeckte man, angeregt durch die Erfolge der Regelungs-
technik, dass die Prinzipien der Regelung nicht allein auf technische Vorgänge be-
schränkt sind, sondern ebenso im biologischen und sozialen Bereich auftreten. Be-
trachten wir z. B. den menschlichen Körper, so werden Blutdruck, Blutzuckergehalt,
Körpertemperatur usw. ständig durch messende und regulierende Organe in engen
Grenzen konstant gehalten. Auch im Zusammenleben verschiedener Lebewesen fin-
den wir regelnde Gesetzmäßigkeiten. So fressen z.B. die Haie die Schollen. Gibt es
aus irgendeinem Grund zu viele Schollen, so sind die Lebensbedingungen der Haie
besonders günstig. Sie vermehren sich also. Eine größere Anzahl von Haien bedeutet
eine Verminderung der Anzahl der Schollen und damit eine Verschlechterung der
Lebensbedingungen der Haie, die sich dann ebenfalls wieder reduzieren. Nach einigen
Pendelungen stellt sich ein stabiles Gleichgewicht ein bis eine neue Störung auftritt.
All diese, in den verschiedensten Wissensgebieten, wie Technik, Biologie, Psycholo-
gie, Soziologie, Ökonomie usw. auftretenden analogen Probleme und Gesetzmäßig-
keiten legen eine übergeordnete Wissenschaft nahe, für die Norbert Wiener (1948)
den Begriff Kybernetik prägte.
Die Kybernetik, als verbindende Brücke zwischen den Wissenschaften gedacht, hat
sich nicht als eine selbständige, übergeordnete Disziplin durchsetzen können. Nur in
der Biologie versuchte die Bio-Kybernetik die im menschlichen Gehirn stattfindenden
Vorgänge durch Modelle zu simulieren und zu erklären. 1962 veröffentlicht Frank
Rosenblatt sein Konzept der Neurodynamik. 12 Jahre später wurde der erste compu-
tergesteuerte Roboter entwickelt. Wenn diese und die nachfolgende Rechenautomaten
auch partiell leistungsfähiger sind, so ist die Analogie mit den Regelvorgängen in der
Biologie doch nur unvollkommen. Die Verhältnisse in der Biologie sind weit kompli-
zierter, weil an der Regelung einer einzigen Größe sehr viele Faktoren beteiligt sind
und eine gegenseitige Abhängigkeit vieler Regelkreise besteht.
Heute werden die Untersuchungen in diesem Bereich von Computational Intelligenz
oder Soft-Computing übernommen. Darunter versteht man Fuzzy-Logik, künstliche
neuronale Netze, genetische Algorithmen, Data Mining, Image-Prozessing und andere
Methoden, mit dem Bestreben, Regelalgorithmen zu finden, deren Funktionen dem
menschlichen Verhalten immer ähnlicher werden.

1.1 Das Prinzip der Regelung


Die Wirkungsweise und die Begriffe der Regelung sollen an einem einfachen, oft
zitierten Beispiel behandelt werden.

Raumtemperaturregelung
Es soll die Temperatur ϑ ist in einem Raum auf einem vorgegebenen Wert ϑ soll (dem
Sollwert) gehalten werden. Die Wärmezufuhr erfolgt durch Dampf oder Heißwasser
über einen Radiator.
Ohne Regler müsste man zunächst ein Thermometer in den Raum bringen, um festzu-
stellen, ob die gewünschte Temperatur ϑ soll vorhanden ist. Liegt der Istwert ϑ ist
4 1 Einleitung

unterhalb des Sollwertes ϑ soll dann wird man das Heizkörperventil mehr aufdrehen.
Im umgekehrten Fall entsprechend zudrehen, bis die gewünschte Temperatur vorhan-
den ist (ϑ ist = ϑ soll). Die Differenz zwischen Soll- und Istwert nennt man Regeldiffe-
renz ϑ e, d. h. (ϑ e = ϑ soll − ϑ ist). Diese Art der Regelung, bei der der Mensch tätig
ist, bezeichnet man als manuelle Regelung oder Handregelung.
Es ist nun zu untersuchen, weshalb an einem einmal richtig eingestellten Heizkörper-
ventil überhaupt noch nachträglich Verstellungen zur Aufrechterhaltung der ge-
wünschten Temperatur notwendig sind. Man erkennt leicht, dass sich z. B. die Außen-
temperatur ändern kann. Nehmen wir an, die Außentemperatur ϑ a sinkt, so wird das
Wärmegefälle (ϑ ist − ϑ a) größer und damit die Wärmeabgabe durch die Wände und
Fenster; die Temperatur ϑ ist fällt. Ferner kann es vorkommen, dass der Energiegehalt
des Wassers oder des Dampfes schwankt und somit einer bestimmten Ventilstellung
keine konstante Energiemenge pro Zeiteinheit zugeordnet werden kann. Weitere stö-
rende Einflüsse können entstehen durch das Öffnen von Fenstern oder durch Verände-
rung der Anzahl der im Raum befindlichen Personen.
All diese Einflüsse, die eine Abweichung von der geforderten Temperatur ϑ soll ver-
ursachen, nennt man Störgrößen. Da diese Störgrößen nicht konstant sind, ist eine
Regelung erforderlich, die sofort eingreift und die Wirkung der Störung beseitigt.
Um die Raumtemperatur von Hand auf den Sollwert ϑ soll zu regeln, hatten wir fol-
gende Funktionen auszuführen:
1. Messen der zu regelnden Größe
2. Vergleichen der Regelgröße mit dem Sollwert
3. Erzeugen eines geeigneten Stellbefehls
4. Verstellen des Stellorgans.
Um die Raumtemperatur selbsttätig zu regeln, müssen die erwähnten vier Funktionen
einer Regeleinrichtung übertragen werden, wie in Bild 1.3 schematisch gezeigt ist.

MF Messfühler
R Regler
STV Stellventil
ϑist
R y Stellgröße
ϑa z Störgröße
ϑsoll
ϑ ist Temperatur-Istwert
MF
y ϑ soll Temperatur-Sollwert
z ϑa Außentemperatur

STV Wärmeenergie

Bild 1.3 Raumtemperaturregelung


1.2 Darstellung im Wirkungsplan 5

Hierbei ist jedoch der Begriff des Messens allgemeiner zu fassen. Die Messgröße
muss geeignet sein, als Eingangssignal der Regeleinrichtung zu dienen. Ist dies nicht
der Fall, so muss die Messgröße erst in einem Messumformer entsprechend umge-
formt werden. Beispielsweise verwendet man zur Durchflussmessung von Gasen oder
Flüssigkeiten den Differenzdruck an einer Blende; oder zur Messung der Drehzahl die
Spannung, die von einem Tachogenerator erzeugt wird.
Der eigentliche Regler besteht meistens aus einem Verstärker und einer Einrichtung
zur Erzeugung des gewünschten Zeitverhaltens. Je genauer geregelt werden soll, desto
empfindlicher muss der Regler auf eine Regeldifferenz reagieren. Die Energie der
Regeldifferenz am Eingang des Reglers muss so verstärkt werden, dass am Ausgang
genügend Energie zum Betätigen des Stellventils zur Verfügung steht. Unter dem
Zeitverhalten eines Reglers versteht man die Reaktion des Reglers beim plötzlichen
Auftreten einer Regeldifferenz, d. h. ob die Stellgröße sofort erzeugt wird oder erst
nach einer gewissen Verzögerungszeit usw.
Verfolgt man nun die einzelnen Stufen des Regelvorganges, so stellt man fest, dass es
sich um einen geschlossenen Kreis handelt, dem sogenannten Regelkreis, denn das
Stellen wirkt immer wieder auf das Messen zurück. Der Rückkopplungszweig, der
durch die Regeleinrichtung gebildet wird und den Messort mit dem Stellort verbindet,
ist das wesentliche Merkmal einer Regelung.

1.2 Darstellung im Wirkungsplan


Die einzelnen Glieder des Regelkreises werden nach der DIN 19226 durch rechtecki-
ge Kästchen, Block genannt, symbolisiert (Bild 1.4a). Die Ein- und Ausgangssignale
werden durch Wirkungslinien dargestellt, deren Pfeilspitzen die Wirkungsrichtung
angeben.
Zur genaueren Kennzeichnung wird in einem Block symbolisch angegeben, wie die
Ausgangsgröße bei plötzlicher Änderung der Eingangsgröße reagiert. Außerdem wer-
den die Stellen, an denen mehrere Signale zusammentreffen, durch eine Additionsstel-
le (Bild 1.4b) und Punkte, an denen eine Verzweigung eines Signals stattfindet, durch
eine Verzweigungsstelle (Bild 1.4c) dargestellt.
Der gesamte Regelkreis lässt sich als Aneinanderreihung von Blöcken wiedergeben.
Diese Darstellung, welche die wirkungsmäßigen Zusammenhänge zwischen den
a) b) c)
xe xa xe1 xa xe xa2
+
− −x+ xa1
e2
Bild 1.4 Elemente des Wirkungsplanes:
a) Blocksymbol
b) Additionsstelle xa = ± xe1 ± xe2
c) Verzweigungsstelle xa1 = xa2 = xe
6 1 Einleitung

ϑa

ϑsoll ϑe y ϑist
Stell-
Regler Raum
+ glied

ϑ*ist Mess-
umformer

Bild 1.5 Wirkungsplan des Temperaturregelkreises

Signalen wiedergibt, wie in Bild 1.5 gezeigt, ohne gerätetechnische Einzelheiten zu


berücksichtigen, wird nach der DIN 19226 als Wirkungsplan bezeichnet.
Generell kann man nun den Regelkreis in zwei Bereiche unterteilen. Der 1. Bereich ist
durch die Anlage gegeben, in dem eine physikalische Größe geregelt werden soll, die
sogenannte Regelstrecke. Der 2. Bereich ist der Teil, der dazu dient, die Regelstrecke
über das Stellglied so zu beeinflussen, dass die Regelgröße den gewünschten Wert
innehält, die sogenannte Regeleinrichtung. Zur Regeleinrichtung zählen also der
Messfühler, der Messumformer, bei Bedarf der Vergleicher, der Regler und das Stell-
glied. Das Stellglied lässt sich sowohl der Regelstrecke als auch der Regeleinrichtung
je nach Zweckmäßigkeit zuordnen (Bild 1.6).
Die Störgrößen können nun an verschiedenen Stellen des Regelkreises auftreten. In
Bild 1.6 ist nur eine Störgröße gezeichnet, die zusammen mit der Stellgröße der Re-
geleinrichtung yR am Eingang der Strecke angreift. Dies ist aus folgendem Grund
erlaubt: Sinkt die Störgröße z (Außentemperatur ϑ a) und demzufolge die Regelgröße
x (Innentemperatur ϑ ist), so registriert der Messfühler eine Temperaturabnahme, kann
aber nicht entscheiden, ob die Außentemperatur gesunken ist oder ob das Stellventil
mehr zugedreht wurde. Ebenso registriert der Temperaturfühler eine Temperaturab-
nahme, wenn die zugeführte Wärmemenge pro Zeiteinheit abnimmt. Auch in diesem
Fall kann der Messfühler nicht feststellen, ob der zugeführte Energieinhalt pro Zeit-
einheit sich geändert hat oder das Stellventil verstellt wurde. Es ist also möglich, alle
Störgrößen an den Stellort zu transformieren und als eine einzige Störgröße z zusam-
men mit der Stellgröße yR am Eingang der Strecke angreifen zu lassen.

e
+

w yR yS x
Regel- Regel-
+ einrichtung strecke
− +

Bild 1.6 Vereinfachter Wirkungsplan eines Regelkreises


1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises 7

Einheitsbezeichnungen
Die in der Regelungstechnik zu regelnden Größen können sehr unterschiedlicher phy-
sikalischer Natur sein. Zur Vereinheitlichung werden die Regelgröße mit xist, der Soll-
wert mit xsoll, die Differenz zwischen xsoll und xist als Regeldifferenz e und die Stell-
größe mit y bezeichnet, gleichgültig, ob es sich bei der zu regelnden Größe um die
Temperatur in einem Glühofen, die Geschwindigkeit eines Walzgutes oder den pH-
Wert einer Säure handelt. Ferner wird die Regelgröße xist einfach als x bezeichnet und
anstelle des Sollwertes xsoll wird die Bezeichnung Führungsgröße w angewandt.
Wie wir noch sehen werden, interessieren bei einer Regelung weniger die Absolut-
werte, sondern die Änderungen der Größen. Diese Änderungen werden im Gegensatz
zu den Absolutwerten durch kleine Buchstaben gekennzeichnet.

1.3 Gerätetechnische Ausführung eines Regelkreises


Es gibt viele Möglichkeiten zur praktischen Verwirklichung der Regelung. Davon soll
eine anhand der Positionsregelung einer Antenne behandelt werden (Bild 1.7). Der
aktuelle Winkel αx wird durch ein Potentiometer gemessen und in die Spannung Ux
umgewandelt. Durch einen Vergleich mit dem Sollwert Uw wird die Spannungsdiffe-
renz Ue = Uw − Ux gebildet. Ist Uw = Ux bzw. Ue = 0, bleibt der Motor stehen. Ver-
größert sich der Winkel αx, so vergrößert sich die Spannung Ux. Da die Sollwertspan-
nung Uw konstant ist, entsteht dabei eine negative Spannung Ue. Diese Spannung
verstärkt durch zwei Verstärkungsstufen (Regler, Leistungsverstärker) ergibt die An-
steuerung des Motors UA. Der Motor bewegt die Antenne und den Gleitkontakt des
Potentiometers bis Uw = Ux bzw. der Winkel αx dem Sollwert αw gleich ist.

Istwert
αx
Potentiometer- ωx
Messfühler
− +
Getriebe x(t)

Motor Ux
UA ωM
Potentiometer-
Sollwertgeber
αw
− +
Uy
Leistungs-
Regler Uw Sollwert
Verstärker

Bild 1.7 Gerätetechnische Ausführung der Positionsregelung einer Antenne


8 1 Einleitung

1.4 Das Prinzip der Steuerung


Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich eine Größe auch durch Steuern auf ei-
nem vorgegebenen Wert, der konstant oder zeitlich veränderlich sein kann, halten.
Betrachten wir hierzu als Beispiel die Konstanthaltung der Winkellage einer Antenne
durch Steuern unter der vereinfachenden Annahme, dass als einzig maßgebende Stör-
größe z die Schwankung der Windstärke auf die Antenne wirkt (Bild 1.8).
Zunächst sei das Steuergerät so eingestellt, dass der Antennenwinkel αx gleich dem
vorgegebenen Sollwert αw ist und die Ansteuerungsspannung des Motors gleich Null
ist. Tritt nun eine Zunahme der Windgeschwindigkeit (Störgröße z) auf, so würde
ohne Steuergerät die Winkelposition der Antenne geändert. Mit Steuergerät wird die
Zunahme der Windgeschwindigkeit durch den Messfühler dem Steuergerät sofort
gemeldet und von diesem der Motor angesteuert. Die vorhandene Änderung der Posi-
tion wird dadurch ausgeglichen und der Antennenwinkel konstant gehalten. Im Ge-
gensatz zur Regelung handelt es sich um eine offene Wirkungskette (Bild 1.9).
Der Nachteil der Steuerung gegenüber der Regelung besteht darin, dass nicht alle
Störgrößeneinflüsse eliminiert werden, sondern nur der, dessen Größe vom Steuerge-
rät gemessen wird. Ferner ist Voraussetzung, dass das Verhalten der Strecke zahlen-
mäßig genau bekannt ist. Als Vorteil gegenüber der Regelung ist hervorzuheben, dass
infolge des fehlenden Rückkopplungszweiges keine Instabilität auftreten kann. Im
Idealfall wird der Sollwert genau eingehalten, während bei einer Regelung, beim Auf-
treten einer Störgrößenänderung, zumindest eine vorübergehende Abweichung der
Regelgröße vom Sollwert auftritt.
Störgröße
Messfühler z

Steuergerät αx Istwert
UZ
(SPS) ωx

Getriebe x(t)

UA
ωM
Motor

Bild 1.8 Steuerung der Winkellage einer Antenne

Uz z
Messfühler

y = UA x = αx
Steuergerät Strecke

Bild 1.9 Wirkungsplan einer Steuerung


1.5 Beispiele für einfache Regelkreise 9

1.5 Beispiele für einfache Regelkreise

Temperaturregelung
Die Raumtemperatur x soll mittels pneumatischer Regeleinrichtung geregelt werden
(Bild 1.10).
PV

Vordrossel

PSt = y
Federbalg
Düse

zum
x Radiator
w

Bild 1.10 Gerätetechnische Ausführung einer Raumtemperatur-Regelung

Die Temperatur wird durch ein Flüssigkeitsausdehnungsthermometer gemessen. Bei


Temperaturzunahme vergrößert sich das Flüssigkeitsvolumen und expandiert in den
Federbalg. Dieser dehnt sich aus und drückt den Hebelarm entgegen der Federkraft,
an welcher der Sollwert eingestellt werden kann, nach unten (Vergleichsstelle). Das
rechte Ende steuert die Düsenöffnung zu und der Druck PSt in der Steuerleitung steigt
an. Infolge des Druckanstiegs steigt auch die Kraft auf dem Membranteller PSt⋅A, die
die Ventilspindel um einen Weg s nach unten bewegt bis die Federkraft gleich der
Membrankraft ist. Der Verstärker arbeitet nach dem Düse-Prallplatte-System. Bei
geschlossener Düse wird der Steuerdruck PSt gleich dem Vordruck PV. Wird der Ab-
stand Düse-Prallplatte vergrößert, so vermindert sich der Austrittswiderstand, wäh-
rend der Widerstand der Vordrossel konstant bleibt. Zwischen dem konstanten Vor-
druck PV und dem äußeren Atmosphärendruck besteht ein Druckgefälle, das entspre-
chend den Drosselwiderstand aufgeteilt wird.

Druckregelung in einer Rohrleitung


In einer Rohrleitung soll der Luftdruck unabhängig von Belastungsschwankungen auf
einem konstanten Wert gehalten werden. Die Freistrahldüse ist in Punkt 1 drehbar
gelagert (Bild 1.11). Der Sollwert xs wird durch die Schraube und Feder eingestellt.
Ist die Regelgröße x gleich dem Sollwert xs, dann befindet sich das Strahlrohr in einer
symmetrischen Lage zu den beiden gegenüberliegenden Kanälen. Der Druck auf der
Unterseite des Steuerkolbens ist gleich dem auf der Oberseite, der Kolben bleibt in
10 1 Einleitung

P=x

⋅ Öl

xs

Bild 1.11 Luftdruckregelung in einem Windkanal

Ruhe und ebenso die Drosselklappe. Bei geringerem Verbrauch steigt der Druck P
und die Membrankraft bewegt die Düse entgegen der Federkraft nach unten. Dadurch
wird der untere Kanal mehr beaufschlagt als der obere und der Kolben bewegt sich
nach oben. Die Verstellung der Klappe bewirkt eine Druckabnahme in der Rohrlei-
tung und das Strahlrohr bewegt sich nach oben bis es den beiden Kanälen symmet-
risch gegenüber steht und der Druck P gleich dem Sollwert xs ist.
Ist umgekehrt der Verbrauch zu groß, dann sinkt der Druck, die Düse bewegt sich
nach oben, der Kolben nach unten und die Drosselklappe wird mehr geöffnet.

Sendeleistungsregelung eines Mobiltelefons


Ein Handy kann unter Vereinfachungen aus zwei Teilen dargestellt werden: einem
Register und einem Sender (Bild 1.12). Die Sendeleistung Lh des Mobiltelefons wird
während der Freiraumausbreitung gedämpft. Dadurch wird die Empfangsleistung List
der Zentrale geschwächt, d. h. List = Lh – La.

Feststation Mobilstation
List Lh
LSoll − + Sender
+ Empfangsleistung Sendeleistung

Le La
Dämpfung
bei Ausbreitung
Höher-Tiefer
Register
-Taster Höher-Tiefer-Signal SHT

Bild 1.12 Sendeleistungsregelung eines Handy


1.5 Beispiele für einfache Regelkreise 11

In der Feststation (Zentrale) soll die Empfangsleistung List mit Hilfe eines Höher-
Tiefer Tasters (Regler) auf die gewünschte konstante Leistung Lsoll gebracht und in
Form eines Höher-Tiefer-Signals SHT an das Handy gesendet werden.

Drehzahlregelung eines Gleichstrommotors


Der Gleichstrommotor, dessen Drehzahl geregelt werden soll, hat eine konstante
Fremderregung, während die Klemmenspannung UA von einem Thyristor-Strom-
richter geliefert wird (Bild 1.13). Die zu regelnde Drehzahl n wird durch einen Ta-
chogenerator TG gemessen, der eine der Drehzahl proportionale Spannung UTG er-
zeugt. Diese wird durch das nachgeschaltete Tiefpass-Filter geglättet und mit der am
Potentiometer einstellbare Spannung Uw (Sollwert) verglichen. Die Differenzbildung
erfolgt am Eingang des Drehzahlreglers (Operationsverstärker), dessen Beschaltung
mit Widerständen und Kondensator das gewünschte Zeitverhalten erzeugt.
Zur Ansteuerung des Thyristor-Stromrichters wird die Ausgangsgleichspannung des
Reglers vom Steuersatz in Zündimpulse umgewandelt. Die Phasenlage der Zündim-
pulse bestimmt den Zündzeitpunkt der Thyristoren und damit den Mittelwert der Mo-
torklemmenspannung.
Bei Übereinstimmung von Istdrehzahl und Solldrehzahl, d. h. Ue = Uw – UTG = 0, ist
die Ausgangsspannung des Reglers konstant. Die vom nachfolgenden Steuersatz ab-
gegebenen Zündimpulse bewirken, dass die Ausgangsklemmenspannung des Thy-
ristor-Stromrichters auf einen Wert eingestellt wird, der zur Deckung des erforderli-
chen Drehmoments notwendig ist.
Wird das Lastmoment vergrößert, so fällt zunächst die Drehzahl n und damit die Ta-
chometerspannung UTG. Die Regeldifferenz Ue = Uw – UTG wird größer, was zu einer
größeren Aussteuerung des Verstärkers führt. Infolgedessen werden die Zündimpulse

Sollwert-
geber Drehzahl-
Regler Zündimpuls- Gleichstrom-
steuersatz motor
Uw

UA M n
Ue +

MA
Thyristor- IA TG
stromrichter Tacho- +
Ux generator
Tiefpassfilter UTG = K⋅ n

Bild 1.13 Drehzahlgeregelter Gleichstromantrieb


12 1 Einleitung

so verschoben, dass der Zündwinkel kleiner und damit der Mittelwert der Ankerspan-
nung größer wird. Die Drehzahl steigt so lange an bis Ue = 0 ist.
Wird der Motor entlastet, so steigt die Drehzahl n und entsprechend UTG. Die Regel-
differenz wird negativ, was zur Verringerung der Ausgangsspannung des Reglers
führt bis schließlich bei Ue = 0 die Solldrehzahl wieder erreicht ist. Die Tatsache, dass
der Regler auch eine Spannung abgibt, wenn die Summe der Eingangsspannungen
Null ist, hängt mit der Beschaltung zusammen, die integrierend wirkt und in Kapitel 4
behandelt wird.
Tatsächlich ausgeführte Gleichstromantriebe enthalten einen zusätzlichen Stromre-
gelkreis zur Beschränkung des zulässigen Ankerstromes. Der Ausgang des Drehzahl-
reglers wirkt dann nicht wie in Bild 1.13 auf den Steuersatz, sondern dient als Soll-
wert des Stromreglers, der seinerseits den Steuersatz ansteuert. Zur Erfassung des
Stromistwertes im Ankerkreis dient ein Stromwandler oder ein Shunt.

1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise


Die bisher behandelten Regelkreise waren einläufige Regelkreise, bei denen nur eine
Regelgröße mit Hilfe einer Stellgröße eingeregelt werden soll. Derartige einfache
Regelkreise sind am häufigsten.
Bei schwieriger zu regelnden Strecken ist es oft notwendig, mehrere Regelgrößen auf
entsprechenden Sollwerten zu halten. Dabei geht man vom einläufigen zum vermasch-
ten Regelkreis über.

Festwert-Verhältnisregelung
Es soll die Temperatur in einem gasbeheizten Glühofen geregelt werden (Bild 1.14).
Außerdem ist das Verhältnis von Gas und Luft konstant zu halten, damit eine optima-
le Verbrennung stattfindet.

xsoll Regler 1
.. .. .. ..
xist

Gas
Mess 1
Regler 2
w .. .. .. ..

Glühofen Mess 2
Luft

Bild 1.14 Temperaturregelung in einem Glühofen


1.6 Beispiele für vermaschte Regelkreise 13

Die Temperatur xist im Ofen wird von einem Thermoelement gemessen und in der
Regeleinrichtung Regler 1, mit dem Sollwert xsoll verglichen. Ist die Temperatur xist
kleiner als xsoll, so wird das Ventil 1 mehr geöffnet. Der dadurch erhöhte Gasdurch-
satz verursacht an der Messblende Mess 1 einen größeren Differenzdruck, der als
Führungsgröße W des Reglers 2 dient. An der Messblende Mess 2 wird der Luftdurch-
satz gemessen, in Regler 2 mit w verglichen und das Stellventil so verstellt, bis das
gewünschte Verhältnis des Gas-Luft-Gemisches erreicht ist. Hierbei dient zur Rege-
lung der Ofentemperatur eine Festwertregelung und gleichzeitig wird die Gas-Luft-
Zusammensetzung durch eine Verhältnisregelung vorgenommen

Kaskadenregelung
In einem chemischen Reaktor soll die Temperatur geregelt werden (Bild 1.15). Die
Wärmezufuhr erfolgt durch Warmwasser, das in einem Wärmeaustauscher erzeugt
wird. Der Wärmeaustauscher wird mit Dampf beheizt. Eine Verstellung am Dampf-
ventil wirkt verzögernd auf die Wassertemperatur und diese nochmals verzögernd auf
die Kesseltemperartur. Durch die Verzögerung mehrerer Strecken würde ein einziger
Regler, der die Regelgröße xist durch die Dampfzufuhr regelt, diese nur sehr ungenau
einhalten. Man verwendet zusätzlich einen Hilfsregler, der die Schwankungen der
Warmwassertemperatur xhilf erfasst und über das Dampfventil wesentlich schneller
ausregelt. Dadurch wird die dem Reaktionskessel zugeführte Wärmemenge konstant
gehalten und nur bei Temperaturschwankungen im Reaktionskessel verändert.

Reaktionskessel

Pumpe Wärmeaustauscher

xist

xsoll Dampf
Hauptregler

Warmwasser

xhilf

w y
Hilfsregler

Bild 1.15 Temperaturregelung in einem Reaktionskessel


14 1 Einleitung

xsoll e w xhilf xist


Haupt- Hilfs- Teil- Teil-
regler + regler strecke strecke
+ − − Folgeregelkreis

Führungsregelkreis

Bild 1.16 Wirkungsplan der Kaskadenregelung

Der Hilfsregler bildet zusammen mit der Teilstrecke (Wärmeaustauscher) einen Re-
gelkreis (Bild 1.16), der vom Hauptregler als eine Teilstrecke behandelt und zusam-
men mit der zweiten Teilstrecke (Reaktionskessel) in einem übergeordneten Regel-
kreis geregelt wird. Nach der DIN 19226 wird der Hauptregler als Führungsregler
und der Hilfsregler als Folgeregler bezeichnet.

Mehrgrößenregelung
Das Stoffgemisch von zwei Produkten wird durch einen Molekularfilter getrennt
(Bild 1.17). Der Molekularfilter besteht aus Hohlfaser-Membranen, die zu Hunderten
in einer Plastikpatrone zusammengefasst sind. Das Stoffgemisch fließt quer zur Fil-
termembran und verursacht eine Druckdifferenz pist, welche den Durchfluss qist durch
den Filter bestimmt. Die Änderung des Durchflusses beeinflußt die Konzentration der
Lösung, die ihrerseits die Filtratsrate und folglich die Druckdifferenz pist beeinträch-
tigt. Die Regelung des Durchflusses erfolgt mit dem Stellventil Vq. Die Druckdiffe-
renz pist wird mit Hilfe von zwei Geräten vor und nach dem Filter gemessen und mit
dem Stellventil Vp gere-
gelt. Die Mehrgrößenre-
Produkt A Ventil Vq gelung wird mit zwei
qist gekoppelten Reglern Rp
. . . . +
qsoll ... . und Rq realisiert. Die
Rpq −
Regler Rq gegenseitige Wirkung
Produkt B .. .. .. . von qist und pist wird
.
mit Hilfe von Entkopp-
.. .. .. ..
− pist Regler R p + lungsblöcken Rqp und
Filter Rqp
+ psoll . . .
... . . Rpq kompensiert. Durch
+
Ventil Vp die Entkopplung wird
eine bessere Regelgüte
Stoffgemisch als mit zwei getrennten
einschleifigen Regel-
kreisen erreicht.
Bild 1.17 Mehrgrößenregelung einer verfahrenstechnischen
Anlage mit dem Molekularfilter
15

2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

Von den Praktikern wird die genaue Beschreibung einer Strecke gern etwas gering-
schätzig bewertet mit dem Argument, dass die mathematischen Methoden kompliziert
sind und an der Realität vorbeigehen. Jedoch lassen sich die Kennwerte einer Strecke,
z. B. eines chemischen Prozesses, experimentell ermitteln und mit Hilfe der Theorie
sinnvoll einordnen.
Anliegen der Regelungstheorie ist es, die Zusammenhänge im Regelkreis zu erfassen
und gegebenenfalls gezielt einzugreifen. Man kennt im voraus die Wirkung eines Re-
gelparameters, ohne auf bloßes Probieren angewiesen zu sein.

2.1 Beharrungszustand und Zeitverhalten eines Regelkreisgliedes


Wir haben in den vorangegangenen Betrachtungen gesehen, dass wir den Regelkreis
im Wirkungsplan darstellen können und haben diesen in zwei Hauptblöcke unterteilt:
• Die Regelstrecke
• Die Regeleinrichtung.
Jeder dieser Blöcke lässt sich nun wieder in einzelne rückwirkungsfreie Glieder zerle-
gen. Jedes dieser gerichteten Glieder hat einen Ein- und einen Ausgang. Rückwir-
kungsfrei bedeutet, dass das Signal das Glied nur vom Eingang zum Ausgang durch-
laufen kann, nicht in umgekehrter Richtung (Bild 2.1).
xe xa
Bild 2.1 Blocksymbol eines Regelkreis-
gliedes

Man unterscheidet zwischen dem Beharrungszustand (statisches Verhalten) und dem


Zeitverhalten (dynamisches Verhalten). Ist der Eingang Xe konstant, so ist bei propor-
tionalen Systemen das Ausgangssignal Xa auch konstant. Nach einer Änderung der
Eingangsgröße stellt sich normalerweise nach einer bestimmten Zeit auch eine kon-
stante Ausgangsgröße ein, wie beispielsweise im Bild 2.2 gezeigt ist.
Möglich ist es auch, dass ein Beharrungszustand überhaupt nicht erreicht werden kann.
Dann ist das Regelkreisglied ohne Ausgleich bzw. instabil.

Xe Xa

xe xa
Xe0 Xa0 Bild 2.2 Zeitverhalten eines Regelkreis-
gliedes
0 t0 t 0 t0 t

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_2,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
16 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

Die Zusammenhänge zwischen den Signalen im Beharrungszustand werden mit Hilfe


von statischen Kennlinien bzw. Funktionen Xa = f (Xe) beschrieben.
Die stationären Ein- und Ausgangsgrößen im Arbeitspunkt eines Regelkreisgliedes
werden als Xe0 und Xa0 bezeichnet. Bei der Untersuchung des statischen Verhaltens
werden wir uns auf kleine Abweichungen ΔXe und ΔXa von einem Arbeitspunkt be-
schränken, da ein betriebsfähiger Regler nur kleine Abweichung in einem Regelkreis
zulässt. Dabei ist es zweckmäßig, die kleinen Abweichungen ΔXe und ΔXa einfach
durch die kleinen Buchstaben xe und xa zu bezeichnen.
Die Augenblickswerte setzten sich damit aus den stationären Arbeitspunktwerten und
den zeitabhängigen Abweichungen zusammen:
X e (t ) = X e0 + x e (t )

X a (t ) = X a0 + xa (t ) .

Im Weiteren werden wir lediglich die Kleinschreibung benutzen, da die Untersuchun-


gen nur für die Abweichungen von einem Arbeitspunkt durchgeführt werden.
In einem Regelkreis spielt neben dem statischen Verhalten das dynamische Verhalten
eine wesentliche Rolle, somit auch das dynamische Verhalten der einzelnen Glieder.
Maßgebend sind hierbei die Augenblickswerte xe(t) und xa(t) sowie deren zeitliche
Ableitungen x e (t ); xe (t ) ... und x a (t ); xa (t ) ...
Gleichungen, die den statischen und dynamischen Zusammenhang zwischen Ein- und
Ausgangsgröße beschreiben, sind gewöhnliche, lineare Differentialgleichungen von
der allgemeinen Form:
... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t )
(2.1)
= b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ...

Die Ein- und Ausgangsgrößen sowie die konstanten Beiwerte a0, a1, ... , an und
b0, b1, ... , bm sind im Allgemeinen dimensionsbehaftet.
Die DGL der allgemeinen Form kann in die regelungstechnische Normalform gebracht
werden, indem man:
• Die Ausgangsgrößen bzw. deren Ableitungen auf die linke DGL-Seite stellt
• Die Ausgangsgröße bzw. deren 0. Ableitung koeffizientfrei lässt.
Als Beispiel ist unten eine DGL 2.Ordnung gezeigt
a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b1 x e (t ) + b0 xe (t ) ,

die durch Division mit a0 auf regelungstechnische Normalform gebracht wird:


a2 a b b
xa (t ) + 1 x a (t ) + x a (t ) = 1 x e (t ) + 0 x e (t ) .
a0 a0 a0 a0
2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung 17

2.2 Das Aufstellen der Differentialgleichung


Bei der Aufstellung der Differentialgleichung eines Systems muss man die physi-
kalischen Gesetze anwenden, denen das System unterliegt, so z. B. die mechanischen,
hydraulischen, pneumatischen, elektrischen Gesetze usw.

• Beispiel 2.1

xe
A

x1
l U
m R

xa

Bild 2.3 Elektropneumatischer Wandler

Die Eingangsgröße xe eines elektropneumatisches Wandlers (Bild 2.3) ist der Luftdruck über
dem Membranteller mit der Fläche A. Dieser erzeugt eine Kraft
F = A xe .
Infolge dieser Kraft wird die Kolbenstange um x1 nach unten bewegt. Dadurch wird die Feder
um x1 zusammengedrückt und erzeugt die Gegenkraft Fc = c x . Außerdem ist eine Dämpfungs-
einrichtung vorgesehen.
Bewegt sich der Kolben nach unten, so muss er die unter dem Kolben befindliche Ölmenge
über die Umweg-Leitung mit dem Drosselventil nach oben fördern. Die Kraft, die dazu not-
wendig ist, ist proportional der Geschwindigkeit, mit der sich der Kolben nach unten bewegt:
Fk = b x1 .

Ferner sind die bewegten Teile mit einer Masse m behaftet, so dass eine weitere Gegenkraft
entsteht: Fm = m x1 .
Nun muss in jedem Augenblick die Summe aller Kräfte gleich Null sein. Daraus folgt:
m x1 + b x1 + c x1 = A xe . (2.2)

Zwischen x1 und xa besteht die Proportionalität


U xa l
= , daraus folgt x1 = xa . (2.3)
l x1 U
18 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Setzen wir Gl. (2.3) in Gl. (2.2) ein, so erhalten wir
m⋅l b⋅l c ⋅l
xa + x a + x a = A xe . (2.4)
U U U
Durch Vergleich mit der allgemeinen Form der DGL (2.1) finden wir die Beiwerte:
c ⋅l b⋅l m⋅l
b0 = A in [cm2], a 0 = in [N/V], a1 = in [Ns/V], a 2 = in [Ns2/V].
U U U
Dividiert man Gl. (2.4) durch den Faktor c⋅l /U, so folgt eine andere Art der Darstellung
m b A ⋅U
xa (t ) + x a (t ) + xa (t ) = xe (t ) ,
c c c ⋅l
bzw. mit den Abkürzungen:
A ⋅U b m
K= ; T1 = ; T22 = ;
c⋅l c c

T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) . (2.5)

T1 und T2 haben die Dimension einer Zeit und sind die so genannten Zeitkonstanten.

• Beispiel 2.2

i R L

uR uL
xe C xa
Bild 2.4 Reihenschwingkreis

Eingangsgröße des in Bild 2.4 gezeigten Reihenschwingungskreises ist die Spannung xe und
Ausgangsgröße ist die Spannung über dem Kondensator xa. Nach dem 2. Kirchhoffschen Satz
ist die Summe aller Spannungen in einer Masche gleich Null.
xe = u R + u L + xa . (2.6)
Der Spannungsabfall am Widerstand ergibt sich zu uR = i R. Nach dem Induktionsgesetz ist
uL = L di/dt. Ferner ist der Ladestrom i proportional der Spannungsänderung am Kondensator
i = C dxa/dt. Diese Beziehungen in die Gl. (2.6) eingesetzt ergibt:
xe (t ) = xa (t ) + R C x a (t ) + L C xa (t ) .
2
Auch hier können wir die folgenden Zeitkonstanten einführen: T1 = R C und T2 = L C. Somit
folgt:

T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + x a (t ) = x e (t ) . (2.7)

Man erkennt leicht, dass der Aufbau der beiden DGL (2.5) und (2.7), abgesehen vom Faktor K,
übereinstimmt. Beide Systeme verhalten sich analog.
2.3 Lösung der Differentialgleichung 19

2.3 Lösung der Differentialgleichung


Mit der gefundenen Differentialgleichung kann man noch nicht allzuviel anfangen. Es
interessiert der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße xa(t), wenn die Eingangsgröße
xe(t) einen bestimmten zeitlichen Verlauf annimmt. Um die Differentialgleichung mit
der Störfunktion xe(t) lösen zu können, muss diese genau bekannt sein.
Als Eingangsfunktionen benutzt man spezielle Signale, die leicht realisierbar und ver-
gleichbar sind. Die Eingangsfunktionen werden auch in der Praxis zur experimentellen
Ermittlung des zeitlichen Verlaufs des Ausgangssignals angewandt.
Ist das Übergangsverhalten für eine spezielle Eingangsfunktion bekannt, so lässt sich
daraus das Zeitverhalten bei jeder beliebigen Eingangsfunktion ermitteln.

2.3.1 Spezielle Eingangsfunktionen

a) Die Sprungfunktion
Sowohl für theoretische Untersuchungen als auch als praktische Testfunktion hat die
Sprungfunktion als Eingangserregung eine große Bedeutung. Sie ist definiert durch
 0 für t < 0
x e (t ) = 
 x e0 = const für t > 0.

Der Verlauf einer solchen Sprungfunktion ist in Bild 2.5 wiedergegeben.


Vielfach wird die Höhe des Eingangssprungs auf den Wert Eins normiert und als Ein-
heitssprung σ(t) bezeichnet:
0 für t < 0
σ (t ) = 
1 für t > 0.

Wegen der einfacheren Schreibweise wird im Folgenden die Sprungfunktion durch


xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t )
ausgedrückt.
In Bild 2.5 (links) sind der ideale und der technisch realisierbare Verlauf (gestrichelt)
gezeigt.

xe xe

xe0
Ke0⋅t

t t

Bild 2.5 Sprungfunktion (links) und Anstiegsfunktion (rechts)


20 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

Eine ideale Sprungfunktion, d. h. eine physikalische Größe, die sich zum Zeitpunkt
t = 0 in unendlich kurzer Zeit um einen endlichen Betrag ändert, ist technisch nicht
realisierbar.
Mit den elektronischen Bauelementen kommt man zu Anstiegszeiten, die kleiner als
eine Nanosekunde sind. Bei anderen physikalischen Größen (Druck, Temperatur usw.)
liegen die Zeitkonstanten z. T. wesentlich höher.
b) Die Anstiegs- oder Rampenfunktion

Wie Bild 2.5 (rechts) zeigt, steigt xe(t) bei Null beginnend, linear mit der Zeit an
 0 für t < 0
xe (t ) = K e0 ⋅ t ⋅ σ (t ) = 
 K e0 ⋅ t für t > 0,

dxe (t )
wobei K e0 = die konstante Änderungsgeschwindigkeit des Eingangssignals ist.
dt
Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße bei einer Anstiegsfunktion am Eingang wird als
Anstiegsantwort bezeichnet.
c) Die Impulsfunktion (δ-Funktion)
Die ideale Impulsfunktion zeigt zum Zeitpunkt t = 0 einen Sprung ins Unendliche und
ist gleich Null für t ≠ 0 (Bild 2.6, links).
 0 für t ≠ 0
xe (t ) = δ (t ) = 
 ∞ für t = 0.

Diese Funktion kann man sich aus einem rechteckförmigen Impuls der Breite ε und der
Höhe 1/ε für ε → 0, mit der Zeitfläche 11, entstanden denken. Zwischen der δ-Funktion
und dem Einheitssprung σ(t) besteht der Zusammenhang
dσ (t )
δ (t ) = .
dt
Der zeitliche Verlauf des Ausgangssignals bei einer Impulsfunktion am Eingang ist die
Impulsantwort oder die Gewichtsfunktion g(t).

xe  x dt = 1 xe
 e ^x
e
0
1
ε t
t T
ε

Bild 2.6 Impulsfunktion (links) und Sinusfunktion (rechts)

1
Für praktische Untersuchungen, z. B. mit einem Impulsgenerator, hat die Impulsfläche die
Dimension der Amplitude multipliziert mit der Zeit (Vs, As usw.).
2.3 Lösung der Differentialgleichung 21

Technisch kann die Impulsfunktion nur mit endlicher Dauer und Höhe realisiert wer-
den. Die Anwendung einer Sprungfunktion über einen längeren Zeitraum stellt einen
massiven, manchmal unzulässigen Eingriff dar. Ein kurzzeitiger Impuls hat den Vor-
teil, dass die durch ihn verursachte Beeinträchtigung verhältnismäßig gering ist.

d) Die sinusförmige Eingangsgröße


Neben der Sprungfunktion zur Untersuchung von Regelkreisgliedern hat die Methode
durch sinusförmige Eingangserregung eine große Bedeutung. Die Sinusschwingung
(Bild 2.6, rechts) hat den zeitlichen Verlauf

xe (t ) = xe sin ω t ,

wobei x e die Schwingungsamplitude und ω = 2π f die Kreisfrequenz ist, mit f als Fre-
quenz. Die Schwingungsperiode ist T = 1/f.

e) Die stochastische Eingangsgröße


Der Vollständigkeit halber sei eine weitere Zeitfunktion erwähnt, die allerdings im
Rahmen dieses Buches keine Berücksichtigung findet. Die unter a) bis d) genannten
deterministischen Eingangssignale sind vielfach zur Identifikation ungeeignet. Man
benutzt statt dessen die immer vorhandenen stochastischen, d. h. regellos verlaufen-
den, Störsignale (Bild 2.7), wie z. B. das Rauschen in elektronischen Geräten oder die
Stromschwankungen in einer der Elektroden eines Lichtbogenofens während des Ein-
schmelzvorganges.

xe
Bild 2.7 Typischer Verlauf eines
stochastischen Signals
t

Meistens sind die stochastischen Signale klein gegenüber den Betriebswerten. Die
Beurteilung, Verknüpfung und Auswertung der Ein- und Ausgangssignale erfolgt mit-
tels statistischer Methoden.
Stochastische Signale mit einer Gaußschen Amplitudenverteilung spielen vergleichs-
weise eine ähnlich fundamentale Rolle, wie sinusförmige Signale bei deterministischer
Betrachtungsweise.

2.3.2 Lösung der Differentialgleichung bei sprunghafter Verstellung


der Eingangsgröße

Die am häufigsten in der Regelungstechnik angewandte Eingangsfunktion ist die


Sprungfunktion. Setzt man die Sprungfunktion als Störfunktion in die Differentialglei-
chung ein und löst die DGL nach xa(t) auf, so erhält man mit xa(t) die so genannte
Sprungantwort.
22 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

In den Beispielen 2.1 und 2.2 hatten wir folgende DGL gefunden:
T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) .

Vereinfachend wollen wir annehmen, dass die Zeitkonstante T2 sehr klein sei, und
damit das Glied T22 xa (t ) vernachlässigbar. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Masse
m im Beispiel 2.1 bzw. die Induktivität L in Beispiel 2.2 sehr klein bzw. Null wäre.
Die so erhaltene Differentialgleichung 1. Ordnung
T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t ) (2.8)

bzw. für t > 0


T1 x a (t ) + x a (t ) = K x e0 (2.9)

wollen wir nun auf verschiedene Arten lösen.

2.3.3 Lösung der Differentialgleichung durch Trennen der Veränderlichen

Aus Gl. (2.9) findet man durch Umstellen nach dxa /dt
dxa 1 dxa dt
= (K xe0 − xa ) und = .
dt T1 K x e0 − xa T1

Durch Integration beider Seiten folgt:


dxa dt t
 K xe0 − xa =  T1 bzw. − ln (K xe0 − x a ) + C = . (2.10)
T1

Unter der Annahme, dass die Ausgangsgröße xa(t) des Systems für t = 0 Null ist, ergibt
sich die Integrationskonstante C aus (2.10) mit der Anfangsbedingung xa(0) = 0.
Dies wiederum in Gleichung (2.10) eingesetzt, ergibt
t  xa  t
− ln (K xe0 − x a ) + ln( K xe0 ) = bzw. ln1 −  = −
T1  K xe0  T 1

und nach xa aufgelöst:


t

xa
1− = e T1 ,
K xe0

t

T1
xa (t ) = K xe0 (1 − e ). (2.11)

Der Eingangssprung und die Sprungantwort haben dann den in Bild 2.8 dargestellten
zeitlichen Verlauf.
2.3 Lösung der Differentialgleichung 23
xe xa

xa(∞) = K xe0
xe0
Bild 2.8 Sprungfunktion und
Sprungantwort
t T1 t

Die Kurve xa(t) hat für t = 0 die größte Steigung. Legt man an die Kurve xa(t) zum
Zeitpunkt t = 0 die Tangente, so schneidet diese den Beharrungswert xa(∞) für t = T1.
Der Verlauf der Sprungantwort ist durch die Zeitkonstante T1 und den Übertragungs-
beiwert K eindeutig bestimmt.

2.3.4 Lösung der Differentialgleichung durch geeigneten Ansatz

Die vorangegangene Lösungsmethode bestand darin, dass die Veränderlichen getrennt


und anschließend integriert wurden. Dieser Weg ist nur bei DGL 1. und 2. Ordnung
möglich. Bereits bei einer DGL 2. Ordnung ist der Aufwand ziemlich umfangreich,
weil zunächst die Ordnung reduziert werden muss.

a) Lösung der homogenen Differentialgleichung


Bei der Lösung der Differentialgleichung (2.8)
T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t )

nach der jetzt zu besprechenden Methode, wird zunächst die homogene Differential-
gleichung gelöst, d. h. das Störglied K xe(t) wird Null gesetzt:
T1 x a (t ) + xa (t ) = 0 . (2.12)

Unabhängig von der Ordnung der DGL macht man nun generell den Ansatz:
xa (t ) = e λ t .

Es wird deshalb eine e-Funktion gewählt, weil die Ableitung einer e-Funktion eben-
falls wieder eine e-Funktion ergibt.
Wir setzen nun xa (t ) = e λ t und xa (t ) = λ e λ t in die Gl. (2.12) ein und bestimmen den
λ-Wert so, dass die Gleichung erfüllt ist:
λ eλ t T1 + eλ t = 0 und dann (λ T1 + 1) e λ t = 0.
1
Dies ist der Fall für (λ T1 + 1) = 0, bzw. λ = − . Daraus folgt, dass der gewählte
T1
Ansatz mit λ = −1/ T1 eine Lösung der homogenen DGL ist.
24 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

Wie man sich leicht durch Einsetzen überzeugen kann, erfüllt auch der Ansatz
xa (t ) = C1 e λ t (2.13)
die homogene Differentialgleichung.
Nun ist aber die zu lösende Differentialgleichung (2.8) nicht homogen, sondern mit
einem Störglied K xe(t) behaftet.

b) Lösung der inhomogenen Differentialgleichung durch die Methode der Variati-


on der Konstanten nach Lagrange

Die Methode der Variation der Konstanten besteht darin, dass die Konstante C1, in der
Lösung der homogenen Differentialgleichung (2.13) durch eine Funktion C1(t) ersetzt
wird. Setzt man den modifizierten Ansatz
t

T1
xa (t ) = C1 (t ) e (2.14)

in die inhomogene Differentialgleichung (2.8) ein, so folgt:


 −
t

t  −
t
 1 
T1  C1 (t ) e 1 − C1 (t ) e 1
T T
 + C1 (t ) e
T1
= K xe (t ) bzw.
 T1 
 
t

T1 C1 (t ) e T1 = K xe (t ) .
Nach C1 (t ) aufgelöst ergibt:
t
+
K
C1 (t ) = x e (t ) e T1 .
T1
Durch Integration zwischen den Grenzen τ = 0 und τ = t erhält man:
t t τ
K
 C1 (τ ) dτ =
T1 
x e (τ ) e T1 dτ .
0 0
Nach dem Hauptsatz der Infinitesimalrechnung ist
t τ
K
C1 (t ) − C1 (0) =
T1 
xe (τ ) e T1 dτ bzw.
0

t τ
K
C1 (t ) = C1 (0) +
T1 
xe (τ ) e T1 dτ . (2.15)
0
2.3 Lösung der Differentialgleichung 25

(2.15) in (2.14) eingesetzt, führt zu


t τ −t
− t
K

T1
xa (t ) = C1 (0) e + x e (τ ) e T1 dτ .
T1
0

Unter Berücksichtigung einer allgemeinen Anfangsbedingung xa(0) für t = 0 folgt


xa (0) = C1 (0) .

Somit lautet die vollständige Lösung:


t τ −t
− t
K

T1
xa (t ) = x a (0) e + xe (τ ) e T1 dτ .
T1
0

Die Ausgangsgröße setzt sich aus zwei Termen zusammen. Der erste Term berücksich-
tigt die Abhängigkeit von der Anfangsbedingung, der zweite Term ist die Reaktion der
Ausgangsgröße auf die Eingangsgröße.
Wählen wir wieder die Anfangsbedingung xa(0) = 0 und als Eingangsgröße die
Sprungfunktion
 0 für t < 0
xe (t ) = 
 xe0 = const für t > 0,
so wird
t t τ

e
K
xa (t ) = xe0 e T1 T1

T1
0

und damit
t

T1
xa (t ) = K xe0 (1 − e ). (2.16)
Dieses Ergebnis ist identisch mit dem zuvor gefundenen (2.11).

2.3.5 Lösung mittels Laplace-Transformation. Die Übertragungsfunktion

Bei linearen Systemen ist es vorteilhaft, die Lösung von Differentialgleichungen nicht
im Zeitbereich, sondern mittels Laplace-Transformation vorzunehmen.
Gemäß der Laplace-Transformation erhält man für die einzelnen DGL-Glieder unter
der Voraussetzung, dass die Anfangsbedingung Null ist, folgende Laplace-
Transformierten:
26 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

L [ x(t )] = x( s)
L [ x (t )] = s ⋅ x( s )

L [ x(t )] = s 2 ⋅ x( s)
... ... ...
1

L [ x(t )dt ] =
s
⋅ x( s ).

Beispielsweise treten in der DGL (2.8) an die Stelle der Glieder im Zeitbereich nun die
Ein-/Ausgangsgrößen im Bildbereich:
T1 xa (t ) + xa (t ) = K xe (t )
  

T1 ⋅ s ⋅ xa ( s ) + xa ( s) = K xe ( s).

Die Laplace-Transformierte stellt damit eine algebraische Gleichung dar und lautet:
(1 + sT1 ) x a ( s ) = K x e ( s) . (2.17)

Allgemein ist das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur Lapla-


ce-Transformierten Eingangsgröße als Übertragungsfunktion G(s) definiert, deren
enge Beziehung zum Frequenzgang noch besprochen wird. Für die Gl. (2.17) gilt:
x (s) K
G(s) = a = .
xe ( s ) 1 + sT1

Für die Sprungfunktion xe(t) am Eingang (Bild 2.5) ist die Laplace-Transformierte
1
L [ x e (t )] = x e ( s ) = xe0 .
s
Setzt man diese in die Gleichung (2.17) ein, so folgt
K K 1
xa ( s ) = x e ( s) = ⋅ xe0 .
1 + sT1 1 + sT1 s

Aus der letzten Beziehung sind die Polstellen, d. h. die Nullstellen des Nenners
1
s (1 + sT1 ) = 0 mit s1 = 0 und s 2 = − ersichtlich.
T1

Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Partialbruchzerlegung, Resi-


duenzsatz oder Korrespondenztabelle erfolgen. Mit α = 1/T1 folgt aus der Beziehung 5
der Korrespondenztabelle (s. Anhang) sofort
t

T1
xa (t ) = K xe0 (1 − e ), (2.18)
die mit den zuvor gefundenen (2.11) und (2.16) identisch ist.
2.3 Lösung der Differentialgleichung 27

Im weiteren Verlauf des Buches wird zur Lösung von Differentialgleichungen aus-
schließlich die Methode der Laplace-Transformation benutzt.

• Beispiel 2.3

i(s) R sL

Bild 2.9 Darstellung eines


1 Reihenschwingkreises im
ue(s) uR(s) uL(s) uC(s) = ua(s)
sC Bildbereich

Die Spannungen ue und ua eines Reihenschwingkreises (Bild 2.9) werden als Eingangs- und
Ausgangsgrößen betrachtet. Es soll der Einschaltvorgang ermittelt werden, wenn die Eingangs-
spannung bei t = 0 von 0 auf ue0 sprungförmig geändert wird.
Zur Berechnung von Einschaltvorgängen in elektrischen Netzwerken ist es nicht nötig, die DGL
wie in Beispiel 2.2 aufzustellen, vielmehr kann man die aus der Theorie der Wechselstromlehre
bekannten Regeln in modifizierter Form als Übertragungsfunktionen anwenden.
Nach dem Ohmschen Gesetz gilt für Bild 2.9 im Zeit- und Bildbereich
u R (t ) = R ⋅ i(t ) c−−¦ u R ( s) = R ⋅ i ( s ) . (2.19)

An der Induktivität (Bild 2.9) sind die Beziehung zwischen zeitlichen und Laplace-
Transformierten Strom und Spannung wie folgt gegeben:
u L (t ) = L ⋅ i(t ) c−−¦ u L (s) = s ⋅ L ⋅ i(s) . (2.20)

Die Verhältnisse an der Kapazität C im Zeit- und Bildbereich sind:


i(t ) = C ⋅ u C (t ) c−−¦ i( s) = s ⋅ C ⋅ u C ( s ) bzw. i( s) = s ⋅ C ⋅ u a ( s ) . (2.21)

Für die Ausgangsspannung folgt die Laplace-Transformierte aus dem 2. Kirchhoffschen Satz:
u e ( s ) = u R ( s ) + u L ( s ) + u a ( s) . (2.22)

Setzen wir nun die Gln. (2.19) und (2.20) in die Gleichung (2.22)
u e ( s ) = R i ( s ) + s L i( s) + u a ( s)

und ersetzen wir den Strom i(s) aus der Gl. (2.21) durch ua(s), so ergibt sich

u e ( s ) = s R C u a ( s ) + s 2 L C u a ( s) + u a ( s )

L C ⋅ s 2 u a (s) + R C ⋅ s u a (s) + u a (s) = u e (s) . (2.23)

Aus letzter Gleichung folgt nach der Differentiationsregel der Laplace-Transformation die DGL
L C ua (t ) + R C u a (t ) + u a (t ) = u e (t ) .

Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Ausgangsgröße bei gegebenem Eingang ist die DGL
nicht erforderlich, sondern wird direkt aus Gln. (2.23) in den Zeitbereich zurücktransformiert.
28 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen
Die Übertragungsfunktion stellt das Verhältnis der Laplace-Transformierten Ausgangsgröße zur
Laplace-Transformierten Eingangsgröße dar:
u (s) 1
G(s) = a = . (2.24)
ue (s) s 2 L C + s R C + 1

Mit den Abkürzungen T22 = L C und T1 = R C ergibt sich die Normalform der 2. Ordnung
u (s) 1
G(s) = a = . (2.25)
u e ( s ) T22 s 2 + T1 s + 1

X Aufgabe 2.1
Eine Kettenschaltung von zwei gleichartigen Vierpolen mit Ein- und Ausgangssgrößen ue(s) und
ua(s) ist im Bild 2.10 gezeigt.

i1(s) R1 i2(s) R2

ue(s) ua1(s) Bild 2.10 Kettenschaltung von


C1 C2 ua(s)
zwei Vierpolen

1. Vierpol 2. Vierpol

Gegeben ist die Übertragungsfunktion der Kettenschaltung


u (s) 1
G(s) = a = ,
u e ( s ) s 2 T1T2 + s (T1 + T2 + T3 ) + 1

mit folgenden Zeitkonstanten:


T1 = R1C1 T2 = R2 C 2 T3 = R1C 2 .

Ermitteln Sie ua(t) bei dem für t = 0 gegebenen Eingangssprung von der Höhe ue0 mit
R1 = 50 kΩ C1 = 20 μF
R2 = 100 kΩ C2 = 10 μF (Lösung im Anhang)

• Beispiel 2.4

Es soll die Übertragungsfunktion eines Feder-Masse-Dämpfer Systems (Bild 2.11) ermittelt


werden.
KD
x
F Bild 2.11 Mechanisches System
m

KC
2.3 Lösung der Differentialgleichung 29
Die Eingangsgröße ist die Kraft F(t), die Ausgangsgröße ist der Weg x(t) der Masse m. Die
Wegstrecke x(t) ist von der Federkraft FC(t) und der Dämpfer-Widerstandskraft FD(t) abhängig:
FC (t ) = K C x(t ) und FD (t ) = K D x (t ) , (2.26)
worin KC und KD die Federkonstante und die Dämpfungskonstante sind.
Aus dem Kräftegleichgewicht
m x(t ) = F (t ) − FC (t ) − FD (t ) (2.27)
erhält man die Differentialgleichung des mechanischen Systems, indem man die Gleichungen
(2.26) in die Gl. (2.27) einsetzt:
m x(t ) = F (t ) − K C x(t ) − K D x (t ) .

Nach Laplace-Transformation folgt daraus mit den Abkürzungen


m K 1
T22 = , T1 = D und K =
KC KC KC
die Übertragungsfunktion 2. Ordnung, die mit Gl. (2.25) identisch ist:
x( s ) K
G(s) = = .
2 2
F ( s ) T2 s + T1 s + 1

X Aufgabe 2.2
Gegeben sind das in Bild 2.12 gezeigte Netzwerk mit R-, C- und L-Elementen sowie die das
System beschreibende Übertragungsfunktion:

u (s) sT1 1 s 2 T1T2 − 1


G(s) = a = − bzw. G ( s ) = .
u e ( s ) 1 + sT1 1 + sT2 (1 + sT1 )(1 + sT2 )

R1 R2
Bild 2.12 RCL-Brückenschaltung
ue(s) ua(s) (Allpaßglied)

sL 1
sC

Die Zeitkonstanten sind durch die folgenden Abkürzungen bezeichnet:


L
T1 = und T2 = R2 C .
R1
Die Anfangsbedingungen sind Null. Es ist mit
R1 = 1 kΩ C = 0,2 μF
R2 = 100 kΩ L=1H
zu ermitteln:
30 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

a) Die Ausgangsspannung ua(t) nach einem Einheitssprung der Spannung ue(t) = ue0⋅σ(t).
b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞.
Hinweis: Zur Rücktransformation in den Zeitbereich geht man am zweckmäßigsten von dem
partialbruchzerlegten Ausdruck aus.

2.3.6 Lösung der Differentialgleichung bei sinusförmiger Eingangsgröße

Wie ist der Verlauf der Ausgangsgröße, wenn die Eingangsgröße eine sinusförmige
Schwingung ist? Diese Frage soll für das in Bild 2.13 gezeigte lineare System beant-
wortet werden.
R

Bild 2.13 Zuschalten einer sinus-


ue(t) C ua(t) förmigen Spannung auf
ein RC-Glied

Die Übertragungsfunktion entspricht den Gln. (2.24) und (2.25) mit T1 = RC und ohne
Induktivität L bzw. mit T2 = 0:
u ( s) 1 1
G(s) = a = = . (2.28)
u e ( s ) 1 + s ⋅ RC 1 + sT1
Die Anfangsbedingung ist Null. Für die sinusförmige Eingangsfunktion bei t > 0
e j (ω t +α ) − e − j (ω t +α )
ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) = uˆe
2j

ist die Laplace-Transformierte, gemäß der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle


uˆ  e jα e − jα  uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα
u e (s) = e  − = ⋅ . (2.29)
2 j  s − jω s + jω  2 j ( s − jω )(s + jω )

Mit (2.29) in (2.28) folgt:


uˆ e ( s + jω ) e jα − ( s − jω ) e − jα 1
ua (s) = ⋅ ⋅ .
2 jT1 ( s − jω )(s + jω ) 1
s+
T1
In dieser Form sind die drei Pole mit
1
s1 = jω s2 = − jω s3 = −
T1

bekannt. Die Rücktransformation in den Zeitbereich erfolgt am zweckmäßigsten mit-


tels des Residuensatzes:
2.3 Lösung der Differentialgleichung 31

uˆe
ua ( t ) = ⋅ [Res ( s1 ) + Res ( s2 ) + Res ( s3 )] (2.30)
2 jT1

Für die ersten zwei Pole ergeben sich die Residuen


T1 e jα
Res ( s1 ) = e jω t
1 + jω T1

T1 e − jα − jω t
Res ( s2 ) = − e ,
1 − jω T1

die sich wie folgt zusammenfassen lassen:


(1 − jω T1 ) e j (ω t +α ) − (1 + jω T1 ) e − j (ω t +α )
Res ( s1 ) + Res ( s2 ) = T1
1 + (ω T1 ) 2

bzw. durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt:


2 jT1
Res ( s1 ) + Res ( s2 ) = [sin (ω t + α ) − ωT1 cos (ω t + α )] . (2.31)
1 + (ω T1 ) 2

Das Residuum des dritten Pols


 1   1 
 − + jω  e jα −  − − jω  e − jα − t
Res ( s3 ) =  1   T1 
T
e T1
 1  1 
 − − jω   − + jω 
 1T  1 T 
wird vereinfacht
t
(1 − jω T1 ) e jα − (1 + jω T1 ) e − jα − T1
Res ( s3 ) = −T1 e
1 + (ω T1 ) 2

und auch durch trigonometrische Funktionen ausgedrückt:


t

2 jT1
Res ( s3 ) = − [sin α − ω T1 cos α }] e T1
. (2.32)
1 + (ω T1 ) 2

(2.31) und (2.32) in (2.30) eingesetzt, ergibt:


 − 
t
uˆe
ua (t ) =  sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) − (sin α − ω T1 cos α ) e T1 
.
1 + (ω T1 ) 2  
 
32 2 Mathematische Behandlung von Regelkreisen

Da die Summe bzw. Differenz einer Sinus- bzw. einer Cosinusfunktion, bei gleicher
Frequenz, stets wieder eine Sinusschwingung ergibt, kann man für die ersten beiden
Terme in der eckigen Klammer schreiben:
sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A sin (ω t + α + ϕ ) .

Hierin ist A die Schwingungsamplitude und ϕ der Phasenverschiebungswinkel der


resultierenden Schwingung. Mit Hilfe der Additionstheoreme findet man:
sin (ω t + α + ϕ ) = sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ

und somit
sin (ω t + α ) − ω T1 cos (ω t + α ) = A [sin (ω t + α ) ⋅ cos ϕ + cos (ω t + α ) ⋅ sin ϕ ] .

Setzt man die Glieder mit sin (ω t + α ) bzw. cos (ω t + α ) beider Seiten gleich, so
ergibt sich :
A cos ϕ = 1
A sin ϕ = −ω T1 .

Durch Division beider Gleichungen erhält man


tan ϕ = −ω T1 (2.33)

und durch Quadrieren und Addieren beider Gleichungen


A2 (cos 2 ϕ + sin 2 ϕ ) = 1 + (ω T1 ) 2
bzw.

A = 1 + (ω T1 ) 2 .

Somit ergibt sich die endgültige Lösung


 − 
t
uˆe  T1 
ua ( t ) = sin (ω t + α + ϕ ) − sin (α + ϕ ) ⋅ e .
A  
 
t

T1
Nach einer Zeit t = 5 T1 ist das Glied mit dem Faktor e nahezu Null und vernach-
lässigbar, d. h. der Einschwingvorgang (Bild 2.14) ist abgeschlossen und die Aus-
gangsgröße ist dann eine ungedämpfte Sinusschwingung mit dem zeitlichen Verlauf
ua (t ) = uˆa sin (ω t + α + ϕ ) . (2.34)

Wie aus Gl. (2.34) ersichtlich, hat die Ausgangsgröße ua im stationären Zustand die
gleiche Kreisfrequenz wie die Eingangsgröße mit der Schwingungsamplitude û a
uˆe
uˆa = .
1 + (ω T1 ) 2
2.3 Lösung der Differentialgleichung 33

Die Amplitude û a ist eine Funktion von ω und nimmt mit zunehmendem ω ab.

xe
x^e

xa
ϕ Bild 2.14 Einschwingvorgang beim
Einschalten eines sinus-
förmigen Eingangs-
^x signals
a

T1

Der Phasenverschiebungswinkel ϕ, den man aus der Gl. (2.33) erhält:


ϕ = −arc tan (ω T1 )

ist stets negativ und ebenfalls eine Funktion von ω. Mit zunehmender Kreisfrequenz
wird der negative Phasenverschiebungswinkel ϕ größer.
Das ist auch aus dem Systemaufbau zu erkennen. Mit zunehmender Frequenz kann die
Ausgangsspannung, infolge der durch die Zeitkonstante RC festliegenden Trägheit, der
Eingangsspannung nicht mehr folgen.
Das behandelte Beispiel, dass zu einer DGL 1.Ordnung führte, hat gezeigt, dass bei
einer sinusförmigen Eingangserregung am Ausgang ebenfalls eine sinusförmige
Schwingung gleicher Frequenz entsteht.
Allgemein gilt bei einem linearen System, das zu einer Differentialgleichung beliebi-
ger Ordnung führt, dass eine harmonische Schwingung am Eingang am Ausgang e-
benfalls eine harmonische Schwingung erzeugt.
Sinusförmige Eingangssignale werden nicht nur zur Untersuchung elektrischer Regel-
kreisglieder, sondern auch für pneumatische und andere Systeme angewandt. Diese
Methode hat besonders bei schnellen Systemen Vorteile gegenüber der Sprung-
funktion. Vielfach erfolgt die Anwendung nur theoretisch, wie bei Stabilitäts- und
Optimierungsproblemen.

X Aufgabe 2.3
Wie müsste der Phasenwinkel der Eingangsfunktion ue (t ) = uˆe sin (ω t + α ) gewählt werden,
damit der stationäre Schwingungszustand direkt (ohne Einschwingvorgang) erreicht wird?
34 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich

2.4.1 Der Frequenzgang


Die Rechnung bei sinusförmiger Eingangsgröße wird besonders einfach, wenn man
die Sinusschwingung
xe (t ) = xˆe sin ω t (2.35)

aus einem, um den Ursprung der Gaußschen Zahlenebene rotierenden Zeiger entstan-
den denkt, der auf die imaginäre Achse projiziert ist (Bild 2.15).

Im
x^e⋅cos ω t1
xe

x^e
ω t1 x^e⋅sin ω t1
Re t
t1
1
T=
f

Bild 2.15 Zusammenhang zwischen Linien- und Zeigerdarstellung

Der Zeiger ist durch die beiden Komponenten xˆe cos ω t und j ⋅ xˆe sin ω t
eindeutig festgelegt:
xe (t ) = xˆe (cos ω t + j ⋅ sin ω t ) .

Nach der Eulerschen Gleichung ist:


cos ω t + j ⋅ sin ω t = e jω t .

Damit wird:
xe (t ) = xˆe e jω t . (2.36)

Das heißt, wir betrachten nicht nur die imaginäre Komponente des rotierenden Zei-
gers, sondern wir nehmen noch die reelle Komponente hinzu. Anstelle von (2.35)
schreibt man nun (2.36).
Wird ein lineares System am Eingang mit einer Sinusschwingung xe(t) erregt, dann
wird, wie im vorherigen Abschnitt abgeleitet, auch die Ausgangsgröße xa(t) im einge-
schwungenen Zustand einen sinusförmigen Verlauf haben. Bei gleicher Frequenz
haben Amplitude und Phasenlage von Ein- und Ausgangsgrößen im Allgemeinen ver-
schiedene Werte. Die Ausgangsgröße xa(t) ist gegenüber der Eingangsgröße xe(t) um
den Phasenwinkel ϕ verschoben, wie Bild 2.14 zeigt.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 35

Der zeitliche Verlauf der Ausgangsgröße ist somit:


xa (t ) = xˆa (sin ω t + ϕ ) .

Betrachten wir die Ausgangsgröße entsprechend der Eingangsgröße als rotierenden


Zeiger, so können wir schreiben:
xa (t ) = xˆa e j (ω t +ϕ ) . (2.37)
Das Verhältnis der Zeiger von Ausgangs- zur Eingangsgröße bezeichnet man als Fre-
quenzgang. Dieser ist, wie wir später sehen werden, nicht mehr eine Funktion der
Zeit, sondern von jω
xa (t ) xˆa e j (ω t +ϕ ) xˆa e jϕ
G ( jω ) = = = . (2.38)
xe (t ) xˆe e jω t xˆe

Bei elektrischen Systemen gewinnt man den Frequenzgang mittels der Methoden der
Theorie der Wechselströme.
In diesem Abschnitt soll der Frequenzgang, wie bei nichtelektrischen Systemen üb-
lich, aus der Differentialgleichung abgeleitet werden. Dafür stellen wir zuerst die
zeitlichen Funktionen (2.36) und (2.37) der Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t)
im Frequenzbereich als Funktionen von jω dar:
xe ( jω ) = xˆe e jω t (2.39)

xa ( jω ) = xˆa e j (ω t +ϕ ) . (2.40)

Unter Beachtung der Ableitungsregeln der Exponentialfunktionen


d jω t
e = jω ⋅ e jω t
dt
erhalten wir die zeitlichen Ableitungen der Eingangsgröße der Gl. (2.39) wie:
xe ( jω ) = jω ⋅ xˆe e jω t bzw. x e ( jω ) = jω ⋅ x e ( jω )

xe ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xˆe e jω t bzw. xe ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xe ( jω )

xe ( jω ) = ( jω )3 ⋅ xˆe e jω t bzw. xe ( jω ) = ( jω ) 3 ⋅ x e ( jω ) usw.

Ähnlich ergeben sich die zeitlichen Ableitungen (2.40) der Ausgangsgröße zu:
x a ( jω ) = jω ⋅ xa ( jω )

xa ( jω ) = ( jω ) 2 ⋅ xa ( jω )

xa ( jω ) = ( jω ) 3 ⋅ x a ( jω ) usw.

Nach Gl. (2.1) lautet die allgemeine Form der Differentialgleichung:


36 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 xa (t )


= b0 x e (t ) + b1 x e (t ) + b2 xe (t ) + b3 xe (t ) + ...

Setzen wir xe(jω) und xa(jω) sowie deren Ableitungen in diese allgemeine Differenti-
algleichung ein, so wird:
... + a3 ⋅ ( jω ) 3 xa ( jω ) + a 2 ⋅ ( jω ) 2 xa ( jω ) + a1 ⋅ ( jω ) x a ( jω ) + a 0 ⋅ xa ( jω )
= b0 ⋅ x e ( jω ) + b1 ⋅ ( jω ) xe ( jω ) + b2 ⋅ ( jω ) 2 x e ( jω ) + b3 ⋅ ( jω ) 3 xe ( jω ) + ...

Auf der linken Seite der Gleichung lässt sich der gemeinsame Faktor xa(jω) und auf
der rechten Seite xe(jω) herausziehen. Bildet man nach der Gl. (2.38) das Verhältnis
xa(jω) zu xe(jω), so folgt der Frequenzgang G(jω)
x ( jω ) b0 + b1 ⋅ ( jω ) + b2 ⋅ ( jω ) 2 + b3 ⋅ ( jω ) 3 + ...
G ( jω ) = a = .
xe ( jω ) a 0 + a1 ⋅ ( jω ) + a 2 ⋅ ( jω ) 2 + a 3 ⋅ ( jω ) 3 + ...

• Beispiel 2.5

Gegeben ist die Differentialgleichung

T22 xa (t ) + T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t )
(siehe Beispiele 2.1 und 2.2).
Zu ermitteln ist der Frequenzgang G(jω).
Setzt man die Ein- und Ausgangsgrößen xe(t) und xa(t) als Funktionen von jω in die DGL ein,
so ergibt sich:

T22 ⋅ ( jω ) 2 xa ( jω ) + T1 ⋅ ( jω ) x a ( jω ) + x a ( jω ) = K x e ( jω ) .

Daraus folgt:
x ( jω ) K
G ( jω ) = a = .
xe ( jω ) T2 ⋅ ( jω ) + T1 ⋅ ( jω ) + 1
2 2

2.4.2 Die Ortskurve


In Abschnitt 2.3.6 wurde gezeigt, dass eine Sinusfunktion als Eingangsgröße eine
Sinusschwingung gleicher Frequenz am Ausgang zur Folge hat. Die Amplitude und
die Phasenlage der Ausgangsschwingung sind abhängig von der Frequenz.
Um das Verhalten eines Regelkreisgliedes durch sinusförmige Erregung beurteilen zu
können, genügt es nicht, die Schwingung der Ausgangsgröße bei nur einer Frequenz
zu ermitteln, sondern es müssen die Amplitude und die Phasenlage bezogen auf die
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 37

Eingangsgröße für alle Frequenzen von ω = 0 bis ω = ∞ bekannt sein. Die Eingangs-
größe xe(t) hat immer die gleiche Amplitude x̂ e .
In Bild 2.16b und d sind die Sinusschwingungen für Ein- und Ausgangsgröße für
zwei verschiedene Frequenzen ω1 und ω2 dargestellt, wobei ω1 < ω2 ist. Verwendet
man anstelle der Linienbilder die Zeigerbilder, so gelangt man zu der in Bild 2.16a
und c gezeigten Darstellung.

Im xe , xa1
ω=ω1
^x ^x
^x
e
e a1
ωt
ϕ1 Re
a) x^a1 ϕ1 b)

Im xe , xa2
ω=ω2
^x
e
^x ^x
e a2 ωt
ϕ2 Re

^x ϕ2
c) a1
d)

Bild 2.16 Ein- und Ausgangsgröße bei verschiedenen Frequenzen im Zeiger- und Linienbild

Im Zeigerbild bleibt die Länge und die Lage des Zeigers x̂ e für alle Frequenzen
gleich. Lediglich die Länge und Lage des Zeigers x̂ a ändert sich in Abhängigkeit von der
Frequenz. Normiert man die Eingangsgröße auf den Wert x̂e0 = 1, dann wird die Aus-

gangsgröße a . Für verschiedene Frequenzen ω ergeben sich dann verschiedene
xˆ e
ˆx a
-Werte mit jeweils verschiedenen Phasenwinkeln ϕ zu x̂e0 = 1.
xˆ e

Zeichnet man die bei den verschiedenen Frequenzen erhaltenen Ausgangszeiger a
xˆ e
in ein Schaubild, wie in Bild 2.17 gezeigt ist, und verbindet die Endpunkte der Zeiger
durch einen geschlossenen Kurvenzug, so stellt dieser die Ortskurve des Frequenz-
ganges dar.
Zur Beschreibung eines Regelkreisgliedes genügt die Ortskurve mit dem Frequenz-
maßstab. Ist sie bekannt, so kann daraus der Frequenzgang, die Differentialgleichung
und die Sprungantwort ermittelt werden.
38 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

Im

ω=∞ ω=0
ϕ1
Re
ω9
ω=ω1
Bild 2.17 Ortskurve des
ω=ω2 Frequenzganges
ω4 ω3

Will man die Ortskurve aus dem Frequenzgang ermitteln, so wird der komplexe Aus-
druck in Real- und Imaginärteil zerlegt und für verschiedene Frequenzen in die Gauß-
sche Zahlenebene eingetragen.
Die Ermittlung der Ortskurve aus dem Frequenzgang soll nun an einem Beispiel ge-
zeigt werden.

• Beispiel 2.6

Gegeben ist die Übertragungsfunktion eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung


x (s) K
G(s) = a = mit K = 10 und T = 0,1s.
x e ( s ) 1 + sT

Es ist der Verlauf der Ortskurve zu ermitteln. Der Frequenzgang ergibt sich aus der Übertra-
gungsfunktion, indem wir die komplexe Variable s durch jω ersetzen.
xa ( jω ) K
G ( jω ) = = .
xe ( jω ) 1 + jω T

Der Frequenzgang G(jω) ist eine komplexe Größe, die sich in der Gaußschen Zahlenebene
darstellen lässt. Zur Trennung von G(jω) in Real- und Imaginärteil wird G(jω) mit dem konju-
giert komplexen Ausdruck des Nenners erweitert:
K 1 − jω T K (1 − jω T )
G ( jω ) = ⋅ = = Re (G ) + j ⋅ Im (G ) .
1 + jω T 1 − jω T 1 + (ω T ) 2
Daraus ergibt sich:
K −KωT
Re (G ) = und Im (G ) = .
1 + (ω T ) 2
1 + (ω T ) 2

Variiert man nun ω = 0 bis ω = ∞, so ergibt sich für jeden diskreten ω - Wert je eine reelle und
eine imaginäre Komponente, die zusammen einen Punkt in der Gaußschen Zahlenebene erge-
ben.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 39
−1
In der folgenden Tabelle ist das für verschiedene ω -Werte in sec durchgeführt und als
Ortskurve in Bild 2.18 wiedergegeben.

ω 0 2 4 6 8 10 15 20 30 40 ∞
Re(G) 10 9,6 8,6 7,35 6,1 5 3,07 2 1 0,59 0
Im(G) 0 −1,92 −3,44 −4,41 −4,88 −5 −4,6 −4 −3 −2,36 0
Im

K
2

ω=∞ 2 4 6 8 ω=0
ϕ = 45° Re
Bild 2.18 Ortskurve eines
K −2 Gliedes 1.Ordnung
2 ω /s −1
−4

ωE = 1 s −1
T

Die Ortskurve ist ein Halbkreis im vierten Quadranten.


Der Frequenzgang G(jω) lässt sich in Betrag ⏐G(ω)⏐ und Phasenwinkel ϕ (ω) zerlegen:
K
G (ω ) = Re 2 (G ) + Im 2 (G ) =
1 + (ω T ) 2
Im (G )
ϕ (ω ) = arctan = − arctan (ω T ).
Re (G )
Bemerkenswert ist, dass für die so genannte Eckfrequenz ω = ω E = 1/T der Realteil von G(jω)
gleich dem negativen Imaginärteil von G(jω) ist, d. h. Re(G) = – Im(G) =K/2. Oder anders
K
ausgedrückt, der Betrag ⏐G(ω)⏐ ist für ω E nur noch gegenüber dem Betrag K für ω = 0.
2
Die Phasenverschiebung beträgt bei dieser Frequenz gerade – 45°.

2.4.3 Beziehung zwischen Ortskurve und Sprungantwort


Betrachtet man eine Differentialgleichung 1. Ordnung des Typs
T x a (t ) + x a (t ) = K x e (t )

mit dem Eingang xe0 = 1 und vergleicht die Sprungantwort (Bild 2.7) mit der Ortskur-
ve (Bild 2.17), so kann man bestimmte Wechselbeziehungen erkennen (Bild 2.19):
• Für t = 0 hat die Sprungantwort den Wert xa(0) = 0. Diesen Wert finden wir aus
der Ortskurve für ω = ∞ mit ⏐G(∞)⏐= 0. Daraus folgt xa(jω) = xa(j∞) = 0.
• Für t = ∞ nimmt die Sprungantwort den Wert xa(∞) = K xe0 an. Den gleichen Wert
x
hat die Ortskurve für ω = 0, a = K .
xe
40 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder
Im
xa
K
ω=∞ ω=0
ϕ Re
xa(∞) = K⋅ xe0 K ⏐G
0,63⋅xa(∞) 2 ⏐
ω /s −1
T t 1
T
Bild 2.19 Sprungantwort und Ortskurve eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung

Die Sprungantwort und Ortskurve nehmen die gleichen Werte an für t = 0 und ω = ∞,
sowie für t = ∞ und ω = 0.
Diese Wechselbeziehung gilt allgemein und erklärt sich aus den Grenzwertsätzen:
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) (2.41)
t →0 s→∞

lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) . (2.42)


t →∞ s→0

x
Für einen Eingangssprung (siehe Abschnitt 2.3.1, Bild 2.5) ist xe ( s ) = e0 und somit
s
G ( s)
xa ( s ) = G ( s ) ⋅ xe ( s ) = ⋅ xe0 bzw. s ⋅ xa ( s) = G ( s ) ⋅ xe 0 .
s
Setzt man nun die letzte Gl. in die Gln. (2.41) und (2.42), so wird die Beziehung zwi-
schen Zeit- und Frequenzbereich wie folgt formuliert:
lim xa (t ) = lim G ( s ) ⋅ xe0
t →0 s→∞

lim xa (t ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 .


t →∞ s→0

Ein weiterer charakteristischer Wert ist die Zeitkonstante T :


• Bei t = T erreicht die Sprungantwort 63% des Beharrungszustandwertes xa(∞)
1
• Für Eckfrequenz ω E = gilt ϕ (ω E ) = −45° .
T
X Aufgabe 2.4
x (s) 1 + sTv
Auf ein System, das durch die Übertragungsfunktion G ( s ) = a = KP beschrie-
xe ( s ) 1 + sT1
ben wird, wirkt ein Eingangssprung. Es ist xa(t) für t = 0 und t = ∞ im Bildbereich mittels
Grenzwertsatz zu bestimmen und mit den entsprechenden Punkten der Ortskurve zu verglei-
chen.
2.4 Beschreibung von Regelkreisen im Frequenzbereich 41

2.4.4 Das Bode-Diagramm


Bei der Ortskurvendarstellung in Abschnitt 2.4.2 wird der Frequenzgang G(jω) in
Real- und Imaginärteil zerlegt und in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen
Zahlenebene dargestellt. Die Darstellung im Bode-Diagramm erfolgt in zwei getrenn-
ten Diagrammen, indem der Frequenzgang in Betrag ⏐G(ω)⏐ und Phasenwinkel ϕ (ω)
zerlegt und als Funktion der Kreisfrequenz ω dargestellt wird. Charakteristisch ist,
dass ⏐G(ω)⏐ und ω im logarithmischen Maßstab (in Dezibel und in Dekaden), ϕ (ω)
im linearen Maßstab aufgetragen wird. In Kapitel 5 wird das Bode-Diagramm aus-
führlich behandelt und die Vorteile dieser Darstellungsart besprochen.

• Beispiel 2.7

x ( jω ) K
Der in Beispiel 2.6 als Ortskurve dargestellte Frequenzgang G ( s ) = a =
xe ( jω ) 1 + jω T
mit K = 10 und T = 0,1s, soll nun im Bode-Diagramm dargestellt werden.
Wie in Beispiel 2.6 ermittelt, sind:
K
G (ω ) = und ϕ (ω ) = − arctan (ω T ) ,
1 + (ω T ) 2
indem der Betrag in Dezibel umgerechnet wird: ⏐G(ω)⏐dB = 20 lg⏐G(ω)⏐.
Variiert man ω von 0 bis ∞, so erhält man für jeden diskreten ω - Wert je einen Wert des Be-
trags und des Phasenwinkels ϕ (ω ), die in Bild 2.20 als Bode-Diagramm dargestellt sind.

G 40 dB
dB

20 dB Asymptoten

20⋅lg K K
1
√ 2 ω=
0 dB T
0,1 1 10 100 ω /s −1

0° 0,1 1 10 100
ϕ (ω) ω= 1 ω /s −1
T
−45°

− 90°

Bild 2.20 Bode-Diagramm eines Verzögerungsgliedes 1. Ordnung


42 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen

2.5.1 Verbindungsmöglichkeiten von Regelkreisgliedern


In Kapitel 1 wurde gezeigt, dass man den Regelkreis im Wirkungsplan darstellen und
dabei in zwei Hauptblöcke unterteilen kann, in die Regelstrecke und die Regeleinrich-
tung. Um die mathematische Beschreibung des Regelkreises als Gesamtheit zu verein-
fachen, zerlegt man jeden der beiden Hauptblöcke in einzelne, rückwirkungsfreie
Glieder, die sich nun besser theoretisch erfassen lassen. Ist die Abhängigkeit zwischen
Ausgangsgröße xa und Eingangsgröße xe sämtlicher zur Regelstrecke bzw. zur Re-
geleinrichtung gehörenden Glieder bekannt, so lässt sich eine Aussage über die Ab-
hängigkeit zwischen Eingang und Ausgang der Regelstrecke, der Regeleinrichtung
und schließlich über das Verhalten des geschlossenen Regelkreises machen.
Zur Beschreibung von Regelkreisgliedern gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die
in den vorangegangenen Abschnitten gezeigten Differentialgleichung, die Sprungant-
wort, die Übertragungsfunktion, sowie Frequenzgänge, Ortskurven und Bode-
Diagramme.
Ist die Übertragungsfunktion G(s) bekannt, so gibt diese das Verhältnis der Lapla-
ce-Transformierten Ausgangsgröße xa(s) zur Laplace-Transformierten Eingangsgröße
xe(s) durch die Beziehung:
xa ( s ) = G ( s ) ⋅ x e ( s )
wieder. Die Darstellung erfolgt dann wie in Bild 2.21 gezeigt.

xe(s) xa(s)
G(s) Bild 2.21 Blockdarstellung im
Bildbereich

Bei der rückwirkungsfreien Kopplung mehrerer Übertragungsglieder ergeben sich


besonders einfache Beziehungen. Als rückwirkungsfrei bezeichnet man ein System,
dessen Signalfluss nur vom Eingang zum Ausgang erfolgt. Im Folgenden werden drei
Grundformen der Kopplung von zwei Regelkreisgliedern mit den Übertragungsfunk-
tionen G1(s) und G2(s) beschrieben.

a) Reihenschaltung
Der Ausgang des ersten Gliedes ist, wie Bild 2.22 zeigt, mit dem Eingang des zweiten
Gliedes verbunden.

xe1(s) xa1(s) = xe2(s) xa2(s)


G1(s) G2(s) Bild 2.22 Reihenschaltung von
Regelkreisgliedern

Betrachtet man die einzelnen Glieder, so ergibt sich:


xa1 ( s ) = G1 ( s) ⋅ x e1 ( s ) und xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ x e2 ( s ) .
2.5 Beschreibung von Regelkreisen mit Übertragungsfunktionen 43

Ferner ist: xa1 ( s ) = x e2 ( s) . Daraus folgt:


xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xe2 ( s ) = G 2 ( s) ⋅ G1 ( s ) ⋅ x e1 ( s )

bzw. die Gesamtübertragungsfunktion


x ( s)
G ( s ) = a2 = G 2 ( s ) ⋅ G1 ( s ) .
xe1 ( s )

Bei Reihenschaltung von n Gliedern mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),...


Gn(s) ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich dem Produkt der
einzelnen Übertragungsfunktionen
G ( s ) = G1 ( s ) ⋅ G 2 ( s) ⋅ ... ⋅ G n ( s) .

b) Parallelschaltung

Das Eingangssignal xa(s) verzweigt sich und wirkt gleichzeitig auf die beiden Eingän-
ge der Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s) und G2(s) (Bild 2.23). Die bei-
den Ausgangssignale xa1(s) und xa2(s) werden in einer Additionsstelle addiert.

xa1(s)
G1(s)
xe(s) + xa(s) Bild 2.23 Parallelschaltung von
Regelkreisgliedern
xa2(s) +
G2(s)

Für das erste und für das zweite Glied gilt:


xa1 ( s ) = G1 ( s) ⋅ x e ( s) und xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xe ( s ) .

Ferner ist: xa ( s ) = xa1 ( s ) + x a2 ( s) .


Daraus folgt:
xa ( s ) = [G1 ( s ) + G 2 ( s )] ⋅ xe ( s )

bzw. die Übertragungsfunktion des Gesamtsystems:


x (s)
G(s) = a = G1 ( s ) + G 2 ( s ) .
xe ( s )

Schaltet man n Glieder mit den Übertragungsfunktionen G1(s), G2(s),... Gn(s) parallel,
so ist die Übertragungsfunktion des gesamten Systems gleich der Summe der einzel-
nen Übertragungsfunktionen
G ( s ) = G1 ( s ) + G 2 ( s ) + ... + G n ( s) .
44 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

c) Rückführungsschaltung

Wie Bild 2.24 zeigt, wird die Ausgangsgröße xa(s) des ersten Gliedes G1(s) über ein
zweites Glied mit G2(s) auf den Eingang von G1(s) zurückgeführt und zu der
Eingangsgröße xe(s) addiert (Mitkopplung) oder von der Eingangsgröße subtrahiert
(Gegenkopplung).

xe(s) xa(s)
G1(s)
+ + Bild 2.24 Rückkopplungs-
− schaltung
xa2(s)
G2(s)

Für den oberen Block gilt:


xa ( s ) = G1 ( s ) ⋅ [ xe ( s ) ± xa2 ( s)]

und für den unteren Block (im Rückführzweig):


xa2 ( s ) = G 2 ( s ) ⋅ xa ( s ) .

Setzt man xa2(s) in die obere Gleichung ein, so erhält man:


xa ( s ) = G1 ( s ) ⋅ [ xe ( s ) ± G2 ( s) ⋅ xa ( s )]
bzw.
xa ( s ) ⋅ [1 # G1 ( s ) G2 ( s )] = G1 ( s) ⋅ xe ( s ) .
Daraus folgt die Übertragungsfunktion der Rückführschaltung:
x (s) G1 ( s )
G(s) = a = ,
x e ( s ) 1 # G1 ( s ) G 2 ( s )
Mitkopplung =ˆ negatives Vorzeichen
Gegenkopplung =ˆ positives Vorzeichen.

2.6 Behandlung des statischen Verhaltens


Ein Regelkreis befindet sich unter der Wirkung von Eingangsgrößen, die man mittels
Führungs- bzw. Störverhalten abwechselnd untersuchen kann. Der Regler soll den
aktuellen Wert der Regelgröße X(t) ständig dem vorgegebenen Arbeitspunkt der Re-
gelstrecke X0 anpassen. Dies erfolgt durch die Ansteuerung der Stellgröße Y(t), die im
Arbeitspunkt einen bestimmten Wert Y0 annimmt. Von ausschlaggebender Bedeutung
für die Aussage über die Güte der Regelung sind die Abweichungen vom Arbeits-
punkt, die wir im Abschnitt 2.1 durch Kleinbuchstaben x(t) und y(t) bezeichnet haben.
Zum Beispiel gilt für den in Bild 2.25 gezeigten Regelkreis:
X( t ) = X 0 + x ( t ) Y (t) = Y 0 + y(t) Z ( t ) = Z0 + z ( t ) . (2.43)
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens 45

z(s)
GSz(s)

y(s)
+
w(s) e(s) x(s) Bild 2.25 Wirkungsplan eines
GR(s) GSy(s)
+ + Regelkreises mit
− Führungs- und
Störgröße

Im stationären Zustand soll keine Abweichung der Regelgröße vorkommen, d. h. bei


t = ∞ soll x(t) = 0 und X = X0, um das Verhältnis Istwert = Sollwert beizubehalten.

2.6.1 Statische Kennlinien


Wie in den Abschnitten 2.1 und 2.2 gezeigt wurde, kann das dynamische Verhalten
einzelner Regelkreisglieder sowie des gesamten Regelkreises durch gewöhnliche,
lineare Differentialgleichungen in allgemeiner Form beschrieben werden. Die Be-
schreibung des statischen Verhaltens kann man aus der Differentialgleichung des
dynamischen Verhaltens erhalten, indem man alle zeitlichen Ableitungen gleich Null
setzt.

• Beispiel 2.8

Aus einer DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten


(t ) + a X (t ) + a X (t ) + a X (t ) = b Y (t ) + b Y (t ) + c Z (t )
a3 X (2.44)
2 1 0 0 1 0
entsteht die folgende Beschreibung des statischen Verhaltens:
a 0 X = b0 Y + c 0 Z . (2.45)
In der Gl. (2.45) bewirkt eine Veränderung der Stellgröße oder der Störgröße eine proportiona-
le Veränderung der Regelgröße, somit handelt es sich um eine lineare Regelstrecke.
Die Gl. (2.45) soll auch für den Arbeitpunkt gelten, d. h.
a 0 X 0 = b0 Y0 + c0 Z 0 . (2.46)
Subtrahiert man die Gl. (2.46) von Gl. (2.44) und berücksichtigt dabei die Gleichungen (2.43),
so entsteht die DGL der Regelstrecke für das dynamische Verhalten von kleinen Abweichungen
vom Arbeitspunkt (Kleinbuchstaben):
a 3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = b0 y (t ) + b1 y (t ) + c 0 z (t ) .

Bei realen Regelstrecken liegen jedoch oft Nichtlinearitäten vor, wie z. B. bei Venti-
len, die einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen dem Ventilhub und dem Volu-
menstrom besitzen. Dabei entstehen nichtlineare Beschreibungen, wie folgende Bei-
spiele mit multiplikativen oder nichtlinearen Funktionen und mit konstanten Koeffi-
zienten K1 und K2 zeigen:
X = K1 ⋅ Y 2 + K 2 ⋅ Z X = K1 ⋅ Y ⋅ Z X = K1 ⋅ Y + K 2 ⋅ sin Z .
46 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

Das statische Verhalten kann grafisch abgebildet werden. Da in einem geschlossenen


Regelkreis beim Störverhalten die Ausgangsgröße des Reglers gleichzeitig Eingangs-
größe der Regelstrecke ist, wie in Bild 2.26 gezeigt, können die statischen Kennlinien
der Regelstrecke und des Reglers in ein Diagramm eingetragen werden.
Z

W=0 −X Y X
Regler Regelstrecke Bild 2.26 Wirkungsplan eines
+ Regelkreises beim
− Störverhalten

In Bild 2.27 ist das nichtlineare Kennlinienfeld X = f (Y, Z) einer Regelstrecke und die
Kennlinie eines linearen Reglers Y = KPR X mit der Steigung KPR = ΔY / ΔX darge-
stellt, wobei KPR der Proportionalbeiwert des Reglers ist. Die Werte im Arbeitspunkt
A sind X0, Y0 und Z0.
Das statische Verhalten des Regelkreises wird durch Einzeichen der Kennlinie des
Reglers in das Kennlinienfeld der Regelstrecke, und zwar mit dem Vorzeichenum-
kehr, dargestellt, wie es beispielsweise in Bild 2.28 für das Störverhalten gezeigt ist.
X Z Y
KPR→ ∞

Z0
A dY
KPR=
X0 dX
A
Y0

Y0 Y X0 X

Bild 2.27 Kennlinienfeld einer Regelstrecke (links) und Kennlinie eines Reglers (rechts)

Z2
X B
xo.R. C Z1
xm.R.
A Z0
Bild 2.28 Zusammenwirkung von
X0 KPR→ ∞
Regler und Regelstrecke
beim Störverhalten
dY
KPR=
dX
Y0 Y
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens 47

Nehmen wir zuerst an, dass der Regler unwirksam ist. In diesem Fall wird eine Ver-
änderung der Störgröße z. B. von Z0 auf Z2 bei der konstanten Stellgröße Y0 zum
Wechsel des Arbeitspunktes führen, nämlich vom Punkt A zum Punkt B. Wirkt der
Regler im Regelkreis, so entspricht die Stellgröße der Reglerkennlinie (Punkt C).
Die Steigung der Reglerkennlinie des Reglers muss also entgegengesetzt zur Steigung
der Kennlinien der Regelstrecke sein, um die Abweichung xm.R. („mit Regler“) ge-
genüber der Abweichung xo.R. („ohne Regler“) zu minimieren. Je größer der Proporti-
onalbeiwert KPR des Reglers bzw. die Steigung der Reglerkennlinie im Bild 2.27
wird, desto flacher liegt die Gerade im Bild 2.29 und desto kleiner wird die Abwei-
chung der Regelgröße xm.R. im geregelten Zustand. Außerdem folgt aus dem Bild
2.28, dass in diesem Kreis ein proportionaler Regler im geregelten Zustand eine Ab-
weichung xm.R. vom Arbeitspunkt X0 bzw. vom Sollwert W hinterlässt.

2.6.2 Statischer Regelfaktor


Nachdem die Regelgröße einen Beharrungszustand
x(∞) = lim x(t )
t →∞

eingenommen hat, kann der Erfolg der Regelung, wie im Bild 2.29 gezeigt, durch
einen Vergleich der bleibenden Regeldifferenzen „mit Regler“ em.R.(∞) und „ohne
Regler“ eo.R.(∞) ausgedrückt werden.
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ G w ( s ). (2.47)
t →∞ s →0 s →0

w
Für w(t) = w0 = const ist w( s ) = 0 und somit
s
w
lim x(t ) = lim s ⋅ 0 ⋅ G w ( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s ) . (2.48)
t →∞ s →0 s s →0

x(t) x(t)
w z

xm.R.(∞) xo.R.(∞)
xo.R.(∞) = 0 xm.R.(∞)
z=0 t w=0 t

Bild 2.29 Sprungantworten beim Führungsverhalten (links) und Störverhalten (rechts)


48 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

Es wird der so genannte reelle bzw. statische Regelfaktor RF eingeführt


e (∞)
RF = m.R .
eo.R. (∞)
und unter Beachtung von e(∞) = w − x(∞) in folgende Form gebracht:
w − x m.R . (∞)
RF = .
w − xo.R. (∞)
Dadurch wird angegeben, wie stark die Änderung einer der Eingangsgrößen des Re-
gelkreises (Störgröße oder Führungsgröße) durch die Regelung beseitigt wird. Je klei-
ner der Regelfaktor ist, desto weniger wirkt die Störgröße auf die Regelgröße und
desto effektiver ist der Regler.
Abhängig von Eingangsstörung wird der Regelfaktor nach zwei verschiedenen For-
meln, wie im Bild 2.29 angedeutet, berechnet:

Führungsverhalten Störverhalten

w − x m.R . (∞) w − x m.R . (∞) 0 − x m.R . (∞) − x m.R . (∞)


RF = = RF = =
w−0 w 0 − xo.R. (∞) − xo.R. (∞)

Der statische Regelfaktor kann durch die Kreisverstärkung V0 ausgedrückt werden.


Sind beispielsweise im Regelkreis (siehe Bild 2.25) der Regler und die Teilstrecke mit
Proportionalbeiwerten KPR und KPSy enthalten, so gilt für den statischen Regelfaktor:
1 1
RF = = . (2.49)
1 + V0 1 + K PR K PSy

Der Regler muss also mit dem Einstellparameter KPR so ausgelegt werden, dass bei
stabiler Funktionsweise ein möglichst kleiner Regelfaktor entsteht.
In nachfolgenden Kapiteln wird gezeigt, dass ein Regler mit integrierender Wirkung
keine bleibende Regeldifferenz e(∞) hinterlässt und damit einen statischen Regelfak-
tor von RF = 0 besitzt.

2.6.3 Linearisierung mit analytischen Verfahren


Das nichtlineare Kennlinienfeld einer Regelstrecke kann durch die Tangente im Ar-
beitspunkt (X0, Y0, Z0) linearisiert werden. Dabei wird die Funktion X = f (Y, Z) durch
das Differential
 ∂X   ∂X 
dX =   ⋅ dY +   ⋅ dZ (2.50)
 ∂Y 0  ∂Z 0
beschrieben. Der Index 0 steht für die Arbeitpunktwerte X0, Y0 und Z0. Die partiellen
Ableitungen im Arbeitspunkt bezeichnet man durch die Koeffizienten KPSy und KPSz
2.6 Behandlung des statischen Verhaltens 49

 ∂X   ∂X 
K PSy =   K PSz =   . (2.51)
 ∂Y  0  ∂Z  0
Bezeichnet man dX, dY und dZ in Gl. (2.50) unter Beachtung der Gl. (2.43) durch
kleine Abweichungen x, y und z vom Arbeitspunkt, so ergibt sich aus Gln. (2.50) und
(2.51) die linearisierte Beschreibung des statischen Verhaltens
x = K PSy ⋅ y + K PSz ⋅ z .

Das Prinzip der Linearisierung ist in Bild 2.30 verdeutlicht. Die Variablen X, Y, und Z
(Großschreibung) beschreiben die ursprüngliche nichtlineare Regelstrecke. Die line-
arisierte Regelstrecke wird durch die Abweichungen x, y, und z (Kleinschreibung)
vom Arbeitpunkt A definiert und besteht aus zwei getrennten Teilstrecken für Stell-
und Störsignale, deren Ausgänge addiert werden.

KPSz
Z

Y y
+ x
X
Regelstrecke KPSy
+

X = f (Y, Z) x = KPSy⋅ y + KPSz⋅ z

x
X Z0
X0 X0
A A y

Y0 Y Y0

Bild 2.30 Eine nichtlineare Regelstrecke vor (links) und nach (rechts) der Linearisierung

• Beispiel 2.9

Eine Regelstrecke, die durch die Differentialgleichung

T22 ⋅ X (t ) + T1 ⋅ X (t ) + X (t ) = 3 ⋅ Y 2 (t ) + 5 ⋅ Z (t ) (2.51)


beschrieben wird, soll im Arbeitspunkt
Y0 = 2 und Z0 = 4
linearisiert bzw. in der Form x = K PSy ⋅ y + K PSz ⋅ z dargestellt werden.
 (t ) = 0 und X (t ) = 0 . Aus der Gl. (2.51) ergibt sich
Für das statische Verhalten sind X

X = 3⋅Y 2 + 5⋅ Z .
Die gesuchten Proportionalbeiwerte sind partielle Ableitungen im Arbeitpunkt:
50 2 Mathematische Behandlung einzelner Regelkreisglieder

 ∂X 
K PSy =   = (2 ⋅ 3 ⋅ Y )0 = 2 ⋅ 3 ⋅ Y0 = 12
 ∂Y  0

 ∂X   1  1
K PSz =   =  5 ⋅  = 5 ⋅ = 1,25 .
 ∂Z 0  2 Z 0 2 Z0

2.6.4 Linearisierung mit grafischen Verfahren


Wenn das nichlineare Verhalten der Regelstrecke nur im Form eines Kennlinienfeldes
gegeben ist, lassen sich die Proportionalbeiwerte KPSy und KPSz grafisch als die Stei-
gung der Tangente zu Kennlinien X = f (Y) und X = f (Z) bestimmen (Bild 2.31).

• Beispiel 2.10

Das Kennlinienfeld einer Regelstrecke ist in Bild 2.32 gegeben. Die Regelstrecke soll im Ar-
beitspunkt Y0 = 4 und Z0 = 4 linearisiert werden.

X 3,0
Z

3,5
B
N
4 4,0

4,5
3
A
5,5
2
C
M
1
Bild 2.31 Kennlinienfeld einer
Regelstrecke
0 2 4 6 8 Y

Die Steigung der Tangente zur Kennlinie X = f (Y) ergibt sich mit Hilfe von zwei beliebig ge-
wählten Punkten M und N:
 ΔX  X M − X N 1,6 − 4
K PSy =   = = = 0,35 .
 ΔY  0 YM − Y N 0 − 6,9

Um die Kennlinie X = f (Z) für die Ermittlung der Steigung der Tangente KPSz nicht gesondert
zu skizzieren, wählen wir die Punkte B und C, die vom Arbeitpunkt Z0 = 4 gleichermaßen um
± ΔZ = 0,5 entfernt sind. Damit wird die Steigung der Sekante berechnet, die sich von der Tan-
gente für kleine Abweichungen ΔZ nur gering unterscheidet:
 ΔX  XB − XC 4 − 1,8
K PSz =   = = = −2,2 .
 Δ Z 0 Z B − Z C 3,5 − 4,5
Das gesuchte statische Verhalten der linearisierten Regelstrecke im Arbeitspunkt ist:
x = 0,35 y − 2,2 z.
51

3 Die Regelstrecke

Die Regelstrecke ist derjenige Teil einer Anlage, in dem die zu regelnde physikalische
Größe (Regelgröße x) durch die Regeleinrichtung beeinflusst wird. In den meisten
Fällen ist sie fest vorgegeben und in ihren Kennwerten nur wenig veränderbar.
Während die Kennwerte der Regeleinrichtung vom Hersteller rechnerisch oder expe-
rimentell ermittelt und bekanntgegeben werden, sind die Kennwerte der Strecken vor
der Projektierung der Regelung fast immer unbekannt. Bei der Projektierung einer zu
regelnden Anlage sind zunächst die Kennwerte der Regelstrecke experimentell zu
ermitteln, die dann eine Einordnung ermöglichen. Mit den so gefundenen charakteris-
tischen Daten lässt sich dann der Regelkreis weiter mathematisch untersuchen, so
z. B. auf seine Stabilität oder auf sein optimales Regelverhalten. Bei schwierigen Re-
gelstrecken wird diese zusammen mit der Regeleinrichtung auf einem PC simuliert.
Nur in den seltensten Fällen ist die Berechnung von Regelstrecken durch Aufstellen
und Lösen von Differentialgleichungen möglich. Die in diesem Kapitel theoretisch
behandelten einfachen Grundtypen von Regelstrecken sollen nur dazu dienen, das
Zustandekommen der charakteristischen Kenngrößen zu erklären und sollen kein An-
reiz zur Berechnung von Regelstrecken sein.
Der Wirkungsplan des Regelkreises wur-
de in Bild 1.6 dargestellt. Ihm entnehmen z(s)
wir den in Bild 3.1 gezeigten Wirkungs- yR (s) + y(s) x(s)
plan der Regelstrecke. Eingangsgröße der GS (s)
Regelstrecke ist y, die Summe aus der +
Stellgröße yR und der Störgröße z. Aus-
gangsgröße ist die Regelgröße x. GS(s) ist
Bild 3.1 Wirkungsplan der Regelstrecke
die Übertragungsfunktion der Strecke.
Die Einteilung der Regelstrecken erfolgt nicht nach den zu regelnden physikalischen
Größen, sondern nach ihrem zeitlichen Verhalten. Dabei ist es unwichtig, ob es sich
um die Drehzahl einer Turbine, die Temperatur in einem Glühofen oder den Druck in
einem Behälter handelt. Auch das Zeitverhalten der Regelstrecken kann in den meis-
ten Fällen durch gewöhnliche lineare Differentialgleichungen von der allgemeinen
Form beschrieben werden:

... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) + a 0 x(t ) = y (t ) (3.1)

bzw.
... + T33 x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) . (3.2)

Die höchste Ordnung dieser DGL kennzeichnet die Ordnung der Strecke. Eine Strecke
mit den Beiwerten a0 und a1 bezeichnet man als eine Strecke 1. Ordnung, eine solche
mit den Beiwerten a0, a1 und a2 als eine Strecke 2. Ordnung usw.

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_3,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
52 3 Die Regelstrecke

Ferner unterteilt man die Regelstrecken in:


• Strecken mit Ausgleich und
• Strecken ohne Ausgleich.
Man spricht von einer Strecke mit Ausgleich, wenn nach einer sprunghaften Verstel-
lung der Eingangsgröße y(t) die Ausgangsgröße x(t) (Regelgröße) für t → ∞ wieder
einen neuen Beharrungszustand x(∞)
annimmt, wie Bild 3.2 zeigt.
Für t → ∞ wird der Beharrungszustand 2. Ordnung
erreicht, x ist dann konstant, d. h. es x (gedämpft schwingend)
0. Ordnung
findet keine zeitliche Änderung von x
mehr statt, folglich sind alle Ableitun-
gen x (t ), x(t ), x(t ) usw. Null.
2. Ordnung x(∞)
Im Beharrungszustand wird also aus
1. Ordnung
Gleichung (3.1)
1
a 0 x (∞ ) = y 0 , x (∞ ) = y0 , t
a0
Bild 3.2 Sprungantwort einer Regel-
strecke mit Ausgleich
x(∞) = K PS y 0 . (3.3)

Hierin ist y(t) = y0 = konstant der Eingangssprung. Strecken mit Ausgleich bezeichnet
man auch als proportionale oder kurz P-Strecken, weil im Beharrungszustand die
Ausgangsgröße proportional der Ein-
gangsgröße ist, gemäß Gl. (3.3).
Bei Strecken ohne Ausgleich wird bei I-Strecke
einer Sprungfunktion am Eingang die x
Regelgröße x keinen Beharrungswert an-
nehmen, sondern monoton anwachsen,
wie in Bild 3.3 gezeigt. I-Strecke 2. Ordnung
(gedämpft schwingend)
In der Differentialgleichung (3.1) drückt
I- Strecke 1.Ordnung
sich das so aus, dass der Beiwert a0 = 0
ist. t

... + a3 x(t ) + a 2 x(t ) + a1 x (t ) = y (t ) Bild 3.3 Sprungantwort einer Regel-


strecke ohne Ausgleich
bzw.


... + a3 x(t ) + a 2 x (t ) + a1 x(t ) = y (t ) dt . (3.4)

Strecken ohne Ausgleich werden wegen der in Gl. (3.4) gefundenen Beziehung auch
integrale oder kurz I-Strecken genannt.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 53

3.1 P-Strecken ohne Verzögerung


Eine Regelstrecke, die zur folgenden Gleichung führt
a 0 x(t ) = y (t ) bzw.

1
x(t ) = K PS ⋅ y (t ) , mit K PS = ,
a0

in der also die Glieder mit der 1. bis n-ten Ableitung fehlen, bezeichnet man als eine
Strecke 0. Ordnung. Gibt man auf den Eingang einer solchen Strecke eine Sprung-
funktion, so wird die Ausgangsgröße sich ebenfalls sprunghaft ändern, die Ausgangs-
größe folgt ohne zeitliche Verzögerung proportional der Eingangsgröße (Bild 3.4).
y x
Bild 3.4
x (∞) = KPS⋅ y0 Eingangssprung (links) und
y0
Sprungantwort (rechts) einer
t t
Strecke 0. Ordnung

Solche Strecken sind höchst selten, man findet sie näherungsweise in rein ohmschen
Netzen oder in hydraulischen Systemen, in denen keine nennenswerte Kompressibili-
tät auftritt.

3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung


Diese Strecken bzw. die Hintereinanderschaltung solcher Strecken ist die am häufigs-
ten in technischen Anlagen vorkommende.

• Beispiel 3.1 Warmwasserbehälter (Bild 3.5)

mw = 1200 kg Masse des Wassers


ϑa
Wh spezifische Wärme des
cw = 1,163 /kg K Wassers
ϑ
mb = 200 kg Masse des Behälters
Wh spezifische Wärme des
cb = 0,134 /kg K Behälters
Oberfläche des Behäl- ∼
A = 7,8 m2
ters
Dicke der Isolations- Bild 3.5
d = 3 mm
schicht Elektrisch beheizter Warmwasserbehälter
W Wärmeleitfähigkeit
λ = 0,052 /mK der Isolationsschicht
ϑa = (273 + 15) K Außentemperatur Elektrische Heizleistung Pe0 = 10 kW
Anfangstemperatur
ϑ0 = ϑa des Wassers
54 3 Die Regelstrecke
Der Behälter ist mit Wasser gefüllt, das erwärmt werden soll. Regelgröße x ist die Wassertem-
peratur ϑ; Eingangsgröße ist die elektrische Heizleistung Pe. Die über die Heizspirale zugeführ-
te elektrische Energie

 Pe (t ) dt
erwärmt einmal das Wasser und den Behälter, ferner wird infolge der nichtidealen Isolation
eine von dem Temperaturgefälle ϑ − ϑa abhängige Wärmemenge nach außen abgeführt. Der
gesuchte Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße ergibt sich durch Gleichsetzen der
pro Zeiteinheit dt zugeführten und aufgenommenen Wärmeenergie. Die pro Zeiteinheit zuge-
führte Wärmeenergie ist
dQzu
= Pe (t ) . (3.5)
dt
Die vom Wasser gespeicherte Wärmeenergie ist
Qw = m w c w (ϑ − ϑa ) .

Daraus findet man:


dQw dϑ
= mw c w . (3.6)
dt dt
Entsprechend ergibt sich für die vom Behälter aufgenommene Wärmeenergie (bei der vereinfa-
chenden Annahme, dass der Behälter die gleiche Temperatur annimmt wie das Wasser)
Qb = mb c b (ϑ − ϑa )
bzw.
dQb dϑ
= mb c b . (3.7)
dt dt
Analog zu den Verhältnissen zwischen Strom und Spannung an einem ohmschen Widerstand ist
der nach außen abgeführte Wärmestrom Φ proportional der Temperaturdifferenz ϑ − ϑa und
umgekehrt proportional dem Wärmewiderstand R w der Isolation. Der Wärmewiderstand ergibt
sich analog zum ohmschen Widerstand zu
d
Rw = .
λA
Somit ist der Wärmestrom
ϑ − ϑa λA
Φ= = (ϑ − ϑa ) . (3.8)
Rw d

Andererseits ist der Wärmestrom Φ gleich der zeitlichen Änderung der nach außen abgeführten
Wärmemenge
dQ v
Φ= .
dt
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 55
Die dem System zugeführte Wärmemenge ist gleich den gespeicherten bzw. abgeführten Wär-
memengen
Qzu = Qw + Qb + Q v
oder
dQzu dQw dQb dQ v
= + + .
dt dt dt dt
Setzt man die Beziehungen (3.5), (3.6), (3.7) und (3.8) in die letzte Gleichung ein, so erhält
man
dϑ (t ) dϑ (t ) λ A
mw cw + mb c b + (ϑ − ϑ a ) = Pe (t ) bzw.
dt dt d
m w c w + mb c b dϑ (t ) d
d⋅ ⋅ + ϑ (t ) = ⋅ Pe (t ) + ϑa .
λA dt λA
Mit den Abkürzungen:
d 0,003 m K
K PS = = = 0,0074
λA W W
0,052 ⋅ 7,8 m 2
mK
und
m w c w + mb cb
T1 = d ⋅ = 10,53 h
λA
folgt
dϑ (t )
T1 + ϑ (t ) = K PS Pe (t ) + ϑa . (3.9)
dt
Die gefundene Differentialgleichung 1. Ordnung besagt, dass die vorliegende Strecke eine P-
Strecke mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz eine P-T1-Strecke ist.
Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ϑ(t) ergibt sich, wenn zum Zeitpunkt t = 0 der Schalter
geschlossen wird und die elektrische Leistung Pe(t) = Pe0 konstant ist, d. h.
Pe (t ) = Pe0 ⋅ σ (t ) . (3.10)

Bei der Laplace-Transformation von (3.9) ist zu beachten, dass bei der Anwendung des Diffe-
rentiationssatzes die Anfangsbedingung im vorliegenden Fall nicht Null, sondern ϑ(0) = ϑa ist.
Damit folgt aus (3.9) durch Laplace-Transformation, unter Beachtung von (3.10)
P
Pe ( s ) = e0
s
und
P ϑ
T1 (s ϑ ( s) − ϑ a ) + ϑ ( s ) = K PS e0 + a ,
s s
nach ϑ (s) aufgelöst
56 3 Die Regelstrecke

1 1
ϑ ( s ) = ( K PS Pe0 + ϑ a ) + T1 ϑ a .
s (1 + sT1 ) (1 + sT1 )

Mit den Beziehungen 4 und 5 der Korrespondenztabelle folgt sofort


t t
− −
T1 T1
ϑ (t ) = ( K PS Pe0 + ϑ a )(1 − e ) + ϑa e bzw.

t

T1
ϑ (t ) = ϑ a + K PS Pe0 (1 − e ). (3.11)

Der zeitliche Verlauf der Sprungantwort ist im Bild 3.6 dargestellt. Für t = 0 ist ϑ(0) = ϑa und
für t = ∞ ist ϑ(∞) = ϑa + KPS Pe0 = (288 + 74) K = 362 K. Die Endtemperatur ϑ(∞) wird bei
der gewählten Eingangsleistung erst nach t = (3 ... 5) ⋅ T1 erreicht. Durch Vergrößerung der
Eingangsleistung kann der Erwärmungsvorgang wesentlich beschleunigt werden. So wird z. B.
für Pe0 = 50 kW die Anfangssteigung
dϑ (t ) K
ϑ = Pe0 PS
K dt T1
ϑ (t) für Pe0 = 50 kW
fünfmal größer. Durch eine entsprechende
Regeleinrichtung (die später besprochen
ϑ (∞) wird) kann eine Erwärmung des Wassers über
den Siedepunkt verhindert werden.

KPS⋅ Pe0
Bild 3.6 Sprungantwort einer
ϑa P-T1-Strecke
273
T1 t

Bei der Ermittlung des Frequenzganges GS(jω) aus Gl. (3.9) ist zu beachten, dass das konstante
Glied ϑa entfällt, da bei sinusförmiger Eingangsgröße auch die Ausgangsgröße ϑ(t) sich sinus-
förmig ändert und nur die Änderungen (keine Absolutwerte) ins Verhältnis gesetzt werden.
Man ermittelt zunächst aus Gl. (3.9) die Übertragungsfunktion der Strecke ohne Vorgeschichte,
d. h. für ϑ(0) = ϑa = 0.
ϑ ( s) K PS
GS ( s ) = = .
Pe ( s ) 1 + sT1
In dem man s durch jω ersetzt, folgt daraus der Frequenzgang
ϑ ( jω ) K PS
GS ( jω ) = = .
Pe ( jω ) 1 + jωT1
Die zugehörige Ortskurve ergibt, wie in Beispiel 2.6, einen Halbkreis im 4. Quadranten mit
KPS als Durchmesser.
3.2 P-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 57

• Beispiel 3.2

Eingangsgröße ist die Erregerspannung y und Ausgangsgröße ist die Verbraucherklemmen-


spannung x eines fremderregten Gleichstromgenerators (Bild 3.7).

Ra i2

i R L
G x Rb Bild 3.7 Fremderregter
y n Gleichstromgenerator

Die Antriebsdrehzahl des Generators n ist konstant. Die Induktivität des Läufers sei vernachläs-
sigbar. Für den Erregerkreis gilt:
di(t )
y (t ) = i (t ) ⋅ R + L . (3.12)
dt
Der Strom i erzeugt in der Erregerwicklung den Fluss Φ . Bedingt durch die Magnetisierungs-
kurve ist die Funktion
Φ = f (i )
nichtlinear.
Vereinfachend soll hier angenommen werden, dass die Magnetisierungskurve unterhalb der
Sättigung durch eine Gerade ersetzt und der magnetische Widerstand Rm als konstant aufge-
fasst werden kann. Der magnetische Fluss ergibt sich dann zu
θ (t ) N
Φ (t ) = = i(t ) , (3.13)
Rm Rm
mit
θ elektrische Durchflutung
N Windungszahl der Erregerwicklung.
Die vom Generator erzeugte Leerlaufspannung ist
u 0 (t ) = c n ⋅ Φ (t ) . (3.14)
Der Ankerstrom ergibt sich aus
u 0 (t )
i2 (t ) =
Ra + R b
und damit die Spannung am Verbraucher
Rb
x(t ) = i 2 (t ) ⋅ Rb = u 0 (t ) . (3.15)
Ra + R b

Gln. (3.13) und (3.14) in Gl. (3.15) eingesetzt, ergibt


58 3 Die Regelstrecke

Rb N
x(t ) = ⋅c⋅n⋅ ⋅ i (t ) = K1 ⋅ i (t ) ,
Ra + R b Rm
mit
Rb N
K1 = ⋅c⋅n⋅ .
Ra + R b Rm

Nach i(t) aufgelöst, folgt


1
i(t ) = x (t )
K1
und nach einmaliger Differentiation
di(t ) 1 dx(t )
= ⋅ .
dt K1 dt

i(t) und di(t)/dt in (3.12) eingesetzt, führt zu


L dx(t ) R
+ x(t ) = y (t ) bzw.
K1 dt K1

L dx(t ) K
+ x(t ) = 1 y (t ) .
R dt R

Mit der Zeitkonstanten des Erregerkreises T1 = L/R und dem Übertragungsbeiwert KPS = K1/R
folgt die endgültige Form der Differentialgleichung
dx(t )
T1 + x(t ) = K PS y (t ) . (3.16)
dt

Gl. (3.16) ist der in Beispiel 3.1 gefundenen Gl. (3.9) (bis auf den Anfangswert ϑ(0) = ϑa)
analog. Entsprechend erhält man die Lösung durch Laplace-Transformation von (3.16) (für
t = 0 sei x(0) = 0)
T1 ⋅ s x( s ) + x( s) = K PS y ( s ) bzw.

K PS
x( s ) = y ( s) .
1 + sT1
Wählen wir als Eingangsgröße wieder die Sprungfunktion
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) ,
y
so folgt mit y ( s) = 0
s
1
x( s ) = K PS y 0 .
s (1 + sT1 )
Unter Verwendung der Beziehung 4 der Korrespondenztabelle erhalten wir im Zeitbereich
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 59
t

T1
x(t ) = K PS y 0 (1 − e ).

X Aufgabe 3.1
Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des im Beispiel 3.2 durch Gl. (3.16) beschriebenen
Systems für T1 = 0,1 s und KPs = 10.

3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung


Regelstrecken, die durch die Hintereinanderschaltung von zwei P-Strecken 1. Ord-
nung entstehen, werden durch eine Differentialgleichung 2. Ordnung beschrieben. Im
Gegensatz zu in sich gekoppelten Zweispeichersystemen, die in Abschnitt 3.5 behan-
delt werden, können sie nur aperiodische Schwingungen ausführen.
Als Beispiel soll das im Bild 3.8 gezeigte System 2. Ordnung behandelt werden, das
aus zwei hintereinandergeschalteten Gleichstromgeneratoren besteht und als Verstär-
kermaschine bezeichnet wird.

• Beispiel 3.3

Das Erregerfeld des zweiten Generators wird von dem ersten Generator erzeugt. Die Rotorwel-
len beider Generatoren sind gekoppelt und werden mit der Drehzahl n angetrieben.
Eingangsgröße ist die Spannung y am ersten Erregerkreis, Ausgangsgröße ist die Verbraucher-
spannung x.

i1 Ra1 a i2 Ra2 ix

i R1 L1 R2 L2 Rb
G u1 G u2 x
y n n

b
1. Vierpol 2. Vierpol 3. Vierpol

Bild 3.8 P-T2 -Strecke, gebildet aus zwei hintereinadergeschalteten Gleichstromgeneratoren

• Ermittlung der Übertragungsfunktion

Um die Übertragungsfunktion der in Bild 3.8 dargestellten P-T2-Strecke


x( s )
GS ( s ) =
y (s)
60 3 Die Regelstrecke
zu ermitteln, kann man ebenso vorgehen wie in Beispiel 3.2. Im Ankerkreis liegt dann anstelle
von Rb (Bild 3.7) (R2 + sL2) (Bild 3.8). Der Ankerstrom i1 ist dann gleich dem Erregerstrom
des 2. Generators und bestimmt den Fluss Φ 2 usw. Im Folgenden soll eine andere Methode
Anwendung finden.
Wie Bild 3.8 zeigt, kann die Verstärkermaschine als Kettenschaltung von drei Vierpolen aufge-
fasst werden. Der Vorteil dieser Darstellung besteht darin, dass die den 1. Vierpol beschreiben-
de Kettenmatrix in ihrem Aufbau völlig identisch mit der des 2. Vierpols ist und sich nur durch
die Indizes unterscheidet.
Betrachten wir zunächst den 1. Vierpol bei aufgetrennten Klemmen a und b, so wird dieser
durch die folgenden Gleichungen beschrieben (s.a. Beispiel 3.2):
y ( s) = i ( s ) ⋅ ( R1 + sL1 ) (3.17)

N1
Φ1 = ⋅ i(s) (3.18)
Rm1

c n N1
u o1 ( s ) = c1n ⋅ Φ1 ( s) = 1 ⋅ i(s) (3.19)
Rm1

u1 ( s) = u o1 ( s ) − i1 ( s) ⋅ Ra1 . (3.20)

Die Beziehung des Eingangsvektors [y, i] und des Ausgangsvektors [ul, il ] lautet:
 y ( s )   A11 A12   u1 ( s) 
  =  ⋅  (3.21)
 i ( s )   A21 A22   i1 ( s )  .

Durch Umformung der Gln. (3.17) ... (3.20) sollen nun die beiden in (3.21) enthaltenden Glei-
chungen gebildet werden. Aus Gl. (3.20) folgt
u o1 ( s ) = u1 ( s ) + i1 ( s ) ⋅ Ra1 . (3.22)

Setzen wir (3.22) in (3.19) ein und lösen nach i(s) auf, so entsteht die zweite Gl. der Kettenform
1
i( s) = [u1 ( s ) + i1 ( s) ⋅ Ra1 ] , (3.23)
K1
c n N1
mit der Abkürzung K1 = 1 .
Rm1
Die erste der gesuchten Gleichungen ermitteln wir mit (3.23) in (3.17) zu
R
y ( s) = 1 (1 + sT1 )[u1 ( s ) + i1( s ) ⋅ Ra1] , (3.24)
K1

mit der Bezeichnung T1 = L1/R1.


Die Gln. (3.24) und (3.23) lassen sich nun nach (3.21) zusammenfassen
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 61

 y ( s )  1  R1 (1 + sT1 ) Ra1 R1 (1 + sT1 )   u1 ( s) 


  =   ⋅   (3.25)
 i ( s )  K1  1 Ra1   i1 ( s )  .
Ganz analog ergibt sich für den 2. Vierpol

 u1 ( s )  1  R2 (1 + sT2* ) Ra 2 R2 (1 + sT2* )   u 2 ( s) 
  = ⋅  (3.26)
 i1 ( s )  K 2    i 2 ( s )  .
1 Ra 2 
Für den 3. Vierpol (Querwiderstand) ist
 u 2 (s)   1 0   x( s) 
  =  ⋅  (3.27)
 i 2 ( s )  1 / R b 1   i x ( s )  .

Setzen wir die Gl. (3.27) in Gl. (3.26) ein und das Ergebnis wiederum in Gl. (3.25), so folgt
 y(s)  1  A11 A12   B11 B12   C11 C12   x( s ) 
  =  ⋅ ⋅ ⋅ 
 i ( s )  K 1K 2  A21 A22   B21 B22   C 21 C 22   i x ( s)  .

Hierin sind Aik, Bik und Cik die Elemente der 1., 2. und 3. Vierpolmatrix. Die Multiplikation
der drei Matrizen, unter Beachtung der Reihenfolge, ergibt die Produktmatrix
D D12 
D = A ⋅ B ⋅ C =  11  bzw.
 D21 D22 

 A11 B11 + A12 B21 A11 B12 + A12 B22   C11 C12 
D =  ⋅ 
 A21 B11 + A22 B21 A21 B12 + A22 B22   C 21 C 22 
.

Im vorliegenden Fall ist ix(s) = 0. Zur Berechnung der gesuchten Übertragungsfunktion brau-
chen daher nicht alle vier Elemente der Produktmatrix D berechnet zu werden, es genügt viel-
mehr die Ermittlung von D11.
Die Übertragungsfunktion ist dann
x ( s ) K1 K 2
GS ( s) = = ,
y ( s) D11 ( s )
mit D11 = ( A11 B11 + A12 B21 ) ⋅ C11 + ( A11 B12 + A12 B22 ) ⋅ C 21 .

Mit den entsprechenden Termen für Aik, Bik und Cik aus (3.25), (3.26) und (3.27) ergibt sich

D11 ( s) = [ R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 R1 (1 + sT1 )]


1
+ [ Ra 2 R1 R2 (1 + sT1 )(1 + sT2* ) + Ra1 Ra 2 R1 (1 + sT1 )] ⋅ .
Rb

Nach einigen Umformungen gelangt man zu


62 3 Die Regelstrecke

R  R2 
D11 ( s) = 1 ( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 )(1 + sT1 )1 + sT2* .
Rb  R2 + Ra1 

Mit den Abkürzungen


K1 K 2 Rb
K PS =
( Rb + Ra2 )( R2 + Ra1 ) R1
und
R2 L2
T2 = T2* =
R 2 + Ra1 R2 + Ra1

folgt schließlich die Übertragungsfunktion der Strecke


x( s ) K PS
GS ( s ) = = . (3.28)
y ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )

Die Differentialgleichung des Systems finden wir aus (3.28) durch Anwendung des Differentia-
tionssatzes der Laplace-Transformation
T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS y ( s ) . (3.29)

Es handelt sich somit bei dem vorliegenden System, wie in Abschnitt 3 definiert, um eine Stre-
cke mit Verzögerung 2. Ordnung bzw. eine P-T2-Strecke.

• Ermittlung der Sprungantwort der P-T2-Strecke

Im Folgenden soll die Sprungantwort des im Bild 3.8 dargestellten Systems für
y
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ y ( s) = 0 (3.30)
s
ermittelt werden. Lösen wir Gl. (3.28) nach x(s) auf unter Berücksichtigung von (3.30), so folgt
1 K y 1
x( s ) = K PS y 0 ⋅  x( s ) = PS 0 ⋅ .
s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) T1T2  1  1 
s  s +   s + 
 T1   T2 
Die Rücktransformation in den Zeitbereich kann mittels Korrespondenztabelle, Partialbruchzer-
legung oder Residuenzsatz erfolgen. Mittels letzterem erhalten wir sofort
 −
t

t 
T2 
K PS y 0  e T1
e
x(t ) = T1T2 − T1 − T2  bzw.
T1T2  1 1 1 1 
− −

 T2 T1 T1 T2 
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 63

 T −
t
T −
t 

x(t ) = K PS y0 1 − 1
e T1
+ 2
e .
T2
(3.31)
 T1 − T2 T1 − T2 
 

Bild 3.9 zeigt die Sprungantwort für T1 = 2⋅T2. Aus (3.31) folgt für t = 0, x(0) = 0 und für
t = ∞, x(∞) = KPS y0, der stationäre Endwert. Durch Differentiation von (3.31) erhält man
 t t 
dx(t ) K PS y 0  − T1 −
T2 .
= e −e
dt T1 − T2  
 

Für t = 0 ist x (0) = 0 , d. h. die Kurve beginnt für t = 0 mit waagerechter Tangente. Der Kur-
venverlauf zeigt einen charakteristischen s-förmigen Verlauf, dessen Wendepunkt sich aus
 − t −
t 
2
d x(t ) K y  e T1 e T2 
= PS 0 − + =0
dt 2 T1 − T2  T1 T2 
 
 
ergibt bzw.
T1T2 T
tw = ln 1 .
T1 − T2 T2

Speziell für T1 = 2T2 wird


t w = 2 T2 ⋅ ln 2 = 1,386 T2 .

x
x(t)
t
T2 − x(∞) = KPS⋅ y0
x(∞)⋅ ⋅e T2
T1 − T2

T2 t


t
T1 T1
−x(∞)⋅ ⋅e T1
T1 − T2

Bild 3.9
Sprungantwort einer P-T2-Strecke
mit Zeitkonstanten T1 = 2T2
64 3 Die Regelstrecke
Wird die Sprungantwort des Systems experimentell aufgenommen, so kann zur Identifikation
von Strecken 2. und höherer Ordnung, wie in Bild 3.10 gezeigt, die Wendetangente durch den
Wendepunkt für t = tw gelegt werden.
x

Wendepunkt Bild 3.10


x(∞) Sprungantwort und Kenngrößen:
xw
Tu Verzugszeit
tw
Tg Ausgleichszeit
Tu Tg t x(∞) Beharrungszustand

Diese schneidet die Zeitachse im Punkt t = Tu und den Beharrungszustand x(∞) für t = Tu + Tg.
Bei einer Strecke 2. Ordnung können aus Tu und Tg die beiden Zeitkonstanten T1 und T2 be-
stimmt werden.

• Die Ortskurve der P-T2-Strecke

Aus Gl. (3.28) folgt der Frequenzgang


x ( jω ) K PS
GS ( jω ) = = . (3.32)
y ( jω ) (1 + jωT1 )(1 + jωT2 )

Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir den Frequenzgang (3.32) in seinen Real-
und Imaginärteil

1 − ω 2T1T2
Re (GS ) = K PS
(1 − ω 2T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2

ω (T1 + T2 )
Im (GS ) = − K PS .
(1 − ω T1T2 ) 2 + ω 2 (T1 + T2 ) 2
2

Das Vorzeichen von Re(GS) und Im(GS) wird nur durch den Zähler bestimmt, da der Nenner
für beide gleich und für alle ω -Werte stets positiv ist. Variieren wir ω von 0 bis ∞, so ist der
Im(GS) stets negativ. Für den Realteil ergibt sich:

2
a) für kleine ω -Werte, d. h. 1 > ω T1T2 ist Re( GS ) > 0

2 1 T1 T2
b) für ω T1T2 = 1 bzw. ω = ist Re(GS ) = 0 und Im(GS ) = − K PS
T1 T2 T1 + T2
2
c) Für große ω -Werte, d. h. 1 < ω T1T2 ist Re( GS ) < 0 .
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 65
Das heißt, die Ortskurve verläuft in der Gaußschen Zahlenebene im 3. und 4. Quadranten, wie
in Bild 3.11 gezeigt.
Weitere markante Punkte der Ortskurve ergeben sich für ω = 0 und ω = ∞ (siehe Tabelle).

Im ω Re (GS) Im (GS)
KPS 0 KPS 0
ω=0
ω=∞ Re 1 T1 T2
√ T1T2 0 − K PS ⋅
KPS⋅
T1+T2 ω
T1 T2 T1 + T2
1
ω= s −1
√T1T2 ∞ 0 0

Bild 3.11 Ortskurve einer P-T2-Strecke

• Die Dämpfung des P-T2-Gliedes

Es soll hier gezeigt werden, dass das Übergangsverhalten eines Systems 2. Ordnung entschei-
dend von seiner Polverteilung abhängt. Die Übertragungsfunktion (3.28) kann wie folgt umge-
schrieben werden:
K PS 1
GS ( s ) = ⋅ .
T1T2 2 T + T2 1
s +s⋅ 1 +
T1T2 T1T2

Mit den Abkürzungen


T + T2 1
2α = 1 und β 2 = ,
T1T2 T1T2

α Abklingkonstante
ß Kreisfrequenz des ungedämpften Systems

wird
1
GS ( s ) = K Ps β 2 . (3.33)
s + s ⋅ 2α + β 2
2

Eine weitere wichtige Größe ist die Dämpfung D, die wie folgt definiert ist
α
D= .
β
Die beiden Pole der Gleichung (3.33) ergeben sich zu
66 3 Die Regelstrecke

s1,2 = − α ± α 2 − β 2

s1,2 = − α ± β D 2 − 1 (3.34)

s1,2 = − β ( D ± D 2 − 1) .

Daraus ist ersichtlich, dass abhängig von D folgende Fälle möglich sind:
a) Für α > β ( D > 1) werden die beiden Pole negativ s-Ebene jω
reell (aperiodischer Fall).

b) Für α = β (D = 1) ergibt sich eine doppelte Polstelle,


mit s1 = s2 = − α (aperiodischer Grenzfall). jω

σ
α


c) Für α < β (0 < D < 1) werden die beiden Pole
konjugiert komplex
s1,2 = −α ± jβ 1 − D 2 σ
(gedämpfte Schwingung). α

d) Für α = 0 (D = 0) wird der Realteil der beiden Pole jω


Null, d. h. die Pole werden rein imaginär s1,2 = ± jβ
β
(ungedämpfte Dauerschwingung).
σ
β

e) Für α < 0 (D < 0) ist die Abklingkonstante negativ,


die beiden Pole haben einen positiven Realteil jω
2
s1,2 = +α ± jβ 1 − D
(aufklingende Schwingung).
σ
α

Für das durch die Übertragungsfunktion (3.28) beschriebene System sind nur die Fälle a) und
b) möglich (D ≥ 1), denn
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 67

α T1 + T2 1  T1 T2 
D= = =  + .
β 2 T1 T2 2  T2 T1 

Mit der Abkürzung

T1 1 T2
a= bzw. =
T2 a T1
wird
1  1 dD 1  1 
D= ⋅  a +  und = ⋅ 1 −  = 0 .
2  a da 2  a2 

Daraus folgt a = + 1 bzw. T1 = T2.


Die Dämpfung des Systems ist dann
D = 1 (ein Minimum),
da für a = +1 die 2. Ableitung

d 2D 1
= > 0 ist.
2
da a3
Für T1 ≠ T2 ist die Dämpfung stets größer als Eins. Bild 3.12 zeigt die Sprungantworten eines
Systems 2. Ordnung bei verschiedener Dämpfung.

x(t)

3
w

2
1

0
0 5

Bild 3.12 Sprungantworten eines Systems 2. Ordnung bei verschiedenen Dämpfungen


1 - aperiodischer Fall D>1
2 - aperiodischer Grenzfall D=1
3 - gedämpfte Schwingung 0<D<1
4 - ungedämpfte Dauerschwingung D=0
5 - aufklingende Schwingung D<0
68 3 Die Regelstrecke

• Beispiel 3.4

Das in Bild 3.13 gezeigte System besteht aus der Reihenschaltung von Wandlern und zweier
Speicher, und zwar:
a) dem Behälter, in dem das Gas bzw. Druckenergie gespeichert wird,
b) die Feder des Membranantriebs, die potentielle Energie speichert.

digitaler 0 bis 100% Hub


Regler
A
0 bis 10 V Wandlung von
Spannung in Strom p, V
c
0 bis 20 mA l
y
pe
0 bis 1,0 bar b
d x
Wandlung von
Strom in Druck
Zuluft 1,4 bar

Bild 3.13 Ansteuerung eines pneumatischen Membranventils

Derartige Anordnungen kommen in der Verfahrenstechnik, z. B. wegen des Explosionsschutzes


häufig vor. Mittels elektrischer Spannung von 0 bis 10 V wird die Stellung des Ventils zwi-
schen 0 und 100% eingestellt. Die Ventilstellung x des pneumatischen Stellventils soll mittels
eines Stellsignals pe rückwirkungsfrei angesteuert werden.
Ein vor dem Druckspeicher sitzendes Ventil ist durch eine ideale Drossel ersetzt. Das Volumen
über dem Membranteller ist gegenüber dem Behältervolumen V vernachlässigbar. Dadurch sind
beide Systeme rückwirkungsfrei miteinander verbunden, d. h. durch eine Verstellung der Aus-
gangsgröße x wird rückwirkend der Druck p im Behälter nicht verändert.
Der pro Zeiteinheit durch die Drossel strömende Massenstrom dm/dt ist proportional dem
2
Drosselquerschnitt d π / 4 und der mittleren Geschwindigkeit v :

dm(t ) d 2π
= ⋅ ρ ⋅ v(t ) . (3.35)
dt 4
ρ Dichte des Gases.
Die Drosselbohrung ist so bemessen, dass eine laminare Strömung vorliegt. Es gilt dann das
Poiseull'sche Gesetz
v = k ( p e − p) , (3.36)

mit dem Proportionalfaktor

d2
k=
32 ⋅ l ⋅ η
3.3 P-Strecken mit Verzögerung 2. Ordnung 69
1 Länge der Drossel
2
η Zähigkeit des Gases in Ns/m .
Gl. (3.36) in Gl. (3.35) eingesetzt ergibt

dm(t ) d 2 π
= ⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )] . (3.37)
dt 4
Nach den Gasgesetzen ist ferner
p ⋅V = m ⋅ R ⋅ϑ (3.38)
R Gaskonstante in Nm/kg⋅K
ϑ absolute Temperatur in K = konstant
m die im Behälter mit dem Volumen V gespeicherte Gasmenge in kg.
Durch Differentiation von Gl. (3.38) folgt
dp (t ) dm(t )
V = Rϑ
dt dt
und damit die pro Zeiteinheit im Behälter gespeicherte Menge
dm(t ) V dp(t )
= . (3.39)
dt R ϑ dt
Durch Gleichsetzen von Gl. (3.37) und Gl. (3.39) erhält man

V dp (t ) d 2 π
= ⋅ ρ k ⋅ [( p e (t ) − p (t )]
R ϑ dt 4
bzw.
dp(t )
4V
+ p (t ) = p e (t ) .
2
d πρkRϑ dt

Mit der Abkürzung


4V
T1 =
2
d πρkRϑ

wird
dp(t )
T1 + p (t ) = p e (t ) . (3.40)
dt
Durch Laplace-Transformation ergibt sich daraus die Übertragungsfunktion des ersten Systems
p(s) 1
GS1 ( s ) = = . (3.41)
p e ( s ) 1 + sT1

Der Druck p wirkt als Eingangsgröße auf das zweite System und erzeugt mit der Membranflä-
che A die Kraft A ⋅ p (t ) . Diese ist mit den Gegenkräften c ⋅ x der Feder und b ⋅ x der Dämp-
fungseinrichtung im Gleichgewicht.
70 3 Die Regelstrecke

b A
b x (t ) + c x(t ) = A ⋅ p (t )  x (t ) + x(t ) = p (t ) .
c c
c Federkonstante in N/m
b Dämpfungskonstante in Ns/m.
Mit den Abkürzungen KPS = A / c und T2 = b / c folgt für das zweite System die DGL
T2 x (t ) + x(t ) = K PS p (t ) . (3.42)

Die zugehörige Übertragungsfunktion lautet


x( s) K PS
GS2 ( s ) = = . (3.43)
p ( s ) 1 + sT2

Bild 3.14 zeigt den Wirkungsplan des Gesamtsystems.

1, T1 KPS , T2
pe(t) p(t) x(t) Bild 3.14 Wirkungsplan des
Membranventils nach
Bild 3.13 (P-T2-Strecke)
GS1(s) GS2(s)

Daraus folgt die Gesamtübertragungsfunktion


x( s) K PS
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = = . (3.44)
p e ( s ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )

Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation ergibt sich aus (3.44)
die Differentialgleichung der P-T2-Strecke zu
T1T2 x(t ) + (T1 + T2 ) x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ p e (t ) . (3.45)

Vergleicht man Gl. (3.45) mit Gl. (3.29), so sieht man deren Übereinstimmung. Die Sprung-
antwort, Ortskurve usw. des durch (3.45) beschriebenen Systems ergeben sich analog den in
den Abschnitten 3.3.2 bis 3.3.4 gefundenen Beziehungen.
X Aufgabe 3.2
Ermitteln Sie die Übertragungsfunktion und die Differentialgleichung des in Beispiel 3.2 (Bild
3.7) behandelten fremderregten Gleichstromgenerators, unter der Voraussetzung, das die An-
kerinduktivität L nicht vernachlässigt werden darf.
Wie berechnen sich KPS, T1 und T2?
Hinweis: Im Bildbereich ist der Ankerwiderstand Ra durch die Impedanz (Ra + sLa) zu ersetzen.

3.4 Strecken höherer Ordnung


Die im vorherigen Abschnitt behandelten Strecken 2. Ordnung wurden durch Hinter-
einanderschaltung von zwei P-T1-Strecken gebildet. Wie die Darstellung im Wir-
3.4 Strecken höherer Ordnung 71

kungsplan (Bild 3.14) zeigt, ergibt sich die Gesamtübertragungsfunktion aus dem
Produkt der beiden Übertragungsfunktionen GS1 und GS2.
Entsprechend folgt bei der rückwirkungsfreien Hintereinanderschaltung von drei P-
T1-Strecken (Bild 3.15) für die Gesamtübertragungsfunktion
x( s) K PS1 K PS2 K PS3
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) ⋅ GS3 ( s ) = = .
y ( s ) (1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )

KPS1 , Ta KPS2 , Tb KPS3 , Tc


y(t) x1(t) x2(t) x(t)

y(s) x(s)
GS1(s) GS2(s) GS3(s)

Bild 3.15 Wirkungsplan einer P-T3-Strecke, gebildet aus drei hintereinandergeschalteten


P-T1-Strecken

Mit KPS = KPS1KPS2KPS3 wird


x( s ) K PS
GS ( s ) = =
3 2
y ( s ) s Ta TbTc + s (Ta Tb + Ta Tc + TbTc ) + s (Ta + Tb + Tc ) + 1
T33 T22 T1

bzw.
x( s ) K PS
GS ( s ) = = . (3.46)
y ( s ) s T + s T22 + s T1 + 1
3 3 2
3
Daraus ermittelt sich die zugehörige Differentialgleichung zu
T33x(t ) + T22 x(t ) + T1 x (t ) + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) . (3.47)

Schaltet man n Glieder 1. Ordnung rückwirkungsfrei hintereinander, so nimmt die


Übertragungsfunktion folgende Form an
x( s ) K PS
GS ( s ) = = . (3.48)
y ( s ) s Tn + ... + s T 3 + s 2 T22 + s T1 + 1
n n 3
3

Die Differentialgleichung zu (3.48) lautet


x ( n)(t) Tnn + ... + x(t) T33 + x(t) T22 + x(t) T1 + x(t ) = K PS ⋅ y (t ) . (3.49)

Für den Regelungstechniker ist die möglichst genaue Kenntnis des zu regelnden dy-
namischen Prozesses besonders wichtig, d. h. die das System beschreibenden Parame-
ter KPS, T1, T2⋅...Tn müssten identifiziert werden.
72 3 Die Regelstrecke

Nimmt man die Sprungantwort einer unbekannten Strecke experimentell auf, so kann
die genaue Ordnung dieser Strecke nicht ohne weiteres aus dem Kurvenverlauf ermit-
telt werden, insbesondere, wenn die einzelnen Glieder unterschiedliche Zeitkonstan-
ten aufweisen. Bereits bei einem System 2. Ordnung, das aus zwei P-T1-Gliedern mit
den Zeitkonstanten Ta und Tb besteht, ist die Bestimmung der Zeitkonstanten nicht
ganz einfach.
Durch Anlegen der Wendetangente lassen sich die Verzugs- und Ausgleichszeit Tu
und Tg ermitteln. Mann kann zeigen, dass zwischen den Quotienten Tu/Tg und Ta/Tb
eine eindeutige Funktion besteht. Die Tabelle 1 gestattet bei bekanntem Tu/Tg das
Verhältnis von Ta/Tb bzw. Ta und Tb zu bestimmen.

Tabelle 1 Kennwerte eines Verzögerungsgliedes 2. Ordnung

Tu Tb Tg tw xw
Tg Ta Ta Ta x (∞ )
0,000 0,00 1,000 0,000 0,000
0,016 0,02 1,083 0,080 0,058
0,032 0,05 1,171 0,158 0,103
0,050 0,10 1,292 0,256 0,148
0,063 0,15 1,399 0,335 0,177
0,072 0,20 1,495 0,402 0,197
0,084 0,30 1,675 0,516 0,224
0,092 0,40 1,842 0,611 0,240
0,097 0,50 2,000 0,693 0,250
0,100 0,60 2,151 0,766 0,256
0,102 0,70 2,299 0,832 0,260
0,103 0,80 2,439 0,893 0,263
0,103 0,90 2,548 0,948 0,264
0,104 1,00 2,718 1,000 0,264

Bei Strecken höher als 2. Ordnung lassen sich die einzelnen Zeitkonstanten aus dem
Verlauf der Sprungantworten nicht mehr ermitteln. Man gewinnt eine Näherung durch
die Annahme von n hintereinandergeschalteten Verzögerungsgliedern 1. Ordnung mit
gleicher Zeitkonstante T, deren Sprungantwort das gleiche Verhältnis Tu/Tg liefert,
wie das der untersuchten Strecke.
Bild 3.16 zeigt den Verlauf der Sprungantworten einer P-Strecke 1. bis n-ter Ordnung
mit KPS = 1 und der Übertragungsfunktion
1
GS ( s ) = .
(1 + sT ) n
3.4 Strecken höherer Ordnung 73

x(∞)

x(t)

n=1 2 3 4 5 6 7

10

0
0 t
Bild 3.16 Sprungantworten zu P-Strecken 1. bis 10. Ordnung mit gleicher Zeitkonstante T

Tabelle 2 Kennwerte der Sprungantworten Zeigt die experimentell aufge-


für Verzögerungsglieder n-ter Ordnung mit nommene Sprungantwort eines
gleichen Zeitkonstanten Systems einen charakteristischen
Verlauf nach Bild 3.16, so lassen
n sich durch Einzeichnen der Wen-
Tg / T Tu / T Tu / Tg
detangente Tu und Tg bestimmen.
1 1,000 0,000 0,000 Bei bekanntem Tu/Tg kann die
2 2,718 0,282 0,104 Zeitkonstante T und die Anzahl n
3 3,695 0,805 0,218 der Glieder aus der nebenstehen-
4 4,463 1,425 0,319 den Tabelle entnommen werden.
5 5,119 2,100 0,410 Hier ist darauf hinzuweisen, dass
6 5,699 2,811 0,493 dieses Verfahren, bedingt durch
7 6,226 3,549 0,570 die Konstruktion der Wendetan-
8 6,711 4,307 0,642 gente, fehlerbehaftet ist. Bereits
9 7,164 5,081 0,709 eine geringe Änderung der Nei-
10 7,590 5,869 0,773 gung der Wendetangente hat eine
relativ große Auswirkung auf das
Verhältnis Tu/Tg.
Ortskurven der Strecken höherer Ordnung
Für eine Strecke n-ter Ordnung ergibt sich aus Gl. (3.48) folgender Frequenzgang
x ( jω ) K PS
GS ( jω ) = = bzw.
y ( jω ) ( jω ) Tn + ... + ( jω ) T 3 + ( jω ) 2 T22 + ( jω ) T1 + 1
n n 3
3

K PS
GS ( jω ) = .
[1 − (ω T2 ) + (ω T4 ) − ...] + j [ω T1 − (ω T3 )3 + (ω T5 )5 − ...]
2 4
74 3 Die Regelstrecke

In Bild 3.11 ist die Ortskurve einer P-Strecke 2. Ordnung (n = 2) gezeigt, die auf der
reellen Achse beginnend den 4. und 3. Quadranten der Gaußschen Zahlenebene
durchläuft.
Bei einer Strecke 3. Ordnung (n = 3) sind die Zeitkonstanten T1, T2 und T3 vorhanden.
Der Frequenzgang lautet somit
x ( jω ) K PS
GS ( jω ) = = .
y ( jω ) [1 − (ω T2 ) ] + j [ω T1 − (ω T3 )3 ]
2

Den Re(GS) und Im(GS) gewinnt man durch Erweiterung von GS(jω) mit dem konju-
giert Komplexen des Nenners:
[1 − (ω T2 ) 2 ] − j [ω T1 − (ω T3 )3 ]
GS ( jω ) = K PS = Re (GS ) + j Im (GS ) .
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2

Daraus folgt
1 − (ω T2 ) 2
Re (GS ) = K PS
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2

ω T1 − (ω T3 )3
Im (GS ) = − K PS .
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + [ω T1 − (ω T3 )3 ]2

Variiert man ω von 0 bis ∞, so wird Re(GS) für:


1
a) ω T2 < 1 bzw. ω < positiv
T2
1
b) ω T2 = 1 bzw. ω = Null
T2
1
c) ω T2 > 1 bzw. ω > negativ.
T2

Entsprechend wird der Im(GS) für


T1
a) (ω T3 )3 < ω T1 bzw. ω < negativ
T33
T1
b) (ω T3 )3 = ω T1 bzw. ω = Null
T33
T1
c) (ω T3 )3 > ω T1 bzw. ω > positiv.
T33
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 75

Das heißt, die Ortskurve einer P-Strecke 3. Ordnung verläuft durch den 4., 3. und 2.
Quadranten, wie in Bild 3.17 gezeigt.

Im
KPS
ω=∞ ω=0
Re

4. 2. 1.
ω Bild 3.17
3.
s −1 Ortskurvenverlauf von P-Strecken
1. bis 4. Ordnung

Es lässt sich zeigen, dass bei einer Strecke n-ter Ordnung n Quadranten durchlaufen
werden. Für ω = 0 ist der Re(G) stets gleich KPS und der Im(G) stets Null. Die
Ortskurven laufen für ω → ∞ stets tangential zu den Achsen in den Ursprung; für eine
Strecke 1. Ordnung wird ϕ (ω) = ϕ (∞) = −90°; für eine Strecke 2. Ordnung wird
ϕ (∞) = −180°. Allgemein gilt für eine Strecke n-ter Ordnung ϕ (∞) = − n⋅90°.

3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung


Sind in einem System zwei unterschiedliche Speichermöglichkeiten vorhanden, so
kann das System gedämpfte Schwingungen ausführen. So z. B. in einem Feder-Masse-
Dämpfung-System die Speicherung von potentieller und kinetischer Energie oder in
einem elektrischen Schwingkreis die Energiespeicherung im elektrischen und magne-
tischen Feld.

• Beispiel 3.5

i(s) R sL
J, ML
Φo
y(s) M Bild 3.18
n(s) Fremderregter Gleichstrommotor
x(s)

R = 0,3 Ω cΦ0 = 2,33 Vs


2
L = 60 mH J = 0,905 Nms

Die in Bild 3.18 dargestellte Drehzahlregelstrecke besteht aus einem Gleichstrommotor mit
konstanter Fremderregung Φ0, dessen Abtriebswelle ein Schwungrad mit dem Trägheitsmo-
76 3 Die Regelstrecke

ment J antreibt sowie mit einem konstanten Moment ML belastet ist. Eingangsgröße ist die
Ankerspannung y, durch die die Drehzahl n (Ausgangsgröße x) beeinflusst werden kann. R und
L sind der Ankerwiderstand und die Ankerinduktivität.
Wir berechnen zunächst die Übertragungsfunktion
ω (s)
GS1 ( s ) =
y(s)

und daraus mit ω = 2π ⋅ n


n( s )
GS ( s ) = .
y(s)

Die im Anker induzierte Spannung ist


u0 ( s ) = c Φ 0 ⋅ ω ( s ) . (3.50)

Somit gilt für den Ankerkreis


y ( s) = i ( s ) ⋅ [ R + sL] + u 0 ( s )

bzw.
1/ R
i( s) = [ y ( s ) − u 0 ( s)] ⋅ (3.51)
1 + sT1

mit
L
T1 = = 0,2 s .
R
Der Ankerstrom i und der konstante Fluss Φ0 erzeugen das elektrische Moment
M e (s) = c Φ 0 ⋅ i(s) . (3.52)

Dieses ist im Gleichgewicht mit dem Lastmoment ML und dem durch die Massenträgheit verur-
sachten Moment
dω (t )
M m (t ) = J ⋅
dt
bzw.
M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) , (3.53)

so dass gilt
M e ( s ) = M L ( s ) + M m ( s)

oder
M m (s) = M e (s) − M L (s) . (3.54)
Das durch die Gleichung (3.50) ... (3.54) beschriebene System kann durch den in Bild 3.19
gezeigten Wirkungsplan dargestellt werden.
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 77

c⋅Φ 0
u0(s)

y(s) − 1 i(s) Me(s) Mm(s) ω (s) n(s)


1 1
R c⋅Φ 0
1+sT1 s ⋅J 2 ⋅π

ML(s)

Bild 3.19 Wirkungsplan des fremderregten Gleichstrommotors nach Bild 3.18

Für ML = 0 berechnet sich die Übertragungsfunktion zu


ω (s) 1
GS1 ( s ) = =
y ( s) s (1 + sT1 ) JR
+ cΦ 0
cΦ 0

und daraus
n( s ) 1 1
GS ( s ) = = ⋅ .
y ( s ) 2πcΦ 0 2 JR JR
s T1 +s +1
(cΦ 0 ) 2 (cΦ 0 ) 2

Mit den Abkürzungen


1 1 1
K PS = = 0,0683 = 4,098
2πcΦ 0 Vs V min

und
JR
T2 = = 0,05 s
(cΦ 0 ) 2

erhalten wir schließlich


x( s ) K PS
GS ( s ) = = . (3.55)
2
y ( s ) s T1T2 + s T2 + 1

Durch Anwendung des Differentiationssatzes der Laplace-Transformation bestimmt sich aus


Gl. (3.55) die Differentialgleichung 2. Ordnung des Systems zu
T1T2 x(t ) + T2 x (t ) + x(t ) = K PS y (t ) . (3.56)

Die Übertragungsfunktion nach Gl. (3.55) hat, bei den gegebenen Daten, konjugiert komplexe
Polstellen. Nach dem im Abschnitt 3.3 Gesagten, wird das System gedämpfte Schwingungen
ausführen.
78 3 Die Regelstrecke

• Ermittlung der Sprungantwort einer schwingungsfähigen Regelstrecke 2. Ordnung

Für
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t )

bzw.
y
y ( s) = 0
s
folgt aus Gl. (3.55)
K PS ⋅ y 0 1 1
x( s ) = GS ( s ) ⋅ y ( s) = ⋅ ⋅ . (3.57)
T1T2 s 2 1 1
s +s +
T1 T1T2
Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle findet man mit
1
α= = 2,5 s -1
2T1
und
1
β2 = = 100 s -2 ; β = 10 s -1
T1T2

1
x( s ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ β 2 . (3.58)
s ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
2

Die Dämpfung des Systems ist definitionsgemäß

α 2,5 s -1
D= = = 0,25 und damit D < 1 .
β 10 s -1
Das gedämpft schwingende System hat die Eigenkreisfrequenz

ω e = β 2 − α 2 = 9,68 s -1 .

α, β und ωe in die Rücktransformationsgleichung eingesetzt, ergibt


  α  
x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 1 −  cos ω e t + sin ω e t  e − α t  . (3.59)
  ωe  
Vielfach ist es zweckmäßig, die Sinus- und Cosinusfunktion in Gl. (3.59) zu einer Schwingung
gleicher Frequenz wie folgt zusammenzufassen:
α
cos ω e t + sin ω e t = A sin (ω e t + ϕ ) . (3.60)
ωe
Nach den Additionstheoremen ist
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 79

A (sin ω e t ⋅ cos ϕ + cos ω e t ⋅ sin ϕ ) = A sin (ω e t + ϕ ) . (3.61)


Durch Vergleich der Beziehungen (3.60) und (3.61) folgt
α
A cos ϕ = (3.62)
ωe

A sin ϕ = 1 . (3.63)
Division von (3.63) durch (3.62) ergibt
ωe ωe
tan ϕ = bzw. ϕ = arctan = 75,52° .
α α
Durch Quadrieren und Addieren von (3.62) und (3.63) errechnet sich
2
 α 
A (cos ϕ + sin ϕ ) = 1 + 
2 2 2 

ωe 
bzw.
1 β
A= ω e2 + α 2 = = 1,033 .
ωe ωe
Somit wird aus Gl. (3.59)

x(t ) = n(t ) = K PS ⋅ y 0 [ 1 − A e − α t sin (ω e t + ϕ )] . (3.64)

Setzt man die errechneten Werte in Gl. (3.64) ein, so gelangt man zu
 − 2 ,5 ⋅
t 
x(t ) = n(t ) = 1800 min -1 ⋅ 1 − 1,033 e s ⋅ sin  9,68 t + 1,318   (3.65)
  s 
 
mit dem in Bild 3.20 gezeigten Verlauf der Sprungantwort:

x(t)

x1


x1MAX x2

Te x2MIN x(∞) = KPs⋅ y0


2

0 Te t
2

Bild 3.20 Sprungantwort einer P-T2-Strecke mit einer Dämpfung D = 0,25


80 3 Die Regelstrecke

Aus Gl. (3.64) folgt für t = ∞ der stationäre Endzustand


x(∞) = K PS ⋅ y 0 .

Die Schnittpunkte der Kurve mit dem Beharrungszustand x(∞) ermitteln sich aus Gl. (3.64) für

x(t ) = x(∞) bzw. sin (ω e t + ϕ ) = 0 ,

d. h. für

ω e t + ϕ = i ⋅ π , mit i = 1, 2, 3,...
Daraus folgt

i ⋅π − ϕ
ti = .
ωe
Der Abstand zwischen zwei Schnittpunkten ist
π Te
= .
ωe 2
Das heißt, dass umgekehrt aus dem Kurvenverlauf die Kreisfrequenz

ωe = (3.66)
Te

bestimmt werden kann.


Die relativen Maxima und Minima ergeben sich aus (3.64) durch Differentiation und Nullset-
zen.
dx(t )
= K PS ⋅ y 0 [ Aα e − α t sin (ω e t + ϕ ) − Aω e e − α t cos (ω e t + ϕ )] = 0
dt
bzw.
ωe
tan (ω e t + ϕ ) = = tan ϕ .
α
Dies ist der Fall für
ω e t = i ⋅ π , mit i = 0, 1, 2, 3,...
oder
i⋅π T
t MAX/MIN = = i⋅ e . (3.67)
ωe 2
Setzen wir Gl. (3.67) in Gl. (3.59) ein, so folgt
 i⋅π 
−α

x MAX/MIN = K PS ⋅ y 0 1 − e ωe
cos (i ⋅ π )  . (3.68)
 
3.5 Schwingungsfähige P-Strecken 2. Ordnung 81

• Ermittlung der Dämpfung aus dem Verlauf der Sprungantwort

Bezeichnet man den Betrag der Amplituden zweier aufeinander folgender Halbschwingungen
mit x̂i und xˆ i +1 , so folgt aus (3.68)
i⋅π
−α
ωe
xˆ i = K PS ⋅ y 0 e cos (i ⋅ π ) (3.69)

und daraus der Quotient


π π
α cos (i ⋅ π ) α
xˆ i
= e ωe ⋅ = e ωe .
xˆ i +1 cos [(i + 1) ⋅ π ]

Durch Logarithmieren errechnet sich


ωe π ωe  xˆ 
=  α= ⋅ ln  i  . (3.70)
α  xˆ  π  xˆ i +1 
ln  i 
 xˆ i +1 
Andererseits ist
α α 1
D= = = . (3.71)
β 2
ωe + α 2 2
ω 
1+  e 
 α 
Mit Gl. (3.70) in Gl. (3.71) erhalten wir schließlich
1
D= . (3.72)
π2
1+
2
 xˆ i 
 ln 
 xˆ i +1 

Mittels der Beziehung (3.72) lässt sich die Dämpfung eines schwingungsfähigen Systems aus
einer experimentell aufgenommenen Sprungantwort bestimmen.

X Aufgabe 3.3

Ermitteln Sie für den in Beispiel 3.5 behandelten fremderregten Gleichstrommotor anhand des
Wirkungsplanes (Bild 3.19) das dynamische Verhalten bei Belastung, und zwar:

a) Die Übertragungsfunktion GS(s) = n(s) / ML(s)


b) Die Sprungantwort n(t) für ML(t) = ML0⋅σ(t), mit ML0(s) = 200 Nm.
c) Den Verlauf der Ortskurve.
82 3 Die Regelstrecke

• Beispiel 3.6

ωe br ω1 J ωa
cr

Bild 3.21 Mechanisches System mit P-T2-Verhalten

br = 4 Nms (Dämpfungsbeiwert bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß)


cr = 40 Nm (Federkonstante bezogen auf den Drehwinkel im Bogenmaß)
2
J = 0,4 Nms (Trägheitsmoment)
Das mechanische System (Bild 3.21) besteht aus einem Dämpfungsglied (ähnlich einer Föttin-
ger-Kupplung), einer Torsionsfeder und einer trägen Masse mit dem Trägheitsmoment J. Erregt
wird das System durch die Winkelgeschwindigkeit ωe. Das durch das Dämpfungsglied übertra-
gene Moment ist proportional der Differenz der Winkelgeschwindigkeiten ωe und ω 1.
M e ( s ) = br ⋅ [ω e ( s ) − ω1 ( s )] . (3.73)
Dieses Moment wirkt auf die Feder mit der Federkonstante cr und tordiert diese um den Winkel
ϕ1 − ϕ a :
M f ( s ) = c r ⋅ [ϕ1 ( s ) − ϕ a ( s)] . (3.74)
Gleichzeitig wird durch das eingeleitete Moment Me die Masse mit dem Trägheitsmoment J
beschleunigt
dω a (t )
M m (t ) = J ⋅ bzw.
dt
M m ( s ) = J ⋅ s ⋅ ω a ( s) . (3.75)
Infolge Me = Mf = Mm folgt aus (3.74) und (3.75)
J
ϕ1 ( s ) = ϕ a ( s ) + ⋅ s ⋅ ω a (s)
cr
und durch einmalige Differentiation mit ω(t) = dϕ(t)/dt
J 2
ω1 ( s ) = ω a ( s ) + ⋅ s ⋅ ω a ( s) . (3.76)
cr
Ferner ergibt sich durch Gleichsetzen von (3.73) und (3.75)
J
ω e ( s ) = ω1 ( s ) + ⋅ s ⋅ ω a (s)
br
und mit Gl. (3.76)
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung 83

J J
ω e (s) = ω a (s) + s ⋅ ω a (s) + s 2 ⋅ ω a (s) . (3.77)
br cr
Mit den Abkürzungen
J J
T1 = = 0,1 s und T22 = = 0,01 s 2
br cr
erhalten wir die Übertragungsfunktion des Systems zu
ω a (s) K PS
GS ( s ) = = . (3.78)
ω e ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1

Für die Dämpfung des Systems folgt mit den angegebenen Daten

α T J cr
D= = 1 = = 0,5 und damit D < 1  gedämpfte Schwingungen.
β 2 T2 2 br
Die zugehörige Sprungantwort berechnet sich entsprechend Beispiel 3.5.
X Aufgabe 3.4

Für das durch die Übertragungsfunktion (3.78) gegebene System ist der Verlauf der Ortskurve
zu bestimmen.
Beweisen Sie, dass für die Resonanzfrequenz

ω = ω r = β 1 − 2D 2
gilt
1
GS ( jω ) = GS ( jω ) MAX = .
2D 1 − D 2

3.6 I-Strecken ohne Verzögerung


Eine Regelstrecke, deren Ausgang x(t) proportional dem zeitlichen Integral der Ein-
gangsgröße y(t) ist, bezeichnet man als integrale Strecke oder kurz als I-Strecke:
1
x(t ) = K I  y(t ) dt c−−¦ x( s ) = K I ⋅ ⋅ y ( s ) .
s
Die letzte Gleichung entsteht durch Laplace-Transformation und führt zu der Übertra-
gungsfunktion der I-Strecke:
x( s ) K I
GS ( s ) = = .
y ( s) s

Im einführenden Abschnitt dieses Kapitels wurde bereits gesagt, dass eine solche
Strecke ohne Ausgleich ist. Es sollen hier noch einige Beispiele zur Erläuterung ge-
bracht werden.
84 3 Die Regelstrecke

• Beispiel 3.7

Bild 3.22 zeigt eine Füllstands-Regelstrecke,


deren Zufluss Qe proportional der Ventilstel- y Qe
lung Y (Eingangsgröße) angenommen wird
Qe (t ) = k Y (t ) . (3.79)
h
Mittels der Pumpe wird aus dem Behälter die
H P
Menge Qa abgepumpt. Es ist leicht einzuse-
H0 Qa
hen, dass für Qe = Qa das Volumen im Behäl-
ter und damit der Flüssigkeitsstand H (Aus-
gangsgröße) unverändert bleiben wird. A
Bild 3.22 Füllstands-Regelstrecke

Für Qe ≠ Qa ergibt sich die zeitliche Volumenänderung im Behälter zu


dV (t ) dH (t )
=A = Qe (t ) − Qa (t ) (3.80)
dt dt
und durch Integration
1
H (t ) =
A  [Qe (t ) − Qa (t )] dt + C . (3.81)

Die Integrationskonstante C ergibt sich aus der Anfangsbedingung. Bei konstantem Abfluss
Qa (t ) = Qa0 = konst.

wird das Eingangsventil mit Y = Y1 so eingestellt, dass


Qa0 = Qe = k Y1
und H = H0 ist.
Damit folgt aus (3.81)
C = H0.
Diese Anfangsbedingung in (3.81) eingesetzt, ergibt
1
H (t ) =
A  [k Y (t ) − k Y1 ] dt + H 0 . (3.82)

Führt man den Integrierbeiwert KIS = k / A ein und betrachtet, wie in der Regelungstechnik
üblich, nur die Änderungen von Ein- und Ausgangsgröße (siehe Abschnitt 2.1), so kann man
mit
h = H − H 0 und y = Y − Y1
schreiben


h(t ) = K I y (t ) dt . (3.83)
3.6 I-Strecken ohne Verzögerung 85
Für einen Eingangssprung
y (t ) = y0 ⋅ σ (t )
wird
h ( t ) = K I ⋅ y0 ⋅ t (3.84)
mit der in Bild 3.23 gezeigten Sprungantwort.

h(t)

Bild 3.23
KI⋅ y0 Sprungantwort einer I-Strecke
ohne Verzögerung
1 t

Die Übertragungsfunktion ergibt sich aus (3.83) durch Laplace-Transformation zu


h( s ) K I
GS ( s ) = = . (3.85)
y ( s) s

X Aufgabe 3.5

Ermitteln Sie den Verlauf der Ortskurve des durch (3.85) gegebenen Systems. Für welche
Kreisfrequenz ω wird ⏐GS(jω)⏐ = 1?

• Beispiel 3.8

Bild 3.24 zeigt den Support einer Werkzeugmaschine, der durch die Spindel mit der Gewinde-
steigung a translatorisch bewegt wird.
x

(y)
n Bild 3.24
Support einer Werkzeugmaschine

Dreht sich die Spindel mit der Drehzahl n, so ist die zeitliche Änderung der Längsbewegung
des Supports
dX (t )
= a ⋅ n (t ) (3.86)
dt
bzw. der zurückgelegte Weg


X (t ) = a n(t ) dt + x(0) . (3.87)
86 3 Die Regelstrecke
Betrachten wir wiederum nur die Wegänderung gegenüber dem Anfangswert X(0) und bezeich-
nen X(t) − X(0) = x(t) und den Integrierbeiwert KI = a, so erhalten wir mit


x(t ) = K I n(t ) dt (3.88)

eine analoge Beziehung zu Gl. (3.83).


X Aufgabe 3.6

Zeigen Sie, dass für einen Kondensator mit der Kapazität C zwischen dem Strom i (Eingangs-
größe) und der Spannung u (Ausgangsgröße) eine zu Gl. (3.88) analoge Beziehung besteht.

3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung


Bei I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung beginnt die Sprungantwort, im Gegensatz
zu denen ohne Verzögerung, mit der Anfangssteigung Null. In der Differentialglei-
chung kommt das durch ein weiteres Glied mit der 1. Ableitung der Ausgangsgröße
zum Ausdruck. Die Übertragungsfunktion einer solcher Strecke kann als Reihenschal-
tung einer I-Strecke mit einer P-T1-Strecke dargestellt werden:
x ( s ) K1 K2 KI
GS ( s ) = = ⋅ = .
y(s) s 1 + sT1 s (1 + sT1 )

• Beispiel 3.9
x
i R

n, J
Φo
y
M

Bild 3.25 Werkzeugschlitten, angetrieben von einem fremderregten Gleichstrommotor


R = 0,3 Ω (Ankerwiderstand)
2
J = 0,905 Nms (Trägheitsmoment der rotierenden Massen)
cΦ 0 = 2,33 Vs (Erregerfluss)
n = Drehzahl der Motorwelle
a = 1 mm/Umdr. (Gewindesteigung)

Eingangsgröße ist die Klemmenspannung y, Ausgangsgröße der vom Werkzeugschlitten zu-


rückgelegte Weg x. Die Ankerinduktivität sei vernachlässigbar klein.
Für den Ankerkreis gilt
y ( s) = i ( s ) ⋅ R + cΦ 0 ⋅ ω ( s) . (3.89)
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 87

Der Ankerstrom i erzeugt mit dem konstanten Fluss Φ0 das elektrische Moment
M e ( s ) = cΦ 0 ⋅ i ( s ) , (3.90)
welches gleich dem durch das Massenträgheitsmoment J verursachten Gegenmoment
dω ( t )
M m (t ) = J ⋅
dt
bzw.
M m (s) = J ⋅ s ⋅ ω (s) = M e (s) (3.91)
ist.
Die zeitliche Wegänderung des Werkzeugschlittens ist proportional der Drehzahl n
dx(t )
= a ⋅ n(t ) c−−¦ s ⋅ x( s ) = a ⋅ n( s )
dt
oder mit ω = 2π n

ω (s) = ⋅ s ⋅ x( s) . (3.92)
a
Aus Gl. (3.91) folgt unter Berücksichtigung von Gl. (3.90)
J
i( s) = ⋅ s ⋅ ω (s) . (3.93)
cΦ 0
Mit (3.93) in (3.89) erhalten wir
JR
y ( s) = cΦ 0 ⋅ ω ( s ) + ⋅ s ⋅ ω (s) (3.94)
cΦ 0

und mit Gl. (3.92) in (3.94)


2π  JR 
y ( s) = ⋅ s ⋅ x( s ) cΦ 0 + s  (3.95)
a  cΦ 0 
bzw.

a 1  JR 
⋅ y ( s) = x( s) 1 + s . (3.96)
2πcΦ 0 s  (cΦ 0 ) 2 

Führen wir die Abkürzungen


a mm
KI = = 0,06831
2πcΦ 0 Vs
und
JR
T1 = = 0,05 s
( cΦ 0 ) 2
88 3 Die Regelstrecke
ein, so folgt aus (3.96) schließlich die Übertragungsfunktion des Systems
x( s ) KI
GS ( s ) = = . (3.97)
y ( s ) s (1 + sT1 )

Die sich aus (3.95) oder (3.97) ergebende Differentialgleichung


T1 x(t ) + x (t ) = K I ⋅ y (t )
wird meistens als Integro-Differentialgleichung in der Form

T1 x (t ) + x(t ) = K I  y(t ) dt (3.98)

geschrieben.
Sie zeigt, dass [T1 x (t ) + x(t )] proportional dem zeitlichen Integral der Eingangsgröße y ist;
daher die Bezeichnung integrales Verhalten mit Verzögerung 1. Ordnung oder kurz
I-T1-Verhalten.
Wie der in Bild 3.26 dargestellte Wirkungsplan zeigt, kann die durch Gl. (3.97) beschriebene
I-T1-Strecke als Reihenschaltung eines P-T1-Gliedes und eines I-Gliedes aufgefasst werden.
Der Proportional- und Integrierbeiwert können auch zu KI zusammengefasst und einem der
beiden Blöcke zugeordnet werden. Allerdings hat dann die Größe zwischen den beiden Blöcken
keinen physikalischen Sinn.
KI
a ,T1 a
y(s) KI a n(s) a x(s) y(t) n(t) x(t)
1+ sT1 s

Bild 3.26 Wirkungsplan des durch Gl. (3.97) gegebenen Systems

• Sprungantwort der I-T1-Strecke

Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir Gl. (3.97) nach x(s) auf und erhalten mit
y
y (t ) = y0 ⋅ σ (t ) c−−¦ y ( s) = 0
s
1 K I ⋅ y0 1
x( s ) = K I ⋅ y 0 = ⋅ . (3.99)
2
s (1 + sT1 ) T1 2  1
s s +  
 T1 
Für einen n-fachen Pol in a gilt der Residuensatz

1 d n−1
Res [GS ( s) e st ] s = a = lim [( s − a ) n ⋅ GS ( s ) e st ] . (3.99a)
( n − 1)! s →a ds n −1

Damit folgt aus (3.99)


3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 89

  1 
  s +  t e st − e st t 
− 
K ⋅y   T1 
x(t ) = I 0  lim + T12 e T1 
T1  s →0 2
 1 
 
 s + 
 
  T1 
bzw.
t

T1
x(t ) = K I ⋅ y 0 [t − T1 (1 − e )] . (3.100)
− t/T1
Für t > 5T1 ist der Term mit e vernachlässigbar klein und x(t) läuft, wie Bild 3.27 zeigt,
asymptotisch gegen die Gerade
x A (t ) = K I ⋅ y 0 ⋅ (t − T1 ) .

Die Asymptote verläuft parallel zur Sprungantwort eines Systems ohne Verzögerung (T1 = 0).

x(t)

KI⋅ y0⋅ t
x(t)

Bild 3.27
Sprungantwort einer I-T1-Strecke
Asymptote

T1 t

• Ortskurve der I-T1-Strecke

Aus Gl. (3.97) folgt der Frequenzgang


x ( jω ) KI KI
GS ( jω ) = = = . (3.101)
y ( jω ) jω (1 + jω T1 ) − ω T1 + jω
2

Durch Erweiterung mit dem konjugiert Komplexen des Nenners erhalten wir:
K IT1
Re (GS ) = −
1 + (ω T1 ) 2

KI
Im (GS ) = − .
ω [1 + (ω T1 ) 2 ]
Bild 3.28 zeigt den Verlauf der Ortskurve des I-T1-Gliedes
90 3 Die Regelstrecke

KI ⋅T1 Im
ω Re (GS ) Im (GS )
2
0 − K IT1 −∞
ω=∞ Re
1 1 1
KI ⋅T1 − K I T1 − K I T1
T1 2 2
2
∞ 0 0
KI ⋅T1

ω Bild 3.28
Ortskurve eines I-T1-Gliedes

• Beispiel 3.10

Gegeben ist die Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29 mit dem Ventilhub y als Ein-
gangsgröße und dem Flüssigkeitsstand x als Aus-
gangsgröße. Q
y e
Es sollen folgende Voraussetzungen gelten:
a) Die pro Zeiteinheit zufließende Menge Qe ist
proportional dem Ventilhub y. Für y = y1 = 1
cm ist Qe = Q0 =10 1/min. h
y
Qe = Q0 ⋅ . (3.102)
y1 A1 Qa
b) Die aus dem 1. Behälter ausfließende Menge
Qa ist proportional dem Flüssigkeitsstand h
(laminare Strömung). Für h = h1 = 40 cm ist x
Qa = Q0 =10 1/min.
h A2
Qa = Q0 ⋅ . (3.103)
h1
Bild 3.29
Für die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstands Flüssigkeitsstandregelstrecke
im 1. Behälter gilt 2
A1 = A2 = 100 cm
dh(t )  y (t ) h(t ) 
A1 = Qe − Qa = Q0  − 
dt  y1 h1 
und nach y aufgelöst
A1 h1 dh(t ) h1
⋅ + h(t ) = y (t ) ⋅ . (3.104)
Q0 dt y1
3.7 I-Strecken mit Verzögerung 1. Ordnung 91
Mit den Abkürzungen
h A h
K1 = 1 = 40 und T1 = 1 1 = 0,4 min = 24 s
y1 Q0

folgt aus (3.104) die Differentialgleichung des 1. Teilsystems


dh(t )
T1 + h(t ) = K1 ⋅ y (t )  T1 ⋅ s ⋅ h( s ) + h( s ) = K1 ⋅ y ( s ) (3.105)
dt
mit der korrespondierenden Übertragungsfunktion
h( s ) K1
GS1 ( s ) = = . (3.106)
y ( s ) 1 + sT1

Die zeitliche Änderung des Flüssigkeitsstandes im 2. Behälter ist


dx(t ) h(t )
A2 = Qa (t ) = Q0 . (3.107)
dt h1

Q0
Setzen wir K 2 = = 2,5 min -1 = 0,0417 s −1 = 24 s , so folgt aus Gl. (3.107)
A2 h1
dx(t )
= K 2 ⋅ h(t ) (3.108)
dt
bzw. die Übertragungsfunktion des 2. Teilsystems
x( s) K 2
GS2 ( s ) = = . (3.109)
h( s ) s

Wie die Gleichungen (3.106) und (3.109) zeigen, ist die Ausgangsgröße h des 1. Teilsystems
gleich der Eingangsgröße des 2. Teilsystems. Beide Systeme sind somit, wie Bild 3.30 zeigt,
−1
hintereinander geschaltet und ergeben mit KI = K1K2 = 1,67 s die resultierende Übertragungs-
funktion
x( s ) KI
GS ( s ) = = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = . (3.110)
y(s) s (1 + sT1 )

K1 , T1 K2
y(s) h(s) x(s) y(t) h(t) x(t)
K1 K2
1+ sT1 s

Bild 3.30 Wirkungsplan der Flüssigkeitsstandregelstrecke nach Bild 3.29

Vergleichen wir die Übertragungsfunktion (3.110) mit der in Beispiel 3.9 ermittelten Gl. (3.97),
so sehen wir deren Identität. Die Sprungantwort sowie der Ortskurvenverlauf ergeben sich
entsprechend Beispiel 3.9.
92 3 Die Regelstrecke
X Aufgabe 3.7

Die Kraft-Geschwindigkeits-Kennlinie eines Linearmotors kann in erster Näherung durch eine


Gerade Fb = f (va) (Bild 3.31) dargestellt werden. Fb
Hierin bedeuten:
Fb beschleunigende Kraft
va Geschwindigkeit des Linearmotors K⋅vs
vs synchrone Geschwindigkeit des Wanderfelds
x zurückgelegter Weg des Linearmotors
K Proportionalitätsfaktor 0
m Masse des Linearmotors 0 vs va

Die vom Linearmotor erzeugte Kraft Fb dient Bild 3.31 Angenäherte Kennlinie
zur Beschleunigung der Masse m des Linearmotors. eines Linearmotors
Gesucht sind:
a) Fb = f (va , vs)
b) Die Differentialgleichung des Systems mit der Eingangsgröße vs(t) und der Ausgangsgröße
va(t). (Abkürzung T1 = m / K)
c) Die Übertragungsfunktion
v (s)
GS1 ( s ) = a
v s (s)
d) Die Übertragungsfunktion
x( s )
GS ( s ) =
v s (s) 
mit x (t ) = v a (t ) dt

e) Die Sprungantwort x(t) für v s (t ) = v 0 ⋅ σ (t ) .

3.8 Strecken mit Totzeit Tt


Gibt man auf den Eingang einer Strecke mit Totzeit (Tt -Strecke) ein Eingangssignal
y(t), so erscheint am Ausgang das Eingangssignal, allerdings um die Totzeit Tt ver-
schoben (Bild 3.32).
Ist y(t) die Eingangsfunktion, so ist das Ausgangssignal
 0 für t < Tt
x(t ) =  (3.111)
 y (t − Tt ) für t ≥ Tt .

Ursache für das Auftreten einer Totzeit ist die endliche Ausbreitungsgeschwindigkeit
eines Signals zwischen Stell- und Messort bzw. zwischen Sende- und Empfangsort.
3.8 Strecken mit Totzeit Tt 93

0
0 t
y Bild 3.32
Ein- und Ausgangssignal einer
Tt
Strecke mit Totzeit Tt
0 t
0

Typische Regelstrecken mit Totzeit sind Förderbänder (Bild 3.33). Eingangsgröße ist
die Schieberstellung y und Ausgangsgröße ist die pro Zeiteinheit vom Band geförderte
Menge x.

l
y
v
Bild 3.33
Förderband
⋅ ⋅
x

Der Schieber sei zunächst geschlossen und werde zum Zeitpunkt t = 0 sprunghaft
geöffnet:
y (t ) = y 0 ⋅ σ (t ) .

Nach Verlauf der Totzeit Tt wird am Ausgang eine der Schieberstellung proportionale
Menge
x(t ) = K PS ⋅ y 0 ⋅ σ (t − Tt )

vom Band laufen, mit der in Bild 3.34 gezeigten Sprungantwort.


y x

Bild 3.34 Eingangssprung und


y Tt K PS⋅ y0
0 Sprungantwort einer P-Strecke mit
0 0 Totzeit
t 0 t
0

Die Totzeit ergibt sich aus der Entfernung l zwischen Stell- und Messort und der kon-
stanten Bandgeschwindigkeit v zu
l
Tt = .
v
94 3 Die Regelstrecke

Übertragungsfunktion, Frequenzgang und Ortskurve des reinen Totzeitgliedes


Im Gegensatz zu den bisher in diesem Kapitel besprochenen Systemen, kann ein Sys-
tem mit Totzeit nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung, sondern nur
durch eine partielle Differentialgleichung beschrieben werden. Einen wesentlich ein-
facheren Zusammenhang zwischen Ein- und Ausgangsgröße gewinnt man im Bildbe-
reich in Form der Übertragungsfunktion.
Unterziehen wir Gl. (3.111) der Laplace-Transformation, so ist


L [ x(t )] = y (t − Tt ) ⋅ e − st dt .
0

Da y (t − Tt ) = 0 für t < Tt , können wir die untere Integrationsgrenze bei t = Tt begin-


nen lassen und erhalten

− st
L [ x(t )] =  y(t − Tt ) ⋅ e dt . (3.112)
Tt

Wir bilden nun folgende Substitution


τ = t − Tt
t = τ + Tt (3.113)
dt = dτ .

Die untere Integrationsgrenze ist für t = Tt τ = 0, die obere τ = ∞. Damit wird



− sτ
L [ x(t )] =  y(τ ) ⋅ e ⋅ e − sTt dτ
0


− sτ
L [ x(t )] = e − sTt  y(τ ) ⋅ e dτ = e − sTt ⋅ L [ y (t )] . (3.114)
0

Aus Gl. (3.114) folgt unmittelbar die Übertragungsfunktion des Totzeitgliedes


x( s )
GS ( s ) = = e − sTt . (3.115)
y(s)

Gl. (3.115) zeigt, dass die Beziehung zwischen Ein- und Ausgangsgröße durch den
Verschiebungssatz der Laplace-Transformation wiedergegeben wird.
Wir erhalten aus Gl. (3.114) den Frequenzgang, in dem wir s = jω setzen
x ( jω )
GS ( jω ) = = e − j ω Tt . (3.116)
y ( jω )
3.8 Strecken mit Totzeit Tt 95

Zur Darstellung der Ortskurve kann GS(jω) in seinen Real- und Imaginärteil zerlegt
werden
GS ( jω ) = e − jω Tt = cos ω Tt − j ⋅ sin ω Tt .

Günstiger ist hier die Darstellung von GS(jω) durch Betrag und Phase
GS ( jω ) = GS ( jω ) ⋅ e − jϕ = 1 ⋅ e − jω Tt , (3.117)

mit GS ( jω ) = 1 und ϕ = −ω Tt . Das heißt, die Ortskurve ist der Einheitskreis, be-
ginnend bei ω = 0 auf der reellen Achse und läuft im Uhrzeigersinn periodisch um,
mit der Kreisfrequenz ω = 2π /Tt. Jeder Punkt der Ortskurve (Bild 3.35) ist also belie-
big vieldeutig.
Im
1,5

ω=
2Tt
π
ω= 0,5
Tt
ω=0
Bild 3.35
− 1,5 − 0,5 0,5 1,5 Re
Ortskurve eines reinen
Totzeitgliedes
π ω
ω=
2Tt − 1,5

In der Elektrotechnik treten Totzeiten verhältnismäßig selten auf, so z. B. bei der An-
schnittsteuerung von Thyristoren, bei der Bildung der Auto- und Kreuzkorrelation
stochastischer Signale sowie bei der Nachrichtenübertragung auf langen elektrischen
Leitungen. Beabsichtigt ist dieser Effekt bei Verzögerungsleitungen (Delay Line) in
der Oszillographen- und Impulstechnik.
Ferner macht sich die Totzeit bei der drahtlosen Nachrichtenübermittlung über große
Entfernungen bemerkbar. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen
Wellen ist gleich der Lichtgeschwindigkeit. Bei den auf der Erde zu überbrückenden
Distanzen spielt die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit noch keine Rolle. Bereits
bei der Entfernung Erde-Mond beträgt die Totzeit ca. 1 s, d. h. eine auf der Erde ge-
sendete Nachricht wird erst 1 s später auf dem Mond empfangen. Eine Antwort kann
erst nach 2 s auf der Erde eintreffen und macht sich bei der Kommunikation schon
unangenehm bemerkbar. Noch größer wird die Diskrepanz, wenn die Nachricht über
eine Entfernung Erde-Mars mit Tt ca. 22,2 min (bei maximaler Entfernung) gesendet
wird.
In der Verfahrenstechnik kommt die Totzeit häufiger vor. Beispiele dafür sind die
Temperartur- und Druckregelstrecken. Eine Wärme- oder Druckleitung kann man als
Reihenschaltung von mehreren P-T1-Strecken darstellen. Im nächsten Abschnitt wird
gezeigt, dass auch eine P-Tn-Strecke sich durch die Totzeit ersetzen lässt.
96 3 Die Regelstrecke

3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung


Vielfach kommen Totzeiten in Verbindung mit Verzögerungen vor, wie im nachfol-
genden Beispiel einer Mischregelstrecke.

• Beispiel 3.11

In den Mischbehälter (Bild 3.36) mit dem Volumen V fließen die Mengen Q1 und Q2 mit den
Konzentrationen C1 und C2. Die Streckenparameter sind:
3
Q1 = 4 l/s V = 0,5 m h= 1m
Q2 = 1 l/s l = 10 m.
Durch das Rührwerk wird im Mischbehälter eine gleichmäßige Durchmischung erreicht mit der
Konzentration Ca. Der Zufluss (Q1 + Q2) sei gleich dem Abfluss Qa und konstant. Dann ergibt
sich für die Konzentrationsänderung im Mischkessel
dC a (t )
Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = V . (3.118)
dt
dC a (t )
Im stationären Zustand ist = 0 und folglich
dt
Q1 C1 (t ) + Q2 C 2 (t ) − Qa C a (t ) = 0 . (3.119)

Q1 , c1 Q2 , c2

V , ca
h
Messfühler
Qa , ca

Bild 3.36 Mischbehälter mit nachfolgender langer Leitung

Ändert sich die Konzentration C1 um Δ C1 = c1 und folglich die Ca um Δ Ca = ca, so wird


d [C a (t ) + ca (t )]
Q1 [C1 (t ) + c1 (t )] + Q2 C 2 (t ) − Qa [C a (t ) + c a (t )] = V . (3.120)
dt
Durch Subtraktion der Gl. (3.118) von Gl. (3.120) ergibt sich
dca (t )
Q1 c1 (t ) − Qa ca (t ) = V
dt
3.9 Regelstrecken mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung 97
bzw. in Normalform
V dc a (t ) Q
+ c a (t ) = 1 c1 (t ) .
Qa dt Qa

Mit den Abkürzungen


Q V
K Ps = 1 = 0,8 und T1 = = 100 s
Qa Qa

erhalten wir die Differentialgleichung


dca (t )
T1 + c a (t ) = K Ps c1 (t ) (3.121)
dt
bzw. die Übertragungsfunktion
c (s) K Ps
GS1 ( s ) = a = . (3.122)
c1 ( s ) 1 + sT1

Die Änderung am Ausgang des Mischkessels wird erst nach Verlauf der Totzeit
l
Tt =
v
am Messort wirksam.
Der Mischkessel ist ein P-T1-Glied mit der Übertragungsfunktion (3.122), während die nachge-
schaltete Rohrleitung eine reine Totzeit mit folgender Übertragungsfunktion darstellt:

GS2 ( s) = e − sTt . (3.123)

Die Gesamtstrecke lässt sich somit durch die Reihenschaltung zweier Glieder (des Verzöge-
rungs- und des Totzeitgliedes) im Wirkungsplan darstellen (Bild 3.37).
K PS − sTt
GS ( s ) = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) = e . (3.124)
1 + sT1
KPS , T1 1, Tt
c1(s) KPS ca(s) c1(t) ca(t)
e
− sTt
1+ sT1

Bild 3.37 Wirkungsplan einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung 1. Ordnung
ca T1

Bild 3.38
Sprungantwort einer Strecke
ca(∞) = KPS⋅ c1
0 mit Totzeit und Verzögerung
1. Ordnung
0 t
Tt
98 3 Die Regelstrecke
Die Sprungantwort des Systems hat den in Bild 3.38 gezeigten Verlauf mit
 0 für t < Tt
 t −Tt
ca (t ) =  −
c10 K Ps [1 − e T1 ] für t ≥ Tt .

• Frequenzgang und Ortskurve

Aus Gl. (3.124) folgt der Frequenzgang des Systems


K Ps
GS ( jω ) = e − j ω Tt . (3.125)
1 + jω T1

Die Ortskurve des Verzögerungsgliedes 1. Ordnung ist ein Halbkreis im vierten Quadranten.
Durch das Totzeitglied wird die Phase zusätzlich um den Winkel ϕ t = −ω Tt gedreht. Es ent-
steht die in Bild 3.39 gezeigte Spirale.

Im
KPS
ω=∞ ω=0
Re Bild 3.39
P-T1 Ortskurve einer Strecke mit Totzeit
ω und Verzögerung 1. Ordnung
s −1
ωT t

GS(jω ) P-T1 mit Tt


99

4 Regeleinrichtungen

Die Regeleinrichtung ist der Teil des Regelkreises, der die zu regelnde Größe der Re-
gelstrecke mit einem vorgegebenen, konstanten Sollwert xsoll bzw. mit einer zeitlich
veränderlichen Führungsgröße w vergleicht und über ein Stellglied die Regelstrecke
so beeinflusst, dass die Regeldifferenz e Null oder möglichst klein wird.
Die Regeleinrichtung enthält mindestens je eine Einrichtung:
1. zum Erfassen der Regelgröße x,
2. zum Vergleich mit dem Sollwert xsoll bzw. der Führungsgröße w,
3. zum Bilden der Reglerausgangsgröße yR bzw. Stellgröße y.
Die Einteilung der Regeleinrichtungen erfolgt nach verschiedenen Gesichtspunkten:
a) Regeleinrichtung ohne und mit Hilfsenergie
Bei den Regeleinrichtungen ohne Hilfs-
energie wird die zum Verstellen des Stell- Qe
gliedes erforderliche Energie von der Re-
gelgröße x über den Messfühler direkt ge-
liefert.
Bild 4.1 zeigt eine Flüssigkeitsstandrege-
Qa
lung mit einer Schwimmer-Regeleinrich-
tung ohne Hilfsenergie. Die Regelgröße
(Flüssigkeitsstand) wirkt auf den Schwim-
mer und dieser verstellt über einen Hebel Bild 4.1 Flüssigkeitsstandregelung mit
die Ventilöffnung des Eingangsventils. Ist einer Regeleinrichtung ohne Hilfsenergie
die abfließende Menge Qa größer als die
zufließende Menge Qe, so fällt der Flüssig-
keitsstand, der Schwimmer öffnet das Ein- u
M
gangsventil und vergrößert damit Qe. Bei
verringertem Verbrauch steigt der Flüssig-
keitsstand und das Ventil wird entspre- Qe
chend geschlossen.
Bild 4.2 zeigt ebenfalls eine Flüssigkeits-
standregelung, allerdings mit einer Re-
geleinrichtung mit Hilfsenergie. Der Qa
Schwimmer formt die Höhendifferenz in
eine analoge elektrische Spannung um, die
dann verstärkt dem Motorventil zugeführt Bild 4.2 Flüssigkeitsstandregelung mit
wird und dieses entsprechend verstellt. Für einer Regeleinrichtung mit Hilfsenergie
Qa > Qe sinkt der Flüssigkeitsstand und die
abgegriffene Spannung hat die gezeichnete

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_4,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
100 4 Regeleinrichtungen

Polarität, das Motorventil öffnet. Dadurch wird Qe größer, der Flüssigkeitsstand steigt
bis u = 0. Ist Qa < Qe, so steigt der Flüssigkeitsstand, die abgegriffene Spannung hat
nun die entgegengesetzte Polarität, d. h. das Motorventil wird geschlossen, was zur
Abnahme des Flüssigkeitsstandes führt und damit zu einer Abnahme der Spannungs-
differenz bis der Motor steht.
b) Stetige und unstetige Regeleinrichtungen
Man unterscheidet ferner zwei unterschiedliche Regeltechniken, die sich im Laufe der
Entwicklung herausgebildet haben:
− mittels stetiger Regeleinrichtung,
− mittels unstetiger Regeleinrichtung.
Als stetig wird eine Regeleinrichtung bezeichnet, wenn die Stellgröße yR im Behar-
rungszustand jeden Wert innerhalb des Stellbereiches annehmen kann. Die in den Bil-
dern 4.1 und 4.2 gezeigten Regeleinrichtungen sind stetig.
Eine Regeleinrichtung wird als unstetig bezeichnet, wenn die Ausgangsgröße yR nur
wenige diskrete Werte annehmen kann.
Bild 4.3 zeigt den Bimetallregler zur Konstanthaltung der Bügeleisentemperatur. Im
kalten Zustand sind die Kontakte und damit der Stromkreis geschlossen. Mit zuneh-
mender Erwärmung krümmt sich die Bimetallfeder nach oben und unterbricht den
Kontakt nach Erreichen einer ganz bestimmten Temperatur. Dreht man die Sollwert-
schraube weiter nach oben, so erhält die Bimetallfeder eine größere Vorspannung und
trennt die Kontakte erst bei einer höheren Temperatur. Bei geöffneten Kontakten
kühlt sich das Bügeleisen sowie die Bimetallfeder ab, bis die Kontakte geschlossen
werden und die Aufheizung erneut beginnt. Damit kann die Stellgröße nur die zwei
Werte EIN und AUS annehmen.

Heizwicklung

Bild 4.3
Bimetall 230 V
Bimetallregler (unstetiger Regler)
zur Konstanthaltung der Bügelei-
sentemperatur
Sollwert

Man bezeichnet solche Regeleinrichtungen als Zweipunktregler. Der Nachteil eines


solchen Zweipunktreglers ist, dass die Regelgröße den Sollwert nicht genau innehält,
sondern um diesen pendelt. Für viele Zwecke ist die Toleranz, mit der der Sollwert
eingehalten wird, vollkommen ausreichend. Gegenüber einem stetigen Regler ist der
Zweipunktregler einfacher im Aufbau und daher billiger. Die unstetigen Regeleinrich-
tungen wurden ursprünglich für Regelaufgaben verwendet, bei denen keine hohen An-
forderungen an die Regeleinrichtung gestellt wurden. Heute werden unstetige Re-
geleinrichtungen in etwas aufwendigerer Form (elektrisch und elektronisch) auch zur
Regelung von schwieriger zu regelnden Regelstrecken eingesetzt.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker 101

4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker


Im Folgenden werden die Grundformen klassischer elektronischer Regler und deren
Aufbau mittels Operationsverstärker behandelt. Solche Operationsverstärker können
aus diskreten Elementen aufgebaut oder als integrierte Linearverstärker in einem ein-
zigen Siliziumkristall (auf einem Chip) untergebracht sein. Verstärker in diskreter
Bauweise enthalten im Allgemeinen verhältnismäßig wenige Transistoren und ihr
Verstärkungsfaktor (V0 > 5000) ist deshalb um eine Größenordnung kleiner als der
von integrierten Operationsverstärkern (V0 > 50 000), die etwa die dreifache Anzahl
an Transistoren aufweisen.
Es soll hier nicht auf den z.T. sehr komplizierten inneren Aufbau von Operationsver-
stärkern eingegangen werden, sondern wir wollen den Operationsverstärker als einen
Gleichspannungsverstärker betrachten, dessen Verstärkung (meist in mehreren Stu-
fen) im Leerlauf V0 beträgt.
Der Operationsverstärker kann näherungsweise durch das in Bild 4.4 gezeigte Ersatz-
schaltbild beschrieben werden.
ir Zr

i1 Z1 ie

Ze Za ia iL
Bild 4.4
uD
Ersatzschaltbild des Opera-
u1
i2 Z2 − tionsverstärkers
+ V0uD
i3 ua ZL
u2 u3
Z3

Die heute zum Einsatz kommenden Operationsverstärker haben einen Ausgangswider-


stand von Ra = 100 Ω. Dieser ist gegenüber von Lastwiderstand ZL und Rückfüh-
rungswiderstand Zr in der Größenordnung > 10 kΩ vernachlässigbar und wird im wei-
teren mit Ra = Za = 0 angenommen. Damit folgt aus dem Ersatzschaltbild:
u1 − u D − u 3 u D u D + u 3 − u a
i 1 = ie + i r  = + (4.1)
Z1 Ze Zr

u 2 − u3 u3 u D
i 2 = i3 − i e  = − (4.2)
Z2 Z3 Ze

u
V0 ⋅ u D = u a  uD = a . (4.3)
V0
102 4 Regeleinrichtungen

Die Ausgangsspannung ua wird durch die Betriebsspannungen begrenzt und liegt in


der Größenordnung von ca. ± 10 V. Gemäß Gl. (4.3) wird für V0 > 5000 die Diffe-
renzspannung uD < 2 mV und somit in den Gln. (4.1) und (4.2) vernachlässigbar. Aus
Gl. (4.1) folgt
u1 1 1  ua
− u3  + =− (4.4)
Z1  Z1 Z r  Zr

und aus Gl. (4.2)


u2  1 1 
− u3  + =0
Z2  Z2 Z3 
bzw.
Z3
u3 = u 2 . (4.5)
Z 2 + Z3

Mit (4.5) in (4.4) erhalten wir schließlich


Z Z Z + Zr
u a = −u1 r + u 2 3 ⋅ 1 . (4.6)
Z1 Z1 Z 2 + Z 3

Aus der Gl. (4.6) lassen sich nun einige Grundschaltungen ableiten.

a) Invertierende Schaltung

Für Z3 = 0 und u2 = 0 wird


Z
u a = −u1 r , (4.7)
Z1

d. h., die Ausgangsspannung ua ist die invertierte Eingangsspannung, gewichtet mit


dem Faktor Zr / Z1 (Bild 4.5). Zur Kompensation des Einflusses des Eingangsruhe-
stroms wird Z3 nicht gleich Null,
Z sondern
r
Z 3 = R3 = Z r Z1/ω =0
Z1
− gewählt.
A
+ Infolge der vernachlässigbaren Diffe-
u1 ua
renzspannung uD ≈ 0, liegt der inver-
tierende Eingang des Operationsver-
stärkers (Punkt A in Bild 4.5) nahezu
auf Massepotential und wird vielfach
Bild 4.5 Invertierende Schaltung
als „virtuelle Masse“ bezeichnet.
4.1 Elektronische Regler mittels Operationsverstärker 103

b) Nichtinvertierende Schaltung
Für u1 = 0 und Z3 = ∞ in Bild 4.4 wird
Z 
ua = u 2  r + 1 (4.8)
 Z1 
mit der in Bild 4.6 gezeigten Schaltung.
Für Zr = 0 und Z1 = ∞ folgt aus Gl. (4.8)
ua = u 2 . (4.8a)

Die sich so ergebende Schaltung hat einen hohen Eingangs- und einen niedrigen Aus-
gangswiderstand.
Zr
Sie wird als Impedanzwandler zur Ent-
kopplung von Netzwerken benutzt.
− Der Widerstand Z2 ist nicht unbedingt
Z2
+ erforderlich. Wählt man
u2 ua Z 2 = R 2 = Z 1 Z r /ω = 0 ,
Z1

so kann auch hier der Einfluss des Ein-


gangsruhestroms kompensiert werden.
Bild 4.6 Nichtinvertierende Schaltung
Zr
c) Differenzschaltung
Z1
Aus (4.6) folgt für Z2 = Z1 und −
Z1
Z3 = Zr die in Bild 4.7 gezeigte u1 +
Schaltung zur Differenzbildung u2 ua
Zr
der beiden Eingangsspannungen
Z
u a = (u 2 − u1 ) r . (4.9) Bild 4.7 Differenzschaltung
Z1

i1 Z1 ir Zr
d) Additionsschaltung
Schaltet man in der in Bild 4.5 i2 Z2
gezeigten Inverterschaltung einen A −
u1
weiteren Eingangswiderstand Z2 u2 +
hinzu (Bild 4.8), so gilt für den ua
Knotenpunkt A (virtuelle Masse)

u1 u 2 u
i1 + i2 = i r  + =− a Bild 4.8 Additionsschaltung
Z1 Z 2 Zr
bzw.
104 4 Regeleinrichtungen

 Z Z 
u a = − u1 r + u 2 r  (4.10)
 Z1 Z2 

und mit Z2 = Z1
Z
u a = −(u1 + u 2 ) r .
Z1
Das heißt, die Ausgangsspannung ist gleich der negativen Summe der beiden Ein-
gangsspannungen multipliziert mit Zr / Z1.

4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises


Bevor wir spezielle Regelkreise betrachten, soll zuvor in allgemeiner Form das Füh-
rungs- und Störverhalten eines Regelkreises ermittelt werden.
Im Bild 4.9 ist der Wirkungsplan eines Regelkreises dargestellt, worin GS(s) die
Übertragungsfunktion der Regelstrecke und GR(s) die Übertragungsfunktion der Re-
geleinrichtung bedeuten.

z
w e yR + y x
GR(s) GS(s) Bild 4.9 Wirkungsplan des
+ +
− Regelkreises

Bei der Beurteilung eines Regelkreises interessieren u.a.:


a) das dynamische Verhalten der Regelgröße x auf eine Sollwertänderung, das so
genannte Führungsverhalten und
b) die dynamische Reaktion der Regelgröße x auf eine Störung, das so genannte
Störverhalten.
Im Idealfall sollte die Regelgröße stets gleich der Führungsgröße sein und eine Stö-
rung sofort kompensiert werden, so dass keine Auswirkung auf die Regelgröße er-
folgt. Beide Forderungen sind nicht realisierbar.

4.2.1 Führungsübertragungsfunktion

Aus dem Wirkungsplan (Bild 4.9) folgt


y R ( s ) = [ w( s ) − x( s )]G R ( s ) (4.11)
und
x( s ) = [ y R ( s ) + z ( s)]GS ( s) . (4.12)

Mit (4.11) in (4.12) folgt


4.2 Führungs- und Störverhalten des geschlossenen Regelkreises 105

x( s ) = {[ w( s ) − x( s)]G R ( s ) + z ( s )]GS ( s)

bzw.
x( s )[1 + GR ( s )GS ( s)] = w( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s)GS ( s ) . (4.13)

Wir betrachten zunächst den Fall, dass für w = w1 x = x1 ist, d. h.


x1 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w1 ( s)G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) . (4.14)

Nehmen wir nun an, dass bei z = konst. w den Wert w2 annimmt, dann wird sich Re-
gelgröße x ebenfalls ändern und wir wollen den neuen Wert mit x2 bezeichnen, so
dass gilt:
x 2 ( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w2 ( s )G R ( s )GS ( s ) + z ( s )GS ( s ) . (4.15)

Subtraktion der Gl. (4.14) von Gl. (4.15) liefert


[ x 2 ( s ) − x1 ( s )] ⋅ [1 + G R ( s )GS ( s )] = [ w2 ( s ) − w1 ( s )] ⋅ G R ( s )GS ( s ) . (4.16)

Betrachten wir nur die Änderungen und bezeichnen diese mit


x = x2 − x1
bzw.
w = w2 − w1,
so wird
x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = w( s )G R ( s )GS ( s ) . (4.17)

Das Verhältnis der Laplace-transformierten Regelgröße zur Führungsgröße wird als


Führungsübertragungsfunktion
x( s ) G R ( s )GS ( s )
Gw (s) = = (4.18)
w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s )
bezeichnet.
Vielfach ist die Aufgabe gestellt, in einem Regelkreis mit mehreren Ein- und Aus-
gangsgrößen die Abhängigkeit zwischen einer bestimmten Ausgangsgröße xa und ei-
ner bestimmten Eingangsgröße xe zu ermitteln. Bezeichnet man den Zweig zwischen
Ein- und Ausgang als den Vorwärtszweig und den zwischen Aus- und Eingangsgröße
als Rückführungszweig, so erhalten wir ganz allgemein
xa ( s) 1
= . (4.19)
xe ( s ) 1
− G Rückf. ( s )
G Vorw. ( s)
Hierbei ist die im Kreis nach Bild 4.9 vorhandene Vorzeichenumkehr zu beachten.
106 4 Regeleinrichtungen

4.2.2 Störübertragungsfunktion

Betrachten wir nun die Änderung der Regelgröße x (Ausgangsgröße) auf eine Ände-
rung der Störgröße z (Eingangsgröße), so können wir nach dem im vorherigen Ab-
schnitt Gesagten sofort die zugehörige Übertragungsfunktion angeben. Im Vorwärts-
zweig liegt GS(s) und im Rückführzweig − GR(s), bedingt durch die Vorzeichenum-
kehr.
Nach Gleichung (4.19) ist dann
x( s ) 1
G z (s) = =
z (s) 1
+ G R ( s)
GS ( s )
bzw.
x( s ) GS ( s)
G z (s) = = (4.20)
z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s )

die gesuchte Störübertragungsfunktion.

4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen


Entsprechend den in Kapitel 3 behandelten Regelstrecken werden auch die Regelein-
richtungen nach ihrem Zeitverhalten unterschieden. Nicht alle Regeleinrichtungen
sind zur Regelung von bestimmten Regelstrecken geeignet. So führt z. B. wie in die-
sem Kapitel gezeigt wird, die Regelung einer I-Strecke mit einer I-Regeleinrichtung
zu Dauerschwingungen. Andere Kombinationen können zur Instabilität führen.

4.3.1 P-Regeleinrichtung

Bild 4.10 zeigt den Wirkungsplan eines Reglers mit e yR


der Regeldifferenz e als Eingangsgröße und der Stell- Regler
größe yR des Reglers als Ausgangsgröße.
Die Bezeichnung P-Regler besagt, dass die Ausgangs- Bild 4.10 Wirkungsplan
des P-Reglers
größe yR proportional der Eingangsgröße e ist:
y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) . (4.21)

KPR ist der Proportionalbeiwert, der in weiten Grenzen eingestellt werden kann. Aus
(4.21) folgt die Übertragungsfunktion des P-Reglers
y ( s)
GR ( s) = R = K PR . (4.22)
e( s )
Die Sprungantwort einer solchen Regeleinrichtung ist, bei Vernachlässigung der im-
mer vorhandenen Verzögerungen, ebenfalls eine Sprungfunktion mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 107

y R (t ) = K PR ⋅ e0 ⋅ σ (t ) . Rr
R1
Bild 4.11 zeigt die technische Realisierung ei- −
nes elektronisches P-Reglers mittels der in Ab- u1
+ ua
schnitt 4.1 behandelten Invertierschaltung. Mit
Zr = Rr und Z1 = R1 folgt aus Gl. (4.7) die Ü-
bertragungsfunktion
y (s) u a (s)
GR (s) = R = = − K PR . (4.23) Bild 4.11 P-Regeleinrichtung mit-
e( s ) u1 ( s) tels Operationsverstärker

Rr = 100 kΩ und R1 = 10 kΩ würde z. B. ein KPR = 10 ergeben. Das negative Vorzei-


chen kann vielfach anderweitig ausgeglichen werden, indem z. B. die Regeldifferenz
nicht positiv, sondern negativ zugeführt wird oder ein nachfolgendes Stellglied eine
weitere Vorzeichenumkehr bewirkt.
• Beispiel 4.1
In Bild 4.12a ist eine pneumatische Regeleinrichtung nach dem Düse-Prallplatte-System ge-
zeigt. Die Regeldifferenz e = w − x bestimmt über den Waagebalken den Abstand h zwischen
Düse und Prallplatte. Durch den mit h veränderlichen Druckabfall an der Auslassdüse wird der
Steuerdruck variiert.
Die statische Kennlinie yR = f(e) bzw. yR = f(h) ist nicht linear (Bild 4.12b). Der Verlauf der
Kennlinie ist abhängig vom Verhältnis des Düsen- zum Vordrosseldurchmesser d / dv. Durch
eine Gegenkopplung kann die Kennlinie linearisiert werden.
yR
Zuluft
a) b)
Vordrossel
Steuerdruck
yR
Austrittsdüse
0 d/4 h
h

Prallplatte Bild 4.12 Pneumatische P-Regel-


einrichtung nach dem
Düse-Prallplatte-System (a) und
w x die statische Kennlinie (b)
Der Durchmesser der Austrittsdüse ist ca. 0,5 ... 1,5 mm. Bei entfernter Prallplatte ist der Aus-
trittsquerschnitt ein Maximum.
Hat die Prallplatte zur Düse den Abstand h, so ist der Ringquerschnitt
AR = d π h
für den Luftaustritt maßgebend. Für h = d / 4 wird
AR = Amax .
Somit verliert die Prallplatte ihre Steuerwirksamkeit für einen Abstand h > d / 4 zur Düse.
108 4 Regeleinrichtungen

4.3.1.1 P-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke


Dynamisch erscheint eine P-Regeleinrichtung ideal zur Regelung geeignet, allerdings
erzeugt sie am Ausgang nur dann eine Stellgröße, wenn eine Regeldifferenz am Ein-
gang vorhanden ist.
Der bezüglich seines Führungs- und KPR z KPS ,T1
yR +
Störverhaltens zu untersuchende Re- w x
e y
gelkreis ist in Bild 4.13 dargestellt, mit
der Übertragungsfunktion der Strecke + +
− GR(s) GS(s)
x( s) K PS
GS ( s ) = = (4.24)
y ( s) 1 + sT1
Bild 4.13 Wirkungsplan des Regelkrei-
und der Regeleinrichtung ses, bestehend aus einer P-T1-Strecke und
einer P-Regeleinrichtung
y ( s)
GR ( s) = R = K PR . (4.25)
e( s )

a) Führungsverhalten
Zur Ermittlung des zeitlichen Verlaufs der Regelgröße x(t) auf eine Sollwertänderung
benutzen wir die in Anschnitt 4.2.1 abgeleitete Führungsübertragungsfunktion (4.18).
Mit den Übertragungsfunktionen (4.21) und (4.25) des Regelkreises ist dann
x( s ) G R ( s )GS ( s ) K PR K PS
Gw (s) = = = . (4.26)
w( s ) 1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + K PR K PS + sT1

Für einen Sollwertsprung


w0
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) =
s
folgt aus (4.26) nach x aufgelöst
K PR K PS 1
x( s ) = ⋅ w0 . (4.27)
1 + K PR K PS  T1 
s 1 + s 
 1 + K PR K PS 

Nach Rücktransformation in den Zeitbereich erhalten wir


t
K PR K PS −
x(t ) = (1 − e T ) w0 , (4.28)
1 + K PR K PS

mit
T1
T= .
1 + K PR K PS
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 109

Wie Bild 4.14 zeigt, wird der vorgegebene Sollwert w0 von der Regelgröße x auch im
stationären Endzustand nicht erreicht. Aus Gl. (4.28) folgt für t → ∞
K PR K PS
x (∞ ) = w0 .
1 + K PR K PS

und die bleibende Regeldifferenz


1
e(∞) = w0 − x(∞) = w0 . (4.29)
1 + K PR K PS
x(t)
e(∞)

K PR K PS Bild 4.14
w0 ⋅ w0 Führungssprungantwort des
1 + K PR K PS
Regelkreises nach Bild 4.13
0
T t

Wie Gl. (4.29) zeigt, kann die bleibende Regeldifferenz durch Vergrößern von KPR
verringert werden. Dies führt jedoch bei Strecken 2. Ordnung zur Verringerung der
Dämpfung und bei Strecken noch höherer Ordnung zur Instabilität des geschlossenen
Regelkreises. Hierin besteht der Hauptnachteil des P-Reglers.
b) Störverhalten
Die Abhängigkeit der Regelgröße x beim Auftreten einer Störgröße ermitteln wir mit
Hilfe der Störübertragungsfunktion (4.20) und den gegebenen Übertragungsfunktio-
nen GR und GS.
x( s ) GS ( s ) K PS
Gz (s) = = = .
z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) 1 + K PR K PS + sT1

Für eine sprungförmige Störgröße mit


z0
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) =
s
wird
t
K PS 1 K PS −
x( s ) = ⋅ ⋅ z0 , x(t ) = (1 − e T ) ⋅ z 0 , (4.30)
1 + K PR K PS s (1 + sT) 1 + K PR K PS

mit
T1
T= .
1 + K PR K PS
110 4 Regeleinrichtungen

Interessiert man sich nur für den stationären Endzustand, so ist es bei komplizierteren
Regelkreisen einfacher x(∞) im Bildbereich mittels des Grenzwertsatzes der Laplace-
Transformation zu ermitteln. Danach ist
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) (4.31)
t →∞ s →0

und es folgt aus (4.30) sofort


K PS s
x(∞) = lim x(t ) = lim ⋅ ⋅ z0
t →∞ s→0 1 + K PR K PS s (1 + sT )

K PS
x(∞) = lim x(t ) = z0 . (4.32)
t →∞ 1 + K PR K PS

Wie Bild 4.15 zeigt, ist auch das Störverhalten nicht voll befriedigend. Die infolge
der Störgröße auftretende bleibende Regeldifferenz kann zwar durch Vergrößern von
KPR verringert, aber nicht vollkommen beseitigt werden.

K PS
T ⋅ z0
x(t) 1 + K PR K PS

Bild 4.15 Störverhalten des


x1 x2 Regelkreises nach Bild 4.13 für
z(t)= z0⋅σ (t)

0
0 t

Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, dass sich ein Regelkreis, bestehend aus ei-
ner P-T2-Strecke und einem P-Regler im stationären Endzustand genauso verhält, aber
die Dämpfung mit zunehmendem KPR verringert wird.

• Beispiel 4.2
x( s ) K PS
Gegeben ist der in Bild 4.16 gezeigte Regelkreis mit GS ( s ) = =
y ( s ) s 2 T22 + s T1 + 1

z y (s)
KPR KPS ,T1 ,T22 GR (s) = R = K PS .
w e yR + y x e( s )
+ +
− GR(s) GS(s)

Bild 4.16 Regelkreis bestehend aus einer P-T2-Strecke und einer P-Regeleinrichtung
KPS = 0,5; KPR = 16; T1 = 3 s; T2 = 1 s
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 111
Gesucht sind:
a) Die Dämpfung D1 der ungeregelten Strecke.
b) Die bleibende Regeldifferenz bei einem Sollwertsprung w(t)= w0⋅σ (t).
c) Die Dämpfung D2 des geschlossenen Kreises.

Zu a):
x( s ) K PS 1 1
GS ( s ) = = ⋅ = K PS β12 .
2 T1 2 2
y ( s ) T2 2
s +s +
1 s + s 2α 1 + β 1
T22 T22

1 T
Mit β1 = und a1 = 1 erhalten wir die Dämpfung der ungeregelten Strecke
T2 2T22
α T
D= = 1 = 1,5 > 1 .
β 2T2
Zu b):
Durch Einsetzen von GR und GS in Gl. (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
x( s ) K PR K PS
Gw (s) = = . (4.33)
2 2
w( s ) s T2 + s T1 + 1 + K PR K PS

Für w(s)= w0 /s ergibt sich


K PR K PS
x( s ) = ⋅ w0 (4.34)
2
s(s T22 + s T1 + 1 + K PR K PS )

und daraus nach dem Grenzwertsatz


x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s )
t →∞ s→0 s→0

K PR K PS
x (∞ ) = ⋅ w0 . (4.35)
1 + K PR K PS

Die bleibende Regeldifferenz


1
e(∞) = w0 − x(∞) = ⋅ w0 (4.36)
1 + K PR K PS

ist identisch mit Gl. (4.29).


Zu c):
Aus Gl. (4.33) folgt
112 4 Regeleinrichtungen

K PR K PS 1
Gw (s) = ⋅ .
T22 T 1 + K PR K PS
s2 + s 1 +
T22 T22

Hierin ist
1 + K PR K PS T1
β 22 = und α 2 = .
T22 2T22

Für den geschlossenen Regelkreis errechnet sich die Dämpfung zu


α T1 D1
D2 = 2 = = (4.37)
β2 2T2 1 + K PR K PS 1 + K PR K PS

D2 = 0,5 < 1 .

Die Gln. (4.36) und (4.37) zeigen, dass die beiden Forderungen bezüglich kleiner bleibender
Regeldifferenz und ausreichender Dämpfung sich widersprechen, so dass vielfach nur ein Kom-
promiss möglich ist.

X Aufgabe 4.1

Gegeben ist der im Bild 4.17 dargestellte z


Regelkreis. KPR KIS
w e yR + y x
Ermitteln Sie:
+ +
a) Die bleibende Regeldifferenz für − GR(s) GS(s)
w(t)= w0⋅σ (t); (z = 0).
b) Die bleibende Regeldifferenz infolge
z(t)= z0⋅σ (t). Bild 4.17 Wirkungsplan des Regelkreises, be-
stehend aus einer I-Strecke und einer P-Regel-
c) Worin unterscheidet sich das
einrichtung
Führungs- und Störverhalten?

4.3.2 I-Regeleinrichtung

Die Bezeichnung I-Regeleinrichtung (integral wirkend) besagt, dass die Stellgröße yR


proportional dem Zeitintegral der Regeldifferenz e = w − x ist:


y R (t ) = K IR e(t )dt (4.38)

oder
dy R (t )
= K IR e(t ) . (4.39)
dt
Aus Gl. (4.39) folgt die Übertragungsfunktion der I-Regeleinrichtung mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 113

y ( s ) K IR
GR (s) = R = . (4.40)
e( s ) s

Insbesondere, wenn Ein- und Ausgangsgröße des Reglers die gleiche Dimension ha-
ben, wird die Zeitkonstante eingeführt:
1
TI = .
K IR

Die Sprungantwort der I-Regeleinrichtung erhalten wir aus Gln. (4.40) mit
z0
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) =
s
K IR
y R (s) = e0
s2
bzw.
y R (t ) = K IR e0 ⋅ t . (4.41)

Wie Bild 4.18 zeigt, steigt die Sprungantwort linear mit der Zeit an und erreicht für
t = l / KIR bzw. t = TI den Wert
y R (TI ) = e0 .

e yR

Bild 4.18 Eingangssprung und


e02 e02 Sprungantwort einer I-Regel-
e01 e01 einrichtung
0 0
0 t 0 TI t

Bild 4.19 zeigt einen elektronischen I-Regler mittels beschaltetem Operationsverstär-


ker (Invertierschaltung).
Betrachten wir die Laplacetransformierten Spannungen, so ist

C
u a ( s) Z (s) 1
=− r =− . R1
u1 ( s ) Z1 ( s ) sCR1

u1 +
Mit TI = CR1 wird ua
y ( s ) u a ( s) 1
GR (s) = R = =− . (4.42)
e( s ) u1 ( s ) sTI Bild 4.19 I-Regeleinrichtung
mittels Operationsverstärker
114 4 Regeleinrichtungen

• Beispiel 4.3
Zur Regelung von Systemen, bei denen
yR hohe Stellkräfte erforderlich sind, wie
w
z. B. bei Walzgerüsten, kommen insbe-
Stellzylinder Steuerzylinder
sondere hydraulische Regeleinrichtungen
zum Einsatz. Die in Bild 4.20 gezeigte
Steuerkolben hydraulische I-Regeleinrichtung soll nur
qualitativ in ihrer Funktionsweise erklärt
werden.
Stellkolben Druckkanal
Der Stellkolben befindet sich in Ruhe-
stellung, wenn der Steuerkolben die Zu-
Saugkanal und Abflüsse der Ölkanäle sperrt (ge-
zeichnete Stellung), d. h. wenn die Kraft
x und die Führungsgröße w gleich sind.
Tritt eine Regeldifferenz auf, z. B. x > w,
so wird sich der Steuerkolben nach oben
x
bewegen, bis infolge der größeren Feder-
kraft wieder ein Gleichgewicht eintritt.
Bild 4.20 Hydraulische I-Regeleinrichtung Dies bewirkt, dass der mittlere Steuer-
kolben den Druckkanal freigibt, der auf
die Unterseite des Stellkolbens wirkt.
Gleichzeitig wird durch den oberen Steuerkolben der Saugkanal freigegeben, so dass das im
oberen Teil des Stellzylinders befindliche Öl abströmen kann. Die Änderungsgeschwindigkeit,
mit der sich der Stellkolben nach oben bewegt, ist proportional der freigegebenen Kanalöffnung
bzw. proportional der Regeldifferenz, konstanter Öldruck vorausgesetzt.
dy R (t )
~ e(t)
dt
bzw.


y R (t ) = K IR e(t )dt .

4.3.2.1 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke

KIR z KPS ,T1 Regelstrecke und Regeleinrichtung


w e yR
+ y x sind zu einem Regelkreis gemäß Bild
4.21 zusammengeschaltet.
+ +
− GR(s) GS(s) Im Folgenden soll wieder das Füh-
rungs- und Störverhalten untersucht
werden.
Bild 4.21 Regelkreis gebildet aus einer P-T1-
Strecke und einer I-Regeleinrichtung

a) Führungsverhalten
Ausgehend von der Führungsübertragungsfunktion Gl. (4.18) erhalten wir für das Sys-
tem nach Bild 4.21
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 115

x( s) G R ( s )GS ( s ) K IR K PS
Gw (s) = = = . (4.43)
w( s) 1 + G R ( s )GS ( s ) s T1 + s + K IR K PS
2

Wie Gl. (4.43) zeigt, ist die Ordnung des geschlossenen Kreises um Eins höher als die
der ungeregelten Strecke. Indem wir in Gl. (4.43) den Koeffizienten der höchsten Po-
tenz von s des Nennerpolynoms zu Eins machen, erhalten wir mit den Abkürzungen
K IR K PS 1
β2 = und α=
T1 2T1

x( s ) β2
Gw (s) = = . (4.44)
w( s ) s 2 + s ⋅ 2α + β 2

Ein Maß für die Dynamik des Systems ist die Dämpfung
α 1
D= = . (4.45)
β 2 K IR K PST1

Wir sehen aus (4.45), dass durch Vergrößern von KIR die Dämpfung verringert wird
und für D < 1 zu gedämpften Schwingungen führt.
Der stationäre Endzustand der Regelgröße x bei Annahme einer sprungförmigen Füh-
rungsgröße
w0
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) =
s
bestimmt sich aus Gl. (4.43) zu
w0
x( s ) = Gw ( s ) ⋅ w( s ) = Gw ( s ) ⋅
s
und mittels Grenzwertsatz erhalten wir
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w (s)
t →∞ s→0 s→0

x(∞) = w0 .

Das heißt, die bleibende Regeldifferenz


e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . (4.46)

b) Störverhalten
Ganz entsprechend erhalten wir mit der Störübertragungsfunktion Gl. (4.20) und den
gegebenen Übertragungsfunktionen GR und GS
x( s) GS ( s ) s ⋅ K PS
Gz ( s ) = = = . (4.47)
z ( s ) 1 + GR ( s )GS ( s ) s T1 + s + K IR K PS
2
116 4 Regeleinrichtungen

Die Nenner Gz und Gw (Gl. (4.47) und Gl. (4.43)), die das dynamische Verhalten ei-
nes Systems bestimmen, sind gleich und ebenso die Dämpfung. Mit den Abkürzungen
2
β = KIRKPS/T1 und α = 1/2 T1 erhalten wir
x( s ) K PS s
Gz ( s) = = ⋅ (4.48)
z(s) T1 s 2 + s ⋅ 2α + β 2

und
α 1
D= = . (4.49)
β 2 K IR K PST1

Für einen Störsprung


z0
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) =
s
wird
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 . (4.50)
t →∞ s→0

Das heißt, der Einfluss der Störgröße wird vollkommen beseitigt.


Das untersuchte System zeigt bei Führung und Störung das gleiche dynamische Ver-
halten. Wie in diesem Kapitel noch gezeigt werden wird, ist das nicht generell so. Es
kann vorkommen, dass im Zähler- und Nennerpolynom von Gw oder Gz gemeinsame
Linearfaktoren enthalten sind, die sich herauskürzen und somit die Ordnung des Sys-
tems reduzieren.
Der Vorteil der I-Regeleinrichtung besteht darin, dass nur eine vorübergehende, keine
bleibende Regeldifferenz auftritt. Trotz bestehender Störgröße wird nach abgeschlos-
senem Regelvorgang der Sollwert wieder erreicht. Nachteilig ist, dass mit zunehmen-
dem I-Einfluss (größerem KIR) die Dämpfung kleiner wird.
• Beispiel 4.4
-1
Für den Regelkreis nach Bild 4.21, mit KIR = 0,1 s
KPS = 2
T1 = 20 s
soll das Führungsverhalten von x(t) für w(t) = w0⋅σ (t) ermittelt werden. Nach Gl. (4.45) ergibt
sich die Dämpfung zu
α 1
D= = = 0,25 <1
β 2 K IR K PST1
und

1 K IR K PS
α= = 0,025 s −1 ; β= = 0,1 s −1 .
2T1 T1
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 117
Dass heißt, dass die Regelgröße gedämpfte Schwingungen ausführen wird.
Zur Bestimmung der Sprungantwort lösen wir die Übertragungsfunktion (4.44) nach x(s) auf

β2 w
x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) = ⋅ 0
s 2 + s ⋅ 2α + β 2 s

und erhalten unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle


  α 
x(t ) = 1 − e − α t  cos ωet + sin ωet   ⋅ w0 (4.51)
  ωe  
x(t) mit dem in Bild 4.22 gezeigten
Verlauf der Sprungantwort. In
Gl. (4.51) ist
ωe = β 2 − α 2

w0
ω e = 0,0968 s −1
die Eigenkreisfrequenz des ge-
dämpften Systems.
t
Bild 4.22 Führungssprungantwort des Regelkreises mit I-Regler

4.3.2.2 I-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke

Dass eine I-Regeleinrichtung zur Re-


KIR z KIS gelung einer I-Strecke (Bild 4.23) un-
w e yR + y x geeignet ist, lässt sich leicht zeigen.
+ + Die Übertragungsfunktion der Regel-
− GR(s) GS(s) strecke lautet:
x( s ) K IS
GS ( s ) = = (4.52)
Bild 4.23 Regelkreis gebildet aus einer y(s) s
I-Strecke und einer I-Regeleinrichtung
und entsprechend für den Regler
y ( s ) K IR
GR (s) = R = . (4.53)
e( s ) s
Setzen wir (4.52) und (4.53) in die Führungsübertragungsfunktion (4.18) ein, so folgt
x( s ) K IR K IS
Gw (s) = =
2
w( s ) s + K IR K IS
2
bzw. mit β = KIRKPS
x( s ) β2
Gw (s) = = . (4.54)
w( s ) s 2 + β 2
118 4 Regeleinrichtungen

Wie der Nenner (4.54) zeigt, fehlt der die Dämpfung mitbestimmende Faktor α , d. h.
α
D= =0.
β

Zur Ermittlung der Sprungantwort lösen wir (4.54) nach x(s) auf und erhalten mit
w0
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) =
s
1
x( s ) = β 2 w0 . (4.55)
s (s + β 2 )
2

Unter Verwendung der Beziehung 13 der Korrespondenztabelle folgt mit α = 0


x(t ) = (1 − cos β t ) ⋅ w0 . (4.56)

Die Sprungantwort zeigt, was aufgrund D = 0 zu erwarten war, eine Dauerschwingung


um den Mittelwert w0 mit der Kreisfrequenz des ungedämpften Systems
β = K IR K IS

und bestätigt die eingangs gemachte Feststellung über die Unverträglichkeit einer I-
Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke.
X Aufgabe 4.2
Ermitteln Sie für den in Bild 4.23 gezeigten Regelkreis die Sprungantwort x(t) auf eine Störung
z(t) = z0⋅σ (t). Wie groß ist die mittlere bleibende Regeldifferenz?

4.3.3 PI-Regeleinrichtung

Es liegt nahe, die in Abschnitt 4.3.1 und 4.3.2 behandelten P- und I-Regler zu einer
Regeleinrichtung zu kombinieren, ihre spezifischen Vorteile zu nutzen und ihre
Nachteile zu unterdrücken.
Die Bezeichnung PI (proportional-integral wirkend) besagt, dass die Ausgangsgröße
einer PI-Regeleinrichtung gleich der Addition der Ausgangsgrößen einer P- und einer
I-Regeleinrichtung ist und durch folgende Gleichung beschrieben wird.


y R (t ) = K PR ⋅ e(t ) + K I ⋅ e(t )dt . (4.57)

Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, anstelle des Parameters KI die Zeitkonstante
Tn = KPR/KI einzuführen und Gl. (4.57) in der folgenden Form anzugeben
 1 
y R (t ) = K PR e(t ) +
 T n
 e(t )dt  . (4.58)

Hierin sind KPR der Proportionalbeiwert und Tn die Nachstellzeit, die beiden einstell-
baren Parameter des Reglers.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 119

• Sprungantwort

e yR
Die Sprungantwort der PI-Regel-
KPR e0 einrichtung für
e(t ) = e0 ⋅ σ (t )
e0 KPR e0
0
t
folgt unmittelbar aus Gl. (4.58)
0 Tn Tn t
 t 
y R (t ) = K PR e0 1 +  (4.59)
Bild 4.24 Eingangssprung und Sprungantwort  Tn 
einer PI-Regeleinrichtung
mit dem in Bild 4.24 gezeigten
Verlauf.
Die Steigung der Sprungantwort ist
dy R (t ) K PR
= e0 = konstant.
dt Tn

Aus Gl. (4.58) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion der PI-
Regeleinrichtung
y ( s)  1 
GR ( s) = R = K PR 1 + . (4.60)
e( s )  sTn 

• Frequenzgang und Ortskurve


Gl. (4.60) liefert mit s = jω den Frequenzgang der PI-Regeleinrichtung
y R ( jω )  1 
GR ( jω ) = = K PR 1 +  , (4.61)
e( j ω )  jω Tn 
dessen Real- und Imaginärteil wie
Im folgt lauten
KPR
ω=∞ Re(G R ) = K PR
45° Re
KPR K PR
Im(GR ) = − .
1 ω Tn
ω=
Tn
ω Variiert man ω von 0 ... ∞, so er-
hält man den in Bild 4.25 gezeig-
ten Ortskurvenverlauf, eine Paral-
lele zur negativ imaginären Achse.
Bild 4.25 Ortskurve eines PI-Reglers

Bild 4.26 zeigt die technische Realisierung eines elektronischen PI-Reglers mittels
Inverterschaltung.
120 4 Regeleinrichtungen

Mit der Rückführimpedanz Zr(s) = R2 + 1/sC und der Eingangsimpedanz Z1(s) = R1


folgt aus Gl. (4.7) die Übertragungsfunktion
u ( s) Z ( s) R  1 
GR (s) = a =− r =− 2 1 +  . (4.62)
u e (s) Z1 ( s ) R1  sCR 2 
Ein Vergleich von (4.62) mit (4.60) zeigt, dass
R
K PR = 2 und Tn = CR 2
R1

ist. Da R2 sowohl KPR als auch Tn beeinflusst, wird man KPR durch R1 und Tn durch
C verändern.
1
R2 sC
R1 Bild 4.26
V.M. −
PI-Regeleinrichtung mittels Operati-
ue + onsverstärker
ua

X Aufgabe 4.3
Entwerfen Sie eine PI-Regeleinrichtung, in der der P-Anteil und der I-Anteil durch die in den
Bildern 4.11 und 4.19 gezeigten Schaltungen getrennt erzeugt werden und deren Ausgänge mit-
tels eines Summierers (Bild 4.8) gemäß Gl. (4.60) addiert werden.
Welche Elemente bestimmen KPR und Tn ?

4.3.3.1 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T1-Strecke


Anhand des Wirkungsplanes (Bild 4.27) soll das Führungs- und Störverhalten unter-
sucht werden.

KPR ,Tn z K ,T
PS 1
w e yR + y x
Bild 4.27 Regelkreis bestehend aus
+ +
− GR(s) GS(s) einer P-T1-Strecke und einer PI-
Regeleinrichtung

a) Führungsverhalten
Die Übertragungsfunktion der Strecke ist mit
x( s) K PS
GS ( s ) = = (4.63)
y ( s) 1 + sT1
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 121

gegeben. Für die Regeleinrichtung lautet die Übertragungsfunktion nach Gl. (4.60)
y (s) 1 + sTn
GR (s) = R = K PR . (4.64)
e( s ) sTn

Mit (4.63) und (4.64) in (4.18) eingesetzt, erhalten wir die Führungsübertragungs-
funktion
x( s) 1
Gw (s) = = (4.65)
w( s ) (1 + sT1 ) sTn
+1
K PR K PS (1 + sTn )

bzw.
x( s ) K PR K PS (1 + sTn )
Gw (s) = = . (4.66)
w( s ) (1 + sT1 ) sTn + K PR K PS (1 + sTn )

Wählen wir in (4.66) den Regelparameter Tn = T1, so wird


x( s ) K PR K PS (1 + sT1 )
Gw (s) = = . (4.67)
w( s ) (1 + sT1 )( K PR K PS + sT1 )

Dieser Ausdruck zeigt, dass Zähler und Nenner den gleichen Linearfaktor besitzen,
der sich herauskürzt und die Ordnung des Systems um Eins auf ein System 1. Ord-
nung reduziert.
x( s ) K PR K PS
Gw (s) = = . (4.68)
w( s ) K PR K PS + sT1

Für Tn ≠ T1 wird die Dämpfung des Regelkreises


α 1 + K PR K PS Tn
D= = . (4.69)
β 2 K PR K PST1

Zur Beurteilung des stationären Verhaltens ermitteln wir für w(t) = w0⋅σ (t) den End-
wert von x(t) mittels Grenzwertsatz.
lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = w0 ⋅ lim Gw ( s ) = w0 .
t →∞ s→0 s→0

Die bleibende Regeldifferenz wird unabhängig vom gewählten Tn stets gleich Null
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .

b) Störverhalten
Setzen wir (4.63) und (4.64) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein, so erhalten
wir
122 4 Regeleinrichtungen

x( s ) sTn K PS
Gz (s) = = (4.70)
2
z ( s) s Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS

bzw.
x( s ) sK PS
Gz ( s) = = . (4.71)
z ( s)  1 + K PR K PS K PR K PS 
T1  s 2 + s + 
 T1 Tn T1 

Im Gegensatz zum Führungsverhalten kommt in Gz(s) kein gemeinsamer Linearfaktor


im Zähler und Nenner von Gl. (4.71) vor, so dass das System stets von 2. Ordnung ist.
Lediglich für Tn → ∞ bzw. D → ∞ wird der Regelkreis zu einem System 1. Ordnung.
Die Regeleinrichtung hat dann aber kein PI-, sondern nur noch P-Verhalten.
Der das dynamische Verhalten des Systems bestimmende Nenner von Gz ist für
Tn ≠ T1 identisch mit dem von Gw. Mit
1 + K PR K PS K PR K PS
α= und β =
2 T1 Tn T1

erhalten wir wie in Gl. (4.69)


α 1 + K PR K PS Tn
D= = . (4.72)
β 2 K PR K PST1

Die Nullstelle s = 0 von Gz(s) sorgt dafür, dass die bleibende Regeldifferenz infolge
einer Störung verschwindet. Für
z
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) = 0
s
folgt aus Gl. (4.71)
1
x( s ) = K PS ⋅ z0
T1 ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
2

und
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = 0 .
t →∞ s →0

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine PI-Regeleinrichtung, im Gegensatz zum


P-Regler, keine bleibende Regeldifferenz verursacht. Gegenüber dem reinen I-Regler
wird die Dämpfung durch den zusätzlichen P-Anteil größer.
Bei Strecken höherer Ordnung führt allerdings die Vergrößerung von KPR ebenfalls
zur Verringerung der Dämpfung oder sogar zur Instabilität.
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 123

• Beispiel 4.5
Unter Verwendung der gleichen Kenngrößen wie in Beispiel 4.4 sollen im Folgenden die Vor-
züge der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung aufgezeigt werden.
Für den in Bild 4.27 gezeigten Regelkreis mit
-1
KPS = 2; T1 = 20 s; KI = 0,1 s
und der zusätzlichen Annahme von KPR = 2,5 wird
K PR
Tn = = 25 s .
KI

Die Dämpfung ergibt für das Führungs- und Störverhalten den gleichen Wert
α
D= = 1,5 > 1 .
β
1 + K PR K PS K PR K PS
mit α = = 0,15 s −1 und β = = 0,1 s -1 .
2 T1 TnT1
Für
w
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) = 0
s
folgt aus Gl. (4.66)

β 2 (1 + sTn )
x( s ) = w0 (4.73)
s ( s 2 + s ⋅ 2α + β 2 )

 β2 β 2 Tn 
x( s ) =  +  w0 . (4.74)
2 2 2 2
 s ( s + s ⋅ 2α + β ) s + s ⋅ 2α + β 
Da D > 1 ist, ergeben sich zwei reelle Pole

s1,2 = −α ± α 2 − β 2 = −α ± w

s1 = −0,0382 s -1

s 2 = −0,2618 s -1 .
Die Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle liefern zu Gl. (4.74) im Zeitbereich
 s s β 2Tn s1 t 
x(t ) = 1 + 2 e s1 t − 1 e s2t + (e − e s2 t ) w0
 2 w 2w 2w 

 s + β 2Tn s t s1 + β 2Tn s t 
x(t ) = 1 + 2 e1 − e 2  w0
 2w 2w 
124 4 Regeleinrichtungen

x(t) und mit den Zahlenwerten

 −0,2618 
t t
x(∞)= w0 −0,0382
x(t ) = 1 − 0,0528e s − 0,9472e s w .
  0
0  
0 t
In Bild 4.28 ist der Verlauf der Sprungantwort gezeigt.
Bild 4.28 Im Gegensatz zur Regelung mit einem I-Regler
Führungssprungantwort des (Bild 4.22) tritt durch die Hinzunahme des P-Anteils
Regelkreises mit PI-Regler kein Überschwingen auf.

X Aufgabe 4.4
Das Störverhalten des in Bild 4.27 dargestellten Regelkreises wird durch die Übertragungsfunk-
tion (4.71) beschrieben. Für welches KPR wird bei Tn = T1 die Dämpfung D ein Minimum und
wie groß ist dieses?

4.3.3.2 PI-Regeleinrichtung zur Regelung einer I-Strecke

An die Stelle der P-T1-Strecke in Bild 4.27 tritt nun eine I-Regelstrecke mit der Über-
tragungsfunktion
x( s ) K IS
GS ( s ) = = . (4.75)
y(s) s

Die Übertragungsfunktion der PI-Regeleinrichtung ist durch Gl. (4.60) gegeben


yR ( s ) 1 + sTn
GR ( s) = = K PR . (4.76)
e( s ) sTn

In Abschnitt 4.3.2.2 wurde gezeigt, dass die Regelung einer I-Strecke durch eine I-
Regeleinrichtung, infolge verschwindender Dämpfung D = 0, nicht möglich ist. Mit
(4.75) und (4.76) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
x( s ) K PR K IS (1 + sTn )
Gw ( s ) = = (4.77)
w( s )  K K 
Tn  s 2 + sK PR K IS + PR IS 
 Tn 

und für das Störverhalten gemäß Gl. (4.20)


x( s ) s ⋅ K IS
Gz ( s ) = = . (4.78)
z ( s ) s 2 + sK K + K PR K IS
PR IS
Tn

Sowohl für das Führungs- wie auch für das Störverhalten ergibt sich mit
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 125

K PR K IS K PR K IS
α= und β=
2 Tn

die Dämpfung des Systems zu


α 1
D= = K PR K ISTn . (4.79)
β 2
Auch hier zeigt sich der Vorteil der PI- gegenüber der I-Regeleinrichtung. Während
erstere im Zusammenwirken mit einer I-Strecke nur aperiodische Sprungantworten
oder gedämpfte Schwingungen ausführen kann, führt die zweite mit einer I-Strecke zu
unvertretbaren Dauerschwingungen. Ferner sieht man mittels des Grenzwertsatzes,
dass für eine sprunghafte Erregung der Führungsgröße w(t) = w0⋅σ (t)
lim x(t ) = lim s ⋅ w( s ) ⋅ Gw ( s ) = lim Gw ( s ) ⋅ w0 = w0 ,
t →∞ s→0 s→0

d. h. die bleibende Regeldifferenz e(∞) wird Null.


Ebenso erhalten wir für einen Störsprung z(t) = z0⋅σ (t)
lim x(t ) = lim s ⋅ z ( s ) ⋅ Gz ( s ) = z0 ⋅ lim Gz ( s ) = 0 .
t →∞ s→0 s→0

Die bleibende Regeldifferenz wird hier ebenfalls Null trotz bestehender Störung.

4.3.4 D-Verhalten

Das im Folgenden beschriebene D-Glied (differenzierend wirkend) ist allein zur Re-
gelung ungeeignet. Kombiniert man den D-Einfluss mit anderen Zeitverhalten, so ge-
langt man zu Regeleinrichtungen mit PD- bzw. PID-Verhalten.
Bei einem realen D-Glied ist die Ausgangsgröße xa proportional dem zeitlichen Diffe-
rential der Eingangsgröße xe
dxe (t )
xa (t ) ~
dt
bzw.
dx e (t )
xa (t ) = K D ⋅ . (4.80)
dt
Der Proportionalitätsfaktor in (4.80) wird als Differenzierbeiwert KD bezeichnet. Aus
Gl. (4.80) folgt durch Laplace-Transformation die Übertragungsfunktion des D-Glie-
des
x ( s)
y R (s) = a = KD ⋅ s . (4.81)
xe ( s )
126 4 Regeleinrichtungen

Systeme, die durch eine Übertragungsfunktion beschrieben werden, deren Zähler von
höherer Ordnung ist als der Nenner, sind physikalisch nicht realisierbar. Theoretisch
ermitteln wir für einen Sprung der Eingangsgröße
xe 0
xe (t ) = xe 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ xe ( s ) =
s
aus Gl. (4.81) die Sprungantwort
xa ( s ) = K D ⋅ xe 0

 0 für t ≠ 0
xa (t ) = K D ⋅ x e 0 ⋅ δ (t ) =  (4.82)
 ∞ für t = 0.

Bild 4.29 zeigt die Sprungantwort eines idealen D-Gliedes, die man sich auch durch
formales Bilden der Ableitung des Eingangssprungs entstanden denken kann.
Die Steigung des idealen Sprungs
ist für t = 0 gleich Unendlich und xe xa
für t > 0 gleich Null.
Bild 4.30 zeigt einen beschalteten
xe0
Operationsverstärker zur angenä- 0 0
herten Differentiation. 0 t 0 t

1 Bild 4.29 Eingangssprung und Sprung-


sC2 antwort eines idealen D-Gliedes

1 R2
R1 sC1
− Bild 4.30 D-T1-Glied bzw. D-T2-Glied
xe (s) + xa(s) zur angenäherten Differentiation

Die Übertragungsfunktion der in Bild 4.30 dargestellten Invertierschaltung lautet:


a) ohne C2
x (s) Z (s) R2 sC1 R2
GD (s) = a =− r =− =− (4.83)
xe ( s ) Z1 ( s ) 1 1 + sC1 R1
R1 +
sC1
b) mit C2
x (s) sC1 R2
GD (s) = a =− . (4.84)
xe ( s) (1 + sC1 R1 )(1 + sC 2 R2 )
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 127

Gl. (4.83) stellt eine Differentiation mit Verzögerung 1. Ordnung dar, weil GD(s) als
Reihenschaltung eines idealen D-Gliedes und eines P-T1-Gliedes aufgefasst werden
kann. Entsprechend ergibt sich Gl. (4.84) durch Reihenschaltung eines D-Gliedes und
eines P-T2-Gliedes. Man könnte versucht sein, die Differenzierschaltung nach Bild
4.30 ohne den Widerstand R1 zu betreiben und würde aus Gl. (4.83) für R1 = 0
xa ( s)
= − sC1 R2 ,
xe ( s )

ein ideales D-Glied erhalten. Eine solche Schaltung führt jedoch zu einem verrausch-
ten Ausgangssignal, da die immer vorhandenen hochfrequenten Störsignale (Rau-
schen) am Ausgang verstärkt erscheinen.
Im 1
Das heißt, der Widerstand R1 ist ω D-T1 ω=
T1
unbedingt zur Glättung erforderlich
D
und vielfach noch nicht ausreichend,
so das man gezwungen ist, zur weite- ω
ren Glättung einen zweiten Konden- ω=0 ∞ Re
sator C2 parallel zu R2 zu schalten, ω=∞ 1
wobei die beiden Zeitkonstanten ω=
T1T2
R1C1 und R2C2 gleich groß gewählt D-T2
werden.
Bild 4.31 zeigt die Ortskurven der Bild 4.31 Ortskurven des D-, D-T1- und
D-, D-T1- und D-T2-Glieder. D-T2-Gliedes

4.3.5 PD-Regeleinrichtung

Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird bereits während des Entstehens einer Re-
geldifferenz, bevor diese sich voll ausgewirkt hat, eine Stellgröße erzeugt und somit
die Regelung schneller.
Bei einer PD-Regeleinrichtung entspricht die Stellgröße yR einer Addition der Aus-
gangsgrößen eines P- und eines D-Gliedes. Die Differentialgleichung lautet demzu-
folge
de(t )
y R (t ) = K PR e(t ) + K D
dt
bzw.
 K de(t ) 
y R (t ) = K PR e(t ) + D  (4.85)
 K PR dt 

mit KPR Proportionalbeiwert


KD Differenzierbeiwert.
128 4 Regeleinrichtungen

Den Quotienten
KD
= Tv
K PR

bezeichnet man als die Vorhaltzeit und erhält damit


 de(t ) 
y R (t ) = K PR e(t ) + Tv . (4.86)
 dt 

Hierin sind KPR und Tv die beiden an realen Regeleinrichtungen einstellbaren Para-
meter. Die Übertragungsfunktion der idealen PD-Regeleinrichtung folgt aus Gl. (4.86)
durch Laplace-Transformation
y (s)
GR ( s) = R = K PR (1 + sTv ) . (4.87)
e( s )

Auch hier gilt, dass ein solches System gemäß Gl. (4.87), bei dem die Ordnung des
Zählers höher ist als die des Nenners, physikalisch nicht realisierbar und immer mit
einer Verzögerung behaftet ist. Vielfach kann jedoch diese Verzögerung gegenüber
den anderen im Regelkreis vorhandenen Zeitkonstanten vernachlässigt und mit der
idealen Übertragungsfunktion (4.87)
e yR gerechnet werden. Die theoretisch
sich ergebende Sprungantwort für
e
KPR e0 e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) c−−¦ e( s ) = 0
e0 s
0 0
0 t 0 t folgt aus Gl. (4.87)
1 
Bild 4.32 Eingangssprung und Sprungantwort y R ( s ) = K PR  + Tv  ⋅ e0
der idealen PD-Regeleinrichtung s 

 ∞ für t = 0
y R (t ) = K PR [1 + Tvδ (t )] ⋅ e0 ==  (4.88)
 K PR e0 für t > 0

mit dem in Bild 4.32 gezeigten Verlauf.


Zur technischen Realisierung einer PD-Regeleinrichtung können der P- und D-T1-
Anteil parallel mit den Schaltungen nach Bild 4.11 und 4.30 erzeugt und die Ausgän-
ge mittels eines Summierers nach Bild 4.8 addiert werden.
Bild 4.33 zeigt eine Schaltung, die mit nur einem Operationsverstärker auskommt.
Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des beschalteten Operationsverstärkers nach
Bild 4.33 ist es zweckmäßig, infolge des in der Rückführung liegenden T-Gliedes, von
den Strömen auszugehen. Für den Knotenpunkt V.M. gilt
i 1 ( s ) = i 2 ( s ) = i3 ( s ) + i 4 ( s ) . (4.89)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 129

Rr /2 Rr /2

i2 (s) i3 (s) C i4 (s)


Rp
i1 (s) R
1 Bild 4.33 PD-T1-Regeleinrichtung
V.M. − mittels Operationsverstärker
e(s) + yR(s)

Da der invertierende Eingang des Operationsverstärkers wieder als "virtuelle Masse"


angesehen werden kann, folgt:
e( s )
i1 ( s ) = (4.90)
R1

 Rr 
1  2 
i2 ( s ) = − y R ( s ) − + 1 . (4.91)
Rr  1   Rr + R + 1 
 Rp + 
 2 
p
Rr 2  sC  sC
+
2 Rr 1
+ Rp +
2 sC

Nach einigen Umformungen folgt aus Gl. (4.91) die Übertragungsfunktion der PD-T1-
Regeleinrichtung
R 
1 + sC  r + Rp 
y (s) R  4 
GR (s) = R =− r . (4.92)
e( s ) R1 1 + sCRp

Mi den Abkürzungen
R R 
K PR = r ; Tv = C  r + R p  ; T1 = CR p (4.93)
R1  4 

erhalten wir
y (s) 1 + sTv
GR ( s) = R = − K PR . (4.94)
e( s ) 1 + sT1

Die reale PD-T1-Regeleinrichtung nach Gl. (4.94) geht für Rp = 0 bzw. T1 = 0 in den
idealen PD-Regler nach Gl.(4.87) über. Dieser Fall ist aber wegen des sonst auftre-
tenden verrauschten Ausgangssignals nicht möglich. Die so genannte parasitische
Zeitkonstante T1, die die Verzögerung bewirkt, wird von Rp bestimmt und sollte mög-
lichst klein gegenüber Tv sein.
130 4 Regeleinrichtungen

• Sprungantwort
Zur Ermittlung der Sprungantwort des PD-T1-Reglers lösen wir die Gl. (4.94) nach
yR(s) auf und erhalten bei Vernachlässigung des negativen Vorzeichens mit
e
e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) c−−¦ e( s ) = 0
s
K PR e0 1 + sTv
y R (s) = ⋅ . (4.95)
T1 1 
s  + s 
 T1 
Die Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz ergibt
 t 
K PR   T  − T1 
y R (t ) = ⋅ T1 − T1 1 − v  e
 e0 (4.96)
T1
  T1  

bzw.
 t 
  Tv  − T1 
y R (t ) = K PR 1 +  − 1 e  e0 . (4.97)
  1 
T


Bild 4.34 zeigt die entsprechende Sprungantwort.

e yR Tv
KRP e
T1 0
Bild 4.34 Eingangssprung
e0 T1 KPR e0 und Sprungantwort eines
0 0 PD-T1-Reglers
0 t 0 t

• Frequenzgang und Ortskurve


Vernachlässigen wir in Gl. (4.94) das durch die invertierende Wirkung der Schaltung
(Bild 4.33) bedingte negative Vorzeichen, so erhalten wir daraus den Frequenzgang
y R ( jω ) 1 + jω Tv
GR ( jω ) = = K PR . (4.98)
e( j ω ) 1 + jω T1
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 131

Die Zerlegung in Real- und Imaginärteil ω 1


Im ω=
ergibt: PD-T1 T1
PD
1 + ω 2T1Tv
Re (GR ) = K PR (4.99) ω
1 + (ω T1 ) 2 KPR
Re
ω (Tv − T1 ) ω=∞ ω=0 ω=∞
Im (GR ) = K PR (4.100)
1 + (ω T1 ) 2 T
K PR v
T1
In Bild 4.35 sind die Ortskurvenverläufe PD-T2
des PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes dar- ω
gestellt.
Bild 4.35 Ortskurvenverlauf des
PD-, PD-T1- und PD-T2-Gliedes

PD-T1-Glied: PD-T2-Glied:

ω Re (GR) Im (GR) ω Re (GR) Im (GR)

0 K PR 0 0 K PR 0

1 K PR  Tv  K PR  Tv  Tv − T1 T
1 +   − 1 K PR v 0
T1 2  T1  2  T1  T22Tv T1
T 1 T T
K PR v K PR v − K PR 2
∞ T1 0 T2 T1 T1
∞ 0 0

X Aufgabe 4.5
Die Differentialgleichung eines PD-T2-Gliedes lautet

T22 yR (t ) + T1 y R (t ) + y R (t ) = K PR [e(t ) + Tv e(t )] .

Gesucht ist der Verlauf der Ortskurve, insbesondere für ω = 0 und ω = ∞ sowie die eventuellen
Schnittpunkte mit den Achsen.

4.3.5.1 PD-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke


Im Gegensatz zu den Abschnitten 4.3.2.1 und 4.3.3.1 soll im Folgenden der in Bild
4.36 gezeigte Regelkreis, in dem eine P-T2-Strecke von einer PD-Regeleinrichtung
geregelt wird, auf sein Führungs- und Störverhalten untersucht werden.
132 4 Regeleinrichtungen

a) Führungsverhalten

KPR ,Tv z KPS ,T1 ,T22


yR + x Bild 4.36 Regelkreis bestehend
w e y
aus einer P-T2-Strecke und einer
+ + PD-Regeleinrichtung
− GR(s) GS(s)

Die Übertragungsfunktionen der Strecke und der Regeleinrichtung lauten (Bild 4.36):
x( s ) K PS
GS ( s ) = = (4.101)
y ( s) s 2T22 + sT1 + 1

y (s)
GR (s) = R = K PR (1 + sTv ) . (4.102)
e(s)
Mit (4.101) und (4.102) in (4.18) erhalten wir die Führungsübertragungsfunktion
x( s) 1
Gw (s) = = (4.103)
w( s ) s 2T22 + sT1 + 1
+1
K PR K PS (1 + sTv )

bzw.
x( s ) K PR K PS (1 + sTv )
Gw (s) = = ⋅ . (4.104)
w( s ) T22 T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS
s2 + s 1 +
T22 T22

Handelt es sich bei der Strecke um zwei in Reihe geschaltete P-T1-Strecken oder lie-
gen zwei reelle Pole vor, so wird man Tv gleich der größten dieser Zeitkonstanten
wählen und damit, wie Gl. (4.103) zeigt, die Ordnung des geschlossenen Systems um
2 2
Eins reduzieren. Zum Beispiel kann für T1 = 3 s und T2 = 2 s das Nennerpolynom
von GS wie folgt in zwei Linearfaktoren zerlegt werden
s 2T22 + sT1 + 1 = (1 + sTa )(1 + sTb ) mit Ta = 1 s und Tb = 2 s .

Wählen wir Tv = Tb, so vereinfacht sich die Gl. (4.103) zu einem P-T1-Verhalten
K PR K PS
Gw (s) = . (4.105)
1 + K PR K PS + sTa

Ist die Polverteilung der Strecke konjugiert komplex, d. h. keine Zerlegung in reelle
Linearfaktoren möglich, dann folgt aus Gl. (4.104)
T1 + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS
α= ; β=
2 T22 T2
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 133

und daraus die Dämpfung des geschlossenen Kreises


α T + Tv K PR K PS
D= = 1 . (4.106)
β 2 T2 1 + K PR K PS

Durch den D-Anteil wird die Dämpfung mit zunehmendem Tv vergrößert. Den statio-
nären Endwert der Regelgröße x auf einen Eingangssprung
w
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) = 0
s
ermitteln wir wieder mittels Grenzwertsatz im Bildbereich. Danach ist
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) . (4.107)
t →∞ s →0

Gl. (4.104) nach x(s) aufgelöst ergibt


x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) . (4.108)

Mit (4.108) in (4.107) folgt


w K PR K PS
x(∞) = lim s ⋅ G w ( s ) ⋅ 0 = w0
s→0 s 1 + K PR K PS

bzw. bleibende Regeldifferenz


1
e(∞) = w0 − x(∞) = w0 . (4.109)
1 + K PR K PS

Gl. (4.109) ist identisch mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit reinem
P-Regler abgeleiteten Beziehung (4.29).
1
D=
x x 2

1 e(∞)
D= Tv = 0
2
e(∞) Tv = Ta

Tv = Tb
Tv = 0 x2
w0 x(∞) x1
Tv = Ta

Tv = Tb

0 0
0 t 0 t
Bild 4.37 Führungs- und Störverhalten des Regelkreises nach Bild 4.36 für verschiedene Vor-
haltezeiten Tv (Ta = 1 s; Tb = 2 s)
134 4 Regeleinrichtungen

Das heißt, dass der PD- gegenüber dem P-Regler bezüglich des stationären Verhaltens
keinen Vorteil besitzt. Ferner sieht man aus Gl. (4.109), dass die bleibende Regeldif-
ferenz unabhängig von der Ordnung der P-Strecke ist. In Bild 4.37 ist die Führungs-
und Störsprungantwort für verschiedene Vorhaltzeiten aufgezeichnet und zeigt, dass
die Dynamik weitgehend durch die Wahl von Tv beeinflusst werden kann. Hingegen
hängt die bleibende Regeldifferenz nur von KPR ab, da der D-Anteil nur am Anfang
wirksam ist und im Beharrungszustand seine Wirkung verliert.
b) Störverhalten
Um den Einfluss der Störgröße z auf die Regelgröße x zu ermitteln, setzten wir die
Gln. (4.101) und (4.102) in die Störübertragungsfunktion (4.20) ein und erhalten
x( s ) K PS
Gz ( s) = = . (4.110)
z ( s)  T + Tv K PR K PS 1 + K PR K PS 
T22  s 2 + s 1 + 
 T22 T22 

Mit den Abkürzungen


T1 + K PR K PSTv 1 + K PR K PS
α= und β2 =
2 T22 T22
wird
x( s ) K PS 1
Gz (s) = = . (4.111)
z ( s) T22 s 2 + s ⋅ 2α + β 2

Die Dämpfung wird wie beim Führungsverhalten bestimmt durch


α T + K PR K PSTv
D= = 1 . (4.112)
β 2 T2 1 + K PR K PS

Ändern wir die Störgröße sprunghaft mit


z
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z (s) = 0 ,
s
so folgt aus (4.110)
z
x( s ) = G z ( s ) ⋅ z ( s ) = G z ( s ) ⋅ 0
s
und mittels Grenzwertsatz
K PS
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = z0 . (4.113)
t →∞ s →0 1 + K PR K PS

Da wir nur die Änderung von x infolge z betrachten und nicht die Absolutwerte, stellt
(4.113) die durch z verursachte bleibende Regeldifferenz dar. Durch Vergleich von
(4.113) mit der in Abschnitt 4.3.1.1 für einen Regelkreis mit P-Regler abgeleiteten
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 135

Beziehung (4.32) wird evident, dass eine PD-Regeleinrichtung ebenso wie eine P-
Regeleinrichtung nicht in der Lage ist, den Einfluss einer Störung vollkommen zu
kompensieren, sondern nur auf
K PS
z0
1 + K PR K PS

zu mindern.
Die Gegenüberstellung in Bild 4.37 zeigt, dass die beiden Forderungen nach mög-
lichst gutem Führungs- und Störverhalten kontrovers sind und nicht gleichzeitig er-
füllt werden können. So wird z. B. das Führungsverhalten am günstigsten, wenn Tv
gleich der größten Streckenzeitkonstante gewählt wird. Das Störverhalten ist dann
aber keineswegs optimal. Ein Kompromiss, der ein befriedigendes Führungs- und
Störverhalten liefert, wird für D = 1 / 2 erreicht. Der Nachteil der PD-
Regeleinrichtung ist die bei der Regelung von P-Strecken auftretende bleibende Re-
geldifferenz. Wie durch die Gl. (4.79) zum Ausdruck kommt, bringt die Regelung von
I-Strecken mittels PI-Regler Schwierigkeiten bezüglich der Dämpfung, während der
Einsatz eines PD-Reglers zumindest für das Führungsverhalten keine bleibende Re-
geldifferenz ergibt.
X Aufgabe 4.6
Gegeben ist ein Regelkreis bestehend aus einer I-Strecke mit
K IS
GS ( s ) =
s
und einer PD-Regeleinrichtung. Ermitteln Sie die Sprungantwort für
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) .

4.3.6 PID-Regeleinrichtung

Durch Kombination der drei grundsätzlichen Zeitverhalten (P, I und D) gelangt man
zur PID-Regeleinrichtung, deren Stellgröße yR gleich der Addition der P-, I- und D-
Regeleinrichtungen ist und durch die folgende Gleichung beschrieben wird:
de(t )

y R (t ) = K PR e(t ) + K I e(t )dt + K D
dt
(4.114)

bzw.
 KI K D de(t ) 
y R (t ) = K PR e(t ) +
 K PR
 e(t )dt + K PR dt 
. (4.115)

Mit den bereits bekannten Zeitkonstanten


K PR K
Tn = und Tv = D
KI K PR
136 4 Regeleinrichtungen

wird
 1 de(t) 
y R (t ) = K PR e(t ) +
 Tn  e(t )dt + Tv dt 
. (4.116)

Die Übertragungsfunktion der idealen PID-Regeleinrichtung folgt aus (4.116) durch


Laplace-Transformation zu
y (s)  1 
GR (s) = R = K PR 1 + + sTv  . (4.117)
e( s )  sTn 
Bringen wir diesen Ausdruck auf einen gemeinsamen Nenner, so wird
y (s) s 2Tn Tv + sTn + 1
GR ( s) = R = K PR . (4.118)
e( s ) sTn
Die Nullstellen dieses Ausdrucks liegen bei
1  4Tv 
s 1,2 = − 1 ± 1− . (4.119)
2Tv  Tn 

Für Tn ≥ 4 Tv liegen zwei reelle Nullstellen vor und der Zähler in (4.118) lässt sich in
zwei reelle Linearfaktoren zerlegen
y (s) (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
GR ( s) = R ′
= K PR , (4.120)
e( s ) sTn′
T′ 1 1
′ = K PR n ;
mit K PR Tn′ = − ; Tv′ = − .
Tn s1 s2
Die Form (4.120) ist besonders geeignet, wenn Polstellen der Strecke durch Null-
stellen der Regeleinrichtung kompensiert werden sollen. Ferner ist diese Zerlegung
vorteilhaft zur Darstellung im Bode-Diagramm. Zwischen den Parametern der Gln.
(4.118) und (4.120) bestehen die folgenden Beziehungen:
 T′  Tn′ Tv′
′ 1 + v
K PR = K PR  Tn = Tn′ + Tv′ Tv = . (4.121)
 Tn′  Tn′ + Tv′

Sowohl in (4.118) als auch in (4.120) ist der Zähler von höherer Ordnung als der Nen-
ner, d. h. eine solche PID-Regeleinrichtung ist physikalisch nicht realisierbar.
Zur Ermittlung der Sprungantwort erhalten wir mit
e
e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) c−−¦ e( s ) = 0
s
aus Gl. (4.117)
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 137

1 1 
y R ( s ) = K PR e0  + + Tv  . (4.122)
2
 s s Tn 

Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt aus (4.122) die Sprungantwort der
idealen PID-Regeleinrichtung
 t  yR
y R (t ) = K PR e0 1 + + Tv δ (t ) (4.123)
 Tn 
mit dem in Bild 4.38 dargestellten Ver- KPR e0
lauf.
Zur Realisierung einer PID-Regel- KPR e0
0
einrichtung gibt es viele Möglichkeiten,
z. B. durch parallele Erzeugung des P-, I- Tn Tn t
und D-T1-Anteils mittels der Schaltung
Bild 4.38 Sprungantwort eines idealen
nach Bild 4.11, 4.19 sowie 4.30 und Addi-
PID-Reglers
tion der Ausgangsgrößen durch einen
Summierer (Bild 4.8).
Bild 4.39 zeigt eine vielfach angewandte Schaltung, ähnlich der PD-T1-
Regeleinrichtung nach Bild 4.33. Das in der Rückführung liegende T-Glied ist aller-
dings durch den als Impedanzwandler geschalteten Operationsverstärker OP2 entkop-
pelt (s. a. Abschnitt 4.1, Bild 4.6, Gl. (4.8a)). Man spricht hier von aktiver Rückkopp-
lung, während in Bild 4.33 eine passive Rückkopplung vorliegt.
Am nichtinvertierenden Eingang des OP2 liegt die durch den Spannungsteiler gebilde-
te Spannung
1
Rp +
sC 3 1 + sC 3 Rp
x 2 ( s) = y R ( s ) = y R (s) . (4.124)
1 1 + sC 3 ( R3 + Rp )
R3 + Rp +
sC 3

1
R2 sC2
− R3
i2(s) +
OP2 1 Bild 4.39
sC3
i1(s) R x2(s) x2(s) PID-T1-Regeleinrichtung
1 RP
V. M.
− mit aktiver Rückführung
e(s) + OP1 yR(s)

Für den invertierenden Eingang V.M. gilt


i1 ( s ) = i 2 ( s ) (4.125)
138 4 Regeleinrichtungen

e( s )
mit i1 ( s ) = (4.126)
R1

x2 ( s) sC 2
und i2 ( s ) = − = − x 2 ( s) . (4.127)
1 1 + sC 2 R2
R2 +
sC 2
Setzen wir (4.126) und (4.127) in (4.125) unter Berücksichtigung von (4.124) ein, so
folgt:
y (s) R (1 + sC 2 R2 )[1 + sC 3 ( R3 + Rp )]
GR ( s) = R =− 2 (4.128)
e( s ) R1 sC 2 R2 (1 + sC 3 Rp )
und mit den Abkürzungen
R
′ = 2 ;
K PR Tn′ = C 2 R2 ; Tv′ = C 3 ( R3 + Rp ) ; T1 = C 3 Rp ;
R1

y (s) (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )


GR (s) = R ′
= K PR . (4.129)
e( s ) sTn′ (1 + sT1 )

Hierin ist T1 die die Verzögerung bewirkende parasitische Zeitkonstante. Die Über-
tragungsfunktion des realen PID-T1-Reglers kann man sich durch Reihenschaltung
des idealen PID-Reglers nach (4.120) und eines P-T1-Gliedes mit
1
G(s) =
1 + sT1

entstanden denken. Für Rp = 0 bzw. T1 = 0 geht Gl. (4.129) in Gl. (4.120) über.

• Sprungantwort
yR
Zur Ermittlung der Sprungantwort der PID-
T1-Regeleinrichtung lösen wir (4.129) nach
yR(s) auf und erhalten mit
Tv
e KPR e KPR e0
e(t ) = e0 ⋅ σ (t ) c−−¦ e( s ) = 0 T1 0
s
T1 KPR e0
und Vernachlässigung des negativen Vorzei-
chens Tn Tn t

K ′ (1 + sTn′ )(1 + sTv′ ) Bild 4.40 Sprungantwort


y R ( s ) = e0 PR . (4.130)
Tn′ T1 2  1 einer PID-T1-Regeleinrichtung
s s +  
 T1 
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich mittels Residuensatz erhält man
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 139

  
   s + 1  (Tn′ + Tv′ + 2 sTn′ Tv′ ) − (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
K ′   T1 
y R (t ) = e0 PR  lim  e st
Tn′ T1 s → 0   1
2
   s + 
   T1 

 t

+ ′ + ′   T′  Tv′  − 
(1 s T )(1 sT )
v  
+ te st n
+ T12 1 − n 1 − e T1
 bzw.
s+
1   T1  T1  
 
T1 

 t 
 Tv′ − T1 t  Tv′ − T1 Tv′  − T1 
′ 1+
y R (t ) = K PR + − 1 + − e
 e0 . (4.131)
 Tn′ Tn′  Tn′ T1 
 

Mit den Beziehungen (4.121) kann die Übertragungsfunktion (4.129) in


s 2Tn Tv + sTn + 1
G R ( s ) = K PR (4.132)
sTn (1 + sT1 )

umgeformt werden. Für die Sprungantwort erhalten wir dann die Beziehung
 t 
 T1 t  T1 Tv  − T1 
y R (t ) = K PR 1 − + − 1 − − e
 e0 . (4.133)
Tn Tn  Tn T1 
 

Aus den Gln. (4.131) und (4.133) folgt für t = 0


Tv′ T

y R (0) = K PR e0 = K PR v e0 .
T1 T1
Für große t-Werte erhalten wir die Gleichung der Asymptote:
 T′ −T t   T t 
′ 1 + v 1 +  e0 = K PR 1 − 1 +  e0 .
yRA (t ) = K PR
 Tn′ Tn′   Tn Tn 
Diese nimmt für t = T1 den folgenden Wert an:
 T′ 
′ 1 + v
y RA (T1 ) = K PR  e0 = K PR e0 .
 Tn′ 
Bild 4.40 zeigt den Verlauf der Sprungantwort.
• Frequenzgang und Ortskurve
Der Frequenzgang des PID-T1-Reglers folgt aus (4.132), indem wir s durch jω erset-
zen
140 4 Regeleinrichtungen

y R ( jω ) 1 − ω 2TnTv + jω Tn
GR ( jω ) = = K PR . (4.134)
e( j ω ) − ω 2TnT1 + jω Tn
Zur Diskussion des Ortskurvenverlaufs zerlegen wir (4.134) in Real- und Imaginärteil
Tn − T1 + ω 2TnTvT1
Re (GR ) = K PR Im
ω
Tn [1 + (ω T1 ) 2 ]
T1
KPR ω
ω 2Tn (Tv − T1 ) − 1
Im (GR ) = K PR .
ω Tn [1 + (ω T1 ) 2 ] PID
PID-T1 ∞
Bild 4.41 zeigt den Ortskurvenverlauf ∞ Re
T1 , T22
des PID-, PID-T1- und PID-T2-Reglers.
PID-T1-Regler: T
K PR v
T1
ω Re (GR) Im (GR)
 T 
0 K PR 1 − 1  −∞
 T n 
1  T 
K PR 0 K PR 1 − 1 
Tn (Tv − T1 )  Tn 
T
∞ K PR v 0 Bild 4.41 Ortskurvenverlauf des
T1 PID-, PID-T1-und PID-T2-Reglers

4.3.6.1 PID-Regeleinrichtung zur Regelung einer P-T2-Strecke


Im Folgenden soll der Regelkreis nach Bild 4.42 untersucht werden.

KPR ,Tn ,Tv z KPS ,T1 ,T22 Bild 4.42 Regelkreis gebildet
w e yR + y x
aus einer P-T2-Strecke und einer
+ + PID-Regeleinrichtung
− GR(s) GS(s)

Die Regelstrecke habe eine Dämpfung D > 1, mit der Übertragungsfunktion


x( s ) K PS K PS
GS ( s ) = = = , mit Tb > Ta . (4.135)
y ( s ) s 2T22 + sT1 + 1 (1 + sTa )(1 + sTb )

Für die Übertragungsfunktion der Regeleinrichtung wählen wir Gl. (4.120), in der der
Zähler in Linearfaktoren zerlegt ist.
y (s) (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
GR (s) = R ′
= K PR . (4.136)
e( s ) sTn′
4.3 Zeitverhalten stetiger Regeleinrichtungen 141

a) Führungsverhalten
Die Führungsübertragungsfunktion lautet mit (4.135) und (4.136) in (4.18)
x( s ) 1
Gw (s) = = . (4.137)
w( s ) ′
sTn (1 + sTa )(1 + sTb )
+1
′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
K PR

Es ist naheliegend, in Gl. (4.137) Tn′ gleich der größten Zeitkonstante der Strecke
(z. B. Tn′ = Tb ) zu wählen und Tv′ = Ta . Somit kürzen sich die beiden Linearfaktoren
heraus und reduzieren die Ordnung des Systems auf
x( s ) 1
Gw (s) = = . (4.138)
w( s ) Tn′
1+ s

K PR K PS

Zur Ermittlung des stationären Endwertes von x(t) für


w
w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) = 0
s
erhalten wir aus Gl. (4.137)
w
x( s ) = G w ( s ) ⋅ w( s ) = G w ( s) ⋅ 0
s
und mittels Grenzwertsatz
x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = w0 ⋅ lim G w ( s) = w0 . (4.139)
t →∞ s →0 s →0

Unabhängig von der Wahl von Tn′ und Tv′ und unabhängig von der Ordnung der
P-Strecke wird durch den I-Anteil die bleibende Regeldifferenz gleich Null.
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 . (4.140)

b) Störverhalten
Mit (4.135) und (4.136) in (4.20) erhalten wir die Störübertragungsfunktion
x( s ) sTn′ K PS
Gz (s) = = . (4.141)
z ( s) sTn′ (1 + sTa )(1 + sTb ) + K PR
′ K PS (1 + sTn′ )(1 + sTv′ )

Bedingt durch den I-Anteil wird der Einfluss der Störgröße für t → ∞ vollkommen
beseitigt. Aus (4.141) folgt x( s ) = G z ( s) ⋅ z ( s) , und mit
z
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) = 0 (1.141a)
s
z
erhalten wir x( s ) = G z ( s) ⋅ 0 . Der Grenzwertsatz liefert
s
142 4 Regeleinrichtungen

x(∞) = lim x(t ) = lim s ⋅ x( s ) = z 0 ⋅ lim G z ( s ) = 0 . (4.142)


t →∞ s→0 s→0

Im Gegensatz zum Führungsverhalten kann die Ordnung von (4.141) nicht reduziert
werden. Wählen wir auch hier Tn′ = Tb und Tv′ = Ta , so folgt aus (4.141)
x( s ) sTb K PS
Gz ( s) = =
′ K PS + sTb )
z ( s) (1 + sTa )(1 + sTb )( K PR

bzw.
x( s ) K PS s
Gz ( s) = = . (4.143)
z ( s) Ta Tb  1  1  ′ K PS 
K PR
s + s + s + 
   
 Ta  Tb  Tb 
Für die gewählten Reglerparameter sind, wie Gl. (4.143) zeigt, sämtliche Pole des
Kreises negativ reell und somit das System stabil. Dies ist nicht generell so. Wie in
Kapitel 6 gezeigt werden wird, kann bei ungünstiger Wahl von Tn bzw. Tn′ das Sys-
tem instabil werden. In diesem Fall, der explizit vorliegenden Pole erhalten wir für
(1.141a) und aus (4.143) mittels Residuensatz die Sprungantwort
 −
t

t
 − Ta Tb e Ta
Tb e Tb
x(t ) = K PS z 0  +
 (Tb − Ta )( K PR
′ K PSTa − Tb ) (Tb − Ta )( K PR
′ K PS − 1)

′ K PS
− K PR
t 
Tb e Tb 
+ , (4.144)
′ K PS − 1) 
′ K PSTa − Tb )( K PR
( K PR


mit dem in Bild 4.43 gezeigten Verlauf. Der dritte Term in der eckigen Klammer von
′ K PS vernachlässigbar klein.
Gl. (4.144) wird für großes K PR
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass x
von den in diesem Kapitel behandelten Re-
geleinrichtungen der PID-Regler, infolge der
drei Parameter KPR, Tn und Tv, am anpas-
sungsfähigsten ist. Durch den I-Anteil tritt w0
sowohl beim Führungs- als auch beim Stör-
verhalten eine vorübergehende aber keine
0
bleibende Regeldifferenz auf. 0 t
Ferner kann die Ordnung des Systems durch Bild 4.43 Störsprungantwort des
Regelkreises nach Bild 4.42 für
geeignete Wahl der Parameter reduziert
werden. Tn′ = Tb und Tv′ = Ta
143

5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

Das Bode-Diagramm dient neben der Ortskurve zur graphischen Darstellung des Fre-
quenzganges. Während man bei der Ortskurvendarstellung den Frequenzgang
x ( jω )
G ( jω ) = a
xe ( jω )

nach Betrag und Phase in einem einzigen Diagramm in der Gaußschen Zahlenebene
darstellt, werden im Bode-Diagramm der Betrag von G und der Phasenwinkel ϕ in
zwei getrennten Diagrammen als Funktionen der Kreisfrequenz ω aufgetragen. Für
die Darstellung von ⏐G⏐ = f(ω) ist sowohl ω auf der Abszisse als auch das Amplitu-
denverhältnis ⏐G⏐ auf der Ordinate im logarithmischen Maßstab geteilt. In einem
zweiten Diagramm ist dann der Phasenwinkel ϕ im linearen über der Kreisfrequenz ω
im logarithmischen Maßstab aufgetragen. Durch die logarithmische Darstellung erhält
man leicht zu konstruierende Asymptoten des wirklichen Kurvenverlaufs ⏐G⏐ = f(ω).
Bei der Hintereinanderschaltung von mehreren Frequenzgängen ergibt sich der Ge-
samtfrequenzgang aus dem Produkt der einzelnen Frequenzgänge. Der besondere
Vorteil der Darstellung eines solches Frequenzganges im Bode-Diagramm besteht
darin, dass durch die Logarithmierung die Produktbildung auf eine einfache Addition
zurückgeführt wird.

5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge


Im Folgenden sollen die Bode-Diagramme von Regelkreisgliedern mit elementarem
Zeitverhalten behandelt werden, deren Frequenzgänge bereits in den vorherigen Kapi-
teln abgeleitet wurden. Häufig wird der Amplitudengang wie in der Nachrichtentech-
nik üblich, in Dezibel (dB) aufgetragen. Definitionsgemäß gilt
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg G ( jω ) . (5.1)

Bei der Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ ist Folgendes zu beachten:
a) Für die Ordinate und Abszisse ist der gleiche logarithmische Maßstab zu ver-
wenden (z. B. 50 mm/Dekade oder wie bei logarithmisch geteiltem Papier 62,5
mm/Dekade).
b) Die ω-Achse wird stets so gelegt, dass sie die Ordinate bei ⏐G( jω)⏐ = 1 bzw.
⏐G( jω)⏐dB = 0 schneidet.
c) Durch die logarithmische Teilung der ω - Achse lässt sich die Frequenz ω = 0
nicht darstellen. Im Schnittpunkt der ω - Achse mit der Ordinate wählt man ω
gleich einer 10er Potenz, die dem darzustellenden Problem angepasst ist, d. h.
−1 −2
(10 ... 10 ) ⋅1/Tx. Hierin ist Tx die größte Zeitkonstante des Systems.

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_5,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
144 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

5.1.1 Bode-Diagramm des P0-Gliedes

Der Frequenzgang eines P0-Gliedes ist:


x ( jω )
G ( jω ) = a = K P = konstant
x e ( jω )

G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) .

Daraus folgt:
G ( jω ) = K P und ϕ (ω ) = 0.

Bild 5.1 zeigt für KP = 10 das Bode-Diagramm des reinen P-Gliedes. Das Amplitu-
x ( jω )
denverhältnis a ist unabhängig von ω, und die Phasenverschiebung zwischen
x e ( jω )
xa( jω) und xe( jω) ist für alle ω gleich Null.

40 102
G dB G
30
20 10
10 KP
0 1
10−1 1 10 102
− 10 ω /s −1
− 20 10−1
Bild 5.1 Bode-Diagramm eines
45° P0-Gliedes (KP = 10)
ϕ ϕ(ω)

10−1 1 10 102
− 45° ω /s −1

− 90°

5.1.2 Bode-Diagramm eines I-Gliedes

Der Frequenzgang eines I-Gliedes lautet:


x ( jω ) K I
G ( jω ) = a = .
xe ( jω ) jω

Sind die Dimensionen von Aus- und Eingangsgröße gleich, so hat KI die Dimension

s 1, und man kann den Kehrwert von KI als die Integrierzeit TI auffassen.
1
TI = .
KI
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 145

Diese vereinfachende Annahme wird gewählt, um den charakteristischen Verlauf


⏐G⏐ = f(ω) ableiten zu können. Haben xa und xe unterschiedliche Dimensionen, so hat

KI außer s 1 die Dimensionen der Ausgangsgröße dividiert durch die der Eingangs-
größe. Um den Schnittpunkt mit der ω - Achse zu bestimmen, bleiben die Dimensio-
nen von xa und xe unberücksichtigt. Dadurch wird in unserer Betrachtung vermieden,
dass der Logarithmus einer dimensionsbehafteten Größe genommen wird.
Mit TI = 1/ KI wird:
xa ( jω ) 1
G ( jω ) = = .
xe ( jω ) jω TI

Daraus folgt:
1
G ( jω ) = , lg G ( jω ) = − lg(ω TI ) .
ω TI

Trägt man ⏐G( jω)⏐ im logarithmischen Maßstab über ω im gleichen logarithmischen


Maßstab auf, so erhält man eine Gerade mit der negativen Steigung 1:1, die die ω -
Achse für ω = 1/ TI schneidet. Voraussetzung dafür ist, dass die ω-Achse die Ordinate
bei ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet (Bild 5.2).

40 102
G dB G
30
−1:1
20 10
1
10 ω= = 5s −1
TI
0 1
10−1 1 10 102
− 10 ω /s −1
− 20 10−1

45° Bild 5.2 Bode-Diagramm eines


ϕ I-Gliedes (TI = 0,2 s)

10−1 1 10 102
− 45° ω /s −1
ϕ(ω)
− 90°

Infolge des fehlenden Realteils, der Imaginärteil von G( jω) ist


1
Im (G ) = − ,
ω TI
ergibt sich für den Phasenwinkel
Im(G )
tan ϕ (ω ) = = −∞ bzw. ϕ = −90° = konstant .
Re(G )
146 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

5.1.3 Bode-Diagramm eines D-Gliedes

Ein D-Glied hat folgenden Frequenzgang:


x ( jω )
G ( jω ) = a = jω ⋅ K D .
x e ( jω )

Die Dimensionen von xa und xe werden zur Ermittlung des charakteristischen Ver-
laufs ⏐G⏐ = f(ω) als gleich angenommen. KD hat dann die Dimension einer Zeit und
kann als Differenzierzeit TD aufgefasst werden. Sind die Dimensionen von xa und xe
ungleich, so gilt das in Abschnitt 5.1.2 für KI Gesagte.
Mit KD = TD wird:
xa ( jω )
G ( jω ) = = jω TD .
xe ( jω )
Ferner ist
G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) .

Folglich erhält man:


G ( jω ) = ω ⋅ TD , lg G ( jω ) = lg(ω TD ) .

Das ist die Gleichung eine Geraden mit der positiven Steigung 1:1, wenn ⏐G( jω)⏐
und ω im gleichen logarithmischen Maßstab aufgetragen werden. Die ω - Achse wird
wieder so gelegt, dass sie die Ordinate für ⏐G( jω)⏐ = 1 schneidet. Wie Bild 5.3 zeigt,
schneidet dann der Amplitudengang ⏐G⏐ = f(ω) die ω - Achse für ω = 1/ TD.

40 102
G dB G
30 +1:1

20 10
1
10 ω=
TD
0 1
10−1 1 10 102
− 10 ω /s −1
− 20 10−1 Bild 5.3 Bode-Diagramm eines
D-Gliedes (TD = 0,2 s)
90°
ϕ ϕ(ω)
45°


10−1 1 10 102
− 45° ω /s −1
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 147

Für den Phasenwinkel erhält man:


Im(G )
tan ϕ (ω ) = = +∞ , ϕ = +90° = konstant ,
Re(G )
weil Re (G ) = 0 und Im (G ) = +ω TD .

5.1.4 Bode-Diagramm eines P-Gliedes mit Verzögerung 1. Ordnung

Für ein P-Glied 1. Ordnung lautet der Frequenzgang:


KP KP
G ( jω ) = = e − j arctan(ω T1 ) .
1 + jω T1 1 + jω T1

Daraus folgt:
KP
G (ω ) = , (5.2)
1 + (ω T1 ) 2

1
lg G ( jω ) = lg K P − lg [1 + (ω T1 ) 2 ] . (5.3)
2
tan ϕ = −ω T1 und ϕ = − arctan(ω T1 ) .

Variiert man in Gl. (5.2) ω von 0 ... ∞, so erhält man den exakten Amplitudengang.
Dieses Verfahren ist sehr zeitraubend und aufwendig. Einfacher ist die Konstruktion
der Asymptoten des wahren Verlaufs, die für viele Zwecke ausreichend sind. Diese
ergeben sich im vorliegenden Fall, indem man zwei ω - Bereiche unterscheidet:
a) Für kleine ω - Werte ist:
ω T1 << 1 .
Damit erhält man aus Gl. (5.3) die Näherung
lg G ( jω ) ≈ lg K P . (5.4)
Das ergibt für kleine ω - Werte eine Gerade parallel zur Abszisse mit der Ordinate
⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab.
b) Für große ω - Werte ist:
ω T1 >> 1
und damit folgt aus Gl. (5.3) die Näherung
lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω T1 ). (5.5)

Das ist ebenfalls die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 1:1.
Die unter a) und b) gefundenen Geraden bilden die Asymptoten. Sie schneiden sich
für ω E = 1/ T1, wie man durch Gleichsetzen der Gln. (5.4) und (5.5) leicht erkennt.
148 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

Für die Eckfrequenz ω E = 1/ T1 errechnet sich der genaue Wert des Amplitu-
denverhältnisses zu:
KP
G ( jω ) = = 0,707 ⋅ K P bzw.
2

G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg (0,707 ⋅ K P ) = 20 ⋅ lg K P − 3dB .

An dieser Stelle ist die Abweichung des wahren Verlaufs von dem der Asymptoten
am größten.
Der Phasengang hat den in Bild 5.4 gezeigten Verlauf, beginnend mit ϕ = 0° für ω = 0
und endend bei ϕ = − 90° für ω = ∞. Für ωE = 1/ T1 ist ϕ = − 45°.

40 102
G dB G
30
20 10 3 dB
KP KP
10
2
0 1
10−1 1 10 102
− 10 ω /s −1
− 20 10−1

45° 1
ωE = Bild 5.4 Bode-Diagramm
ϕ T1
0° eines P-T1-Gliedes
10−1 1 10 102 (KP = 10; T1 = 0,1 s)
− 45° ω /s −1

− 90°

5.1.5 Bode-Diagramm eines PI-Gliedes

Der Frequenzgang eines PI-Gliedes ist gemäß Gl. (4.61)


xa ( jω )  1 
G ( jω ) = = K P 1 − j
ω Tn 
. (5.6)
xe ( jω ) 
Aus Gl. (5.6) folgt:
2
 1 
G (ω ) = K P 1 +   , (5.7)
 ω Tn 

1   1
2

lg G ( jω ) = lg K P + lg 1 +    (5.8)
2   ω Tn  
 
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 149

und
Im(G ) 1
tan ϕ (ω ) = =− ,
Re(G ) ω Tn

 1 
ϕ = − arctan  . (5.9)
 ω Tn 

Der exakte Amplitudengang folgt aus (5.7) durch Variation von ω im Bereich 0 ... ∞.
Zur Ermittlung der Asymptoten unterscheidet man wie in Abschnitt 5.1.4 zwei
ω - Bereiche:
a) Für kleine ω - Werte ist:
1
>> 1
ω Tn
und man erhält aus Gl. (5.8)
lg G ( jω ) ≈ lg K P − lg(ω Tn ). (5.10)

Entsprechend (5.5) ist das die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung
1:1.
b) Für große ω - Werte ist:
1
<< 1 und es wird
ω Tn

lg G ( jω ) = lg K P . (5.11)

Also eine Gerade parallel zur Abszisse mit dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im loga-
rithmischen Maßstab.

Durch Gleichsetzen der Gln. (5.10) und (5.11) folgt der Schnittpunkt der beiden
Asymptoten für ω E = 1/ Tn. Setzen wir in (5.7) ω E = 1/ Tn, so ergibt sich der genaue
Wert des Amplitudenganges an dieser Stelle zu
G ( jω ) = K P ⋅ 2 bzw.

G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg ( K P ⋅ 2 ) = 20 ⋅ lg K P + 3dB .

Wie Bild 5.5 zeigt, beginnt der Phasengang mit ϕ = − 90° für ω = 0 und endet mit
ϕ = 0° für ω = ∞. Für die Eckfrequenz ωE = 1/ Tn wird ϕ = − 45°.
150 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

40 102
G dB G
30
20 10
10 KP 2 3 dB
KP
0 1
10−2 10−1 1 10
− 10 ω /s −1
− 20 10−1 Bild 5.5 Bode-Diagramm
eines PI-Gliedes
45° 1
ωE = (KP = 2; Tn = 5 s)
ϕ Tn

10−2 10−1 1 10
− 45° ω /s −1

− 90°

5.1.6 Bode-Diagramm eines PD-Gliedes

Der Frequenzgang eines PD-Gliedes lautet entsprechend Gl. (4.87)


xa ( jω )
G ( jω ) = = K P (1 + jω Tv ) . (5.12)
xe ( jω )

Damit folgt aus Gl. (5.12):

G (ω ) = K P 1 + (ω Tv ) 2 , (5.13)

1
lg G ( jω ) = lg K P + lg [ 1 + (ω Tv ) 2 ] . (5.14)
2
Ferner ist
Im(G )
tan ϕ (ω ) = = ω Tv ,
Re(G )

ϕ = arctan (ω Tv ) . (5.15)

Während man den exakten Verlauf des Amplitudenganges aus Gl. (5.13) erhält,
ergeben sich die Asymptoten aus Gl. (5.14) durch Betrachten der Grenzfälle ω → 0
und ω → ∞.
a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist:
ω Tv << 1
5.1 Bode-Diagramme einfacher Frequenzgänge 151

und damit folgt aus Gl. (5.14)


lg G ( jω ) ≈ lg K P , (5.16)
da lg (1) = 0.
Das heißt für kleine ω - Werte ist die Asymptote eine Parallele zur Abszisse mit
dem Ordinatenwert ⏐G⏐ = KP im logarithmischen Maßstab.
b) Im Bereich großer ω - Werte ist:
ω Tv >> 1 .

Aus Gl. (5.14) folgt dann die Näherung


lg G ( jω ) ≈ lg K P + lg(ω Tv ). (5.17)

Gl. (5.17) ist eine Gerade mit der positiven Steigung 1:1.
Die unter a) und b) gefundenen Asymptoten schneiden sich für ω E = 1/ Tv, was durch
Gleichsetzen der Gln. (5.16) und (5.17) folgt. Der genaue Amplitudenwert des Ampli-
tudenganges für die Eckfrequenz ω E = 1/ Tv ergibt sich aus Gl. (5.13) zu
G ( jω ) = K P ⋅ 2

bzw.
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P + 3dB .

Setzen wir in (5.15) ω = 0; 1/Tv; ∞, so folgt ϕ = 0°; + 45°; + 90°, wie der Phasengang
in Bild 5.6 zeigt.

40 102
G dB G
30
20 10
3 dB
10
KP KP 2
0 1
10−1 1 10 102
− 10 ω /s −1
− 20 10−1 Bild 5.6 Bode-Diagramm
eines PD-Gliedes
90°
ϕ (KP = 2; Tv = 0,2 s)
45° 1
ωE =
Tv

10−1 1 10 102
− 45° ω /s −1
152 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

5.1.7 Bode-Diagramm eines P-T2-Gliedes

Entsprechend Gl. (3.78) ist der Frequenzgang eines P-T2-Gliedes


xa ( jω ) KP
G ( jω ) = = . (5.18)
xe ( jω ) − (ω T2 ) + jω T1 + 1
2

Daraus folgt:
KP
G ( jω ) = , (5.19)
[1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2

1
lg G ( jω ) = lg K P − lg{[1 − (ω T2 ) 2 ] 2 + (ω T1 ) 2 } . (5.20)
2
Ferner ist:
Im(G ) − ω T1
tan ϕ = = ,
Re(G ) 1 − (ω T2 ) 2

ω T1
ϕ = − arctan .
1 − (ω T2 ) 2

T1
Ist die Dämpfung D =
2T2
eines solches Gliedes < 1, so ergeben sich wiederum zwei Asymptoten.
a) Im Bereich kleiner ω - Werte ist:
ω T1 << 1 und (ω T2 ) 2 << 1 .

Damit folgt aus Gl. (5.20)


lg G ( jω ) ≈ lg K P , (5.21)

also eine Parallele zur Abszisse.


b) Im Bereich großer ω - Werte ist
(ω T2 ) 2 >> 1 und (ω T2 ) 2 >> ω T1 .

Somit folgt aus Gl. (5.20)


lg G ( jω ) ≈ lg K P − 2 ⋅ lg(ω T2 ). . (5.22)

(5.22) ist die Gleichung einer Geraden mit der negativen Steigung 2:1.
Den Schnittpunkt der unter a) und b) gefundenen Asymptoten findet man durch
Gleichsetzen der Gln. (5.21) und (5.22) mit ω = ω E = 1/ T2.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 153

40 102
G dB D = 0,1
G
30 D = 0,3
10 D=1
20 KP
−2 : 1
2D
10 KP
0 1
10−−22 10−−11 1 102 ω /s −−11
− 10
1
− 20 10−−11 ωE =
T2 Bild 5.7 Bode-Diagramm
45° eines P-T2-Gliedes
ϕ 10−2 10−1 1 102 ω /s −−11
0° (KP = 7; T2 = 2 s)
D=1
− 45° D = 0,3
D = 0,1
− 90°

Bild 5.7 zeigt den Verlauf der Asymptoten und mit D als Parameter verschiedene
Amplituden- und Phasengänge. Aus Gl. (5.19) erhält man für ω E = 1/ T2
KP K P ⋅ T2 K P
G ( jω ) = = = .
ω E T1 T1 2D

Ist die Dämpfung D > 1, so lässt sich das P-T2-Glied in zwei P-T1-Glieder zerlegen.
Die Darstellung von in Reihe geschalteten Gliedern in Bode-Diagramm soll im fol-
genden Abschnitt behandelt werden.

5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm


5.2.1 Konstruktion des Bode-Diagramms mittels Einzelfrequenzgängen
Sehr häufig treten in einem Regelkreis Reihenschaltungen der im vorigen Abschnitt
behandelten einfachen Übertragungsglieder auf. So kann z. B. ein PID-Glied als Rei-
henschaltung eines PI- und eines PD-Gliedes aufgefasst oder in ein I- und zwei PD-
Glieder zerlegt werden. Sind n Glieder mit den Frequenzgängen G1( jω), G2( jω), ...
Gn( jω) in Reihe geschaltet, so ist der Gesamtfrequenzgang gleich dem Produkt der
einzelnen Frequenzgänge
G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) . (5.23)

Zur Darstellung des Gesamtfrequenzganges im Bode-Diagramm wird G( jω) in Betrag


und Phase zerlegt.
G ( jω ) = G ( jω ) e jϕ (ω ) . (5.24)

Auf Gl. (5.23) angewandt ergibt:


154 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

G ( jω ) = G1 ( jω ) e jϕ1 (ω ) ⋅ G 2 ( jω ) e jϕ 2 (ω ) ... ⋅ G n ( jω ) e jϕ n (ω )

G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) ⋅ e j (ϕ1+ϕ 2 + ... +ϕ n ) . (5.25)

Durch Vergleich der Gln. (5.25) und (5.24) folgt


G ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G 2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ G n ( jω ) (5.26)

und
ϕ (ω ) = ϕ1 (ω ) + ϕ 2 (ω ) + ... + ϕ n (ω ) . (5.27)

Infolge der logarithmischen Darstellung des Amplitudenganges ⏐G( jω)⏐ erhält man
aus Gl. (5.26) durch Logarithmieren
lg G ( jω ) = lg G1 ( jω ) + lg G 2 ( jω ) + ... + lg G n ( jω ) (5.28)

oder
G ( jω ) dB = 20 lg G1 ( jω ) + 20 lg G 2 ( jω ) + ... + 20 lg G n ( jω ) (5.29)

n
G ( jω ) dB =  Gi ( jω ) dB .
i= 1

Das heißt, der Amplitudengang des Gesamtfrequenzganges ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich
durch einfache Addition der einzelnen Ordinaten der Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐dB,
⏐G2( jω)⏐dB, ... , ⏐Gn( jω)⏐dB. Das Gleiche gilt auch für die Asymptoten. Den Pha-
sengang ϕ(ω) erhält man, entsprechend Gl. (5.27), ebenfalls durch Addition der ein-
zelnen Phasengänge ϕ1(ω), ϕ2(ω), ... , ϕn(ω).

• Beispiel 5.1

Zwei P-T1-Glieder und ein PD-Glied sind in Reihe geschaltet, mit den Übertragungsfunktionen
K P1
G1 ( s) = KP1 = 2 T1 = 5 s
1 + sT1

K P2
G2 (s) = KP2 = 4 T2 = 1 s
1 + sT2

G3 ( s) = K P3 (1 + sTv ) KP3 = 8 Tv = 0,25 s.

Der Amplituden- und Phasengang der Einzelfrequenzgänge sowie das Bode-Diagramm der
Gesamtanordnung ist zu konstruieren.
Zunächst werden die Asymptoten der einzelnen Amplitudengänge gezeichnet, gemäß den Ab-
schnitten 5.1.4 und 5.1.6, mit den Eckfrequenzen:
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 155

1 1 1
ωE1 = = 0,2 s −1 ωE2 = = 1 s −1 ωE3 = = 4 s −1 .
T1 T2 Tv
Am zweckmäßigsten verwendet man einen logarithmischen Maßstab mit 50 mm/Dekade oder
logarithmisch geteiltes Papier mit 62,5 mm/Dekade.
Der resultierende Asymptotenverlauf von ⏐G( jω)⏐dB ergibt sich durch Addition der Asympto-
ten von ⏐G1( jω)⏐dB, ⏐G2( jω)⏐dB und ⏐G3( jω)⏐dB.

40 102

G dB G 5
G3
30
− (1:1)
2
G
20 10

5 − (2:1)
10
2 G2
G1 ωE1 ωE2 ωE3
0 100
10−2 5 10−1 2 100 2 10 2 5
5 ω /s −1
− 10
− (1:1)
2

− 20 10−1

90°
ϕ

60° ϕ3

30°


10−2 2 10−1 100 2 5 10 2 5
− 30° ω /s −−11

− 60° ϕ1 ϕ2

− 90°

Bild 5.8 Bode-Diagramm dreier in Reihe geschalteter Glieder G1(s), G2(s) und G3(s)
156 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

Von ω = 0 bis ω = ω E1 ist der Verlauf der resultierenden Asymptote eine Parallele zur Ab-
szisse. Im Bereich ω E1 < ω < ω E2 laufen die Asymptoten von ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ paral-
lel zur Abszisse, während die Asymptote von⏐G1( jω)⏐ die Steigung − (1: 1) hat. Die resultie-
rende Asymptote hat in diesem Bereich ebenfalls eine Steigung − (1: 1). Von ω = ω E2 bis ω =
ω E3 haben die Asymptoten von ⏐G1( jω)⏐ und ⏐G2( jω)⏐ je eine Steigung von − (1: 1), was zu
einer resultierenden Asymptote von − (2: 1) führt. Für ω > ω E3 kommt die Asymptote von
⏐G3( jω)⏐ mit der Steigung + (1: 1) hinzu und kompensiert die Steigung einer der beiden
Asymptoten ⏐G1( jω)⏐ oder ⏐G2( jω)⏐, so dass die resultierende Asymptote für ω > ω E3 die
Steigung − (1: 1) hat.
Betrachtet man die Amplitudengänge ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ in Bild 5.8, so sieht
man, dass sie untereinander kongruent sind. Das heißt, man kann mittels einer Schablone den
wahren Verlauf von ⏐G1( jω)⏐, ⏐G2( jω)⏐ und ⏐G3( jω)⏐ zeichnen, indem man diese je nach der
Eckfrequenz in der Zeichenebene entsprechend verschiebt, bzw. zum Zeichnen von ⏐G3( jω)⏐,
gegenüber ⏐G1( jω)⏐ bzw. ⏐G2( jω)⏐, parallel zur ω -Achse umklappt. Das Gleiche gilt für den
Phasengang. Zum Zeichnen von ϕ3(ω) wird die Schablone an der ω -Achse gespiegelt.
Eine andere Möglichkeit zur Gewinnung des exakten Amplituden- und Phasenganges
besteht darin, anstelle der Schablone ein Lineal zu benutzen. Das Amplituden- sowie
das Phasenlineal sind für einen logarithmischen Maßstab von 50 mm/Dekade entwi-
ckelt. Der Vorteil besteht darin, dass außer dem gesuchten Amplitudengang lediglich
die Asymptoten der einzelnen Frequenzgänge und die des Gesamtfrequenzganges
gezeichnet werden müssen. Das Diagramm gewinnt dadurch an Übersichtlichkeit. Der
Gedanke, der dem Amplitudenlineal zugrunde liegt, ist im Anhang erläutert und steht
im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download zur Verfügung.

5.2.2 Konstruktion mittels Asymptoten

Man kann das Bode-Diagramm einer Reihenschaltung der n Glieder mit den Fre-
quenzgängen G1( jω), G2( jω), ... Gn( jω) direkt nach dem Gesamtfrequenzgang (5.23)
G0 ( jω ) = G1 ( jω ) ⋅ G2 ( jω ) ⋅ ... ⋅ Gn ( jω )
skizzieren, ohne vorher die einzelnen Frequenzgange zu bestimmen und danach zu
addieren, wie es im vorherigen Abschnitt beschrieben wurde. Trägt man die Ordinaten
⏐G0( jω)⏐dB in Dezibel und die Abszissen in Dekaden auf, so entspricht die in vorhe-
rigen Abschnitten definierte Steigung −(1:1) einer Steigung von −20 dB/Dek, die Stei-
gung −(2:1) ist dann in diesen Dimensionen −40 dB/Dek usw.
Bei der Bestimmung des gesamten Amplitudenganges geht man aus folgenden Eigen-
schaften von einzelnen Frequenzgängen aus:
1) Ist ein I-Glied im Gesamtfrequenzgang G0( jω) vorhanden, z. B. wie unten:
K P1K P2 K I (1 + jωTn )
G0 ( jω ) = ,
jωTn (1 + jωT1 )(1 + jωT2 )
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 157

dann hat die Asymptote des gesamten Amplitudenganges im Bereich der kleinen
ω - Werte, d. h. bei ω T1 << 1 , die negative Steigung (1:1) bzw. −20 dB/Dek. Dies
folgt aus der Annahme, dass sich der Gesamtfrequenzgang bei ω T1 << 1 zu einem
einzelnen I-Glied reduziert:
K P1K P2 K I K I0
G0 ( jω ) = =
jωTn jω

So ein I-Glied hat bekanntlich die Steigung der Asymptote von −20 dB/Dek und
schneidet die ω - Achse bei
K P1K P2 K I
ω0 = K I0 = .
Tn

2) Ist kein I-Glied im Gesamtfrequenzgang G0( jω) vorhanden, z. B.


K P1K P2 (1 + jωTv )
G0 ( jω ) = ,
(1 + jωT1 )(1 + jωT2 )

verläuft die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω - Werte hori-
zontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und schneidet die Ordinatenachse bei
G0 ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P = 20 ⋅ lg( K P1K P2 ) .

Bei weiterem Verlauf des Amplitudenganges bei der ersten Eckfrequenz ωE1 T1 >> 1 ,
gilt die Näherung
20 lg G0 ( jω ) ≈ 20 lg K P − 20 ⋅ lg(ω T1 ).
Dies bedeutet, dass sich die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges bei der
Eckfrequenz ωE1 T1 >> 1 um −20 dB/Dek ändert und beträgt folglich
0 dB/Dek − 20 dB/Dek = − 20 dB/Dek
Trifft jedoch zuerst die Eckfrequenz ωEv Tv >> 1 auf, wobei die Zeitkonstante Tv die
differenzierende Wirkung hat bzw. sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges befin-
det, dann gilt die folgende Asymptotengleichung:
20 lg G0 ( jω ) ≈ 20 lg K P + 20 ⋅ lg(ω T1 )

Für die Steigungsänderung bedeutet dies die Erhebung um +20 dB/Dek, so dass die
die Steigung der Asymptote des Amplitudenganges nach der Eckfrequenz ωEv
0 dB/Dek + 20 dB/Dek = + 20 dB/Dek
beträgt.
3) Die oben im Punkt 2 beschriebene Ermittlung der Steigungsänderung bei der ersten
Eckfrequenz kann für alle nachfolgende Eckfrequenzen verallgemeinert werden, näm-
lich: die Steigungsänderung nach jeder Eckfrequenz ωEk betrifft ±20 dB/Dek, wobei
158 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

+20 dB/Dek einer differenzierenden Zeitkonstante Tk im Zähler des Gesamtfrequenz-


ganges und −20 dB/Dek einer Zeitkonstante Tk im Nenner des Gesamtfrequenzganges
(Verzögerung) entspricht.
Die Konstruktion des Amplitudenganges des Bode-Diagramms mittels Asymptoten wird am
vorherigen Beispiel 5.1 erläutert. Der gegebene Gesamtfrequenzgang
K P1K P2 K P3 (1 + sTv )
G0 ( s ) = G1 ( s )G2 ( s )G3 ( s ) =
(1 + sT1 )(1 + sT2 )

hat keinen I-Anteil, d. h. die erste Asymptote im Bereich der kleinen ω - Werte verläuft hori-
zontal bzw. mit der Steigung 0 dB/Dek und fängt bei der folgenden Ordinate an:
G ( jω ) dB = 20 ⋅ lg K P = 20 ⋅ lg( K1K 2 K 3 ) = 20 ⋅ lg(2 ⋅ 4 ⋅ 8) = 36,1236

Da sich die Zeitkonstante T1, die der kleinsten Eckfrequenz entspricht, im Nenner des Gesamt-
frequenzganges befindet, hat die nächste Asymptote bei
1
ωE1 = = 0,2 s −1
T1
die Steigung (0 dB/Dek − 20 dB/Dek) = −20 dB/Dek. Bei der nächsten Eckfrequenz
1
ωE2 = = 1 s −1
T2

wirkt Zeitkonstante T2 wiederum verzögert, d. h. die Steigung der Asymptote wird noch um −20
dB/Dek geändert: (− 20 dB/Dek − 20 dB/Dek) = −40 dB/Dek.
Die Zeitkonstante Tv befindet sich im Zähler des Gesamtfrequenzganges und hat differenzie-
rende Wirkung, so dass die Steigung der Asymptote bei der Eckfrequenz
1
ωE3 = = 4 s −1
Tv

um +20 dB/Dek geändert wird: (− 40 dB/Dek + 20 dB/Dek) = −20 dB/Dek.


Somit ergibt sich der im Bild 5.9 gezeigte Verlauf der Asymptoten des Amplitudenganges. Um
den wahren Verlauf des Amplitudenganges zu erreichen, sollen die Ordinaten bei jeder Eckfre-
quenz um ± ΔG = 3 dB korrigiert werden.

Das Phasengang ergibt sich in ähnlicher Weise wie der Amplitudengang, wobei der
folgende Zusammenhang zwischen Steigung des Amplitudenganges und dem Pha-
senwinkel im Bereich der kleinen ω - Werte bzw. bei ω T1 << 1 besteht:

Gesamtfrequenzgang Steigung der Asymptote Phasenwinkel


G0( jω) im Bereich der kleinen ω-Werte im Bereich der kleinen ω-Werte
Ohne I-Anteil 0 dB/Dek 0°
Mit I-Anteil −20 dB/Dek −90°
Mit Doppel-I-Anteil −40 dB/Dek −180°
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 159

G0 dB
ωE1= 0,2 s-1 ωE2= 1 s-1 ωE3= 4 s-1

40dB
3dB dB
− 20
Dek

dB
20dB 3dB − 40
Dek

Amplitudengang
dB
− 20
Asymptoten Dek
0 dB
0,1 1 ω /s −1

K P1 K P2 K P3 (1 + sTv )
Bild 5.9 Amplitudengang für Reihenschaltung G 0 ( s ) = mit
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
KP1 = 2; KP2 = 4 und KP3 = 8, sowie T1 = 5 s; T2 = 1 s und Tv = 0,25 s

Jede Änderung der Steigung der Asymptoten des Amplitudenganges um ΔG = ± 20


dB/Dek entspricht der Änderung des Phasenwinkels um Δϕ = ±90°.
Bild 5.10 zeigt den Phasengang für eine Reihenschaltung von drei Gliedern mit der
gesamten Übertragungsfunktion (5.32) nach dem Beispiel 5.1.

ϕ
ωE1= 0,2 s-1 ωE2= 1 s-1 ωE3= 4 s-1
0,1 1 ω /s −1

− 45°
Asymptoten
− 90°
Phasengang
− 135°

− 180°

K P1 K P2 K P3 (1 + sTv )
Bild 5.10 Phasengang für G 0 ( s ) =
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
160 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

• Beispiel 5.2
Gegeben sind zwei in Reihe geschaltete Glieder mit den Übertragungsfunktionen
x (s) K P1
G1 ( s ) = a1 = mit K P1 = 8 T1 = 7 s T22 = 10 s 2
x e1 ( s ) 1 + sT1 + s 2T22

x (s) K I2
G2 ( s ) = a2 = mit K P2 = 4 T3 = 0,5 s
xe2 ( s ) 1 + sT3
Gesucht sind:
a) der Amplituden- und der Phasengang der Reihenschaltung G0( jω ) = G1( jω ) G2( jω ).
b) Für welche Kreisfrequenz ist ϕ(ω) = − 180°?
Zu a)
Zunächst muss G1( jω) (P-T2-Glied) untersucht werden, ob eine weitere Zerlegung in zwei
P-T1-Strecken möglich ist. Die Dämpfung ist gleich:
α T1 7s
D= = = = 1,105 > 1 .
β 2T2 2 10 s 2

Folglich ist folgende Zerlegung möglich


K P1 K P1 1
G1 ( s ) = = ⋅
1 + sT1 + s 2T22 1 + sTa 1 + sTb

K P1
G1 ( s ) =
1 + s (Ta + Tb ) + s 2Ta Tb
Durch Koeffizientenvergleich findet man
T1 = Ta + Tb (5.30)

T22 = Ta Tb . (5.31)

Löst man die Gl. (5.30) und (5.31) nach Ta und Tb auf, so erhält man
Ta = 2 s und Tb = 5 s .
Es handelt sich hier um drei in Reihe geschaltete P-T1-Glieder mit den Eckfrequenzen
1 1 1
ω E1 = = 0,2 s -1 ω E2 = = 0,5 s -1 ω E3 = = 2 s -1 .
Tb Ta T3
Wir zeichnen zunächst die Asymptoten, wie in Bild 5.11 gezeigt. Um den wahren Verlauf des
Amplitudenganges zu erreichen, wird der Asymptotenverlauf bei jeder Eckfrequenz mit einem
Korrekturwert von ± ΔG = 3 dB ergänzt.
Beim Phasengang verläuft die Kurve tangentiell zu den Asymptoten und zwar durch die Mittel-
punkte bei jeder Eckfrequenz. Dies folgt daraus, dass der Phasenwinkel bei jeder Eckfrequenz
ωEk = 1/Tk beträgt
ϕ k = arctan(ωEkTk ) = arctan(1) = 45°.
5.2 Darstellung in Reihe geschalteter Glieder im Bode-Diagramm 161

G0 dB
ωE1= 0,2 s-1 ωE2= 0,5 s-1 ωE3= 2 s-1

40dB
dB
3dB − 20 Dek

3dB
dB
− 40
20dB Dek

dB
− 60
Dek
3dB
0 dB
0,1 1 ω /s −1
ϕ
0,1 1 ω /s −1

− 45°

− 90°

− 135°

− 180°
ϕ = −180°
− 225°

− 270°

K P1 K P2
Bild 5.11 Bode-Diagramm für G1 ( s ) = ⋅
1 + sT1 + s 2T22 1 + sT3

Zu b): Aus dem Bode-Diagramm folgt, dass der Phasenwinkel ϕ (ω) = − 180° bei der Kreisfre-
quenz von ca. ω = 1,1 s-1 erreicht wird.

• Beispiel 5.3
Gegeben ist eine PID-Regeleinrichtung mit der Übertragungsfunktion
 1 
G R ( s ) = K PR 1 + + sTv  (5.32)
 sTn 

K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s .
162 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

Es soll das Bode-Diagramm der Regeleinrichtung GR(jω) ermittelt werden. Hierzu bringen wir
Gl. (5.32) zunächst auf einen gemeinsamen Nenner und zerlegen anschließend den Zähler in
zwei Linearfaktoren (s.a. Abschnitt 4.3.6).

1 + sTn + s 2TnTv
GR ( s) = K PR , (5.33)
sTn

(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )


GR ( s) = K PR . (5.34)
sTn
Durch Koeffizientenvergleich der beiden Zähler von (5.33) und (5.34) erhalten wir:
Tn = Tn′ + Tv′ , (5.35)

Tn Tv = Tn′ ⋅ Tv′ . (5.36)


Lösen wir (5.35) und (5.36) nach Tn′ und Tv′ , so finden wir

Tn′ = (5 + 5 ) s = 7,24 s

Tv′ = (5 − 5 ) s = 2,76 s .

In der in Gl. (5.34) gefundenen Form lässt sich das Bode-Diagramm des Gesamtfrequenzgan-
ges in einfacher Weise konstruieren. Die Eckfrequenzen sind:
1 1 1 1
ωEn = = = 0,138 s-1 ωEv = = = 0,362 s-1.
Tn′ 7,24 Tv′ 2,76

Wir zeichnen zunächst die Asymptoten des Amplitudenganges. Da der Gesamtfrequenzgang


einen I-Anteil besitzt, hat die Asymptote des Amplitudenganges im Bereich der kleinen ω -
Werte, d. h. bei ω << ωEn , die negative Steigung −20 dB/Dek und schneidet die ω - Achse bei

K PR 20
ω0 = K I0 = = = 2 s-1
Tn 10

Bei der ersten Eckfrequenz ωEn ändert sich die Steigung der nächsten Asymptote gegenüber der
vorherigen um +20 dB/Dek, da sich die Zeitkonstante T´n im Zähler der Übertragungsfunktion
(5.34) befindet. Somit beträgt die resultierende Steigung der Asymptote des Amplitudenganges
zwischen Kreisfrequenzen ωEn und ωEv den folgenden Wert:
(− 20 dB/Dek + 20 dB/Dek) = 0 dB/Dek.
Bei der Eckfrequenz ωEv ändert sich die Steigung der Asymptote gegenüber der vorherigen
wieder um +20 dB/Dek, da sich die Zeitkonstante T´v auch im Zähler der Übertragungsfunktion
(5.34) befindet. Die resultierende Steigung der Asymptote nach der Kreisfrequenz ωEv ist:
(0 dB/Dek + 20 dB/Dek) = 20 dB/Dek.
Der Phasengang fängt bei ϕ = − 90° an, weil die Übertragungsfunktion (5.34) einen I-Anteil
hat. Im weiteren Verlauf werden die Asymptoten des Phasenganges genauso wie beim Ampli-
tudengang geändert, indem jede Amplitudenänderung von 20 dD/Dek einer Phasenänderung
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms 163
von 90° entspricht. Das resultierende Bode-Diagramm ist im Bild 5.12 dargestellt. Wie Bild
5.12 zeigt, wird ϕ (ω0) = 0° bei
1
ω0 = = 0,223 s -1 und G R ( jω 0 ) = K PR .
Tn T v

G 1
dB 1
ωEn = = 0,138 s−1 ωEv = = 0,362 s−1
Tn′ Tv′
60dB
−20 +20
dB/Dek dB/Dek
40dB

20dB
KI0 = 2 s−1
0 dB
0,01 0,1 1,0 ω, s-1
+ 90°
ϕ(ω)


ϕ (ω0 ) = 0°

− 90°
Bild 5.12 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit KPR = 20; Tn = 10 s; Tv = 2 s.

5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms


Die in den Abschnitten 5.2.1 bis 5.2.2 behandelten graphischen Verfahren zur Ermitt-
lung des Amplituden- und Phasenganges verliert mit dem Fortschreiten der Compu-
terentwicklung an Bedeutung. So können die in diesem Kapitel gebrachten Beispiele
5.1, 5.2, 5.3 ohne Schwierigkeiten mit einem programmierbaren Taschenrechner ge-
löst werden. Die Übertragungsfunktion bzw. der Frequenzgang muss hierzu nicht in
Linearfaktoren zerlegt vorliegen, sondern es genügt die Polynomform von Zähler und
Nenner. Dies ist besonders wichtig bei Regelkreisen, die innere Schleife aufweisen.
Zur numerischen Berechnung des Amplituden- und Phasenganges ist die Übertra-
gungsfunktion in die folgende standardisierte Form zu bringen
Z ( s ) − sTt
G0 ( s ) = ⋅e (5.37)
N ( s)

mit den Polynomen


Z ( s ) = bm s m + bm −1s m-1... + b1s + b0 , (5.38)
164 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren

N ( s) = an s n + an −1s n −1... + a1s + a0 . (5.39)


Substituieren wir in Gl. (5.37) s durch jω , so folgt der Frequenzgang
Z ( j ω ) − j ω Tt
G0 ( jω ) = ⋅e . (5.40)
N ( jω )
Das Zähler- und das Nennerpolynom werden in Real- und Imaginärteil zerlegt
Z ( jω ) = Re ( Z ) + j ⋅ Im ( Z ) , N ( jω ) = Re ( N ) + j ⋅ Im ( N ) .

Infolge e − jωTt = 1 errechnen sich der Betrag und die Phase von G0( jω) zu

Re 2 ( Z ) + Im 2 ( Z )
G 0 ( jω ) = (5.41)
Re 2 ( N ) + Im 2 ( N )

Im ( Z ) Im ( N )
ϕ0 ( jω ) = arctan − arctan − ω Tt (5.42)
Re ( Z ) Re ( N )
Der wirksame Einsatz des in Kapitel 12 beschriebenen Simulationsprogramm
MATLAB soll im folgenden Beispiel eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors
mit unterlagerter Stromregelung demonstriert werden.

• Beispiel 5.4
Zur Ermittlung der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Drehzahlregelkreises wird der
Wirkungsplan 5.13 so umgezeichnet, dass sich getrennte Schleifen ergeben. Gegenüber Bild
5.13 ist in Bild 5.14 die Verzweigung der Stromrückführung nach rechts an den Ausgang ver-
legt. Die zusätzliche Integration wird durch das Differenzierglied GD(s) wieder rückgängig
gemacht.
Aus Bild 5.14 folgt für den aufgeschnittenen Drehzahlregelkreis
x( s ) G1 ( s ) G2 ( s) G t ( s ) G M ( s )
G0 ( s ) = = (5.43)
e( s ) 1 + G 2 ( s ) G t ( s ) G M ( s ) G D ( s )

KA
mit G M ( s ) = . (5.44)
sTM (1 + sT A ) + K1 K A
Durch Einsetzen der entsprechenden Übertragungsfunktionen in Gl. (5.43) erhalten wir:
1 + sTn1 1 + sTn2 Kt KA
K P1 ⋅ K P2 ⋅ ⋅
sTn1 sTn2 1 + sTt K1 K A + sTM (1 + sT A )
G0 ( s ) =
1 + sTn2 Kt KA
1 + K P2 ⋅ ⋅ ⋅ sTM
sTn2 1 + sTt K1 K A + sTM (1 + sT A )

K P1 K P2 K t K A (1 + sTn1 )(1 + sTn2 )


G0 ( s ) = . (5.45)
sTn1{sTn2 (1 + sTt ) [ K1 K A + sTM (1 + sT A )] + K P2 K t K A sTM (1 + sTn 2 )}
5.3 Numerische Berechnung des Bode-Diagramms 165

K1 KP1 = 50
KP2 = 1
Kt = 18
KP1, Tn1 KP2, Tn2 Kt, Tt KA, TA TM KA = 0,3
w e − iA x K1 = 10
+ + +
− Drehzahl- − Stromregler Tn1 = 0,7 s
regler Tn2 = 0,01 s
Tt = 0,005 s
TA = 0,012 s
TM = 0,44 s

Bild 5.13 Wirkungsplan eines drehzahlgeregelten Gleichstrommotors mit unterlagerter Strom-


regelung
K1 GM

KP1, Tn1 KP2, Tn2 Kt, Tt KA, TA TM


w e − iA x
+ + − +
− G1 G2 Gt
TM

GD

Bild 5.14 Wirkungsplan mit der an den Ausgang gelegten Verzweigungsstelle der Stromrück-
führung

Mit den Abkürzungen:


b0 = K P1 K P2 K t K A = 270

b1 = b0 ⋅ (Tn1 + Tn2 ) = 191,7 s

b2 = b0 ⋅ Tn1Tn2 = 1,89 s 2

a 0 = a1 = 0

a 2 = Tn1 K A (Tn2 K1 + TM K P2 K t ) = 1,6842 s 2

a 3 = Tn1Tn2 [TM (1 + K P2 K t K A ) + Tt K1 K A ] = 1,9817 ⋅ 10 −2 s 3

a 4 = Tn1Tn2TM (Tt + TA ) = 5,236 ⋅ 10 −5 s 4

a 5 = Tn1Tn2TM TA Tt = 1,8484 ⋅ 10 −7 s 5
166 5 Das Bode Diagramm. Frequenzkennlinienverfahren
wird Gl. (5.45) in die zur numerischen Berechnung erforderliche Form gebracht und wir erhal-
ten

x( s ) b2 s 2 + b1 s + b0
G0 ( s ) = = . (5.46)
e( s ) a 5 s 5 + a 4 s 4 + a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0

Die Modellbildung mittels MATLAB erfolgt mit der Übertragungsfunktion „tf“ (Transfer
Function):
G = tf ( [Zählerkoeffizienten], [Nennerkoeffizienten]);

wobei sowohl die Zähler- als auch die Nennerkoeffizienten, beginnend mit dem der höchsten
Potenz, durch ein Leerzeichen getrennt, aufgelistet werden.
Somit folgt für das vorliegende Beispiel:
G = tf ([1.89 191.7 270], [1.848E−7 5.236E−5 1.9817E−2 1.6842 0 0])
plot(222);
grid on;
bode (G,{0.1, 1000})
Der letzte Befehl enthält in der geschweiften Klammer den Frequenzbereich
bode(G, { ωmin, ωmax } )

Bild 5.15 zeigt den Amplituden- und Phasenverlauf.

Bild 5.15 Bode-Diagramm des offenen Drehzahlregelkreises nach Bild 5.13


167

6 Stabilitätskriterien

In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu


Regelkreisen zusammengeschaltet und deren Führungs- und Störverhalten untersucht.
Die dort behandelten Systeme waren so ausgesucht, dass der geschlossene Kreis
höchstens von 2. Ordnung war. Mit Hilfe der Führungs- bzw. Störübertragungsfunkti-
on und der Dämpfung D wurde gezeigt, dass für D > 0 stets Stabilität vorliegt, d. h.,
dass die Regelgröße nur Schwingungen mit abklingender Amplitude ausführen kann
und nach beendetem Einschwingvorgang einen Beharrungszustand erreicht. Bei Stre-
cken höherer Ordnung liegen die Dinge nicht mehr so einfach. So kann es bei falsch
eingestellten Kenngrößen der Regeleinrichtung zur Instabilität kommen. Wird ein
solch instabiler Regelkreis durch eine auftretende Störung angestoßen, so führt die
Regelgröße Schwingungen aus, die sich zu immer größeren Amplituden aufschaukeln.
Diese Erscheinung ist höchst unerwünscht und kann u. U. zur Zerstörung der Anlage
führen. Neben dieser als oszillatorische Instabilität bezeichneten kennt man noch die
monotone Instabilität. Unter Letzterer versteht man das gleichförmige Anwachsen
bzw. Abnehmen der Regelgröße nach Auftreten einer Störung, bis es z. B. durch An-
schläge zur Ruhe kommt.
Die Stabilität eines Regelkreises wird bestimmt:
• durch die Eigenschaften der Regelstrecke,
• durch die Kenngrößen der Regeleinrichtung.
Bei einem strukturstabilen Regelkreis ist es immer möglich, durch geeignete Einstel-
lung der Kenngrößen der Regeleinrichtung einen stabilen Regelverlauf zu erreichen,
im Gegensatz zu strukturinstabilen Systemen. In Abschnitt 4.3.2.2 wurde bereits ge-
zeigt, dass eine integrale Regelstrecke, die mit einer integralen Regeleinrichtung einen
Regelkreis bildet, grundsätzlich instabil (strukturinstabil) ist. Im Folgenden werden
ausschließlich strukturstabile Regelkreise behandelt.
Zweck der Stabilitätsbetrachtung ist es, bei gegebener Regelstrecke die am besten
geeignete Regeleinrichtung festzulegen und bei auftretender Instabilität zu erkennen,
welche Kenngrößen geändert werden müssen, um stabile Verhältnisse zu schaffen. So
kann die Erhöhung der Verstärkung der Regeleinrichtung bei einer P-Strecke 1. Ord-
nung zur Erzielung einer möglichst geringen Regeldifferenz durchaus sinnvoll sein.
Bei einer P-Strecke 3. Ordnung wird, wie die Stabilitätskriterien zeigen, mit zuneh-
mender Verstärkung die Neigung zur Instabilität größer.
Es sind eine Reihe von Stabilitätskriterien bekannt, von denen einige wichtige behan-
delt werden sollen. Mathematisch gesehen, sind diese Kriterien alle äquivalent, denn
alle betrachten die homogene Differentialgleichung bzw., den Kreisfrequenzgang des
Regelkreises rechnerisch oder graphisch und lassen sich ineinander überführen. In der
Praxis jedoch haben die einzelnen Stabilitätskriterien ihre speziellen Vor- und
Nachteile, so dass die Wahl des anzuwendenden Kriteriums von der Problemstellung
abhängt.

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_6,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
168 6 Stabilitätskriterien

6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz


In Abschnitt 4.2 wurde anhand des Wirkungsplanes 4.9 für den geschlossenen Regel-
kreis mit Gl. (4.13) die folgende Beziehung abgeleitet
x( s )[1 + G R ( s )GS ( s )] = G R ( s )GS ( s ) ⋅ w( s ) + GS ( s ) ⋅ z ( s )

oder
 1 
x( s )  + G R ( s ) = G R ( s ) ⋅ w( s ) + z ( s ) . (6.1)
 GS ( s ) 

GR(s) und GS(s) sind die Übertragungsfunktionen von Regeleinrichtung und Regel-
strecke. Für eine Strecke m-ter Ordnung lautet die Übertragungsfunktion
x( s ) K PS
GS ( s ) = = . (6.2)
m m
y ( s ) s Tm + ... + s 2T 2 + sT1 + 1
2

Nehmen wir zur Regelung eine PID-Regeleinrichtung, so ist


y ( s)  1  s 2Tn Tv + sTn + 1
GR (s) = R = K PR 1 + + sTv  = K PR . (6.3)
e( s )  sTn  sTn

Mit (6.2) und (6.3) in (6.1) folgt


 s m Tmm + ... + s 2 T 2 + sT1 + 1 s 2 Tn Tv + sTn + 1 
x( s )  2
+ K PR 
 K PS sTn 
 

s 2 Tn Tv + sTn + 1
= K PR w( s ) + z ( s ) . (6.4)
sTn

Multiplizieren wir (6.4) mit s⋅Tn⋅KPS und ordnen nach Potenzen von s, so erhalten wir
[ s m +1 Tn Tmm + ... + s 3 Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + s Tn (1 + K PR K PS )
am +1 a3 a2 a1
(6.5)
+ K PR K PS ] x ( s) = [ s 2 Tn Tv K PR K PS + s Tn K PR K PS + K PR K PS ]w( s ) + sTn K PS z ( s ).
a0 b2 b1 b0 c1

Mittels Differentiationssatz und den obigen Abkürzungen finden wir im Zeitbereich


die Differentialgleichung des geschlossenen Kreises (mit n = m + 1):
a n x ( n) (t ) + ... + a3 xa (t ) + a 2 xa (t ) + a1 x a (t ) + a 0 x a (t )
(6.6)
= b2 w (t ) + b1 w (t ) + b0 w(t ) + c1 z(t ).

In den Abschnitten 3.3 und 3.5 wurde gezeigt, dass bei einer Strecke 2. Ordnung das
dynamische Verhalten (gedämpfte oder aperiodische Schwingungen) durch den Auf-
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz 169

bau der homogenen Differentialgleichung bzw. durch die Polverteilung der Übertra-
gungsfunktion bestimmt ist. Ebenso wird die Frage der Stabilität bzw. der Instabilität
eines Regelkreises von der Struktur der homogenen Differentialgleichung beschrieben
und ist unabhängig von der Art der Eingangsgrößen w(t) und z(t).
Es genügt die Untersuchung der homogenen Differentialgleichung oder der charakte-
ristischen Gleichung. Erstere folgt aus Gl. (6.6) zu
an x ( n ) (t ) + ... + a2 xa (t ) + a1 xa (t ) + a0 xa (t ) = 0 . (6.7)

Die charakteristische Gleichung ist identisch mit dem gleich Null gesetzten Nenner-
polynom von Gw(s) bzw. Gz(s) und folgt mit w(s) = 0 und z(s) = 0 aus Gl. (6.5) oder
aus Gl. (6.7) durch Laplace-Transformation
an s n + an -1s n −1... + a3s 3 + a2 s 2 + a1 s + a0 = 0 . (6.8)

Nach dem Fundamentalsatz der Algebra hat die Gl. (6.8) n Lösungen, wobei die Wur-
zeln (reell, imaginär oder komplex) in der s-Ebene dargestellt werden können. Ferner
wissen wir, dass komplexe Wurzeln immer konjugiert auftreten. Ist der Realteil einer
Wurzel positiv, so liegt diese in der rechten s-Halbebene und das System ist instabil.
Ein Regelkreis mit einer charakteristischen Gleichung 2. Grades, für die an,..., a3 = 0
gilt, ist immer stabil. Dies gilt nur unter der Voraussetzung, dass die Koeffizienten a2,
a1, a0 alle vorhanden sind und gleiches Vorzeichen besitzen. So führt z. B. die Zusam-
mensetzung zweier I-Glieder zu einem Regelkreis (Abschnitt 4.3.2.2) zu einer Diffe-
rentialgleichung 2. Ordnung, in der der Koeffizient a1 fehlt.
Es soll nun für einen Regelkreis, bestehend aus einer Strecke 2. Ordnung und einer
PID-Regeleinrichtung, die charakteristische Gleichung näher untersucht werden. Aus
Gl. (6.5) folgt für Tm,..., T3 = 0
a 3 s 3 + a 2 s 2 + a1 s + a 0 = 0 . (6.9)

Zur Lösung verwenden wir den Ansatz


s = α ± jω . (6.10)

Ein solches Polpaar ergibt eine Schwingung, die gedämpft, aufklingend oder von kon-
stanter Amplitude sein kann.
• Für α < 0 wird für t→∞ xˆ (∞ ) = 0 (abklingende Schwingung),
• Für α > 0 wird für t→∞ x̂(∞) = ∞ (aufklingende Schwingung),
• Für α = 0 ergibt sich eine Dauerschwingung x̂ = konstant.
Setzen wir Gl. (6.10) in (6.9) ein, so folgt:
a 3 (α 3 ± jω3α 2 − 3αω 2 # jω3 ) + a 2 (α 2 ± jω2α − ω 2 ) + a1 (α ± jω) + a 0 = 0. (6.11)

Zur Erfüllung dieser Gleichung muss sowohl der Real- als auch der Imaginärteil Null
sein.
170 6 Stabilitätskriterien

Re : a3 (α 3 − 3αω 2 ) + a2 (α 2 − ω 2 ) + a1α + a0 = 0
a3α 3 + a2α 2 + a1α + a0 = ω 2 (3a3α + a2 ) . (6.12)
Im : # a3ω ± ω (3a3α + 2a2α + a1 ) = 0
3 2

3a3α 2 + 2a2α + a1
ω2 = . (6.13)
a3

Mit (6.13) in (6.12) folgt:


a32α 3 + a2 a3α 2 + a1a3α + a0 a3 = (3a3α 2 + 2a2α + a1 )(3a3α + a2 )

bzw.
a1a2 − a0 a3 = −8a32α 3 − 8a2 a3α 2 − 2a22α − 2a1a3α

a1a2 − a0 a3 = −2α [4a32α 2 + 4a2 a3α + a22 + a1a3 ] (6.14)

a1a2 − a0 a3 = −2α [(2a3α + a2 ) 2 + a1a3 ] .

Unter der Voraussetzung, dass alle Koeffizienten positiv sind, kann man aus Gl.
(6.14) folgende Bedingungen ableiten:
• Ist a1a 2 − a 0 a 3 > 0 , so ist α negativ (abklingende Schwingung, der Kreis ist stabil).
• Für a1a 2 − a 0 a 3 = 0 ist α = 0 (Fall der Dauerschwingung, Stabilitätsgrenze).
• Ist a1a 2 − a 0 a3 < 0 , so ist α > 0 (aufklingende Schwingung, der Kreis ist instabil).
Dieser Zusammenhang lässt sich durch eine Determinante D ausdrücken.
a1 a 3 > 0 stabil

D= = 0 Stabilitätsgrenze (6.15)
a0 a 2 < 0 instabil.

Hurwitz hat nun die Abhängigkeit der Stabilität von den Koeffizienten an, ..., a1, a0
abgeleitet und in Form der so genannten Hurwitz-Determinante, dargestellt, die den
folgenden Aufbau hat:

a1 a3 a5 a7 ... Die Determinante hat stets n Zeilen und


n Spalten, wobei n der Grad der charak-
a0 a2 a4 a6 ... teristischen Gleichung ist. Die erste
0 a1 a3 a5 ... Zeile wird durch die Koeffizienten mit
ungeraden Indizes a1, a3, a5,... gebildet.
D= 0 a0 a2 a4 ... Die zweite Zeile enthält die Koeffizien- (6.16)
0 0 a1 a3 ... ten mit geraden Indizes a0, a2, a4, ... .
Die dritte bzw. vierte Zeile entspricht
0 0 a0 a2 ... der ersten bzw. zweiten Zeile nur um
. . . . ... eine Spalte nach rechts verschoben.
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz 171

Nach dem Hurwitz-Kriterium müssen für die Stabilität eines Regelkreises folgende
Bedingungen erfüllt sein:
a) Für ein System n-ter Ordnung müssen alle Koeffizienten an, ... a0 vorhanden sein
und alle positives Vorzeichen besitzen.
b) Die aus den Koeffizienten an, ... a0 gebildete Determinante sowie die in Gl. (6.16)
gestrichelt umrandeten Unterdeterminanten müssen größer als Null sein.
Für eine charakteristische Gleichung 3. Grades (n = 3), erhält man

a1 a3 0
D = a0 a2 0 = a1a 2 a3 − a 0 a32 .
0 a1 a3
Daraus folgt für ein stabiles System mit a1 > 0 und a3 > 0
a1a2 − a0 a3 > 0 (stabil). (6.17)
Dieses Ergebnis ist identisch mit der zuvor abgeleiteten Beziehung (6.15).
Für eine Differentialgleichung 4. Ordnung (n = 4) folgt:

a1 a3 0 0
a1 a3 0
a0 a2 a4 0
D= = a4 a0 a2 a4 ,
0 a1 a3 0 0 a1 a3
0 a0 a2 a4

D = a 4 (a1a 2 a 3 − a 0 a32 − a12 a 4 ) (6.18)

und bei Stabilität (für a4 > 0)


a1a 2 a 3 − a 0 a 32 − a12 a 4 > 0 . (6.19)

Für eine charakteristische Gleichung 5. Grades (n = 5) folgt aus Gl. (6.16)


a1 a3 a5 0 0

a0 a2 a4 0 0
D= 0 a1 a3 a5 0 .

0 a0 a2 a4 0
0 0 a1 a3 a5
Der Faktor a5 in der 5. Zeile und 5. Spalte kann unberücksichtigt bleiben wie in Gl.
(6.18). Es verbleiben nur noch die ersten vier Zeilen und Spalten. Entwickeln wir
diese nach der 4. Spalte, so folgt:
172 6 Stabilitätskriterien

 a1 a3 a5 a1 a3 a5 
 
D = a 5 − a 5 a 0 a2 a4 + a 4 a0 a2 a4 
 0 a0 a2 0 a1 a3 

D = a5 [−a5 (a1a 22 + a 02 a5 − a 0 a 2 a3 − a 0 a1a 4 )

+ a 4 (a1a 2 a 3 + a 0 a1a 5 − a12 a 4 − a 0 a32 )] .

Nach einer Zwischenrechnung erhält man bei Stabilität


(a 0 a3 − a1a 2 )(a 2 a5 − a3 a 4 ) − (a 0 a5 − a1a 4 ) 2 > 0 . (6.20)

• Beispiel 6.1
Gegeben ist ein Regelkreis, bestehend aus einer P-T2-Strecke und KPS = 0,5
einer PI-Regeleinrichtung mit den folgenden Übertragungsfunktionen T1 = 30 s
2 2
 T2 = 200 s
K PS 1 
GS ( s ) = und G R ( s ) = K PR 1 + .
sTn 
KPR = 10
s 2 T22 + sT1 + 1 
Tn = 4 s
Gesucht:
a) Ist der Regelkreis stabil?
b) Auf welchen Wert müsste Tn vergrößert werden, um die Stabilitätsgrenze zu erreichen?
e) Bei gleicher Nachstellzeit wie unter a) soll durch Hinzunahme eines D-Anteils die
Stabilitätsgrenze erreicht werden. Wie groß muss Tv gemacht werden?

Zu a)
Aus Gl. (6.1) wurde die Differentialgleichung des geschlossenen Regelkreises entwickelt. Die
für die Stabilitätsuntersuchung maßgebende charakteristische Gleichung entspricht der linken
Seite von Gl. (6.1):
 1 
x( s )  + G R ( s ) = 0
 GS ( s ) 
bzw.
1
+ G R ( s ) = 0. (6.21)
GS ( s )
Durch Einsetzen der gegebenen Übertragungsfunktionen GR(s) und GS(s) in Gl. (6.21) folgt:

s 3 Tn T22 + s 2 Tn T1 + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 .
,
a3 a2 a1 a0

Für die Koeffizienten ergeben sich folgende positive Werte:

a3 = TnT22 = 800 s3 ; a1 = Tn (1 + K PR K PS ) = 24 s;
a2 = TnT1 = 120 s ; 2 a0 = K PR K PS = 5.
6.1 Stabilitätskriterium nach Hurwitz 173
Die Hurwitz-Determinante für eine charakteristische Gleichung 3. Grades, die wir bereits abge-
leitet haben, führt zu
D = a3 (a1a2 − a0 a3 )
bzw.

a1a2 − a0 a3 = 2880 s3 − 4000 s3 = −1120 s3 .


D < 0, d. h. der Regelkreis ist instabil.

Zu b)
An der Stabilitätsgrenze ist D = 0 bzw.
a1a 2 = a 0 a3

Tn2T1 (1 + K PR K PS ) = TnT22 K PR K PS

T22 K PR K PS 1000 s 2
Tn = = = 5,55 s .
T1 (1 + K PR K PS ) 30 s ⋅ 6
Für Tn > 5,55 s ist der Regelkreis stabil. Dies ist noch keine Aussage über die Regelgüte. So
würde z. B. für Tn = 6 s die Dämpfung des Systems immer noch zu gering sein.

Zu c)
Durch den zusätzlichen D-Anteil erhält die charakteristische Gleichung folgende Form:
s 3Tn T22 + s 2 Tn (T1 + Tv K PR K PS ) + sTn (1 + K PR K PS ) + K PR K PS = 0 .
Durch Nullsetzen der entsprechenden Kenngrößen folgt dies auch aus. Gl. (6.5). Gegenüber a)
hat sich lediglich der Koeffizient a2 geändert.
a 2 = Tn (T1 + Tv K PR K PS ).
An der Stabilitätsgrenze ist wieder D = 0 bzw.
a1a 2 = a 0 a3

K PR K PST22
Tn (T1 + Tv K PR K PS ) =
1 + K PR K PS

1  K PR K PST22 
Tv =  − T1  = 2,33 s .
K PR K PS  n
T (1 + K K
PR PS ) 

Für Tv > 2,33 s ist der Regelkreis stabil. Die Kreisfrequenz, mit der die Regelgröße an der
Stabilitätsgrenze schwingt, erhält man aus Gl. (6.12) bzw. (6.13), denn im Fall der Dauer-
schwingung ist α = 0. Aus Gl. (6.12) folgt für α = 0
a0
ω2 =
a2
174 6 Stabilitätskriterien
und aus Gl. (6.13)
a1
ω2 =
a3

a0 a1
ω= = = 3 ⋅10 −1 s -1 = 0,173 s -1 .
a2 a3

Abschließend kann gesagt werden, dass bei einer P-T2-Strecke die Stabilität durch Vergrößern
von Tn und Tv vergrößert wird, d. h. Verkleinerung des I- und Vergrößerung des D-Anteils.
X Aufgabe 6.1
Eine P-T3-Strecke mit
K PS
GS ( s ) =
(1 + sT1 ) 3

wird von einer P-Regeleinrichtung geregelt.


G R ( s ) = K PR
Gesucht:
a) Für welches KPR = KPRkr wird der Kreis instabil?
b) Wie groß ist dann die mittlere bleibende Regeldifferenz e(∞) für w(t) = w0⋅σ(t)?
c) Mit welcher Frequenz ω = ω kr schwingt die Regelgröße an der Stabilitätsgrenze?

6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist


Der vorangegangene Abschnitt hat gezeigt, dass das Hurwitz-Kriterium relativ einfach
zu handhaben ist. Es versagt jedoch, wenn der Regelkreis ein Totzeitglied enthält, das
nicht durch eine gewöhnliche Differentialgleichung beschrieben werden kann. In die-
sem Fall wird die charakteristische Gleichung transzendent und die Anwendung des
Hurwitz-Kriteriums ist nur näherungsweise möglich, wenn der Term e − sTt in eine
Potenzreihe entwickelt wird. Demgegenüber ist das Nyquist-Kriterium universeller
und schließt die Untersuchung von Totzeitsystemen mit ein. Zur Herleitung des Ny-
quist-Kriteriums betrachten wir den in Bild 6.1 gezeigten Regelkreis, dessen Füh-
rungs- und Störübertragungsfunktion bereits in Abschnitt 4.2 mit
G R ( s )GS ( s ) G0 ( s )
G w (s) = = und (6.22)
1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G0 ( s )

GS ( s ) GS ( s )
G z ( s) = = (6.23)
1 + G R ( s )GS ( s ) 1 + G 0 ( s )

abgeleitet wurden. Hierin ist die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises:


G 0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) . (6.24)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 175

z(s)
+
w(s) e(s) yR(s) y(s) x(s)
GR(s) GS(s) Bild 6.1
+ + Wirkungsplan des Regelkreises

Die charakteristische Gleichung des geschlossenen Systems folgt durch Nullsetzen


des Nenners von (6.22) bzw. (6.23) zu
1 + G0 ( s ) = 0 . (6.25)

Maßgebend für die Stabilität eines Systems ist, dass alle Nullstellen von [1 + G0(s)],
die identisch sind mit den Polen von Gw(s) bzw. Gz(s), in der linken s-Halbebene
liegen. Das Nyquist-Kriterium betrachtet den Verlauf der Ortskurve von [1 + G0( jω)],
die durch Parallelverschiebung von G0( jω) um + 1 in positiv reeller Richtung ent-
steht. Wie Bild 6.2 zeigt, kann man für die Ortskurve [1 + G0( jω)] den Punkt (- 1, j0)
als neuen Ursprung betrachten.
Nach Nyquist ist die Winkeländerung des Zeigers [1 + G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞
bei Stabilität abhängig von der Polverteilung von G0( jω), wie in Abschnitt 6.2.2 ge-
zeigt werden wird.
Im

−1 1 ω=∞ ω=0 Bild 6.2


G0(jω) Re Zusammenhang zwischen G0(jω) und
ω
1+G0(jω) [1+G0(jω)]

6.2.1 Graphische Ermittlung der Ortskurve bei gegebener Pol-


Nullstellenverteilung

Gegeben sei die Übertragungsfunktion G0(s) in Linearfaktoren


( s − s n1 )( s − s n2 )( s − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅
G0 ( s ) = K ⋅ . (6.26)
( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅
Die in Gl. (6.26) expliziten Pole und Nullstellen lassen sich, wie in Bild 6.3 gezeigt,
in der s-Ebene darstellen.
Betrachten wir den Frequenzgang von Gl. (6.26), so wird
( jω − s n1 )( jω − s n2 )( jω − s n3 ) ⋅ ⋅ ⋅
G0 ( jω ) = K . (6.27)
( jω − s P1 )( jω − s P2 )( jω − s P3 ) ⋅ ⋅ ⋅
Für einen bestimmten ω - Wert stellt jeder der Linearfaktoren in Gl. (6.27) einen
176 6 Stabilitätskriterien

jω − sP1
jω − sn1
ϕP1
jω ϕn1
sP1

jω − sP2 σ
ϕP2 Bild 6.3
Pol-Nullstellenverteilung in der
s-Ebene

Zeiger dar, der von dem betreffenden Pol bzw. der Nullstelle zum Punkt jω auf der
ima-ginären Achse zeigt. Die Länge des Zeigers entspricht dem Betrag des Linearfak-
tors, und die Phasenverschiebung ist der Winkel, den der Zeiger mit der positiv reel-
len Achse einschließt. Gl. (6.27) erhält dann die Form
jω − s n1 jω − s n2 jω − s n3 ⋅ ⋅ ⋅ j (ϕ n1+...−ϕ p1−...)
G0 ( jω ) = K e . (6.28)
jω − s p1 jω − s p2 jω − s p3 ⋅ ⋅ ⋅

Der Betrag des resultierenden Zeigers an die Ortskurve G0( jω) ergibt sich durch Mul-
tiplikation bzw. Division der einzelnen Zeigerlängen jω − s ni bzw. jω − s pi und
dem Faktor K. Entsprechend erhalten wir den resultierenden Phasenwinkel durch Ad-
dition bzw. Subtraktion der ϕni(ω) bzw. ϕpi(ω). Zu jedem ω - Wert lässt sich so der
Zeiger an die Ortskurve G0( jω) graphisch bestimmen, dessen Endpunkt beim Durch-
laufen von ω = 0 ... ∞ die Ortskurve beschreibt.
Bei der Anwendung des Nyquist-Kriteriums interessiert die gesamte Winkeländerung
Δϕ, die der Zeiger beim Durchlaufen der Ortskurve von [1+ G0( jω)] im Bereich
0 ≤ ω ≤ ∞ zurücklegt. Diese gesamte Winkeländerung ergibt sich ebenfalls aus der
Summe der Winkeländerungen, hervorgerufen durch die einzelnen Pole und Nullstel-
len. In Bild 6.4 sind die Winkeländerungen für den Fall dargestellt, dass die Nullstelle
links bzw. rechts der imaginären Achse liegt. Nullstellen auf der imaginären Achse
werden im Anschluss behandelt.
jω jω jω jω
Δϕ1 Δϕ1
sn1 sn1
Δϕ Δϕ
σ σ σ σ
sn sn
sn2 Δϕ2 Δϕ2 sn2

π π Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = +π Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = −π
Δϕ = + Δϕ = −
2 2
Bild 6.4 Winkeländerung Δϕ in Abhängigkeit von der Lage der Nullstellen
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 177

Wie Bild 6.4a) und b) zeigt, bewirkt eine Nullstelle links der imaginären Achse eine
Winkeländerung von Δϕ = +π/2 und eine Nullstelle rechts der imaginären Achse ein
Δϕ = −π/2 (im mathematischen Drehsinn), wenn ω = 0 ... ∞ geändert wird.
Betrachten wir nun das konjugiert komplexe Nullstellenpaar in Bild 6.4c) und d), so
wird bei negativem Realteil insgesamt eine Winkeländerung Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = +π
bewirkt und bei positivem Realteil Δϕ = Δϕ1 + Δϕ2 = - π. Da komplexe Nullstellen
nur konjugiert auftreten, können wir generell pro Nullstelle mit einer Winkeländerung
Δϕ = +π/2, bei negativem Realteil und Δϕ = −π/2, bei positivem Realteil rechnen. Für
Polstellen gelten in Bild 6.4 die umgekehrten Vorzeichen,
Es ist nun noch der Fall einer Nullstelle bzw. eines Poles auf der imaginären Achse
nachzutragen. Betrachten wir hierzu die beiden Übertragungsfunktionen:
K
G1 ( s ) = (6.29)
1 + sT1
und
K
G 2 ( s) = . (6.30)
n
( sT1 ) (1 + sT1 )
Der Phasenwinkel des Frequenzganges zu Gl. (6.29) lautet
ϕ1 (ω ) = − arctan(ω T1 ) . (6.31)
Daraus folgt:
ϕ1 (ω = 0) = 0

π
ϕ1 (ω = ∞) = − und
2
π
Δϕ1 = ϕ1 (ω = ∞) − ϕ1 (ω = 0) = − .
2
Für den Frequenzgang zu Gl. (6.30) erhalten wir den Phasenwinkel
 π
ϕ 2 (ω ) =  −  ⋅ n − arctan(ω T1 ) . (6.32)
 2
Aus Gl. (6.32) folgt
 π
ϕ 2 (ω = 0) =  − ⋅n.
 2

 π π
ϕ 2 (ω = ∞) =  −  ⋅ n − und
 2 2

π
Δϕ 2 = ϕ 2 (ω = ∞) − ϕ 2 (ω = 0) = − .
2
178 6 Stabilitätskriterien

Das Ergebnis zeigt, dass die gesamte Winkeländerung Δϕ unabhängig ist von der
Anzahl der Pole auf der imaginären Achse. Pole auf der imaginären Achse verändern
zwar den Verlauf der Ortskurve, in dem die Anfangslage des Zeigers pro Pol um −π/2
gedreht wird, sie haben jedoch keinen Einfluss auf die gesamte Winkeländerung Δϕ.
Bezeichnen wir die Nullstellen mit sni, so erhalten wir zusammenfassend das folgende
Ergebnis:
 π
+ 2 für Re( s ni ) < 0

Δϕ ni =  0 für Re( s ni ) = 0 (6.33)
 π
− für Re( s ni ) > 0.
 2
Für Pole gelten in Gl. (6.33) die umgekehrten Vorzeichen.

6.2.2 Ableitung des Nyquist-Kriteriums

Nach Gl. (6.25) lautet die charakteristische Gleichung


Z ( s)
1 + G0 ( s) = 1 + =0. (6.34)
N (s)

Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(s) in Gl. (6.34) ist, unter
Vernachlässigung eines eventuell vorhandenen Totzeitgliedes, eine rational gebroche-
ne Funktion, mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nennerpolynom N(s). Bei realen
Systemen ist der Grad n des Nennerpolynoms immer größer, höchstens gleich dem
Grad des Zählers. Bringen wir Gl. (6.34) auf den gemeinsamen Nenner N(s), so wird
N ( s) + Z ( s)
1 + G0 ( s) = =0 (6.35)
N ( s)

bzw. der Frequenzgang


N ( jω ) + Z ( jω )
1 + G 0 ( jω ) = . (6.36)
N ( jω )

Das Zählerpolynom Gl. (6.35) N(s) + Z(s) hat dann ebenfalls den Grad n. Die gesamte
Winkeländerung Δϕ des Frequenzganges 1+ G0( jω) ergibt sich aus
1. den n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) und
2. den n Polstellen von N( jω).
Der geschlossene Kreis mit der charakteristischen Gleichung (6.35) soll stabil sein,
d. h., dass sämtliche n Nullstellen von N( jω) + Z( jω) negativen Realteil haben müs-
sen. Nach der Beziehung (6.33) beträgt die Winkeländerung infolge der Nullstellen
von (6.36)
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 179

 π
Δϕ1 = n ⋅  + . (6.37)
 2

Der Nenner N(s) von 1 + G0(s) ist identisch mit dem Nenner von G0(s). Das offene
System G0(s) muss nicht stabil sein, d. h. die n Pole können beliebig in der s-Ebene
verteilt liegen.
Unter Verwendung der folgenden Bezeichnungen
n Ordnung von G0(s)
nl Anzahl der Pole in der linken s-Ebene
nr Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene
ni Anzahl der Pole auf der imaginären Achse
erhalten wir
n = nl + ni + n r . (6.38)

Die durch den Nenner von (6.36) bedingte Winkeländerung ist dann
  π  π  π
Δϕ 2 = − nl  +  + n r  −   = − (nl − n r ). (6.39)
  2   2  2

Für die gesamte Winkeländerung von 1 + G0( jω) folgt somit


π
Δϕ = Δϕ1 + Δϕ 2 = (n − nl + n r ). (6.40)
2
Obwohl die auf der imaginären Achse liegenden Pole keinen Beitrag liefern, folgt aus
Gl. (6.38)
nl = n − ni − n r . (6.41)

Mit Gl. (6.41) in Gl. (6.40) erhalten wir schließlich


π
Δϕ = ( 2 n r + n i ) ⋅ . (6.42)
2
Die allgemeine Fassung des Nyquist-Kriteriums lautet:
Besitzt die Übertragungsfunktion des offenen Kreises G0(s) 

nr Pole mit positivem Realteil und ni Pole auf der imaginären 
Achse, dann ist der geschlossene Kreis genau dann stabil, wenn 
der vom kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) ge- 
zogene Fahrstrahl beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 
 (6.43)
0 ≤ ω ≤ ∞ eine Winkeländerung von 
π 
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅ 
2 
beschreibt.
180 6 Stabilitätskriterien

6.2.3 Anwendung des Nyquist-Kriteriums

Zur Interpretation des Nyquist-Kriteriums betrachten wir im Folgenden, rein qualita-


tiv, einige Systeme mit typischen Polkonfigurationen

1. G0(s) hat nur Pole mit negativem Realteil.

Ein Regelkreis bestehe aus einer P-T3-Strecke mit


K PS
GS ( s ) =
(1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )

und einer Regeleinrichtung mit


G R ( s ) = K PR .

Wie die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises


K PR K PS
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
(1 + sTa )(1 + sTb )(1 + sTc )

zeigt, liegen sämtliche Pole in der linken s-Halbebene, d. h. es ist


nr = 0
ni = 0 (6.44)

nl = n.
Die Bedingung für Stabilität des geschlossenen Kreises nach (6.43) mit (6.44) ergibt
Δϕ = 0. (6.45)

In Bild 6.5 ist der Verlauf der Ortskurve von G0( jω) qualitativ dargestellt. Vergrö-
ßern wir KPR, so wird der Zeiger G0( jω) proportional gestreckt. In Bild 6.5a) be-
schreibt der Fahrstrahl [1 + G0( jω)] eine Winkeländerung von Δϕ = 0, wie bei Stabi-
lität durch Gl. (6.45) gefordert. Durch Vergrößern von KPR geht in Bild 6.5b) die
Ortskurve G0( jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0).
Im Im Im

a) Δϕ = 0 b) c) Δϕ = − 2π
Re Re Re
1+ G0 (jω) Δϕ
1+ G0 (jω)
1+ G0 (jω)
ω
ω
ω

Bild 6.5 Ortskurvenverlauf G0( jω): nl = n; nr = ni = 0, a) stabil, b) Stabilitätsgrenze, c) instabil


6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 181

Das ist der Fall der Stabilitätsgrenze. Eine weitere Vergrößerung von KPR führt zu
dem in Bild 6.5c) gezeigten Ortskurvenverlauf, mit einer Winkeländerung des Fahr-
strahls [1 + G0( jω)] von
Δϕ = −2π,
d. h., der geschlossene Kreis ist instabil.

2. G0(s) hat, neben Polen mit negativem Realteil, einen Pol im Ursprung.
In Bild 6.6 sind die beiden Fälle Stabilität und Instabilität für
K PS
GS ( s ) = und
(1 + sTa )(1 + sTb )

K IR
GR (s) = bzw.
s
K IR K PS
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) =
s (1 + sTa )(1 + sTb )

dargestellt. Es ist nr = 0 und ni = 1. Damit folgt aus Bedingung (6.43)


π
Δϕ = + ,
2
bei Stabilität (Bild 6.6a). Durch Vergrößern von KIR nimmt die Ortskurve [1+G0( jω)]
den in Bild 6.6b) gezeigten Verlauf mit einer Winkeländerung von
3
Δϕ = − π ,
2
d. h., der geschlossene Kreis ist instabil. Für den Fall der Stabilitätsgrenze würde
G0(jω) gerade durch den kritischen Punkt (−1, j0) verlaufen.
Im Im

Δϕ Δϕ
−1 ω=∞ Re ω=∞ Re
−1
ω
ω

a) Δϕ = + π (stabil) b) Δϕ = − 3π (instabil)
2 2

Bild 6.6 Ortskurvenverlauf G0( jω) mit nr = 0; ni = 1


182 6 Stabilitätskriterien

3. G0(jω) enthält ein Totzeitglied.


Betrachten wir hierzu einen Regelkreis bestehend aus
K PS − sTt
GS ( s ) = e und (6.46)
1 + sT1

G R ( s ) = K PR .
Der Frequenzgang des aufgeschnittenen Kreises lautet dann
K PR K PS − jω Tt
G0 ( jω ) = GR ( jω )GS ( jω ) = e ,
1 + jω T1
dessen Betrag
K PR K PS
G0 ( jω ) =
1 + (ω T1 ) 2
ist unabhängig von der Totzeit. Dagegen erhält der Phasenwinkel
ϕ0 (ω ) = −ω Tt − arctan(ω T1 )
durch das Totzeitglied eine zusätzliche Phasendrehung −ω Tt, proportional ω. Reale
Glieder haben immer Tiefpasscharakter, so dass für ω → ∞ alle Ortskurven in den
Ursprung laufen. Wie bereits in Abschnitt 3.9 gezeigt, verlaufen die Ortskurven von
Totzeitsystemen spiralförmig in den Ursprung. Ohne Beweis sei hier angemerkt, dass
auch bei Totzeitkreisen die Bedingung (6.43) gilt. Für das durch Gl. (6.46) beschrie-
bene System ist nr = ni = 0. Die Winkeländerung muss gemäß der Bedingung (6.43)
Δϕ = 0
sein, wenn der geschlossene Kreis stabil arbeiten soll. Bild 6.7a) zeigt den Verlauf
von G0( jω) bei Stabilität. Bei Instabilität (Bild 6.7b) ist die Winkeländerung des
Fahrstrahls [1 + G0( jω)]
Δϕ = −2π.
Wird der kritische Punkt n-mal umschlungen, so ist
Δϕ = n ⋅ (−2π ) .

Im Im
a) Δϕ = 0 b) Δϕ =− 2π
Δϕ
Re Re

−1 ω=0 ω=0
[1+ G0 (jω)] −1 Bild 6.7 Ortskurvenverlauf
[1+ G0 (jω)] G0( jω) beim Vorhanden-
ω
sein einer Totzeit Tt,
ω
a) stabil, b) instabil
6.2 Stabilitätskriterium nach Nyquist 183

• Beispiel 6.2
Gegeben ist der in Bild 6.8 abgebildete Regelkreis mit
K PS KPS = 0,5
GS ( s ) = und TI = 10 s
sTI (1 + sT1 )
T1 =5s
 1  s 2 Tn Tv + sTn + 1 KPR = 20
G R ( s ) = K PR 1 + + sTv  = K PR .
Tn
 sTn  sTn =4s
Tv = 0,2 s

z
w e yR + y x
Bild 6.8 Regelkreis bestehend aus
+ + einer IT1-Strecke und einer PID-
− GR(s) GS(s) Regeleinrichtung

Es sind zu ermitteln:
a) Ist der Regelkreis stabil?
b) Wie beeinflussen die drei Regelparameter die Stabilität?

Zu a)
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises

s 2Tn Tv + sTn + 1
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = K PR K PS (6.47)
s 2Tn TI (1 + sT1 )
zeigt, dass ein Doppelpol im Ursprung vorliegt (doppeltes I-Verhalten). Die Winkeländerung
wird mit ni = 2, nr = 0 nach Bedingung (6.43) bei Stabilität
Δϕ = + π. (6.48)
Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von
1 − ω 2TnTv + jω Tn
G0 ( jω ) = K PR K PS . (6.49)
− ω 2TnTI (1 + jω T1 )

Zerlegen wir Gl. (6.49) in Real- und Imaginärteil, so wird:

K PR K PS 1 + ω 2Tn (T1 − Tv ) 
Re(G0 ) = − ⋅  (6.50)
ω 2TnTI  1 + (ω T1 ) 2 

K PR K PS  T − T − ω 2TnTvT1 
Im (G0 ) = ⋅ 1 n . (6.51)
ω TnTI  1 + (ω T1 ) 2 

Aus den Gln. (6.50) und (6.51) folgen die in der Tabelle angegebenen Punkte mit dem in Bild
6.9 gezeigten Ortskurvenverlauf. Der Kreis ist demnach instabil.
184 6 Stabilitätskriterien
Zu b)
Der Einfluss von KPR auf die Stabilität ist leicht zu finden. Vergrößern wir KPR, so wächst der
Zeiger G0( jω) proportional. Dadurch kann erreicht werden, dass die Ortskurve den in Bild 6.9
gestrichelt gezeichneten Verlauf nimmt. Für
20
K PR > = 25,
0,8
wird der geschlossene Kreis stabil. Der Fahrstrahl von (−1, j0) an die gestrichelte Ortskurve
beschreibt jetzt eine Winkeländerung von Δϕ = + π, wie durch Gl. (6.48) gefordert.
Der Einfluss der beiden anderen Regelparameter ergibt sich aus der Betrachtung des Schnitt-
punktes der Ortskurve mit der negativ reellen Achse. Es ist dann
Im (G0) = 0.
Damit folgt aus Gl. (6.51)
T1 − Tn
ω2 = . (6.52)
TnTvT1
Mit (6.52) in (6.50) erhalten wir im Schnittpunkt
TnTv
Re(G0 ) = − K PR K PS . (6.53)
TI (T1 − Tn )

ω Re (G0) Im (G0)
Im
ω 0 −∞ +∞
Δϕ = −π
T1 − Tn
Re − 0,8 0
Tn Tv T1
ω=∞
−1
∞ 0 0

Bild 6.9 Ortskurvenverlauf G0( jω) des durch Gl. (6.47) gegebenen Systems

Wie Bild 6.9 zeigt, muss bei Stabilität die Winkeländerung Δϕ = + π sein. Dies wird erreicht,
wenn die Ortskurve G0( jω) den kritischen Punkt links liegen lässt, d. h. für
Re(G0 ) < −1 . (6.54)
Setzen wir Gl. (6.54) in Gl. (6.53) ein, so folgt
Tn T v
K PR K PS >1. (6.55)
TI (T1 − Tn )

Daraus ermitteln wir für die drei Parameter:


T (T − Tn )
K PR > I 1 = 25 oder
K PSTn Tv
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 185

TI (T1 − Tn )
Tv > = 0,25 s oder
K PR K PSTn

TIT1
Tn > = 4,17 s .
TI + K PR K PSTv

Die Stabilität des Regelkreises nach Bild 6.8 wird durch Vergrößern von KPR, Tv und Tn er-
höht, also größerem P- und D-Anteil aber kleinerem I-Anteil.
X Aufgabe 6.2
Überprüfen Sie die Ergebnisse von Beispiel 6.1 mittels Nyquist-Kriterium.

6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm


Das im vorherigen Abschnitt 6.2 beschriebene Nyquist-Kriterium in Ortskurven-
darstellung ist sehr anschaulich, jedoch in seiner Anwendung recht unhandlich, be-
sonders wenn es darum geht, den Einfluss von Parameteränderungen oder zusätzlicher
Glieder, die z. B. im kritischen Bereich eine Phasenanhebung bzw. Amplitudenabsen-
kung bewirken, zu erkennen. Demgegenüber bietet das Bode-Diagramm einige Vor-
züge bei der Darstellung des Frequenzganges G0( jω) des aufgeschnittenen Kreises,
auf die wir bereits in Abschnitt 5.2 bei der Behandlung in Reihe geschalteter Glieder
hingewiesen haben.
Im Folgenden soll nun das Nyquist-Kriterium in das Bode-Diagramm übertragen wer-
den. Danach ist gemäß Bedingung (6.43) ein System stabil, wenn der Fahrstrahl
[1 + G0( jω)] beim Durchlaufen der Ortskurve von ω = 0 ... ∞ eine Winkeländerung
π
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅
2
ausführt. In dieser Form ist das Nyquist-Kriterium nicht ohne Weiteres im Bode-
Diagramm anwendbar, da bei bekanntem Verlauf von G0( jω) nach Betrag und Phase
im Bode-Diagramm der Verlauf von [1 + G0( jω)] im Gegensatz zur Ortskurven-
darstellung, nur mittels Hilfen (Hall- oder Nichols-Diagramm) ermittelt werden kann.
Es soll nun gezeigt werden, dass aus der Anzahl und Art der Schnittpunkte zwischen
der Ortskurve [1 + G0( jω)] und der links des kritischen Punktes (−1, j0) gelegenen
negativ reellen Achse, auf die gesamte Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)]
geschlossen werden kann.
Schneidet die Ortskurve [1 + G0( jω)] die negativ reelle Achse links von (−1, j0), so
bezeichnen wir den Schnittpunkt als positiv (S = + 1), wenn die Ortskurve bei zuneh-
mender Frequenz aus dem 2. in den 3. Quadranten wechselt und als negativen Schnitt-
punkt (S = − 1) beim Wechsel vom 3. in den 2. Quadranten. Die Gesamtzahl der
Schnittpunkte υ besteht aus υp positiven und υn negativen, so dass gilt
υ =υp + υn . (6.56)
186 6 Stabilitätskriterien

Nehmen wir zunächst an, dass G0( jω) keine Pole im Ursprung hat, dann beginnt die
Ortskurve G0( jω) für ω = 0 auf der positiven reellen Achse. Ferner wissen wir, dass
für alle realen Systeme G0( jω) für ω → ∞ im Ursprung endet. Im Folgenden werden
die Schnittpunkte fortlaufend mit zunehmender Frequenz nummeriert. Bild 6.10 zeigt
für den Fall, dass nur positive Schnittpunkte vorliegen, den Ortskurvenverlauf
[1 + G0( jω)] und die Winkeländerung Δϕ bezüglich des Fahrstrahls [1 + G0( jω)].

Im Im
ω Δϕ =− 4π
S1 = +1
S1 = −1
S2 = +1 −1 [1+ G0 (jω)] ω=0 −1 ω=∞ ω=0
ω=∞ Re [1+ G0 (jω)] Re
S2 = −1
Δϕ =+ 4π
ω

Bild 6.10 Winkeländerung Δϕ bei aus- Bild 6.11 Winkeländerung Δϕ bei aus-
schließlich positiven Schnittpunkten υp = 2 schließlich negativen Schnittpunkten υn = 2

Die gesamte Winkeländerung ergibt sich zu


Δϕ = υ p ⋅ ( +2π ) .
Entsprechend ergibt sich, wie Bild 6.11 zeigt, beim Vorliegen von ausschließlich
negativen Schnittpunkten eine Winkeländerung von
Δϕ = υ n ⋅ (−2π ) .
Ist, wie in Bild 6.12 gezeigt, von den υ Schnittpunkten einer negativ, so ist unabhän-
gig von der Aufeinanderfolge die gesamte Winkeländerung
Δϕ = (υ p − 1) ⋅ 2π .

Entsprechend erhält man für υp positive und υn negative Schnittpunkte


Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π . (6.57)
Im

S3 = +1 Δϕ =+ 4π
S1 = −1 Bild 6.12 Winkeländerung
S2 = +1 ω=∞ ω=0
−1 Re Δϕ = +2π für υp = 2; υn = 1
[1+ G0 (jω)]

ω
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 187

Hat die Übertragungsfunktion G0( jω) Pole im Ursprung, so beginnt die Ortskurve im
Unendlichen, wie wir bereits in Abschnitt 6.2 gesehen haben. Die Anfangslage des
Fahrstrahls [1 + G0( jω)] ist dann um ni⋅(− π/2) gedreht.
Betrachten wir als erstes den Fall eines Pols im Ursprung ni = 1. Der Fahrstrahl be-
ginnt für ω = 0 bei −j∞ und legt, wie die Bilder 6.13 und 6.14 zeigen, bis zum Errei-
chen des 1. positiven oder negativen Schnittpunktes gegenüber Gl. (6.57) einen zu-
sätzlichen Winkel von + π/2 zurück, so dass gilt
π
Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + (für ni = 1 ). (6.58)
2
Im Im

S1 = +1 Δϕ
Re −1 Re
−1 S1 = − 1
Δϕ
ω Δϕ = + −3 π Δϕ = − π

2 2
ω

Bild 6.13 Winkeländerung Δϕ bis zum Bild 6.14 Winkeländerung Δϕ bis zum
1. positiven Schnittpunkt (ni = 1) 1. negativen Schnittpunkt (ni = 1)

Für ni = 2 (Doppelpol im Ursprung) beginnt die Ortskurve G0( jω) bei − ∞. Hier ist
der Zusammenhang nicht so eindeutig wie bei ni = 1 und bedarf einer weiteren Fallun-
terscheidung. Bild 6.15 zeigt die verschiedenen Winkeländerungen, die der Fahrstrahl
von ω = 0 bis zum Erreichen des 1. positiven Schnittpunktes zurücklegen kann.
Vergleicht man Bild 6.15a) mit Bild 6.10, so ist der Winkel bis zum Erreichen des
positiven Schnittpunktes in Bild 6.15a) um π gegenüber Bild 6.10 reduziert. In Bild
6,15b) ist der Winkel Δϕ0,1 um + π gegenüber Bild 6.10 vergrößert.

[1+ G0 (jω)] Im Im
ω 1
S0 = + −
−1 S1 = +1 Re
2 −1
1
S0 = − −
2
S1 = +1 Re ω
[1+ G0 (jω)]
a) Δϕ =0 b) Δϕ =+ 2π

Bild 6.15 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen des
1. positiven Schnittpunktes S0 = + 1, a) Anfang verläuft im 2. Quadranten
b) Anfang verläuft im 3. Quadranten
188 6 Stabilitätskriterien

Der Unterschied im Verlauf des Anfangsstücks der beiden Ortskurven in Bild 6.15a)
und 6.15b) besteht darin, dass in a) die Ortskurve für kleine ω - Werte im 2. Quadran-
ten und in b) im 3. Quadranten verläuft. Die negative reelle Achse ist die Grenzlinie
zwischen dem 2. und 3. Quadranten. Der Übertritt von der negativ reellen Achse in
den 2. Quadranten (Bild 6.15a) lässt sich als halber negativer Schnittpunkt (S0 = −
1/2) interpretieren und entsprechend in Bild 6.15b) als halber positiver Schnittpunkt
(S0 = + 1/2), so dass bei Berücksichtigung dieser Festlegung wieder Gl. (6.57) gilt.
Bild 6.16 zeigt den Zusammenhang für ni = 2 bis zum Erreichen des 1. negativen
Schnittpunktes.
[1+ G0 (jω)]
1 Im 1 ω Im
S0 = + − S1 = − 1 S0 = − −
2 −1 2 −1
Re S1 = − 1 Re
ω
[1+ G0 (jω)]
a) Δϕ =0 b) Δϕ =− 2π

Bild 6.16 Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0( jω)] von ω = 0 bis zum Erreichen
des 1. negativen Schnittpunktes S1 = − 1

Man kann sich leicht überzeugen, dass die Beziehung (6.57) auch gilt, wenn kein
Voll-Schnittpunkt links des kritischen Punktes liegt. Zusammenfassend erhalten wir
0 für ni = 0 oder 2

Δϕ = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + π (6.59)
 2 für ni = 1.

Das Nyquist-Kriterium kann nun abhängig von den Schnittpunkten formuliert werden.
Bei Stabilität muss Gl. (6.59) der Bedingung (6.43) genügen, d. h.
0 für ni = 0 oder 2
π 
( 2n r + ni ) = (υ p − υ n ) ⋅ 2π + π (6.60)
2  2 für ni = 1.

Kürzen wir in Gl. (6.60) durch π und setzen ni ein, so folgt


 nr
 für ni = 0 oder 1
(υ p − υ n ) =  2 (6.61)
n +1
 r für ni = 2.
 2

Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass für ni = 2 der halbe positive bzw. halbe
negative Schnittpunkt in Gl. (6.61) berücksichtigt werden muss.
Anhand von Bild 6.17 soll die prinzipielle Anwendung erläutert werden. Das betrach-
tete System habe eine doppelte Polstelle im Ursprung aber keine Pole in der rechten
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 189

s-Halbebene (nr = 0; ni = 2). Wir bezeichnen die Frequenz für die |G0( jω d)| = 1 bzw.
|G0( jω d)| dB = 0 dB wird als die so genannte Durchtrittsfrequenz
ω = ω d.
Es zählen nur die Schnittpunkte links des kritischen Punktes, d. h. im Bode-Diagramm
der Bereich, in dem |G0( jω d)| = > 1 ist. In Bild 6.17 ist dieser identisch mit ω < ω d .
Schneidet G0( jω) die negativ reelle Achse, so ist
ϕ 0 (ω ) = i ⋅ 180° , mit i = ±1, ±3, ±5,…

G0

1
ωd
ω Bild 6.17 Stabilitätsbetrachtung
0° nach Nyquist anhand der Schnitt-
ϕ0 punkte im Bode-Diagramm
−90° (nr = 0; ni = 2)
S1 = +1
1
S0 = − −
2
−180°
S2 = −1
−270°

Im interessierenden Bereich ist S1 = + 1 ein positiver Schnittpunkt, da mit wachsender


Frequenz die Phase zunimmt. Entsprechend ist S2 = − 1 ein negativer Schnittpunkt
(Phase nimmt ab). Der asymptotische Verlauf von ϕ0(ω) → − 180° für ω → 0 wird
vereinbarungsgemäß als ein halber negativer Schnittpunkt S0 = − 1/2 (Phase nimmt
ab) gewertet. Somit erhalten wir für das betrachtete System
1 1
υ p − υ n = S 0 + S1 + S 2 = − + 1 − 1 = − . (6.62)
2 2
Die Bedingung (6.61) fordert aber für ni = 2
nr + 1 1
υp − υn = =+ , (6.63)
2 2
und wird durch Gl. (6.62) nicht erfüllt, d. h. der geschlossene Kreis ist instabil.
Wir erkennen leicht aus Bild 6.17, dass durch Verkleinern der Kreisverstärkung (z. B.
KPR) der gesamte Amplitudengang |G0( jω)| parallel nach unten verschoben wird (ge-
strichelte Kurve). Der Phasengang bleibt unverändert. Die Durchtrittsfrequenz ω d
rückt damit nach links. Fällt ω d zwischen die Schnittpunkte S1 und S2, so wird
190 6 Stabilitätskriterien

1 1
υ p − υ n = S 0 + S1 = − + 1 = + ,
2 2
wie durch Gl. (6.63) gefordert. Der geschlossene Kreis ist stabil.
Eine weitere Verringerung der Kreisverstärkung rückt ω d noch weiter nach links, bis
schließlich, wenn der Durchtritt ω d zwischen S0 und S1 erfolgt, nur noch S0 im Be-
reich |G0( jω)| > 1 liegt. Es ist dann
1
υp − υn = S0 = − .
2
Das heißt, das geschlossene System ist ebenfalls instabil.

6.3.1 Vereinfachtes Nyquist-Kriterium

Das durch Bild 6.17 erläuterte Nyquist-Kriterium in der Schnittpunktform gilt allge-
mein. In praxi sind Systeme, deren Übertragungsfunktionen G0(s) Pole in der rechten
s-Halbebene besitzen, äußerst selten. Beschränken wir uns auf den weitaus häufigsten
Fall, dass der aufgeschnittene Kreis keine Pole mit positivem Realteil und höchstens
einen Doppelpol im Ursprung hat (nr = 0; ni = 0, 1, 2), so ist eine weitere Vereinfa-
chung bei der Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm möglich.
Unter der Voraussetzung nr = 0 sollen die Fälle ni = 0 oder 1 und ni = 2 im Folgenden
nacheinander diskutiert werden.
1. Für ni = 0 bzw. ni = 1 beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei 0° bzw. − 90°. Die Bedin-
gung (6.61) fordert bei Stabilität
υp −υn = 0 ,

G0

1 Bild 6.18 Stabilitätsbetrachtung


ωd nach Nyquist anhand der Schnitt-
ω punkte im Bode-Diagramm
0° (nr = 0; ni = 1)
ϕ0
ϕ0 (ωd )
−90°
S2 = +1
ϕRd
−180°
S1 = −1
−270°
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 191

d. h., es müssen gleich viele positive und negative Schnittpunkte vorhanden sein.
Ist υp = υn = 0, so ist für alle ω-Werte stets ϕ0(ω) > − 180°. Bild 6.18 zeigt ϕ0(ω)
für υp = υn = 1. Stabilität ist nur möglich, wenn ω d links des negativen Schnitt-
punktes S1 oder rechts des positiven Schnittpunktes S2 liegt, d. h. für
ϕ0(ω d) >− 180°. Es ist leicht einzusehen, dass dies für beliebige υp = υn gilt.
2. Für ni = 2 (nr = 0) beginnt der Phasengang ϕ0(ω) bei −180°. Bei Stabilität muss
nach Bedingung (6.61)
nr + 1 1
υp − υn = = + sein.
2 2

Zur Diskussion können wir Bild 6.17 heranziehen. Das System ist infolge ni = 2
mit S0 = − 1/2 bzw. S0 = + 1/2 vorbelastet, je nach dem, ob ϕ0(ω) für kleine ω-
Werte unter oder über der (− 180°)-Linie verläuft. In Bild 6.17 beginnt ϕ0(ω) mit
S0 = − 1/2. Stabilität kann durch einen weiteren positiven Schnittpunkt S1 erreicht
werden. Die Durchtrittsfrequenz ωd liegt dann rechts von S1 und es ist ϕ0(ω d) >
−180°. Jeder zusätzliche negative Schnittpunkt S2 erfordert zur Kompensation ei-
nen zusätzlichen positiven Schnittpunkt S3. Das heißt, Stabilität liegt immer dann
vor, wenn für |G0( jωd)| = 1 ϕ0(ω d) > −180° ist. Verläuft ϕ0(ω) für kleine ω-
Werte über der (− 180°)-Linie, so ist S0 = + 1/2. Das System ist stabil, wenn keine
weiteren negativen und Positiven Schnittpunkt hinzukommen oder paarweise in
der Reihenfolge (S1 = − 1, S2 = +1), (S3 = − 1, S4 = +1), und usw. Stets führt dies
zu ϕ0(ω d) > −180°.
Das vereinfachte Nyquist-Kriterium lässt sich dann wie folgt formulieren:
Besitzt die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Krei- 

ses G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und 
höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2), so ist  (6.64)
das geschlossene System stabil, wenn bei der Durchtrittsfre- 
quenz ωd, d. h. für |G0( jωd)| = 1, die Phasenverschiebung 

ϕ0(ω d) > −180° ist. 

6.3.2 Stabilitätsgüte und Phasenrand

Das vereinfachte Nyquist-Kriterium (6.64) fordert bei Stabilität, dass für |G0( jωd)| = 1
der zugehörige Phasenwinkel ϕ0( jω d) > − 180° ist. Die Dämpfung des geschlossenen
Kreises wird um so geringer, je mehr sich ϕ0( jω d) dem Wert − 180° nähert. Als qua-
192 6 Stabilitätskriterien

litatives Maß für die Stabilitätsgüte dient der Abstand von ϕ0( jω d) zur (− 180°)-Linie
und wird als Phasenrand oder Phasenreserve ϕRd bezeichnet. Wie Bild 6.18 zeigt, ist
ϕ Rd = ϕ 0 (ω d ) − (−180°) = ϕ 0 (ω d ) + 180° . (6.65)

Als Erfahrungswerte gelten:


• bei Führungsverhalten ϕRd > 40° ... 70° und
• bei Störverhalten ϕRd > 30°.
Bild 6.19 zeigt den Phasenrand anhand des Ortskurvenverlaufs G0( jω).
Im

+1

Bild 6.19 Phasenrand ϕRd, Schnittpunkt der


Re
−1 Ortskurve G0(jω ) mit dem Einheitskreis
+1
ϕRd
G0 (jω )
−1
ω

• Beispiel 6.3
Gegeben ist eine Regelstrecke mit Verzögerung 1 0rdnung und Totzeit gemäß Beispiel 3.10
(Mischbehälter mit nachfolgender Ianger Leitung), deren Übertragungsfunktion lautet
K PS − sTt
GS ( s ) = e .
1 + sT1
Diese wird von einer PI-Regeleinrichtung mit
 1 
G R ( s) = K PR 1 + 
 sTn 
geregelt. Die Kenngrößen haben folgende Werte:
KPS = 0,8 KPR = 10
T1 = 100 s Tn = 20 s
Tt = 10 s (hier größer als in Beispiel 3.10)
Gesucht sind im Bode-Diagramm:
a) Ist der geschlossene Regelkreis stabil (ϕ Rd)?
b) Welchen Wert muss KPR annehmen, wenn ϕ Rd = 40° sein soll?

Zunächst werden die Asymptoten von |GR( jω )| und |GS( jω )| bzw. |G0( jω )| gezeichnet. Dabei
ist zu beachten, dass der Betrag des reinen Totzeitgliedes Eins ist. Die Eckfrequenzen liegen
bei:
6.3 Stabilitätsuntersuchung nach Nyquist im Bode-Diagramm 193

1 1
ω E1 = = 10 − 2 s −1 und ω E 2 = = 5 ⋅ 10 −2 s −1 .
T1 Tn
Mittels Amplituden- und Phasenlineal ermittelt man dann die in nachfolgender Tabelle angege-
benen Werte und zeichnet den Amplituden- und Phasengang (Bild 6.20).
Die Winkelwerte ϕ T für das Totzeitglied ergeben sich in einfacher Weise aus
t

ϕ Tt (ω ) = ω ⋅ Tt , d. h., ϕ Tt proportional ω.
0,1  
Für ω = ist ϕ T (ω ) = ω ⋅ Tt = 0,1 → ϕ T (ω ) = 5,73°
Tt t t

1  
Für ω = ist ϕ T = 1 → ϕ Tt (ω ) = 57,3°
Tt t

10  
Für ω = ist ϕ T = 10 → ϕ Tt (ω ) = 573° usw.
Tt t

-1 -3 -2 -1 -0
ω /s 10 0,002 0,005 10 0,02 0,05 10 0,2 0,5 10
ΔGPT1
−0,04 −0,17 −0,97 −3,01 −0,97 −0,17 −0,04 −0,01 0 0
dB
ΔGTt
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
dB
ΔGR
0 +0,01 +0,04 +0,17 +0,65 +3,01 +0,97 +0,26 +0,04 +0,01
dB
ΔG0
−0,04 −0,16 −0,93 −2,84 −0,32 −2,84 +0,93 +0,25 +0,04 +0,01
dB
ϕPT1 / ° −5,7 −11,3 −26,6 −45 −63,4 −78,7 −84,3 −87,1 −88,9 −89,4
ϕTt / ° −0,6 −1,1 −2,9 −5,7 −11,5 −28,7 −57,3 −114,6 −286,5 −573
−90 −90 −90 −90 −90 −90 −90 −90 −90 −90
ϕR / °
+1 +2,3 +5,7 +11,3 +21,8 +45 +63,4 +76 +84,3 +87,1
ϕ0 / ° −95,3 −100,1 −113,8 −129,4 −143,1 −152,4 −168,2 −215,8 −381,1 −665,3

Wie das Bode-Diagramm in Bild 6.20 zeigt, ist für ω = ω d1 bzw. |G0(jω d1)| dB= 0 dB
ϕ Rd1 = 180° + ϕ 0 (ω d1 ) = 16°
und somit der Regelkreis stabil.

Zu b)
Um den Phasenrand auf ϕ Rd1 = 40° zu vergrößern, muss die Durchtrittsfrequenz bei ω d2 =
-1
0,023 s liegen. Dies wird durch Absenken des Amplitudenganges um 17,7 dB erreicht und
entspricht einem Faktor von 7,7. Der neue Proportionalbeiwert ergibt sich zu
10
K PR = = 1,3 .
7 ,7
194 6 Stabilitätskriterien

− (1:1)
40dB

G dB
G0

− (2:1) GR
20dB

ωE1 ωE2 ωd1


0 dB

10−3 10−2 GS 10−1 ω /s −1

10−3 10−2 10−1 ω /s −1


ϕ 0°

− 45°

− 90°

− 135°
ϕRd1 = 40°
− 180°
ϕRd2 = 16°
− 225°

− 270°

− 315°

− 360°

Bild 6.20 Bode-Diagramm des offenen Kreises mit


1 + sTn
G 0 ( s ) = K PR K PS e − sTt (Beispiel 6.3)
sTn (1 + sT1 )

Die Wirkung einer Totzeitänderung auf die Stabilität kann ebenfalls leicht ermittelt werden.
Eine Vergrößerung der Totzeit ändert den Amplitudengang |G0( jω )| nicht; lediglich der Pha-
sengang ϕ0(ω) wird nach links verschoben. Das Ergebnis dieser Betrachtungen zeigt, dass für
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 195

diesen Regelkreis eine Vergrößerung des Proportionalbeiwertes KPR, sowie eine Vergrößerung
der Totzeit Tt, die Stabilität verschlechtern.

Ändert man die Nachstellzeit Tn., so ist der Einfluss nicht ohne weiteres erkennbar, da die Eck-
frequenz des PI-Gliedes sich ändert und damit der Abstand zur Eckfrequenz des P-Gliedes
1. Ordnung. Außerdem tritt eine Änderung des Phasenganges auf.

6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren


Das Zweiortskurvenverfahren, das auf Oppelt zurückgeht, ist eine sehr anschauliche
Methode zur Stabilitätsuntersuchung. Neben der exakten Auswertung, die auch exakte
Ergebnisse liefert, kann man mit Hilfe dieses Verfahrens ohne Rechnung rein gedank-
lich Tendenzen erkennen, die zur Stabilität bzw. Instabilität führen. Der charakteristi-
sche Verlauf der hauptsächlich in Frage kommenden Ortskurven kann bei einiger
Übung leicht ohne Tabellen angegeben werden. Insbesondere wird das Zweiortskur-
venverfahren zur Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen angewandt, die Nichtline-
aritäten enthalten.
Zur Erläuterung des Zweiortskurvenverfahrens betrachten wir Bild 6.21. Wie der
Name sagt, werden zwei Ortskurven in einem gemeinsamen Diagramm aufgetragen,
und zwar:
1. Die Ortskurve der Regeleinrichtung GR( jω ) und
2. die negative inverse Ortskurve der Regelstrecke −1/ GS( jω ).
Für die folgenden Betrachtungen wollen wir das vereinfachte Nyquist-Kriterium ge-
mäß der Beziehung (6.64) zu Grunde legen. Das heißt, wir betrachten nur Systeme,
deren Übertragungsfunktion G0(s) keine Pole mit positivem Realteil (nr = 0) und
höchstens einen Doppelpol im Ursprung (ni = 0, 1, 2) besitzt.
Nach (6.64) ist ein System stabil, wenn im Bode-Diagramm bei der Durchtrittsfre-
quenz ω d, d. h.
|G0( jω d)| = 1, (6.66)
der zugehörige Phasenwinkel ϕ0(ω d) > − 180° ist.
Aus Gl. (6.66) folgt
|G0( jω d)| = |GR( jω d)| |GS( jω d)| = 1

1
G R ( jω d ) = . (6.67)
GS ( jω d )
Da
GS ( jω d ) = − GS ( jω d )

ist, gilt auch


196 6 Stabilitätskriterien

−1
G R ( jω d ) = . (6.68)
GS ( jω d )

Gl. (6.67) oder (6.68) kann zur Berechnung von ω d benutzt werden. Wie Bild 6.21
zeigt, wird durch die beiden Zeiger
−1
GR ( jω d ) und
GS ( jω d )

der Winkel ϕR eingeschlossen, der identisch ist mit der Phasenreserve bzw. dem Pha-
senrand. Zum Beweis betrachten wir den Winkel, den der Zeiger
−1
GS ( jω d )
mit der positiv reellen Achse einschließt.

Im ω −1 Im ω −1
ω ω
GS GS

ω=0 ϕR ω=0
ϕR
ϕRd Re Re
ϕRd
ωd
GR ωd
a) ϕRd > 0 (stabil) b) ϕRd < 0 (instabil)
GR

Bild 6.21 Stabilitätsprüfung mittels Zweiortskurvenverfahren

Es ist
−1 1
= − 1 ⋅ e − j180° ⋅ ⋅ e − jϕS (ω )
GS ( jω d ) GS ( jω d )

−1 1
= ⋅ e − j (180°+ϕS ) .
GS ( jω d ) GS ( jω d )
Mit
 −1 
ϕ   = −(180° + ϕ S )
 GS 
folgt der in Bild 6.21 angegebene Phasenrand zu
 −1 
ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) − ϕ  
 S jω d )
G ( 
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 197

bzw.
ϕ Rd (ω d ) = ϕ R (ω d ) + ϕ S (ω d ) + 180° . (6.69)

Da ϕ0 = ϕR + ϕS ist, ist Gl. (6.69) identisch mit Gl. (6.65).


Nach dem Zweiortskurvenverfahren ist demnach ein System stabil, wenn für ω = ω d,
das heißt
−1
G R ( jω d ) = ,
GS ( jω d )

der Phasenrand ϕR(ω d) > 0 ist, bzw. der Zeiger GR(jω d) gegenüber dem Zeiger
−1
GS ( jω d )

voreilt. Für ϕR(ω d) = 0 arbeitet der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze.

6.4.1 Konstruktion der negativ inversen Ortskurve der Strecke

Für eine P-Strecke mit der Übertragungsfunktion


K PS
GS ( s ) = (6.70)
1 + sT1 + s T2 + s 3T33
2 2
+ ...

erhalten wir den negativ inversen Frequenzgang

−1 1 T T2 T3
=− − j 1 ω + 2 ω 2 + 3 ω 3 + ... (6.71)
GS ( jω ) K PS K PS K PS K PS

Diese Gleichung lässt sich als Zeigerpolygon in der Gaußschen Zahlenebene darstel-
len (Bild 6.22). Das Zeigerpolygon beginnt mit dem Zeiger −1/KPS auf der negativ
reellen Achse. Der zweite Term −jT1ω /KPS in Gl. (6.71) repräsentiert einen Zeiger in
negativ imaginärer Richtung. Daran schließt der reelle Zeiger T22ω 2 / K PS an usw.
Für jede Frequenz ergibt sich ein Zeigerpolygon, dessen Endpunkt einen Punkt der
Ortskurve darstellt.
Für ω = 0 beginnt die Ortskurve auf der negativ reellen Achse im Abstand −1/KPS
vom Ursprung. Die Ortskurve lässt sich in einfacher Weise konstruieren, wenn man
zunächst für eine bestimmte Frequenz (z. B. ω1 = 1 s-1) das Zeigerpolygon zeichnet.
Multipliziert man ω1 mit 2; 3; ..., so wird der erste Zeiger auf der negativ reellen Ach-
se unverändert bleiben, die Länge des zweiten Zeigers −jT1ω /KPS wird mit 2; 3; ...
multipliziert (wächst linear), die des dritten T22ω 2 / K PS wächst quadratisch usw.
198 6 Stabilitätskriterien

Im

d)
c) Bild 6.22 Konstruktion der
1 negativ inversen Ortskurve einer
− Re
K PS P-Strecke mit:
a) 1. Ordnung
− a1ω1 a2ω12
b) 2. Ordnung
c) 3. Ordnung
− a1⋅2ω1 1
d) 4. Ordnung
2
− a1⋅3ω1 a2 2 2 ω12 2 a1 =
T1 ; a 2 = T2
K PS K PS

− a1⋅4ω1 a2 3 2
ω12 3 ω
b)
a) a2 4 2 ω12 4

Bei I-Strecken beginnt die negativ inverse Ortskurve im Ursprung. Da in Gl. (6.71)
der erste Term −1/KPS verschwindet, fällt der erste Zeiger in die negativ imaginäre
Achse. Das folgende Beispiel soll das Zweiortskurvenverfahren näher erläutern.

• Beispiel 6.4
Eine P-T2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
KPS = 0,5
K PS
GS ( s ) = T1 =3s
s 2T22 + sT1 + 1 2 2
T2 =2s

wird von einem nicht idealen P-Regler mit Verzögerung 1. Ordnung geregelt
K PR KPR = 20
GR ( s) =
1 + sTa Ta = 1 s.

Der Regelkreis ist mittels Zweiortskurvenverfahren auf seine Stabilität zu untersuchen.


Wir zeichnen zunächst die negativ inverse Ortskurve der Strecke. Diese folgt aus

−1 1 T T2
=− − j 1 ω + 2 ω2.
GS ( jω ) K PS K PS K PS
-1
Für ω1 = 0,5 s ist
−1
= −2 − j 3 + 1 .
GS ( jω1 )
6.4 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren 199

Für 2ω1 = 1 s wird


-1

−1
= −2 − j 6 + 4 usw.
GS ( j 2ω1 )

Die Ortskurve des P-T1-Reglers ist ein Halbkreis im 4. Quadranten mit dem Durchmesser KPR.
Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven. Gemäß der Bedingung (6.70) su-
chen wir die Kreisfrequenz ω = ω d, für die

1
G R ( jω d ) =
GS ( jω d )
bzw.
K PR 1
= [1 − (ωT2 ) 2 ] 2 + (ωT1 ) 2 ist.
1 + (ωTa ) 2 K PS

Daraus folgt

1 − ( K PR K PS ) 2 + ω 2 (Ta2 − 2T22 + T12 ) + ω 4 (T24 + Ta2T12 − 2Ta2T22 ) + ω 6Ta2T24 = 0 .

Im
4

2
-4 -2 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Re

− a1ω1

− a1⋅2ω1 0,5 ϕRd


GR ( jω )
2
a2 2 ω1 1 ω / s-1
− a1⋅3ω1
2
0,5
a2 3 ω122
− a1⋅4ω1
1 −
1
2 GS ( jω )
a2 4 ω12 2

ω / s-1

Bild 6.23 Stabilitätsuntersuchung mittels Zweiortskurvenverfahren (P-T2-Strecke und P-T1-


T1 T2
Regeleinrichtung), mit a1 = ; a2 = 2 .
K PS K PS
200 6 Stabilitätskriterien
2
Diese kubische Gleichung in ω hat nur eine reelle Lösung
2 -1
ω = 2,196 s
bzw. ein reales (positives)
-1
ω = ω d = 1,482 s .
Damit folgt:
tan ϕ R = −ω d Ta = −1,482  ϕR = −56°

und
 −1  ω d T1  −1 
tan   = = −1,31  ϕ   = −52,65°.
2
 S  1 − (ω d T2 )
G  GS 
Der Phasenrand
 −1 
ω Rd = ϕ R − ϕ   = −3,35°
 GS 

ist negativ, bzw. für ω = ω d eilt GR( jω d) dem Zeiger −1/GS( jω d) nach, d. h. der geschlossene
Regelkreis ist instabil.
Wie Bild 6.23 zeigt, schneiden sich die beiden Ortskurven für KPR < 18 nicht mehr, der Kreis
ist dann stabil.
Für einen idealen P-Regler (Ta = 0) reduziert sich die Ortskurve GR( jω ) zu einem Punkt auf
der positiv reellen Achse im Abstand KPR zum Ursprung. Es ist offensichtlich, dass ein solcher
Regler erst im Zusammenspiel mit einer P-T3-Strecke instabil werden kann. Die negativ inverse
Ortskurve einer P-T3-Strecke durchläuft den 3., 4. und 1. Quadranten (Bild 6.22). Von Bedeu-
tung ist der Schnittpunkt der Ortskurve −1/GS( jω ) mit der positiv reellen Achse, der stets
rechts von KPR liegen muss, um die Stabilität des Regelkreises zu gewährleisten.
201

7 Das Wurzelortskurvenverfahren

Das dynamische Verhalten eines Regelkreises ist abhängig von der Polverteilung des
geschlossenen Kreises und wird durch die Wahl der Regelparameter beeinflusst. Mit
den in Kapitel 6 behandelten Stabilitätskriterien war eine Aussage über die relative
Lage der Pole des geschlossenen Kreises zur Stabilitätsgrenze möglich, ohne die ab-
solute Pollage explizit zu berechnen.
Demgegenüber gestattet das von dem amerikanischen Regelungstechniker W. R.
Evans 1948 erstmals vorgestellte Wurzelortskurvenverfahren die Änderung der Lage
der Pole des geschlossenen Kreises anhand der Pol-Nullstellen-Konfiguration des
aufgeschnittenen Kreises in Abhängigkeit von der Variation jeweils eines Regelpara-
meters zu bestimmen. Ein Nachteil des Wurzelortskurvenverfahrens besteht darin,
dass es sich nicht auf Systeme mit Totzeit anwenden lässt. Die Pole des geschlossenen
Kreises ergeben sich aus der charakteristischen Gleichung
1 + G0 ( s ) = 0 bzw. (7.1)

G 0 ( s ) = −1 . (7.2)

Darin ist
Z ( s)
G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) = = −1 (7.3)
N ( s)

durch eine gebrochen rationale Funktion mit dem Zählerpolynom Z(s) und dem Nen-
nerpolynom N(s) darstellbar. Wir können uns ferner G0(s), wie in Gl. (6.26), in Line-
arfaktoren zerlegt vorstellen.
( s − s N1 )( s − s N2 )( s − s N3 ) ... ( s − s Nm )
G0 ( s ) = K ⋅ = −1 . (7.4)
( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 ) ... ( s − s Pn )

Hierin sind sNi die Nullstellen (i = 1, 2...m) und sPj die Polstellen (j = 1, 2...n) des
aufgeschnittenen Kreises und werden als bekannt vorausgesetzt.
Gesucht sind nun die s-Werte, jω
für die Gl. (7.4) erfüllt wird. Der
geometrische Ort aller s-Werte, (s – sN1 )
die der Gl. (7.4) genügen, ist die (s - sP2 )
Wurzelortskurve (WOK). Ähn-
(s – sP1 )
lich wie bei der Herleitung des ϕN1 ϕP1 ϕP2
0
Nyquist-Kriteriums (s. Ab- σ
sN1 sP1 sP2
schnitt 6.2.1) können wir die
Linearfaktoren in Gl. (7.4) als
Zeiger in der s-Ebene darstellen. Bild 7.1
Linearfaktoren in Gl. (7.4) als Zeiger in der s-Ebene

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_7,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
202 7 Das Wurzelortskurvenverfahren

Im Gegensatz zu Abschnitt 6.2.1 suchen wir den resultierenden Zeiger nicht in Ab-
hängigkeit von jω , sondern von s = σ + jω . Bild 7.1 zeigt für ein System G0(s) mit
einer Nullstelle und zwei Polen einen Punkt s in der s-Ebene, für den die Gl. (7.4)
erfüllt ist.
Ersetzen wir in Gl. (7.4) jeden der Linearfaktoren (Zeiger) durch seinen Betrag und
seine Phase, so wird
s − s N1 e jϕ N1 ⋅ s − s N2 e jϕ N2 ⋅ ... ⋅ s − s Nm e jϕ Nm
G0 ( s ) = K = −1 . (7.5)
s − s P1 e jϕ P1 ⋅ s − s P2 e jϕ P2 ⋅ ... ⋅ s − s Pn e jϕ Nn

Hierin sind ϕ Ni bzw. ϕ Pj die Winkel, die die jeweiligen Zeiger mit der positiv reellen
Achse einschließen, bzw.
 Im ( s − s Ni ) 
ϕ Ni = arctan   . (7.6)
 Re ( s − s Ni ) 
Für N = P ergeben sich die Winkel der Zeiger im Nenner von Gl. (7.5). Es liegt nahe,
Gl. (7.5) nach Betrag und Phase aufzuspalten, und wir erhalten die Gleichungen:
s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm
G0 ( s ) = K =1 (7.7)
s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn
und
ϕ 0 = ϕ N1 + ϕ N2 + ϕ N3 + ... − ϕ P1 − ϕ P2 − ϕ P3 − ... = ± (2i + 1) π (7.8)
i = 0, 1, 2, 3...
Anstelle von Gl. (7.8) können wir
tan ϕ 0 = 0 (7.9)
Im (G0 )
oder, da auch tan ϕ 0 = = 0,
Re (G0 )
Im (G0 ) = 0 . (7.10)
betrachten.
Ein wesentlicher Vorteil des WOK-Verfahrens besteht darin, dass der veränderliche
Parameter K in der Winkelbedingung Gln. (7.8), (7.9) oder (7.10) nicht mehr vor-
kommt. Wir werden im Folgenden sehen, dass der WOK-Verlauf (der geometrische
Ort aller Pole) allein aus diesen Bedingungen gewonnen werden kann.
Für einfache Systeme ist es möglich, mittels der Gl. (7.9) oder Gl. (7.10) den Verlauf
der WOK in der s-Ebene analytisch zu berechnen. Die Lage der Pole als Funktion des
Parameters K bestimmt sich dann mit Gl. (7.7) zu
s − s P1 ⋅ s − s P2 ⋅ s − s P3 ⋅ ... ⋅ s − s Pn
K= . (7.11)
s − s N1 ⋅ s − s N2 ⋅ s − s N3 ⋅ ... ⋅ s − s Nm
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 203

Wie Gl. (7.11) zeigt, wird für s = sPj (j = 1, 2...n) K = 0, und für s = sNi (i = 1, 2...m)
ergibt sich K = ∞. Dies gibt Aufschluß über den Verlauf der WOK in den Extremwer-
ten von K. Bestimmen wir die Lage der Pole in Abhängigkeit von 0 ≤ K ≤ ∞, so be-
ginnt die WOK für K = 0 in den Polen des aufgeschnittenen Kreises und endet für K =
∞ in dessen Nullstellen bzw. im Unendlichen. Wie wir noch sehen werden, ist jeder
Pol sPj von G0(s) der Ursprung eines Astes der WOK. Bei realen Systemen ist der
Grad des Zählerpolynoms m stets kleiner höchstens gleich dem des Nennerpolynoms
n. Von den n Ästen der Wurzelortskurve enden m in den Nullstellen und (n – m) im
Unendlichen.
Aus der uns bekannten Tatsache, dass komplexe Pole immer nur konjugiert komplex
auftreten können, ergibt sich, dass die WOK stets symmetrisch zur σ-Achse verläuft.
Es genügt also, die WOK in der oberen Halbebene zu ermitteln.
Die analytische Auswertung der Gln. (7.10) und (7.11) ist nur bei einfachen Systemen
möglich. Zur Bestimmung der WOK komplizierter Systeme bedient man sich entwe-
der eines graphischen Probierverfahrens unter Zuhilfenahme der so genannten Spirule
oder der numerischen Berechnung mittels Digitalrechner. Für das graphische Verfah-
ren ist es hilfreich, dass die einzelnen Äste der WOK in den Polen von G0(s) für K = 0
beginnen. Ein benachbarter Punkt, der die Gln. (7.7) und (7.8) erfüllt, kann relativ
leicht gefunden werden. Die im Folgenden abgebildeten WOK wurden mit dem
MATLAB berechnet und ausgedruckt. Für gängige Regelkreiskonfigurationen gibt es
WOK-Kataloge, in denen die charakteristischen Verläufe der WOK in Abhängigkeit
der Pol-Nullstellenverteilung von G0(s) zusammengestellt sind.
Ein weiterer Vorzug des WOK-Verfahrens besteht darin, dass es sich ganz entspre-
chend der Darstellung kontinuierlicher Systeme in der s-Ebene, ebenso auf diskrete
Systeme in der z-Ebene anwenden lässt (s. Abschnitt 11.5.3).

7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve


In den folgenden Beispielen wird das Verfahren näher erläutert.
Beispiel 7.1
Für den einfachen Regelkreis in Bild 7.2 soll die Wurzelortskurve mit KPR als veränderlichem
Parameter bestimmt werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
G0 ( s ) = G R ( s) ⋅ GS ( s) ;
1 + sTn w(s) e(s) 1 + sTn K PS x(s)
G0 ( s ) = K PR K PS ; K PR
sTn (1 + sT1 ) + sTn 1 + sT1

 1 
 s + 
Tn 
G0 ( s) = PR PS ⋅ 
K K
. (7.12)
T1  1 Bild 7.2 Regelkreis bestehend aus
s s +  einer PT1-Strecke und einem PI-Regler,
 T1 
KPS = 0,5; T1 = 2 s; Tn = 1 s
204 7 Das Wurzelortskurvenverfahren

Die Pole von G0(s) liegen bei


1
s P1 = 0 ; s P 2 = − ,
T1
1
die Nullstelle bei s N1 = − .
Tn
Setzen wir in Gl. (7.12) s = σ + jω, so folgt
 1 
 σ + + jω 
K K
G0 (σ , jω ) = PR PS ⋅  Tn  . (7.13)
T1  1 
(σ + jω ) σ + + jω 
 T1 
Gemäß Gl. (7.7) ergibt sich der Verlauf der Wurzelortskurve aus
Im (G0 )
tan ϕ 0 = =0
Re (G0 )
bzw. es genügt
Im (G0 ) = Re ( N ) ⋅ Im ( Z ) − Re ( Z ) ⋅ Im ( N ) = 0
zu betrachten.
Damit erhalten wir aus Gl. (7.13)
  1   1   1
ω σ  σ +  − ω 2  −  σ +  ⋅ ω ⋅  2σ +  = 0 .
  T1    Tn   T1 
Diese Gleichung wird erfüllt für:
a) ω = 0 (7.14)
2
2 1  1  1  1 1
b) ω 2
= −σ 2
−σ − = − σ +  +  −  = 0 . (7.15)
Tn Tn T1  Tn  Tn  Tn T1 
Der erste Teil der Wurzelortskurve verläuft nach Gl. (7.14) auf der σ-Achse. Für den zweiten
Teil der Wurzelortskurve kann Gl. (7.15) (im vorliegenden Fall für Tn < T1) auf die Form
2  2
   1 1 
 +  −  
1 1
ω = − σ +
2  (7.16)
 Tn   T  Tn T1  
 n
gebracht werden. Dies ist die Gleichung eines Kreises in der s-Ebene mit dem Radius

1  1 1  1 
r=  −  und dem Mittelpunkt  ω = 0; σ = −  .
Tn  Tn T1   Tn 
Bild 7.3 zeigt den WOK-Verlauf, der mit dem Befehl rlocus(num,den, 'k') von MATLAB be-
rechnet wurde. Nach Gl. (7.14) wäre zu erwarten, dass die gesamte σ-Achse Teil der WOK ist.
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 205
Root Locus
1
0.83 0.72 0.58 0.4 0.2
0.91 s-EBENE
0.8

6,4235 KP
0.6
0.96 8,8153 Imaginäre
2,683
Achse
10,3391
0.4 1,3724

0.99
11,3251 0,5994
0.2 K = oo
P
0,448
Imaginäre Achse

Reelle Achse
1.75 1.5 1.25 1 0.75 0.5 0.25
0
s sp2
KP=11,6569 N1 K P=0,343
-0.2
0,5994
0.99 11,3251

-0.4 1,3724
10,3391
2,683 KP
0.96 8,8153
-0.6
6,4235

-0.8
0.91
0.83 0.72 0.58 0.4 0.2
-1
-2 -1.5 -1 -0.5 0 0.5
Reelle Achse

K PR (1 + sTn ) K PS
Bild 7.3 WOK des Regelkreises nach Bild 7.2 mit G0 ( s) = ⋅
sTn 1 + sT1

Wie Bild 7.3 zeigt, sind aber die Bereiche sN1 < σ < sP2 und σ > 0 ausgenommen, und zwar
weil hier Gl. (7.6) verletzt ist. Betrachten wir z. B. für ω = 0 einen Punkt sN1 < σ < sP2, so ist
ϕ 0 = ϕ N1 − ϕ P1 − ϕ P2 = 0 − π − π = −2π ≠ (2i + 1) π .
Für einen Punkt mit ω = 0 und σ > 0 ist
ϕ 0 = ϕ N1 − ϕ P1 − ϕ P2 = 0 − 0 − 0 ≠ (2i + 1) π .
In diesen Bereichen ist zwar tan ϕ0 = 0 aber ϕ0 kein ungeradzahliges Vielfaches von π.

Ermittlung der Lage der Pole auf der Wurzelortskurve als Funktion von Kp
Die Abhängigkeit der Lage der Pole des geschlossenen Kreises vom veränderlichen Parameter
KPR ergibt mit Gl. (7.5) auf Gl. (7.13) angewandt
206 7 Das Wurzelortskurvenverfahren

1
σ+ + jω
K PR K PS Tn
G0 (σ , jω ) = ⋅ =1 (7.17)
T1 1
σ + jω ⋅ σ + + jω
T1
bzw.

 1
2 
(σ 2 + ω 2 ) ⋅  σ +  + ω 2 
 T1  
T
K PR = 1 ⋅   . (7.18)
K PS 2
 1 
 σ +  +ω2
 Tn 

Betrachten wir zunächst den Teil der Wurzelortskurve, der auf der σ-Achse verläuft, so erhalten wir
mit Gl. (7.14) in Gl. (7.17)
1
σ ⋅σ +
K PR K PS T1
= . (7.19)
T1 1
σ+
Tn

Im Bereich sP2 < σ < sP1 ist:


σ <0

1  1
σ > s P2 = − bzw.  σ +  > 0
T1  T1

1  1 
σ > s N1 = − bzw.  σ +  > 0 .
Tn  Tn 

Damit können die Betragszeichen in Gl. (7.19) unter Berücksichtigung der Vorzeichen der
einzelnen Terme weggelassen werden und es folgt:
 1
σ ⋅ σ + 
K PR K PS
=−  T1 
(7.20)
T1  1 
 σ + 
 Tn 
oder nach σ aufgelöst
2
1 + K PR K PS  1 + K PR K PS  K K
σ 1,2 = − ±   − PR PS . (7.21)
2T1  2T1  Tn T1
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 207

Entsprechend ist für σ < sN1 = −1/Tn:


σ <0
 1 
 σ +  < 0
 Tn 

 1
 σ +  < 0 ,
 T1 

d. h. es gilt ebenfalls Gl. (7.20) bzw. (7.21). In den beiden Verzweigungspunkten ist der Radi-
kand in Gl. (7.21) Null. Somit folgt für das Auftreten von Doppelpolen:
 2 
1     
 − 1 ;
T T
K PR1,2 = − 1 − 2 1  ± 1 − 2 1 (7.22)
K PS   Tn   Tn  
 

 1 
K PR1 = 2(3 − 2 2 ) = 0,343; σ 1 = −1 −  ;
 2

 1 
K PR 2 = 2(3 + 2 2 ) = 11,66; σ 2 = −1 +  .
 2

KPR 0 0,1 0,2 0,3 0,343 11,66 12 16 20


σ1 0 − 0,053 − 0,115 − 0,2 − 0,293 − 1,707 − 1,5 − 1,22 − 1,15
σ2 − 0,5 − 0,472 − 0,435 − 0,375 − 0,293 − 1,707 − 2,0 − 3,28 − 4,35

Für den Bereich KPR1 < KPR < KPR2 erhalten wir die auf dem Kreis liegenden konjugiert kom-
plexen Pole. Die Zuordnung zu KPR ermittelt sich mit Gl. (7.15) in Gl. (7.18)

 2 1   2 1 2 1 
 − σ −  σ + −σ −
K PR K PS  Tn Tn T1   T1 T1 2 Tn Tn T1 
= . (7.23)
T1 2 1 2 1
σ + −σ −
Tn Tn2 Tn Tn T1

Nach Umformung von Gl. (7.23) folgt


2
K PR K PS  1 1
=  2σ +  = 2 ⋅ σ + . (7.24)
T1  T1  2T1

1
Im betrachteten Bereich ist σ < − und somit
2T1
208 7 Das Wurzelortskurvenverfahren

K PR K PS  1
= − 2σ + 
T1  T1 
bzw.
1 + K PR K PS
σ =− . (7.25)
2T1

Erstaunlicherweise ist σ unabhängig von 1/Tn.

KPR 0,343 1 2 4 6 8 10 11 11,66


σ − 0,292 − 0,375 − 0,5 − 0,75 −1 − 1,25 − 1,5 − 1,625 −1,707

Betrachten wir die WOK in Bild 7.3 nochmals im Zusammenhang, so beginnt diese für KPR = 0
mit den beiden Ästen in den Polen sP1 und sP2. Für 0 ≤ KPR ≤ KPR1 bewegen sich die Pole des
geschlossenen Kreises auf der σ-Achse gegeneinander und ergeben für KPR = KPR1 einen Dop-
pelpol. Die symmetrische Verzweigung in den Kreis und damit das Auftreten konjugiert kom-
plexer Pole erfolgt für KPR > KPR1.

Bild 7.4 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.2


K PR K PS ( s + s N1 )
G0 ( s ) = ⋅ für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s und 0,25 s
T1 s ( s + s P2 )
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 209

Im Bereich KPR1 ≤ KPR ≤ KPR2 hat das geschlossene System konjugiert komplexe Pole auf dem
Kreis der WOK. Für KPR = KPR2 treffen sich die beiden Kreishälften im Doppelpol
(σ = −1 − 1 2; ω = 0) , um sich für KPR > KPR2 erneut zu verzweigen. Während der eine Ast
für KPR2 > KPR ≤ ∞ auf der σ-Achse nach rechts in die Nullstelle sN1 von G0 läuft, strebt der
andere mit zunehmendem KPR nach σ = −∞.
Die bisherige Betrachtung konzentrierte sich auf die Ermittlung der WOK in Abhängigkeit vom
Regelparameter KPR. Um den Einfluss des zweiten Regelparameters Tn auf die WOK zu zei-
gen, gibt es zwei Möglichkeiten:
a) Durch schrittweise Veränderungen von Tn werden die zugehörigen WOKn anhand der
zuvor gefundenen Gleichungen bestimmt. Bild 7.4 zeigt die WOKn für Tn = 1 s; 0,5 s; 0, 3 s
und 0,25 s .

b) Die charakteristische Gleichung 1 + G0(s) = 0 wird in die Form

1 * K PR K PS
1+ ⋅ G * ( s) = 0 , mit G ( s ) =
Tn s(1 + K PR K PS + sT1 )
gebracht und die WOK in Abhängigkeit von 1/Tn ermittelt.

Als weiteres Beispiel soll im Folgenden ein Regelkreis betrachtet werden, dessen
Übertragungsfunktion G0(s) drei negativ reelle Pole aufweist.
Beispiel 7.2
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
K PR K PS K PR K PS
G0 ( s ) = = (7.26)
(1 + sT1 ) (1 + sT2 ) (1 + sT3 ) s a3 + s 2 a 2 + s a1 + 1
3

mit
a1 = T1 + T2+ T3 = 3,5 s
2
a2 = T1T2 + T1T3 + T2T3 = 3,5 s
3
a 3 = T1 T2 T3 = 1 s .

w(s) e(s) K PS x(s) Bild 7.5 Regelkreis mit


K PR drei negativ reellen Polen
+ (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
− des aufgeschnittenen
Kreises T1 = 1 s; T2 = 2 s;
T3 = 0,5 s
Setzen wir in Gl. (7.26) s = σ ± jω, so folgt
K PR K PS
G0 (σ , jω ) = .
[1 + σ a1 + (σ − ω )a2 + (σ − 3σω 2 ) a3 ] ± jω [a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 )a3 ]
2 2 3

(7.27)
210 7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Die WOK ergibt sich gemäß Gl. (7.9) aus
Im (G0 )
tan ϕ 0 = =0
Re (G0 )

bzw.
ω [ a1 + 2σ a2 + (3σ 2 − ω 2 )a3 ]
Im G0 = ± K PR K PS =0. (7.28)
NENNER
Gl. (7.28) ist erfüllt für
ω =0 (7.29)
und
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3
ω2 = . (7.30)
a3

Ausgangspunkte der WOK sind für K = KPR KPS = 0 die Pole des aufgeschnittenen Kreises
1 1 1
sP1 = − = −1 s −1; sP2 = − = −0,5 s −1; s P3 = − = −2 s −1 .
T1 T2 T3

Betrachten wir als erstes den Teil der WOK, der auf der negativen σ -Achse (ω = 0) verläuft.
Die Winkelbedingung ϕ0 = (2i + 1)π wird erfüllt für die Bereiche
s P1 ≤ σ ≤ s P2
und
σ ≤ s P3 .

Durch Gl. (7.30) wird der Verlauf der beiden WOKn-Äste beschrieben, für die ω ≠ 0 ist. Im
Verzweigungspunkt ist ω = 0 und es folgt aus Gl. (7.30)
a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3 = 0
bzw.

− a 2 ± a 22 − 3a1 a 3
σ 1,2 = . (7.31)
3a 3
Mit den Zahlenwerten erhalten wir
σ 1 = −0,726 s −1
σ 2 = −1,608 s −1 .
Wie aus Bild 7.6 ersichtlich ist, ist nur σ1 ein echter Verzweigungspunkt, während σ2 in den
Bereich fällt, der gegen die Winkelbedingung verstößt. Im Schnittpunkt der WOK mit der jω-
Achse (Stabilitätsgrenze) ist σ = 0 und es folgt aus Gl. (7.30)

a1
ω kr = ± = ±1,871 s −1 .
a3
7.1 Analytische Berechnung der Wurzelortskurve 211
Root Locus
2.5
0.89 0.81 0.7 0.56 0.38 0.2
K=21

2
K=11,25

1.5 0.95 K=5


Imaginäre
Achse
1 K=2,3

0.988 s-EBENE
K
0.5

Reelle Achse
Imaginary Axis

4 3 2 1
0
K=21 K=11,25 K=5
s s s
p3 p1 p2

-0.5
0.988 K

-1 K=2,3

0.95 K=5
-1.5

K=11,25
-2

0.89 0.81 0.7 0.56 0.38 0.2 K=21


-2.5
-4 -3 -2 -1 0 1
Real Axis

Bild 7.6 Wurzelortskurve des Regelkreises nach Bild 7.5 mit sp1 = −1; sp2 = −0,5; sp3 = −2 für
K ,
G0 ( s ) =
(s − s P1 ) (s − s P2 ) ( s − s P3 )
berechnet mit folgenden MATLAB-Befehlen: num = [ 0 0 0 1];
den = [ 3 3.5 3.5 1]; rlocus(num,den, 'k'); hold on; grid; [k,p] = rlocfind(num,den);

Weitere Punkte im interessierenden Bereich der WOK ω = f (σ) ergeben sich durch Einsetzen
diskreter σ -Werte in die Gl. (7.30).

σ
− 0,726 − 0,6 − 0,5 − 0,4 − 0,3 − 0,2 0 + 0,5
s −1
ω
0 ± 0,616 ± 0,866 ± 1,086 ± 1,292 ± 1,49 ± 1,871 ± 2,784
s −1

Die Markierung der WOK in Abhängigkeit vom Parameter K = KPRKPS folgt aus Gl. (7.27).
Durch die Winkelbedingung bzw. Im (G0) = 0 vereinfacht sich Gl. (7.27) und es wird
K PR K PS
G 0 (σ , ω ) = =1. (7.32)
1 + σ a1 + (σ 2 − ω 2 )a 2 + (σ 3 − 3σω 2 ) a 3

Ermitteln wir zunächst die KPRKPS-Werte auf der σ-Achse für ω = 0, so ist
212 7 Das Wurzelortskurvenverfahren

K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3

und mit den Zahlenwerten a1, a1, a3 eingesetzt, folgt

K PR K PS = 1 + σ 3 + 3,5σ (1 + σ ) . (7.33)

Mit Gl. (7.33) berechnen sich die nachfolgenden KPRKPS-Werte (s. Bild 7.6).

σ
− 0,5 − 0,726 −1 −2 − 2,5 −3 −4 −5
s −1
KPRKPS 0 0,079 0 0 1,5 5 21 54

Zur Bestimmung der KPRKPS-Werte auf den beiden Wurzelortskurvenästen für ω ≠ 0 eliminie-
2
ren wir ω . Mit Gl. (7.30) in Gl. (7.27) folgt

a1 + 2σ a2 + 3σ 2 a3
K PR K PS = 1 + σ a1 + σ 2 a2 + σ 3a3 − (a2 + 3σ a3 ) .
a3

Setzen wir für a1, a1, a3 die Zahlenwerte ein, so wird

K PR K PS = − 11,25 − 31,5σ − 28σ 2 − 8σ 3 (7.34)

mit den nachfolgend errechneten KPRKPS-Werten.

σ
− 0,726 − 0,5 − 0,25 0 + 0,25 + 0,5
s −1
KPRKPS 0,079 1,5 5 11,25 21 35

Der Schnittpunkt der WOKn-Äste mit der jω -Achse für σ = 0 ergibt sich auch einfach mit
Hilfe des Hurwitz-Stabilitätskriteriums. Aus der charakteristischen Gleichung
a 0
 
3 2
1 + G 0 ( s ) = s a 3 + s a 2 + sa1 + 1 + K PR K PS = 0

folgt an der Stabilitätsgrenze


a1a 2 − a 0 a 3 = 0

bzw.
aa
K PR K PS = 1 2 − 1 = 11,25 .
a3
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven 213
Die in Bild 7.6 gezeigte Wurzelortskurve wurde mit MATLAB berechnet. Für K = 0 beginnen
die drei WOKn-Äste in den Polstellen sP1, sP2, sP3.
Während der von sP3 ausgehende Ast mit zunehmendem K auf der negativ reellen Achse nach
σ → -∞ läuft, laufen die beiden von sP1 und sP2 ausgehenden Äste zunächst auf der negativ
reellen Achse aufeinander zu und treffen im Verzweigungspunkt σ 1 = −0,726 s −1 K = 0,079
zusammen.
Für K > 0,079 treten die beiden WOKn-Äste aus dem Verzweigungspunkt aus, laufen symmet-
risch zur reellen Achse (konjugiert komplexes Polpaar) und schneiden für K = 11,25 (σ = 0) die
imaginäre Achse.
Das System wird für K > 11,25 mit σ > 0 instabil.

7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven


Die im Folgenden als Regeln angegebenen geometrischen Eigenschaften dienten
ursprünglich als Hilfsmittel zur Konstruktion von Wurzelortskurven. Da graphische
Verfahren heute gegenüber numerischen Verfahren mittels Digitalrechner immer
mehr in den Hintergrund treten, dienen diese Regeln zum einen zur Überprüfung
numerisch gewonnener Daten und zum anderen können damit die Tendenzen von
Parameteränderungen abgeschätzt und die Auswirkungen, die das Hinzufügen zusätz-
licher Pol- und Nullstellen (z. B. Lead-Lag-Glied) zur Folge hat, qualitativ beurteilt
werden.

Regel 1 Beginn und Ende der WOKn-Äste

Sämtliche Äste der WOK beginnen für K = 0 in den Polen sPj des aufgeschnittenen
Kreises G0(s) und enden für K → ∞ in den Nullstellen sNi von G0(s) bzw. im Unend-
lichen. Den Beweis liefert Gl. (7.11). Für s = sPj (j = 1...n) wird K = 0 und für s = sNi
(i = 1...m) wird K = ∞. Ferner wird für n > m K = ∞, wenn s → ∞.
Da bei realen Systemen der Grad m des Zählerpolynoms von G0(s) stets kleiner
höchstens gleich dem Grad des Nennerpolynoms ist (m ≤ n), enden von den n Ästen m
in den Nullstellen und (n − m) Äste laufen ins Unendliche.

Regel 2 Symmetrie der WOK bezüglich der reellen Achse


Da komplexe Pole und Nullstellen immer nur konjugiert komplex auftreten, ist die
WOK symmetrisch zur reellen Achse.

Regel 3 Verschiebung der Pol-Nullstellenkonfiguration parallel zur reellen


Achse

Eine Verschiebung der gesamten Pol-Nullstellenkonfiguration von G0(s) parallel zur


reellen Achse ändert die Lage der WOK zur imaginären Achse, hat aber keine Ände-
rung der Form der WOK zur Folge.
214 7 Das Wurzelortskurvenverfahren

Regel 4 Verlauf der WOK auf der reellen Achse


Von der reellen Achse der s-Ebene sind die Bereiche Teil der WOK, von deren Punk-
te aus betrachtet die rechts davon gelegene Summe der auf der reellen Achse gelege-
nen Pole und Nullstellen ungerade ist. Konjugiert komplexe Pole und Nullstellen lie-
fern keinen Beitrag für Punkte auf der reellen Achse und können unberücksichtigt
bleiben.

Regel 5 Schwerpunkt der Asymptoten


Ist n > m, so laufen (n − m) WOKn-Äste ins Unendliche. Die Asymptoten an die ins
Unendliche strebenden Äste schneiden sich in einem Punkt auf der reellen Achse,
dem
n m
 sPj − s Ni
j =1 i =1
Wurzelschwerpunkt δ s = . (7.35)
n−m

Regel 6 Anstiegswinkel der Asymptoten


Die Anstiegswinkel der Asymptoten ergeben sich zu
(1 + 2i )
ϕi = π (i = 0, 1, 2, ... , n − m − 1). (7.36)
m−n

Regel 7 Austrittswinkel aus einem konjugiert komplexen Polpaar

Die beiden Austrittswinkel ϕPAi aus einem konjugiert komplexen Polpaar ergeben
sich zu
m n
π
ϕ PA1,2 =  ϕ Ni −  ϕ Pj ± 2 . (7.37)
i =1 j =1
j ≠ A1, A2

Entsprechend ergeben sich für die beiden Eintrittswinkel ϕNEi in ein konjugiert kom-
plexes Nullstellenpaar
m n
π
ϕ NE1,2 = −  ϕ Ni +  ϕ Pj ± 2 . (7.38)
i =1 j =1
i ≠ E1, E2

Regel 8 Austrittswinkel aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse
Aus einem r-fachen Pol auf der reellen Achse treten r WOKn-Äste aus. Die Austritts-
winkel berechnen sich aus
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven 215

(ν − μ − 1 − 2i)
ϕ Pi = ⋅π (i = 1, 2, 3,... r). (7.39)
r
Konjugiert komplexe Pol- bzw. Nullstellenpaare liefern keinen Winkelbeitrag und
können in (7.39) unberücksichtigt bleiben. Ebenso haben die auf der reellen Achse
links von der r-fachen Polstelle gelegenen Pole und Nullstellen den Winkelbeitrag
Null. Nur die rechts der r-fachen Polstelle liegenden μ Pole ergeben −μ⋅π und die ν
Nullstellen +ν ⋅π.
In eine r-fache Nullstelle auf der reellen Achse enden r WOKn-Äste unter den Ein-
trittswinkeln
(ν − μ − 1 − 2i)
ϕ Ni = − ⋅π (i = 1, 2, 3,... r). (7.40)
r

Regel 9 Verzweigungspunkte der WOK

Ein Verzweigungspunkt K = Kλ liegt vor, wenn zwei oder im Allgemeinen r WOKn-


Äste mit zunehmendem K auf einen Punkt zulaufen und ebenso viele WOKn-Äste für
K > Kλ aus dem Verzweigungspunkt austreten. Der Verzweigungspunkt ergibt sich
durch Lösen der Gleichung
m n
 
1 1
− =0. (7.41)
i =1
s − s Ni j =1 s − s Pj

Das zu lösende Polynom ist infolge n ≥ m vom Grade n und für großes n nur nume-
risch lösbar. Speziell für die Verzweigungspunkte auf der reellen Achse, folgt für
ω = 0 bzw. s = σ
m n
 σ − s Ni −  σ − s Pj = 0 .
1 1
(7.42)
i =1 j =1

Regel 10 Winkel zwischen den ein- bzw. austretenden WOKn-Ästen eines


Verzweigungspunkts
Der Winkel zwischen zwei benachbarten, aus dem Verzweigungspunkt austretenden
WOKn-Ästen ist

Δϕ Pλ = . (7.43)
r
Ebenso ergibt sich für den Winkel zwischen zwei benachbarten, in den Verzwei-
gungspunkt eintretenden WOKn-Ästen
216 7 Das Wurzelortskurvenverfahren


Δϕ Nλ = . (7.44)
r
Der Winkel zwischen je einem in den Verzweigungspunkt ein- und austretenden
WOKn-Ast ist
π
Δϕ λ = . (7.45)
r
Δϕ Nλ
Δϕ Nλ Δϕ λ Δϕ Nλ Δϕ λ Δϕ λ

r=2 r=3 r=4

Bild 7.7 Verzweigungspunkte für r = 2, 3 und 4

Bild 7.7 zeigt Verzweigungspunkte für r = 2, 3, 4. Die Richtungen der Zeiger sind
abhängig von der konkreten Pol-Nullstellenverteilung. So zeigen die beiden Verzwei-
gungspunkte in Bild 7.3 für K = 0,343 und K = 11,66 unterschiedliche Richtungen
bezüglich der eintretenden WOKn-Äste. Entsprechend unterschiedlich sind die Rich-
tungen der austretenden WOKn-Äste.

Regel 11 Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse


Die Schnittpunkte der WOK mit der imaginären Achse (Stabilitätsgrenze) ergeben
sich aus Gl. (7.4) für σ = 0 bzw. s = jω zu
m n
K0 ⋅ ∏ ( jω − s Ni ) + ∏ ( jω − s Pj ) = 0 . (7.46)
i =1 j =1

Da in Gl. (7.46) sowohl die Realteile als auch die Imaginärteile gleichzeitig ver-
schwinden müssen, ergeben sich zwei Gleichungen zur Bestimmung von ω und K.
Vielfach gelangt man durch Auswertung der charakteristischen Gleichung mittels
eines Stabilitätskriteriums (z. B. Hurwitz) an der Stabilitätsgrenze schneller zum Ziel.

Regel 12 Ermittlung eines unbekannten WOKn-Punktes für ein bestimmtes K


Ist m ≤ n − 2, so gilt
n n
 s Pj =  sPλ ( K ) = konst. (7.47)
j =1 λ =1

Da komplexe Pole immer nur konjugiert komplex auftreten, fallen bei der Summen-
bildung die imaginären Anteile heraus und es genügt die Bildung der Summe über die
Realteile
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven 217
n n
 Re( s Pj ) =  Re(s Pλ ( K )) = konst. (7.48)
j =1 λ =1

Diese Regel kann hilfreich sein, wenn es darum geht, ein noch unbekanntes sPλ (reell
oder konjugiert komplex) für ein bestimmtes K zu ermitteln. Es sei nochmals betont,
dass die Beziehung (7.48) auf Systeme m ≤ n − 2 beschränkt ist.
Die Anwendung und Zweckmäßigkeit der im Vorangegangenen behandelten Regeln
1, ... 12 soll anhand der nachfolgenden Beispiele erläutert werden.

• Beispiel 7.3
Eine PT2-Strecke mit der Übertragungsfunktion
K PS
GS ( s ) = K PS = 0,4 ; T1 = 0,8 s ; T22 = 0,2 s 2
1 + sT1 + s 2T22

wird von einem PDT1-Regler geregelt:


1 + sTv
G R ( s ) = K PR , mit Tv = 2 s ; T3 = 0,2 s .
1 + sT3

Der Verlauf der WOK soll mit K ~ KPR als veränderlichem Parameter anhand der Regeln dis-
kutiert werden. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
K PR K PSTv ( s − s N1 )
G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) = ⋅ ,
T22T3 ( s − s P1 )( s − s P2 )( s − s P3 )
mit
2
1 T1  T 
s N1 = − = −0,5 s −1 ; s P1,2 = − ±  1  − 1 = (−2 ± j ) s −1
Tv 2  2T 2  T22
2T2  2 
1 K K T
s P3 = − = −5 s −1 ; K = PR PS v
T3 T22T3

Regel 1
Als erstes werden die Pole und Nullstellen des offenen Kreises in die s-Ebene gezeichnet
(s. Bild 7.8). Jeder der drei Pole ist Ausgangspunkt eines WOKn-Astes. Da nur eine Nullstelle
sN1 vorliegt, enden von den drei WOKn-Ästen zwei im Unendlichen.

Regel 4

Der Bereich sP3 ≤ σ ≤ sN1 der reellen Achse ist Teil der WOK.
218 7 Das Wurzelortskurvenverfahren
Regel 5
Nach Gl. (7.35) erhalten wir den Wurzelschwerpunkt
n m
 sPj −  s Ni
j =1 i =1 − 2 − 2 − 5 + 0,5 −1
δS = = s = −4,25 s −1 .
n−m 2

Regel 6
Die Anstiegswinkel der beiden Asymptoten folgen aus Gl. (7.36)
(1 + 2i )
ϕi = ⋅π i = 0 ,1, 2, ..., (n − m − 1)
m−n
π 3
ϕ0 = − ; ϕ1 = − π .
2 2

Regel 7

Die Austrittswinkel aus den konjugiert komplexen Polen sP1und sP2 ergeben sich nach Gl.
(7.37) zu
 1  1
ϕ A1 = ϕ N1 − ϕ P3 + 90° = 180° − arctan  − arctan + 90° = 218°
 1,5  3
ϕ A 2 = ϕ N1 − ϕ P3 − 90° = −146,31° + 18,44° − 90° = −218°.

Regel 9
Mit Gl. (7.42) errechnet sich die Lage des Verzweigungspunktes
m n
 σ − s Ni −  σ − sPj = σ + 0,5 − σ + 2 − j − σ + 2 + j − σ + 5 = 0.
1 1 1 1 1 1
i =1 j =1
Daraus folgt
(σ 2 + 4σ + 5) ⋅ 4,5 − ( 2σ + 4)(σ 2 + 5,5σ + 2,5) = 0

bzw. 2σ 3 + 10,5σ 2 + 9σ − 12,5 = 0.


Die Lösungen dieses Polynoms 3. Grades sind:

σ 1 = −2,615 s −1 ; σ 2 = −3,349 s −1 ; σ 3 = +0,714 s −1 .


Es liegen demnach zwei Verzweigungspunkte σ1 und σ2 vor. Der dritte Verzweigungspunkt σ3
liegt außerhalb des gültigen Bereichs.

Regel 10
Im vorliegenden Fall sind die beiden Verzweigungspunkte jeweils doppelte Polstellen (r = 2).
Der Winkel zwischen den symmetrisch ein- und austretenden WOKn-Ästen ist nach Gl. (7.45)
7.2 Geometrische Eigenschaften von Wurzelortskurven 219

π
Δϕ λ = = 90°.
r

Regel 11
Die Ermittlung der Schnittpunkte mit der imaginären Achse erübrigt sich, da es, wie der
WOKn-Verlauf zeigt, keine Schnittpunkte gibt. Das heißt, das System ist unbegrenzt stabil.

Regel 12
Infolge (n−m) = 2 können der dritte Pol und die K-Werte in den Verzweigungspunkten nach
Gl. (7.48) berechnet werden.
n m
 Re(sPj ) =  Re(sPλ ) = (−2 − 2 − 5) s −1 = −9 s −1.
j =1 i =1

Für den Verzweigungspunkt σ 1 = −2,615 s −1 liegt der dritte Pol auf der reellen Achse bei

σ 1,3 = (−9 + 2 ⋅ 2,615) s −1 = −3,77 s −1.

Entsprechend berechnet sich für den zweiten Verzweigungspunkt σ 2 = −3,349 s −1 der dritte
Pol zu

σ 2,3 = (−9 + 2 ⋅ 3,349) s −1 = −2,302 s −1 .

Exemplarisch sollen noch die K-Werte in den Verzweigungspunkten bestimmt werden. Allge-
mein gilt nach Gl. (7.4)
n
∏ (s − s Pj )
j =1
K =− .
m
∏ (s − s Ni )
i =1

Im ersten Verzweigungspunkt ist


(−2,615 + 2 − j ) (−2,615 + 2 + j ) (−2,615 + 5) − 2
K1 = − s
(−2,615 + 0,5)

(0,615 2 + 1) ⋅ 2,385 − 2
K1 = s = 1,554 s −2 .
2,115
Im zweiten Verzweigungspunkt ist
(−3,349 + 2 − j ) (−3,349 + 2 + j ) (−3,349 + 5) − 2
K2 = − s
(−3,349 + 0,5)

(1,349 2 + 1) ⋅ 1,651 −2
K2 = s = 1,634 s −2 .
2,849
220 7 Das Wurzelortskurvenverfahren
In Bild 7.8 ist der mit dem folgenden MATLAB-Skript berechnete Wurzelortskurververlauf
dargestellt:
>> KpR = 1; KpS = 0.4;
>> T1 = 0.8;
>> T2_2 = 0.2;
>> Tv = 2;T3 = 0.2;
>> b1 = KpR*KpS*Tv;
>> b0 = KpR*KpS;
>> a3 = T2_2*T3;
>> a2 = T1*T3+T2_2;
>> a1 = (T3+T1);
>> a0 = 1;
>> num = [ 0 0 b1 b0 ]
>> den = [ a3 a2 a1 a0 ]
>> rlocus (num, den, 'k')
>> hold on; grid

Root Locus
4
0.8 0.7 0.54 0.38 0.18

0.89
s-EBENE

0.95

2 Imaginäre
Austrittwinkel Achse
s
p1
0.988
1
Austrittwinkel
Austrittwinkel Reelle Achse
Imaginary Axis

6 5 4 3 2 1
0
Ima
sp3 sN1
Verzweigs-
punkte
-1 0.988
s
p2

Austrittwinkel
-2
0.95

-3

0.89

0.8 0.7 0.54 0.38 0.18


-4
-7 -6 -5 -4 -3 -2 -1 0 1 2
Real Axis

Bild 7.8 Wurzelortskurve zu Beispiel 7.3 mit


1 + sTv
G0 ( s ) = K PR K PS
(1 + sT1 + s 2T22 )(1 + sT3 )
221

8 Entwurf von linearen Regelkreisen

In Kapitel 4 wurden verschiedene Regeleinrichtungen mit einfachen Regelstrecken zu


Regelkreisen zusammengesetzt und bei Führungs- und Störverhalten untersucht. Als
Güteparameter wurden die bleibende Regeldifferenz und die Dämpfung betrachtet.
Ein optimal eingestellter Regelkreis soll mit möglichst geringer Regeldifferenz einer-
seits und möglichst großer Dämpfung andererseits arbeiten. Diese Forderungen wider-
sprechen sich. Beispielsweise führt die Vergrößerung des P- bzw. des I-Anteils eines
Reglers bei Regelkreisen mit P-Strecken zur Verringerung der bleibenden Regeldiffe-
renz, gleichzeitig jedoch auch zur Verringerung der Dämpfung und somit zur Instabi-
lität. Die optimale Reglereinstellung erfolgt durch eine Kompromisslösung, die wie-
derum von der speziellen Regelaufgabe abhängt.
Ein wünschenswertes Regelkreisverhalten soll mehrere Gütekriterien optimal oder in
gegebenen Grenzen halten. Außer Amplituden- und Phasenreserve, Pol- und Nullstel-
len, bleibender Regeldifferenz und Dämpfung gehören zur Regelgüte die An- und
Ausregelzeit und die Überschwingweite. Diese Merkmale lassen sich aus Sprungant-
worten direkt ablesen oder aus Differentialgleichungen bzw. Übertragungsfunktionen
mit Hilfe von Stabilitätskriterien und Wurzelortskurven (Kapitel 6 und 7) berechnen.
Somit ist der Erfolg beim Reglerentwurf im Wesentlichen von Kenntnissen der Regel-
strecke abhängig. Nachfolgend wird gezeigt, wie der Regelkreisentwurf direkt im
Zeitbereich oder indirekt durch die Optimierung von Frequenzkennlinien erfolgt.

8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens


Bild 8.1 zeigt den zeitlichen Verlauf der Regelgröße bei einem Führungssprung. Dar-
aus lassen sich die wichtigsten Gütekriterien des Zeitverhaltens, d. h. die bleibende
Regeldifferenz, die Dämpfung, die An- und Ausregelzeit, die Überschwingweite, wie
nachfolgend gezeigt wird, nach „Faustformeln“ ermitteln.

x maximale
Überschwingweite bleibende
vereinbarter
xm Regeldifferenz
Toleranz-
e(∞)
bereich

w0 Sollwert Beharrungs-
wert x(∞) Bild 8.1 Sprungantwort des
Führungsverhaltens. Die Gü-
teparameter sind nach DIN
Tan Te t 19226, Teil 5, eingetragen
Taus

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_8,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
222 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

• Bleibende Regeldifferenz
Die Regelkreise, die nur aus P-Gliedern mit oder ohne Verzögerung bestehen, weisen
immer eine bleibende Regeldifferenz auf. Dies gilt auch für die Glieder mit D-Anteil.
Sind in einem Regelkreis mit P-Regler ein oder mehrere Glieder mit I-Anteil vorhan-
den, so ist der zeitliche Verlauf der Regeldifferenz e(t) vom Ort, an dem die Störgröße
angreift und deren zeitlichen Verlauf abhängig. Greift die Störgröße am Ausgang des
I-Gliedes an, so wird die Regeldifferenz vollständig ausgeregelt. Tritt die Störgröße
am Eingang des I-Gliedes ein, so kann die bleibende Regeldifferenz e(∞) entweder
aus der mathematischen Beschreibung des Regelkreises, wie in Kapitel 4 gezeigt wur-
de, oder direkt aus dem Wirkungsplan des Regelkreises anhand der Eigenschaften
eines I-Gliedes ermittelt werden. Diese Eigenschaft besteht darin, dass die Ausgangs-
größe eines I-Gliedes überhaupt nur dann einen Beharrungszustand erreichen kann,
wenn die Eingangsgröße des I-Gliedes gleich Null wird.
• Beispiel 8.1
Am Eingang des I-Gliedes in Bild 8.2 wird im Beharrungszustand stets
yS(∞) = 0.
Dies führt beim Führungsverhalten mit dem Sprung w(t) = w0 zu
y(∞) = 0,
yR(∞) = 0
und weiterhin zu
e(∞) = 0, d. h. zu keinen bleibenden Regeldifferenz.

KPR z1 z2
KPS , T1 KIS Bild 8.2 Wirkungsplan
w yR + yS +
e y x eines Regelkreises mit
+ + + drei Eingangsgrößen

w, z1 und z2

Wirkt nun sprungförmig die Störgröße z1(t) = z10, so soll diese im Beharrungszustand durch
y(∞) = − z10
kompensiert werden, da es aus dem Wirkungsplan des Bildes 8.2
yS(∞) = y(∞) + z10 = 0
folgt. Für y(∞) = − z10 wird weiterhin
1
y R ( ∞) = − z10 ,
K PS
was zu einer bleibenden Regeldifferenz führt:
1 1
e(∞) = − ⋅ z10
K PS K PS

Greift die Störgröße z2(t) am Ausgang des I-Gliedes an, so ist dieser Fall gleichbedeutend mit
dem Führungsverhalten, d. h. e(∞) = 0.
8.1 Gütekriterien des Zeitverhaltens 223

• Überschwingweite
Die Überschwingweite xm ist die größte Abweichung der Regelgröße vom Sollwert
während des Übergangsprozesses von einem Beharrungszustand in einen neuen Be-
harrungszustand beim Führungs- oder Störverhalten. Die Überschwingweite kann
verhältnismäßig durch den Beharrungswert x(∞) ausgedruckt werden, z. B. in Bild 8.1
beträgt die Überschwingweite ca. 30% des Beharrungswertes, d. h. xm = 0,3 x(∞).
• Anregel- und Ausregelzeit
Die Anregelzeit Tan ist ein Maß für die Schnelligkeit einer Sprungantwort. Sie wird
als die Zeitspanne zwischen der Eintrittzeit eines Stör- oder Führungssprungs und
dem Zeitpunkt, wenn die Regelgröße erstmalig in einen vorgegebenen Toleranzbe-
reich eintritt, definiert. Der Toleranzbereich wird meist als ± (2 bis 4) % des Endbe-
harrungszustandes x(∞) vereinbart.
Die Ausregelzeit Taus zeigt, wie lange dauert der Übergangsprozess von einem Behar-
rungszustand x(0) in einen neuen Beharrungszustand x(∞). Der Übergangsprozess gilt
als abgeschlossen, wenn die Regelgröße in den Toleranzbereich ± (2 bis 4) % des
Endbeharrungszustandes x(∞) zum dauernden Verbleib eintritt.
• Dämpfung
Die Sprungantwort in Bild 8.1 entspricht einem P-T2-Verhalten (s. Abschnitt 3.5):
1
G w ( s ) = K Pw ⋅ β 2 .
s + s ⋅ 2α + β 2
2

Den exakten Wert der Dämpfung D = α /β kann man nach Gl. (3.72) des Abschnitts
3.5 berechnen. Die Anzahl n der Halbwellen der Sprungantwort lässt sich aus den
Zusammenhängen der gedämpften Schwingung ableiten:
1
n= −1 .
D2
Angenähert kann die Dämpfung direkt aus der Sprungantwort abgelesen werden:
1
D≈ .
n
Beispielsweise weist die Sprungantwort in Bild 8.1 n = 3 Halbwellen auf. Die Dämp-
fung D liegt damit bei 0,33.
Aus dem Abschnitt 3.5 folgen die Formeln für die Berechnung der Ausregelzeit Taus
und der Periodendauer Te bzw. der Frequenz ωe der gedämpften Schwingung:
ln 25 3,22 2π 2π
Taus = ≈ , Te = = .
α α ωe β 1− D2
224 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.2 Praktische Einstellregeln


Eine anspruchsvolle Einstellung des Reglers kann dann erfolgen, wenn ein genügend
genaues Modell der Regelstrecke vorliegt. In den Fällen, wenn die mathematische
Beschreibung der Regelstrecke nicht bzw. nur angenähert bekannt ist, haben sich die
empirischen Einstellregeln mit Erfolg bewährt, deren Vorteil darin besteht, dass kein
mathematischer Aufwand notwendig ist.
Die praktischen Einstellregeln werden nachfolgend nach dem Genauigkeitsgrad des
Streckenmodells eingeteilt. Somit werden wir zwischen den grob und fein approxi-
mierten Regelstrecken unterscheiden.
Die experimentelle Ermittlung der mathematischen Beschreibung der Regelstrecke
wird in der Fachliteratur als Identifikation bezeichnet. Darunter versteht man die Un-
tersuchung des experimentell ermittelten Übergangsverhaltens der Regelstrecke, wenn
am Eingang die speziellen Testfunktionen angewendet werden. Die Identifikation als
Werkzeug zur Modellbildung wird im Buch nicht betrachtet. Die Eingangsfunktionen,
wie die Sprungfunktionen, die Anstieg- und Rampenfunktionen, die Impulsfunktionen
und die stochastischen Eingangssignale, wurden bereits im Abschnitt 2.3.1 eingeführt.
Hier wird nur die Parameterschätzung anhand von Sprungantworten der Regelstrecke
x(t) auf eine sprungförmige Änderung der Stellgröße y(t) behandelt.

8.2.1 Grob approximierte Strecke

Ziegler-Nichols-Verfahren
Liegt keine mathematische Beschreibung einer Regelstrecke vor, ist jedoch gegeben,
dass diese sich wie eine Reihenschaltung eines Verzögerungsgliedes 1.Ordnung (P-
T1-Glied) und eines Totzeitgliedes Tt oder wie ein P-Tn-Glied verhält, so kommt so-
fort die Einstellregel nach Ziegler und Nichols zur Anwendung.
Zunächst wird am Regelkreis experimentiert. Der Regler wird als P-Regler eingestellt
und die Verstärkung KPR solange vergrößert, bis der Regelkreis an die Stabilitäts-
grenze gelangt, d. h. Dauerschwingungen ausführt. Dabei wird der kritische Wert von
KPR = KPRkr abgelesen und die kritische Periodendauer Tkr der Dauerschwingung
gemessen. Die empfohlenen Kenngrößen für verschiedene Reglertypen sind:

Parameter P-Regler PI-Regler PID-Regler

KPR 0,5⋅ KPRkr 0,45⋅ KPRkr 0,6⋅⋅ KPRkr

Tn - 0,83⋅⋅Tkr 0,5⋅⋅ Tkr

Tv - - 0,125⋅ Tkr

Die oben angegebene Tabelle gibt die günstige Einstellung des Störverhaltens. Der
Regelverlauf ist dabei mit ca. D = 0,2 bis D = 0,3 schwach gedämpft.
8.2 Praktische Einstellregeln 225

Wendetangenten-Verfahren

Viele industrielle Regelstrecken lassen sich angenähert als P-Tn- oder I-Tn-Strecken
darstellen. Aus den Sprungantworten können Verzugszeit Tu bzw. Tt und Ausgleichs-
zeit Tg sowie Proportional- und Integrierbeiwerte KPS oder KIS durch eine grobe Ap-
proximation mittels der Wendetangente, wie in Bild 8.3 gezeigt, bestimmt werden.
x(t) x(t)

Tg
x(∞)

KPS ⋅ y0 KIS ⋅ Tu ⋅ y0

0 tw t 0 t
Tu = Tt Tu = Tt

Bild 8.3 Approximierung der Sprungantwort nach einem Sprung der Stellgröße y(t) = y0⋅σ(t).

Die nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren empfohlene Einstellung kann mit den grob
geschätzten Parametern der Regelstrecke auch rechnerisch ermittelt werden. Für eine
Regelstrecke, die z. B. aus einem Totzeitglied und einem Verzögerungsglied 1. Ord-
nung mit den Zeitkonstanten Tu und Tg besteht und mit einem P-Regler mit Verstär-
kung KPR geregelt wird
K PS
G0 ( s ) = K PR ⋅ ⋅ e − sTu , (8.1)
1 + sTg

soll die Nyquist-Stabilitätsbedingung (6.64) bei der Dauerschwingung erfüllt werden:


G0 ( jω d ) = 1 , wenn ϕ 0 (ω d ) = −180° . (8.2)

Der Amplituden- und Phasengang des aufgeschnittenen Regelkreises nach Gl. (8.1)
wurden bereits in Abschnitten 6.2.3 und 6.3.2 behandelt. Aus Gl. (8.2) folgen die
Bedingungen für die kritischen Werte KPRkr und ω kr :
K PRkr K PS
G0 ( jω kr ) = =1 (8.3)
1 + (ω kr Tg ) 2

ϕ 0 (ω kr ) = −ω kr Tu − arctan(ω kr Tg ) = −π . (8.4)

Ermitteln wir ω kr aus der Gl. (8.3)


226 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

ω kr Tg = ( K PRkr K PS ) 2 − 1

und setzen diese in Gl. (8.4) ein, so ergibt sich die Bedingung

Tu π − arctan ( K PRkr K PS ) 2 − 1
= . (8.5)
Tg 2
(K PRkr K PS ) − 1

Das Verhalten Tg/Tu wird die Regelbarkeit genannt. Aus Gl. (8.5) folgt, dass KPRkr
vom Proportionalbeiwert KPS und von der Regelbarkeit der Strecke abhängig ist. Die
Regelbarkeit (8.5) kann durch die Faustformel
Tu π 1
≈ (8.6)
Tg 2 K PRkr K PS − 1
approximiert werden. Daraus folgt
1  π Tg 
K PRkr ≈  ⋅ 
K PS  2 T + 1 . (8.7)
 u 
Die entsprechende Ziegler-Nichols-Empfehlung ist unten in der Tabelle dargestellt.

Parameter P-Regler PI-Regler PID-Regler


K PR K PSTu
1 0,9 1,2
Tg
Tn
- 3,3 2,0
Tu
Tv
- - 0,5
Tu

Eine andere Empfehlung zur günstigen Einstellung des P-Reglers stammt von Samal:
1  π Tg 
K PR ≈ ⋅  ⋅ . (8.8)
2 K PS 
 2 Tu 

Für PI-Regler gilt nach dieser Regel wie oben noch Tn = 3,3⋅Tu sowie für PID-Regler
Tn = 2,0⋅Tu und Tv = 0,5⋅Tu.
Chien, Hrones und Reswick haben detaillierte und für verschiedene Anforderungen an
das Regelverhalten ausgelegte Einstellregeln empfohlen, die zu einem Regelverlauf
für Führungs- und für Störverhalten ohne Überschwingen oder mit der 20%-
Überschwingen führen. Die nachfolgende Tabelle zeigt diese Einstellregeln für PI-
und PID-Regler (additive Form) mit Strecken höherer Ordnung, die nach Gl. (8.1)
durch den Proportionalbeiwert KPS und die Regelbarkeit gekennzeichnet sind.
8.2 Praktische Einstellregeln 227

Reglereinstellung nach Regelverlauf mit


Aperiodischer Regelverlauf
Chien, Hrones , Reswick 20% Überschwingung
Regler Parameter Führung Störung Führung Störung
T
P K PR K PS u 0,3 0,3 0,7 0,7
Tg
T
PI K PR K PS u 0,35 0,6 0,6 0,7
Tg

Tn 1,2⋅Tg 4⋅Tu 1,0⋅Tg 2,3⋅Tu

T
PID K PR K PS u 0,6 0,95 0,95 1,2
Tg
Tn 1,0⋅Tg 2,4⋅Tu 1,35⋅Tg 2,0⋅Tu
Tv
0,5 0,42 0,47 0,42
Tu

Regelbarkeit der Strecke


Wie oben erwähnt, ist die günstige Reglereinstellung von der Regelbarkeit der Stre-
Tg
cke, d. h. vom Verhalten , abhängig. Je größer die Regelbarkeit ist, desto größer
Tu
darf die Verstärkung des Reglers gewählt werden, wie Gln. (8.7) und (8.8) zeigen. Die
Erfahrungswerte zur Beurteilung der Regelbarkeit sind unten zusammengefasst.

gute ⇐ ⇐ ⇐ Regelbarkeit    schlechte

x(t) x(t) x(t) x(t) x(t)


Tg Tg Tg Tg = 0
Tg = 0

0 t 0 t 0 t 0 t 0 t
Tu = 0 Tu = 0 Tu Tu Tu

Tg 0 Tg gute Regelbarkeit Tg Tg
= =∞ <1 =0
Tu 0 Tu von 10 bis 3 Tu Tu

Ist die Verzugszeit Tu der Strecke sehr klein, so erkennt der Regler verzögerungsfrei
einen Störgrößensprung und baut dementsprechend die Störung schnell ab. Man
spricht von guter Regelbarkeit. Und umgekehrt, je größer die Verzugszeit ist, desto
länger dauert die Übertragung des Störsignals zum Reglereingang. Der Regler wird in
diesem Fall mit der größeren Verspätung reagieren und dabei eine viel größere Regel-
differenz abbauen müssen, was für eine schlechte Regelbarkeit spricht.
228 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

T-Summen-Regel
Die Identifikation einer P-Tn-Regelstrecke nach diesem Verfahren unterscheidet sich
grundsätzlich von der Identifikation nach dem Wendetangenten-Verfahren. Die Sum-
me der Zeitkonstanten TΣ wird aus der Sprungantwort mit Hilfe einer senkrechten
Linie bestimmt, die die zwei gleichen Flächen F1 und F2 bildet, wie in Bild 8.4 ge-
zeigt ist. Daraus folgt ein neues Einstellverfahren, das von U. Kuhn 1995 eingeführt
wurde.

x(∞)
F2
x(t) Bild 8.4 Auswertung einer
KPS y0 Sprungantwort der Regelstrecke
nach der T-Summen-Regel

F1

0 TΣ t

Mit der Zeitkonstante TΣ und dem Proportionalbeiwert KPS der Strecke lassen sich die
Reglerparameter nach der folgenden Tabelle berechnen.

Parameter P-Regler PD-Regler PI-Regler PID-Regler

KPR KPS 1 1 0,5 1


Tn - - 0,5 TΣ 0,66 TΣ
Tv - 0,33 TΣ - 0,167 TΣ

Die daraus folgende etwas langsamere Einstellung kann durch andere Einstellvarian-
ten , z. B. für PID-Regler mit KPRKPS = 2; Tn = 0,8 TΣ und Tv = 0,194 TΣ wieder
schneller gemacht werden.

8.2.2 Fein approximierte Strecke

Durch eine verfeinerte Approximation kann eine P-Tn-Strecke mit unbekannten Zeit-
konstanten T1, T2 ... Tn entweder als ein P-T2-Glied mit zwei verschiedenen Zeitkon-
stanten T1 und T2
K PS
G(s) = (8.9)
(1 + sT1 )(1 + sT2 )

oder als ein P-Tn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten T angenähert werden


K PS
G(s) = . (8.10)
(1 + sT ) n
8.2 Praktische Einstellregeln 229

P-T2-Verhalten

Die Sprungantwort einer P-Strecke höherer Ordnung (Bild 8.5) kann als ein P-T2-
Glied (8.9) mit zwei verschiedenen Zeitkonstanten T1 > T2 für den Wendepunkt
T1T2 T
x(t)
Tg tw = ln 1
T1 − T2 T2
(T1+ T2 )
wie folgt angenähert werden:
x(∞)
 Tu = T2
T =T + t .
KPS ⋅ y0  g 1 w

Ist beispielsweise
0 T
2
tw t T 1 = 2 T 2,
so folgt
Bild 8.5 Verfeinerte Approximierung nach dem t w = 2T2 ⋅ ln 2 = 1,386T2 .
Wendetangenten-Verfahren

Einstellregeln nach Strejc


Die aus dem Bildes 8.5 resultierende Einstellregel des Proportionalbeiwertes für P-
T
und PI-Regler wurde von Strejc nach dem Verhältnis von Zeitkonstanten k = 1
T2
empfohlen:
1 k 2 +1
K PR = ⋅ .
K PS 2k
Für die Nachstellzeit eines PI-Reglers gilt dazu:
(k 2 + 1)(k + 1)
Tn = ⋅ T2 .
k2 + k +1

Zeit-Prozentkennwert-Verfahren
Nach diesem Verfahren werden die aus der Sprungantwort der Regelstrecke gemesse-
nen Zeitpunkte t10, t50 und t90 bestimmt, bei denen die Regelgröße 10%, 50% und
90% ihres stationären Wertes x(∞) erreicht (Bild 8.6). Die Regelstrecke wird als P-
Tn-Glied mit n gleichen Zeitkonstanten nach Gl. (8.10) approximiert. Die Ordnungs-
zahl n der Regelstrecke wird aufgrund der Kennzahl
t10
μ= (8.11)
t 90
230 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

berechnet. Mit Hilfe der drei weiteren Kennzahlen α10, α50 und α90 (s. die nachste-
hende Tabelle) wird die Zeitkonstante T der Regelstrecke (8.10) ermittelt
α t + α 50 t 50 + α 90 t 90
T = 10 10 . (8.12)
3

x(t)
x(∞) = 100%
x90

Bild 8.6
x50 Verfeinerte Approximierung
KPS y0
der Sprungantwort der Regel-
strecke nach Zeit-Prozent-
x10 kennwert-Verfahren
0 t10 t50 t90 t

Das von Schwarze entwickelte Zeit-Prozentkennlinien-Verfahren lässt die Regelstre-


cke identifizieren und den Regler nach der Methode der Betragsanpassung einstellen.
Die Ergebnisse der Identifikation und die Regeln zum Entwurf des Regelkreises mit
10% Überschwingen sind in Tabelle unten für n = 3, 5 und 10 zusammengefasst.

Parameter Identifikation der Regelstrecke: Streckenkenngrößen


μ 0,207 0,304 0,438
n 3 5 10
α10 0,907 0,411 0,161

α50 0,374 0,214 0,103

α90 0,188 0,125 0,070

Einstellregel nach Latzel

Kennwerte PI- PID- PI- PID- PI- PID-

KPR KPS 0,877 2,543 0,543 1,109 0,328 0,559


Tn
1,96 2,47 2,59 3,31 3,73 4,80
T
Tv
- 0,66 - 0,99 - 1,57
T

• Beispiel 8.2
Gegeben ist die Sprungantwort der Strecke mit KPS = 0,5 , t10 = 5 s, t50 = 12 s, t90 = 25 s.
Gesucht:
a) Die Zeitkonstante der nach Gl. (8.10) approximierten Regelstrecke,
b) Die Kennwerte des PI-Reglers, bei denen die Regelung mit 10% Überschwingen erfolgt.
8.2 Praktische Einstellregeln 231

Zu a): Aus Gl. (8.11) ist μ = 0,2. Wir bestimmen aus der oberen Tabelle, dass n = 3 ist, und
berechnen aus Gl. (8.12) die Zeitkonstante T = (0,907⋅5 s + 0,374⋅12 s+ 0,188⋅25 s) / 3
= 4,574 s. Die Regelstrecke wird damit wie ein P-T3-Glied identifiziert:
K PS , mit KPS = 0,5 und T = 4,574 s.
GS ( s) =
(1 + sT )3
Zu b): Für μ = 0,2 bzw. n = 3 folgt aus der unteren Tabelle die Einstellung des PI-Reglers
KPRKPS = 0,877. Bei KPS = 0,5 und T = 4,574 ergeben sich KPR = 0,877 / KPS = 1,754
und Tn = 1,96⋅T = 8,965 s. Alternativ dazu gilt die Regel nach Strejc für proportionale
Strecken n-ter Ordnung mit gleicher Zeitkonstante:
1 n+2 n+2
K PR = ⋅ = 1,25 Tn = ⋅ T = 7,62 s .
K PS 4 ⋅ (n − 1) 3

Reglereinstellung mittels PC-Simulation


Ist die Regelstrecke fein approximiert, und sind die Parameter der Übertragungsfunk-
tion exakt identifiziert, kann die Reglereinstellung auf einfacher Weise anhand einer
Simulation des Regelkreises, z. B. mit MATLAB / Simulink erfolgen.
• Beispiel 8.3
Die P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit (KPS = 0,8, T1 = 5 s, T2 = 6 s , Tt = 2 s) soll mit dem PI-
Regler geregelt werden:
K PS 1
GS ( s ) = ⋅ e − sTt G R ( s ) = K PR + K PR .
(1 + sT1 )(1 + sT2 ) sTn
Der Regler soll nach dem Ziegler-Nichols-Verfahren eingestellt werden. Dafür sollen zunächst
die Kennwerte der Dauerschwingung KPRkr und Tkr ermittelt werden. Dies erfolgt mit Hilfe des
in Bild 8.7 gezeigten MATLAB/Simulink-Programms. Der PI-Regler wird zuerst als P-Regler
konfiguriert (KPR/Tn = 0).
Nach einigen Versuchen mit dem Regelkreis kann die in Bild 8.8 gezeigte Dauerschwingung
(im vorliegenden Fall bei KPRkr = 7,9) erreicht werden. Daraus wird Tkr ≈ 15 s abgelesen.
Nach der Ziegler-Nichols-Tabelle sind die Kennwerte des PI-Reglers wir folgt einzustellen:
KPR = 0,45⋅KPRkr = 3,55 und Tn =0,83⋅⋅Tkr = 12,45 s.

0.8 1
10 x
5s+ 1 6s+ 1
w =1 x(t)
P -Anteil: KpR = 10 Kps = 0,8; T 2 = 6s T t = 2s
T 1 = 5s
t
1
0 C lock sec
s
I-Anteil K pR / T n

Bild 8.7 Wirkungsplan des Regelkreises mit dem PI-Regler, der als P-Regler betrieben wird
232 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

Bild 8.8 Ermittlung


von Kennwerten der
Dauerschwingung
KPRkr und Tkr per
Simulation

Die Sprungantwort des so eingestellten Regelkreises mit dem PI-Regler nach einem Führungs-
sprung w0 = 1 ist in Bild 8.9 gezeigt. Die Überschwingweite beträgt xm = 50% des Behar-
rungswertes bzw. des Sollwertes x(∞) = w0 = 1; die Ausregelzeit bei der Toleranzgrenze von
4% ist Taus ≈ 60 s. Die Dämpfung lässt sich aus der Anzahl n = 4 der Halbwellen berechnen
und beträgt D ≈ 1/n = 0,25.
Der Regelkreisverhalten kann per Simulation nachgebessert werden, so dass bei den Kennwer-
ten des Reglers KPR = 1 und Tn = 8 s eine günstigere Sprungantwort mit xm = 10%; Taus = 35 s
und D ≈ 1/n = 0,5 erreicht wird.

Bild 8.9 Regel-


kreisverhalten nach
dem Ziegler-Nichols-
Verfahren (Kurve 1
mit KPR = 3,55; Tn =
10,4 s) und nach den
experimentell einge-
stellten optimalen
Kennwerten (Kurve 2
mit KPR = 1; Tn = 8s)
8.3 Integralkriterien 233

8.3 Integralkriterien
Unter Integralkriterien versteht man ein Maß, dass geeignet ist, die Güte des Regel-
verhaltens nach der durch die Sprungantwort abgegrenzten Fläche abzuschätzen, wie
beispielsweise im Bild 8.10 anhand der Regeldifferenz e(t) gezeigt ist. Da die resul-
tierende Fläche des Bildes 8.10 für Kreise mit bleibender Regeldifferenz e(∞) einen
unendlich großen Wert erhalten würde, wird die Differenz [e(t) – e(∞)] statt e(t) ein-
geführt. Der somit entstehende Güteindex wird als Zeitintegral Qlin (Bild 8.11a)

Qlin =  [e(t ) − e(∞)] dt (8.13)
0
bzw. als lineare Regelfläche bezeichnet. Um bessere Regelgüte zu erreichen, soll das
Integral Qlin durch die Reglereinstellung zu einem Minimum gebracht werden.
x(t)
x(t)

w e(∞) Bild 8.10 Sprungantwort beim
+

Führungsverhalten und die von
+  e(t )dt x(∞) der Regeldifferenz e(t) = w−x(t)
0 abgegrenzte Fläche

0 t

Bei Regelvorgängen mit Überschwingen setzt sich Qlin, wie aus Bild 8.10 ersichtlich
ist, aus den positiv und negativ bezeichneten Flächen zusammen und kann sehr klein
werden, ohne den Regelvorgang zu optimieren. So wird das Integral

Qsqr =  [e(t ) − e(∞)] 2 dt , (8.14)
0
die so genannte quadratische Regelfläche (Bild 8.11b), oder das Integral

Qabs =  e(t ) − e(∞) dt , (8.15)
0
die so genannte Betragsregelfläche (Bild 8.11c), eingeführt. Der Nachteil dieser Kri-
terien besteht darin, dass die mit fortlaufender Zeit kleiner werdenden Amplituden
den Integralwert kaum beeinflussen, d. h. das Integralkriterium im Wesentlichen nur
vom Anfangsteil der Regelfläche bestimmt wird. Durch die Multiplikation mit der
Zeitvariable t werden die kleinen Amplituden stärker berücksichtigt (Bild 8.11d).
Solch ein Gütekriterium ist als ITAE-Kriterium (Integral of time multiplied absolute
value of error) bekannt

QITAE =  e(t ) − e(∞) ⋅ t ⋅ dt . (8.16)
0
234 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

e(t) − e(∞) e(t) − e(∞)

a) Qlin b) Qsqr

[e(t) − e(∞)] 0 [e(t) − e(∞)] 0


0 0
t Qlin t

e(t) − e(∞) e(t) − e(∞)

c) Qabs d) QITAE

[e(t) − e(∞)] 0
[e(t) − e(∞)] 0
0 t
0 t
Qlin Qlin

Bild 8.11 Integralkriterien: a) Lineare Regelfläche Qlin; b) Quadratische Regelfläche (8.14);


c) Betragsregelfläche (8.15); d) Zeitgewichtete Betragsfläche ITAE (8.16)

Integralkriterien wurden von Mandelstamm 1909 vorgeschlagen. Die Berechnungen


von Regelflächen wurden in der Regelungstechnik erstmals von Kulebakin 1939 an-
gewendet. Nach diesen Methoden erfolgt die Berechnung von Integralkriterien im
Bildbereich. Dadurch kann die umfangreiche Ermittlung der Regeldifferenz im Zeit-
bereich e(t) = w0 – x(t) vermieden werden. Heutzutage kann die Lösung von Differen-
tialgleichungen und die Optimierung von Regelflächen im Zeitbereich mittels Simula-
tion sehr einfach ermittelt werden.
Nachfolgend wird die klassische Berechnungsmethode nur für die lineare Regelfläche
Qlin gezeigt. Aus der Laplace-Transformation und dem Grenzwertsatz folgt

Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim
t →∞ t →∞  [e(t ) − e(∞)] dt = slim
→0
s ⋅ Qlin ( s)
0


Qlin ( s ) = L[Qlin (t )] = [e(t ) − e(∞)] e -st dt .

0

Daraus ergibt sich die lineare Regelfläche zu


 1 
Qlin (∞) = lim Qlin (t ) = lim  e( s) − ⋅ e(∞)   . (8.17)
t→∞ s → 0  s 
8.3 Integralkriterien 235

• Beispiel 8.4
Eine P-T2-Strecke mit gegebenen Parametern KPS und T1 ≠ T2 soll mit einem P-Regler bei
einem Störsprung z(t) = z0⋅σ (t) ohne Überschwingen (D ≥ 1) geregelt werden:
K PS
GS ( s ) = G R ( s ) = K PR .
(1 + sT1 )(1 + sT2 )
Es soll die lineare Regelfläche minimiert werden. Für die Störübertragungsfunktion gilt
x( s ) GS ( s) K PS
Gz (s) = = = . (8.18)
z ( s) 1 + G R ( s )GS ( s) s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1
2

Daraus ergeben sich die Regeldifferenz und die bleibende Regeldifferenz im Bildbereich zu
z K PS z 0
e( s ) = 0 − x( s ) = −G z ( s ) ⋅ 0 = − (8.19)
2
s s [ s T1T2 + s (T1 + T2 ) + K PR K PS + 1]

K PS z 0
e(∞) = lim s ⋅ e(s) = − . (8.20)
s→0 K PR K PS + 1

Die lineare Regelfläche Qlin wird nach Gln. (8.17), (8.19) und (8.20) ermittelt:

 K PS z 0 1 K PS z 0 
Qlin = lim − + ⋅ 

2
s → 0  s [ s T T + s (T + T ) + K
1 2 1 2 PR K PS + 1]
s K PR K PS + 1 

K PS (T1 + T2 )
Qlin = z0 . (8.21)
(1 + K PR K PS ) 2

Das Minimum der linearen Regelfläche liegt vor, wenn die Ableitung gleich Null wird:
∂Qlin K PS (T1 + T2 )
= −2 K PS z0 = 0 . (8.22)
∂K PR (1 + K PR K PS ) 3

Die Lösung von Gl. (8.22) liegt für KPR → ∞ vor. Für die optimale Reglereinstellung soll die
Forderung D ≥ 1 berücksichtigt werden. Die Dämpfung ergibt sich aus Gl. (8.18) zu
T1 + T2
D= . Für D = 1 folgt daraus
2 T1T2 (1 + K PR K PS )

1 (T1 − T2 ) 2
K PR = ⋅ . (8.23)
K PS 4T1T2

Gl. (8.23) in (8.21) eingesetzt, ergibt den optimalen Wert der linearen Regelfläche für D = 1

(4T1T2 ) 2
Qlin = K PS z0 .
(T1 + T2 ) 3
236 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich

8.4.1 Frequenzkennlinienverfahren

In der praktischen Regelungstechnik hat man zur Beschreibung der Regelstrecke nicht
immer eine Übertragungsfunktion zur Hand. Dagegen kann man häufig das Bode-
Diagramm der Strecke messen und aufzeichnen, was für den Entwurf des Reglers
genügt. Solche Verfahren sind als Frequenzkennlinienverfahren bekannt. Unten wird
nur das Rezept davon zur Bestimmung der Reglerverstärkung KPR nach dem Skript
von Prof. Dr. Georgios Lekkas, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften,
Winterthur, vorgestellt.
Reglereinstellung nach Vorgabe einer Phasenreserve
Die als Übertragungsfunktion bekannte Regelstrecke
500
GS ( s ) = 2
s + 105 s + 500
soll mit einem P-Regler so geregelt werden, dass die Phasenerserve ϕ R = 60° beträgt.
Grundlage zur Bestimmung der Reglerverstärkung KPR bildet das Bode-Diagramm des
aufgeschnittenen Kreises G0(jω) mit dem eingesetzten Regler. Da die Reglerverstär-
kung noch nicht bekannt ist, wird KPR = 1 angenommen (Bild 8.12). Um die gegebene
Phasenreserve ϕ R = 60° zu erreichen, muss die 0-dB-Linie den Amplitudengang bei
der Durchtrittfrequenz ωd = 68 s-1 schneiden. Dafür muss der Amplitudengang nach
oben bzw. die 0-dB-Linie nach unten um ΔdB = 24 dB verschoben werden.

Bild 8.12 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit KPR = 1


8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 237

Aus der Definition


K PRneu = K PRalt ⋅ ΔK
mit Verschiebung
ΔdB = 20 lg(ΔK )

folgt die Umrechnung:


ΔdB
ΔK = 10 20 und
ΔdB
K PRneu = K PRalt ⋅ 10 20 = 15,85

Das resultierende Bode-Diagramm ist im Bild 8.13 gezeigt. Die Phasenreserve ϕR als
Distanz zwischen dem Phasengang bei der Durchtrittsfrequenz ωd und der (−180°)-
Linie beträgt ϕR = 60° und entspricht somit dem Richtwert.

Bild 8.13 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit der gegebenen Phasenreserve

Anmerkung: Wird der Amplitudengang nach unten bzw. die 0-dB-Linie nach oben
verschoben, wird die Reglerverstärkung KPR verkleinert, gemäss
1
K PRneu = K PRalt ⋅
ΔK
238 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

Reglereinstellung nach Vorgabe einer Amplitudenreserve


In zahlreichen Fällen liefert das Prinzip der Phasenreserve zur Dimensionierung des
Reglers ein gutes Einschwingverhalten des geschlossenen Regelkreises, wie im vorher
betrachteten Beispiel der P-T2-Strecke mit reellen Polstellen:
500
GS ( s ) = 2
mit Polstellen s1 = −100 und s2 = −5
s + 105 s + 500
Es gibt jedoch Fälle, bei denen das erwähnte Verfahren versagt und keine genügende
Stabilität des geschlossenen Kreises erreicht wird, z.B. bei Antriebssystemen, die eine
markante Resonanzüberhöhung im Bode-Diagramm aufweisen. Nachfolgend wird der
P-Regler mit dem Verfahren der Amplitudenreserve für eine solche P-T3-Strecke mit
komplexen Polstellen entworfen:
2 400 2
GS ( s ) = ⋅ 2 mit s1 = −10 und s2,3 = −20 ± 399 ,5 j
1 + 0,1s s + 40 s + 400 2

Die Reglerverstärkung KPR des P-Reglers wird zunächst auf KPR = 1 gesetzt (Bild
8.14). Die Kreisfrequenz ω , bei welcher der Phasengang ϕ(ω) die Linie ϕ = −180°
bzw. −π kreuzt, wird ωπ bezeichnet. Die Distanz zwischen dem Amplitudengang bei
dieser Kreisfrequenz ωπ und der 0-dB-Linie nennt man Amplitidenreserve AR.

Bild 8.14 Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises mit der Resonanzüberhöhung


8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 239

Im betrachteten Fall mit KPR = 1 ist ωπ = 399 s-1. Die Amplitidenreserve ist die Distanz
zwischen der Resonanzüberhöhung und der 0dB-Linie, sie beträgt AR = 6 dB.
Beim Entwurf des Reglers im Bode-Diagramm ist man besorgt, dass die Spitze der
Resonanzüberhöhung die 0-dB-Linie nicht kreuzt. Es muss zusätzlich ein „Sicher-
heitsabstand“ eingehalten werden, mit dem verhindert wird, dass der Regelkreis nahe
der Stabilitätsgrenze betrieben wird und starke Oszillationen ausführt. In der Praxis
wird es so gehandhabt, dass der „Sicherheitsabstand“ bzw. die Amplitudenreserve
mindestens 12 dB beträgt. Dieser Wert gilt als Erfahrungswert und kann wie die Pha-
senreserve von ϕR = 60°auch als Richtwert aufgefasst werden.
In unserem Beispiel wollen wir also den Abstand von AR = 12 dB einhalten und mes-
sen deshalb die benötigte Verschiebung der 0-dB-Linie aus dem Bode-Diagramm des
aufgeschnittenen Kreises mit dem KPRalt = 1 heraus, nämlich:
ΔdB = 6 dB
Der Amplitudengang soll abgeschwächt werden bzw. die 0-dB-Linie soll nach oben
um 6 dB verschoben werden:
Δ
1 − dB
K PRneu = K PRalt ⋅ bzw. K PRneu = K PRalt ⋅10 20 = 0,5
ΔK
Somit erhalten wir mit der neuen Verstärkung des Reglers einen stabilen Regelkreis
mit kleinen Oszillationen (Bild 8.15). Allerdings kann der P-Regler die bleibende
Regeldifferenz e(∞) nicht ausregeln.

Bild 8.15 Einschwingvorgänge bei verschiedenen KPR nach dem Sollwert-Sprung w = 1


240 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.4.2 Betragsoptimum

Die möglichen Verläufe des Amplitudenganges eines geschlossenen Regelkreises sind


in Bild 8.16 gezeigt. Die Kenngrößen sind: ω R - Resonanzfrequenz, ω d - Durchtritts-
frequenz, ω B - Bandbreite, Mmax - Betrag des Frequenzgangs an der Resonanzstelle.
Eine Optimierung im Frequenzbereich liegt dann vor, wenn der Betrag von Gw( jω)
möglichst nahe bei Eins liegt, d. h. |Gw(ω)| = 1. Da bei technischen Systemen dies
nicht realisierbar ist, soll diese Bedingung nur näherungsweise für eine möglichst
große Bandbreite des Frequenzgangs erfüllt sein.
Nach dem sogenannten Betragsoptimum-Verfahren wird gefordert, dass die Tangente
des Amplitudenganges im Anfangspunkt ω = 0 horizontal abläuft:
d G w ( jω )
=0. (8.24)

Die Lösung der Gl. (8.24) führt bei bestimmten Regelkreisstrukturen, z. B. bei der
Regelung einer reinen Verzögerungsstrecke, zu einer optimalen Dämpfung von
1
Dopt = = 0,707 (8.25)
2

und zu daraus folgender Überschwingweite xm = 4,3%.

Gw(jω)
geringe Dämpfung: 0 < D < 0,5

Mmax idealer Betrag: Gw ( jω ) = 1


1,0
1 optimierte Dämpfung:
0,5 ≤ D ≤ 0,707
2
große Dämpfung:
D≥1 Bild 8.16 Amplituden-
gänge des geschlossenen
Regelkreises beim
0 ωR ωd ωB ω Führungsverhalten

Die Reglereinstellung nach Gln. (8.24) bzw. (8.25) für die oft auftretenden Regel-
kreisstrukturen, die als Grundtypen A und B bezeichnet sind, ist nachfolgend ohne
Herleitung aufgeführt. Die Gleichungen der Zeile b) folgen aus Führungsübertra-
gungsfunktionen für alle Werte von Dämpfung, während die der Zeile c) nur für die
optimale Dämpfung gelten.
Es wird angenommen, dass T2 > T1 ist. Für den Fall T2 >> T1 ist eine Annäherungs-
formel in Zeile e) aufgeführt.
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 241

Grundtyp A (mit I-Anteil): Grundtyp B (ohne I-Anteil):

a) Übertragungsfunktion und Wirkungsplan des offenen Kreises

K PR K PS K IS K PR K PS
G0 ( s ) = G0 (s) =
s (1 + sT1 ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )

b) Zusammenhang zwischen Reglerverstärkung und Dämpfung

K PR K PS K IS =
1 (T1 + T2 ) 2
K PR K PS = −1
4 D 2T1 4 D 2T1T2
1
c) Optimale Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum für D =
2
1 (T1 + T2 ) 1 2
K PRopt = K PRopt = −
2 K PS K IST1 2 K PST1T2 K PS

d) Güteparameter und Sprungantwort beim Führungsverhalten

x(t)
x(t)
Grundtyp A
Grundtyp B
xm = 4,3%
w0 w0
w0 xm= 4,3% e( ∞ ) =
1 + K PR K PS
K PR K PS ⋅ w0
Tan ≈ 4,7 T1
Tan ≈ 4,7 T1 x (∞ ) =
0 0 1 + K PR K PS
t t
Taus ≈ 11 T1 Taus ≈ 11 T1

e) Optimale Reglereinstellung im Sonderfall

K PR K PS
bei G0 ( s ) = : bei T2 >> T1 :
sTn (1 + sT1 )

Tn T2
K PRopt = K PRopt ≈
2 ⋅ K PS ⋅ T1 2 ⋅ K PS ⋅ T1

X Aufgabe 8.1
Gegeben: eine P-T3-Strecke mit
KPS = 0,08, T1 = 8,5 s, T2 = 6,5 s, T3 = 1,2 s,
die mit einem PI-Regler geregelt werden soll.
Gesucht: Die Reglereinstellung nach dem Betragsoptimum.
242 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.4.3 Symmetrisches Optimum

Wird eine Regelstrecke mit I- oder I-T-Anteil mit den I-, PI- oder PID Reglern gere-
gelt, so kann die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises durch Annähe-
rung und geeignete Wahl der Reglerparameter wie folgt dargestellt werden:
K PR K PS K IS (1 + sTn )
G0 (s) = ⋅ . (8.26)
s 2 Tn (1 + sT1 )

Die Kennwerte Tn und KPR des Reglers lassen sich so einstellen, dass der Phasenwin-
kel ϕ0(ω d) bei der Durchtrittsfrequenz ω d ein Maximum erreicht.
Charakteristisch für (8.26) ist das Vorhandensein von zwei in Reihe geschalteten
I-Gliedern und die symmetrische Form des Zähler- und des Nennerpolynoms mit
Zeitkonstanten Tn und T1. Dies tritt z. B. für folgende Regelkreise auf, die in unten-
stehender Tabelle zusammengefasst sind.
a) I-T1-Strecke und PI-Regler. Hier würde sich Gl (8.26) direkt ergeben.
b) I-T2-Strecke und PI-Regler. Im Fall T1 ≥ 5⋅T2 können die Zeitkonstanten T1 und
T2 durch ein P-T1-Glied mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 ersetzt werden.
c) I-T2-Strecke und PID-Regler. Für T1 > T2 wird die zweitgrößte Zeitkonstante
durch die Wahl von Tv = T2 kompensiert.
d) I-T3-Strecke und PID-Regler. Liegt das Verhältnis T1 > T2 > T3 vor, kann die
zweitgrößte Zeitkonstante der Strecke wie im Punkt c) durch Tv = T2 kompensiert
werden. Bei T1 >> T3 werden die restlichen P-T1-Glieder in der Nähe der Durch-
trittsfrequenz wie folgt angenähert: (1 + sT1)(1 + sT3) ≈ sT3(1 + sT1).

Übertragungsfunktionen: Resultierende Übertragungsfunktion


Bedingung
Strecke GS(s), Regler GR(s) des aufgeschnittenen Regelkreises

K PS K IS
GS ( s ) =
s (1 + sT1 ) K PR K PS K IS (1 + sTn )
a)  G0 ( s ) =
s 2Tn (1 + sT1 )
K PR (1 + sTn )
GR ( s ) =
sTn
K PS K IS
GS =
s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) T1 ≥ 5 ⋅ T2
K PR K PS K IS (1 + sTn )
b)  G0 ( s ) =
K PR (1 + sTn ) s 2Tn (1 + sTE )
GR ( s ) = TE = T1 + T2
sTn
K PS K IS
GS = T1 > T2 > T3
s (1 + sT1 )(1 + sT2 ) K PR K PS K IS (1 + sTn )
c)  G0 ( s ) =
K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) s 2Tn (1 + sT1 )
GR = Tv = T2
sTn
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 243

Im Folgenden wird das Verfahren am Beispiel (8.26) hergeleitet. Aus den Frequenz-
gang des aufgeschnittenen Regelkreises (8.26)
2
K PR K PS K IS 1 + jω Tn  K I0  1 + jω Tn
G0 ( jω ) = ⋅ =  ⋅ , (8.27)
( j ω ) 2 Tn 1 + jω T1  jω  1 + jω T1

wobei K I20 = K PR K PS K IS / Tn ist, wird der Amplituden- und der Phasengang


2
K  1 + (ω Tn ) 2
G0 ( jω ) =  I0  ⋅ (8.28)
 ω  1 + (ω T1 ) 2

ϕ0 (ω ) = −π + arctan (ω Tn ) − arctan (ω T1 ) . (8.29)

ermittelt. Für G0 ( jω d ) = 1 und ϕ0(ωd ) > −180° bei der Durchtrittsfrequenz ωd wird
der geschlossene Regelkreis nach dem Nyquist-Kriterium stabil. Die Optimierung
besteht nun darin, dass das Maximum der Phase des offenen Regelkreises ϕ0(ω) bei
der Durchtrittsfrequenz ωd gesucht wird. Um die Kreisfrequenz ωm zu bestimmen, für
die ϕ0(ωm ) ein Maximum ist, differenzieren wir (8.29) und setzen die Ableitung
gleich Null ein:
∂ϕ 0 (ω ) Tn T1
= − = 0.
∂ω 1 + (ω Tn ) 1 + (ω T1 ) 2
2

Daraus folgt:
1
ωm = , (8.30)
Tn T1

d. h. der Phasenrand ϕ0(ωd ) wird ein Maximum bei der Durchtrittsfrequenz ωd = ωm.
Setzen wir (8.30) in Gl. (8.28) ein, so folgt unter Beachtung der Stabilitätsbedingung
2
K  1 + (ω m Tn ) 2
G 0 ( jω d ) = G 0 ( jω m ) =  I0  =1 (8.31)
 ωm  1 + (ω m T1 ) 2
bzw.
K PR K PS K IS = ω m . (8.32)
Beim Symmetrischen Optimum wird der Regler so eingestellt, dass die Durchtrittsfre-
quenz ωd = ω m das geometrische Mittel der beiden Eckfrequenzen ω E1 = 1/Τn und
ω E2 = 1/Τ1 annimmt. Dafür wird der Faktor
T
k = n bzw. Tn = kT1 (8.33)
T1
244 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

eingeführt. Daraus folgt ωE1 = 1/Τn = ωm / k und ωE2 = 1/Τ1 = ωm k . Aus Stabili-
tätsgründen muss Τn > Τ1 gewählt werden, d. h. es gilt die Bedingung k > 1. Nach
Kessler wird als Standardeinstellung für symmetrisches Optimum k = 4 empfohlen.
Setzen wir Gl. (8.32) in (8.26), so wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnitte-
nen Kreises (8.26) in folgende Form gebracht
1 1 + sTn
G0 (s) = ω m ⋅ . (8.34)
2
s Tn 1 + sT1
Das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises lässt sich symmetrisch bezüglich
der Durchtrittsfrequenz ωd = ω m darstellen, wie Bild 8.17 zeigt. Aus dem symmetri-
schen Verlauf des Amplituden- und Phasenganges resultiert die Bezeichnung des Ver-
fahrens Symmetrisches Optimum. Durch den Faktor k wird die Bandbreite definiert.
Aus Gln. (8.30) und (8.33) folgt
1
ωm = . (8.35)
k ⋅ T1
k

√ k √ k

G0 (jω) 4
dB √ k
−40dB/Dek

1 −20dB/Dek 1
Tn T1
0 dB
KI0 ω

ωm 1 ωd = ω m ωm√ k
√ k
−40dB/Dek

ϕ(ω)

ω

−90°

−135°
ϕRd
−180°

Bild 8.17 Bode-Diagramm nach dem Symmetrischen Optimum mit D = 0,707 und xm=30%
8.4 Einstellregeln im Frequenzbereich 245

Setzen wir diesen Wert in Gl. (8.29), so ergibt sich unter Beachtung
ϕ Rd (ω m ) = −π − ϕ 0 (ω m )

der Zusammenhang zwischen k und der Phasenreserve ϕ Rd


 90° − ϕ Rd 
k = cot 2  . (8.36)
 2 

Beispielsweise errechnet sich die maximale Phasenreserve für k = 4 zu ϕ Rd = 37°.


Die optimale Reglereinstellung ergibt sich aus Gln. (8.32) und (8.35):
1
K PRopt = .
k ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1

Für k = 4 folgt daraus speziell für Standardeinstellung


1
K PRopt = und
2 ⋅ K PS ⋅ K IS ⋅ T1

1
ωm = ωd = . (8.37)
2T1

Aus Gln. (8.34) und (8.35) bestimmen wir die Übertragungsfunktion des geschlosse-
nen Kreises für das Führungsverhalten
G0 (s) 1 + sTn
G w ( s) = = ⋅ (8.38)
1 + G 0 ( s ) s k ⋅ T1 Tn + s 2 k ⋅ T1Tn + sTn + 1
3 2

Für k = 4 wird Τn = 4Τ1, und aus (8.38) folgt


1 + sTn
Gw (s) =
3 3
s ⋅2 T13 + s ⋅ 2 3 T12 + s ⋅ 2 2 T1 + 1
2

bzw.
1 + sTn
G w ( s) = . (8.39)
(1 + s ⋅ 2T1 )( s ⋅ 2 2 T12 + s ⋅ 2T1 + 1)
2

Die Polstellen haben die Werte


1 −1 ± j 3
s1 = − bzw. nach (8.37) s1 = −ω m und s 2,3 = .
2T1 4T1

Die Übertragungsfunktion (8.39) mit der Polstelle s1 wird wie folgt dargestellt:
1 + sTn 1
G w ( s) = ⋅β2 ⋅ ,
s − s1 s 2 + s 2α + β 2
246 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

1 1
mit α = und β 2 = . Die beiden anderen Pole s 2,3 = − β ( D ± D 2 − 1)
4T1 2 2
2 T1

sind für 0 < D < 1 konjugiert komplex, d. h. s 2,3 = −α ± jβ 1 − D 2 , und liegen, wie
Bild 8.18 zeigt, auf einem Kreis mit dem Radius ωm .

Im
Für k = 1 ist Tn = T1, α = 0
s2 bzw. D = 0 und der Kreis ist
instabil.
Liegt k im Bereich 1 < k < 9
2
ωm ⋅ 1 − D bzw. 0 < D < 1, treten zwei
konjugiert komplexe Pole mit
s1 ϕ negativem Realteil auf.
−ωm Re
Für k = 9 bzw. D = 1 sind die
−Dωm
Pole gleich und reell mit
− ωm ⋅ 1− D2
s1 = s2 = s3 = −ω m,

s3 was einem aperiodischen


Grenzfall entspricht.
Bild 8.18 Polverteilung in der s-Ebene

Die Sprungantwort hat bei k = 4 die Dämpfung D = 0,5 und die maximale Über-
schwingweite von xm = 43,4% (Bild 8.19). Bei der Dämpfung von
x(t) 1
D= = 0,707 ,
xm= 43,4%
2
± 2 % die dem Betragsoptimum (siehe
w0
Abschnitt 8.3.1) entspricht, be-
trägt die Überschwingweite
xm = 30% bei der Phasenreser-
ve von ϕ Rd = 45°.
0
t
Tan ≈ 3,1 T1

Taus ≈ 18 T1

Bild 8.19 Führungssprungantwort für k = 4 und


D = 0,5 des Symmetrischen Optimums
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 247

8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken

8.5.1 Instabile P-T1-Glieder

Ein instabiles P-Glied mit Verzögerung 1. Ordnung wird analog einem stabilen P-T1-
Glied mittels DGL 1. Ordnung beschrieben,
a1 x a (t ) + a 0 x a (t ) = b0 xe (t ) ,

jedoch mit einem negativen Koeffizienten a1 oder a0, z. B.


T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t ) oder − T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) .
Nach dem Hurwitz-Kriterium erkennt man sofort, dass es sich dabei um ein nicht-
stabiles Verhalten handelt. Dies folgt auch aus der Übertragungsfunktion
x ( s) K xa ( s ) K
G(s) = a = oder G ( s ) = = ,
xe ( s ) − 1 + sT1 xe ( s ) 1 − sT1
1
die eine Polstelle s1 = + in der rechten s-Ebene hat. Hier ist also nr = 1 bei n = 1.
T1
Die Lösung der DGL bei sprunghafter Verstellung der Eingangsgröße xe(t) ist in Bild
8.20 gezeigt. Sie entspricht der Gl. (2.11), jedoch die Ausgangsgröße xa(t) steigt:
t
xa xa
T1
xa(∞) → ∞ xa (t ) = K xe0 (e − 1)

xe0 xa(T1) = KPxe0 (e−1)

0 t 0 T1 t

Bild 8.20 Sprungantwort eines instabilen P-T1-Gliedes

Aus dem Frequenzgang


K
G ( jω ) =
− 1 + jω T1
folgen der Amplitudengang
K
G ( jω ) =
1 + (ω T1 ) 2
und der Phasengang als Differenz zwischen Phasen des Zählers und des Nenners
ω T1 ω T1
ϕ (ω ) = arctan 0 − arctan = − arctan = −π + arctan ω T1 .
−1 −1
248 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

Ein stabiles und ein instabiles P-T1-Glied sind in Tabelle unten gegenübergestellt.
Man sieht sofort, dass die Amplitudengänge gleich und nur die Phasengänge unter-
schiedlich sind. Eine Polstelle in der rechten s-Halbebene dreht den Phasenwinkel von
−π auf −π /2, d. h. in positiver Richtung, während die Phase der gleichen Polstelle in
der linken Halbebene sich in negative Richtung ändert.

Stabiles P-T1-Glied Instabiles P-T1-Glied


Differentialgleichung

T1 x a (t ) + xa (t ) = K xe (t ) T1 x a (t ) − x a (t ) = K x e (t )

Sprungantwort
t t

T1 T1
xa (t ) = K xe0 (1 − e ) xa (t ) = K xe0 (e − 1)
Übertragungsfunktion
K K
G(s) = G(s) =
1 + sT1 − 1 + sT1
Amplitudengang
K
G ( jω ) =
1 + (ω T1 ) 2

Phasengang

ϕ (ω ) = − arctan ω T1 ϕ (ω ) = −π + arctan ω T1
Ortskurve
Im Im
K ω=0 K
ω=∞ ω=0 ω=∞
Re Re

ω ω

Bode-Diagramm

⏐G⏐dB ⏐G⏐dB
−20 dB/Dek −20 dB/Dek
20 lgK 20 lgK
0 dB 0 dB
1/T1 ω 1/T1 ω
ϕ(ω) ω ϕ(ω) ω
0° 0°

− 90° − 90°

− 180° − 180°
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 249

8.5.2 Instabile P-T2-Glieder

Hat der Nenner eines schwingungsfähigen P-T2-Gliedes negative Koeffizienten, z. B.


β2 β2
G(s) = K oder G ( s ) = K (8.40)
s 2 + s ⋅ 2α − β 2 s 2 − s ⋅ 2α − β 2

α
oder bei der Dämpfung D = = 0 bzw. α = 0
β

β2
G(s) = K , (8.41)
s2 − β 2
so handelt es sich um ein instabiles Verhalten. Falls die Nenner von (8.40) keine
komplex konjugierte Polstellen besitzen, lassen sich die Übertragungsfunktionen auf
zwei P-T1-Glieder zerlegen, wie unten in Tabelle gezeigt ist. Das Bode-Diagramm
solcher Glieder kann leicht durch einfache Addition der Ordinaten der einzelnen
Kennlinien ermittelt werden.

a) zwei P-T1-Glieder b) zwei P-T1-Glieder


mit unterschiedlichen Zeitkonstanten mit gleichen Zeitkonstanten
K K K 1
G(s) = = G1 ( s )G 2 ( s ) G(s) = = ⋅
(1 + sT1 )(−1 + sT2 ) s 2T12 − 1 1 + sT1 − 1 + sT1

⏐G⏐dB ⏐G⏐dB
−20 dB/Dek
20 lgK 20 lgK
−40 dB/Dek −40 dB/Dek
0 dB 0 dB
1/T1 1/T2 ω ϕ(ω) 1/T1 ω
ϕ(ω)
0° 0°
ϕ1(ω) ϕ1(ω)
− 90° − 90°
ϕ2(ω) ϕ2(ω)
− 180° − 180°
ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω) ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω)
− 270° − 270°

K 1 K 1
G1 ( jω ) = ; G2 ( jω ) = G1 ( jω ) = ; G2 ( jω ) =
1 + jω T1 − 1 + jω T2 1 + jω T1 − 1 + jω T1

Man erkennt daraus, dass sich die Asymptote des Amplitudengangs bei der Eckfre-
quenz, die der rechten Polstelle entspricht, um −40 dB/Dek ändert, während sich die
Asymptote bei der Eckfrequenz der linken Polstellen nur um −20 dB/Dek ändert.
Auch bei den Phasengängen merkt man die Unterschiede, z. B. im Fall b) der obigen
250 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

Tabelle ändert sich die Phase des instabilen Gliedes bei der Eckfrequenz nicht. Eine
Phase von −π soll jedoch gleich am Anfang zugewiesen werden.
Für Bode-Diagramm instabiler P-T2-Glieder gelten also die folgenden Regeln:
- Der Anfangsteil des Phasengangs liegt bei −180°, da eine Polstelle mit positivem
Realteil in der rechten s-Ebene eine Phasenverschiebung von −π mitbringt.
- Bei der Eckfrequenzen der rechten Polstellen beträgt die Phasenänderung +90°,
wie beim D-Verhalten.
- Bei den Eckfrequenzen der rechten Polstellen ändern sich die Asymptoten des
Amplitudenganges um −40 dB/Dek, wie bei einer doppelten linken Polstelle.
• Beispiel 8.5
Gegeben ist ein Regelkreis mit einer instabilen Regelstrecke und dem PD-T1-Regler:
K PR (1 + sTv ) K PS
GR ( s ) = GS ( s ) = ,
1 + sTR (1 + sT1 )( s 2T22 − 1)
mit KPS = 3,16 T1 = 0,025 s T2 = 0,015 s
und KPR = 1 Tv = 0,05 s TR = 0,005 s.
Gesucht:
a) das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Regelkreises;
b) der kritische Proportionalbeiwert KPRkr des Reglers, bei dem der Regelkreis grenzstabil ist.
Zu a):
Aus der Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises
K PR (1 + sTv ) K PS 3,16 (1 + sTv )
G0 ( s ) = ⋅ =
1 + sTR (1 + sT1 )( s T2 − 1) (1 + sTR )(1 + sT1 )( s 2T22 − 1)
2 2

erhalten wir: n = 4 (Ordnung von G0)


nl = 3 (Anzahl der Pole in der linken s-Ebene)
nr = 1 (Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene)
ni = 0 (Anzahl der Pole auf der imaginären Achse)
Die Stabilität wird nach dem Nyquist-Kriterium im Bode-Diagramm geprüft. Im Bild 8.21 ist
das Bode-Diagramm des aufgeschnittenen Kreises G0( jω) mit den Eckfrequenzen
1 1 1 1
ωv = = 20 s −1 , ω1 = = 40 s −1 , ω 2 = = 66,7 s −1 , ω R = = 200 s −1
Tv T1 T2 TR
gezeigt. Da kein I-Glied vorhanden ist, verläuft die Anfangsasymptote mit der Steigung
0 dB/Dek durch die Ordinate 20 lg (KPR KPS) = 20 lg 3,16 = 10 dB.
Der Phasengang fängt wegen einer Polstelle mit positivem Realteil nicht bei 0° an, wie es bei
stabilen Systemen der Fall wäre, sondern bei −180° und wird bei allen Eckfrequenzen um ± 90°
geändert, außer der Eckfrequenz ω 2, die der Polstelle mit positivem Realteil entspricht. Nach
dem Fall b) der obigen Tabelle gibt es an dieser Stelle keine Phasendrehung. Das Bode-
Diagramm des Bildes 8.21 mit Schnittpunkten S0 und S1 entspricht einem instabilen Kreis, da
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 251

G0
dB 1 1 1 1
Tv T1 T2 TR
20dB
+20 dB/Dek − 40 dB/Dek neue 0dB-Linie
0 dB/Dek ωdkr
2 3 4 5 6 7 8
0dB
10 2 3 4 5 6 7 8 102 ωd ΔdB ω / s−1

− 60 dB/Dek

ϕ(ω)
10 2 3 4 5 6 7 8 9 102 2 3 4 5 6 7 8

ω / s−1

−90°
ω
S1 = −1
−180°
1
S0 = + − ω
2
−270°

Bild 8.21 Bode-Diagramm des Regelkreises mit instabiler Regelstrecke

die geforderte Stabilitätsbedingung (6.61) für ni = 0


n 1
(υ p − υ n ) = r =
2 2
durch die Summe der Schnittpunkte nicht erfüllt ist:
1 1
(υ p − υ n ) = S 0 + S1 = + −1= − .
2 2
Zu b):
Verschiebt man die 0-dB-Linie um ΔdB ≈ 10 dB nach oben, d. h. Δ K = 3,16, so wird die Be-
dingung (6.61) erfüllt, da der Schnittpunkt S1 nicht mehr in Betracht kommt:
1
(υ p − υ n ) = S 0 = + .
2
Der kritische Proportionalbeiwert des Reglers beträgt damit
1
K PRkr = K PR ⋅ = 0,316 .
ΔK
Die weitere Verkleinerung von KPR ist jedoch nicht möglich, weil bei KPR < KPRkr auch der
Schnittpunkt S0 nicht mehr berücksichtigt wird, was auf die Instabilität des Kreises hinweist.
Die Stabilitätsbedingung (6.61) wird nur bei einem Wert von KPRkr erfüllt, was praktisch nicht
realisierbar ist. Es soll eine neue Nullstelle, z. B. TN1 = T2 eingeführt werden. Zusammen mit
der Kompensation TV = T1 wird die Bedingung KPR > KPRkr sicher zur Stabilität führen.
252 8 Entwurf von linearen Regelkreisen
X Aufgabe 8.2
Eine instabile P-T1-Strecke soll mit dem PD-T1-Regler geregelt werden.
K PS 1 + sTv
GS ( s ) = G R ( s ) = K PR .
1 − sT1 1 + sTR
Gegeben sind: KPS = 0,25 und Tv = T1 = 0,1 s. Die Zeitkonstante TR ist vernachlässigbar klein.
Gesucht: der Proportionalbeiwert des Reglers KPR, bei dem der Regelkreis stabil wird.

8.5.3 Beispiele von instabilen Regelstrecken

Die Instabilität einer Regelstrecke entsteht in der Regel aus zwei Gründen:
• wegen zwei oder mehr in Reihe geschalteten I-Gliedern
• wegen Mitkopplung im Wirkungsplan der Strecke.
Die klassischen Beispiele von instabilen Strecken sind Invertiertes Pendel, Magnet-
schwebekörper und Ladebrücke (Bild 8.22).
• Invertiertes Pendel: Ein senkrecht stehender Stab, der durch die horizontalen
Wagenbewegungen Xw stabilisiert wird. Stellgröße ist die Kraft Fx auf den Wa-
gen. Regelgröße ist der Winkel ϕ.
• Magnetschwebekörper: Eine Kugel mit der Masse m, die von einer Magnetspule
angezogen und in einer gewünschten Position X gehalten wird. Im stationären Zu-
stand befindet sich die Magnetkraft der Magnetspulen im Gleichgewicht mit der
Erdanziehungskraft. Stellgröße ist die Magnetkraft Fm der Magnetspule. Regel-
größe ist die Lage X(t) der Kugel.

−F +F
−Y m1
+Y
Bild 8.22
Kran als instabile Regelstrecke:
Stellgröße ist die Kraft F auf die
Laufkatze des Kranes bzw. die
X0 X1 Beschleunigung Y. Regelgröße ist
x(t)
die Lage X(t) der Last. Als Hilfs-
m2 regelgröße kann die Auslenkung
dienen.

Die Stabilisierung der oben genannten instabilen Regelstrecken gewinnt an prakti-


scher Bedeutung z. B. beim Transport einer aufrecht stehenden Last, beim Anfahren
einer Magnetschwebebahn, beim Laden eines Schiffes oder eines Gütezuges ohne
Überschwingungen.
Die Ermittlung von genauen Zeitkonstanten der instabilen Regelstrecken ist anhand
zwei Beispielen in nachfolgender Tabelle gezeigt. In beiden Fällen ist die Instabilität
durch die Erdanziehung verursacht. Im Wirkungsplan führt dies zur Reihenschaltung
von zwei I-Gliedern und zur Mitkopplung.
8.5 Entwurf von Regelkreisen mit instabilen Strecken 253

Die Bezeichnungen sind: Kraft (f), Länge (l), Masse (m), Strom (i), Weg (x) in hori-
zontaler oder vertikaler Richtung (s. Seite 49 für Groß- und Kleinschreibung). Indizes
sind: Gravitation bzw. Gewicht (G), Magnet (m), Reaktion des Scharniers (R), Stab
(s), Wagen (w).
Die Länge des Stabes beträgt 2l, das Trägheitsmoment ist J = ms l 2 .

Magnetschwebekörper Invertiertes Pendel

ϕ
Im
Ys
Xs
Fm Fm
X0
FRy FG

X FRx
Im0
Fm0 Fw
FG
X Xw
X0
Stationärer Zustand
( Fm ) 0 = FG = m ⋅ g ( FRy )0 = FG = ms g Ys = l cos ϕ
( Fw ) 0 = ( FRx ) 0 X s = X w + l cos ϕ
Dynamisches Verhalten
Fm − FG = −m ⋅ X FRx = ms ⋅ Xs ; Fw − FRx = mw ⋅ X w
FRy − FG = −ms ⋅ Ys
Jϕ = − FRx l sin ϕ + FRy l cos ϕ
Linearisierte Gleichungen für kleine Abweichungen vom Arbeitspunkt

Magnetkraft f m = K i ⋅ im − K x ⋅ x Wagen f w − f Rx = m w ⋅ xw

Kugel Stab f Rx = ms ⋅ xs =


f m = −m ⋅ x(t )
(Beschleunigung) (horizontal) = ms ⋅ xw + ms l ⋅ ϕ


Kugel Stab f Ry = ms ⋅ g
x (t ) = x(t ) dt
(Geschwindigkeit) (vertikal)


Kugel Stab Jϕ = l ⋅ f Ry ⋅ ϕ − l ⋅ f Rx
x(t ) = x (t )dt
(Weg) (Schwerpunkt)

Die Magnetkraft Fm hängt nichtlinear vom Strom Im und von der Position X der Ku-
gel ab. Der Zusammenhang Fm = f (X, Im) kann experimentell ermittelt und graphisch
in einem Diagramm als Kennlinienfeld dargestellt werden. Mit Hilfe von
254 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

 ∂F   ∂F 
K Pi =  m  und K Px =  m  wird die Magnetkraft Fm im Arbeitspunkt
 ∂I m 0  ∂X  0
Fm0 = m⋅g in Abhängigkeit von dem Strom Im des Elektromagneten und der Lage X
der Kugel linearisiert.
Die linearisierten Wirkungspläne und die Übertragungsfunktionen der beiden Stre-
cken sind unten in der Tabelle zusammengefasst. Es handelt sich dabei um das insta-
bile P-T2-Verhalten mit nl = 1 Pol in der linken und nr = 1 Pol in der rechten s-Ebene.

Magnetschwebekörper Invertiertes Pendel


Wirkungsplan
msgl
fRx
im fm ẍ x· x fw − 1 ẍw + ϕ̈· ϕ
KPi
+ −
1/m −   + mw
ms
+
l −
1
J  
+
KPx msl

Übertragungsfunktion
x( s ) − K PS ⋅ β 2 ϕ (s) − K PS ⋅ β 2
GS ( s ) = = GS ( s ) = =
im ( s ) − s 2 + β 2 f w (s) s2 − β 2
Parameter
K 1 1
K PS = Pi K PS = ⋅
K Px g m w + ms
K Px g m + ms
β2 = β2 = ⋅ w
m l 2 m w + ms
Praktisches Beispiel mit Zahlenwerten
m = 15,7 kg Fm0 = mg = 154 mN mw = 3,5 kg l = 0,8 m
2 2
g = 9,81 m/s Im0 = 119 A mS = 0,5 kg g = 9,81 m/s
KPi = 0,244 N/A
KPS = 0,019 m/A KPS = −0,0255 1/N
KPx = 12,6 N/m
K PS
GS ( s ) =
2 2
s T −1
T = 0,0353 s T = 0,391 s

Die Zeitkonstanten der Stellglieder (Magnetspule, Motor, Leistungsverstärker) sind


viel größer als die eigenen Zeitkonstanten der Regelstrecke. Die oben behandelten
Entwurfsmethoden werden dadurch uneffektiv. Um die gesamten Zeitkonstanten des
Regelkreises zu reduzieren, werden in der Regel die Hilfsregelgrößen herangezogen,
z. B. der Strom Im im Fall des Magnetschwebekörpers. Dies führt zur so genannten
vermaschten Regelung, die im nachstehenden Abschnitt behandelt wird.
8.6 Vermaschte Regelung 255

8.6 Vermaschte Regelung

8.6.1 Regelung mit Hilfsregelgrößen

In den bisher behandelten Regelkreisen erfolgt die Bildung der Regeldifferenz durch
die Messung der Regelgröße und den Vergleich mit dem Sollwert. Nach einem geeig-
neten Regelalgorithmus wird daraus die Stellgröße gebildet, um die Regeldifferenz
auszuregeln. In einem einschleifigen Kreis greift der Regler bei Beseitigung von Stör-
größen erst dann ein, wenn eine Regeldifferenz bereits vorliegt. Bei großen Zeitkon-
stanten der Regelstrecke führt dies zur Schwingungen oder zur Instabilität.
Zur Vermeidung dieser Nachteile kann die Struktur eines Regelkreises so verändert
werden, dass die Störungen stark reduziert und ohne große Zeitverzögerung auf den
Reglereingang übertragen werden. Solche Strukturveränderung führt zu einer ver-
maschten Regelung, die sich dann realisieren lässt, wenn die Störungen oder Hilfsre-
gelgrößen messbar und über ein Stellglied beeinflussbar sind. Die Reglereinstellung
nach den bisher behandelten Optimierungsverfahren soll durch Strukturoptimierung
nicht beeinflusst werden.
Die Verfahren der Strukturoptimierung werden, wie in Bild 8.23 gezeigt, nach den
Abgriffsorten des Signals auf Stör-, Stell- und Hilfsregelgrößenaufschaltung unter-
teilt. Nachfolgend werden nur einige davon behandelt.
z
GRz (s) Störgrößen-
Störgrößenaufschaltung
vorregelung
Begrenzungsregelung
Teil-
(Overrideregelung) −
− strecke
g0
GoR (s) GSz (s) GR3 (s)
+ Hilfsstellgrößen-
aufschaltung

Soll- GR2 (s)


wert Hauptregler +
w y x1 x
GR (s) GR1 (s) GS1 (s) GS2 (s)
+ + + +
− − − Teilstrecke 1 Teilstrecke 2

Kaskadenregelung
(unterlagerter Folgeregelkreis)

Hilfsregelgrößenaufschaltung

Hauptregelkreis
(Führungsregelkreis)

Bild 8.23 Aufstellung von verschiedenen Verfahren der Strukturoptimierung an einem Kreis
256 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.6.2 Kaskadenregelung

Bei Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten ist es oft schwierig, mit einer einschlei-
figen Regelung ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen. Wenn es möglich ist, die
Strecke zu unterteilen und eine Hilfsregelgröße zu messen, wie z. B. x1 in Bild 8.24,
greift man zu einer Kaskadenregelung. Der Hilfsregelgröße x1 wird ein eigener Regler
GR1 zugeordnet, der als Folgeregler oder Hilfsregler bezeichnet wird. Der übergeord-
nete Regler GR2 (Führungsregler oder Hauptregler) gibt dann dem Folgeregler GR1 die
Führungsgröße w1 vor.

z
w2 w1 x1 x2
GR2(s) GR1(s) GS1(s) GS2(s)
+
+ − −

Bild 8.24 Wirkungsplan der Kaskadenregelung

Ohne Kaskadenregelung gilt für das Führungsverhalten


G R2 ( s) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s )
Gw (s) = (8.42)
1 + GR2 ( s ) ⋅ GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s )
und für Störverhalten:
GS1 ( s) ⋅ GS2 ( s)
Gz ( s) = (8.43)
1 + G R2 ( s ) ⋅ GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s )

Mit Kaskadenregelung sind die Übertragungsfunktionen:


G R1GS1
G R2 GS2
1 + G R1GS1 G R2 G R1GS1GS2
Gw (s) = = (8.44)
GR1GS1 1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2
1 + GR2 GS 2
1 + G R1GS1

GS1
GS2
1 + G R1GS1 GS1GS2
Gz ( s) = = . (8.45)
G R1GS1 1 + G R1GS1 + G R2 G R1GS1GS2
1 + G R2 GS 2
1 + G R1GS1

Aus dem Vergleich (8.42) mit (8.44) und (8.43) mit (8.45) ist es zu sehen, dass der
Regelkreis durch eine geeignete Wahl des Reglers GR1 so eingestellt werden kann,
das ein gewünschtes Verhalten, z. B. mit kleineren Zeitkonstanten, erreicht wird.
8.6 Vermaschte Regelung 257

Ein Beispiel der zweischleifigen Kaskadenregelung wird im Folgenden betrachtet.


Man passt zunächst den Folgeregler GR1(s) an die Teilstrecke GS1(s) an und gibt so
dem inneren Regelkreis ein gewünschtes Zeitverhalten. Dieser ist dann Bestandteil
der Regelstrecke G2(s), für die der äußere Regler GR2(s) dimensioniert werden muss.

• Beispiel 8.6
Im Bild 8.25 ist der Wirkungsplan einer Kaskadenregelung mit einer P-T2-Strecke gegeben.
Die Streckendaten sind:
KPS1 = 2 KPS2 = 3
T1 = 1 s T2 = 0,2 s.
Die Kennwerte des Folgereglers KPR1 und Tn1 sollen so eingestellt werden, dass die Verzöge-
rungszeitkonstante des Folgeregelkreises 50 mal kleiner als die Streckenzeitkonstante T1 wird.

KPR2 , Tn2 KPR1 , Tn1 KPS1 , TS1 KPS2 , TS2


w x

+
+ − −

Bild 8.25 Kaskadenregelung einer P-T2-Strecke mit PI-Führungsregler und PI-Folgeregler

Um die gewünschte Zeitkonstante zu ermitteln, werden die Übertragungsfunktionen des Folge-


kreises G01(s) und Gw1(s) berechnet:
K PR1 (1 + sTn1 ) K PS1
G01 ( s ) = G R1 ( s) ⋅ GS1 ( s ) = ⋅
sTn1 1 + sT1
Nach der Kompensation mit Tn1 = T1 = 1 s folgt
1 1 1
G w1 ( s) = = =
1 Tn1 1 + sTw1
1+ 1+ s ⋅
G 01 ( s ) K PS1 ⋅ K PR1
Der Folgeregelkreis hat ein P-T1-Verhalten mit der Zeitkonstante Tw1, die nach der Aufgaben-
stellung 1/50 von T1 betragen soll:
Tn1 T
Tw1 = = 1 .
K PS1 ⋅ K PR1 50
Daraus ergibt sich
50 ⋅ Tn1
K PR1 = = 25 .
K PS1 ⋅ T1
258 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.6.3 Begrenzungsregelung

Die Begrenzungsregelung, auch Overrideregelung genannt, besteht aus zwei oder drei
Regelkreisen, wie in Bild 8.26 gezeigt ist. Zum einen ist es der Hauptregelkreis
(Main-Regler GR), zum anderen ein oder zwei Begrenzungsregelkreise (Override-
regler GoR1 und GoR2), die mit unterschiedlichen Sollwerten und Prozessvariablen
parallel arbeiten und über eine Auswahlbox das Stellsignal für die Regelstrecke lie-
fern. Die Auswahlbox ist ein Vergleichsglied, welches die Stellgrößen des Haupt- und
der beiden Begrenzungsregler auf den größeren bzw. den kleineren Wert vergleicht.
Über einen Select-Befehl hat man die Möglichkeit, diese Auswahl entweder automa-
tisch nach dem Maximum oder Minimum durchführen lassen, oder den jeweiligen
Ausgang nach bestimmten Kriterien freizuschalten. Die Umschaltung soll allerdings
stoßfrei erfolgen.
Die Begrenzungsregelung ist besonders gut für Strecken geeignet, bei denen sowohl
die Regelgröße x auf den vorgegebenen Sollwert w gebracht, als auch eine weitere
Größe (Begrenzungsgröße) vorgegebene Grenzwerte gmax und/oder gmin nicht über-
schreiten soll. Beispielsweise soll in einem Ofen die Temperatur konstant gehalten
werden und gleichzeitig der Druck den maximal zugelassenen Wert nicht überschrei-
ten. Ein weiteres Beispiel ist ein Vakuum-Ofen, in dem die Kammertemperatur immer
um 5°C bis 10°C wärmer als die Temperatur des Werkstückes ist. Wird das Thermo-
element nahe dem Werkstück platziert, kann die Regelung zu unerwünschten Effekten
wie überhöhter Temperatur der Heizelemente bzw. zur Überschreitung des gewünsch-
ten Sollwerts führen. Um diese Probleme zu umgehen, platzieren oft die Ofenherstel-
ler ein Thermoelement in der Brennkammer nahe den Heizelementen, was zu thermi-
schen Gradienten führt. Die ideale Lösung ist die Overrideregelung mit zwei separa-
ten Regelkreisen und zwei Thermoelementen, wobei ein Thermoelement dicht an den
Heizelementen, das zweite am Werkstück sitzt. Für die Regelung der Brennkammer-
temperatur wird dann der Regelkreis mit dem niedrigsten Ausgangssignal benutzt.

gmin
− Begrenzungsregler
GoR1(s)
+ z
Sollwert Hauptregler Ausgangs-Auswahlbox x1 x
w GS2(s)
GR(s) Min Max GS1(s)
+
− Begrenzungsregler
+ Teilstrecke Teilstrecke
gmax
GoR2(s)
+ −

Bild 8.26 Wirkungsplan einer Begrenzungsregelung (Overrideregelung)


8.6 Vermaschte Regelung 259

°C x1(t)
300
Bild 8.27
Theoretische Verläufe der
200 Grenzwert g(t) Temperaturkurven bei der
x(t)
Begrenzungsregelung mit den
Eingangs-Rampenfunktionen
100 (der Begrenzungsregler hat
einen höheren Sollwert als der
Sollwert w(t) Hauptregler)
0
0 5 10 15 t / min

Bild 8.27 zeigt die theoretischen Verläufe der Hauptregelgröße x(t) und der Hilfsre-
gelgröße x1(t) bei einer Rampenfunktion w(t) = KI⋅ t als Sollwert des Hauptreglers
und den entsprechenden Rampenfunktionen eines Begrenzungsreglers.
Bei der praktischen Realisierung, z. B. im Vakuum-Ofen (Bild 8.28) stellt man sofort
fest, dass eine exakte Ausregelung der Temperatur am Ofengut möglich ist. In der
Aufheizphase regelt der Overrideregler die Temperatur an den Heizelementen. Nach
mehrmaligem Wechsel zwischen Main- und Override-Regler (Temperaturausgleich
im Ofen) übernimmt schließlich der Main-Regler die Regelungsaufgabe bei konstan-
tem Sollwert. Die Temperatur der Heizzone Mitte sinkt unter den Sollwert des Overri-
dereglers. Der Overrideregler vergrößert seine Ausgangsleistung, und somit ist sicher
gestellt, dass der Main-Regler die Regelung der Strecke behält.
710

700 Istwert
Overrideregler
690 Sollwert
Sollwert Overrideregler
680
Mainregler
670 Istwert
660
Mainregler
Overrideregelung des Vakuum-Ofens
650
mit Ausgang auf Min-Auswahl:
640 Mainregler – Ofengut
Overrideregler – Heizzone Mitte
630
Aufheizung:
620 Aktiver Rampe von 595°C auf 700°C
Override-Regelkreis
610

600
Aktiver
590
Main-Regelkreis
580
10:53:42 10:56:27 10:59:13 11:01:59 11:04:45 11:07:30 11:10:16 11:13:02 11:15:48 11:18:33 11:21:19 11:24:05 11:26:51

Bild 8.28 Beispiel einer Overrideregelung (Quelle: Schuy, Marco: Diplomarbeit, FH Wiesba-
den, FB IET, 2001, mit freundlicher Genehmigung von Eurotherm Deutschland GmbH)
260 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.6.4 Störgrößenaufschaltung

Eine Beseitigung der Auswirkung von Störgrößen durch eine Regelung hat den Nach-
teil, dass der Regler immer erst korrigierend eingreifen kann, wenn eine Regeldiffe-
renz vorliegt. Wegen der Verzögerungen in der Strecke erscheint die Störung erst
verspätet am Eingang des Reglers. Um eine Auswirkung der Störgröße auf die Regel-
z größe völlig zu verhindern
GRz (s) und dabei die vorhandene
optimale Reglereinstellung
− + auszunutzen, schaltet man
w x die messbare Störgröße über
GR(s) GS(s)
+ ein korrigierendes Glied GRz
− auf den Streckeneingang
oder, wie Bild 8.29 zeigt, vor
dem Regler auf.

Bild 8.29 Störgrößenaufschaltung auf den Reglereingang

Die Aufschaltung erfolgt oft über ein differenzierendes Glied, damit im Beharrungs-
zustand keine Verfälschung der Regeldifferenz entsteht. Die Stabilität des Kreises
wird durch diese Maßnahme auch nicht beeinflusst. Die Regelparameter können so
eingestellt werden, als sei GRz nicht vorhanden.
Nach der Art der Aufschaltung wird der Einfluss der Störgröße in unterschiedlichem
Maße kompensiert. Bei der vollständigen Kompensation gilt nach dem Störsprung z0:
x(t) = 0 bzw. x(s) = 0
Gvz ( s)
x( s) = Gz ( s) ⋅ z0 = ⋅ z0 = 0 .
1 + G0

Daraus folgt die Kompensationsbedingung für die Vorwärts-Übertragungsfunktion


G vz ( s ) = 0 . (8.46)

Für die in Bild 8.20 gezeigte Störgrößenaufschaltung mit


G vz ( s ) = −G Rz ( s )G R ( s )GS ( s ) + GS ( s ) = 0

wird die Bedingung (8.46) mit dem korrigierenden Glied


1
G Rz ( s ) =
GR (s)

erfüllt. Das korrigierende Glied GRz(s) kann mit Hilfe von einfachen RC-Netzwerken
technisch realisiert werden. In der Praxis erfolgt eine vollständige Kompensation der
Störgröße nur selten, weil die genaue Nachbildung von GRz(s) zu aufwendig und nur
ausnahmsweise möglich ist.
8.6 Vermaschte Regelung 261

• Beispiel 8.7

Für den in Bild 8.30 gezeigten Regelkreis sollen die Übertragungsfunktion und die Parameter
des Korrekturgliedes GRz(s) so ermittelt werden, dass eine vollständige Kompensation der
Störgröße erreicht wird. Der P-Regler ist mit KPR = 1,2 eingestellt. Die Streckenparameter sind:
−1
KPSz = 2 KPSy = 5 KIS = 0,16 s
T1 = 0,32 s T2 = 0,5 s

z KPSz , T1
GRz
GSz

KPSy, T2 KIS
w −
KPR + −
x
+ + +
− GR GSy GSI

Bild 8.30 Wirkungsplan der Störgrößenaufschaltung zu Beispiel 8.7

Die Vorwärts-Übertragungsfunktion Gvz wird nach dem Überlagerungsprinzip wie folgt be-
stimmt und gleich Null gesetzt:
G vz ( s ) = −GSz ( s )GSI ( s ) + GSy ( s )GSI ( s) − G Rz ( s )G R ( s )GSy ( s )GSI ( s ) = 0
Daraus ergibt sich die Übertragungsfunktion des Korrekturgliedes:
(GSy − GSz )GSI
G Rz ( s ) =
G R GSy GSI
bzw.
K PSy K PSz

1 + sT2 1 + sT1 K PSy − K PSz + s ⋅ ( K PSy T1 − K PSz T2 )
G Rz ( s ) = = .
K PR K PSy K PR K PSy (1 + sT1 )
1 + sT2
Damit ist GRz ein D-T1-Glied
1 + sTz
G Rz ( s ) = K Pz ⋅
1 + sT1
K PSy − K PSz K PSy T1 − K PSz T2
mit K Pz = = 0,5 und Tz = = 0,2 s .
K PR K PSy K PSy − K PSz
262 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

8.7 Mehrgrößenregelung
Die Industrieanlagen werden oft als Regelstrecken mit mehreren Regelgrößen, die
intern miteinander verkoppelt und von mehreren Stellgrößen beeinflusst sind, betrach-
tet. Zur Regelung solcher Strecken ist ein Mehrgrößenregler geeignet. Der Entwurf
von Mehrgrößenreglern erfolgt normalerweise im Zeitbereich mit Hilfe der Matrizen-
bzw. Vektorrechnung. Im Folgenden werden wir auf diese Beschreibung verzichten
und die Mehrgrößenregelung mit Hilfe von Übertragungsfunktionen behandeln.

8.7.1 Regelstrecken mit mehreren Ein-/ und Ausgangsgrößen

Von den meist bekannten Mehrgrößenstrecken mit zwei Eingangsgrößen Y1, Y2 sind
die Mischwasserbereitung mit dem Ausgang H (der Füllstand) und dem Ausgang T
(die Temperatur der Mischung), oder das Behältersystem mit Ausgangsgrößen H1, H2
(die Füllstände) zu nennen (Bild 8.31).
Y1 Y2
Y1 Y2
Q1 Q2 Q1 Q2
T
H1 H2
H

a) Mischbehälter b) Zweitanksystem

Bild 8.31 Beispiele industrieller Mehrgrößenstrecken

Ein anderes Beispiel ist in Bild 8.32 gezeigt. Zwei RCL-Vierpole sind miteinander
über einen Widerstand R2 verbunden. Damit entsteht eine Zweigrößenstrecke mit
Spannungen ue1(s), ue2(s) als Eingangs- und ua1(s), ua2(s) als Ausgangsgrößen.
i1 R1
ua1 ( s ) 
G11 ( s ) =
uR1 ue1 ( s ) 
u (s) 
ue1 C ua1 für ue2(s) = 0
i2 R2 G21 ( s ) = a2 
ue1 ( s ) 
uR2 ua1 ( s ) 
ua2 G12 ( s ) =
ue2 ( s ) 
ue2 L

u (s) 
i3 R3 für ue1(s) = 0
G22 ( s ) = a 2 
uR3
ue2 ( s ) 
Bild 8.32 RCL-Netzwerk als Mehrgrößenstrecke
8.7 Mehrgrößenregelung 263

Unter Annahme, dass alle Widerstände gleich sind, d. h. R1 = R2 = R3, kann man die
Übertragungsfunktionen nach den Kirchhoffschen Sätzen mittels Laplace-Trans-
formation analog dem Beispiel 2.3 des Abschnitts 2.3.5 wie folgt darstellen:
1 + sT1 1 1
G11 ( s ) = G12 ( s ) = ⋅ 2 2
s 2
T32 + s (T1 + T2 ) + 1 2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1

1 s 2T32 s 2T32 + sT1


G21 ( s ) = ⋅ 2 2 G22 ( s ) =
2 s T3 + s (T1 + T2 ) + 1 s 2T32 + s (T1 + T2 ) + 1

mit Zeitkonstanten
1 L 3
T1 = ⋅ T2 = RC T32 = LC .
2 R 2
Nach dem Überlagerungsprinzip gilt für lineare Strecken:
ua1 ( s) = G11 ( s) ue1 ( s) + G12 ( s ) ue2 ( s )
(8.47)
ua2 ( s ) = G21 ( s ) ue1 ( s ) + G22 ( s ) ue2 ( s ).

8.7.2 P-kanonsiche Form

Die Struktur der Strecke nach Gl. (8.47) zeigt Bild 8.33. Solche Struktur wird als P-
kanonosche Form bezeichnet. Wenn zwi-
y 1 (s) x (s) schen den Stellgrößen y1, y2 und den
G11(s) + 1
Regelgrößen x1, x2 eine feste Zuordnung
+ besteht, die durch G11(s) und G22(s) be-
stimmt wird, kann die Zweigrößenrege-
G12(s) lung als nichtgekoppelte Regelung mit
zwei Einzelreglern mit Übertragungs-
funktionen GR1(s) und GR2(s) realisiert
G21(s) werden. Die Übertragungsfunktionen
G11(s), G22(s) werden dadurch als
y 2 (s) + x (s) Hauptstrecken und G12(s), G21(s) als
G22(s) + 2
Koppelstrecken bezeichnet.

Bild 8.33 P-kanonische Form einer Regelstrecke

Die gegenseitige Wirkung von Hauptregelkreisen wird mit Hilfe des Koppelfaktors
G 21 ( s ) ⋅ G12 ( s )
C (s) = (8.48)
G11 ( s) ⋅ G 22 ( s )
264 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

bemessen. Sind die Kopplungsstrecken G12(s) bzw. G21(s) Glieder mit D-Verhalten,
so wirkt nur die dynamische Verkopplung, die im Beharrungszustand verschwindet.
Der Koppelfaktor im stationären Betrieb, d. h. bei t → ∞ oder s → 0, wird als stati-
scher Koppelfaktor bezeichnet und durch Proprotionalbeiwerte KP bestimmt:
G21 (0) ⋅ G12 (0) K P 21K P12
C0 = bzw. C0 = (8.49)
G11 (0) ⋅ G22 (0) K P11K P 22

Bei C0 = 0 sind die Hauptregelkreise nicht verkoppelt. Durch das Vorzeichen des sta-
tischen Koppelfaktors wird entschieden, ob eine Mit- oder Gegenkopplung im Haupt-
regelkreis vorliegt.
Die positive Kopplung (C0 > 0) ist durch die schlechte Regelbarkeit gekennzeichnet.
Günstiger für die Stabilität ist die negative Kopplung.

8.7.3 V-kanonische Form

Betrachten wir nun das Beispiel 2.4 des Abschnitts 2.3.5. Erweitern wir dieses Bei-
spiel mit einer Masse m2 und Federn, wie in Bild 8.34 dargestellt, so entsteht ein me-
chanisches System mit den Wegen xe1(s), xe2(s) als Eingangsgrößen und xa1(s), xa2(s)
als Ausgangsgrößen. Aus dem Kräftegleichgewicht (2.27) für die Feder-Kräfte FC1,
FC2, FC3 und die Dämpfer-Widerstandskraft FD nach Gl. (2.26) ergibt sich die Be-
schreibung des Systems zu
m1x1 (t ) = − K C1 ( x1 − y1 ) − K D ( x1 − x2 ) − K C2 ( x1 − x2 )
m2 x2 (t ) = − K C3 ( x2 − y2 ) − K D ( x2 − x1 ) − K C2 ( x2 − x1 ) .
x1 x2

y1 KD y2

KC1 m1 m2 KC3
KC2

Bild 8.34 Mechanisches Feder-Masse-Dämpfer System als Mehrgrößenstrecke mit V-Struktur

Nach der Laplace-Transformation erhalten wir die einzelnen Übertragungsfunktionen


x1 ( s ) K C1 x1 ( s ) K C2 1 + sT12
= = ⋅
y1 ( s ) s 2T22 + sT1 + 1 x2 ( s ) K C 2 + K C1 s 2T22 + sT1 + 1

x2 ( s ) K x2 ( s ) KC2 1 + sT21
= 2 2 C3 = ⋅ 2 2
y2 ( s ) s T4 + sT3 + 1 x1 ( s ) K C 2 + K C3 s T4 + sT3 + 1
8.7 Mehrgrößenregelung 265

mit Zeitkonstanten
KD m1 KD
T1 = T22 = T12 =
K C2 + K C1 K C2 + K C1 K C2
KD m2 KD
T3 = T22 = T21 = .
K C2 + K C3 K C2 + K C3 K C2

Die Übertragungsfunktionen, die einen Ausgang abhängig von dem anderen beschrei-
ben, werden durch V(s) bezeichnet, d. h.
x1 ( s ) x1 ( s )
G11 ( s ) = G11 ( s )V12 ( s ) =
y1 ( s ) x2 ( s )
x2 ( s ) x2 ( s )
G22 ( s ) = G22 ( s ) V21 ( s ) = .
y2 ( s ) x1 ( s )

Das betrachtete mechanische System wird analog Gl. (8.47) durch das folgende Glei-
chungssystem, jedoch eines anderen Typs, beschrieben:
x1 ( s ) = G11 ( s ) [ y1 ( s ) + V12 ( s ) x2 ( s )]
(8.50)
x2 ( s ) = G22 ( s )[ y2 ( s ) + V21 ( s ) x1 ( s )] .

Die Strecke mit rückgekoppelten V(s)-Gliedern, die in Bild 8.35 abgebildet ist, wird
als V-kanonische Form bezeichnet. Sie unterscheidet sich von der P-kanonische Form
y 1 (s) x1 (s) durch vertauschte Additions- und Ver-
G11(s) zweigungsstellen. Die Umrechnung der
+ + Gln. (8.47) in (8.50) und umgekehrt bzw.
die Umwandlung des Wirkungsplanes
V12(s) einer P-kanonischen in eine V-kanonische
Form ist möglich, jedoch werden dabei
die Übertragungsfunktionen bzw. die
Wirkungspläne verkompliziert werden.
V21(s)
Dies bedeutet, dass jede technisch reali-
+ sierbare Regelstrecke nach einer bestimm-
y 2 (s) x2 (s) ten Struktur aufgebaut ist und so es
G22(s) zweckmäßig ist, diese Struktur auch bei
+
der mathematischen Beschreibung beizu-
Bild 8.35 V-kanonische Form behalten.

8.7.4 Dezentrale Regelung einer Mehrgrößenstrecke

Die einfachste Struktur der Mehrgrößenreglung wird dezentrale bzw. separate Rege-
lung genannt (Bild 8.36). Zwei Regler GR1(s) und GR2(s) sind voneinander unabhän-
gig und regeln jeweils eine Regeldifferenz e1 = w1 − x1 und e2 = w2 − x2 aus.
266 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

• Beispiel 8.8
Eine Regelstrecke in P-kanonischer Form soll mit zwei separaten I-Reglern mit Kennwerten
KIR1 und KIR2 nach dem Bild 8.36 geregelt werden. Die Strecke ist gegeben:
K P11
− G11 ( s ) =
1 + sT11
w1 e1 y1 + x1
GR1(s) G11(s)
+ − K P22
G 22 ( s ) =
1 + sT22
G12(s)
G12 ( s ) = K P12
G21(s) G 21 ( s ) = K P21
w2 e2 y2 + x2
+ Die Streckenparameter sind:
GR2(s) G22(s)
+
− KP11 = 0,2 T11 = 2 s
KP22 = 0,4 T22 = 3 s

Bild 8.36 Dezentrale Regelung einer Strecke KP12 = 0,2 KP21 = 0,1
in P-kanonischer Form

Die Reglereinstellung erfolgt


nach dem Betragsoptimum. Die
gegenseitige Wirkung von Reg-
lern nach Eingangssprüngen bei
t = 1 s und t =30 s ist im Bild
8.37 deutlich zu sehen.
K IR1 K P11
G01 ( s ) =
s (1 + sT11 )
1
K IR1 = = 1,25 s −
2 K P11T11
K IR2 K P 22
G02 ( s ) =
s (1 + sT22 )
K IR2 = 0,42 s −1
Bild 8.37 Sprungantworten der dezentralen Regelung

8.7.5 Stabilität der dezentralen Zweigrößenregelung

Der Regelkreis des Bildes 8.36 wird genau dann stabil, wenn alle Wurzeln der folgen-
den charakteristischen Gln. in der linken s-Halbebene liegen, wobei C(s) der Kopp-
lungsfaktor nach (8.48) ist:
N1 ( s ) = 1 + GR1 ( s )G11 ( s ) = 0
1 − C ( s ) N1 ( s ) N 2 ( s) = 0 (8.51)
N 2 ( s ) = 1 + GR 2 ( s )G22 ( s ) = 0
8.7 Mehrgrößenregelung 267

• Beispiel 8.9
Die Regelstrecke des Beispiels 8.8 wird mit zwei vollkompensierten PI-Reglern geregelt:
K PR1 (1 + sTn1 ) K PR2 (1 + sTn 2 )
GR1 ( s ) = GR 2 ( s ) =
sTn1 sTn 2
Die Bedingungen (8.50) werden nach dem Hurwitz-Stabilitätskriterium geprüft. Sie resultieren
zu folgenden Zusammenhängen, wobei C0 der statische Koppelfaktor nach (8.49) ist:
C0 < 1 und KPR1KPR2 < 2
Es wurde angenommen: Tn1 = T11 und Tn2 = T22 , sowie KPR1 > 0 und KPR12 > 0.

8.7.6 Entwurf einer Entkopplungsregelung

Die obige Regelungsstruktur wird auch Diagonalregler genannt, weil der Gesamtreg-
ler als Diagonalmatrix mit den beiden Einzelreglern dargestellt werden kann:
 G (s) 0 
G R (s) =  R1 . (8.52)
 0 G R 2 ( s ) 

Nachteilig bei dieser Struktur ist die starke gegenseitige Wirkung der beiden Koppel-
strecken. Viel effektiver ist dagegen die Entkopplungsregelung, bei der die Übertra-
gungsmatrix auch die Entkopplungsregler GR12(s) und GR21(s) beinhaltet:
 G ( s ) G R12 ( s) 
G R (s) =  R11  . (8.53)
 G R 21 ( s ) G R 22 ( s ) 
Das Entkopplungsglied GR21(s) wird so eingestellt, dass die Wirkung des Kopplungs-
gliedes der Regelstrecke G21(s) aufgehoben wird (Bild 8.38).


w1 e1 y1R y1 x1
GR1(s) + G11(s) +
+ + −

GR12(s) G12(s)

GR21(s) G21(s)

w2 e2 y2R − y2 + x2
GR2(s) G22(s) +
+ +

Bild 8.38 Regler in P-kanonsiche Form, Strecke in P-kanonsche Form


268 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

Unter Annahme, dass in einem entkoppelten Regelkreis


yR1 ( s ) = y1 ( s ) (8.54)

gelten soll, wird die Wikrung des unteren Kreises vollständig kompensiert, wenn die
folgende Bedingung erfüllt wird, woraus die gesuchte GR21(s) resultiert:
G21 ( s )
GR 21 ( s)G22 ( s) = G21 ( s )  GR 21 ( s ) = (8.55)
G22 ( s )

Dasselbe gilt for das Entkopplungsglied GR12. Durch die Entkopplung wird die Rege-
lung wird verbessert (Bild 8.39), aber wegen Verletzung der Bedingung (8.54) ist die
Entkopplung nicht vollständig. Große D-Anteile, bedingt durch die großen Verzöge-
rungszeitkonstanten der Strecke, führen zu Störungen.

G12 ( s ) 0,2
GR12 ( s ) = = (2 s + 1)
G11 ( s) 0,2
G ( s) 0,1
GR 21 ( s) = 21 = (3s + 1)
G22 ( s) 0,4

Bild 8.39 Entkoppelter Regelkreis: der Regler und die Strecke in P-kanonischer Form

Wird nun der Regler in der V-kanonischen Form eingesetzt (Bild 8.40), wird die Be-
dingung (8.54) erfüllt und die vollständige Entkopplung wird erreicht (Bild 8.41).

Bild 8.40 Entkoppelter Regelkreis: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form
8.7 Mehrgrößenregelung 269

Bild 8.41 Perfekte Entkopplung: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form

Auch eine Strecke in V-kanonische Form wird mit einem Regler in P-kanonischer
Form vollständig entkoppelt (Bild 8.42). Die Entkopplungsbedingungen sind:
V21 ( s ) ⋅ x1 = G R21 ( s) ⋅ x1 G R21 ( s ) = V21 ( s )
mit Entkopplungsgliedern (8.56)
V12 ( s ) ⋅ x 2 = G R12 ( s ) ⋅ x 2 G R12 ( s ) = V12 ( s ).

− x1
w1 e1 y1 + x1
GR1(s) + G11(s)
+ + + −

GR12(s) G12(s)

GR21(s) G21(s)

w2 e2 + y2 − x2
GR2(s) G22(s)
+ + +

x2

Bild 8.42 Perfekte Entkopplung: der Regler in P- und die Strecke in V-kanonischer Form

8.7.7 Bus-Konzept zur Darstellung der Mehrgrößenstrecken

Die klassische Darstellung in P- oder V-kanonischer Form lässt die Entkopplung nur
für Zweigrößenstrecken bzw. für n = 2 entwerfen und realisieren. Bei n > 2 ist der
klassische Wirkungsplan nicht mehr anschaulich, so dass dafür nur die Methoden der
270 8 Entwurf von linearen Regelkreisen

Matrizenrechnung bzw. Zustandsregelung möglich sind.


Das neue Bus-Konzept nach [141] lässt dagegen die Anzahl n der Variablen ohne
Verlust der Anschaulichkeit des Wirkungsplanes vergrößern, wie im Bild 8.43 an
einem Beispiel für n = 3 gezeigt ist. Die instabile dezentrale Regelung wird hier durch
die Entkopplungsglieder GR12, GR13 GR21, GR23, GR31, GR32 vollständig entkoppelt
und stabilisiert. Da die klassischen Additionsknoten der P-kanonischen Form durch
Busanschlüsse ersetzt werden, sind die Signalwege zwischen Bussen nachvollziehbar
und man kann leicht die Entkopplungswege finden. Auch die Simulation erfolgt viel
einfacher: man soll nur die Busanschlüsse passend konfigurieren. Mehr darüber, wie
auch über den neuen Entkopplungsfilter, kann man im Buch [141] nachlesen.

Bild 8.43 Perfekte Entkopplung: der Regler in V- und die Strecke in P-kanonischer Form
271

9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

Die in den bisher behandelten Kapiteln ermittelten Gesetzmäßigkeiten gelten nur im


linearen Bereich. Die statischen Kennlinien der meisten Regelkreisglieder zeigen
jedoch einen nichtlinearen Verlauf, so dass streng genommen alle Systeme als nichtli-
near behandelt werden müssten. Ist ein Regelkreis auf einen Sollwert xS1 eingestellt,
so sind die Abweichungen vom Sollwert i. A. gering, und der Regelkreis kann in die-
sem Bereich als linear angesehen werden. Wird der Regelkreis auf einen anderen
Sollwert xS2 eingestellt, so wird, wenn nichtlineare Glieder im Kreis sind, das Verhal-
ten bezüglich Dämpfung, Optimaleinstellung usw. anders sein als beim Sollwert xSl.
Bild 9.1 zeigt die idealisierten Kennlinien einiger nichtlinearer Regelkreisglieder
gegenüber der linearen Kennlinie. Die Ein- und Ausgangsgrößen sind xe und xa.
xa xa xa xa xa xa

xe xe xe xe xe xe

a) b) c) d) e) f)
Bild 9.1 Idealisierte Kennlinien typischer nichtlinearer Regelkreisglieder
a) linear d) Hysterese
b) Begrenzung (Sättigung) e) Zweipunktcharakter
c) Ansprechempfindlichkeit f) Dreipunktcharakter

Die Sättigung ist eine Erscheinung, die bei allen Regelkreisgliedern auftritt. So kann
z. B. bei einem Verstärker mit dem Verstärkungsgrad KP die Ausgangsgröße nur
einen bestimmten Wert xa max annehmen; dem entspricht eine maximale Eingangsgröße
x
xe max = a max . (9.1)
KP
Überschreitet die Eingangsgröße diesen Maximalwert, so kann die Ausgangsgröße
nicht weiter folgen, der Verstärker ist übersteuert.
Die Ansprechempfindlichkeit oder tote Zone tritt z. B. bei Messfühlern auf. Das heißt,
die Messgröße muss erst einen bestimmten Wert erreichen, bevor der Messfühler
anspricht und ein Signal abgibt. Vielfach ist diese Ansprechempfindlichkeit (oder der
Schwellenwert) so gering, dass die Kennlinie als linear angesehen werden kann.
Die Hysterese, wie sie z. B. bei der Stopfbuchsenreibung an Ventilen auftritt, kommt
dadurch zustande, dass sich die Fasern an der Oberfläche der Stopfbuchsenpackung
bei Richtungswechsel erst umkehren müssen. Ferner tritt Hysterese bei Relais auf, die
bei einem bestimmten Erregerstrom anziehen. Wird dann der Strom langsam redu-
ziert, so fällt das Relais bei einem Strom ab, der geringer ist als der Einschaltstrom.

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_9,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
272 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

Das Zweipunktverhalten ist charakteristisch für die unstetigen Regler (Bimetallregler,


Relais usw.). Obwohl die Bimetallfeder eine kontinuierliche Bewegung ausführt, kann
die Ausgangsgröße nur die beiden Zustände Ein und Aus annehmen.
Eine Dreipunktcharakteristik wird meist durch Messwerkregler (Dreh- oder Kreuz-
spulmesswerk) mit oberem und unterem Grenzwert erzeugt. Auch hier ist die Bewe-
gung des Messwerks kontinuierlich, während die Ausgangsgröße nur drei konkrete
Werte annehmen kann: RECHTS - EIN, AUS, LINKS - EIN.
Die Bilder 9.le) und f) zeigen idealisierte Kennlinien. Reale Zwei- und Dreipunkt-
regler sind stets mit Hysterese behaftet. B
Vielfach ist es vorteilhaft, die
gekrümmte Kennlinie eines nichtlinea-
ren Gliedes durch einen idealisierten
Polygonzug anzunähern oder umge- H

kehrt. Bild 9.2 zeigt die Magnetisie-


rungskennlinie einer Erregerwicklung
und gestrichelt ihre Annäherung. Man
Bild 9.2 Wahre und angenäherte Kennlinie
unterscheidet zwischen stetigen und eines nichtlinearen Gliedes
unstetigen Nichtlinearitäten.
Die Wirkung von Nichtlinearitäten wird nachfolgend an einem Beispiel gezeigt.
• Beispiel 9.1

Gegeben sind die Übertragungsfunktionen von Strecke GS(s) und Regler GR(s):
KS
GS ( s) = mit KS = 0,5; T1 = 5 s; T22 = 4 s 2 (9.2)
s 2T22 + sT1 + 1
K IR
GR ( s ) = K PR + mit KPR= 6,4; Tn= 2 s bzw. KIR= KPR / Tn = 3,2s-1 (9.3)
s
Der Regelkreis enthält folgende Nichtlinearitäten:
• die Begrenzung (Sättigung) des Reglers nach dem Bild 9.1b mit dem maximalen Wert xB
• die Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) nach dem Bild 9.1c mit xt= ± 0,5.
Es soll die Regelgüte des Regelkreises mittels einer Simulation mit MATLAB/Simulink unter-
sucht werden. Zuerst stellt man durch die Lösung der charakteristischen Gleichung
s 2T22 + sT1 + 1 = 0 (9.4)
fest, dass die gegebene Strecke zwei Polstellen s1 = −1 und s2 = −0,25 hat und somit mit zwei
P-T1-Gliedern simuliert werden kann:
KS KS K 1
GS ( s ) = = = S ⋅ (9.5)
2
T2 ( s − s1 )( s − s2 ) 4( s + 1)( s + 0,25) 1 + s 1 + 4 s

Der Wirkungsplan des simulierten Regelkreises und die Sprungantworten nach dem Sollwert-
sprung w = 1 bei verschiedenen Positionen von Schaltern Manual Switch 1 und Manual Switch
2 sind in Bild 9.3 dargestellt. Die Regelgüte des linearen Kreises wird durch Nichtlinearitäten
verschlechtert: Im Regelkreis mit toter Zone entsteht eine bleibende Regeldifferenz e(∞) (Bild
9.1 Harmonische Balance 273
9.2, links); mit der Begrenzung steigt der Dämpfungsgrad, auch eine bleibende Regeldifferenz
ist möglich (Bild 9.2, rechts).

KpS=0.5
Manual Switch 1 T1=1s T2 =4s
0.5 1
PID
Saturation xB s+1 4s+1
W=1 PID Controller Scope 1
KpR=6.4
KI=3.2

Dead Zone xt
Manual Switch 2

1.5 1.5

mit toter Zone


ohne Begrenzung
e
1 1
ohne tote Zone mit Begrenzung x =2 e
B

mit Begrenzung x =1,5


B
0.5 0.5

0 0
0 5 10 15 20 25 0 5 10 15 20 25

Bild 9.3 Untersuchung eines nichtlinearen Regelkreises mit MATLAB/Simulink

Mit Simulationen kann leicht geprüft werden, ob ein optimal eingestellter Regler auch
mit Nichtlinearitäten befriedigend arbeitet, wie unten an einem Beispiel gezeigt wird.
• Beispiel 9.2

Es soll die Stabilität des Regelkreises, bestehend aus dem PI-Regler nach Gl.(9.2) und der Re-
gelstrecke nach Gl. (9.3) geprüft werden. Die Stellgröße des Reglers ist mit xB = 10 begrenzt.
Der Messfühler ist P-T1-Glied mit KM= 1 und T3= 2s; der Messfühler weist eine Nichtlinearität
vom Typ Ansprechempfindlichkeit (tote Zone) mit xt = 0,5 auf (Bild 9.4).
Zuerst wird die Stabilität des Regelkreises ohne Nichtlinearitäten nach dem Hurwitz-
Stabilitätskriterium geprüft. Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises ist:
K PR KS K M (1 + sTn )
G0 ( s ) = GR ( s )GS ( s)GM ( s ) = (9.6)
sTn (1 + s )(1 + 4 s)(1 + 2 s)
Aus der Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises mit KPR= 6,4 und Tn= 2 s
GR ( s)GS ( s ) 3,2(1 + 2 s)
Gw ( s ) = = (9.7)
1 + G0 ( s) 2s (1 + s)(1 + 4s ) + 3,2
ergibt sich die charakteristische Gleichung
274 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

8s 3 + 5s 2 + 2 s + 3,2 = 0, (9.8)
die laut dem Hurwitz-Stabilitätsbedingung auf einen instabilen Kreis hinweist. Dies bestätigt
auch die Simulation des linearen Regelkreises. Es ist anders beim nichtlinearen Regelkreis. Die
Stabilität des nichtlinearen Regelkreises hängt von der Größe des Sollwertsprunges ab, wie die
in Bild 9.4 gegebenen Sprungantworten nachweisen.

Saturation KpS=0.5
xB=10 T1=1s T2 =4s
0.5 1
PID
s+1 4s+1
W PID Controller Scope 1
KpR=6.4
KI=3.2 Dead Zone xt =0,5 T3 =2s
KD=0 1
2s+1

3 Die simulierten Sprungantworten des


5 obigen nichtlinearen Regelkreises bei
verschiedenen Größen des Sollwert-
2
4 sprunges w:
1
1. bei w = 1,5: ungedämpfte Schwin-
3
gungen, der Kreis ist grenzstabil.
2 2. bei w = 2: gedämpfte Schwingun-
gen, der Kreis ist stabil.
1
3. bei w > 2: keine Schwingungen, der
Kreis ist stabil.
0
0 10 20 30 40 50

Bild 9.4 Stabilitätsuntersuchung des nichtlinearen Kreises des Beispiels 9.2

Für eine begründete Wahl von Reglerparameter ist die Simulation nicht geeignet.
Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine
Stabilitätskriterien, die jedoch wegen Nichtlinearitäten von Differentialgleichungen
im Wesentlichen erschwert sind. Die im folgenden Abschnitt behandelte Methode der
Harmonischen Balance (oder Harmonische Linearisierung) ist ein Näherungsverfah-
ren, das gestattet, mit verhältnismäßig geringem Arbeitsaufwand nichtlineare Regel-
kreise auf ihre Stabilität zu untersuchen.
Schwieriger zu handhaben sind exakte Methoden, wie
• die Anwendung der Zustandsebene,
• die Theorie von Ljapunow,
• das Popow-Kriterium.
Die letzten zwei Methoden werden im vorliegenden Buch nicht behandelt. Die Stabi-
litätsuntersuchung von linearen und nichtlinearen Systemen mit der Zustandsebene ist
im Kapitel 13 anhand eines Beispiels erläutert.
9.1 Harmonische Balance 275

9.1 Harmonische Balance


Angeregt von der Frequenzganguntersuchung linearer Glieder, wurde für nichtlineare
Systeme die Beschreibungsfunktion entwickelt. Zur Erläuterung wird eine Nichtlinea-
rität, ein Glied mit toter Zone (Bild 9.5), betrachtet.
Gibt man auf den Eingang des in Bild 9.5 dargestellten Gliedes eine Sinusschwingung
xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t , so hat die Ausgangsgröße den in Bild 9.6 gezeigten Kurvenverlauf.
Die Ausgangsgröße hat zwar gegenüber der Eingangsgröße die gleiche Frequenz und
Phasenlage aber keine Sinusform. Nach Fourier kann jede periodische Funktion in
eine Summe harmonischer Schwingungen zerlegt werden. Die Beschreibungsfunktion
berücksichtigt nun lediglich die Grundschwingung; die höher Harmonischen werden
vernachlässigt. Das Verhältnis der Grundschwingung am Ausgang zur Eingangs-
schwingung wird als die Beschreibungsfunktion definiert.
x (ω )
N ( xˆ e ) = a1 . (9.9)
xe (ω )

xe xa xt
xa
Bild 9.5 Regelkreisglied mit toter Zone
xe (Ansprechempfindlichkeit)
xt

xe

x^e

Bild 9.6 Ein- und Ausgangsgröße eines


Regelkreisgliedes mit toter Zone
xa
Grundwelle

t
Tt 2Tt

Die Beschreibungsfunktion N ist im Gegensatz zum Frequenzgang G(jω) keine Funk-


tion von ω, sondern nur von der Amplitude der Eingangsgröße x̂ e abhängig, wie noch
gezeigt werden wird. Es soll nun noch untersucht werden, unter welchen Vorausset-
zungen die Vernachlässigung der höher Harmonischen bei der Beschreibungsfunktion
zulässig ist.
Bild 9.7 zeigt den Wirkungsplan eines Regelkreises, der ein nichtlineares Glied ent-
hält. Die übrigen linearen Glieder sind in dem mit G bezeichneten Block zusammen-
276 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

gefasst. Erregt man nun den Eingang des nichtlinearen Gliedes mit einer Sinus-
schwingung, so erscheint am Ausgang ein Signal, welches man nach Fourier als
Grundschwingung und die höher Harmonischen auffassen kann.

G Bild 9.7 Regelkreis bestehend aus linea-


− ren Gliedern G und einem nichtlinearen
Glied

Dieses Signal wird dem Eingang der linearen Glieder zugeführt. Da lineare Glieder
stets mit Verzögerungen behaftet sind, werden die höher Harmonischen stärker be-
dämpft als die Grundwelle. Infolgedessen wird am Ausgang der linearen Glieder eine
Funktion erscheinen, die nur wenig von der Grundwelle abweicht. Das Verfahren ist
um so exakter, je höher die Ordnung und damit die Filterwirkung der linearen Glieder
ist. Grundlage für die Gültigkeit der gemachten Voraussetzungen ist das Auftreten
einer Schwingung. Die Anwendung der Beschreibungsfunktion ist ein Näherungsver-
fahren, welches sich auf die Ermittlung der Stabilitätsbedingungen nichtlinearer Re-
gelkreise beschränkt. Es lassen sich so mögliche Schwingungen, deren Frequenz und
Amplitude bestimmen. Hierzu wird das in Abschnitt 6.4 behandelte Zweiortskurven-
verfahren angewandt. Indem einmal die negativ inverse Ortskurve der linearen Glie-
der und zum anderen die Ortskurve, bzw. die Schar von Ortskurven der Beschrei-
bungsfunktion aufgetragen wird.

9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen


Laut Definition der Beschreibungsfunktion wird die Ausgangsgröße durch die Grund-
schwingung der Fourier-Zerlegung dargestellt. Diese lautet:
xa1 (t ) = a1 ⋅ cos ω t + b1 ⋅ sin ω t (9.10)
mit den Koeffizienten
T 

2
a1 = xa (t ) ⋅ cos ω t ⋅ dt 
T 
0 
T  (9.11)


2
b1 = xa (t ) ⋅ sin ω t ⋅ dt.
T 
0
Benutzt man als unabhängig Veränderliche nicht die Zeit t, sondern den Phasenwinkel
α = ω t, so wird
2π 
1
a1 =
π 
xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα 

0
2π  (9.12)
1 
b1 =
π 
x a (α ) ⋅ sin α ⋅ dα .

0
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 277

Interpretieren wir die Eingangsschwingung xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t als rotierender Zeiger in


der Gaußschen Zahlenebene, so können wir schreiben
xe (ω t ) = xˆe ⋅ e jω t . (9.13)

Entsprechend erhalten wir aus (9.10) für die Grundschwingung der Ausgangsgröße
 π
j ω t + 
xa1 (ω t ) = a1 ⋅e  2
+ b1 ⋅ e jω t

xa1 (ω t ) = (b1 + ja1 ) ⋅ e jω t . (9.14)

Für die in Gl. (9.9) definierte Beschreibungsfunktion folgt dann


xa1 (ω t ) b1 + ja1
N ( xˆe ) = = . (9.15)
xe (ω t ) xˆe

Wie bereits erwähnt, ist N ( xˆ e ) keine Funktion von ω, sondern nur von x̂ e abhängig.

9.2.1 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Sättigung

Die statische Kennlinie hat den in Bild 9.8 gezeichneten Verlauf. Für xa < xB ist die
Ausgangsgröße gleich der Eingangsgröße. Übersteigt xe den Wert xB, so bleibt xa = xB
= konstant. Aus Bild 9.8 ist zu entnehmen:
x
x B = xˆ e ⋅ sin α1 , α1 = arcsin B . (9.16)
xˆ e

Für eine ungerade Funktion, d. h. wenn xa(α) = −xa (− α), vereinfacht sich die Bezie-
hung (9.12). Zur Ermittlung der Grundschwingung der Ausgangsgröße xa ist dann

2
a1 = 0, b1 =
π  xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα (9.17)
0

Im Bereich von 0 ≤ α ≤ π
 xˆ e ⋅ sin α für 0 ≤ α ≤ α1 
 
xa =  x B für α1 ≤ α ≤ α 2  (9.18)
 xˆ ⋅ sin α für α ≤ α ≤ π 
 e 1 
Setzt man Gl. (9.18) in Gl. (9.17) ein, so folgt:
α1 α2 π 
2 
b1 = ⋅ xˆ e ⋅ sin α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα + xˆ e ⋅ sin 2 α ⋅ dα 

2
 
π  
 0 α1 α2 
278 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

xa xa
xB xB
45°
α3 α4
xe 0 α1 α2 α
xB


xe
0
α1

xe
α2


Bild 9.8 Kennlinie
Bild 9.8eines Regelkreisgliedes
α3 mit Sättigung und Konstruktion der Aus-
gangsgröße
α4

 α1 α2 
2 
b1 = ⋅ 2 ⋅ xˆ e ⋅ sin 2 α ⋅ dα + x B ⋅ sin α ⋅ dα 
 
π  
 0 α1 

α1 α2 
2 
b1 =
π  
⋅ xˆ e ⋅ (1 − cos 2α ) dα − x B ⋅ cos α
α


 0 1 

2  1 
b1 = ⋅  xˆ e (α1 − sin 2α1 ) − x B (cos α 2 − cos α1 ) .
π  2 
Mit cos α1 = − cos α 2 folgt

2  x 
b1 = xˆ e ⋅ α1 − sin α1 ⋅ cos α1 + 2 B ⋅ cos α1  .
π  xˆ e 
xB
Ferner ist mit Gl. (9.16) = sin α1 . Damit folgt
xˆ e
2
b1 = xˆ e ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] .
π
Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15)
x (α ) b1 ⋅ sin a
N ( xˆ e ) = a1 = ,
xe (α ) xˆ e ⋅ sin a
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 279

2
N ( xˆe ) = ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cosα1 ] ,
π
x
mit α1 = arcsin B . Für xˆ e < x B verhält sich das Glied linear. Für xˆ e ≥ x B bzw.
xˆ e
ˆxe / x B ≥ 1 ergeben sich die nachfolgende Tabellenwerte und die in Bild 9.9 gezeich-
nete Ortskurve der Beschreibungsfunktion. Diese besitzt im vorliegenden Fall nur
einen positiven Realteil, der sich von 0 ...1 erstreckt. Bild 9.10 zeigt die Abhängigkeit
der Beschreibungsfunktion von x B / xˆ e .

xˆ e  N
sin α1 cos α1 α1 N
xB 2 /π
1 1 0 1,57 1,57 1
2 0,5 0,866 0,523 0,956 0,608
3 0,333 0,942 0,34 0,654 0,416
5 0,2 0,980 0,2 0,396 0,252
10 0,1 0,995 0,1 0,199 0,127
∞ 0 1 0 0 0

Im x^e
0,4 xB
0,2
∞ 5 3 2 1 Bild 9.9 Ortskurve der Beschreibungs-
Re funktion N eines Gliedes mit Sättigung
−0,2 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
−0,4

N 1,0
0,8
0,6 x 
0,4 Bild 9.10 Zusammenhang N = f  B 
0,2 xB  xˆe 
0 x^ e
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

9.2.2 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit toter Zone

Bild 9.11 zeigt die statische Kennlinie eines Gliedes mit toter Zone xt. Nach Über-
schreiten der toten Zone wird am Ausgang das Eingangssignal getreu wiedergegeben.
Die Ausgangsgröße des Gliedes mit toter Zone ist ebenfalls eine ungerade Funktion,
da xa(α) = − xa(−α). Damit vereinfacht sich die Beziehung (9.12) zur Berechnung der
Grundschwingung der Ausgangsgröße entsprechend Gl. (9.17):

2
a1 = 0, b1 =
π  xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα . (9.19)
0
280 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

xa xa

45° α
xt xt xe α1 α2 α3 α4

xe
α1

xe
α2 Bild 9.11
Bild 9.11 Kennlinie eines Regelkreisgliedes

α3 mit toter Zone und Konstruktion der Aus-
gangsgröße

α4
α

Für 0 ≤ α ≤ π ist
0 für 0 ≤ α ≤ α1 
 
xa =  xˆ e ⋅ sin α − x t für α1 ≤ α ≤ α 2  . (9.20)
0 für α 2 ≤ α ≤ π 

Gl. (9.20) in Gl. (9.19) eingesetzt ergibt:
α2
2
b1 =
π
⋅  ( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα ,
α1

π / 2 π /2 
4 
b1 = ⋅ xe ⋅ sin α ⋅ dα − x t ⋅ sin α ⋅ dα ,
ˆ 
2

π  
 α1 α1 

 π /2 π /2
4  xˆ e ,
b1 = ⋅
π 2 
⋅ (1 − cos 2α ) ⋅ dα + x t ⋅ cos α
α 
 α1 1 

1  π π /2  
⋅ xˆ e   − α1 − ⋅ sin 2α −
4 1 xt
b1 = cos α1 ,
π 2  2 2 α1 
 xˆ e 
  
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 281

4 π α 1 x 
b1 = ⋅ xˆ e  − 1 + ⋅ sin 2α1 − t cos α1  .
π 4 2 4 ˆ
xe 
Aus Bild 9.11 ist zu entnehmen:
xe (t ) = xˆe ⋅ sin ω t ,

xt xt
= sin α1 ; bzw. α1 = arcsin . (9.21)
xˆ e xˆ e
Ferner ist sin 2α1 = 2 sin α1 ⋅ cos α1 . Damit wird
4 π α 1 
b1 = ⋅ xˆ e  − 1 + ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 − sin α1 ⋅ cos α1 ,
π 4 2 2 

 2α 2 
b1 = xˆ e 1 − 1 − ⋅ sin α1 ⋅ cos α1 .
 π π 
Die Beschreibungsfunktion folgt aus Gl. (9.15)
x (α ) b1 ⋅ sin a
N ( xˆ e ) = a1 =
xe (α ) xˆ e ⋅ sin a

2
N ( xˆ e ) = 1 − ⋅ [α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ] .
π
Für verschiedene Werte von xˆ e / x t und der Beziehung (9.21) erhält man nachfolgen-
de Tabelle. Die N-Werte der Tabelle ergeben sich in noch einfacherer Weise, indem
die in Abschnitt 9.2.1 gefundenen N-Werte (Sättigung) von 1 subtrahiert werden. Die
Ortskurve der Beschreibungsfunktion ist in Bild 9.12 dargestellt und erstreckt sich auf
den positiven Realteil zwischen 0 ... 1. Bild 9.13 zeigt die Funktion N = f( xˆ e / x t ).
Im x^e
0,4 xt
0,2
1 2 3 5 10 ∞ Bild 9.12 Ortskurve der Beschreibungs-
Re funktion eines Gliedes mit toter Zone xt
−0,2 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 1,2
−0,4 N

xˆ e 
sin α1 cos α1 α1 [...] N
xt
1 1 0 1,57 1,57 1
2 0,5 0,866 0,523 0,956 0,392
3 0,333 0,942 0,34 0,654 0,584
5 0,2 0,980 0,2 0,396 0,748
10 0,1 0,995 0,1 0,199 0,873
∞ 0 1 0 0 1
282 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

N 1,0
0,8
0,6
0,4 x 
0,2 Bild 9.13 Zusammenhang N = f  t 
xt
0  xˆ e 
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 x^
e

9.2.3 Beschreibungsfunktion eines Gliedes mit Hysterese

Bei einem System mit Reibung oder Hysterese muss die Eingangsgröße erst die An-
sprechempfindlichkeit xt überschreiten bis am Ausgang ein Signal erscheint. Die Aus-
gangsgröße bleibt dann bis zum Umkehrpunkt stets um xt kleiner als xe. Im Umkehr-
punkt ändert sich die Polarität von xe und die Ausgangsgröße bleibt solange konstant
bis xe in der entgegengesetzten Richtung die Ansprechempfindlichkeit überschreitet.
Bild 9.14 zeigt die Konstruktion der Ausgangsgröße an der Hysteresekennlinie im
eingeschwungenen Zustand.
Die Berechnung der Grundschwingung der Ausgangsgröße erfolgt nach der Bezie-
hung (9.12). Allerdings ist die Hysteresekennlinie mehrdeutig, so dass a1 und b1 er-
mittelt werden müssen. Die Berechnung wird einfacher, wenn man als Integrationsbe-
reich nicht 0 ≤ α ≤ 2π, sondern −α1 ≤ α ≤ (2π− α1) wählt. In diesem Bereich ist:
 π

 xˆ e ⋅ sin α − x t für − α1 ≤ α ≤
2 
 π 
 xˆ e − x t für ≤ α ≤ π − α1 
 2 
xa = 
3π 
. (9.22)
 xˆ e ⋅ sin α + x t für π − α1 ≤ α ≤ 
 2 
 3π 
 − xˆ e + x t für ≤ α ≤ 2π − α1 
2 
Ferner sind die Funktionen xa (α ) ⋅ cos α sowie xa (α ) ⋅ sin α in den Bereichen
− α1 ≤ α ≤ (π − α1 ) und (π − α1 ) ≤ α ≤ (2π − α1 ) gleich, so dass die Integration auf
einen der beiden Bereiche beschränkt werden kann. Daraus folgt
π −α1 π −α1
2 2
a1 =
π
⋅  xa (α ) ⋅ cos α ⋅ dα und b1 =
π
⋅  xa (α ) ⋅ sin α ⋅ dα (9.23)
−α1 −α1

Zunächst wird al berechnet. Mit der Beziehung (9.22) folgt:


π / 2 π −α1 
2 
a1 = ⋅ 
( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα + ( xˆ e − x t ) ⋅ cos α ⋅ dα  ,

π  
 −α1 π /2 
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 283

2xt
xa xa xt
xt
45° 2π
xe π π 3π α
2 2
α1
xe α1
0
π ∧
2
xe
Bild 9.14 Hysteresekennlinie und Konstruktion
π der Ausgangsgröße im eingeschwungenen Zu-
stand
3 Bild 9.14
π
2
α

 π π π −α1 
2  xˆ e 2 2 2 
a1 = ⋅  sin α − x t ⋅ sin α + ( xˆ e ⋅ − x t ) ⋅ sin α ,
π 2 π 
 −α1 −α1 2 

2  xˆ e 
a1 = ⋅  ⋅ (1 − sin 2 α1 ) − x t ⋅ (1 + sin α1 ) + ( xˆ e − x t )(sin α1 − 1) ,
π 2 

2 1 x 
a1 = ⋅ xˆ e  ⋅ cos 2 α1 − 2 ⋅ t ⋅ sin α1 + (sin α1 − 1) . (9.24)
π 2 xˆ e 
Aus Bild 9.14 entnimmt man für den Winkel α1 folgende Beziehung:
xˆ e − 2 x t = xˆ e ⋅ sin α1 ,

x
sin α1 = 1 − 2 t . (9.25)
xˆ e

Gl. (9.25) in Gl. (9.24) eingesetzt, ergibt:


2 1 
a1 = ⋅ xˆ e  ⋅ cos 2 α1 + (sin α1 − 1) ⋅ sin α1 + sin α1 − 1 ,
π 2 

a1 = − e ⋅ cos 2 α1 . (9.26)
π
Entsprechend folgt für bl:
284 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

π / 2 π −α1 
2 
b1 = ⋅ 
( xˆ e ⋅ sin α − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα + ( xˆ e − x t ) ⋅ sin α ⋅ dα  ,
π  
 −α1 π /2 

2  xˆ e
π /2 π −α1 
xˆ 
b1 = ⋅  − sin 2α + e α + x t ⋅ cos α  − ( xˆ e − x t ) ⋅ cos α ,
π  4 2  −α π 
 1 / 2 

2  1 π α x  xt  
b1 = ⋅ xˆ e ⋅  − ⋅ sin 2α1 + + 1 − t ⋅ cos α1 + 1 −  ⋅ cos α1  ,
π  4 4 2 xˆ e  xˆ e  

2  1 π α x 
b1 = ⋅ xˆ e ⋅  − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 − 2 t ⋅ cos α1 + cos α1  .
π  2 4 2 ˆ
xe 
Unter Verwendung der Beziehung (9.25) folgt:
2  1 π α 
b1 = ⋅ xˆ e ⋅  − sin α1 ⋅ cos α1 + + 1 + (sin α1 − 1) cos α1 + cos α1  ,
π  2 4 2 

xˆ  π 
b1 = e ⋅  + α1 + sin α1 ⋅ cos α1  . (9.27)
π 2 
Mit Gl. (9.26) und Gl. (9.27) in Gl. (9.15) erhält man die Beschreibungsfunktion
1  π  2 
N ( xˆ e ) =  + α1 + sin α1 ⋅ cos α1  − j ⋅ cos α1  , mit
π  2  

 xt 
α1 = arcsin1 − 2  , siehe Gl. (9.25).
 xˆ e 
In nachstehender Tabelle sind die Real- und Imaginärteile von N für verschiedene
x t / xˆ e -Werte ermittelt.

x t / xˆ e sin α1 cos α1 α1 Re(N) Im(N)
0 1 0 1,57 1 0
0,1 0,8 0,6 0,93 0,95 −0,115
0,2 0,6 0,8 0,64 0,857 −0,204
0,3 0,4 0,916 0,41 0,748 −0,267
0,4 0,2 0,98 0,2 0,625 −0,305
0,5 0 1 0 0,5 −0,318
0,6 −0,2 0,98 −0,2 0,37 −0,305
0,7 −0,4 0,916 −0,41 0,25 −0,267
0,8 −0,6 0,8 −0,64 0,143 −0,204
1,0 −1 0 −1,57 0 0
9.2 Ermittlung spezieller Beschreibungsfunktionen 285

Wie die Ortskurve der Beschreibungsfunktion zeigt, wächst die Phasenverschiebung


mit zunehmendem Verhältnis x t / xˆ e ; für x t = x̂e wird schließlich die Ausgangsgröße
Null, unabhängig von der Eingangsgröße (Bild 9.15).
Im
0,2
Re
-0,2 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0
0 Bild 9.15 Ortskurve der Beschreibungs-
0,1 xt funktion eines Gliedes mit Hysterese
-0,2
0,8 0,2
0,7 0,3 x̂e
-0,4 0,6 0,5 0,4

9.2.4 Beschreibungsfunktion eines Dreipunktreglers ohne Hysterese

Für die Behandlung von Regelkreisen mit unstetigen Reglern ist die Beschreibungs-
funktion des Dreipunktreglers sehr wichtig, da hieraus durch Nullsetzen von xt die
Beschreibungsfunktion des Zweipunktreglers folgt. Bild 9.16 zeigt die Charakteristik
und den Verlauf der Ausgangsgröße bei sinusförmigem Eingang.
Die Grundschwingung der Ausgangsgröße erhält man auf einfache Weise aus Gl.
(9.12). Die Funktion der Ausgangsgröße ist ungerade, da xa(α) = −xa(− α). Damit
ergibt sich für Gl. (9.12) folgende Vereinfachung:
π
2
a1 = 0, b1 =
π 
⋅ xa ⋅ sin α ⋅ dα (9.28)
0
mit
0 für 0 ≤ α ≤ α1 
 
xa =  x B für α1 ≤ α ≤ (π − α1 )  (9.29)
0 für (π − α1 ) ≤ α ≤ π 

Gl. (9.29) in Gl. (9.28) eingesetzt, ergibt:
π /2 π
4 4
b1 =
π
⋅  x B ⋅ sin α ⋅ dα =
π
⋅ x B ( − cos α ) 2 .
−α1 −α1

4
b1 = ⋅ x B ⋅ cos α1 . (9.30)
π

Aus Bild 9.16 folgt für α1 die Beziehung:


x
xˆ e ⋅ sin α1 = x t ; α1 = arcsin t .
xˆ e

In Gl. (9.30) eingesetzt, führt zu:


286 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

xa xa

xt
xB xB
xe α1 π 2π α
xt

xe
α1
Bild 9.16

xe

π Bild 9.16 Kennlinie und Konstruktion der


Ausgangsgröße eines Dreipunktreglers
ohne Hysterese

α

4
b1 = ⋅ x B ⋅ 1 − sin 2 α1 ,
π
2
4 x 
b1 = ⋅ x B ⋅ 1 −  t  .
π  xˆ e 

bl in die Beziehung (9.15) eingesetzt, liefert die Beschreibungsfunktion.


2
4 xB x 
N ( xˆ e ) = ⋅ 1 −  t  . (9.31)
π xˆ e  xˆ e 

Zur Auswertung der Gl. (9.31) wird das Verhältnis k = xB / xt bzw. xB = k⋅xt einge-
führt. Somit wird:
2
4 x x 
N ( xˆ e ) = ⋅k ⋅ t 1 −  t  . (9.32)
π xˆ e  xˆ e 

Nachstehende Tabelle enthält die N-Werte für k = 1. Für andere k-Werte sind die N-
Werte mit dem jeweiligen k zu multiplizieren. Mit k = xB / xt als Parameter ist in Bild
 xˆ 
9.17 die Funktion N ( xˆ e ) = f  e  wiedergegeben.
 xt 
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 287

xˆ e xt
... N
xt x̂ e 3
1 1 0 0 N
2 0,707 0,707 0,637
2 k=4
2 0,500 0,866 0,552
3 0,333 0,943 0,400 3
4 0,250 0,968 0,308 1 2
6 0,167 0,986 0,208 1
8 0,125 0,992 0,158
10 0,100 0,995 0,127 0
0 1 2 2 3 xˆe 4
20 0,050 0,999 0,064
∞ 0 1 0 xt

 xˆ  x
Bild 9.17 N ( xˆ e ) = f  e  mit k = B
 xt  xt
als Parameter für einen Dreipunktregler

Wie man durch eine Maximalwertberechnung leicht nachprüfen kann, wird N für
xˆ e / x t = 2 ein Maximum mit
2 2 xB
N max = k= ⋅ .
π π xt

Bild 9.18 zeigt die Ortskurve von N, sie ist eine Doppellinie, die für xˆ e / x t = 1 bei
Null beginnt und erstreckt sich mit zunehmendem xˆ e / x t auf die positiv reelle Achse
bis zum Maximalwert bei xˆ e / x t = 2 . Für Werte xˆ e / x t > 2 wandert die Ortskur-
ve wieder zum Nullpunkt zurück, den sie für xˆ e / x t = ∞ erreicht.

1
Im
x^e
1 1,1 1,2 xt Bild 9.18 Ortskurve der Beschreibungs-
2
−1 ∞ 20 8 6 4 3 2 Re funktion eines Dreipunktreglers mit
x^e x
xt k = B =4
xt
−1

9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen


Die Beschreibungsfunktion in Verbindung mit dem Zweiortskurvenverfahren ist zur
Stabilitätsuntersuchung von Regelkreisen, die Nichtlinearitäten enthalten, besonders
geeignet.
288 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

Wie in Bild 9.19 gezeigt, werden die linearen Glieder in der Übertragungsfunktion
G(s) bzw. dem Frequenzgang G( jω) zusammengefasst. Zur Beschreibung des nichtli-
nearen Gliedes dient die Beschreibungsfunktion N ( xˆ e ) . Das Verfahren der Harmoni-
schen Balance betrachtet den geschlossenen Regelkreis an der Stabilitätsgrenze, d. h.
es existiert eine stabile Dauerschwingung. Für die Ausgangsgröße des linearen Teils
in Bild 9.19 gilt
xe ( jω ) = G ( jω ) ⋅ e( jω ) . (9.33)
Diese wirkt auf den Eingang der Nichtlinearität mit der Beschreibungsfunktion
N ( xˆ e ) und erzeugt am Ausgang die Grundschwingung
xa1 ( jω ) = N ( xˆ e ) ⋅ xe ( jω ) . (9.34)
e(jω) xe(jω) xa1(jω)

G( jω) N(xe ) Bild 9.19 Nichtlinearer Regelkreis im
− Zustand der Harmonischen Balance

Setzen wir Gl. (9.34) in Gl. (9.33) ein, so folgt unter Berücksichtigung, dass
e( jω ) = − xa1 ( jω )

G ( jω ) ⋅ N ( xˆ e ) + 1 = 0 . (9.35)
Dies ist die charakteristische Gleichung des nichtlinearen Regelkreises und wird auch
als Gleichung der Harmonischen Balance bezeichnet.
Zur Anwendung des in Abschnitt 6.4 behandelten Zweiortskurvenverfahrens bringen
wir Gl. (9.35) in die Form
1
N ( xˆ e ) = − . (9.36)
G ( jω )
(9.36) ist eine komplexe Gleichung, deren Real- und Imaginärteile gleich sein müssen.
Daraus ergeben sich zwei Gleichungen zur Ermittlung der Amplitude x̂ e und der
Kreisfrequenz ω der Dauerschwingung.
Zur graphischen Auswertung wird, in Analogie zu linearen Regelkreisen, einmal die
Ortskurve der Nichtlinearität und zum anderen die negativ inverse Ortskurve der line-
aren Glieder in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt.

9.3.1 Dreipunktregler mit nachgeschaltetem Stellmotor zur Druckregelung

Das Schema einer Druckregelung mittels Dreipunktregler ist in Bild 9.20 dargestellt.
Der vom Messfühler gemessene Druck p wird in einem Messumformer in eine propor-
tionale Spannung ux umgeformt:
u (s) 1V
G MU ( s ) = x = K1 = .
p( s) 1 bar
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 289

Die Regeldifferenz
e = us − u x
wird dem Dreipunktregler mit nachgeschalteten Leistungsrelais zugeführt. Bezeichnet man
e als Eingangsgröße und die geschaltete Motorspannung als Ausgangsgröße, so hat der
Dreipunktregler die in Bild 9.21 gezeigte Kennlinie.

Regelstrecke

G
p

M u

ux

xt
xB us
220 V e

xt

Bild 9.20 Druckregelstrecke mit Dreipunktregler

Die Ansprechempfindlichkeit beträgt xa


xt = 0,1 V; die am Ausgang geschaltete Span-
xB = 220 V
nung xB = 220 V. Der nachgeschaltete Zwei- xt
phasen-Kondensatormotor hat folgende Über- xe
tragungsfunktion
xt = 0,1 V
1
GM (s) = K 2 ,
s (1 + sT2 )
50 U/s Bild 9.21 Kennlinie des
mit K 2 = und T2 = 0,5 s . Dreipunktreglers
220 V

Die Motorwelle treibt über ein Getriebe die Ventilspindel mit einem Vorschub von
0,04 mm pro Umdrehung der Motorwelle.
mm
GG ( s ) = K 3 = 0,04 .
U
Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet
p(s) 1 bar
GS ( s ) = = KS , mit K S = 0,1 und TS = 2 s .
y ( s) 1 + sTS mm
290 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

In Bild 9.22 ist der Regelkreis nochmals im Wirkungsplan dargestellt. Die Zusammen-
fassung der linearen Glieder ergibt die resultierende Übertragungsfunktion
G ( s ) = G M ( s ) ⋅ GG ( s ) ⋅ GS ( s ) ⋅ G MU ( s) (9.37)
bzw. den Frequenzgang
K1K 2 K 3 KS
G ( jω ) = (9.38)
jω (1 + jω T2 )(1 + jω TS )
und den negativ inversen Frequenzgang
1 1
− =− [−ω 2 (T2 + TS ) + jω (1 − ω 2T2TS )]. (9.39)
G ( jω ) K1K 2 K 3 KS

GS
z x=p

+ N Bild 9.22 Wirkungsplan


− GG GM
e ux GMU des in Bild 9.20 gezeich-
− neten Regelkreises

+
uS

Die Beschreibungsfunktion des Dreipunktreglers ist nach Gl. (9.32)


2
4 x x 
N ( xˆ e ) = ⋅ k ⋅ t 1 −  t  (9.40)
π xˆ e  xˆ e 

mit
x 220 V
k= B = = 2200.
xt 0,1 V

Zur Konstruktion der Ortskurve von N ( xˆ e ) werden die in Abschnitt 9.2.4 für k = 1
aufgestellten Tabellenwerte mit k = 2200 multipliziert.
2
N ( xˆ e ) max = k = 1400.
π
Da sich die Ortskurve von N ( xˆe ) nur auf die positiv reelle Achse erstreckt, genügt es,
den Schnittpunkt der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse zu ermit-
teln. Im Schnittpunkt der beiden Ortskurven müssen die folgenden Bedingungen er-
füllt sein:
 1 
Im  −  = Im[ N ( xˆ e )] und (9.41)
 G ( jω ) 
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 291

 1 
Re  −  = Re[ N ( xˆ e )] . (9.42)
 G ( jω ) 

Mit Gl. (9.39) folgt aus Gl. (9.41)


1
ωd = = 1 s −1 .
T2TS

Für ω = ω d wird
 1  1 T + TS
Re  − = ⋅ 2 = 2750 .
 G ( jω )  K1 K 2 K 3 K S T2TS

Das heißt, die beiden Ortskurven von N ( xˆ e ) und − 1/G( jω) schneiden sich nicht, da
der Schnittpunkt von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse außerhalb von Nmax
liegt. Somit ist der Regelkreis unbegrenzt stabil.
Es soll nun noch der Fall untersucht werden, wenn die Ansprechempfindlichkeit von
xt = 0,1 V auf xt = 0,04 V reduziert wird.
Dadurch folgt:
xB 220 V 2
k= = = 5500 und N ( xˆe ) max = k = 3501.
xt 0,04 V π
Nun wird die Ortskurve der Beschreibungsfunktion von − 1/G( jω) geschnitten, und
zwar treten zwei Schnittpunkte auf bei
xˆ e
= 1,11 (Schnittpunkt 1)
xt
und
xˆe
= 2,29 (Schnittpunkt 2)
xt

Hiervon ist der Schnittpunkt 1 labil.


Durch eine geringe Störung wird der Regelvorgang in den stabilen Schnittpunkt 2
−1
umspringen und eine Dauerschwingung mit ω = 1 s ausführen. Die Labilität des
Schnittpunktes 1 kann man sich an Bild 9.17 klar machen.
Für xˆ e / x t < 2 hat N = f ( xˆ e / x t ) eine positive Steigung, d. h. bei Vergrößerung
der Eingangsamplitude x̂ e wird N ( xˆ e ) also gewissermaßen der Verstärkungsgrad
des Reglers größer. Befindet sich der Regelkreis im Schnittpunkt 1 und tritt eine Stö-
rung auf, die zu einer geringfügigen Vergrößerung von x̂ e führt, so wird infolge der
zunehmenden Verstärkung des Reglers aus der Dauerschwingung eine aufklingende
292 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

Schwingung. Diese wächst an bis für xˆ e / x t > 2 der stabile Schnittpunkt 2 erreicht
wird. Bild 9.23 zeigt die graphische Darstellung nach dem Zweiortskurvenverfahren.

IM
1

1000 xˆe G ( jω )
= 1,1
xt
N ( xˆe ) N ′( xˆe ) RE

−1000 1,0 4000 5000


0,75 xˆe
0,5 = 2,3
xt Bild 9.23
−1000 −1
ω/s Graphische
Stabilitätsuntersuchung

Die Amplitude der Regelgröße x = p ergibt sich aus:


u ( s ) xe ( s )
G MU ( s) = x = = K1 bzw.
p(s) p(s)

xˆ e
= K1 .

Im Schnittpunkt 2 ist xˆ e = 2,29 ⋅ x t . Damit folgt


1
pˆ = ⋅ 2,29 ⋅ x t = 0,092 bar .
K1

9.3.2 Untersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit

z In Bild 9.24 ist ein Regelkreis ge-


GR GS
w yR + x zeichnet, dessen Messfühler eine
Ansprechempfindlichkeit aufweist.
+ +
− Die Übertragungsfunktionen von
N Regler und Strecke lauten:
1
GR ( s) =
sTI
KS
GS ( s ) =
2 2
Bild 9.24 Wirkungsplan eines Regelkreises mit s T2 + sT1 + 1
Ansprechempfindlichkeit des Messfühlers TI = 0,2 s; KS = 0,5;
T1 = 5 s; T22 = 4 s 2 .
Die Beschreibungsfunktion der Nichtlinearität ist gemäß Abschnitt 9.2.2
9.3 Stabilitätsuntersuchungen an nichtlinearen Regelkreisen 293

2
N ( xˆ e ) = 1 − (α1 + sin α1 ⋅ cos α1 ), (9.43)
π
mit
xt
α1 = arcsin .
xˆ e

Die Zusammenfassung der linearen Glieder ergibt


KS
G ( s ) = G R ( s )GS ( s) =
sTI ( s 2T22 + sT1 + 1)

bzw. den negativ inversen Frequenzgang


1 1
− =− [−ω 2TIT1 + jωTI (1 − ω 2T22 )] . (9.44)
G ( jω ) KS

Da die Beschreibungsfunktion (Gl. (9.43)) reell ist, verläuft die Ortskurve von N ( xˆ e )
auf der positiv reellen Achse. Es genügt demnach die Berechnung des Schnittpunktes
der Ortskurve von − 1/G( jω) mit der positiv reellen Achse. Im Schnittpunkt ist.
 1 
Im  −  = 0 und es folgt aus Gl. (9.44)
 G ( jω ) 

1
ωd = = 0,5 s -1 .
T2

Der zugehörige Realteil errechnet sich aus Gl. (9.44) für ω d zu


 1  TI T1
Re  − = = 0,5.
 G ( jω d )  K ST2
2

Wie Bild 9.25 zeigt, schneidet die Ortskurve 1 von −1/G( jω) die Beschreibungsfunk-
tion N ( xˆ e ) . Die sich in diesem Schnittpunkt einstellende Dauerschwingung ist labil,
da gemäß Bild 9.13 N ( xˆ e ) mit zunehmendem x̂ e anwächst, mit abnehmendem
x̂ e abnimmt. N ( xˆ e ) kann als Verstärkungsgrad der Nichtlinearität interpretiert wer-
den. Eine geringe Erniedrigung der Schwingamplitude führt zu abklingenden, eine
Erhöhung zu aufklingenden Schwingungen.
Man spricht deshalb von einer "Stabilität im Kleinen". Bei zunächst stabilem Regel-
verhalten kann der Kreis durch auftretende Störungen instabil werden, ein höchst
unerwünschtes Verhalten.
Aus Bild 9.25 ist ersichtlich, wie groß der Regelparameter TI gemacht werden muss,
damit unbegrenzte Stabilität herrscht. Die Ortskurve 1 von − 1 /G( jω) schneidet die
294 9 Nichtlineare Glieder im Regelkreis

1 −1 2
IM /s
1 1
− ω −
0,5 G ( jω ) G ( jω ) s−
1
ω/
xˆe
xt RE
1 2 5 10 ∞

0,4 0,5 N ( xˆe ) 1 1,5 2


0,2 0,4

−0,5

Bild 9.25 Stabilitätsuntersuchung eines Regelkreises mit Ansprechempfindlichkeit


Kurve 1 für TI = 0,2 s , Kurve 2 für TI = 0,6 s.

positiv reelle Achse für


ω = ω d = 1 / T2 .
Diese Frequenz ist unabhängig von TI. Für
Re[ −1 / G ( jω d )] > 1
gibt es keinen Schnittpunkt der Ortskurven von − 1/G( jω) und N ( xˆ e ) .
Daraus folgt:
 1  TI T1
Re  − = > 1.
 G ( jω d )  K ST2
2

T2
TI > K S 2 = 0,4 s.
T1

In Bild 9.25 ist für TI = 0,6 s > 0,4 s die Ortskurve 2 von −1/G( jω) gestrichelt einge-
zeichnet. Dieser Regelkreis ist unbegrenzt stabil, es treten keine Dauerschwingungen
auf.

X Aufgabe 9.1
Wie ist das Stabilitätsverhalten des zuvor behandelten Regelkreises, wenn xt = 0 und
a) TI < 0,4 s,
b) TI > 0,4 s?
295

10 Unstetige Regelung

Bei einem stetigen Regler hat die statische Kennlinie yR = f(e) den in Bild 10.1 ge-
zeigten Verlauf.
yR Verändert man die Eingangsgröße e kontinuier-
lich von emin bis emax, so ändert sich die Stell-
yRmax größe ebenso kontinuierlich über den gesamten
emin Stellbereich Yh. Betrachtet man demgegenüber
emax e die Kennlinie des einfachsten unstetigen Reg-
lers (Zweipunktregler, Bild 10.2), so kann die
Stellgröße nur zwei diskrete Zustände anneh-
men yR = 0 und yR = yRmax .

Bild 10.1 Statische Kennlinie yR = f(e) eines stetigen Reglers

yR Die gerätetechnische Verwirklichung von un-


stetigen Reglern in Form von Relais, Bimetall-
yRmax schaltern, Kontaktthermometern usw. ist denk-
bar einfach und preiswert. Wie beim stetigen
e Regler wird dem Zweipunktregler die Regeldif-
0 ferenz zugeführt.
Bild 10.2 Statische Kennlinie eines Zweipunktreglers ohne Hysterese

Ist die Regeldifferenz e = w − x positiv, so schaltet der Zweipunktregler ein, ist sie
Null oder negativ, so schaltet der Zweipunktregler ab.
Der Hauptnachteil der einfachen unstetigen Regler besteht in der pendelnden Arbeits-
bewegung der Stellgröße und somit der Regelgröße um den Sollwert. Ursprünglich
wurden diese einfachen unstetigen Regler (vorwiegend Zweipunktregler) zur Rege-
lung einfacher Regelkreise (Raumtemperatur, Bügeleisentemperatur, Kühlschrank-
temperatur usw.) benutzt. Durch geeignete Maßnahmen können die Schwankungen
der Regelgröße um den Sollwert auf ein innerhalb der Genauigkeitsgrenze von Mess-
geräten liegendes Maß gesenkt werden, so dass sie heute auch zur Regelung kompli-
zierter Regelstrecken verwendet werden.
Allerdings sind die elektrischen und elektronischen Regler recht aufwendig, so dass
der Preisunterschied im Vergleich zu den stetigen Reglern nicht allzu groß ist. Für
Regelstrecken, bei denen eine hohe Stellleistung erforderlich ist, wird eine unstetige
Regeleinrichtung mittels Thyristoren, Triacs oder Ähnlichem stets billiger sein als
eine entsprechende stetige Regeleinrichtung.

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_10,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
296 10 Unstetige Regelung

10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung


Bild 10.3 zeigt einen Wasserdurchlauferhitzer, dessen Temperatur von einem Kon-
taktthermometer geregelt wird. Bei Inbetriebnahme der Anlage wird die Heizwicklung
eingeschaltet und erwärmt das Wasser. Infolge des Temperaturanstiegs steigt die
Quecksilbersäule des Kontaktthermometers. Im unteren Ende des Glaskolbens ist ein
Platinkontakt eingeschmolzen, während ein zweiter Platindraht von oben in den Glas-
kolben ragt, der in der Höhe verstellbar ist. Wird das untere Ende des oberen Platin-
drahtes auf die Solltemperatur eingestellt, so wird, wenn die Quecksilbersäule diese
erreicht, die Relaiswicklung kurzgeschlossen und die Heizung ausgeschaltet. Bei
Temperaturabnahme wird die Quecksilbersäule den Kontakt unterbrechen und die
Heizung erneut einschalten usw.

R
Mp

Kontakt-
thermometer
Bild 10.3 Wasserdurchlauferhit-
zer mit Kontaktthermometer zur
Temperaturregelung

Es soll nun das zeitliche Verhalten eines Zweipunktreglers an vorliegender Strecke


behandelt werden. Diese ist mindestens von 2. Ordnung. Schaltet man die Heizspirale
ein, so wird die Temperatur im Behälter nach einer e-Funktion ansteigen. Eine weitere
Verzögerung 1. Ordnung bildet der Glasmantel des Thermometers. Taucht man dieses
plötzlich in eine Flüssigkeit mit einer anderen Temperatur, so steigt die Quecksilber-
säule ebenfalls nach einer e-Funktion. Vereinfachend soll diese Strecke 2. Ordnung
mit Verzugs- und Ausgleichszeit durch eine reine Totzeit Tt und ein Verzögerungs-
glied 1. Ordnung mit der Zeitkonstanten T1 angenähert werden. Ferner soll der
Schaltpunkt des Zweipunktreglers in beiden Richtungen exakt gleich sein. Diese For-
derung wird von dem Kontaktthermometer ziemlich genau erfüllt. Den entsprechen-
den Wirkungsplan des Regelkreises zeigt Bild 10.4.
z K S , T1 1, Tt
N
w e yR + yS x
Bild 10.4 Wirkungsplan eines
+ + Regelkreises mit Zweipunktregler

zur Regelung einer P-T1-Tt-Strecke

Betrachtet man die Strecke zunächst ohne Regler, so wird nach Einschalten der Heiz-
wicklung die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit Tt nach einer e-Funktion mit
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 297

der Zeitkonstanten T1 ansteigen, bis zum Endwert xE. Schaltet man danach die
Heizwicklung ab, so fällt die Wassertemperatur nach Verlauf der Totzeit ebenfalls
nach einer e-Funktion ab. Vereinfachend wird angenommen, dass die Zeitkonstanten
der Erwärmungs- und Abkühlungskurven gleich sind, was in praxi nicht immer der
Fall ist.
Die Regelstrecke wird nun mit dem Zweipunktregler in Betrieb genommen, wobei der
Sollwert so eingestellt ist, dass er zwischen der Anfangstemperatur xA und der End-
temperatur xE liegt. Zunächst ist die Temperatur x = xA und die Regeldifferenz
e = w − xA positiv, so dass der Zweipunktregler einschaltet und die Wassertemperatur
in der zuvor beschriebenen Weise ansteigt. Beim Erreichen des Sollwertes schaltet
der Regler ab, die Temperatur steigt infolge der Totzeit bis zum Wert x1 weiter an, um
dann entsprechend der Temperaturabkühlungskurve abzufallen. Wird der Sollwert
unterschritten, so schaltet wie in Bild 10.5 gezeigt die Heizung erneut ein. Nach Ver-
lauf der Totzeit, in der die Temperatur bis auf den Wert x2 abfällt, beginnt die Tempe-
ratur wieder anzusteigen. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit einer Tem-
peraturschwankung zwischen x1 und x2 mit der Amplitude x0 um den Wert x3.
x
T1
xE
Tt t1
xMA x0
x1
w
x2
x0
Tt t2 x3
T0
xA = 0
Tt t
yR

te ta t
T0
Bild 10.5 Verlauf der Regel- und Stellgröße eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-
Strecke mit Totzeit und einem Zweipunktregler

Ermittlung der Schwankungsbreite 2x0 und der Mittelwertabweichung xMA


Für den oberen Grenzwert der Dauerschwingung erhält man
T
− t
T1
x1 = w + ( x E − w) ⋅ (1 − e ), (10.1)
mit x E = K S y Rmax .
298 10 Unstetige Regelung

Entsprechend folgt für den unteren Grenzwert x2:


T
− t
T1
x2 = w ⋅ e . (10.2)

Subtrahiert man Gl. (10.2) von Gl. (10.1), so erhält man die Schwankungsbreite
T
− t
T1
2 ⋅ x0 = x1 − x 2 = x E ⋅ (1 − e ). (10.3)

Die Schwankungsbreite 2x0 wird um so größer, je größer die Totzeit Tt und je kleiner
die Zeitkonstante T1 ist. Für Tt / T1 → ∞ wird 2⋅x0 = xE bzw. die Schwingamplitude
x0 = xE /2. Bemerkenswert ist, dass x0 unabhängig vom Sollwert ist. Wie Bild 10.6
zeigt, weicht der Mittelwert der Regelschwingung x3 vom Sollwert ab. Die Differenz
xMA wird als Mittelwertabweichung bezeichnet. Es gilt:
 T
− t − t 
T
x1 + x 2 1 
x3 = =  x E ⋅ (1 − e T1
) + 2w ⋅ e T1 
2 2
 

x MA = w − x3
Tt

 x 
x MA =  w − E  ⋅ (1 − e T1 ) . (10.4)
 2 
x
T1
xE
ta te xMA
5
w3 = x
6 E
te
1
w3 = xE
2
ta
1
w3 = xE
6 te ta xMA
0
t
Tt
Bild 10.6 Zeitlicher Verlauf der Arbeitsbewegung in Abhängigkeit vom Sollwert bei Zwei-
punktregelung einer P-T1-Strecke mit Totzeit

Die Kurvenform der Regelschwingung ist vom Sollwert abhängig (Bild 10.6). Für
kleine w-Werte hat die Erwärmungskurve einen steilen Verlauf und die Abkühlungs-
kurve verläuft flach. Im oberen Bereich für große w-Werte ist es umgekehrt.
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 299

Symmetrischer Betrieb
Legt man den Sollwert in die Mitte des Regelbereiches w = xE /2, so wird xMA = 0, d.
h. x3 fällt mit dem Sollwert zusammen. Im solchen, so genannten symmetrischen Be-
trieb, kann man einige Näherungen vornehmen, was eine vereinfachte Berechnung
von Schwingungsparameter ermöglicht.
Zunächst wird angenommen, dass
te = ta = Tt
gilt, woraus laut Bild 10.6 die Schwingdauer wie folgt bestimmt wird:
T0 = 2te + 2ta = 4Tt

Die Simulation mit MATLAB/Simulink für ein Beispiel beim symmetrischen Betrieb
w = xE /2 = 0,5 bestätigt diese Annahme (Bild 10.7).

1
x
0.5s+1
Wo =0,5 y_min=0 Kps =1; T1 =0,5s Tt = 0.2 s To Workspace
y_max =1
t
Clock
To Workspace
T
1
XE= 1
B C
Relay-Einstellung:
0.8
Switch on point eps
X: 2.133
a Y: 0.6486 Switch off point eps
0.6
Output when on 1
x0 Output when 0
w=0.5
A b
0.4 x0

T =0,8
0
0.2

Tt
0
0 0.5 1 1.5 2 2.5

Bild 10.7 MATLAB/Simulink-Modell und Sprungantworten eines Regelkreises mit dem


Zweipunktregler (Relay) ohne Hysterese und einer P-Tt-Strecke (KPS = 1; T1 = 0,5 s; Tt = 0,2 s)

Weiterhin kann man den Verlauf der Regelgröße bei einer kleinen Schwankungsbreite
2x0 linear betrachten. Aus der Ähnlichkeit der Dreiecks ABC und Aab folgt dann laut
dem Bild 10.7 die Beziehung AB/BC = ab/Ab.
300 10 Unstetige Regelung

Setzt man die Werte ein: AB = xE/2, BC = T1, ab = x0, Ab = Tt, so erhält man eine
Faustformel, die nur für einen symmetrischen Betrieb und nur für eine kleine Schwan-
kungsbreite gilt:
x T
x0 = E ⋅ t
2 T1

Nach dieser Formel soll die Amplitude x0 der Arbeitschwingung im obigen Beispiel
1 0,2
x0 = ⋅ = 0,2
2 0,5
betragen. In Wirklichkeit bzw. bei der Simulation nach dem Bild 10.7 ist die Ampli-
tude x0 der Arbeitschwingung
x0 = 0,6486 − 0,5 = 0,1486 ≈ 0,15 .
Der Fehler von 0,05 deutet darauf hin, dass die Faustformel nur bei groben Berech-
nungen anzuwenden ist. Im Weiteren wird im Buch auf diese Faustformel verzichtet.

Schaltfrequenz und Schwingdauer


Gemäß Bild 10.5 ist die Schwingdauer
T0 = 2Tt + t1 + t 2 . (10.5)

Ferner ist:
t
− 1
T1
w = x1 ⋅ e . (10.6)
Durch Einsetzen von Gl. (10.1) in Gl. (10.6) ergibt sich:
 Tt 
 xE  x E  − T1 
t1 = T1 ⋅ ln  + 1 − ⋅e . (10.7)
w  w 
 

Für t2 folgt
t
− 2
T1
w − x 2 = ( x E − x 2 )(1 − e )
t
−2
T1 w − x2 x −w
e =1− = E
x E − x2 x E − x 2

x − x2
t 2 = T1 ⋅ ln E . (10.8)
xE − w
Mit Gl. (10.2) in Gl. (10.8) erhält man
10.1 Idealer Zweipunktregler an einer P-Strecke höherer Ordnung 301
T
− t
T1
x − we
t 2 = T1 ⋅ ln E . (10.9)
xE − w

Setzt man die GIn. (10.7) und (10.9) in Gl. (10.5) ein, so erhält man für die Schwing-
dauer folgenden Ausdruck
  
 T
− t  T
− t 
 1  x E − e T1 
T0 = 2Tt + T1 ⋅ ln  − e T1
 w  . (10.10)
 w 
 1 − x  
 E  

Gl. (10.10) ist in Bild 10.8 durch die Funktion T0/T1 = f (w / xE) für Tt /T1 = 0,25 dar-
gestellt. Sie zeigt für w = 0,5 xE ein Minimum der Schwingdauer bzw. ein Maximum
der Schwingfrequenz. Für ein anderes Verhältnis Tt/T1 ergeben sich zwar andere Wer-
te, jedoch liegt das Minimum stets bei w = 0,5 xE. Bild 10.9 zeigt ebenfalls für
Tt / T1 = 0,25 das Verhältnis von Ein- zu Ausschaltzeit te / ta, das für w = 0,5 xE gleich
eins wird.

3 3
T0 te
T1 ta 2
2

1 1

w w
0 0
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 xE 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 xE

Bild 10.8 Abhängigkeit der Schwingdau- Bild 10.9 Verhältnis von Ein- und
er T0 vom Sollwert w für Tt/T1 = 0,25 Ausschaltzeit als Funktion w/xE für
Tt/T1 = 0,25

Der Regelbereich liegt ungefähr zwischen w = 0,2 xE und w = 0,8 xE. Für größere
bzw. kleinere Werte von w nimmt die Schwingdauer stark zu. Ferner verharrt der Reg-
ler dann für längere Zeit in der ein- bzw. ausgeschalteten Lage. Im Hinblick auf die
Schwankungsbreite wird eine möglichst kleine Totzeit angestrebt, da für Tt = 0 die
Schwankungsbreite 2x0 gleich Null wird. Allerdings wird für Tt = 0 die Schwingdauer
Null und die Schaltfrequenz unendlich. Mit zunehmender Schaltfrequenz steigt jedoch
die Kontaktbeanspruchung, so dass bei mechanischen Relais ein Kompromiss zwi-
schen minimaler Schwankungsbreite und maximal zulässiger Schaltfrequenz getroffen
werden muss.
302 10 Unstetige Regelung

10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung


Reale Zweipunktregler sind stets mit Hysterese behaftet. Das heißt, dass infolge von
Reibung, magnetischen Einflüssen usw. das Einschalten bei einem höheren Wert der
Eingangsgröße liegt als das Ausschalten. Bild 10.10 zeigt den Wirkungsplan einer
P-Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler mit Hysterese geregelt wird.

z KS , T1
e N
w yR + yS x
+ Bild 10.10 Regelkreis gebildet aus
− + einer P-Strecke 1. Ordnung und einem
2xL Zweipunktregler mit Hysterese

Ohne Regler würde die Regelgröße nach dem Einschalten verzögert nach einer e-
Funktion mit der Zeitkonstanten T auf den Endwert xE ansteigen. Vereinfachend wird
angenommen, dass die Zeitkonstanten des Ein- und Ausschaltvorganges gleich sind
(Bild 10.11). Befindet sich der Regler an der Strecke, wobei der Sollwert auf
0 ≤ w ≤ xE eingestellt sei, so ist nach Inbetriebnahme zunächst x = 0 und xE = w − x =
w. Folglich schaltet der Zweipunktregler ein und die Regelgröße steigt gemäß der
Einschaltkurve an. Infolge der Hysterese schaltet der Zweipunktregler beim Erreichen
des Sollwertes noch nicht ab, sondern erst bei x = w + xL. Bei abgeschaltetem Regler
fällt die Regelgröße entsprechend der Abschaltkurve bis auf den Wert x = w − xL ab,
um dann erneut einzuschalten. Dieser Vorgang wiederholt sich periodisch mit der
konstanten Schwankungsbreite 2⋅xL.

xE
te ta
xL
w=0,6 xE
xL
T0

0
0 t
T
Bild 10.11 Verlauf der Regelgröße einer Strecke 1. Ordnung, die von einem Zweipunktregler
mit Hysterese geregelt wird
10.2 Zweipunktregler mit Hysterese an einer P-Strecke 1. Ordnung 303

Es soll nun die Abhängigkeit der Einschalt- und Ausschaltdauer te und ta sowie die
Schwingdauer T0 bzw. die Schaltfrequenz
1
f0 =
T0
ermittelt werden. Aus Bild 10.11 erhält man für die Einschaltzeit folgende Beziehung:
t
− e
2 ⋅ xL = ( xE − w + xL ) ⋅ (1 − e T ),

t
− e 2 ⋅ xL x − w − xL
e T =1− = E ,
xE − w + x L x E − w + xL

x − w + xL
t e = T ⋅ ln E . (10.11)
xE − w − xL

Entsprechend folgt die Ausschaltzeit


t
− a
w − xL = (w + xL )⋅e T

ta
w + xL
eT =
w − xL

w + xL
t a = T ⋅ ln . (10.12)
w − xL

Sowohl te als auch ta sind direkt proportional der Zeitkonstanten T der Strecke. Mit
zunehmender Hysteresebreite xL wird die Ein- und Ausschaltzeit größer. Ferner wird
für w = 0,5 xE die Ein- gleich der Ausschaltzeit te = ta. Durch Addition der GIn.
(10.11) und (10.12) erhält man die Schwingdauer T0.
 xE − w + xL w + xL 
T0 = T ⋅ ln + ln . (10.13)
 xE − w − xL w − xL 

In Bild 10.12 ist die Gl. (10.13) durch die Funktion T0 / T = f (w / xE) mit xL / xE als
Parameter graphisch dargestellt. Für w = 0,5 xE hat die Funktion jeweils ein Mini-
mum, um dann für w < 0,2 xE und w > 0,8 xE stark anzusteigen. Zur Erzielung einer
möglichst kleinen Schwankungsbreite ist man bestrebt, die Hysterese xL so klein wie
möglich zu machen. Dem steht entgegen, dass mit abnehmendem xL T0 abnimmt und
die Schaltfrequenz unzulässig ansteigt. Die maximale Schaltfrequenz liegt vor für
w = 0,5 xE. Für diesen Wert erhält man aus Gl. (10.13):
304 10 Unstetige Regelung

0,5 ⋅ x E + x L
T0min = T ⋅ 2 ⋅ ln
0,5 ⋅ x E − x L

x
1+ 2 L
xE
T0min = 2T ⋅ ln .
xL
1− 2
xE

Einen guten Näherungswert erhält man für 2 xL / xE << 1 durch Reihenentwicklung


x x
T0min ≈ 2 ⋅ T ⋅ 2 ⋅ 2 L = 8 ⋅ T ⋅ L .
xE xE
Daraus folgt die maximale Schaltfrequenz:
xE
f 0max ≈ . (10.14)
8 ⋅ T ⋅ xL

T0 1,6
T 1,4 xL
= 0,1
xE
1,2

1,0

0,8
0,05
0,6

0,4 Bild 10.12


0,01 Abhängigkeit der Schwingdauer T0 vom
0,2
Sollwert w, mit xL / xE als Parameter
0 w
0 0,2 0,4 0,6 0,8
xE

Die exakten Parameter der Arbeitsschwingung kann man mittels einer Simulation
bestimmen. Die Voraussetzung dafür sind, natürlich, die genauen Kenntnisse über
Streckenparameter. Sind beispielsweise die Parameter einer P-Tt-Regelstrecke wie im
Bild 10.7 gegeben (KPS = 1; T1 = 0,5 s; Tt = 0,2 s) und hat der Zweipunktregler mit
gleichen Stellgrößen yRmin = 0, yRmax = 1 eine Hysterese von xL = ± 0,1, so wird der im
Bild 10.7 gezeigte Relay-Block wie folgt konfiguriert:
Switch on point 0.1
Switch off point −0.1
Output when on 1
Output when 0
Die simulierte Sprungantwort bei w = xE/2 = 0,5 ist im Bild 10.13 gezeigt.
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 305

0.8 X: 1.871
Y: 0.7224

0.7
x
0
0.6
x
L
w= 0.5 T0 = 0.5152−0.5052=0.1
xL
0.4 x
x0 = 0.7224−0.5 = 0.224
0
0.3

0.2
T0
x:0.5052 x:0.5152
0.1

0
0 0.5 1 1.5 2 2.5

Bild 10.13 Simulierte Sprungantwort und Schwingungsparameter eines Regelkreises mit


einem Zweipunktregler mit Hysterese xL = ± 0,1 und einer P-Tt-Strecke

10.3 Zweipunktregler mit Rückführung


Die Abschnitte 10.1 und 10.2 haben gezeigt, dass bei einer Regelung mittels Zwei-
punktregler der Regelverlauf maßgebend von den Eigenschaften der Strecke beein-
flusst wird. So ist z. B. bei einer Strecke mit Totzeit und Verzögerung sowohl die
Schwingdauer als auch die Schwingamplitude vom Verhältnis Tt / T1 abhängig. Durch
Anwendung einer Rückführung können diese ständigen Pendelungen der Regelgröße
um den Sollwert nahezu beseitigt werden.
Ferner ist es möglich, durch geeignete Rückführglieder dem Zweipunktregler ein
Zeitverhalten aufzuzwingen, ähnlich dem der stetigen Regler. Man spricht dann von
einer stetigähnlichen Regelung.
Den Wirkungsplan eines solchen Regelkreises zeigt Bild 10.14.

Gr z
xr
KS , T1
w e
− xe
N
yR + yS x
+ + +

2xL

Bild 10.14 Wirkungsplan eines Regelkreises, dessen Strecke von einem Zweipunktregler mit
Rückführung Gr geregelt wird
306 10 Unstetige Regelung

10.3.1 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung

Der in Bild 10.14 dargestellte Zweipunktregler mit Rückführglied stellt bereits einen
Regelkreis in sich dar. Bevor jedoch näher auf dessen Wirkungsweise eingegangen
wird, soll eine Beziehung bei rückgekoppelten stetigen Reglern in Erinnerung gerufen
werden. Schaltet man in den Rückführzweig eines idealen stetigen Verstärkers mit
dem Verstärkungsgrad V = ∞ ein Glied mit der Übertragungsfunktion Gr(s) (Bild
10.15), so ist die Übertragungsfunktion des rückgekoppelten Verstärkers
y (s) V 1
GR (s) = R = = . (10.15)
e( s ) 1 + V ⋅ G r ( s) Gr (s)

e N
xe yR
+ Bild 10.15
− Wirkungsplan eines Zweipunktreglers mit verzö-
K r , Tr gerter Rückführung
xr

Gr
Besteht das Rückführglied aus einer Verzögerung 1. Ordnung, mit
Kr
GR (s) = , (10.16)
1 + sTr

so folgt für den rückgekoppelten Verstärker die Übertragungsfunktion


y (s) 1
GR ( s) = R = (1 + sTr ),
e( s ) Kr

d. h. ein PD-Verhalten.
Ein ähnliches Ergebnis erhält man, wenn der Zweipunktregler mit Hysterese ein P-T1-
Glied als Rückführung erhält (Bild 10.15). Das zeitliche Verhalten des rückgekoppel-
ten Zweipunktreglers ist in Bild 10.16 dargestellt.
Ändert man die Eingangsgröße des rückgekoppelten Zweipunktreglers sprunghaft
e(t) = e0⋅σ(t), so ist zum Zeitpunkt t = 0 xe = e0, da xr zunächst Null ist. Am Ausgang
des Reglers und somit am Eingang des Rückführgliedes Gr liegt die Sprungfunktion
yR(t) = yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgröße xr(t) des Rückführgliedes antwortet mit einem
verzögerten Anstieg
t

Tr
x r (t ) = y R0 ⋅ K r ⋅ (1 − e ), (10.17)

wie in Bild 10.14 gezeigt. Infolge des Anstiegs der Rückführgröße verringert sich
xe (t ) = e0 − x r (t ) .
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 307

Für xe <− xL0 schaltet der Zweipunktreg-


e
ler ab, die Rückführgröße xr nimmt dann
a) entsprechend der Entladekurve ab, bzw.
e0
xe steigt nach der gleichen Funktion an,
bis bei xe > xL der Zweipunktregler er-
t neut einschaltet. Betrachtet man anstelle
xr der Impulsfunktion yR(t) den Mittelwert
2 xL yR (t ) , so ist ersichtlich, das yR (t ) ge-
e0 genüber dem eingeschwungenen Zustand
b)
zunächst einen größeren Mittelwert
y Rmax (t ) annimmt (PD-Verhalten). Bei
t genügend hoher Schaltfrequenz kann
e−xr
man dieses Verhalten einem stetigen
gleichsetzen. Das zeitliche Verhalten des
e0 Zweipunktreglers mit verzögerter Rück-
2xL c)
führung ist ganz analog dem des in Ab-
schnitt 10.2 behandelten Regelkreises.
t Nach Gl. (10.14) ergibt sich für
te
yR ta e = 1/2 yR0Kr die maximale Schaltfre-
d)
quenz
yR0 y ⋅ Kr
f 0max = R0 (10.18)
8 ⋅ Tr ⋅ x L
t
yR und kann durch Verändern von Tr, vari-
e) iert werden. Ändert man Kr, so ändert
yR0 sich auch das Verhältnis von Ein- zu
yP
Ausschaltdauer.
t

Bild 10.16 Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung: a) Sprung der Regeldifferenz;


b) Rückführgröße; c) xe = e – xr; d) Stellgröße des Reglers; e) Mittelwert der Stellgröße

Setzt man in Gl. (10.11) anstelle von xe den Wert yR0Kr und für w die Regeldifferenz
xd, so erhält man
 y K − e + xL  1 + x L /( y R0 K r − e) 
t e = Tr ⋅ ln  R0 r  = Tr ⋅ ln  . (10.19)
 y R0 K r − e − x L  1 − x L /( y R0 K r − e) 

Aus Gl. (10.19) ist zu ersehen, dass te mit zunehmendem Kr abnimmt. Im Gegensatz
hierzu ist die Ausschaltzeit gemäß Gl. (10.12) unabhängig von Kr
308 10 Unstetige Regelung

 e + xL 
t a = Tr ⋅ ln  . (10.20)
 e − xL 

Bildet man aus den Gln. (10.19) und (10.20) das Verhältnis te / ta, so ist dieses unab-
hängig von Tr und wird mit zunehmendem Kr kleiner.
 y K − e + xL 
ln  R0 r 
te  y R0 K r − e − x L  .
= (10.21)
ta  e + xL 
ln  
 e − xL 
Aus Bild 10.16d) und e) folgt im Beharrungszustand
te 1
yR = yP = yR0 ⋅ = yR0 ⋅ . (10.22)
te + ta t
1+ a
te

Wie bereits anhand der Gl. (10.21) diskutiert, wird ta / te mit zunehmendem Kr größer
und nach Gl. (10.22) yp, bzw. der Proportionalbeiwert KP = yR / e, kleiner. Durch Tr
kann also die Schaltfrequenz und durch Kr sowohl die Schaltfrequenz als auch der P-
Anteil verändert werden.
Es soll der Zweipunktregler mit verzögerter Rückführung an einer Strecke 1. Ordnung
nach Bild 10.17 betrachtet werden. Die Übertragungsfunktion der Strecke lautet
GS
GS ( s ) = ,
1 + sT
wobei T = 2Tr und Kr = KS gewählt wurde.

z
N KS , T
w e xe yR +y x
S
Bild 10.17
− − K ,T Wirkungsplan eines Zwei-
x r r punktreglers mit verzögerter
r
Rückführung an einer Strecke
1. Ordnung

Nimmt man den Regelkreis in Betrieb, so sind zunächst x und xr gleich Null und
xe = e = w, d. h. der Zweipunktregler schaltet ein. Damit liegt am Ausgang des Reg-
lers und an den Eingängen von Strecke und Rückführung der Sprung yR(t) = yR0⋅σ(t).
Die Ausgangsgrößen der Strecke und des Rückführgliedes steigen verzögert an mit
den Zeitkonstanten T bzw. Tr. Infolge Tr < T steigt xr schneller an als x.
Wie der zeitliche Verlauf in Bild 10.18 zeigt, schaltet der Zweipunktregler für
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 309

x + xr > w + xL bzw. xe = w − x − x r < − x L

ab, und xr sowie x fallen gemäß ihrer jeweiligen Abfallkurve, bis der Zweipunktregler
bei der nachfolgenden xe erneut einschaltet:
xe = w − x − x r > + x L

Der Vorgang wiederholt sich in der in Bild 10.18 dargestellten Weise. Wählt man die
Zeitkonstante Tr des Rückführgliedes klein gegenüber T der Strecke, so wird die
Schaltfrequenz fast ausschließlich durch Tr bestimmt.

w 2xL

x+xr

xr

t
yR

yR0

t
Bild 10.18 Verlauf der Regelgröße x und der Stellgröße yR des in Bild 10.17 gezeichneten
Regelkreises bei einem Sollwertsprung

Wie aus Bild 10.18 ersichtlich, ist die Schwingamplitude von x nun nicht mehr gleich
xL, sondern kleiner. Ferner tritt, wie bei einem linearen PD-Regler eine bleibende
Regeldifferenz e(∞) auf. Diese wird um so kleiner, je kleiner man Kr wählt. Für die
Konstruktion des in Bild 10.18 gezeigten Regelverlaufs wurden Tr und Kr so gewählt,
dass die charakteristischen Schwingungen noch sichtbar sind.
Bei günstiger Wahl von Tr und Kr können die Schwingamplitude und die bleibende
Regeldifferenz noch wesentlich verkleinert werden. Der zeitliche Verlauf der Regel-
größe x sowie der Rückführgröße xr entsprechen dem bei einem Sollwertsprung w0.
Das Beispiel eines Zweipunktreglers mit verzögerter Rückführung zur Temperaturregelung
eines Durchlauferhitzers ist im OnlinePlus-Bereich des Verlags zum Download ausgestellt.
310 10 Unstetige Regelung

10.3.2 Zweipunktregler mit verzögert-nachgebender Rückführung

Schaltet man in den Rückführzweig eines Zweipunktreglers mit Hysterese eine verzö-
gert-nachgebende Rückführung (Bild 10.19), so zeigt der Regler ein PID-ähnliches
Verhalten. Für einen linearen Verstärker wurde der Fall der verzögert-nachgebenden
Rückführung in Abschnitt 4.3.6 bereits behandelt. Die Sprungantwort des Rückführ-
gliedes in Bild 10.19 setzt sich aus zwei e-Funktionen zusammen, so dass eine verzö-
gert-nachgebende Rückführung auch durch zwei Verzögerungen 1. Ordnung mit un-
terschiedlichen Zeitkonstanten, wie in Bild 10.20 dargestellt, gebildet werden kann.

N N
e xe yR e xe yR
+ + −

Gr xr G1
xr x1

+ G2
x2

Bild 10.19 Wirkungsplan eines Bild 10.20 Zweipunktregler mit verzögert-


Zweipunktreglers mit verzögert- nachgebender Rückführung, erzeugt durch
nachgebender Rückführung Parallelschaltung von zwei P-T1-Gliedern

Für die Ermittlung der Sprungantwort des Zweipunktreglers mit verzögert-


nachgebender Rückführung legen wir die Anordnung nach Bild 10.20 zugrunde.
Gibt man auf den Eingang des rückgekoppelten Zweipunktreglers nach Bild 10.20
eine Sprungfunktion e(t) = e0⋅σ (t), so ist zunächst xr gleich Null und der Zweipunkt-
regler schaltet ein. Am Ausgang des Reglers sowie an den Eingängen von G1 und G2
liegt der Sprung yR0⋅σ(t). Die Ausgangsgrößen x1(t) und x2(t) steigen nach
e-Funktionen mit den Zeitkonstanten T1 und T2 an. Für
x 2 − x1 > e − x L bzw. xe = e − x 2 + x1 < − x L

fällt der Zweipunktregler ab. Bei abgeschaltetem Regler entladen sich x1 und x2, bis
bei
x2 − x1 < e − xL bzw. xe = e − x 2 + x1 > + x L
der Zweipunktregler wieder einschaltet.
Es ergibt sich der in Bild 10.21 gezeigte zeitliche Verlauf von yR(t). Nach der 1. Ein-
schaltung (D-Anteil) ist die Pulsbreite zunächst klein und nimmt dann zu, bis zum
10.3 Zweipunktregler mit Rückführung 311

ständigen Einschalten. Bildet man den Mittelwert yR (t ) , so sieht man den PID-
ähnlichen Verlauf.
Die technische Realisierung erfolgt, indem in die Rückführung des Zweipunktreglers
ein verzögert-nachgebendes Netzwerk, wie in Bild 10.22 gezeigt, geschaltet wird. Der
Vorteil einer solchen Anordnung ist, dass wie bei einem linearen PID-Regler die blei-
bende Regeldifferenz e(∞) Null wird.
T2
x

x2
a)

e + xL 2xL
e − xL x2 − x1
t

x1

T1

Bild 10.21 Zweipunktregler


yR mit verzögert-nachgebender
yR0 b) Rückführung
a) Rückführgrößen x1, x2
t b) Stellgröße des Reglers
yR c) Mittelwert der Stellgröße
yR0 yR0 c) des Reglers

t
+

Verzögert-nachgebende
Rückführung

xr


OP yR
+

Bild 10.22 Zweipunktregler


mit verzögert-nachgebendem
Rückführglied
312 10 Unstetige Regelung

10.4 Dreipunktregler
Für Stellglieder mit Motorantrieb sind Zweipunktregler ungeeignet, weil sie es nicht
gestatten, die Drehrichtung zu ändern. Diesen Mangel beseitigt der Dreipunktregler.
Ein weiterer Vorteil des Dreipunktreglers mit nachgeschaltetem Stellmotor besteht
darin, dass ein Beharrungszustand, ohne die beim Zweipunktregler stets vorhandenen
Dauerschwingungen, erreicht werden kann. Bild 10.23 zeigt die Kennlinie eines Drei-
punktreglers mit Hysterese.
Im Gegensatz zum Zweipunktregler besitzt der Dreipunktregler einen oberen und
unteren Grenzwert. Wird die Regelgröße z. B. über ein Motorventil beeinflusst, wie
bei der Temperaturregelung des Durchlauferhitzers in Bild 10.24, so liegt der Soll-
wert in der Mitte zwischen dem oberen und unteren Grenzwert.

xa 2xL

xa0
w
− +
xe
xt
RT

Bild 10.23 Kennlinie eines Drei- Bild 10.24 Temperaturregelung eines Durchlaufer-
punktreglers hitzers mittels Dreipunktregler mit Hysterese

Die Temperatur im Durchlauferhitzer wird mit einem Widerstandsthermometer RT


gemessen. Ist die Regelgröße gleich dem Sollwert, so ist die Brücke abgeglichen, das
gepolte Relais stromlos und der Motor steht. Steigt die Temperatur über den Sollwert,
so nimmt der Wert von RT zu und die Brücke hat die eingezeichnete Polarität. Das im
Brückenzweig liegende Relais wird so erregt, dass der Motor das Ventil schließt.
Sinkt die Temperatur unter den Sollwert, so wird RT kleiner und die Brückenspan-
nung hat die entgegengesetzte Polarität. Infolgedessen wird das Relais entgegenge-
setzt magnetisiert, und der Motor öffnet das Ventil.
Vielfach wird anstelle eines Zweipunktreglers, zur Verminderung der Schwankungs-
breite, ein Dreipunktregler verwendet. So zeigt Bild 10.25 einen elektrisch beheizten
Glühofen, dessen Heizleistung über zwei Heizwicklungen zugeführt wird. Beim An-
fahren sind beide Heizwicklungen W1 und W2 eingeschaltet, wobei W1 z. B. 90 % und
W2 20 % der erforderlichen Heizleistung liefern. Wird der untere Grenzwert, der mit
10.4 Dreipunktregler 313

x w OG

Mp R

w1
w2

Bild 10.25 Temperaturregelung in einem Glühofen mittels Dreipunktregler

dem Sollwert identisch ist, überschritten, so schaltet W2 ab, während W1 eingeschaltet


bleibt. Beim Erreichen des oberen Grenzwertes wird auch noch W1 abgeschaltet.
Normalerweise arbeitet dann der Dreipunktregler wie
110% ein Zweipunktregler und schaltet nur W2 zu und ab.
90%
Dadurch wird die Schwankungsbreite innerhalb von
yR maximal 20 % des Sollwertes liegen. Bild 10.26 zeigt
die zugehörige Kennlinie.

0 w oG x

Bild 10.26 Kennlinie des Dreipunktreglers bei Temperaturregelung


gemäß Bild 10.25, oG = obere Grenzwert

10.4.1 Dreipunktregler mit Rückführung

N Durch eine Rückführung kann auch dem


e xe xa yR
Dreipunktregler ein bestimmtes Zeitverhal-
+
− ten gegeben werden. Bild 10.27 zeigt den
Tr Wirkungsplan eines Dreipunktreglers mit
xr
verzögerter Rückführung und nach-
geschaltetem I-Glied. Durch diese Anord-
nung erhält die Regeleinrichtung ein PI-
Verhalten.
Bild 10.27 Wirkungsplan eines Dreipunktreglers
mit verzögerter Rückführung und nachgeschaltem I-Glied

Gibt man auf den Eingang der Regeleinrichtung einen Sprung e(t) = e0⋅σ (t), so wird
der Dreipunktregler eingeschaltet, weil die Rückführgröße xr zunächst Null ist. Dies
314 10 Unstetige Regelung

hat zur Folge, dass am Eingang des I-Gliedes und am Eingang des Rückführgliedes
der Sprung xa0 liegt. Infolgedessen steigt yR linear mit der Zeit an und xr nach einer
e-Funktion mit der Zeitkonstanten Tr .Für
xe = e − x r < x t − 2x L , bzw. x r > e − x t + 2x L

schaltet der Dreipunktregler ab. Betrachtet man als Ausgangsgröße yR den Winkel,
um den eine Motorwelle sich gedreht hat, so behält yR nach Nullwerden von xa (Mo-
torspannung), den Wert bei. Die Rückführgröße xr entlädt sich, bis bei
xe = e − x r > x t , bzw. x r < e − x t
der Dreipunktregler erneut einschaltet, und der Motor weiter läuft. Bild 10.28 zeigt
den Verlauf von xr, xa und yr.

a)
e0

t
xr xt
2xL
b)

t
xe
e0 c)

2xL 2xL
xt t

xa d) Bild 10.28 Dreipunktregler mit


verzögerter Rückführung und
xa0
nachgeschaltetem I-Glied;
t a) Sprung der Regeldifferenz
b) zeitlicher Verlauf der Rückführ-
yR größe xr
c) Zeitlicher Verlauf von
e) xe = e0 − xr
d) Stellgröße des Reglers
e) Stellgröße der Regeleinrichtung

Tn t
315

11 Digitale Regelung

Unter einer digitalen Regelung versteht man die Behandlung eines Regelkreises, in
dem eine analoge Regelstrecke von einem programmierbaren Prozessrechner, beste-
hend aus CPU, Speicher, Ein- und Ausgangsmodulen, Analog-Digital- und Digital-
Analog-Wandlern, geregelt wird. Solche Regelungen werden auch als DDC (Direct-
Digital-Control) bezeichnet.
Die Rechenprozesse und die Signalumwandlungen verlangsamen die Regelvorgänge,
was ein erheblicher Nachteil der digitalen Regelung ist. Dass sich die Regelungstech-
nik in diese Richtung entwickelt hat, ist den folgenden Vorteilen des digitalen Instru-
mentariums zu verschreiben:
• Die als Regler programmierten Prozessrechner sind leistungsfähiger und preis-
günstiger als analoge Regler.
• Ein digitaler Regler kann verschiedene Regelgrößen nacheinander abfragen und
eine größere Anzahl Regelungen gleichzeitig ausführen.
• Es wird ermöglicht, sowohl die klassischen analogen PID-Algorithmen zu digita-
lisieren, als auch neue „intelligente“ Regelverfahren, wie Strukturumschaltung,
adaptive Regelung, Fuzzy- und Neuroregelung, einzusetzen.
• Das fein approximierte Modell der Regelstrecke kann in einem digitalen Regler
einfach nachgebildet werden, was zu neuen modellbasierten Regelverfahren führt.
• Die Regelungs- und die Steuerungsalgorithmen einer Strecke lassen sich einheit-
lich programmieren und realisieren.
Doch der größte Vorteil besteht darin, dass die Methoden und Werkzeuge der Infor-
mationstechnologie im vollen Umfang für die Regelungszwecke anwendbar sind. Die
Kopplung und der Datenaustausch an übergeordnete Prozessleitsysteme wird verein-
facht. Der PC-Einsatz für Regelzwecke ist sowohl über Feldbusse für den Zugriff auf
Sensoren und Aktoren, als auch über Systembusse der Prozessleitebene wie allgemein
verbreitete Netze Ethernet und Internet möglich.
Und schließlich kann das Engineering eines Regelkreises, angefangen von Simulation,
über den Regelkreisentwurf und Inbetriebnahme bis hin zur Erstellung der Dokumen-
tation, einheitlich von einer Software verwaltet werden.

11.1 Digitale Regeleinrichtungen


Die gesamte digitale Regelungstechnik ist heute einem schnellen Wandel unterwor-
fen. Die auf dem Markt vorhandene Vielzahl von Messwerterfassungskarten, Umset-
zern, Konfigurierungstools mit der zugehörigen Hardware veralten schnell. Sowohl
die Hard- als auch die Software sind stark geräteabhängig. Der innere Aufbau und der
Befehlsvorrat von Mikroprozessoren verschiedener Hersteller unterscheiden sich zum
Teil erheblich.

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_11,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
316 11 Digitale Regelung
Als digitale Regler kommen Mikrorechner, Mikrocontroller, PC, IPC, SPS, Soft-SPS, PLS
(Prozessleitsysteme) zum Einsatz; die Reglertypen sind unten in der Tabelle zusammengefasst.

Digitale Regler Komponenten Kopplung mit dem Prozess


Mikrorechner Integrierte Schaltkreise
mit CPU, RAM/ROM
Einplatinenrechner Nur eine Platine mit
integrierten Prozessor- A/D
CPU E/A Prozess
bausteinen, mit exter- D/A
nen A/D, D/A und
Taktgenerator
Mikrocontroller Ein Chip mit eingebau-
ten E/A, A/D, D/A, mit E/A
externem Taktgenera- CPU A/D Prozess
tor D/A

DDC-Regler Spezieller Mikrorech-


(Direct-Digital- ner , mit E/A, A/D, CPU E/A Prozess
a) PC
Control) D/A, fest oder frei
programmierbar: CPU CPU E/A Prozess

a) Kopplung über PC b) Bus 2 E/A


b) Peer-to-Peer- CPU Prozess
Bus 1
Kopplung Bus 2 E/A
CPU Prozess

SPS-Regler Spezieller Mikrorech-


(Speicher- ner mit E/A, A/D, D/A, E/A
PC SPS
programmierbare frei programmierbar A/D Bus Prozess
CPU
Steuerungen) mit externem PC D/A

PC Universeller Mikro-
(Personal rechner mit System- E/A
CPU A/D Prozess
Computer) software und Schnitt-
D/A
stellen
IPC Spezieller Mikrorech-
(Industrie-PC) ner mit Bus- und A/D-,
E/A
D/A-Karten, DAQ, PC SPS-
A/D Bus Prozess
OPC-Server Karte
CPU D/A

Soft-SPS IPC mit SPS-Software


(Slot-SPS) E/A
PC A/D Bus Prozess
CPU D/A

PLS Mikrorechnersystem
(Prozessleitsystem) mit E/A, A/D, D/A, PNP
Bus PNK Bus Prozess
PNK, BNK und Bus-
BNK PNK
Komponenten
11.1 Digitale Regeleinrichtungen 317

Bei Prozessleitsystemen (PLS) handelt es sich um dezentrale Rechnersysteme, die die


Produktionsprozesse von mehreren Ebenen überwachen (Bild 11.1). Die PLS-
Aufgaben sind Messwerterfassung (Sensorik), SCADA (Supervisory Control and
Data Acquisition), Antrieb von Stellgeräten (Aktorik), Regelung, Steuerung, Planung
usw. Die PLS-Komponenten sind:
BBK (Bedien- oder Beobachterkomponente), auch ABK (Anzeige-/ Bedienkomponen-
te) genannt, die als eine Standard-Hardware (z. B. eine Workstation) aufgebaut ist.
Hier werden Daten zur Darstellung auf dem Bildschirm von einer groben Übersicht
bis zum einzelnen Regelkreis geeignet aufbereitet.
PNK (Prozessnahekomponente), die aus einer Zentraleinheit und Einschüben für die
Buskopplung, den E-/A-Baugruppen, sowie für die Ankopplung von untergeordneten
Systemen (SPS, DDC) besteht. Von BNK erhalten PNK die Sollwerte für die Rege-
lungen.
Bussysteme für die Kommunikation, wie PROFIBUS-DP, PROFIBUS-PA, Ethernet
TCP/IP usw.

Zum Zentralrechner Scanner Grafik- BNK


(Planung, Qualität) drucker

Werksnetz
TCP / IP TCP / IP

SCADA-Station View-/Backup SCADA-Station Alarm-Station SCADA-Station


OPC-Server Station 2000 Variablen

H1-BUS MODBUS 3964R Profibus DP


Profibus DP

SPS ........ DDC EES PNK


........ . Controller
........ .
..
. 10 x ISM ET 200 ET 200 ET 200
.

300 420 80 59 70 320


Alarme Temperatur-, E-Heizungs-, Temperatur-, Motorpot Ventile Alarme
Filter Druck-, Messstellen Druck-, Thyristoren
Gemenge Mengen-Messstellen Mengen-Messstellen Prozessebene

Bild 11.1 Beispiel eines dezentralen Prozessleitsystems (PLS) mit PNK, BNK und Bussyste-
men ((mit freundlicher Genehmigung von SCHOTT GLAS, Mainz, 2002)

PLS mit herstellerunabhängigen Komponenten und mit einer offener Bus-


Kommunikation, die auf der Basis des Client-Server-Prinzip aufgebaut sind, nennt
man Offene PLS. Die Schnittstellen der offenen Kommunikation stellt OLE (Object
Linking and Embedding) zur Verfügung. Die PLS-Komponenten von verschiedenen
318 11 Digitale Regelung

Herstellern werden miteinander über den so genannten OPC-Server (OLE für Process
Control) verbunden.
In Bild 11.2 ist gezeigt, dass man die Kennwerte des Reglers in einem Fenster der
Bedienoberfläche des Prozessleitsystems (PLS) einstellen und das Regelkreisverhal-
ten im Trendfenster beobachten kann, um optimale Regelgüte zu erreichen. Besonders
in der Inbetriebnahmephase oder im Notfall ist dies vom Vorteil.

Bild 11.2 Konfigurierungs- und Trendfenster des PLS SattLine (ABB Automation Products)

Ein wesentlicher Nachteil von PLS-Reglern ist die große Reaktionszeit. Ein D-Anteil
beschleunigt den Regelvorgang, kann jedoch zu drastischen Änderungen des Stellsig-
nals und zur Instabilität führen, falls das Messsignal mit Störungen übertragen wird.
Die vorhandenen Algorithmen, z. B. Fuzzy-Regelung oder Autotuning, sind bei
schnellen oder komplizierten Regelstrecken oft uneffektiv. So wird die Regelung mit
PLS für Industriezwecke, d. h. für Strecken mit großen Zeitkonstanten, empfohlen.
Für Industrieanwendungen kommt die Programmierung von digitalen Reglern selten
vor. Die Regelalgorithmen werden von Herstellern meist vorgefertigt, so ist nur eine
Konfigurierung erforderlich. Dafür werden zuerst die Hardware-Adressen festgelegt,
dann die Messwerteingänge mit den dazugehörigen Messfühler-Kennlinien. Danach
fängt die Parametrierung des Reglers an, die in der Einstellung von Reglerkennwerten
und Proportionalbereichen, der Festlegung von Sollwerten, Zeiten usw. besteht. Es
werden die Betriebsarten des Reglers und die mögliche Strukturumschaltung definiert.
Eine einheitliche und herstellerunabhängige Konfigurierung von digitalen Reglern ist
durch die Norm IEC 61131-3 erleichtert. Diese Norm wurde von der International
Electrotechnical Commission festgelegt und hat seit 1994 den Status einer europäi-
schen und deutschen Norm. Durch die Vereinheitlichung von Programmiersprachen
ist es damit möglich, die DDC- und SPS-Regler sowie die PLS verschiedener Herstel-
ler für Regelungszwecke zu programmieren. Da die digitalen Regler in einem System
für Regelungs-, Steuerungs- und Prozessüberwachungsaufgaben integriert sind, wird
die Simulation und die Visualisierung von Regelvorgängen ermöglicht.
11.2 Abtastregelung 319

Normalerweise sind die Konfigurierungswerkzeuge mit selbsteinstellenden Regelal-


gorithmen ausgestattet (Autotuning), die allerdings meist nur für langsame Regelstre-
cken zu empfehlen sind.

• Beispiel 11.1: Konfigurierung eines DDC-Reglers


Die Hardware-Komponenten werden vom Benutzer auf dem Bildschirm als Text direkt gewählt
und beschaltet. Vom Programm werden die Messbereiche, Kommunikations- und Visualisie-
rungselemente angefragt, wonach der Regler mit Hilfe des Konfig-Wizards konfiguriert werden
kann. Dies erfolgt in klar verständlicher Weise, wie beispielsweise in Bild 11.3 für ein Ther-
moelement-Eingang gezeigt ist. Die Konfiguration wird in den DDC-Regler heruntergeladen
und während des Betriebs online angesteuert.

Bild 11.3 Beispiel einer Regler-Konfigurierung (mit freundlicher Genehmigung von Eu-
rotherm Deutschland GmbH, 2003)

11.2 Abtastregelung
In einem digitalen Regelkreis wird eine kontinuierliche Regelstrecke von einer digita-
len Regeleinrichtung geregelt. Dafür muss die dem Rechner zugeführte kontinuierlich
gemessene Regelgröße in digitaler Form vorliegen. Die Digitalisierung erfolgt mit
einem Analog/Digital-Wandler, der die Regelgröße nur in konstanten Zeitabständen,
Abtastzeit oder Abtastperiode TA genannt, abfragt. Einen digitalen Regelkreis kann
man sich gedanklich aus zwei Teilen bestehend vorstellen, wie in Bild 11.4 gezeigt,
320 11 Digitale Regelung

nämlich aus linearen zeitinvarianten Glie- Takt- x(kTA)


dern, kurz LZI, und einem diskret arbeiten- + geber
den Takt- bzw. Impulsgeber. −
Die Regelung von Regelkreisen, in denen x(t) LZI-
wenigstens ein Signal nicht kontinuierlich,
Glieder
sondern zeitdiskret ist, nennt man Abtastre-
gelung. Solche Regelkreise lassen sich Bild 11.4 Konzeptueller Aufbau
nicht, wie die kontinuierlichen, mittels Dif- digitaler Regelung
ferentialgleichungen im Zeitbereich bzw.
mittels Laplace-Transformation im Bildbereich beschreiben. Neben kontinuierlichen
Funktionen, z. B. x(t) treten auch Folgen von abgetasteten Signalen wie x(kTA) auf
und sollen mit anderen, als denen der kon-
tinuierlichen Methoden behandelt werden.
x(t)
Die Signale zwischen den Abtastpunkten x1(t)
werden nicht berücksichtigt, was Fehler
verursachen kann. Bild 11.5 zeigt, dass x2(t)
gleiche abgetastete Impulsfolgen aus zwei
x(kTA)
verschiedenen Sprungantworten gebildet
werden können. 0
0A T A 2T A kT t
Die Untersuchungen von Abtastsystemen
wurden seit 1924 durchgeführt. Rerich und
Bild 11.5 Beispiel einer fehler-
Grdina befassten sich mit der Abtastrege- haft gewählten Abtastperiode
lung von hochtourigen Dampfmaschinen
und behandelten dabei die Dynamik mit Differentialgleichungen. Die ersten einheitli-
chen Beschreibungen von linearen Abtastsystemen findet man bei Oldenbourg, Sarto-
rius, Zypkin (1948 - 1958).

11.2.1 Wirkungsweise von digitalen Regelkreisen

Wie an analoge werden auch an digitale Regler drei Grundaufgaben gestellt:


• die Regelgröße messen und die Regeldifferenz bilden;
• einen geeigneten Regelalgorithmus erzeugen;
• eine beträchtliche Leistung an Stellglieder übertragen.
Im Gegensatz zu analogen sind bei digitalen Regeleinrichtungen die Regelalgorithmen
und die Verstärkungsfunktionen gerätetechnisch voneinander getrennt. Die mittels
Mikroprozessoren (CPU) berechneten Stellgrößen werden binär ausgegeben oder
durch Digital-Analog-Umsetzer (D/A) in Ströme (0 bis 20 mA) oder Spannungen (0
bis 10 V) umgesetzt.
Die Verstärkungsfunktion und die Anpassung an die Strecke übernehmen die nachge-
schalteten Leistungsverstärker, Relais, Motoren usw.
11.2 Abtastregelung 321

In Bild 11.6 ist eine kontinuierliche Regelstrecke gezeigt, die mit digitalen Elemen-
ten, wie Mikrorechner, Analog-Digital-Wandler (A/D) und Digital-Analog-Wandler
(D/A) geregelt wird. Die Istwerte x(t), bei denen es sich um ganz verschiedenartige
physikalische Größen handeln kann, etwa Durchflüsse, Drücke, Temperaturen, Span-
nungen usw., werden durch die Messumformer auf ein Einheitssignal transformiert.
Die Wandlung oder die Abtastung der stetigen Regelgröße x(t) erfolgt meist in äqui-
distanten Zeitabständen (Abtastzeit TA) durch den vorgeschalteten A/D-Wandler. Aus
dem kontinuierlichen Signal x(t) entsteht die diskrete Folge x(kTA), die für die Abtast-
zeit TA konstant gehalten wird. Im Rechner wird aus dieser Istwertfolge x(kTA) und
der eingegebenen Führungsfolge w(kTA) die Regeldifferenzfolge e(kTA) gebildet.
Anhand eines im Rechner gespeicherten Programms, z. B. dem digitalisierten PID-
Regelalgorithmus, wird dann die Stellgrößenfolge yR(kTA) berechnet und über den
D/A-Wandler als geglättetes Stellsignal y*R(kTA) ausgegeben.

z(t)
w(kTA) e(kTA) yR(kTA) y*R(kTA)
x(t)
y(t) Regel-
Mikro- D
+ Rechner A strecke

x(kTA) xM(t)

A Mess-
D umformer

Bild 11.6 Wirkungsplan eines Regelkreises mit digitalem Regler

Mit großer Geschwindigkeit und hoher Genauigkeit sollen die analogen Signale x(t)
von A/D-Wandler abgetastet und in eine zeitdiskrete Folge umgeformt werden. Die
Zahlenfolge wird in eine stufenförmige Funktion x(kTA), die so genannte Treppenkur-
ve, umgewandelt. Funktionsmäßig besteht ein A/D-Wandler aus einer Abtastung
(Sample) und einer Speicherung (Hold). Ein Abtast-/Halteglied (S&H) mit der Abtast-
zeit TA ist in Bild 11.7 dargestellt.

x(t) x(kTA) x*(kTA)


TA

Abtaster Halteglied
t kTA kTA
Tt

Bild 11.7 Umwandlung von analogen Signalen mit Abtast-/Halteglied-Schaltung


322 11 Digitale Regelung

Ein analoges Eingangssignal steht digitalisiert erst nach einer Wandelzeit bzw. Totzeit
Tt am Ausgang des Wandlers dem Regler zur Verfügung. Diese Totzeit beträgt
T
Tt = A , (11.1)
2
wie in Bild 11.4 durch einen Vergleich zwischen analogem Eingangssignal x(t) und
den aus der Treppenkurve x*(kTA) interpoliertem Ausgangssignal schematisch gezeigt
ist. Die mathematische Herleitung findet man im nachfolgenden Beispiel.
• Beispiel 11.2
Die Treppenkurve am Ausgang eines Haltegliedes entsteht aus einer Folge von Rechteckimpul-
sen, wobei jeder einzelne Impuls als Überlagerung von zwei Einheits-Sprungfunktionen
σ (t ) − σ (t − TA ) ,
dargestellt werden kann (Bild 11.8). Die Laplace-
Transformierten von Sprungfunktionen sind: x*(kTA) σ (t)
1
L [σ (t )] = ,
s 1

1 − sTA 0
L [σ (t − TA )] = ⋅e . t
s TA 1
Am Eingang des Haltegliedes wirkt eine δ - Funktion, σ ( t−Ta )
die im Bildbereich als
dσ (t ) 1
δ (t ) =  L [δ (t )] = s ⋅ =1
dt s Bild 11.8 Zur Ermittlung der
Übertragungsfunktion eines
dargestellt wird. Daraus ergibt sich die Übertragungs- Haltegliedes
funktion des Haltegliedes zu

L [σ (t ) − σ (t − TA )] 1 1 − sTA 1 − e − sTA
GH (s) = = − e = , (11.2)
L [δ (t )] s s s
mit dem entsprechenden Frequenzgang

1 − e − jωTA
G H ( jω ) = .

Durch Ansätze
ω TA
e − jωTA = cos ω TA − j sin ω TA und ω TA = 2 ⋅
2
kann GH( jω) in folgende Form gebracht werden:

−j
ω TA
j
ω TA
−j
ω TA ω TA ω TA
sin
e 2 (e −e
2 2 ) 2 −j
GH ( jω ) = = ⋅ TA ⋅ e 2 .
ω TA ω TA
j ⋅2⋅
2 2
11.2 Abtastregelung 323

Bei tiefen Frequenzen ω TA << 1 kann das Halteglied wie folgt angenähert werden:
ω TA
−j
GH ( jω ) ≈ TA ⋅ e 2 ,

was einem Totzeitglied mit der Totzeit (11.1) entspricht.

11.2.2 Rechenzeit

Die Rechenzeit TR, auch Rechentotzeit genannt, ist die Zeit, die der Regler benötigt,
um die Stellgröße yk aus einer Impulsfolge von Regeldifferenzen ek, ek-1, ek-2 ... zu be-
rechnen.
In Bild 11.9 ist schematisch dargestellt, wie der Regelalgorithmus von der Beziehung
zwischen Rechenzeit TR und Abtastzeit TA abhängig ist, nämlich:
• Im Fall TR < T bzw. TR → 0 (Rechenzeit TR ist klein) ist die aktuelle Stellgröße
vom aktuellen Impuls der Regeldifferenz abhängig, bzw. es gilt yk = f (ek ) .
• Im Fall TR = T (Rechenzeit = Abtastzeit), ist die aktuelle Stellgröße vom vorhe-
rigen Impuls der Regeldifferenz abhängig, bzw. es gilt yk = f (ek −1)

Abtastzeit T Abtastzeit T

Messung von Stellgröße


Regeldifferenz yk = f (ek −1 ) yk +1 = f (ek )

Rechenzeit TR
TR = T
ek−1 ek ek+1
Rechenzeit = Abtastzeit
tk−1 tk
tk+1

Stellgröße
yk −1 = f (ek −1 )
Messung von
Regeldifferenz y k = f ( ek ) yk +1 = f (ek +1 )

andere
TR Aufgaben
TR < T
Rechenzeit klein ek−1 ek ek+1
gegenüber Abtastzeit
tk−1 tk tk+1 t

Bild 11.9 Zusammenhang zwischen Stellgröße yk und Regeldifferenz ek


324 11 Digitale Regelung

11.2.3 Beschreibungsmethoden

Unten ist eine Übersicht der verschiedenen Beschreibungsmethoden von digitalen


Systemen gegeben, sie werden in nachfolgenden Abschnitten ausführlich behandelt.

a) Quasikontinuierliche Beschreibung
Ist die Abtastzeit TA viel kleiner als die Zeitkonstanten der Regelstrecke, kann die
Abtastung vernachlässigt und der Regelkreis als kontinuierlich behandelt werden. Die
von digitalen Elementen verursachte Verlangsamung des Regelvorgangs wird als ein
zusätzliches Glied mit der Totzeit nach (11.1) berücksichtigt. Die Annäherung gilt
jedoch nur, wenn die Abtastzeit TA kleiner als die Verzögerungszeitkonstante der
Regelstrecke Tg oder Tu ist, wie im Bild 11.10 für TA ≈ 0,5⋅Tu gezeigt ist. In der Pra-
xis gilt dafür normalerweise TA ≤ 0,1⋅Tu.

x(t) Tg
Bild 11.10 Zeitverhalten einer analogen P-Tn-
Regelstrecke mit eingetragenen Abtastsignalen.
Die Zeitkonstanten sind:
TA
Tu Verzugszeit,
Tg Ausgleichszeit,
0
0 t TA Abtastzeit.
Tu

Wie im vorherigen Abschnitten gezeigt wurde, allein der Einsatz eines A/D-Wandlers
bringt die Totzeit Tt in ein analoger Regelkreis. Dazu soll auch die Rechenzeit TR
beachtet werden. Dabei unterscheidet man folgende Fälle:
• Ist die Rechenzeit klein gegenüber Abtastzeit, d. h. TR < TA, kann die Rechenzeit
vernachlässigt werden. In diesem Fall nur der A/D-Wandler verlangsamt die Re-
gelung. Ein analoger Regelkreis mit der Übertragungsfunktion
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )

wird beim Übergang zu digitaler Regelung im Fall TR < TA mit einer zusätzlichen
Totzeit Tt nach Gl. (11.1) ergänzt:

G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )e − sTt mit Tt = 0,5 TA

• Ist die Rechenzeit vergleichbar mit der Abtastzeit, d. h. TR = TA, wird die Rechen-
zeit im voller Größe bei der Bestimmung der Totzeit berücksichtigt, d. h.
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s )e − sTt mit Tt = TA + 0,5 TA= 1,5 TA

• Ist die Rechenzeit TR größer Abtastzeit, d. h. TR > TA, wird sie beim Reglernwurf
als ein ganzzahliges Vielfaches der Abtastzeit TA angenommen, d. h.
11.2 Abtastregelung 325

TR = l ⋅ T mit l = 0, 1, 2...
wobei der Wert l = 0 entspricht dem Fall TR < TA , bei l = 1 gilt der Fall TR = TA.

b) Diskretisierte Beschreibung im Zeitbereich


Ausschlaggebend für Abtastsysteme ist die Behandlung von abgetasteten Zahlenfol-
gen x(0), x(TA), x(2TA), ... , x(kTA) anstelle der kontinuierlichen Regelgröße x(t). Mit
einer ganzzahligen Variable k anstelle der analogen Zeitvariable t kann der Regelkreis
mit Abtastgliedern mit diskreten Signalen x0, x1, ... xk−1, xk, xk+1 beschrieben werden.
Die analogen Regelalgorithmen werden diskretisiert, indem die Integration durch
Summation und die Differentiation durch Bildung der Differenzquotienten für eine
N
Diskretisierungszeit TA ersetzt wird, z. B.  x(t ) dt ≈ TA ⋅  xk und
k =0
dx(t ) x k +1 − x k
≈ . Die Lösung der Differenzengleichungen erfolgt mittels Rekursio-
dt TA
nen oder mit homogenem und partikulärem Ansatz.

c) Beschreibung mittels z-Transformation im Bild- bzw. Frequenzbereich


Zunächst wird die Variable e(t) nach der Abtastung als Folge von Impulsfunktionen
0 für t ≠ 0
δ (t ) = 
 ∞ für t = 0  δ (t )dt = 1 L[δ (t )] = 1

dargestellt und mit den diskreten Werten e(kTA) für k = 0, 1, 2... ∞ gewichtet (s. Bild
11.6). Danach wird das mit dem Summenzeichen zusammengefasste Signal

e * (t ) =  e(kTA ) δ (t − kTA ) .
k =0
nach Laplace transformiert:
e * ( s) = L [e * (t )] .

Da die Abbildung eines einzelnen Impulses δ(t−kTA) nach der Fourier-Transformation


gleich e − jωkTA ist, gilt für das ganze Spektrum e*( jω) im Frequenzbereich

e* ( jω ) =  e(kT ) e
k =0
A
− jω kTA

bzw. im Bildbereich unter Beachtung s = jω



e * ( s) =  e(kTA ) e −skTA . (11.3)
k =0
326 11 Digitale Regelung

Die Transformation nach Gl. (11.3) kann als diskrete Laplace-Transformation be-
zeichnet werden. Ersetzt man nun e sTA durch eine neue Variable z, d. h.
e − sTA = z −1 ,
so folgt aus (11.3) die so genannte z-Transformation der digitalen Größe e(kTA)

e( z ) =  e(kTA ) z −k = Z [kTA ] (11.4)
k =0

Durch z-Transformation von Impulsfolgen am Eingang xe(kTA) und am Ausgang


xa(kTA) eines digitalen Elements des Kreises
xe ( z ) = Z [ xe (kTA )] xa ( z ) = Z [ xa (kTA )]
entstehen die z-Übertragungsfunktionen
x ( z)
G( z) = a = Z [ g (kTA )] . (11.5)
xe ( z )

wobei g(kTA) die Gewichtsfunktion ist. Sie wird aus der Übertragungsfunktion G(s)
durch Rücktransformation ermittelt L −1[G ( s )] = g (t ) und als Impulsfolge g(kTA) mit
der Abtastzeit TA dargestellt. Im Abschnitt 11.5 wird gezeigt, wie die kontinuierlichen
Untersuchungsmethoden für die digitalen Systeme mit Hilfe der z-Transformation
umformuliert werden.
Die Beschreibungsformen digitaler Regelkreise sind in Bild 11.11 zusammengefasst.

Analoger Regelkreis Digitaler Regelkreis


1, Tt
w(s) e(s) y (s) x(s) w(s) e(s) yR(s) x(s)
GR(s) R GS(s) GR(s) GS(s)
+ +
− Regler Strecke a) − Regler Totzeitglied Strecke

wk ek yRk xk
+ * **
b) − Abtaster Halteglied Regler Strecke
Bild 11.11 Darstellung von
digitalen Regelkreisen: * yRk= f (ek , ek-1 , yRk-1)
a) quasikontinuierliche
** xk= f (xk-1, yRk , yRk-1)
b) diskretisierte
c) z - transformierte
w(z) e(z) yR(z) x(z)
GR(z) GH(z) GS(z)
+
c) − Regler mit Abtaster Halteglied Strecke
11.3 Quasikontinuierliche Regelung 327

11.3 Quasikontinuierliche Regelung

11.3.1 Wahl der Abtastperiode

Wenn die Abtastzeit TA kleiner als die eigene Verzögerung der Regelstrecke ist, kann
sie nach der Gl. (11.1) wie eine Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt werden. Die Ab-
tastzeit darf nicht zu groß gewählt werden, da der Regelkreis wegen großen Totzeiten
instabil werden kann. Andererseits kann sie nicht zu klein gewählt werden, da der
Regler überlastet wird und die Realisierung nur mit speziellen Typen von Mikropro-
zessoren möglich ist. Die Abtastrate ist außerdem durch die Nutzbandbreite begrenzt.
In der Praxis orientiert man sich bei der Wahl der Abtastrate auf die Kenngrößen der
Regelstrecke. In der nachstehenden Tabelle sind die Abtastzeiten TA in Abhängigkeit
von der Verzugszeit Tu, Ausgleichszeit Tg sowie den Zeitprozentwert T95 empfohlen.
T95 ist die aus der Sprungantwort abgelesene Zeit, bei der die Regelgröße 95% des
Beharrungszustandes x(∞) erreicht.

Experimentell ermittelter Anzahl der Abtastungen


Abtastzeit Ta
Kennwert der Regelstrecke innerhalb der Zeitperiode

Tu und Tg < 10 Tu von 2 bis 5 von 0,2⋅Tu bis 0,5⋅Tu

T95 von 10 bis 20 von 0,05⋅T95 bis 0,1⋅T95

Tg 10 und mehr kleiner als 0,1⋅Tg

Die Abtastzeit TA kann auch aus den berechneten bzw. simulierten Kenngrößen des
geschlossenen analogen Regelkreises abgeleitet werden. Normalerweise soll die An-
zahl der Abtastungen innerhalb der Anregelzeit 10 bis 20 betragen. In der Praxis lie-
gen die Abtastzeiten in Größenordnung von 1 bis 10 ms für Antriebstechnik und von 1
bis 20 s für Prozessautomatisierung.

11.3.2 Praktische Einstellregeln

Durch die von TA verursachte Vergrößerung der Gesamttotzeit wird die Phasenreser-
ve des digitalen Regelkreises im Vergleich zu den analogen verringert, was zu Ver-
ringerung der Dämpfung und gar zu Instabilität führen kann.
• Beispiel 11.3
Ein Regelkreis mit dem analogen PID-Regler hat die Phasenreserve ϕ Rd = 45° bei der Durch-
trittsfrequenz ωd = 10 s−1. Es soll berechnet werden, wie sich die Phasenreserve ändert, wenn
der analoge Regler durch einen digitalen PID-Regler mit der gleichen Einstellung und mit der
Abtastzeit TA = 0,05 s ersetzt wird. Die Rechenzeit des Reglers ist kleiner als 0,05 s.
328 11 Digitale Regelung

Die Rechenzeit wird vernachlässigt; die Abtastung führt zu einer Totzeit Tt = 0,5⋅TA = 0,025 s
und einer Phasensenkung von
ϕ t(ω) = −ω⋅Tt,
die für ω d = 10s-1
ϕ t(ω d) = − ω d ⋅Tt = 0,25 Rad bzw. ϕ t(ω d) = − 14,3°
beträgt. Die Phasenreserve des digitalen Regelkreises ist damit
ϕ Rd digital = ϕ Rd + ϕ t(ω) = 45° − 14,3° = 30,7°.
Zum Entwurf eines quasikontinuierlichen Regelkreises werden die Gütekriterien und
Methoden der analogen Regelungstechnik herangezogen. In den im Abschnitt 8.2
vorgestellten praktischen Empfehlungen soll die Totzeit Tt = 0,5⋅TA berücksichtigt
werden, d. h. anstelle von Tu wird Tu + 0,5⋅TA eingesetzt. Auf diese Weise sind z. B.
die Einstellregeln für digitale Regelkreise nach Takahashi aus dem Ziegler-Nichols-
Verfahren für analoge Regelkreise ausgeführt, die allerdings nur für TR < TA gelten:

Kennwerte P-Regler PI-Regler PID-Regler (additive Form)


Tg Tg Tg
K PR 0,9 ⋅ 1,2 ⋅
K PS (Tu + TA ) K PS (Tu + 0,5TA ) K PS (Tu + TA )
(Tu + 0,5TA ) 2
Tn - 3,33 ⋅ (Tu + 0,5TA ) 2⋅
Tu + TA
Tv - - 0,5 ⋅ (Tu + TA )

In der nachstehenden Tabelle ist das Verhalten eines Regelkreises mit einer P-Tn-
Strecke und dem digitalen PI-Regler, der nach verschiedenen Regeln eingestellt ist,
für verschiedene Abtastzeiten TA gezeigt.

Abtastzeit TA Praktische Einstellregel Gütekriterien beim Führungsverhalten


Die zufriedenstellende Dämpfung von
TA = 0,1 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick 0,3 bis 0,4
TA = 0,3 Tu Nach Chien, Hrones und Reswick Die Dämpfung verringert sich nur gering
Eine Dauerschwingung entsteht (Stabili-
Nach Chien, Hrones und Reswick
tätsgrenze)
TA = Tu Keine Verbesserung, eine Dauerschwin-
Nach Takahashi
gung entsteht (Stabilitätsgrenze)
Nach Ziegler-Nichols Verbesserung der Dämpfung auf 0,3

• Beispiel 11.4
Der asymptotische Verlauf des Bode-Diagramms eines aufgeschnittenen Regelkreises mit
einem analogen P-Regler ist im Bild 11.12 gegeben. Der Proportionalbeiwert des Reglers be-
−1
trägt KPR = 1,5. Die Phasenreserve ist ϕ Rd =45° bei Durchtrittsfrequenz von ω d = 0,25 s .
11.3 Quasikontinuierliche Regelung 329
20 dB
−20 dB/Dek
G0 dB
0,1 ωd 1,0 ω / s-1
0 dB
−40 dB/Dek

-20 dB Bild 11.12 Bode-


1 Diagramm des Regel-
ω E1 =
T1 ω / s-1 kreises mit analogem

ϕ(ω) P-Regler und I-T1-
-90° Strecke

ϕRd
-180°

-270°
Der analoge P-Regler soll durch den digitalen PD-Regler mit der Abtastzeit TA = 2,0 s ersetzt
werden. Gesucht ist die Reglereinstellung, bei der der Regelkreis mit digitalem Regler die glei-
che Phasenreserve ϕ Rd =45° behält. Die Rechenzeit des Reglers wird vernachlässigt.
Die Zeitkonstante T1 der Strecke wird sofort durch die Vorhaltzeit des PD-Reglers kompen-
−1
siert, d. h. Tv = T1 = 1/ 0,25 s = 4 s. Als Hilfsmittel wird zunächst das Bode-Diagramm des
aufgeschnittenen Regelkreises mit analogem PD-Regler mit KPR = 1,5 ermittelt, das dann, wie
im Bild 11.13 gezeigt, mit dem Totzeitglied Tt = 0,5⋅TA = 1 s ergänzt wird, was dem digitalen
Regelkreis entspricht.
1 -1
π
=1s -1 = 3,14 s
Tt Tt
20dB
G0
dB
0,1 ωd 1,0 ω / s-1
0dB
ΔK = 9,5 dB
neue 0 dB-Achse
-20dB Bild 11.13 Bode-
Diagramm des Krei-
ω / s-1 ses mit analogem und

ϕ(ω) digitalem PD-Regler
mit analogem PD-Regler
-90°
57,3°
ϕRd
-180° 180°
mit digitalem PD-Regler
-270°

Um die gewünschte Phasenreserve ϕ Rd einzustellen, soll man die 0-dB-Achse nach unten um
ΔK ≈ 9,5 dB bzw. ΔK ≈ 3 verschieben. Damit erhält man für den Proportionalbeiwert des Reg-
lers
KPR = 1,5⋅ΔK = 4,5.
330 11 Digitale Regelung

11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich

11.4.1 Differenzengleichungen

Gleichungen, die den Zusammenhang zwischen abgetasteten Folgen xe(kTA) der Ein-
gangsgröße xe und abgetasteten Folgen xa(kTA) der Ausgangsgröße xa eines zeitdis-
kreten Systems beschreiben, nennt man inhomogene Differenzengleichungen. Im Fol-
genden werden die diskreten Eingangswerte xe(kTA+nTA) kurz mit xe,k+n bzw. uk+n
sowie die diskreten Werte xe(kTA+nTA) mit vk+n bezeichnet. Eine lineare inhomogene
Differenzengleichung n-ter Ordnung
an vk + n + an −1vk + n −1 + ... + a1vk +1 + a0vk = b0uk (11.6)
hat Ähnlichkeit mit einer Differentialgleichung gleicher Ordnung:
an v ( n) (t ) + an −1v ( n −1) (t ) + ... + a1v(t ) + a0v(t ) = b0u (t ) .

11.4.2 Aufstellen der Differenzengleichungen

Eine Differenzengleichung kann aus einer Differentialgleichung erstellt, indem man


die Integration durch eine Summe
k


v(t ) = K I u (t )dt vk = K I  vk
i =1
und die Differentiation durch einen Differenzenquotienen ersetzt:
du (t ) u − uk −1
v(t ) = K D vk ( t ) = K D k
dt TA

• Beispiel 11.5
Gegeben ist die Differentialgleichung T1v(t ) + v(t ) = K P u (t ) mit T1=1 s, KP= 2 und u0 = 1.
Gesucht ist die Differenzengleichung mit Abtastzeit TA= 0,25 s und die Lösung.
Nach der Approximierung
v −v
T1 k k −1 + vk = K Puk
TA
ergibt sich die Differenzengleichung zu
 T1   TA 
vk =  vk −1 + K P  uk bzw. vk = 0,8vk −1 + 0,4uk .
 T1 + TA   T1 + TA 
kTA

Die Lösung bei t = kTA ist vk = K P (1 − e
T1
)u0 = 2(1 − e − 0, 25k ) .
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 331

11.4.3 Lösung der Differenzengleichungen mittels Rekursion

Die Lösung der Differenzengleichung ist die Folge


xa,0, xa,1, xa,2, …, xa,k, …
Die Werte der Ausgangsgröße xa,k+n für k = 1, 2, ... können aus gegebenen Koeffi-
zienten an, an-1, ..., a0, b0 und Anfangswerten xa,n bei k = 0 durch die Erhöhung von k
jeweils um Eins schrittweise berechnet werden. Die Gl. (11.6) wird dafür umgestellt:
1
xa,k + n = [−a n −1 x a,k + n −1 − ... − a1 x a,k +1 − a 0 xa,k + b0 xe,k ] .
an
Werden die Anfangswerte der Differenzengleichung wie im analogen Fall zu Null
angenommen, d. h. xa,n = 0 für n = 0, 1, 2, ... und gilt für den Eingangssprung
xe, −1 = 0 xe,0 = xe,1 = xe,2 = ... = xe,k = xe0
so wird der erste Wert der Ausgangsgröße für k = 1 wie folgt berechnet:
1
xa,1+ n = [−a n −1 x a,n − a n -2 xa,n −1 − ... − a1 x a,1 − a 0 xa,1 + b0 xe,1 ] .
an
Die Lösung mittels Rekursion ist nur numerisch möglich und lässt sich nicht für die
Regelkreisanalyse bzw. Stabilitätsbedingungen verallgemeinern.

X Aufgabe 11.1
Die Regelstrecke stellt ein P-Glied mit KPS = 8 dar und wird mit einem analogen I-Regler gere-
-1
gelt. Der Integrierbeiwert des Reglers ist KIR = 2 s . Der analoge Regler wird durch einen
digitalen Regler mit gleichem Integrierbeiwert ersetzt. Die Abtastzeit des digitalen Reglers
beträgt TA = 0,05s. Der Regelalgorithmus wird nach der Trapezregel digitalisiert. Vergleichen
Sie die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises mit analogem und digitalem Regler
nach einem Sprung der Führungsgröße von w0 =2.

11.4.4 Exakte Lösung der Differenzengleichungen

Ähnlich einer Differentialgleichung entsteht auch hier die Lösung der Gl. (11.6) aus
h
der Lösung x a, k der homogenen Differenzengleichung
a n xa,k + n + a n −1 x a,k + n −1 + ... + a1 x a,k +1 + a 0 x a,k = 0 (11.7)

und einer partikulären Lösung xa,part


k , d. h.

xa,k = xa,h k + xa,part


k .

Für die homogene Lösung wird Gl. (11.7) mit dem Ansatz
xa,h k = C ⋅ z k (11.8)
332 11 Digitale Regelung

zu der so genannten charakteristischen Gleichung der Differenzengleichung gebracht:


a n C ⋅ z k + n + a n −1C ⋅ z k + n −1 + ... + a1C ⋅ z k +1 + a 0 C ⋅ z k = 0 .
Daraus folgt
C ⋅ z k [a n z n + a n −1 z n −1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 ] = 0 ,

an z n + an −1z n −1 + ... + a1z1 + a0 z 0 = 0 . (11.9)

Die charakteristische Gleichung (11.9) hat n Nullstellen z1, z2, ... , zn, die reell oder
konjugiert komplex sind. Die homogenen Lösung ergibt sich somit zu
n
xa,h k =  Ci ⋅ zik , (11.10)
i =1

wobei die Koeffizienten Ci aus den Anfangsbedingungen folgen.


Bei der partikulären Lösung wird, entsprechend zu Differentialgleichungen, eine Ein-
gangsfunktion, z. B. die Sprungfunktion xe, k = 1, in Gl. (11.6) eingesetzt.

• Beispiel 11.6
Gegeben ist die Differentialgleichung eines geschlossenen Regelkreises
T1x ( s) + x(t ) = K P w(t )

mit T1=1 s und KP= 2. Gesucht ist die exakte Lösung der Differenzengleichung.
Die Gesamtlösung ergibt sich als Superposition der homogenen und partikulären Lösungen der
charakteristischen Gleichung
T T
− A − A
T1 T1
xk = e xk −1 + K P (1 − e ) wk −1 bzw. xk = 0,7788 xk −1 + 0,4424 wk −1

• Beispiel 11.7
Der analoge Regler des in Bild 11.14 gezeigten KPR, Tn KPS, T1 1, T2
Regelkreises wird durch einen digitalen w(t) x(t)
PI-Regler mit der Abtastzeit TA = 0,1 s ersetzt. +

Es soll die Differenzengleichung erstellt und Analoger Regelkreis
die Lösung bei einem Eingangssprung w0 = 2
ermittelt werden.
Bild 11.14 Wirkungsplan des Re-
Die Übertragungsfunktion des geschlossenen gelkreises mit dem analogen PI-
Regelkreises mit dem analogen PI-Regler: Regler. Die Kennwerte des Kreises
x( s ) β2 sind: KPS = 0,8;
Gw (s) = = , (11.11) T1 = 0,5; T2 = 1 s;
w( s ) s 2 + 2α ⋅ s + β 2
KPR = 1,5; Tn = 1 s.
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 333

1 K K
mit α = = 1 s −1 und β 2 = PR PS = 2,4 s − 2 . (11.12)
2T1 Tn T1
Die Differentialgleichung erhalten wir aus Gl. (11.11) nach der Laplace-Rücktransformation:

s 2 ⋅ x( s ) + 2α ⋅ s ⋅ x( s ) + β 2 ⋅ x( s ) = β 2 ⋅ w( s )
   
2
d x(t ) dx(t )
+ 2α + β 2 x(t ) = β 2 w(t ) . (11.13)
2 dt
dt
Die Digitalisierung erfolgt mit rechter Intervallgrenze, d. h.
dx(t ) x k +1 − x k
≈ = Δx k
dt TA

d 2 x(t ) Δx k +1 − Δx k 1  x k + 2 − x k +1 x k +1 − x k 
≈ =  −  .
2
dt TA TA  TA TA 
Setzen wir die obigen Differenzen in Gl. (11.13), so entsteht die Differenzengleichung

x k + 2 + 2(αTA − 1) ⋅ x k +1 + (1 − 2αTA + β 2TA2 ) ⋅ x k = β 2TA2 ⋅ wk


bzw.
a 2 x k + 2 + a1 x k +1 + a 0 x k = b0 wk , (11.14)
mit
a2 = 1

a1 = 2(αTA − 1) = −1,8

a 0 = 1 − 2αTA + β 2TA2 = 0,824 und b0 = β 2TA2 = 0,024 .

Aus der Differenzengleichung (11.14) bilden wir nach (11.9) die charakteristische Gleichung

a 2 z 2 + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0 , (11.15)

bzw. z 2 − 1,8 z + 0,824 = 0 mit zwei Polstellen:


z1 = 0,9 + 0,1183 j
z 2 = 0,9 − 01183 j .
Die homogene Lösung der Differenzengleichung für k = 0, 1, 2, ... ist nach (11.10)

x kh = C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k . (11.16)
part
Die partikuläre Lösung x k stellt für die Eingangssprungfunktion eine Konstante C0 dar und
wird durch Einsetzen in die Differenzengleichung (11.14) bestimmt:
a 2 C 0 + a1C 0 + a 0 C 0 = b0 wk
334 11 Digitale Regelung
bzw.
b0 wk 0,024 ⋅ 2
C0 = − = =2.
a 2 + a1 + a 0 1 − 1,8 + 0,824
Damit ist die Gesamtlösung für k = 0, 1, 2, ... unter Beachtung von (11.16)

x k = x kh + x kpart = C 0 + C1 ⋅ z1k + C 2 ⋅ z 2k .
Die Anfangswerte sind bei k = 0 gegeben:
x0 = 0
dx k x − x0
≈ 1 = 0 bzw. x1 = 0.
dt k =0 TA

Setzen wir die Gesamtlösung xk in der Differenzengleichung (11.15) für k = 0 und k = 1 ein, so
ergeben sich zwei Gleichungen
 x 0 = 2 + C1 z 0 + C 2 z 0 = 0 C1 + C 2 = −2
1 2
 bzw. 
 x1 = 2 + C1 z1 + C 2 z 2 = 0 C1 z1 + C 2 z 2 = −2,
1 1

die zu folgenden Werten führen:


− 2z2 + 2 − 2 + 2 z1
C1 = = −1 + 0,8453 j und C 2 = = −1 − 0,8453 j .
z 2 − z1 z 2 − z1
Die Gesamtlösung

x k = 2 + (−1 + 0,8453 j ) ⋅ (0,9 + 0,1183 j ) k + (−1 − 0,8453 j ) ⋅ (0,9 − 0,1183 j ) k


ist im Bild 11.15 dargestellt.

2.5 MATLAB-Skript:

x(kT ) z1 = 0.9 + 0.1183i;


w= 2 z2 = 0.9 – 0.1183i;
2
c1 =(–2 * z2 + 2) / (z2 –
z1);

1.5 c2 =(–2 + 2* z1) / (z2 –


z1);

for k = 1:40
1
xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) +
c 2* (z2 ^ k)
0.5
bar (k, xk, ’w’)

hold on
0 end;
0 10 20 30 40
k
Bild 11.15 Sprungantwort des digitalen Kreises
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 335

11.4.5 Digitalisierung analoger Regelalgorithmen

Heutzutage wird der Anwender von der Aufstellen der Differenzengleichungen der
Regelalgorithmen verschont, da mehrere Programme und Funktionsbausteine preis-
wert angeboten und leicht zu testen sind. So werden nachfolgend nur die Grundlagen
der Umsetzung von zeitkontinuierlichen PID-Regelalgorithmen ins Zeitdiskrete kurz
dargestellt.
Unter den vielen möglichen Regelalgorithmen werden gegenwärtig vorwiegend die
analogen PI- und PID-Regler digitalisiert. Der kontinuierliche PID-Regelalgorithmus
de(t )

y R (t ) = K P e(t ) + K I e(t )d t + K D
dt
yP ( t ) yI ( t ) yD ( t )

entspricht einer Summe von drei Anteilen (P-, I- und D-Anteil):


y R (t ) = y P (t ) + y I (t ) + y D (t ) .

Nach dem Abtastprinzip wird die Regelgröße x(t) in Zeitabständen TA entnommen


und durch eine Reihe von Zahlenwerten x0, x1,..., xk−1, xk dargestellt (Bild 11.16).
Die Stellgröße yR(kTA) zum Zeitpunkt t = kTA, kurz yRk, wird als Funktion von Ein-
gängen e0, e1,..., ek−1, ek berechnet und ausgegeben. Sie setzt sich, wie bei analogen
Reglern, aus drei digitalisierten Anteilen zusammen:
y Rk = y Pk + y Ik + y Dk . (11.17)

Für die Zeitspanne dt wird die Abtastzeit TA gesetzt. Für den Grenzübergang TA → dt
geht die Summe in das Integral über und die Ableitung wird zum Differenzenquotient:
k
 ei + K D ⋅ TA (ek − ek −1 ) .
1
y Rk = K P ⋅ ek + K I ⋅ TA (11.18)
i =1

Hierin sind: ek = wk − xk die Regeldifferenz im k-ten Abtastschritt und yRk die im k-ten
Abtastschritt errechnete Stellgröße.
Der Regelalgorithmus nach Gl. (11.18) heißt Stellungsalgorithmus, da die Stellgröße
yRk für jeden Wert der Abtastzeit TA berechnet wird. Solche Algorithmen sind für die

x(t) xk

x2 xek-1 x2 xek-1
x1 xek x1 xek

0 0
2TA kTA t 2TA kTA t
TA TA

Bild 11.16 Durch Abtastung entstehende Folge xk aus dem kontinuierlichen Signal x(t)
336 11 Digitale Regelung

Regelstrecken mit großen Zeitkonstanten und entsprechend großen Abtastzeiten ge-


eignet, z. B. für Temperaturregelstrecken, bei denen TA 20 s und mehr betragen kann.
Bei der Regelung von Prozessen mit Abtastzeiten, die in der Größenordnung von eini-
gen ms liegen, z. B. bei Drehzahlregelungen, wird vielfach anstelle des Stellungsalgo-
rithmus der Geschwindigkeitsalgorithmus angewandt, der die aktuelle Stellgröße aus
dem Zuwachs ΔyRk = yRk − yRk-1 berechnet. Die Werte yRk und yRk-1 werden nach
Gl. (11.17) für den k- und (k−1)-ten Abtastschritt errechnet. Zur Berechnung der aktu-
ellen Stellgröße nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus soll nun ΔyRk berechnet und
zu dem im vorhergehenden Abtastschritt ermittelten yRk-1 addiert werden, d. h.
y Rk = y Rk −1 + Δy Rk .

Die Approximation der Integration und der Differentiation in der Gl. (11.18) kann
durch verschiedene Verfahren vorgenommen werden. Zur Ermittlung des I-Anteils yIk
der Stellgröße kann die Fläche unter der Treppenkurve, die das Integral von e(t) nach
darstellt, nach der Rechteck- und der Trapezregel, wie in Bild 11.17 gezeigt, angenä-
hert werden.
Analog Rechteckregel Trapezregel
ek
e(t) Elementar- ek Elementar-
Elementar-
Fläche Fläche= ei-1TA Fläche= 0,5(ei-1+ ei)TA

ek-1 ei e
e i-1 ek
e i-1 k-1
ek
e2 e2
e0 e 1 e0 e 1
0
t TA kTA t TA kTA t
dt TA TA

Analoger Algorithmus Nach Rechteckregel Nach Trapezregel

P-Anteil:

y P (t ) = K PR e(t ) y Pk = K PR ⋅ ek y Pk = K PR ⋅ ek

I-Anteil:
ei −1 + ei
Die i-te Elementarfläche: e i ⋅ TA ⋅ TA
2
K PR k K PR k ei −1 + ei
 
Das Integral
y Ik = ei TA = y Ik = TA =
K PR
y I (t ) =
Tn  e(t )dt Tn i =1 Tn i =1 2

T k T k
 
1
wird durch eine Summe = K PR A ei = K PR A (ei −1 + ei )
nachgebildet: Tn i =1 2 Tn i =1

Bild 11.17 Bildung der Summe aus der Folge e(t)


11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 337

In nachfolgender Tabelle ist die Ermittlung der Differenz ΔyRk für den PI-Regel-
algorithmus nach Rechteck- und Trapeznäherung gezeigt.

Rechteckregel Trapezregel
(Euler-Verfahren) (Tustin-Verfahren)
T k K PR TA k
y Rk = K PR ek + K PR A
Tn i =1

ei y Rk = K PR e k +
2 Tn i =1

(ei −1 + ei )

T k −1 K PR TA k −1
y Rk −1 = K PR e k −1 + K PR A 
Tn i =1
ei y Rk −1 = K PR e k −1 + 
2 Tn i =1
(ei −1 + ei )

Δy Rk = y Rk − y Rk −1
Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) + Δy Rk = K PR (ek − e k −1 ) +
 k k −1  K PR TA k

T
+ K PR A
Tn  
 e −
i ei 

+
2 Tn i =1
(ei −1 + ei )
 i =1 i =1 
K PR TA k −1

2 Tn i =1

(ei −1 + ei )

Unter Beachtung
 k k −1  k k −1

 e −
 i  ei  = e k
  (ei −1 + ei ) −  (ei−1 + ei ) = ek −1 + ek
 i =1 i =1  i =1 i =1

ergeben sich die Formel zur Berechnung der aktuellen Stellgröße


nach dem Geschwindigkeitsalgorithmus y Rk = y Rk −1 + Δy Rk :
Δy Rk = Δy Rk =
K PR TA K PR TA
= K PR (ek − e k −1 ) + ek = K PR (e k − ek −1 ) + (ek −1 + e k )
Tn 2Tn

Die Rechtecknäherung kann auf andere Art formuliert werden, nämlich mit dem Wert
der so genannten linken Intervallgrenze. Wie Bild 11.18 zeigt, richten sich damit die
abgetasteten Werte nicht nach der rechten ei, sondern nach der linken Seite ei−1 des
Rechtecks aus. Die Elementarfläche wird statt eiTA nun ei−1TA betragen. Wie auch
bei der rechten Intervallgrenze werden insgesamt k Elementarflächen addiert, aller-
dings muss k−1 statt k bzw. k−2 statt k−1 als obere Grenze bei den Summenzeichen in
obiger Tabelle eingesetzt werden. Damit erhält man den folgenden PI-Algorithmus
mit linker Intervallgrenze, der auch als Typ I genannt wird:
K PR TA
y Rk = y Rk −1 + Δy Rk = y Rk −1 + K PR (ek − e k −1 ) + e k −1 .
Tn
338 11 Digitale Regelung

Analoge Rechtecknäherung Rechtecknäherung


Regeldifferenz mit linker Intervallgrenze mit rechter Intervallgrenze
e(t) ek ek
rechte i-te Elementar- i-te Elementar-
linke Fläche= ei-1TA Fläche= eiTA
Grenze Grenze

dt ei-1 ei
t t
0 t 0 TA i TA kTA 0 TA i TA kTA

Bild 11.18 Rechtecknäherung mit linker und rechter Intervallgrenze

Der D-Anteil kann durch den Differenzenquotient mit der Zeitdifferenz TA


de(t ) Δe k
y D (t ) = K PR Tv  y Dk = K PR Tv
dt TA
auch auf zwei Arten angenähert werden:
• Mit der linken Intervallgrenze (so genannte Differenzbildung rückwärts, Typ I)
e − ek −1
y Dk = K PR Tv k
TA

• Mit der rechten Intervallgrenze (Differenzbildung vorwärts bzw. Typ II)


e − ek
y Dk = K PR Tv k +1 .
TA

Die Differenzbildung vorwärts wird selten benutzt, weil ein Wert ek+1 zum Zeitpunkt
t = kTA noch nicht bekannt ist und der D-Anteil yDk-1 nur verzögert um eine Abtast-
periode zum Zeitpunkt t = (k−1)TA berechnet werden kann. Die Programmierung von
Regelalgorithmen ist im Anhang erläutert und steht im OnlinePlus-Bereich des Ver-
lags zum Download zur Verfügung.
X Aufgabe 11.2

 e(t )dt mit K I = 2s


−1
Gegeben ist der analoge I-Algorithmus y (t ) = K I und e(t ) = 2t 2 .

Der Eingangssignal e(t) ist bei t > 0,5 auf maximalen Wert e(t) = 0,5 begrenzt. Gesucht ist der
Ausgangssignal des mit der Abtastzeit TA = 0,1 s digitalisierten Algorithmus für 0 ≤ t < 1.
X Aufgabe 11.3
Gegeben ist die Differentialgleichung einer analogen PI-Regeleinrichtung mit Verzögerung TR:
K PR
TR y R (t ) + y R (t ) = K PR e(t ) +
Tn  e(t ) dt .
Als Regler wird eine SPS mit der Abtastzeit TA verwendet. Gesucht ist der nach dem Typ I
digitalisierte Geschwindigkeitsalgorithmus.
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 339
X Aufgabe 11.4
Der PI-Regelalgorithmus mit den Kennwerten KPR = 1,5 und Tn = 2,0 s soll nach der Rechteck-
regel mit die Abtastzeit TA = 0,5 s digitalisiert werden. Wie groß wird die Stellgröße yR zum
Zeitpunkt t = 2,0 s nach einem Eingangssprung von e0 = 2 bei:
a) analogem Regler, b) digitalem Regler ?

In den zwei nachfolgenden Tabellen sind die Standard-Regelalgortithmen zusammen-


gefasst. Die Tabelle 11.1 enthält die Übertragungsfunktionen und Differentialglei-
chungen der analogen Regelalgorithmen. Anhand dieser Tabelle wurden die Differen-
zengleichungen erstellt und mittels Rekursionen gelöst. Daraus entstanden die digita-
lisierten Regelalgorithmen, die in Tabelle 11.2 gegeben sind.

Regler GR(s) Differentialgleichung Parameter


P GR ( s ) = K P y (t ) = K p e(t )
t


K KP
I GR ( s ) = I y (t ) = K I e(t )dt KI =
s Tn
0

D GR ( s ) = sK D y (t ) = K D e(t ) K D = K P Tv
t
K P (1 + sTn )

KP
PI GR ( s ) = y (t ) = K P e(t ) + K I e(t )dt KI =
sTn Tn
0

idealer GR ( s ) = K P + sK D T1 y (t ) + y (t ) = K P e(t ) + K D e(t ) K D = K P Tv


PD
realer
PD KP
sK D KI =
bzw. GR ( s ) = K P + T1 y + y (t ) = K P e(t ) + K D e + K pT1e Tn
1 + sT1
PD- K D = K P Tv
T1
GR ( s ) = K P + KI =
KP


idealer y (t ) = K P e + K I edt + K De Tn
KI
PID + + sK D
s K D = K P Tv

T1 y + y = ( K P + K IT1 )e

realer
GR ( s ) = K P +

+ K I edt +
KP
PID + ( K D + K PT1 )e KI =
bzw. KI sK D Tn
+ + bzw.
PID- s 1 + sT1 T1y + y = K I e + K D = K P Tv
T1
+ ( K P + K IT1 )e +
+ ( K D + K PT1 )e

Tabelle 11.1 Zusammenfassung der analogen Standard-Regelalgorithmen


340 11 Digitale Regelung

Regler GR(s) Differenzengleichung Parameter


P GR ( s ) = K P yk = K p ek
KI KP
I GR ( s ) = yk = yk −1 + K ITek −1 KI =
s Tn
KD
D GR ( s ) = sK D yk = (ek − ek −1 ) K D = K PTv
T
KI yk = yk −1 + c1 = K P c
PI GR ( s ) = K P + c* = 2
s + c1ek − c2ek −1 c2 = K P − K IT c1
K
c1 = K P + D
idealer GR ( s ) = K P + T c2
yk = c1ek − c2 ek −1 c* =
PD + sK D KD c1
c2 =
T
KD c2
c1 = K P + ; c* =
T + T1 c1
realer GR ( s ) = K P +
PD yk = d1 yk −1 + T1 KD
sK D c2 = K P + ;
bzw. + + c1ek − c2ek −1 T + T1 T + T1
1 + sT1
PD-T1 T1
d1 =
T + T1
KD c2
c1 = K P + ; c2* =
GR ( s ) = K P + T c1
idealer KI yk = yk −1 + c1ek − 2K D
+ + sK D c2 = K P + − K IT ;
PID s − c2ek −1 + c3ek − 2 T
K T c
c3 = D = K P v ; c3* = 3
T T c1
K PT  T1 + T T1 + Tv 
c1 = 1 + + 
T + T1  2Tn T 
K PT  T 2(T1 + Tn ) 
c2 =  − − 1
realer T + T1  2Tn T 
PID GR ( s ) = K P +
yk = d1 yk −1 − d 2 yk − 2 + K PT  T1 + Tv T 
bzw. KI sK D c3 =  − 1 
PID-
+ +
s 1 + sT1
+ c1ek + c2 ek −1 + c3ek − 2 T + T1  T 2Tn 
T1 T
d1 = 1 + 1
T + T1
T1
d2 =
T + T1

Tabelle 11.2 Zusammenfassung der digitalisierten Standard-Regelalgorithmen

Beim Erstellen von Tabellen 11.1 und 11.2 hat Dominik Herold, Student der Hochschule
Darmstadt, Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik, mitgewirkt (2008/09).
11.4 Beschreibung von Abtastsystemen im Zeitbereich 341

11.4.6 Stabilitätsbedingung für Abtastsysteme

Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn die Ausgangsgröße xa, k nach einem Eingang-
sprung zu einem Beharrungszustand übergeht. Mathematisch bedeutet es, dass die
Lösung (11.10) der homogenen Gl. (11.7) mit der Zeit t → ∞ bzw. k → ∞ verschwin-
det, d. h.
xa,h k =0.
bei k →∞

Dies ist für wachsende k und wachsende z ik nur dann möglich, wenn alle Beträge der
komplexen Wurzeln der charakteristischen Gleichung (11.9) kleiner Eins sind.
Daraus folgt die Stabilitätsbedingung eines Abtastsystems:
Ein Abtastsystem ist dann stabil, wenn alle Wurzeln der charakte- 
ristischen Gleichung (11.9) zu der Differenzgleichung (11.6) des 

geschlossenen Regelkreises vom Betrag kleiner Eins sind, d. h.  (11.19)

zi < 1 

Für Differenzengleichungen 1. Ordnung
a
a1 z + a 0 = 0 bzw. z + 0 = 0
a1
gilt die Stabilitätsbedingung (11.19) bei Koeffizienten
a0
< 1 bzw. − a1 < a 0 < a1 .
a1

Für Differenzengleichungen 2. Ordnung


a2 z 2 + a1z + a0 z 0 = 0
a1
mit dem Wert von a2 = 1, was bei a0 = 1
geschlossenen Regelkreisen häufig
der Fall ist, führt die Stabilitätsbe- 1,0
a1 = 1 + a0
dingung (11.19) zu
 a0 < 1
 (11.20) −1,0 0 1,0 a0
− 1 − a 0 < a1 < 1 + a 0 .
Bild 11.19 zeigt das entsprechende
Stabilitätsgebiet in der Ebene (a0, a1) a1 = −1− a0
der Koeffizienten der Differenzen- −1,0
gleichung.
Die Stabilitätskriterien werden in Bild 11.19 Stabilitätsgebiet für digitale
Abschnitt 11.5.5 behandelt. Regelkreise 2. Ordnung mit a2 = 1
342 11 Digitale Regelung

• Beispiel 11.8
Die Stabilität des in Beispiel 11.7 gegebenen Kreises mit charakteristischer Gl. (11.15)

z 2 + a1z1 + a0 z 0 = 0
soll für gegebene Kennwerte KPS = 0,8; T1 = 0,5 s und Tn = 1 s untersucht werden. Die Koeffi-
zienten sind nach Gln. (11.12) und (11.14) gegeben:
TA
a1 = −2
T1

TA K PR K PS TA2
a0 = 1 − + ⋅
T1 Tn T1
TA K K
Bezeichnen wir = b und PR PS = K 0 . Mit der vorgegebenen Abtastzeit TA = 0,1 s
T1 Tn
ergibt sich der kritische Wert von KPR (s. Bild 11.20) aus der Stabilitätsbedingung (11.20) zu
Tn
a0 < 1  1 − b + K 0 ⋅ b ⋅ TA < 1  K PR <  K PRkr = 12,5
K PSTA
Ist dagegen KPR vorgegeben, z. B. KPR = 5 bzw. K0 = 4, wird die kritische Abtastzeit ermittelt:
1 Tn 1s
a0 < 1  TA <  TA < =  TAkr = 0,25 s
K0 K PR K PS 5 ⋅ 0,8

a1 < 1 + a0  b − 2 < 1 + 1 − b + b 2 K 0T1  b 2 − b − 2 > 0  TAkr = 2T1 .

Aus der letzten Bedingung folgt TAkr = 1,0 s. Die Bedingung a1 < −1− a0 liefert die Lösung
TA > 0. Normalerweise wird für die Abtastzeit der kleinste Wert gewählt; d. h. TA < 0,25 s.

1.4 2.5
x(kT) KK =1,5
PR
= 1,5 x(kT) K = 13
PR PR
1.2 2

1
1.5

0.8
1
0.6
0.5
0.4

0
0.2

0 -0.5
0 10 20 30 40 50 60 0 10 20 30 40 50 60
k k

Bild 11.20 Sprungantworten des digitalen Regelkreises bestehend aus dem PI-Regler und einer
P-T2-Strecke bei einem Einheits-Eingangssprung der Führungsgröße
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 343

11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich

11.5.1 Die z-Transformation

In zeitkontinuierlichen Regelkreisen wirkt ein analoger Signal auf den Eingang eines
kontinuierlichen Elements. Die kontinuierliche Funktionen f(t) werden nach Laplace
transformiert.

 f (t ) ⋅ e
− st
f (s) = ⋅ dt (11.21)
−∞
In digitalen Regelkreisen wirkt eine Impulsfolge auf den Eingang eines kontinuierli-
chen Elements:

( f k ) = f 0 ⋅ δ (t ) + f1 ⋅ δ (t − T ) + f 2 ⋅ δ (t − 2T ) + ... =  fk ⋅ δ (t − kT )
k =0
Es entsteht eine zeitdiskrete und wertediskrete Signalfolge. Die Zeit ist durch die Ab-
tastung t = kTA bzw. t = kT diskretisiert. Die Impulse δ(t−kT) sind zeitlich voneinander
um die Abtastzeit verschoben. Die Funktion f(t) wird durch die Folge fk bzw. die fol-
gende Summe dargestellt:

f (t ) = f ( kT ) =  f k δ (t − kT )
k =0

Da die Laplace-Transformation eines einzelnen Impulses ist


δ(t−kT) c−−¦ L[δ (t − kT )] = e − skT ,

wird die Funktion f(t) bzw. die Summe von Impulsen wie folgt Laplace-transformiert:
∞ ∞

 f k δ (t − kT ) c−−¦
 fk e−kT ⋅s .
k =0 k =0

Für die zeitdiskrete Signalfolge kann die Laplace-Transformation mit dem Ansatz
z = e sT bzw. z −1 = e − sT (11.22)
angewendet werden. Sie wird diskrete Laplace-Transformation oder z-Transformation
genannt und wird durch Z [z] oder symbolisch wie bei kontinuierlichen Systemen
bezeichnet:
t c−−¦ kT

f (t ) c−−¦ f (t ) =  fk ⋅ e− skT
k =0
344 11 Digitale Regelung

Dasselbe gilt für die Rücktransformationen bzw. Z−1 [z]:



f (kT ) ¦−−c f ( z) =  fk z −k
k =0
Wie die Laplace-Transformation wird die z-Transformation durch Sätze und Rechen-
regeln definiert. Unten in der Tabelle sind nur einige wichtige Funktionen dargestellt.

Zeitfunktion Laplace-Transformierte z-Transformierte


u(t) L[u(t)] = U(s) Z[u(k)] = Uz(z)

Dirac-Impuls δ (t )
L[δ (t )] = 1 1
bei t = 0
k
0 1 2
Dirac-Impuls bei t = kT
δ (t − kT )
L[δ (t − kT )] = e − kT z −k
k
0 1 2

Rechteckimpuls a0δ (t )
a0 L[σ (t ) − σ (t − T )] =
a a0
a (1 − e − sT )
T
der Höhe 0 bei t = 0
T T
k = 0 T
0 1 2 T
Rechteckimpuls
a1δ (t − kT ) a1
a a1 − k
T
T L[a1δ (t − kT )] = 1 e − skT z
a T T
der Höhe 1 bei t = kT 0 1 2
k
T

Einheitssprung σ (t ) = 1 1 1 z
L[σ (t )] =
bei t = 0 s z −1
k
0 1 2

Einheitssprung σ (t ) = 1 1 − sT z 1
⋅ z −1 =
1
L[σ (t − kT )] = e
bei t = T k s z −1 z −1
0 1 2

1 Tz
Anstiegfunktion u (t ) = t L[t ] =
1
k
s2 ( z − 1) 2
0 1234
T
Exponente −
T1
t
1
L[u (t )] =
1 (1 − e )z

T1 s (1 + sT1 ) −
T
u (t ) = 1 − e k T1
0 1234 ( z − 1)( z − e )
Im Anhang sind die Sätze der z-Transformation komplett aufgeführt sowie die Zeit-
funktionen f(t), die Laplace-Transformierten f(s) und die z-Transformierten f(z) ge-
genübergestellt. Die z-Rücktransformation für die Funktionen, die in dieser Tabelle
nicht vorhanden sind, erfolgt, wie bei Laplace-Rücktransformation, mit Hilfe der Par-
tialbruchzerlegung.
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 345

Einige häufig auftretende Regeln für Funktion f(t) bzw.


Z [ f (t )] = Fz ( z )

sind unten aufgelistet:


• Verschiebung im Zeitbereich:
1
xk −1 c−−¦ X z ( z ) bzw. z −1 X z ( z )
z
xk c−−¦ X z ( z)

xk +1 c−−¦ zX z ( z ) bzw. z +1 X z ( z )

• Differenzbildung im Zeitbereich f(t) − f(t−TA):


 1
( f k ) − ( f k −1 ) c−−¦ 1 −  Fz ( z )
 z
• Summation im Zeitbereich
z
( f 0 ), ( f 0 + f1 ), ( f 0 + f1 + f 2 ),... c−−¦ Fz ( z )
z −1
• Beispiel 11.9
Gegeben ist die z-Transformierte eines Ausgangssignals y(t):
3z 5z
a) Yz ( z ) = ; b) Yz ( z ) =
z −1 z − 0,2
Gesucht ist die zugehörige Wertefolge (yk).
Zu a): Laut Korrespondenztabelle gilt für Eingangsprung σ(t) =1
1 z
Z  = ,
 
s z − 1

d. h. der gegebene Signal y(t) stellt einen Eingangsprung von der Höhe σ(t) =3. Daraus folgt für
die zeitdiskrete Wertefolge yk = 3.
z
Zu b): Laut Korrespondenztabelle gilt Z [e − at ] = .
z − e − aT
Nach Anpassung an die gegebene Funktion
e − aT = p  ln e − aT = ln p  − aT = ln p  a = − ln p
T
ergeben sich die z-Transformation
Z [e − at ] = Z [e − akT ] = Z [ p k ]

und die gesuchte Folge:

yk = 5 ⋅ (0,2) k .
346 11 Digitale Regelung

11.5.2 Die z-Übertragungsfunktionen

Das Konzept der Digitalisierung und die Transformationen für ein LZI-Glied sind in
Bild 11.21 schematisch dargestellt. Auf den Eingang des kontinuierlichen Gliedes
wirkt die Eingangssfolge
xe (kTA ) = 1 ,
die aus einem mit der Abtastzeit TA digitalisierten Eingangssprung entsteht. Analog
der Laplace-Transformation x(s) = L[x(t)] kann die z-Transformierte des Ausgangs-
signals xa(z) = Z[xa(kTA)] als Reaktion des Elements auf das Eingangssignal
xe(z) = L[xe(kTA)] mittels z-Übertragungsfunktion beschrieben werden:
xa ( z ) = G ( z ) ⋅ xe ( z ) (11.23)

Um die z-Übertragungsfunktion GS(z) aus der „analogen“ Übertragungsfunktion GS(s)


zu ermitteln, wird der Eingang als Folge von idealen Eingangsimpulsfunktion δ(t)
betrachtet. Die Reaktion des Gliedes auf ein Impuls δ (t) ist die Gewichtsfunktion g(t).
Durch die Folge der Gewichtsfunktionen g(kTA) wird das Ausgangssignal xa(kTA)
beschrieben und z-transformiert. Aus (11.23) folgt dann die z-Übertragungsfunktion.

xe(s) = L [xe(t)] x (s) xa(s) = L [xa(t)]


G( s) = a
xe ( s )

Laplace-Transformation

xe(t) xa(t)

t t
Differential- Bild 11.21 Schematische
gleichung Darstellung von Transfor-
mationen eines kontinuier-
Digitalisierung lichen LZI-Gliedes in ana-
xe(kTA) xa(kTA)
logen und digitalen Regel-
kreisen
kTA Differenzen- kTA
gleichung

z -Transformation

xe(z) = Z [xe(kTA)] x ( z) xa(z) = Z [xa(kTA)]


G( z) = a
xe ( z )

Der Zusammenhang zwischen einer Differenzengleichung ( m ≤ n ; k = 0,1,2,... )


anvk − n + ... + a2vk − 2 + a1vk −1 + a0vk = bmuk − m + ... + b1uk −1 + b0uk (11.24)
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 347

und entsprechenden z-Übertragungsfunktionen kann hergeleitet, indem man die bei-


den Seiten der Gl. (11.24) unter Beachtung des Verschiebungssatzes z-transformiert:
vk c−−¦ Vz (z ) uk c−−¦ U z (z )

vk −1 c−−¦ z −1Vz ( z ) uk −1 c−−¦ z −1U z ( z )

vk − 2 c−−¦ z −2Vz ( z ) uk − 2 c−−¦ z −2U z ( z )

Es ergibt sich
an z − nV z ( z ) + ... + a1z −1V z ( z ) + a0Vz ( z ) = bm z − mU z ( z ) + ... + b1z −1U z ( z ) + b0U z ( z )

( an z − n + ... + a1 z −1 + a0 )V z ( z ) = (bm z − m + ... + b1 z −1 + b0 )U z ( z ) ,

was zur folgenden Übertragungsfunktion resultiert:


V ( z ) bm z − m + ... + b1z −1 + b0 Z ( z )
Gz ( z ) = z = = .
U z ( z ) an z − n + ... + a1z −1 + a0 N ( z )
Nach der Multiplikation des Zählers und des Nenner mit zn wird daraus
V ( z ) b0 z n + b1z n −1 + ... + bm z n − m Z ( z )
Gz ( z ) = z = n = .
U z (z) z + a1z n −1 + ... + a1z + a0 N (z)
Ermittelt man die Polstellen zp1, zp2, ... zpn aus der charakteristischen Gleichung
Z(z) =0 und die Nullstellen z01, z02, ... zol aus der Gleichung Z(z) = 0, kann die Über-
tragungsfunktionen durch Linearfaktoren dargestellt werden:
Vz ( z ) ( z − z01 )( z − z02 )...( z − z0l ) Z ( z )
Gz ( z ) = = b0 = mit l = n − m
U z ( z) ( z − z p1 )( z − z p 2 )...( z − z pn ) N ( z )

• Beispiel 11.10
(xk) 4 Gegeben: Die Wertefolgen
(wk) 4
der Regelgröße (xk) und der
3 3 Führungsgröße (wk).
2 2 Gesucht: Die z-Übertra-
1
gungsfunktion
1
X z ( z)
0 1 2 3 k 0 1 2 3 k Gz ( z ) = .
Wz ( z )

Lösung: Wz ( z ) = 2 z 0 + 2 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3

X z ( z ) = 4 z 0 + 3 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3

X z ( z ) 4 + 3 z −1 + 2 z −2 + 2 z −3 4 z 3 + 3z 2 + 2 z + 2
Gz ( z ) = = bzw. G z ( z ) =
Wz ( z ) 2 + 2 z −1 + 2 z − 2 + 2 z − 3 2z3 + 2z 2 + 2z + 2
348 11 Digitale Regelung

11.5.3 Digitale Übertragungsfunktionen von einzelnen Elementen

In einem digitalen Regelkreis sind die kontinuierlichen Elemente mit den digitalen
Elementen verknüpft. Wie bei analogen Systemen ist die Darstellung von allen Ele-
menten des Regelkreises mit z-Übertragungsfunktionen möglich, jedoch nachfolgend
werden die Übertragungsfunktionen von Reglern und Regelstrecken nach verschiede-
nen Ansätzen erstellt.
Zunächst wird angenommen, dass ein digitaler Regelkreis aus folgenden Elementen
besteht, wie in Bild 11.22 gezeigt ist: Regler, Strecke, A/D-Wandler (Abtaster) und
D/A-Wandler (Halter). Der digitale Regler wird gemeinsam mit dem Abtaster als rein
digitaler Element betrachtet. Die kontinuierliche Regelstrecke wird gemeinsam mit
dem Halteglied auch als digitaler Element betrachtet. Die z-Übertragungsfunktion
einer Reihenschaltung der analogen Regelstrecke mit dem digitalen Halteglied wird
GHS(z) bezeichnet und als z-Transformierte von GHS(s) ermittelt wird:
G HS ( z ) = Z [G HS ( s )] = Z [G H ( s ) GS ( s )] . (11.25)

w(t) e(t) e(kTA) Regel- yR(kTA) x(t)


Regel-
Abtaster Halteglied
+ algorithmus strecke

Laplace-Transformation

yR(s) x(s)
Bild 11.22 Wirkungsplan eines digitalen GH(s) GS(s)
Regelkreises im Zeitbereich und die
schematische Darstellung von Transfor-
mationen einer Verknüpfung: z-Transformation
G HS ( s ) = G H ( s ) GS ( s )
yR(z) x(z)
G HS ( z ) = G H ( z ) GS ( z ) GHS(z)

a) Digitale Übertragungsfunktionen von digitalen Elementen (Reglern)

Ein digitaler Regler hat am Eingang


ek yk und am Ausgang (Bild 11.23) die
zeitdiskreten Folgen der Regeldiffe-
renz (ek) und der Stellgröße (yk), die
0 1 2 k GR(z) 0 1 2 k nach der z-Transformation zur Ez(z)
und Yz(z) umgewandelt werden, wor-
aus die Übertragungsfunktion des
Bild 11.23 Darstellung eines digitalen Reglers Reglers folgt:
mit Wertefolgen und z-Übertragungsfunktion Yz ( z ) = GR ( z ) E z ( z )
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 349

Die z-Übertragungsfunktionen von Standard-Regelalgorithmen sind unten aufgeführt.

Regler GR(s) GR(z) Parameter

P GR ( s ) = K P GR ( z ) = K p
KI KIT KP
I GR ( s ) = GR ( z ) = KI =
s z −1 Tn
KD z −1
D GR ( s ) = sK D GR ( z ) = ⋅ K D = K PTv
T z
KI c ( z − c* ) c1 = K P c
PI GR ( s) = K P + GR ( z ) = 1 c* = 2
s z −1 c2 = K P − K IT c1
K
c1 = K P + D
idealer GR ( s ) = K P + c ( z − c* ) T c
GR ( z ) = 1 c* = 2
PD + sK D z KD c1
c2 =
T
KD c
c1 = K P + ; c* = 2
T + T1 c1
realer GR ( s ) = K P +
PD c ( z − c* ) c2 = K P
T1
+
KD
sK D GR ( z ) = 1 T + T1 T + T1
;
bzw. + z − d1
1 + sT1
PD-T1 T1
d1 =
T + T1

KD c2
c1 = K P + ; c2* =
GR ( s ) = K P + T c1
c ( z 2 − c2* z + c3* )
idealer K GR ( z ) = 1 2K D
+ I + sK D z ( z − 1) c2 = K P + − K IT ;
PID s T
K T c
c3 = D = K P v ; c3* = 3
T T c1

K PT  T1 + T T1 + Tv 
c1 = 1 + + 
T + T1  2Tn T 
K PT  T 2(T1 + Tn ) 
c2 =  − − 1
realer T + T1  2Tn T 
PID GR ( s ) = K P + c ( z 2 + c*2 z + c3* )
GR ( z ) = 1 2 K T  T + Tv T 
bzw.
+
KI
+
sK D z − zd1 − d 2 c3 = P  1 − 1 
PID- s 1 + sT1 T + T1  T 2Tn 
T1 T1
d1 = 1 +
T + T1
T1
d2 =
T + T1
350 11 Digitale Regelung

b) Digitale Übertragungsfunktionen von kontinuierlichen Elementen (Strecken)


Eine kontinuierliche Strecke GS(s) wird gemeinsam mit einem Halteglied GH(s) be-
trachtet. Setzt man die Übertragungsfunktion des Haltegliedes
1 − e − sTA
GH ( s) = . (11.26)
s
in die Gl. (11.25), so ergibt sich nach der z-Transformation
1 − e − sTA   G (s)   e − sTA 
G HS ( z ) = Z  ⋅ GS ( s ) = Z  S  − Z  ⋅ GS ( s ) .
 s   s   s 
Aus dem Verschiebungssatz der z-Transformation (s. Anhang) folgt, dass eine Ver-
schiebung um TA im Zeitbereich einer Multiplikation im z-Bereich entspricht, d. h.

 G (s)   e − sTA   G ( s) 
Z  S −Z  ⋅ GS ( s ) = (1 − z −1 ) ⋅ Z  S  .
 s   s   s 
Daraus ergibt sich die z-Übertragungsfunktion GHS(z) der Strecke mit dem Halteglied:
z −1  G (s) 
G HS ( z ) = ⋅Z  S . (11.27)
z  s 
• Beispiel 11.11
Für eine P-T1-Strecke mit Halteglied
K PS
GS ( s ) =
1 + sT1

soll die z-Übertragungsfunktion ermittelt werden.


Mit Halteglied GH(s) wird die Strecke GS(s) im z-Bereich nach (11.27) wie folgt abgebildet

z −1  K PS 
G HS ( z ) = ⋅Z  .
z  s (1 + sT1 ) 
Gemäß der Beziehung 10 der Korrespondenztabelle für z-Transformation wird:

z −1 (1 − e − k1 ) ⋅ z 1 − e − k1 T
GHS ( z ) = ⋅ K PS ⋅ − k
= K PS ⋅ − k
mit k1 = A
z ( z − 1)( z − e 1 ) z −e 1 T1

−k
Mit Bezeichnungen sowie a1 = e 1 und b0 = 1 − a1 resultiert die gesuchte Übertragungs-
funktion der P-T1-Strecke mit dem Halteglied zu
b0
G HS ( z ) = K PS .
z − a1
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 351

11.5.4 Digitale Führungsübertragungsfunktionen

Für Grundschaltungen von Regelkreiselementen (Reihen-, Parallel-, Kreisschaltung)


gelten für z-Übertragungsfunktionen die gleichen Regeln wie im analogen Fall. Aller-
dings dürfen die Abtast- und Halteglieder im Kreis nicht beliebig verschoben werden,
wie es für Glieder eines analogen Kreises der Fall ist.
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises (Bild 11.22) mit dem
digitalen Regler GR(z) und der Reihenschaltung Halteglied/Regelstrecke GHS(z) lautet
G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) .

Daraus folgt die Führungsübertragungsfunktion im z-Bereich


x( z ) G0 ( z )
Gw ( z) = = .
w( z ) 1 + G0 ( z )

• Beispiel 11.12
Es soll die Führungsübertragungsfunktion eines Regelkreises, bestehend aus einer P-T1-Strecke
K PS
GS ( s ) =
1 + sT1
und einem digitalen P-Regler mit der Abtastzeit TA ermittelt werden.
Die Übertragungsfunktion der P-T1-Regelstrecke mit Halteglied wurde bereits im Beispiel
11.11 im z-Bereich transformiert:
T
− A
T1
1− e
G HS ( z ) = K PS ⋅ .
T
− A
T1
z −e
Die z-Übertragungsfunktion des digitalen P-Reglers ist
G R ( z ) = K PR .

Damit ist z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises


T
− A
T1
1− e
G0 ( z ) = G R ( z )G HS ( z ) = K PR K PS ⋅ .
T
− A
T1
z−e
Daraus folgt die z-Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
352 11 Digitale Regelung
T
− A
T1
G0 ( z ) 1− e
Gw ( z) = = K PR K PS ,
1 + G0 ( z ) T
− A
T
− A
T1 T1
z −e + K PR K PS (1 − e )

die mit Bezeichnungen


T
− A
K 0 = K PR K PS ; k1 = e T1
; a1 = e − k1 ; b0 = 1 − a1 und a 0 = b0 K 0 − a1

vereinfacht dargestellt werden kann:


b0
Gw ( z) = K 0 .
z − a0
Die mit MATLAB simulierte Sprungantwort mit Kennwerten KPS = 0,8; T1 = 0,5 s; KPR = 1,5
und TA = 0,1 s bei einem Einheitssprung der Führungsgröße ist in Bild 11.24 gezeigt.

0 .7 MATLAB-Skript
x (k T )
0 .6 T1 = 0.5;
TA = 0.1;
0 .5 KPS = 0.8;
KPR = 1.5;
0 .4 a1 = exp (–TA/T1);
K0 = KPR * KPS;
0 .3 b0 = 1– a1;
a0 = b0*K0 – a1;
0 .2 num = [b0*K0];

0 .1 den = [1 −a0];
0 dstep (num, den, ’k’);
0 2 4 6 8 10 12 14
k

Bild 11.24 Sprungantwort des digitalen Kreises bestehend


aus P-Regler mit P-T1-Strecke

11.5.5 Stabilitätskriterien für digitale Regelkreise

a) Stabilitätsbedingung im z-Bereich
Ein kontinuierlicher Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der Übertragungs-
funktion in der linken Hälfte der s-Ebene liegen, d. h. wenn alle Pole einen negativen
Realteil haben.
Diese Stabilitätsbedingung ist allgemein und gilt auch für digitale Systeme. Da diese
durch die z-Übertragungsfunktionen beschrieben werden, soll die Lage der Pole im z-
Bereich untersucht werden. Die komplexe s-Ebene (Bild 11.25) soll dafür in die kom-
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 353

plexe z-Ebene abgebildet werden. Diese Abbildung kann aus Ansätzen für die Lapla-
ce-Transformation und z-Transformation für − ∞ < ω < + ∞ hergeleitet werden:
s = σ + jω  z = e sTA
Polstellen in s-Ebene σ z Abbildung in z-Ebene
σ =0 jωTA Einheitskreis r = 1
Imaginäre Achse z=e
σTA
Kreise mit dem Radius r = e <1
Linke s-Halbebene σ <0 z = eσTA e jωTA
innerhalb des Einheitskreises
Rechte s-Halbebene σT
Kreise mit dem Radius r = e A > 1
σ >0 z = eσTA e jωTA
außerhalb des Einheitskreises

jω Im
ω =+∞
σ<0 σ>0 r< 1 r> 1
stabil instabil stabil 1,0 instabil

Stabilitätsgrenze bei σ = 0
Stabilitäts-
grenze bei r= 1
r

ωA =
TA 0 σ −1,0 0 1,0 Re

ω
s-Ebene z-Ebene
ω =−∞

Bild 11.25 Zusammenhang zwischen s-Ebene und z-Ebene

Die Stabilitätsbedingung im z-Bereich lautet:


Ein digitaler Regelkreis wird dann stabil, wenn alle Pole der z-Über- 

tragungsfunktion innerhalb des Einheitskreises der z-Ebene liegen, d. h. 
wenn alle Pole einen Betrag kleiner Eins haben. 

Allerdings ist die Abbildung der imaginären Achse der s-Ebene in einen Einheitskreis
der z-Ebene wegen des periodischen Charakters der Fourier-Transformation nur für
π π
einen begrenzten Frequenzbereich von − <ω < eindeutig.
TA TA
• Beispiel 11.13
Es soll die Stabilität eines digitalen Regelkreises mit der folgenden Führungsübertragungsfunk-
tion untersucht werden (s. Beispiel 11.12):
T
− A
T1
K PR K PS (1 − e ) Z ( z)
Gw ( z) = = .
T T N ( z)
− A − A
T1 T1
z −e + K PR K PS (1 − e )
354 11 Digitale Regelung
Die charakteristische Gleichung N(z) = 0 hat einen reellen Pol
T
− A
T1
z1 = e (1 + K PR K PS ) − K PR K PS bzw. z1 = a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS .
Bei z1 < 1 wird der Kreis stabil. Die Stabilitätsgrenze liegt bei z1 = 1 bzw. bei
a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = 1 (11.28)

a (1 + K PR K PS ) − K PR K PS = −1 . (11.29)
Da die Bedingung (11.31) entfällt, ergibt sich aus der Gl. (11.29) die Stabilitätsgrenze zu
TA

1 1+ a
K PRkr = ⋅ , mit a = e T1 .
K PS 1 − a

b) w-Transformation
Um die imaginäre Achse der s-Ebene für digitale Signale eindeutig abzubilden, wird
neben dem Ansatz (11.22) z = e jωTA (z-Transformation) ein weiterer Ansatz
1+ w
z= (11.30)
1− w
eingeführt. Diese bilineare Transformation ist als w-Transformation bekannt. Das
Innere des Einheitskreises der z-Ebene wird damit in die linke Halbebene der w-
Ebenen transformiert (Bild 11.26).
Im(z) Im(w)

r> 1 ω ⏐z ⏐ > 1
1,0 instabil instabil

r< 1 Stabilitätsgrenze ⏐z ⏐ < 1 Stabilitätsgrenze


stabil bei r = 1 stabil bei ⏐z ⏐ = 1
r

−1,0 0 1,0 Re(z) 0 Re(w)

ω z-Ebene w-Ebene

Bild 11.26 Zusammenhang zwischen z-Ebene und w-Ebene

Durch das Einsetzen von (11.30) in die Differenzengleichung (11.7) und Multiplikati-
on mit (1 − w) n kann die charakteristische Gleichung (11.9)

P ( z ) = a n z n + a n −1 z n−1 + ... + a1 z 1 + a 0 z 0 = 0
11.5 Beschreibung von digitalen Systemen im z-Bereich 355

in eine neue Polynomgleichung transformiert werden:


P ( w) = An w n + An −1 w n−1 + ... + A1 w1 + A0 w 0 = 0 . (11.31)

Unten sind die Koeffizienten Ai der Gl. (11.31) für Systeme mit n = 1, 2, 3 aufgelistet.

n A0 A1 A2 A3
1 a0 + a1 − a0 + a1 - -
2 a0 + a1+ a2 − 2a0 + 2a2 a0 − a1+ a2 -
− a0 + a1 − a2 +
3 a0 + a1+ a2 + a3 − 3 a0 − a1 + a2 + 3 a3 3a0 − a1 − a2 + 3a3
+a3

c) Hurwitz-Stabilitätskriterium
Durch die w-Transformation gelingt es, das Stabilitätskriterium nach Hurwitz, wie bei
analogen Systemen, anzuwenden:
Für Stabilität eines digitalen Regelkreises müssen alle Koeffizienten Ai der 
charakteristischen Gleichung P(w) = 0 (11.31) vorhanden und größer Null 

sein, d. h. Ai ≠ 0 und Ai > 0 für i = 1, 2, ..., n. 
Beispielsweise kann man für das System 2. Ordnung
P ( z ) = a 2 z 2 + a1 z + a 0 = 0 bzw.

P ( w) = A2 w 2 + A1 w + A0 = 0
nach Hurwitz-Kriterium die Stabilitätsbedingungen (11.20) aus der obigen Tabelle für
a2 = 1 herleiten:
 A2 = a 0 − a1 + 1 > 0  a1 < 1 + a 0
 
 A1 = − 2a 0 + 2 > 0   a0 < 1
A = a + a + 1 > 0  a > −1 − a .
 0 0 1  1 0

d) Nyquist-Stabilitätskriterium
Wie im analogen Fall kann das Stabilitätskriterium nach Nyquist auch für digitale
Systeme durch die Winkeländerung des Zeigers [1+G0( jω)] im Bereich ω = 0 ... ∞
abhängig von der Polverteilung von G0(z) gezeigt werden. Im digitalen Fall wird je-
doch der Frequenzbereich 0 ≤ ω ≤ ∞ durch einen Streifen 0 ≤ ω ≤ ωA ersetzt, wobei
ωA = 2π / TA ist. Die vereinfachte Fassung des Nyquist-Kriterium für den Fall, dass
die Übertragungsfunktion G0(z) keine Pole außerhalb des Einheitskreises der z-Ebene
besitzt, lautet:
356 11 Digitale Regelung

Der geschlossene digitale Regelkreis ist genau dann stabil, wenn der vom 

kritischen Punkt (−1, j0) an die Ortskurve G0( jω) gezogene Fahrstrahl 

beim Durchlaufen der Ortskurve im Bereich 0 ≤ ω ≤ ωA eine Winkelände- 
rung von Δϕ = 0 beschreibt.
e) Wurzelortskurve
Das in Kapitel 7 für kontinuierliche Regelkreise beschriebene WOK-Verfahren in der
s-Ebene kann ebenso auf diskrete Regelkreise in der z-Ebene angewandt werden. Da-
für soll die z-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises G0(z) in Linearfak-
toren zerlegt vorliegen:
( z − z N1 ) ( z − z N 2 )...( z − z Nm )
G0 ( z ) = K .
( z − z P1 ) ( z − z P 2 )...( z − z Pn )
Darin sind z Ni (i = 1, 2, …, m) Nullstellen und z Pj ( j = 1, 2, …, n) Polstellen der
Übertragungsfunktion G0(z) in der z-Ebene. Die Stabilität wird wie im kontinuierli-
chen Fall untersucht. Ein mit MATLAB erzeugtes Beispiel ist im Bild 11.27 darge-
stellt.

MATLAB-Skript

B1 = 2;
B0 = − 1;
A2 = 1;
A1 = −0.67−0.82;
A0 = 0.67 * 0.82;
num =[B1 −B0 ];
den=[A2, A1, A0]
zgrid ('new');
rlocus(num, den)

b1 z − b0
Bild 11.27 WOK eines Regelkreises G0 ( z ) = K mit P-Regler und P-T2-
( z − a1 )( z − a 2 )
Strecke mit K0 = 1,2; b1 = 1,67; b0 = 0,82; a1 = 0,67; a2 = 0,82. Mit dem Befehl k = locfind
(num, den) wird Kkr = 0,57 als Schnittpunkt der WOK mit dem Einheitskreis abgelesen.
357

12 Intelligente Regelung

Unter intelligenten Regelsystemen versteht man Systeme mit Elementen (z. B. Regler,
Messfühler), die zwecks optimaler Prozessführung mit eigenen mathematischen oder
logischen Algorithmen, d. h. mit eigenen CPU’s und Speichern, ausgestattet sind.
Solche Elemente reagieren flexibel auf mögliche Fehler und Parameteränderungen.
Nachfolgend werden die intelligenten Regelalgorithmen in zwei Gruppen eingeteilt:
• modellbasierte Regelalgorithmen, die das mathematische Streckenmodell als Be-
standteil des Reglers enthalten;
• wissensbasierte Regelalgorithmen, die experimentell aus der Analogie mit biolo-
gischen Systemen oder menschlichem Verhalten gewonnen werden.

12.1 Modellbasierte Regelung


Mit einem Mikroprozessor, einem PC oder einer SPS als Regler ist man nicht mehr an
die klassischen PID-Algorithmen gebunden und kann die komplizierteren Regelalgo-
rithmen entwickeln. In erster Linie versucht man das Modell der Regelstrecke in ei-
nem Regelalgorithmus zu berücksichtigen, um die Eigenschaften der Strecke noch vor
dem Eintreten eines Störsignals bzw. vor der Bildung der Stellgröße zu berücksichti-
gen. Voraussetzung sind, dass ein exaktes Modell der Strecke vorliegt und dass die
Antwortzeit des Reglers durch die Bearbeitung des Algorithmus nicht drastisch ver-
zögert wird. Solche Verfahren, bei denen das Streckenmodell ein Bestandteil des Reg-
lers ist, nennt man modellbasierte Verfahren.

12.1.1 Kompensationsregler

Das Konzept der Kompensationsregelung ist sehr einfach, nämlich die Übertragungs-
funktion der Strecke GS(s) soll durch die des Reglers GR(s) so kompensiert werden,
dass daraus eine gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) des geschlossenen Regel-
kreises entsteht. Der Kompensationsregler GR(s) besteht also aus zwei Teilen. Der
erste Teil beinhaltet die reziproke Übertragungsfunktion 1/GS(s), mit dem die Über-
tragungsfunktion der Strecke GS(s) kompensiert wird. Der zweite Teil wird anhand
der gewünschten Übertragungsfunktion GM(s) bestimmt:
G R ( s ) GS ( s )
Gw (s) = = GM (s) (12.1)
1 + G R ( s )GS ( s )

Aus Gl. (12.1) folgt die Übertragungsfunktion des Reglers (Bild 12.1):
GM (s) 1
GR ( s) = ⋅ . (12.2)
1 − G M ( s ) GS ( s )

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_12,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
358 12 Intelligente Regelung

Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises hängt nicht mehr von der
Strecke ab:
GM ( s) 1 GM ( s)
G0 ( s ) = G R ( s )GS ( s ) = ⋅ ⋅ GS ( s ) = . (12.3)
1 − G M ( s ) GS ( s ) 1 − GM (s)

Regler Strecke
+ x
w 1 Bild 12.1 Wirkungsplan
GM GS des Regelkreises mit
+ + GS
– Kompensationsregler

Der Kompensationsregler nach (12.2) ist nur für Führungsverhalten und nur für stabi-
le Strecken mit Ausgleich und ohne Totzeit anwendbar. Bei der Wahl der gewünsch-
ten Übertragungsfunktion GM(s) soll berücksichtigt werden, dass das Nennerpolynom
der Gl. (12.3) keine Polstellen in der rechten s-Halbebene besitzen darf.
Das Kompensationsprinzip hat folgender Nachteil: die Zeitkontanten der industriellen
Regelstrecken führen bei der reziproken Übertragungsfunktion der Strecke zu mehre-
ren differenzierenden Anteilen des Reglers. Die D-Anteile erschweren die Realisie-
rung des modellbasierten Reglers und verschlechtern die Regelung.
• Beispiel 12.1
Gegeben: a) Die Parameter der P-T2-Regelstrecke KPS = 5, T1 = 1,25 s, T2 = 0,2 s;
b) Die gewünschte Übertragungsfunktion des Regelkreises mit Tw = 0,02 s
1
GM ( s ) = .
(1 + sTw ) 2
Gesucht: die Übertragungsfunktion des Kompensationsreglers.
Die Lösung erfolgt nach Gl. (12.2)
1 (1 + sT1 )(1 + sT2 ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )
GR ( s) = ⋅ =
2
(1 + sTw ) − 1 K PS 2 K PS ⋅ sTw (1 + 0,5 ⋅ sTw )
bzw.
T1 (1 + sT1 )(1 + sT2 )
GR ( s) = ⋅ .
2 K PSTw sT1 (1 + s ⋅ 0,5Tw )
Dies entspricht der Übertragungsfunktion eines PID-T1-Reglers
(1 + sTn )(1 + sTv )
GR ( s) = K PR
sTn (1 + sTR )
mit Kennwerten Tn = T1 = 1,25 s, Tv = T2 = 0,2 s,
T1
TR = 0,5⋅Tw = 0,01 s K PR = = 6,25 .
2 K PSTw
12.1 Modellbasierte Regelung 359

12.1.2 Smith-Prädiktor

Für eine industrielle Regelstrecke mit Totzeit ist das Kompensationsprinzip nicht an-
wendbar, weil die reziproke Übertragungsfunktion der Regelstrecke nach Gl. (12.2)
mit der positiven Potenz vorkommt und unendlich viele Nullstellen besitzt.
1
GS ( s ) = e − sTt  = e sTt
GS ( s )

Um das Prinzip des Kompensationsreglers doch auch auf Strecken mit Totzeit zu er-
weitern, wird die Regelstrecke als ein Totzeitglied und eine Teilstrecke ohne Totzeit
GS(s) dargestellt (Bild 12.2a). Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist:
G R ( s ) GS ( s) e − sTt
Gw (s) = . (12.4)
1 + G R ( s ) GS ( s ) e − sTt

Durch die Verschiebung der Verzweigungsstelle der Rückführung (Bild 12.2b) wird
die Wirkung des Totzeitgliedes aufgehoben, so dass der Entwurf des Kompensations-
reglers nach Gl. (12.2) möglich wird. So ein Regler heißt nach den Namen des Ent-
wicklers (Berkley-University, 1957) Smith-Prädiktor. Es wird dabei angenommen,
dass der als KPr bezeichnete Reglerteil das Verhalten des Regelkreises „voraussehen“
kann. Dieser Reglerteil KPr wird wie ein Kompensationsregler mit Hilfe des ge-
wünschten Verhaltens GM(s) nach dem vorherigen Abschnitt konfiguriert. Allerdings
sollen die Übertragungsfunktionen des ursprünglichen Regelkreises (12.4) und des
*
umformten Regelkreises Gw* ( s ) gleich bleiben bzw. G w ( s ) = G w ( s ) , wobei:

* K Pr ( s) GS ( s) − sTt
Gw (s) = e (12.5)
1 + K Pr ( s ) GS ( s )

Daraus folgt die Übertragungsfunktion des Reglers:


K Pr ( s)
GR (s) = (12.6)
1 + K Pr ( s ) GS ( s ) (1 − e − sTt )

Die Ordnung des Nennerpolynoms in der Gl (12.6) ist größer als die des Zählers, was
die Realisierung des Smith-Prädiktors für Strecken mit Totzeit ermöglicht.
Der Wirkungsplan des Smith-Prädiktors nach Gl. (12.6) ist in Bild 12.3 dargestellt.

Regler Strecke
w x w x
GR GS -sTt KPr GS -sTt
e e
– –
a) b)
Bild 12.2 Regelkreis mit Totzeitglied (a) und die Umformung des Wirkungsplans (b)
360 12 Intelligente Regelung

Regler Strecke
w x
KPr GS -sTt
e
+
– –
+
GS -sTt
– e

Bild 12.3 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Smith-Prädiktor für Strecken mit Totzeit

• Beispiel 12.2
Bild 12.4 zeigt eine P-T2-Regelstrecke mit der Totzeit und den Smith-Prädiktor. KPr(s) ist ein
− sTt
PI-Regler. Das Totzeitglied e entspricht dem Block Transport Delay mit Tt = 5 s.

Bild 12.4 Smith-Prädiktor mit MATLAB/Simulink


Der Führungssprung w0 = 1
wird zum Zeitpunkt t = 5 s vor-
gegeben. Die Sprungantwort
(Bild 12.5) hat die Über-
schwingweite von 5% und die
Ausregelzeit von Taus = 15 s,
was für die Regelstrecke mit
T1 = 2 s, T2 = 1 s, Tt = 5 s als
optimal gilt.

Bild 12.5 Sprungantwort des Regelkreises mit dem Smith-Prädiktor


12.1 Modellbasierte Regelung 361
X Aufgabe 12.1
Die in Bild 12.4 gegebene Regelstrecke bestehend aus einem P-T2-Glied KPS = 0,8, T1 = 2 s,
T2 = 1 s, und einem Totzeitglied Tt = 5 s wird mit einem klassischen PI-Regler (kein Smith-
Prädiktor) geregelt. Es soll die Sprungantwort des Regelkreises ermittelt und mit der Sprung-
antwort des Bildes 12.5 verglichen werden.

12.1.3 PFC (Predictive Function Control)

Die Idee der prädiktiven PFC-Regelung wurde in den 70er Jahren von Jacques Richa-
let für P-Strecken 1. Ordnung mit Verzögerung vorgeschlagen und in [103] weiter
entwickelt. Die aktuelle Sprungantwort der Regelstrecke x(t) wird an die Sprungant-
wort eines vorher gegebenen dynamischen Modells xM(t)
dxM (t )
TM + xM (t ) = K PM yˆ (12.7)
dt
angepasst. Dafür wird zuerst die Gl. (12.7) bei dem vorgegebenen Anfangspunkt
xM(0) gelöst:
t t
− −
TM TM
xM (t ) = xM (0)e + K PM (1 − e ) yˆ

Diese Lösung gilt für die gesamte Ausregelzeit Taus als gewünschte Sprungantwort;
die in n Zeitabschnitten (Prädiktionshorizonte) der Länge Th aufgeteilt wird. Daraus
wird die rekursive Formel zur Berechnung des Modellausgangs hergeleitet
xM k + h = α ⋅ xM k + (1 − α ) ⋅ K PM ⋅ yk , (12.8)
T
− h
TM
wobei α = e ist, wie im Bild 12.6 dargestellt ist.
Der PFC-Regler berechnet die Stellgröße yk
x(t) w zum Beginn jedes Prädiktionshorizonts k so,
xMk+h dass die aktuelle Sprungantwort xkan die ge-
xM wünschte Sprungantwort xref (Referenztrajekto-
x rie) angepasst wird:
xMk
x ref = x k + h = (1 − λ )ek + x k ,
xk


wobei λ = e
Taus
tk tk+h ist.
t
0 Tλ Somit wird die Abweichung ek − eMk zwischen
Th Regeldifferenzen minimiert:
ek = w − xk
Bild 12.6 Aktuelle Sprungantwort x
und gewünschte Sprungantwort xM
eMk = w − xMk
362 12 Intelligente Regelung

In anderen Worten, zum Abschluss jedes vorherigen Prädiktionshorizonts soll die aus
der Gl. (12.8) ausgerechnete Regelgröße xMk mit dem aktuellen Istwert xk verglichen
werden. Daraus wird die neue Stellgröße yk für den nächsten Prädiktionshorizont be-
rechnet.
Der Vorteil dieses Verfahrens besteht also darin, dass die möglichen Abweichungen
der Modellparameter TM und KPM von den reellen Parametern am Ende jedes Prädikti-
onshorizonts erkannt und durch eine geänderte Stellgröße ausgeglichen werden.
Jedoch ist der Zusammenhang zwischen Zeitkonstanten TAus, Th, TM und Tλ undurch-
sichtig, so dass die Wahl des Parameters Tλ dem Entwickler überlassen wird. Davon
hängt die Wahl des Parameters λ
T
− Ȝ
λ= e Th

ab und folglich die Stellgröße yk, die unten ohne Herleitung gegeben ist:
1  1− λ 
yk =  xMk + 1 − α ( w − xk ) (12.9)
K PM
Für die optimalen Verhältnisse wird es in der Literatur empfohlen:
1 1
TȜ = Th oder TȜ = Th
5 3

12.1.4 SPFC (Simplified Predictive Function Control)

Nimmt man abweichend vom in [103] beschriebenen PFC-Verfahren den Grenzfall


TȜ = Th ,
so wird
λ =α
und die Gl. (12.9) vereinfacht sich zum folgenden Algorithmus, der nachfolgend
SPFC-Algorithmus (simplified PFC) genannt wird:
1
yk = [xMk + ( w − xk )] = 1 [w − ( xk − xMk )] (12.10)
K PM K PM

Zwar verliert der SPFC-Regler nach der Gl. (12.10) gegenüber dem PFC-Regler nach
der Gl. (12.9) an Regelgüte, ist die Realisierung des SPFC-Regelalgorithmus einfa-
cher, wie im Bild 12.7 gezeigt ist. Die Übertragungsfunktion des Regelkreises ist
x( s ) G0 ( s )
Gw (s) = = Gv ( s) ⋅ , (12.11)
w( s ) 1 + G0 ( s )
wobei sind:
G0 ( s) = GR ( s )GS ( s ) und Gv ( s ) = 1 + GM ( s )
12.1 Modellbasierte Regelung 363

KPR KPS, T1
w ek yk xk
+

+

KPM, TM −
xMk

Bild 12.7 Wirkungsplan der vereinfachten PFC-Regelung bei Tλ = Th

Das im Bild 12.7 gezeigte SPFC-Verfahren stellt die Regelung im geschlossenen Re-
gelkreis mit einem Vorfilter Gv(s) dar (Bild 12.8). Für ein gewünschtes Verhalten
Gw(s) wird die Übertragungsfunktion Gv(s) des Vorfilters aus Gl. (12.11) bestimmt:
1 + G0 (s)
Gv ( s) = G w (s) ⋅
G0 (s)

KPM, TM KPR KPS, T1


w y x
+
+ −
Vorfilter Gv(s)

Bild 12.8 Vereinfachtes PFC-Verfahren als Regelung mit einem Vorfilter Gv(s)

y Beispiel 12.3

Ein SPFC-Regelkreis mit einem P-T1-Modell mit K PM = 1 und TM = 10 s ist im Bild 12.9 dar-
gestellt. Zum Vergleich ist die Sprungantwort eines Regelkreises mit dem PI-Regler gezeigt.

1.4

1.5 mit PI-Regler (K


PR
=0,55; T =35 s)
n
1.2
90 s+1
W =1 Kps =1.5;Ts =90 s x(t) 1

mit SPFC-Regler
0.8

0.6

0.4
1
1/1.5
10 s+1 0.2

Gain KpM=1;TpM =10 s


0
0 100 200 300 400

Bild 12.9 Regelkreis und Sprungantwort nach dem vereinfachten PFC-Verfahren


364 12 Intelligente Regelung

12.1.5 ASA-Control (Regelung nach dem Antisystem-Approach)

Nach dem Antisystem-Approach [142] wird anstelle des konventionellen Reglers eine
dynamische Schaltung aus einer gewünschten Übertragungsfunktion des aufgeschnit-
ten Regelkreises G0M(s) und der Übertragungsfunktion der Strecke GS(s) eingesetzt,
woraus die Stellgröße y(s) für den Regelkreis berechnet wird. Die im Abschnitten
12.1.1 und 12.1.2 erwähnten Nachteile der Kompensationsregelung werden somit ent-
fallen: die reziproken Übertragungsfunktionen der Regelstrecke sind nicht mehr nötig,
die Regler hat keine D-Anteilen bzw. die Regelung ist realisierbar und störungsfrei.
Aus diesem etwas kompliziert klingengen Konzept entsteht jedoch ein einfacher Re-
gelkreis mit dem ASA-Regler GR(s), wie im Bild 12.10 gezeigt ist:
1
GR ( s ) = ⋅ GM0 ( s )
1 + GS ( s )

ASA-Regler GR (s) Strecke

w e x
GM0 (s) GS (s)
+ + + +
− −
GS (s)

Bild 12.10 Modellbasierter ASA-Regler ohne reziprocken Strecken bzw. ohne D-Anteilen

y Beispiel 12.4
Das gewünschte Verhalten GM(s) des geschlossenen Regelkreises ist gegeben. Daraus werden
die Übertragungsfunktionen G0M(s) und folglich GR(s) berechnet (Bild 12.11):
G0M ( s) 1 0. 5
GM ( s ) = =  G0M ( s ) =
1 + G0M ( s ) 1 + 2 s s

Der ASA-Regler regelt zwei Mal schneller als PID-Regler mit KPR = 200: Tn = 50 s; Tv = 10 s.

Bild 12.11 Beispiel eines Regelkreises nach dem ASA-Konzept


12.1 Modellbasierte Regelung 365

12.1.6 AFIC (Adaptive Filter for Identification and Control)

Eine unbekannte Regelstrecke wird zuerst mit einem Filter nach dem LMS-
Algorithmus (Least Mean Squares) identifiziert und dann mit einem PID-Regler gere-
gelt. Das Verfahren gilt für P-Strecken mit Verzögerung und mit der Totzeit.
Wie im Bild 12.12 gezeigt ist, wird die Differenz zwischen der Sprungantwort der
unbekannten Strecke x(t) und dem Ausgang des Filters xF(t) nach einem Eingangs-
sprung von der Höhe ŷ gebildet und mit Hilfe der Filter-Faktoren K0, K1 und K2
minimiert. Die reelle Regelstrecke wird durch ein Filter mit diesen Faktoren abgebil-
det, wie im Bild 12.13 gezeigt ist.

Bild 12.12 Identifizierung einer unbekannten Strecke (Unknown plant) mit dem LMS-
Algorithmus. Hier sind die Faktoren: K0 = 1,31; K1 = 1.125; K3 = 0.5627.

Bild 12.13 Filter mit Faktoren K0 = 1,5; K1 = 1,2; K2 = 1,8. und die Sprungantwort xF(t) nach
dem Eingangssprung y = 1. Die Abtastzeit (Transport Delay) des Filters T = 2 s.
366 12 Intelligente Regelung

Der adaptive Regler besteht aus einem PID-Algorithmus und einem Filter des Bildes
12.13 als Strecke, die einen Regelkreis bilden (Bild 12.14). Der PID-Regler wird an-
hand einer Simulation optimal eingestellt, wonach seine Kennwerte dem reellen PID-
Regler, der an eine reelle Regelstrecke angekoppelt ist, übergeben werden.

Bild 12.14 MATLAB/Simulink-Algorithmus eines adaptiven Reglers, bestehend aus dem PID-
Block (Simulink Library/Simulink Extras / Additional linear) und einem adaptiven Filter

Der Funktionsbaustein PID hat die folgende Übertragungsfunktion:


1
GR ( s) = K PR + K I ⋅ + K D ⋅ s (12.12)
s
Der Filter wird folgendermaßen durch ein P-Tt-Glied
K PS − sTt
GS ( s) = e (12.13)
1 + sT1
angenähert, wobei seine Parameter KPS, T1 und Tt aus Filter-Parameter K0, K1 und K2
bestimmt werden, was im Bild 12.15 erläutert ist.

T
Tt = (12.14)
2
K1 T T ( K1 + K 2 )
= bzw. T1 = (12.15)
K1 + K 2 T1 K1

K 0 + K1 + K 2
K PS = (12.16)

Bild 12.15 Approximierung der Streckenparameter durch Filter-Faktoren


12.1 Modellbasierte Regelung 367
y Beispiel 12.5
Gesucht ist die optimale Einstellung des adaptiven PI-Reglers mit einer P-Tt-Strecke, die mit
dem LMS-Algorithmus nach dem Bild 12.12 mit folgenden Filter-Faktoren identifiziert ist:
K0 = 1,31 K1 = 1.125 K3 = 0.5627
Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke nach Gl. (12.13) wird unter Annäherung
1 K PS 1
e − sTt ≈ wie folgt vereinfacht: GS ( s) = ⋅ . Die Übertragungsfunktion
1 + sTt 1 + sT1 1 + sTt
K PR K PS
des aufgeschnitten Kreises nach der Kompensation Tn = T1 führt zu G 0 ( s ) = ,
sTn (1 + sTt )
Tn
woraus der Regler nach dem Betragsoptimum eingestellt wird: K PR = .
2 ⋅ K PS ⋅ Tt
Die Sprungantwort der reellen Strecke mit dem PI-Regler ist im Bild 12.16 gegeben. Die Ein-
stellung des PI-Regler ist nach Filter-Faktoren, wie unten erklärt, berechnet.
Unter Beachtung Gln. (12.14) bis (12.16)
wird KPR durch die Filter-Faktoren ausge-
drückt:
K1 + K 2
K PR = yˆ
K1( K 0 + K1 + K 2 )

Aus Gl. (12.12) ergeben sich


KD = 0
und
K PR 1
KI = = yˆ
Tn K 0 + K1 + K 2

Bild 12.16 Sprungantwort des Regelkreises mit dem adaptiven PI-Regler.

12.1.7 Dead-Beat-Regler (Regler mit endlicher Einstellzeit)

Das Konzept der Kompensationsregelung ist auch für die digitale Regelung vorstell-
bar. Ersetzt man die Übertragungsfunktionen der Gl. (12.2) durch die digitalisierten
Abbildungen, so folgt
y ( z) GM ( z) 1 x ( z)
GR ( z ) = R = ⋅ = M .
e( z ) 1 − G M ( z ) GS ( z ) GS ( z )

Mit xM(z) ist hierin die gewünschte Sprungantwort des Kreises bezeichnet. Ist diese
vorgeschrieben und die Übertragungsfunktion GS(z) der Strecke vorhanden, kann die
Übertragungsfunktion GR(z) des Reglers ermittelt werden. Man kann das gewünschte
Zeitverhalten xM(t) anders als vorher formulieren, dass die Regelgröße in möglichst
kurzer Zeit ihren durch die Führungsgröße w(t) vorgegebenen Wert annimmt. Dafür
368 12 Intelligente Regelung

soll der Regler in der Lage sein, die Stellgröße auf einen möglichst großen Wert zu
verstellen, d. h. von yRmax auf yRmin und umgekehrt, um die entsprechend schnelle
Änderung der Regelgröße zu erreichen. Wegen der Anschläge des Stellgliedes beim
Umschalten benutzte man dafür die Bezeichnung bang-bang-Regelung. Da dabei der
Übergang der Regelgröße von einem zu dem anderen Sollwert ohne Überschwingen
erfolgt, ist dieses Verfahren als Dead-Beat-Regelung (engl. aperiodisch) bekannt.
Die regelungstechnische Aufgabenstellung unterscheidet sich von bisher behandelten
und wird Regelung auf endliche Einstellzeit genannt. Es gibt mehrere Möglichkeiten,
die genaue Lösung zu bestimmen. Eine davon besteht darin, dass die Stellgröße yR(t)
und die Regeldifferenz e(t) = w(t) – xM(t) als z-Transformierte der Impulsfolgen dar-
gestellt werden, die von der sprungförmigen (auch z-transformierten) Führungsgröße
z
w( z ) = w0 im Kreis verursacht sind. Für eine I-T1-Strecke mit
z −1
K PS
GS ( s ) =
sTI (1 + sT1 )
führt dies beispielsweise zu
e( z ) = w0 + d1 z −1
y R ( z ) = c0 + c1 z −1 ,

woraus der Regelalgorithmus mit Koeffizienten c0, c1 und d0 ermittelt wird:


c
z+ 1
y ( z ) c0 c0
GR ( z ) = R = ⋅
e( z ) w0 d
z+ 1
w0

Für die gegebenen Kennwerte KPS = 0,5, T1 = 1 s, TI = 4 s, TA = 1 s ergibt sich GR(z)


z − 0,368
G R ( z ) = 12,656 ,
z + 0,418
woraus die Stellgröße als Folge von zwei Impulsen berechnet wird:
y R (0) = 12,656 ⋅ w0
y R (TA ) = −4,656 ⋅ w0
y R (kTA ) = 0 für k ≥ 2.
Ein anderer Lösungsweg geht über die Theorie der zeitoptimalen Steuerung. Feld-
baum (1972) hat nach dem Pontrjaginschen Maximumprinzip ein Satz formuliert, der
den Verlauf der Stellgröße bei der Regelung auf endliche Einstellzeit als eine stück-
weise konstante Funktion definiert, die aus höchstens n Konstanzintervallen besteht,
d. h. die Umschaltung der Stellgröße wird in höchstens n − 1 Punkten festgelegt, wo-
bei n die Ordnung des Systems ist. Für n = 2 genügt also eine Umschaltung.
12.1 Modellbasierte Regelung 369

• Beispiel 12.6
−2
Der Ausgang eines Doppel-I-Gliedes (Bild 12.17) KIS1KIS2 = 4 s soll aus einem Anfangszu-
stand x(0) = 0 in ein Endzustand x(TAus) = w0 = 2 innerhalb der vorgeschriebenen Zeit
TAus = 0,8 s umgestellt werden.

Bild 12.17 Bildung des Stellsignals eines Systems 2. Ordnung

Nehmen wir an, dass die Stellreserve yRmin = − yRmax beträgt., d. h. nach dem Umschalten wird
die Regelgröße symmetrisch verlaufen. Für n = 2 ist eine Umschaltung möglich. Den Um-
schaltpunkt legen wir in der Mitte des vorgeschriebenen Zeitintervalls fest (Bild 12.18).

Bild 12.18
Verlauf der Stellgröße mit
Stellreserve:
yRmax = + 3,125
yRmin = − 3,125

Nun kann die Stellgröße ermittelt werden. Dafür brauchen wir die Sprungantwort:

t2
  
x(t ) = K IS2 K IS1 y (t ) dt = K IS2 K IS1 y (t ) t dt = K IS1 K IS2 ⋅
2
⋅ y (t ) .

Für den Umschaltpunk t = 0,5 TAus = 0,4 s folgt daraus


2
T  1 T  w
x Aus  = K IS1K IS2  Aus  y max = 0  y max = 3,125 .
 2  2  2  2
370 12 Intelligente Regelung
Die nach dem Bild 12.18 simulierte Sprungantwort ist in Bild 12.19 zu sehen. Die Konfigurie-
rung des Stellsignals in MATLAB/Simulink erfolgt, wie im Bild 12.18 gezeigt, als Überlage-
rung von drei step-Funktionen mit folgenden Parametern:

Parameter w01 w02 w03


Step time 0 0.4 0.8
Initial value 0 0 0
Final value 3.125 6.25 3.125
Sample time 0 0 0

Bild 12.19 Verlauf der Regel-


größe bei der Regelung auf end-
liche Einstellzeit eines Doppel-
I-Gliedes mit TAus = 0,8 s und
w0 = 2

Die Anwendung der rechnerisch ermittelten Algorithmen ist wegen der Stellgrößenbegrenzung
und den Ungenauigkeiten des Streckenmodells in der Praxis erschwert. So wendet man sich an
die quasioptimalen Verfahren, die auf angenäherten Streckenmodellen und vereinfachten Re-
chenalgorithmen basieren.
Wie das Beispiel in Bild 12.20 zeigt, wird die Stellgröße auf den maximal möglichen Wert ge-
setzt und nach dem Erreichen des Sollwerts nach unten korrigiert.

Bild 12.20 Quasioptimale Ein-


stellung auf endliche Antwort-
zeit für eine P-T1-Strecke.
Die Faustformel
y − y R0
y RA = y R0 + Rmax
1 + xm
gilt auch für die schwingungsfä-
higen Strecken. Hierin ist xm die
zugelassene Regeldifferenz bzw.
Überschwingweite.
12.2 Fuzzy-Regler 371

12.2 Fuzzy-Regler
Die Fuzzy-Logik formuliert die eindeutigen Messgrößen, wie Temperatur und Druck,
im Gegensatz zu numerischen Variablen nicht in Zahlen, sondern in umgangssprach-
lichen Begriffen, so genannten linguistischen Variablen, wie „groß“ oder „klein“, und
verhilft komplexen Systemen zu einer übersichtlichen Darstellung ohne mathemati-
scher Beschreibung. Die unscharfe Logik (engl. fuzzy bedeutet unbestimmt oder ver-
wischt) wurde 1965 von Zadeh vorgeschlagen, von Kosko weiter entwickelt, von
Mamdani und Sugeno an Fuzzy-Controller angepasst. Die regelungstechnischen An-
wendungen findet man bei Frank, Kahlert, Kindl, Tilli.
Die Fuzzy-Regler sind robust, d. h. sie behalten das stabile Verhalten, auch wenn die
Parameter der Regelstrecke nicht konstant sind. Der Zeitaufwand und die Kosten für
die Entwicklung von Fuzzy-Reglern sind niedriger als die von den „klassischen“ Reg-
lern. So werden Fuzzy-Regler meist bei Strecken, von denen man ein robustes Verhal-
ten erwartet, z. B. bei Kraftfahrzeugen, Haushalts- und Medizingeräten eingesetzt.

12.2.1 Funktionsweise und Aufbau eines Fuzzy-Reglers

Die linguistischen Variablen werden mit Zugehörigkeitsfunktionen in Untermengen


eingeteilt, die für eine Variable, z. B. Temperatur, „hoch“, „mittel“ oder „niedrig“
heißen könnten. Solche Einteilung wird als Fuzzifizierung bezeichnet. Danach werden
die linguistischen Terme mit logischen Operatoren verknüpft und mit Regeln be-
schrieben. Daraus entsteht die so genannte Regelbasis, die die Variablen und die Re-
gel verknüpft (Inferenz). Abschließend werden aus unscharfen Variablen die exakten
Stellgrößen gebildet. Diese Operation nennt man Defuzzifizierung.
Die Bausteine eines Fuzzy-Reglers nach Mamdani sind in Bild 12.21 gezeigt. Der ak-
tuelle Wert eakt der Regeldifferenz wird am Eingang des Fuzzy-Reglers zunächst „ve-
runschärft“. Der Regler wertet alle Regeln der Regelbasis für jeden linguistischen
Wert der Regeldifferenz aus, d. h. bestimmt den Erfüllungsgrad jeder Regel. Mit Hilfe
der logischen Operationen ermittelt danach der Regler die Fuzzy-Menge der Stellgrö-
ßen für jede Regel und bestimmt daraus einen resultierenden unscharfen Wert der
Stellgröße. Abschließend ist aus der unscharfen Stellgröße ein scharfer Wert der
Stellgröße yakt zu bilden, mit dem eine Stelleinrichtung angesteuert werden kann.

If ... then
w(t)
μ Regelbasis
μ y(t) x(t)
e Fuzzi- e y Defuzzi- Regel-
+ fizierung fizierung strecke
Inferenz

Bild 12.21 Wirkungsplan eines Regelkreises mit Fuzzy-Regler


372 12 Intelligente Regelung

12.2.2 Fuzzy-Mengen und Zugehörigkeitsfunktionen

Eine „scharfe“ Menge A von Elementen Xi kann man durch eine Zugehörigkeitsfunk-
tion μA(Xi), die nur zwei Werte 0 und 1 annimmt, charakterisieren. Diese Funktion
wird auch als Wahrheitsgehalt einer Aussage bezeichnet, z. B.
• Ist μA(Xi) =1, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ wahr.
• Ist μA(Xi) = 0, so ist die Aussage „Größe Xi gehört zu Menge A“ falsch, d. h. die
Größe Xi gehört nicht zu Menge A.
Bei der Fuzzy-Logik sind im Gegensatz zur binären Logik fließende Übergänge zwi-
schen Mengen möglich. Beispielsweise gibt der Zugehörigkeitsgrad μA(Xi) = 0,7 an,
in welchen Maß die Größe Xi zu Menge A gehört. Ändert sich die Zugehörigkeits-
funktion zwischen 0 und 1, d. h. 0 < μA(Xi) < 1, so entsteht eine unscharfe Menge.

Fuzzifizierung
Unter Fuzzifizierung versteht man die Übersetzung der in Zahlenwerte angegebener
Information in Wertigkeiten sprachlicher Aussagen. Dies erfolgt mit Zugehörigkeits-
funktionen, die für jede sprachliche Aussage definiert werden. Da die linguistischen
Werte nicht so exakt wie Zahlenwerte sind, werden sie mit Fuzzy-Sets spezifiziert.
Als Standardformen für die Fuzzy-Sets verwendet man Trapez, Dreieck, Gaußsche
Funktion, Singletons usw.
Ein Beispiel von Fuzzy-Sets
μ der linguistischen Variable e
Negativ Null Positiv (Regeldifferenz) ist in Bild
1,0
0,8 12.22 gezeigt. Für eakt = − 4
0,6 sind:
0,4 μ Negativ (− 4) = 0,8
0,2
0,0 μ Null (− 4) = 0,2
-8 -6 -4 -2 0 2 4 6 8 e/V
μ Positiv(− 4) = 0.
eakt
Bild 12.22 Fuzzy-Sets der Eingangsgröße e
Man unterscheidet zwischen
Fuzzy-Sets für Eingangs- und
μ close open Ausgangsgrößen. Beispielswei-
1,0 se ist in Bild 12.23 die Fuzzifi-
0,8 zierung der Ausgangsgröße y
0,6 (Ventilhub) mit Singletons bei
0,4 der Füllstandsregelung mit ei-
0,2 nem Ventil mit zwei Zuständen
0,0 dargestellt.
2 4 6 8 y / mm
Bild 12.23 Fuzzy-Sets der Ausgangsgröße y
12.2 Fuzzy-Regler 373

Verknüpfung von Fuzzy-Mengen


Die Fuzzy-Mengen werden anhand von Zugehörigkeitsfunktionen dargestellt. Es ist
jedoch üblich, die Fuzzy-Mengen durch die Zugehörigkeitsfunktionen zu ersetzen, um
die Herleitung von Fuzzy-Logik zu vereinfachen. So werden im Folgenden diese bei-
den Begriffe gleichgesetzt.
Die Fuzzy-Mengen lassen sich wie die klassischen „scharfen“ Mengen miteinander
mit logischen Operationen verknüpfen:
• Eine Schnittmenge μ S zweier Fuzzy-Mengen μ1 und μ2 wird mit der logischen
Verknüpfung UND gebildet und als t-Norm oder (μ1 UND μ2) bezeichnet. Da
man eine Schnittmenge durch den Minimum-Operator bildet, wird der kleinste
von den beiden Werten μ1 und μ2 gewählt, und als μ S = MIN (μ1, μ2) bezeichnet,
wie in Bild 12.24 gezeigt ist.
μ μ1 μ2 μ
1,0 1,0
0,8 0,8
0,6 0,6
0,4 0,4 μS = MIN (μ1 , μ2 )
0,2 0,2
0,0 0,0
0 5 10 15 20 e/V 0 5 10 15 20 e/V
eakt eakt

Bild 12.24 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-Norm (rechts)

• Eine Vereinigungsmenge μV wird mit der logischen Verknüpfung ODER gebildet


und als t-CoNorm bzw. als (μ1 ODER μ2) genannt. Da die Vereinigungsmenge
durch den Maximum-Operator gebildet wird, gilt es μ S = MAX (μ1, μ2), d. h. es
wird die größte von den beiden Funktionswerten μ1 und μ2 gewählt (Bild 12.25).

μ μ1 μ2 μ
1,0 1,0
0,8 0,8
0,6 0,6 μS = MAX (μ1 , μ2 )
0,4 0,4
0,2 0,2
0,0 0,0
0 5 10 15 20 e/V 0 5 10 15 20 e/V
eakt eakt

Bild 12.25 Die Zugehörigkeitsfunktionen μ1 und μ2 (links) und die t-CoNorm (rechts)

• Das Komplement μK der Fuzzy-Menge μ wird mit dem logischen Operator NOT
gebildet, d. h. μK = NOT (μ) = 1 − μ.
374 12 Intelligente Regelung

12.2.3 Regelbasis und Inferenz

Regelbasis
Die Fuzzy-Sets der Ein- und Ausgangsgrößen eines Fuzzy-Reglers sollen miteinander
durch gewisse Regeln verbunden werden. Jede Regel besteht aus einem WENN-Teil
(Prämisse bzw. Bedingung) und einem DANN-Teil (Konklusion bzw. Schlussfolge-
rung). Im Allgemeinen besteht die Prämisse aus zwei linguistischen Eingangswerten,
dessen gemeinsamer Erfüllungsgrad mathematisch bestimmt wird. Die gebräuchlichs-
ten Operatoren sind die UND-Verknüpfung und die ODER-Verknüpfung. Die Regel-
basis ist die Gesamtheit aller Regeln.
• Beispiel 12.7
Die Regelbasis einer Füllstandsregelung mit einer Eingangsgröße e = w – x (Regeldifferenz)
und zwei Ausgangsgrößen (Ventil_füllen und Ventil_leeren) sieht wie folgt aus:

REGEL: Regeldifferenz Ventil_leeren Ventil_füllen


1 positiv open close
2 WENN negativ DANN close UND open
3 Null close close

Inferenz: Erfüllungsgrad jeder Regel


Ziel der Inferenz ist die Auswertung der Regelbasis. Durch eine Zusammenfassung
der Teilentscheidungen der einzelnen Regeln mit Operatoren wird eine Schlussfolge-
rung gezogen, die einer bestimmten Ausgangsvariablen zugewiesen wird.
Regeln, deren DANN-Teil nicht Null ist, heißen aktive Regeln. Falls mehrere Regeln
aktiv sind, muss man die Erfüllungsgrad G jeder Regel überprüfen. Der Erfüllungs-
grad ist der kleinste der Zugehörigkeitsgrade der linguistischen Terme (Minimum-
Operator bzw. UND-Verknüpfung). Der Erfüllungsgrad der Konklusion kann maxi-
mal nur so groß werden, wie der einer Prämisse.
Den Erfüllungsgrad einer Prämisse kann man z. B. mit den UND Operatoren berech-
nen. In der Regelbasis werden alle Regeln aufgestellt, die einen sinnvollen Zusam-
menhang von Eingangs- und Ausgangsvariablen darstellen. Die Gliederung der Re-
gelbasis kann tabellarisch oder bei zwei linguistischen Eingangsvariablen auch in
Matrixform erfolgen. Am Ausgang der Regelbasis erhält man eine Anzahl von Re-
geln, die bei einem gegebenen Eingangswert unterschiedlich erfüllt sein können. Die
Zusammenfassung der verschiedenen Regeln und ihrer Ausgangsmenge zu einer un-
scharfen Vereinigungsmenge (ODER- Verknüpfung) nennt man Akkumulation.

• Beispiel 12.8
Ein Fuzzy-Regler hat zwei Eingangsgrößen e1, e2 und eine Ausgangsgröße y. Die Fuzzy-Sets
für Ein- und Ausgangsgrößen sind gegeben (Bild 12.26). Der Erfüllungsgrad jeder der nachfol-
genden Regeln soll für e1akt = −4 und e2akt = −2 bestimmt werden.
12.2 Fuzzy-Regler 375

• Regel 1: WENN e1 Negativ UND e2 Null, DANN y ist Klein.


Regel 2: WENN e1 Null UND e2 Null, DANN y ist Mittel.
• WENN-Teil DANN-Teil
Regel 1:
μ1 μ2 μy
Negativ Null G = MIN (μ ,μ ) Klein Mittel Groß
1,0 μ 1= 0,8 1,0 1 1 2 1,0
μ2= 0,6 = 0,6

0,0 0,0 e2 0,0


-8 -4 0 4 8 e1 -8 -4 0 4 8 0 2 4 6 8 y /V
e1akt e2akt

Regel 2:
μ1 μ12 μy
Null Null Klein Mittel Groß
1,0 1,0 1,0
G2= MIN (μ1,μ 2)
μ2= 0,6 = 0,2
μ 2= 0,2
0,0 0,0 0,0
-8 -4 0 4 8 e1 -8 -4 0 4 8 e2 0 2 4 6 8 y /V
e1akt e2akt

Bild 12.26 Ermittlung von Erfüllungsgraden der Fuzzy-Regeln des Beispiels 12.7

Für die gegebenen aktuellen Werte der Eingangsgröße sind die Zugehörigkeitsfunktionen aus
der ersten Regel:
μ1 = 0,8 μ2 = 0,6.
Daraus ergibt sich der Erfüllungsgrad der Regel 1:
G1 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,8 0,6) = 0,6.
Analog wird der Erfüllungsgrad der Regel 2 bestimmt:
G2 = MIN (μ1, μ2) = MIN (0,2 0,6) = 0,2.

12.2.4 Defuzzifizierung

Das Ergebnis der Fuzzy-Inferenz ist eine unscharfe Menge, wie der DANN-Teil in
Bild 12.26 zeigt. Daraus soll nun wieder eine exakte (scharfe) Stellgröße gebildet
werden. Für die Umwandlung können verschiedene Methoden angewendet werden,
z. B. Maximum- oder Schwerpunktmethode.
Nach der Schwerpunktmethode CoG (Center of Gravity) werden die Ausgangsterme
gemeinsam als eine Fläche interpretiert und die Abszissen der Flächenschwerpunkte
y1, y2, ... bestimmt. Da alle Regeln zugleich mit dem Erfüllungsgrad G1, G2, ... gelten
sollen, wird die resultierende Fuzzy-Menge μres als ODER-Verknüpfung (Maximum-
Operator) der Ausgangstermen für jede Regel ermittelt. Der Flächenschwerpunkt yakt
bildet einen festen Wert für die Stellgröße y:
376 12 Intelligente Regelung
n
 Gi ⋅ y i
y akt = i =1 . (12.17)
n
 Gi
i =1

Gl. (12.17) gibt allerdings den angenäherten Wert des Schwerpunktes an, was für die
praktischen Anwendungen genügt.

• Beispiel 12.9

μ Die Fuzzy-Inferenz nach dem


Klein Mittel Groß DANN-Teil des Beispiels 12.8
a) 1,0
ist in Bild 12.27a gezeigt. Die
0,8
resultierende Menge μres wird
G1 = 0,6 0,6
nach dem Maximum-Operator
0,4 gebildet und stellt sich somit
G2 = 0,2 0,2 die Einhüllende der Funktionen
0,0
0 2 4 6 8 y/V μ Klein und μ Mittel dar (Bild
12.27b). Die Erfüllungsgrade
μ res G1 und G2 werden vom Bei-
spiel 12.8 übernommen: Die
b) 1,0 Schwerpunktabszissen von
0,8 μ res = MAX (μ Klein , μ Mittel ) Termen Klein, Mittel, Groß
0,6 werden aus dem Bild 12.26 be-
0,4 stimmt:
0,2 y1 = y Klein = 2,5 V
0,0 y2 = y Mittel = 5,0 V
0 2 4 6 8 y/V
y3 = y Groß = 7,5 V.
yμ1 yμ2

yakt

Bild 12.27 Defuzzifizierung der Stellgröße y

Der Flächenschwerpunkt wird nach Gl. (12.17) berechnet:


G1 ⋅ y μ1 + G 2 ⋅ y μ 2 0,6 ⋅ 2,5V + 0,2 ⋅ 5V
y akt = = = 3,125V . (12.18)
G1 + G 2 0,6 + 0,2
Wiederholt man die Berechnung der Stellgröße yakt nach Gl. (12.18) für verschiedene Werte
von Eingangsgröße yakt, so kann die statische Ausgang-/ Eingang-Kennlinie bestimmt werden.

Im Anhang (siehe OnlinePlus-Bereich des Verlags) ist gezeigt, wie man einen Fuzzy-Regler mit
der Fuzzy Logic Toolbox von MATLAB entwerfen kann.
12.3 Neuro-Regelung 377

12.3 Neuro-Regelung
Der Begriff des künstlichen Neurons wurde erstmals von den Neurophysiologen W.S.
McCulloch und dem 18-jährigen Mathematiker W. Pitts (1943) eingeführt. Das erste
künstliche Neuron war nicht lernfähig und wurde als ein logisches Schwellenwert-
element mit mehreren Eingängen und einem Ausgang, das nur zwei Zustände anneh-
men kann, aufgebaut. Grundlage des Lernverfahrens kam erst 1949 nach einer Hypo-
these des Psychologen Donald Hebb, die besagt, dass das Lernen im Gehirn durch
Änderung der Synapsenstärken erfolgt. Das Aufkommen der Rechnertechnik hat die
Möglichkeit eröffnet, die einzelnen Neuronen in ein künstlichen neuronalen Netz
(KNN) zu verbinden und mit veränderlichen Parametern zu simulieren.
Die Lernfähigkeit eines Netzes besteht darin, die eigenen Gewichtungen so einzustel-
len, dass der Fehler zwischen Ist- und Sollwert des Netzausgangs für eine bestimmte
Klasse der Eingänge möglichst minimal wird.
Der Einsatz von künstlichen neuronalen Netzen für die Automatisierungstechnik hat
bereits seit Mitte der sechziger Jahre begonnen. In den achtziger Jahren nahm die Zahl
der Anwendungen stark zu. Hieraus entstanden neue Identifikationsmethoden und
neue Regelungskonzepte mit Emulator- und Actor-Netzen.
Da fast alle der mehr als 20 bekannten Netzmodelle für spezielle Anwendungen wie
Klassifikation, Bildverarbeitung, Muster- und Spracherkennung entwickelt worden
sind, haben sich nur einige für die Automatisierungstechnik herauskristallisiert, wie
Perceptronen und CMAC-Netze, Hopfield-Netze, Kosko’s BAM und Cooper’s RCE.
Heute versteht man unter KNN adaptive Algorithmen, die in erster Linie für Identifi-
kation, Klassifikation, Bild- und Sprachverarbeitung geeignet sind und als Software-
Produkte, wie NeuroCheck, NeuroModel, NeuroSolutions, um nur einige zu nennen,
angeboten werden.

12.3.1 Grundmodell eines künstlichen Neurons

Das einfachste künstliche Neuron hat zwei Eingänge und einen Ausgang, der nur zwei
Zustände, z. B. (−1, +1) oder (0, 1) annehmen kann (Bild 12.28). Der aktuelle Aus-
gang y des Neurons wird in zwei Schritten bestimmt. Im ersten Schritt wird der Akti-
vierungswert α mit den gegebenen Eingängen x1, x2 und Schwellenwert θ berechnet:
α = W1 x1 + W2 x 2 − θ (12.19)

Im zweiten Schritt wird der Ausgangswert y mit Hilfe einer Aktivierungs- bzw. Trans-
ferfunktion y = f (α) berechnet. Als f (α) kommen eine Reihe mathematischer Funktio-
nen in Frage. Im vorliegenden Beispiel wird eine binäre Aktivierungsfunktion mit
y = +1 für α > 0 und y = −1 für α < 0 betrachtet. Jeder Kombination von Eingangs-
werten entspricht ein bestimmtes Kriterium. Ein Kriterium kann z. B. sein, ob sich der
Eingangspunkt oberhalb (Klasse A) oder unterhalb (Klasse B) einer Grenzgerade be-
findet, wobei der Sollwert des Neuronenausgangs für Eingangswerte aus der Klasse A
d = +1 und für Klasse B d = −1 ist.
378 12 Intelligente Regelung

x2
Klasse A e
4 nz
Schwellenwert Gre
Gewichte 2
(Bias) Klasse B
W1 0 x1
x1 θ Transferfunktion 2 4 6
Sollwert
− f(α) d
α +1 −
+ y E
Aktivierung α Netz- + Fehler
W2 +
x2 −1 ausgang

Bild 12.28 Struktur eines KNN mit binärem Ausgang

Nehmen wir an, dass die zu erkennenden Klassen durch eine Gerade getrennt sind:
x2 = a⋅x1 + b, z. B. mit a = 0,5 und b = 1.

Für das Neuron wird die Grenze zwischen Musterklassen durch die Gleichung α = 0
abgebildet, d. h. α = W1x1+ W2x2 − θ = 0 bzw.
W θ
x 2 = − 1 x1 + . (12.20)
W2 W2

Aus dem Koeffizientenvergleich mit der Gerade x2 = a⋅x1 + b folgt:


θ W1
=b − =a
W2 W2

Bei θ = 2 wird die Grenze korrekt mit den folgenden Gewichten abgebildet:
θ 2
W2 = = =2
b 1
W1 = − a ⋅ W2 = −0,5 ⋅ 2 = −1
Die Musterklasse A ist damit durch die Aktivierung α > 0 und den Ausgang y = +1
gekennzeichnet. Für die Klasse B ergibt sich α < 0 und damit y = −1.
Da dem KNN keine Gewichte vorgegeben werden, ist es die Aufgabe des Lernvor-
gangs, sie so lange zu verändern, bis die Grenzgerade korrekt abgebildet wird. Als
Fehlermaß gilt dabei die Differenz E zwischen dem Ist-Ausgang y und dem Soll-
Ausgang d. Der Lernalgorithmus besteht in Änderung von Gewichten, z. B.:
W1 (neu) = W1 + η⋅(d − y)⋅x1 (12.21)
W2 (neu) = W2 + η⋅(d − y)⋅x2. (12.22)
Die Iterationsschrittweite (Lernschrittweite) η bestimmt die Konvergenzgeschwindig-
keit. Normalerweise gilt: 0 < η < 1. Meist wird das Fehlermaß jedoch nicht nach je-
12.3 Neuro-Regelung 379

dem Eingangspaar berechnet, sondern über alle Ein/-Ausgangs-Paare aufsummiert,


um den Gesamtfehler E zu minimieren.

• Beispiel 12.10
Gegeben ist ein trainiertes KNN mit der
jω = x 2
in Bild 12.28 gezeigten Struktur. Die
sP1 6 Kennwerte sind:
sP5
W1 = 1 W2 = 0,5
sP3 4 θ = 1.
2 Das KNN wurde trainiert, die Stabilität
eines Kreises in der s-Ebene zu er-
−6 −4 −2 0 2 4 6 kennen (Bild 12.29). Dafür sind die
σ = x1 folgenden Eingänge dem KNN gesetzt:

−2 x1 = σ
sP4
x2 = jω.
−4
Die stabilen Zustände sind durch einen
sP6
sP2 Parameter d = − 1 und die instabilen
−6 durch d = +1 gekennzeichnet.
Bild 12.29 Die Pol-/Nullstelen-Verteilung Es soll das KNN getestet werden.

Zunächst überprüfen wir nacheinander die Eingänge nach dem Bild 12.29. Für die Polstelle sP1
ist die Aktivierung nach Gl. (12.19)
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−6) + 0,5 ⋅ 5 − 1 = −4,5 .
Für α < 0 folgt aus der Transferfunktion y = −1. Da auch d = −1 gilt, ist die Erkennung korrekt.
Auch für Polstelle sP3 gibt das KNN die korrekte Antwort:
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = (−3) + 0,5 ⋅ 3 − 1 = −2,5 < 0  y = −1 ⇐ d = −1 .
Bei der Erkennung der Polstelle sP6 tritt jedoch der Fehler auf:
α = x1 +0,5 ⋅ x 2 −θ = 3 + 0,5 ⋅ (−4,5) − 1 = −0,25 < 0  y = −1 ⇐ d = +1 .
Statt alle Eingangswerte nacheinander zu prüfen, kann man die KNN-Gewichte in die Grenzge-
rade nach Gl. (12.20) umwandeln und in das Diagramm des Bildes 12.29 eintragen:
W θ 1 1
x 2 = ax1 + b = − 1 x1 + =− x1 + bzw. x 2 = −2 x1 + 2 .
W2 W2 0,5 0,5
Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die Grenze falsch gelegt hat und soll weiter trainiert
werden. In nächsten Abschnitten wird gezeigt, wie eine komplexe Grenze abgebildet wird.

12.3.2 Mehrschicht-KNN und Backpropagation

Die Einteilung der Eingangsvektoren kann von einzelnen Neuronen dann durch-
geführt werden, wenn die Grenze zwischen den beiden Klassen eine Gerade ist, wie
es bei den logischen Verknüpfungen UND und ODER der Fall ist. Sind für die Klas-
380 12 Intelligente Regelung

senbeschreibung mehrere Geraden bzw. mehrere logische Funktionen nötig wie z. B.


bei der logischen XOR-Verknüpfung, wird für jede Grenzgerade ein Neuron einge-
setzt. Damit entstehen die Mehrschicht-Netze, die aus Ein-, Ausgangs- und verdeckten
Neuronen bestehen (Bild 12.30).
x1 Der Lernvorgang läuft nach
x1´ Gln. (12.21), (12.22) ab, d. h.
x2 x1´´ zuerst werden die Ausgänge
y1 einzelner Schichten nacheinan-
der, von Ein- bis zur Ausgangs-
x3
ym schicht, berechnet. Dann wer-
den die Ausgangswerte
x4 xn´´
y1, y2, ... , ym
xn´ Ausgangsschicht und die Sollwerte
xn 2. verdeckte Schicht
1. verdeckte Schicht d1, d2, ... , dm
Eingangsschicht miteinander verglichen.
Bild 12.30 Mehrschicht-KNN mit 2 verdeckten Schichten

Entsteht dabei ein Fehler Ej = dj – yj bzw. der Gesamtfehler E = E12 + E 22 + ... ,


werden die Gewichte schrittweise korrigiert. Das Verfahren heißt Backpropagation,
da der Fehler rückwärts übertragen wird.
X Aufgabe 12.2
Ein Mehrschicht-KNN mit binären Eingängen x1 und x2 ist im Bild 12.31 gezeigt. Das Aus-
gangsneuron y hat binäre Transferfunktion. Der Ausgang des verdeckten Neurons V wird mit
1
einer Sigmoid-Transferfunktion v = ermittelt und gibt die Werte 0 < v <1 aus. Wel-
1 + e −α
che logische Funktion simuliert das KNN?

x1 θv = 2,2 θy = 6,3
− 4,2
− 6,4 1
+ αv 1
v +
+ αy y
+ − 9,4 Bild 12.31 Trainiertes
+
+ + 0
x2 0 KNN mit einem ver-
− 6,4
− 4,2 deckten Neuron

• Beispiel 12.11
Gegeben ist das in Bild 12.32 gezeigte Zweischicht-Netz mit Gewichten W1 = −5; W2 = 1,5;
Schwellenwerten θ1 = − 0,25; θ2 = 1,12 und mit exponentiellen Sigmoid-Transferfunktionen
1 1
v = f (α ) = und y = f (β ) = .
−α
1+ e 1 + e −β
Jede Schicht besteht aus nur einem Neuron
12.3 Neuro-Regelung 381
Die Ein-/Ausgänge des ersten Neurons sind x und v, die Ein- / Ausgänge des zweiten Neurons
sind v und y. Das KNN
θ1 θ2 wird mit einer einfachen
x − α v − β y Datei, die nur zwei Sätze
W1 f(α) W2 f(β) enthält, trainiert:
+ +
1) für x = 0 ist d = 0,5
2) für x = 1 ist d = 0,3.
Bild 12.32 KNN mit zwei Schichten zu Beispiel 12.11

Zuerst wird die Aktivierung und der Ausgang des verdeckten Neurons für x = 0 berechnet:
α = W1⋅x + θ 1 = −5⋅0 −(− 0,25) = 0,25
1 1
v= = = 0,5622 ,
−α
1+ e 1 + e −0, 25
dann die Aktivierung des zweiten Neurons und der Netzausgang:
β = W2⋅v + θ 2 = 1,5⋅0,5622 −1,12 = − 0,2767

1 1
y= = = 0,4313 .
−β 0, 2767
1+ e 1+ e
Da für den 1. Satz d = 0,5 gilt, entsteht ein Fehler am Netzausgang:
E1 = d – y = 0,5 – 0,4313 = 0,0687.
Für den 2. Satz x = 1 wird die Berechnung wiederholt. In diesem Fall ergebt sich:
v = 0,0086 y = 0,2484 E2 = d – y = 0,3 – 0,2484 = 0,0516.
Mit der Berechnung der quadratische Gesamtfehler
E = E12 + E22 = 0,0074
beginnt die Fehlerkorrektur bzw. Backpropagation. Der Fehler E wird für das verdeckte Neuron
umgerechnet, z. B.
Ev = E / W2= 0,0074 / 1,5 = 0,0049
und zwischen den beiden Schichten verteilt. Die Gewichte werden z. B. wie folgt korrigiert:
ΔW2 = η⋅E⋅(E1⋅v1+ E2⋅v2) = η⋅0,0074⋅(0,0687⋅0,5622 + 0,0516⋅0,0086)
ΔW1 = η⋅Ev⋅(E1⋅x1+ E2⋅x2) = η⋅0,0049⋅(0,0687⋅0 + 0,0516⋅1)
Beträgt z. B. die Lernschrittweite η = 500, so ergeben sich die folgenden Gewichte nach dem
ersten Lernschritt:
W2(neu) = W2 + ΔW2 = 1,5 + 0.1444 = 1,6444
W1(neu) = W1 + ΔW1 = −5 + 0,1271 = −4,8729
Die Lernschritte werden solange wiederholt, bis der Fehler E seinen minimalen Wert erreicht:
2. Schritt: E = 0,0050
3. Schritt: E = 0,0041
4. Schritt E = 0,0036
5. Schritt: E = 0,0033 usw.,
Im vorliegenden Beispiel konvergieren die Gewichte zu W1= − 2 und W2 = 2.
382 12 Intelligente Regelung

• Beispiel 12.12
Ein Einzelschicht-KNN mit zwei Eingängen und einem binären Ausgang (0, 1) soll für die Er-
kennung der logischen Funktion ODER mit Neural Network Toolbox trainiert werden. Die
Struktur das aus MATLAB/Simulink-Elementen aufgebauten KNN ist in Bild 12.33 dargestellt.

Bild 12.33
Struktur des KNN mit
MATLAB/Simulink
(Neural Network Tool-
box)

Die Anfangswerte von Eingängen sind: x1 = 1 und x2 = 0. Nach 5 s wird x2 sprungförmig von 0
auf 1 geändert. Die Eingabe erfolgt mit Anweisungen im MATLAB-Command-Fenster:
» W [ 2,−2]; % Eingabe von Gewichten
» b = −0.25 % Eingabe des Schwellenwertes
» P = [ 0, 0, 1, 1; 0, 1, 0, 1]; % Eingabe von Eingangsmustern
» T = [ 0, 1, 1, 1]; % Sollwerte nach ODER-Funktion
» plot (y) % Simulation/Start
» plotpv (P, T);
» plotpc (W, b).

Die mit den letzten zwei Befehlen geöffneten Grafik-Fenster zeigen die Netzzustände:
• bei x1 = 1 und x2 = 0 wird y = 1;
• bei x1 = 1 und x2 = 1 wird y = 0.
Aus dem Vergleich mit dem Bild 12.34a erkennt man, dass das KNN die Grenze falsch gelegt
hat und der Lernvorgang gestartet werden soll. Dies erfolgt mit Anweisung
» [ W, b, epochs, errors] = trainp (W, b, P, T, −1); % Lernen mit Lerndatei (P, T).

Nach 5 Epochen findet das Netz die korrekte Lage der Grenze (Bild 12.34b). Der Verlauf des
Fehlers wird mit der folgenden Anweisung ausgegeben: » plotter (errors)

a) b)

Bild 12.34 Lernvorgang: a) Beginn mit W =[ 2, −2], b = −0,25; b) Ende nach 5 Schritten
12.3 Neuro-Regelung 383

12.3.3 Regelkreisstrukturen mit KNN

Mit KNN als Regler sind neue Regelkreisstrukturen vorstellbar:


• mit einem Netz als Regler
• mit zwei Netzen: als Regler und als Beobachter
• mit einem Regler und einem Netz als Beobachter
Die KNN-Eingänge sind die Zustandsgrößen des Regelkreises, die Ausgänge sind je
nach KNN-Funktion entweder Stellgrößen oder Kennwerte des Reglers. Für den
Lernalgorithmus wird im Regelkreis eine zusätzliche „Lern-Rückführung“ eingebaut,
die jedoch zeitlich von der „normalen“ Kreis-Rückführung getrennt wirkt.
Ein-Netz-Verfahren
Bei der neuronalen Zustandsregelung (Bild 12.35) erhält das KNN an seinem Eingang
die Regeldifferenz e(t) und ihre Ableitungen, sowie die Vektoren der Stell- und Re-
gelgrößen y(t) und x(t).

gewünschter
Ausgang
w y Regel- x - + d
+ -e strecke Bild 12.35
A-Netz
Δ Zustandsregelung
wij
Regelkreis (Ein-Netz-Verfahren)
überwachtes Lernen

Da der Ausgang des KNN unmittelbar die Stellgröße y(t) ist, wird das Netz in diesem
Fall als Aktionsnetz, kurz A-Netz, bezeichnet. Analog dem Kompensationsregler, wird
das A-Netz trainiert, eine inverse Übertragungsfunktion der Regelstrecke 1/GS(s)
nachzubilden, d. h. die eigenen Gewichte Wji so einzustellen, dass die Differenz zwi-
schen dem Ausgang d (Sollwert) der reziproken Übertragungsfunktion und dem aktu-
ellen Netzausgang y minimal wird.
• Beispiel 12.13
Die Regelgröße x(t) ist der Drehwinkel der Rotorachse eines Servomotors (Bild 12.36). Die
Regelung erfolgt ohne Überschwingung.
überwachtes Lernen + xsoll
-
Regelkreis
Defuzzifizierung
Fuzzifizierung

1, T 1 KI Bild 12.36 Positions-


w + e y x
- regelung mit Ein-Netz-
Struktur (Neuro-
FAM-Netz Zustandsregelung)
384 12 Intelligente Regelung

Zwei-Netze-Verfahren
Das in Bild 12.37 gezeigte Ver-
fahren ist mit zwei Netzen reali-
siert. Zunächst wird das Emula-
w+ y Regel- x
-e
tornetz, kurz E-Netz, mit den
strecke
A-Netz
Ein- und Ausgängen der Regel-
wij strecke trainiert. Danach wird
- das A-Netz trainiert, wie in obi-
+ gem Fall der neuronalen Zu-
E-Netz Δ
Regelkreis standsregelung, jedoch wird hier
über das E-Netz gelernt.
unüberwachtes Lernen Im Vergleich zur klassischen
Regelung übernimmt das E-Netz
Bild 12.37 Neuronale prädiktive Regelung (Zwei- die Rolle eines Beobachters und
Netze-Struktur) das A-Netz die eines Reglers.

• Beispiel 12.14
ϕ Die Strecke ist ein Wagen mit dem Pendel,
der im stabilisierten Zustand in der Mitte der
Laufbahn gehalten werden soll (Bild 12.38).
Die Zustandsgrößen sind:
y
- der Winkel des Pendels ϕ (t)
0 - die Lage des Wagens x(t)
x
L - die Ableitung dϕ (t)/ dt
- die Ableitungen dx(t)/dt.
Bild 12.38 Regelstrecke: das inverse Pendel
Lernen
Die Stellgröße y(t) ist die Kraft, die schlagar-
FUZZIFIZIERUNG

Lernen
tig auf den Wagen wirkt (z. B. y = ±10 N).
Bei der neuronalen prädiktiven Regelung
E-Netz d
S
(Bild 12.39) wird keine Untersuchung der
Systemdynamik durchgeführt, sondern expe-
rimentell die Lerndaten gewonnen. Die Ge-
Pendel

Stellgröße wichtsänderung findet in einem Bereich von


162 binären Eingangssignalen (6 Bereiche
A-Netz für die Zustandsgröße ϕ (t) und 3 Bereiche
Zustandsgröße für anderen Zustandsvariablen) statt. Erhöht
man die Anzahl von Eingängen, so wird die
Bild 12.39 Stabilisierung des Pendels Trainingszeit verlängert. Ansonsten geht die
mit Zwei-Netze-Struktur Qualität der Regelung verloren.

Die gewünschten Ausgänge für das E-Netz sind in Bild 12.39 mit S bezeichnet. Sie werden aus
Versuchen mit dem Regelkreis gewonnen. Der Ausgang des E-Netzes d wird zum Lernen des
A-Netzes als gewünschter Ausgang (Sollwert) verwendet. Für eine Stellgröße, die zum stabilen
Zustand führt, wird d = 0, ansonsten wird d = −1 gesetzt.
12.3 Neuro-Regelung 385

Regler-Netz-Verfahren
Eine Regler-Netz-Struktur
w+ y
ist im Bild 12.40 gezeigt.
e Regel- x
Regler
- strecke Die Gewichte Wji sind die
KPR , Tv
Kennwerte des Reglers KPR,
- Tn oder Tv, die für verschie-
+ dene Arbeitspunkte des Re-
E-Netz Δ
gelkreises durch das KNN
Regelkreis
optimal eingestellt werden.
Eine weitere Modifikation
unüberwachtes Lernen dieses Verfahrens besteht
darin, dass der Regler durch
ein A-Netz ersetzt wird.
Bild 12.40 Regler-Netz-Struktur

Duale bzw. hybride Regelkreise


So nennt man Regelkreise, die aus konventionellen regelungstechnischen Gliedern mit
konstanten Parametern, so genannten LZI-Gliedern (lineare zeitinvariante Glieder,
siehe z. B. Abschnitt 11.1) und aus wissensbasierten KNN-Elementen, die sich mit
keinen mathematischen Verfahren beschreiben lassen, gebildet werden [147].
Es gibt folgende Verfahren zur Behandlung von dualen Regelkreisen:
a) Kooperative Behandlung, wenn KNN offline betrieben wird, d. h. zuerst Lernen,
dann Regeln, wie es in obigen Strukturen mit KNN der Fall ist.
b) Hybride Behandlung, wenn KNN online als Regler gilt. Dies kann, wie das nach-
folgende Beispiel zeigt, nur unter bestimmten Vereinfachungen erfolgen.

• Beispiel 12.15
Eine I-T2-Strecke soll mit einem P-Regler möglichst schnell und ohne Überschwingung gere-
gelt werden. Die Parameter sind gegeben: KPS = 1,6 , T1 = 0,1 s, T2 = 0,5 s, KIS = 0,2 s−1.
Den Entwurf des Regelkreises beginnen wir mit konventionellen Methoden und ermitteln zuerst
den Proportionalbeiwert KPR des P-Reglers nach dem Betragsoptimum. Aus der Übertragungs-
funktion des aufgeschnittenen Kreises:
K PR K PS K IS
G0 ( s ) =
s (1 + sT1 )(1 + sT2 )
mit der Ersatzzeitkonstante TE = T1 + T2 = 0,6 s ergibt sich die optimale Reglereinstellung:
K PR K PS K IS 1 1
G0 ( s ) =  K PR = = = 2,6
s (1 + sTE ) 2 K PS K ISTE 2 ⋅ 1,6 ⋅ 0,2 s −1 ⋅ 0,6 s
Dann ergänzen wir den Regelkreis mit Neuro-Fuzzy-Elementen, wie in Bild 12.41 gezeigt ist.
Die Fuzzifizierung erfolgt mit Hilfe von drei Parallelzweigen. Die Inferenz ist durch die KNN-
386 12 Intelligente Regelung
Algorithmen mit der anschließenden Addition ersetzt worden. In jedem Zweig sind P-Glieder
vorhanden, die aus den oben berechneten optimalen Wert KPR = K = 2,6 ermittelt werden, z. B.
für den mittleren Zweig 0,5K = 1,3.

Bild 12.41 Wirkungsplan des Regelkreises mit Neuro-Fuzzy-Regler in MATLAB/Simulink

Mit Fuzzy- und Neuro-Elementen


kann die Kennlinie des Reglers an
die Strecke besser angepasst wer-
den. Zu diesem Zweck ist im mitt-
leren Zweig das lineare Neuron
Pure linear mit kleinerer Steigung
der Kennlinie als die bei den bei-
den Tan sigmoid Neuronen einge-
stellt. Die Saturation-Neuronen
mit Gewichten W_sn = −W_pn bil-
den die benötigten Sättigungsab-
schnitte des Fuzzy-Sets. Die Ge-
wichte W und Bias (Schwellen-
wert) b und − b richten sich nach
dem optimalen KPR-Wert:
W = 3 KPR und b = 0,5 KPR.
Bild 12.42 Sprungantworten zum Bild 12.38

Bild 12.42 zeigt die Sprungantworten von Kreisen mit und ohne KNN auf einen Führungs-
sprung von w0 = 0,5. Der KNN-Regler reagiert fast doppelt so schnell wie der P-Regler und hat
dabei keine Überschwingung. Allerdings ist die Sprungantwort des KNN-Reglers von der Höhe
des Eingangssprungs abhängig, da es sich um einen streng nichtlinearen Regler handelt.
387

13 Zustandsregelung

13.1 Zustandsebene
Für die Zustandregelung ist bei Master-Studiengängen mit dem Schwerpunkt Auto-
matisierungstechnik üblicherweise eine semesterlange Lehrveranstaltung vorgese-
hen. Dieses Thema in einem Abschnitt zu beschreiben ist unrealistisch, so dass
nachfolgend nur deren Grundlagen kurz erläutert werden, um die praktische An-
wendungen oder den Einstieg in die weiterführende Literatur, z. B. [23], [24], [31],
[83], [114] und [148], zu erleichtern.
Die Methoden der Zustandsregelung sind besonders effektiv für nichtlineare Stre-
cken und Mehrgrößenstrecken. Wir beginnen jedoch die Einführung in die Zu-
standsregelung von einem linearen Beispiel, um zu zeigen, dass die Zustandsrege-
lung auch ohne spezielle Kenntnisse für einfache Regelstrecken erfolgen kann.

y Beispiel 13.1
Gegeben ist eine Strecke (Bild 13.1), die aus zwei I-Gliedern mit KIS1 = KIS2 = 1 s-1 besteht.
Die Strecke hat messbare Zustandsvariablen x und x1.

KIS1 KIS2
x1 x
u
k
+ −
+ k1
+
k2

Bild 13.1 Regelung eines Doppel-I-Gliedes mit Zustandsrückführungen

Nach einem Einheitssprung der Stellgröße u(t) soll die Regelgröße von x(0) = 0 zu einem gege-
benen Endwert, z. B. x(∞) = 1 gebracht werden, und zwar so, dass sich der Dämpfungsgrad
zwischen ϑ = 0,3 und ϑ = 0,4 befindet. Die dafür benötigten Polstellen p1 und p2 des geschlos-
senen Kreises sind unten gegeben:
p1,2 = −1 ± 2 j

Die Aufgabe besteht in einer geeigneten Wahl der Proportionalbeiwerten k1 und k2. Solche Ver-
fahren, bei denen die Pole an gewünschte Stellen platziert werden, nennt man Polzuweisung
oder Pole Placing.
Bestimmen wir zuerst die Übertragungsfunktion des ersten, inneren Kreises
1
s 1 1 1 / k1 1
Gw1 ( s ) = = = = , wobei Tw = ist.
1
1 + ⋅ k1 s + k  1  1 + sT k
1
k1 1 + s  w 1
s
 k1 

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_13,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
388 13 Zustandsregelung
Dann wird die Übertragungsfunktion des zweiten, äußeren Kreises bestimmt:
1 1 1
Gw1 ( s ) ⋅ ⋅
s k s (1 + sTw ) 1
Gw ( s ) = = 1 = 2
1 1 1
1 + Gw1 ( s ) ⋅ ⋅ k1 1 + ⋅ ⋅ k1 s + k1s + k 2
s k1 s(1 + sTw )

Laut Aufgabenstellung ist die gewünschte Übertragungsfunktion GM(s) mit den gegebenen Pol-
stellen wie folgt gegeben:
1 1 1
GM ( s ) = = 2 = 2
( s − p1 )(s − p2 ) s − s( p1 + p2 ) + p1 p2 s + 2s + 5

Aus der Bedingung Gw ( s ) = GM (s ) folgt die Lösung:

 k1 = 2
s 2 + k1s + k 2 = s 2 + 2s + 52  
k 2 = 5
Um den Beharrungswert x(∞) nach dem Einheitssprung u0 = 1
k k
x (∞) = lim k ⋅ Gw ( s ) ⋅ u0 = lim ⋅ u0 =
2
s →0 s →0 s + 2s + 5 5
an den gegebenen Wert x(∞) = 1 anzupassen, wird k = 5 eingestellt.

13.1.1 Zustandsebene eines linearen Systems

Die vorherige Aufgabe wurde nicht wie gewöhnlich formuliert und gelöst. Die
Stellgröße wurde nicht wie üblich mit y, sondern mit u bezeichnet. Anstelle eines
Reglers wurden zwei Rückführungen k1 und k2 eingesetzt. Es fehlt die Führungsgrö-
ße, sie ist in der Aufgabenstellung als die Bedingung x(∞) = 1 enthalten.
Zwar wurde die Aufgabe mit gewöhnlichen Methoden gelöst, ist die Lösung nur für
einfache Strecken mit zwei-drei Zustandsvariablen möglich. Um das Verfahren zu
verallgemeinern, soll der Wirkungsplan der Strecke anders als bisher dargestellt
werden. Man sagt, die Strecke soll im Zustandsraum beschrieben werden.
Betrachten wir als Beispiel eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung:
d 2 x(t ) dx(t )
+ a1 + a0 x(t ) = k ⋅ u (t ) bzw. x + a1x + a0 x = k ⋅ u
2 dt
dt
Für die freie, ungezwungene Bewegung des Systems bei u = 0 gilt:
x + a1x + a0 x = 0
Fügen wir neue Variablen ein, nämlich:
x1 = x
(13.1)
x2 = x
13.1 Zustandsebene 389

Unter Beachtung x = x1 und x = x2 sowie x = x2 , wird die letzte Differentialglei-
chung der freien Bewegung des Systems umgeschrieben:
 x2 + a1 x2 + a0 x1 = 0  x2 = −a1 x2 − a0 x1
 bzw. 
 x1 = x2  x1 = x2

Der Vorteil dieser Darstellung besteht einerseits darin, dass die DGL 2. Ord-
nung durch die DGL 1. Ordnung ersetzt wurde; andererseits folgen daraus die
Gleichungen x2 = f (x1) von Trajektorien in der Zustandsebene. Um die Trajek-
torien zu bilden, dividieren wir die obere Differentialgleichung durch die untere
 dx2 dx2
 dt = − a1x2 − a0 x1 dt = − a1x2 − a0 x1
 dx 
 1 = x2 dx1 x2 x2
 dt dt

x2 = x und eliminieren wir daraus die Zeit:
t=0 dx2 x
= −a1 − a0 1 (13.2)
dx1 x2

Aus der letzten DGL kann man unter bestimmten Bedin-


0 x1 = x gungen die Trajektorien (Isoklinen) bestimmen, wobei
jedem Zeitpunkt t ein Punkt der Zustandebene (x1, x2)
entspricht (Bild 13.2). Die Zusammensetzung von allen
Punkten, von t = 0 bis zum Endwert bei t = ∞, stellt gra-
Bild 13.2 Zustandsebene fisch die freie Bewegung des Systems dar.

Erreicht die Zustandskurve bei t = ∞ den Wert x2 = 0 (Bild 13.3), wird das geschlos-
x
sene System stabil. In der Gl. (13.2) handelt es sich dabei um eine Singularität 1 .
0


x2 = x x2 = x

Ruhezustand im Ruhelage auf


Koordunatenanfang der x - Achse

0 0
x1 = x x1 = x

Bild 13.3 Beharrungszustände von stabilen Systemen: links (x1=0); rechts (−a0=0)
390 13 Zustandsregelung

Es gilt dabei x1 = 0 bzw. x1 = const, wie es aus der Gleichung x1 = x2 folgt. Gleich-
zeitig ergibt sich aus der Gleichung x2 = −a1 x2 − a0 x1 die folgende Bedingung für
Ruhelage:
x2 = −0 − a0 x1 = 0
− a0 x1 = 0

13.1.2 Stabilitätsuntersuchung in der Zustandsebene

Betrachten wir die Gleichung der Zustandskurve


dx2 x
= −a1 − a0 1
dx1 x2

und nehmen wir an, dass x2 und x1 miteinander linear verbunden sind:
x2 = K ⋅ x1

Dies entspricht einer Geraden mit der Steigung


dx2
=K.
dx1

Die Zustandsgleichung wird damit zu einer quadratischen Gleichung umgewandelt


und gelöst:
dx2 x
= K = −a1 − a0 1  K 2 = −a1K − a0
dx1 x2

a a12 − 4a0
K 2 + a1K + a0 = 0  K1, 2 = − 1 ±
2 4

Abhängig vom Vorzeichen des Terms a12 − 4a0 entstehen unterschiedliche Zu-
standskurven. Die typischen Zustandskurven und die Sprungantworten sind in der
Tabelle 13.1 gezeigt. In der Tabelle 13.2 sind gesondert die Trajektorien einer
DGL 2. Ordnung bei a1 = 0 oder a0 = 0 zusammengefasst:
x + a1x = k ⋅ u

Insgesamt sind folgende drei Fälle möglich:


• Fall 1: a12 < 4a0 imaginäre Polstellen
• Fall 2: a12 > 4a0 komplexe Polstellen (die weiteren Optionen sind
in der Tabelle 13.3 zusammengefasst)
• Fal 3 a12 = 4a0 reelle Polstellen
13.1 Zustandsebene 391

Tabelle 13.1 Verlauf der Zustandskurven bei Bedingungen a12 > 4a0

I II III IV
a1 > 0 a0 > 0 a1 < 0 a0 > 0 a1 > 0 a0 = 0 a1 > 0 a0 < 0

x2 x2 x2 x2

x1 x1
0
0 0 x1 0 x1

Knotenpunkt stabil Knotenpunkt instabil Wirbelpunkt Sattelpunkt

x1 x1 x1 x1

t t t t

Tabelle 13.2 Zustandskurven bei a0 = 0 oder a1 = 0

a0 = 0 a1 = 0

dx2 x2 dx2 = −a0 x1dx1


= −a1
dx1 x22 x2
x2 = −a1x + C + 1 =1
a0C C
I II III IV
a1 > 0 a1 < 0 a0 > 0 a0 < 0

x2 x2 x2 x2

x1
0
x1 x1 0 x1

stabil instabil Wirbelpunkt Asymptotisch instabil


392 13 Zustandsregelung

Tabelle 13.3 Knotenpunkte bei der Bedingung a12 > 4a0

I II III IV V
a1 > 0 a0 > 0 a1 < 0 a0 > 0 a1 > 0 a0 < 0 a1 = 0 a0 < 0 a1 < 0 a0 < 0

K1 < 0 K2 < 0 K1 > 0 K2 > 0 K1 > 0 K2 < 0 K1 = − K2 K1 < 0 K2 > 0

x2 x2 x2 x2 x2

x1 0 x1
0 x1 0 x1 0 x1 0

stabil instabil instabil instabil instabil

y Beispiel 13.2

Betrachten wir das in Bild 13.4 dargestellte System zunächst unter der Annahme, dass sämtli-
che Glieder linear sind, so erhält man folgende Differentialgleichung
mxa (t ) + bx a (t ) + cx a (t ) = Ax e (t ) . (13.3)

xe Hat die Feder keine lineare, sondern z. B. eine quadrati-


A sche Charakteristik

F f = c ⋅ x a2 ,
m
so nimmt die Differentialgleichung folgende Form an
xa
mxa (t ) + bx a (t ) + cx a2 (t ) = Axe (t ) (13.4)
C
b Es handelt sich hierbei um eine DGL 2. Ordnung, aber
vom 2. Grade. Im Gegensatz zu den linearen DGL, in
denen
xa , xa , xa , ...
Bild 13.4 System 2. Ordnung:
A Membranfläche, nur in der ersten Potenz vorkommen, tritt in Gl. (13.4)
b Dämpfungskonstante, xa in der zweiten Potenz auf. Generell kann man eine
c Federkonstante, DGL n. Ordnung in ein System von n DGL 1. Ordnung
m Masse der bewegten Teile. umformen.

Auf Gl. (8.64) angewandt, erhalten wir durch Einführen der Zustandsvariablen
xa (t ) = x1 (t ) und x a (t ) = x1 (t ) = x 2 (t )
13.1 Zustandsebene 393
die so genannten Zustandsdifferentialgleichungen
x1 (t ) = x 2 (t ) (13.5)

c 2 b A
x 2 (t ) = − ⋅ x1 (t ) − x 2 (t ) + ⋅ xe (t ) . (13.6)
m m m

Die Lösungen der beiden DGL x1(t) und x2(t) stellen für jeden Zeitpunkt den Zustand des Sys-
tems dar. Tragen wir für t = 0 ... ∞ die Punkte x1(t) und x2(t) in einem kartesischen Koordina-
tensystem auf, so erhalten wir die Zustandskurve oder Trajektorie des Systems. Bild 13.5 zeigt
die Trajektorienschar, die für xe(t) = xe0(t) = konst. durch Veränderung der Anfangsbedingun-
gen x1(0), x2(0) entstehen.

Für xe(t) = xe0(t) = konst. kann durch Division der Gl. (13.6) durch Gl. (13.5) die unabhängige
Variable t eliminiert werden, und man erhält statt der beiden DGL (13.5) und (13.6) eine ein-
zige Differentialgleichung 1. Ordnung

dx 2 c x12 b A xe0
=− ⋅ − + ⋅ . (13.7)
dx1 m x2 m m x2

x2

8
7
6
5
4
3
2

-9 -8 -7 -6 -5 -4 -3 -2 -1
1 2 3 4 5 6 7 8 x1
-1
-2
-3
-4
-5
-6
-7
-8
-9 Bild 13.5
-10 Verlauf der Trajektorien des
dx2 -11 durch die Zustandsdifferenti-
=0
dx1 -12 algleichungen (13.5) und
-13 (13.6) gegebenen Systems
394 13 Zustandsregelung

Die Isoklinen dx2/dx1= K = konst. lassen sich aus Gl. (13.7) in einfacher Weise ermitteln und
ergeben die Parabeln
1
x2 = [ A ⋅ x e0 − c ⋅ x12 ]. (13.8)
Km + b

Speziell für dx2/dx1= K = konst.= ∞ folgt x2 = 0, d. h. die Trajektorien schneiden die x1-Achse
senkrecht. Ferner liegen die relativen Maxima und Minima der Trajektorien (für K = 0) auf der
Parabel
1
x 2 = [ A ⋅ x e0 − c ⋅ x12 ]. (13.9)
b

Nimmt das System für t → ∞ eine Ruhelage ein, so müssen die zeitlichen Änderungen x1 = 0
und x 2 = 0 sein. Damit erhalten wir aus den Gln. (13.5) und (13.6)

A
x1 (∞) = ± ⋅ x e0 . (13.10)
c
Es handelt sich um zwei Knotenpunkte, von denen der mit dem positiven Vorzeichen ein stabi-
ler und der mit dem negativen ein instabiler Knotenpunkt ist. Für
x e0 ⋅ A b m
= 2; = 2s ; = 1s2
c c c
zeigt Bild 13.5 den Verlauf der Zustandskurven. Das schraffierte Gebiet ist der Einzugsbereich
der asymptotischen Stabilität für den Knotenpunkt
A
x1 = + ⋅ xe0 .
c

13.1.3 Zustandsrückführung eines nichtlinearen Systems

Entsprechend im Linearen sucht man auch bei nichtlinearen Systemen allgemeine Sta-
bilitätskriterien ohne die Zustandsdifferentialgleichungen (13.5) und (13.6) lösen zu
müssen. Zeigen wir nun an einem Beispiel, wie man mit Hilfe der Zustandsebene ei-
nen Kreis mit einem Zweipunktregler entwerfen kann.

y Beispiel 13.3

Gegeben ist ein Doppel-I-Glied, das mit einem Zweipunktregler geregelt wird (Bild 13.6). Das
Stellsignal u wird zwischen zwei Werten umgeschaltet: u = +1 and u = −1.
Die Differentialgleichung der Strecke mit dem Integrierbeiwert KI ist gegeben: x = K I ⋅ u
 x 2 = K I ⋅ u
Es werden neue Variablen (13.1) eingefügt und ein Gleichungssystem gebildet: 
 x1 = x2
dx2
Weiterhin wird die obere Gleichung durch die untere dividiert: dt = K I ⋅ u
dx1 x2
dt
13.1 Zustandsebene 395
u=±1 KIS1 •
KIS2
w u x2 = x x1 = x
+ −
+ k2
+

Bild 13.6 Stabilisierende Rückführung des Kreises mit dem Doppel-I-Glied

Es ergibt sich eine DGL 1. Ordnung mit folgender Lösung:


dx2 K I ⋅ u x22
=  x2 ⋅ dx2 = K I ⋅ u ⋅ dx1  = K I ⋅ u ⋅ x1 + C
dx1 x2 2
Die Lösung stellt sich in der Zustandsebene eine quadratische Parabel dar:
x22 = 2 K I ⋅ u ⋅ x1 + C
Nehmen wir an, dass KI = 1 ist. Die entstehenden Parabelscharen bei zwei Stellwerten u = ± 1
sind unten in der Tabelle gezeigt.

u = +1 u = −1

x22 = 2 x1 + C x22 = −2 x1 + C

x2 x2
C=0 C=0

x1 x1
0 0

Der Zweipunktregler schaltet ein und ab, wenn die Regeldifferenz


e=w−x
den Wert e = 0 erreicht. Nehmen wir zur Vereinfachung an, dass w = 0 ist. In diesem Fall wird
e= −x=0
bzw. die Zustandsvariable
− x1 = 0.
Somit liegt die Schaltlinie direkt auf der Ordinatenachse x1 = 0, wie in Bild 13.7 links gezeigt
ist. Daraus ist ersichtlich, dass ein Grenzzyklus bzw. eine Dauerschwingung mit konstanter
Amplitude entsteht. Die Trajektorien nähern sich nicht dem Ursprung, sondern durchlaufen eine
geschlossene Kurve.
396 13 Zustandsregelung
Aus der Betrachtung der beiden Parabelscharen stellt man fest, dass eine nach links geneigte
Schaltlinie, wie im Bild 13.7 rechts gezeigt ist, den Grenzzyklus in eine Spirale umwandelt.
Nach jeder Umschaltung wird die Amplitude kleiner, so dass die Trajektorie nach endlich vie-
len Umschaltungen den Koordinatenanfang bzw. die Ruhelage erreichen wird.

x2 x2

α
x1 x1

Schaltlinie Schaltlinie
x1 = 0 x2 = −k1x1

Bild 13.7 Zustandskurven des Regelkreises und Schaltlinien des Zweipunktreglers

Die Schaltlinie
x2 = − k 1 x1
mit der Steigung k1 kann in Regelkreis eingebaut werden, indem man die negative Rückführung
des Kreises mit einer zusätzlichen Rückführung, wie im Bild 13.6 gezeigt, erweitert.
Die Schaltlinie
x2 = − k 1 x 1
wird mit dem Koeffizient k1 > 0 erzeugt:
x2 + kx1 = 0

1
x2 + x1 = 0
k1
,
k2

k 2 x2 + x1 = 0
In Wirklichkeit erreicht jedoch die Spirale nicht den Ursprung, sondern endet auf der Schaltge-
raden. Danach rutscht der Arbeitspunkt geradlinig zum Ursprung entlang der Schaltlinie. Es
wird empfohlen, die Steigung der Schaltgeraden k1 = tan α möglichst groß oder möglichst klein
zu wählen. Bei großen k1 hat der Rückführkoeffizient k2 einen kleinen Wert, und folglich wird
die Zeitkonstante klein. Aber mit dem Winkel α ≈ 90° steht die Schaltgerade fast senkrecht,
und die Schwingungen werden erst nach mehreren Umschaltungen abklingen. Bei kleinen k1
dagegen hat die Schaltgerade sehr starke Neigung, große Schwingungsperiode, aber wenige
Schnitte mit der Schaltgeraden.
Im Bild 13.8 ist der oben behandelte Regelkreis mit k2 = 0,045 bzw. k1 = 22,2 und α ≈ 88° si-
muliert (große Steigung der Schaltgeraden). Nach 9 Umschaltungen landet die Spirale auf den
Schaltgeraden und rutscht in Ursprung.
13.2 Zustandsraum 397

Bild 13.8 Simulation eines nichtlinearen Regelkreises mit Zustandsrückführung

13.2 Zustandsraum
Die grafische Darstellung der Zustandsebene lässt viele Aufgaben effektiv lösen, ist
jedoch für Systeme mit mehr als zwei Variablen ungeeignet. Für solche Fälle sollen
Matrizen und Vektoren als Beschreibungsfunktionen einbezogen werden.
Der Wirkungsplan einer solchen Mehrgrößenstrecke ist im Bild 13.9 gezeigt. Die
Zustandsgleichungen der Mehrgrößenstrecke lauten:
x = A x + B u Zustandsgleichung (state equation)
y=C x Beobachtungsgleichung ( observation equation)
Die in diesen Gleichungen vorkommenden Signale und Matrizen sind:
x Zustandsvektor bzw. Regelgröße [1 × n]
u Stellgrößenvektor bzw. Eingang [1 × p]
y Regelgrößenvektor bzw. Ausgang [1 × q]
A Systemmatrix bzw. Dynamikmatrix [n × n]
B Steuermatrix bzw. Eingangsmatrix [p × n]
C Beobachtungsmatrix bzw. Ausgangsmatrix [n × q]

.
u x x y
B  C
+ 

Bild 13.9 Wirkungsplan einer Strecke mit Zustandsvariablen


398 13 Zustandsregelung
y Beispiel 13.4

Ein System hat n Zustände, p Eingänge, q Ausgänge. Die Struktur bzw. die Dimension der Sys-
temgleichungen ist unten veranschaulicht.

x + x =
n=3
p=2 .
A=[n x n] x=[1 x n] B=[p x n] u=[1 x p] x=[1 x n ]
q=2

x + x =

C=[n x q] x=[1 x n] D=[q x p] u=[1 x p] y=[1 x q ]

Selbstverständlich entsteht sofort die Frage: Wie kann man die gewöhnlichen Über-
tragungsfunktionen in die Zustandsgleichungen umwandeln und umgekehrt? Die
analytische Umwandlung für Systeme 2. Ordnung ist einfach.
Für Systeme mit mehreren Variablen stellt der Control System Toolbox vom MAT-
LAB die Konvertierungsbefehle zur Verfügung, wie unten in Tabelle gegeben.

Bezeichnung MATLAB-
Umwandlung Anwendung
des Befehls Befehl
Übertragungsfunktion transfer function
tf2ss [A, B, C, D] = tf2ss (num, den)
in Zustandsgleichung to state space

Zustandsgleichung in state space to


ss2tf [num, den] = ss2tf (A, B, C, D)
Übertragungsfunktion transfer function

Beachten wir, dass auch die Matrix D in der Tabelle vorkommt, die in diesem Ab-
schnitt nicht betrachtet wird. Die Durchgangsmatrix D führt das Stellsignal u vorwärts
auf das Ausgangsignal und wird mit y addiert. Man soll auch die Bezeichnungen be-
achten: die Stellgröße bei Zustandsgleichungen wird als u, wie es in der Literatur über
Zustandsregelung üblich ist, bezeichnet. Bei Übertragungsfunktionen wird aber für
die Stellgröße die Bezeichnung y, wie überall in diesem Buch, behalten.

y Beispiel 13.5

Gegeben ist ein System 2. Ordnung mit der Übertragungsfunktion


k
G(s) =
2
a2 s + a1s + a0

bzw. mit der Differentialgleichungen


a2 x + a1 x + a0 x = k ⋅ u
13.2 Zustandsraum 399
Es werden neue Variablen eingefügt
 a a k
 x 2 = − 1 x2 − 0 x1 + u
 a 2 a 2 a 2
 x1 = x2

und mit folgenden Bezeichnungen


a1 a0 k
− = A1 − = A1 =B
a2 a2 a2

in Vektor-Matrizen-Form umgeschrieben:
 x1 
 x2   A1 A2 B    x  A A2   B
  =   ⋅  x2   x =  2  A =  1  B =  
 x1   1 0 0     x1  1 0  0
u

y Beispiel 13.6

Es sollen die Zustandsgleichungen bzw. die Matrizen A, B, C und D für gegebene Übertra-
10
gungsfunktion G ( s ) = 2 bestimmt werden.
s + 5s + 6
Das MATLAB-Skript sieht wie folgt aus:
num = [10]; % Eingabe des Zählerpolynoms
den = [ 1 5 6 ]; % Eingabe des Nennerpolynoms
[A, B, C, D] = tf2ss (num, den) % Konvertierung
Ausgabe:
− 5 − 6 1
A =   B =   C = (0 10) D=0
 1 0  0
Das entsprechende System der Differentialgleichungen ist:
 x1 = −5 x1 − 6 x2 + u

 x 2 = x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u
 y = 0 ⋅ x + 10 x + 0 ⋅ u
 1 2

y Beispiel 13.7

Gegeben ist das System der Zustandsgleichungen, dass in die Übertragungsfunktion bzw. Diffe-
rentialgleichung konvertiert werden soll:
 x1 = 10 x1 + 5 x2 + 4u
 10 5  4
 x 2 = 15 x1 + 3x2 + 5u bzw. A =   B =   C = (1 1) D=0
 y = x + x + 0⋅u 15 3   5
 1 2

Das MATLAB-Skript:
400 13 Zustandsregelung
A = [10, 5; 15, 3]; % Eingabe der Systemmatrix A
B = [4; 5]; % Eingabe der Steuermatrix B
C = [1, 1]; % Eingabe der Ausgangsmatrix C
D = 0; % Eingabe der Durchgangsmatrix D
[num, den] = ss2tf (A, B, C, D) % Konvertierung
Ausgabe: num = [ 0 9 23 ]; % Zählerpolynom
den = [ 1 −13 −45 ]; % Nennerpolynoms
Die gesuchte Übertragungsfunktion und DGL des Systems mit der Eingangsgröße y(t) und der
Ausgangsgröße x(t) sind somit:
9 s + 23
G ( s) = 2  x(t ) − 13x (t ) − 45 x(t ) = 9 y (t ) + 23 y (t )
s − 13s − 45
Man stellt sofort fest, dass die gegebene Strecke instabil ist, da die Koeffizienten des Polynoms
2. Ordnung negativ sind. Die Stabilitätsprüfung kann auch für Zustandsgleichungen einfach
vorgenommen werden, indem man die Polstellen mit dem Befehl P = eig(A) bestimmt.

13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit


Die Besonderheit von Mehrgrößensystemen besteht darin, dass sich die Strecke
nicht unbedingt beobachten und steuern lässt, wie es bereits im Abschnitt 8.7.5 kurz
angesprochen wurde. Dies betrifft Systeme, die sowohl mittels Übertragungsfunkti-
onen, als auch mittels Zustandsgleichungen beschrieben sind.
Ein Regelkreis ist steuerbar, wenn die Regelgröße von einem beliebigen Anfangszu-
stand in einen gewünschten Endzustand mittels geeigneten Stellgrößen überführt
werden kann. In der Literatur wird zwischen Steuerbarkeit und vollständiger Steu-
erbarkeit unterschieden, sowie der Begriff der Erreichbarkeit eingeführt.
Die Beobachtbarkeit betrifft die Messbarkeit der Regelstrecke. Wenn nicht alle Zu-
standsvariablen messtechnisch zu erfassen sind, soll die für die Regelung erforderli-
che Information aus dem Ausgangsvektor y gewonnen werden. Dafür wird die Re-
gelung über eine bestimmte Zeit beobachtet, um daraus abschließend die Zustands-
variablen zu rekonstruieren.
Laut Kalman wird ein System mit der Dynamikmatrix A dann vollständig steuerbar,
wenn eine speziell dafür gebildete Matrix SS, genannt Steuerbarkeitsmatrix
SS = ( B AB A2 B ... An − 1 B),
den Rang n hat, wobei n die Dimension der Systemmatrix A [n × n] ist. Mathema-
tisch heißt es: Ein System ist vollständig steuerbar, wenn es gilt
rang SS = n .
Ähnlich wird die Beobachtbarkeit formuliert, nämlich: Ein System mit der System-
matrix A ist dann beobachtbar, wenn eine speziell dafür gebildete Beobachtbarkeits-
matrix SB
13.3 Steuerbarkeit und Beobachtbarkeit 401

SB = ( C CA CA2 ... CAn − 1) T


den gleichen Rang hat, wie die Dimension der Dynamikmatrix A bzw. wenn es gilt:
rang S B = n

Die Herleitung von Matrizen SS und SB wird hier nicht diskutiert. Merken wir nur,
dass die Matrix SB oben transponiert dargestellt wurde, was durch das Zeichen T
angedeutet ist.

y Beispiel 13.8

Gegeben ist das System 2. Ordnung:


 x1 = 2 x1 + 0 ⋅ x2 + 0 ⋅ u
 − 2 0  0 
 x 2 = 3x1 − 4 x2 + 3,5u bzw. A =   B =   C = (1 0 )
 y = x + 0⋅ x  3 − 4  3,5 
 1 2

Zuerst wird der Rang des Systems bestimmt:


A = [ −2, 0; 3, −4]; % Eingabe der Systemmatrix
B = [ 0; 3.5]; % Eingabe der Steuermatrix
C = [ 1, 0]; % Eingabe der Ausgangsmatrix
length(A) % die Dimension der Matrix A bestimmen
Es wird ausgegeben:
length(A) = 2
Dann werden die Steuerbarkeit (Controlability) geprüft:
Co = ctrb (A, B) % Controllability matrix Co
Es ergibt sich:
 0 0
Co =   und rank(Co) = 1
 3,5 − 14 
Dann wird die Beobachtbarkeit (Observability) geprüft:
Ob = obsv (A, C) % Observability matrix Ob
Es ergibt sich:
 0 1
Ob =   und rank(Ob) = 1
 3 − 4 
Fazit: das System ist nicht beobachtbar
rank(Ob) ≠ length(A),
und nicht steuerbar
rank(Co) ≠ length(A).
402 13 Zustandsregelung
Das kann man folgendermaßen erklären: Da die Variable x1 sich weder vom Stellsignal u, noch
von der Variable x2 beeinflussen lässt, ist das System nicht steuerbar. Auch ist das System nicht
beobachtbar, weil die Information über die Variable x2 im Ausgangsvektor
y = x1 + 0 ⋅ x2
fehlt. Nehmen wir an, dass der Ausgangsvektor anders gegeben wird, nämlich:
y = 0 ⋅ x1 + x2
In diesem Fall wird C = [ 0, 1 ], und das System wird beobachtbar:
rank(Ob) = 2.
Die fehlende Information über x1 kann aus der erfassbaren Variable x2 rekonstruiert werden.

13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung

13.4.1 Zustandrückführung

Betrachten wir nun die Aufgabe der Polzuweisung für ein System, das mit Zu-
standsgleichungen gegeben ist:
 x = A x + B u
 (13.11)
y = C x
Gesucht ist die Zustandsrückführung K bzw. die Matrix der Dimension [n × 1], bei
der die gewünschte Polstellen erreicht werden.
Im Bild 13.10 ist der Wirkungsplan eines Systems mit
u = −K x (13.12)
dargestellt.

. Der gewünschte
u x x y Polstellenvektor ist:
B  C
+ +   p1 
−  
A
P =  ... 
p 
 n
K

Bild 13.10 Wirkungsplan eines Systems mit Zustandsrückführung K

Unter Beachtung der Rückführung transformiert sich die Zustandsgleichung zu


x = ( A − BK ) x (13.13)

und die Lösung ergibt sich aus der charakteristischen Gleichung:


det(s I − ( A − BK )) = s I − ( A − BK ) = 0
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 403
y Beispiel 13.9

Für das gegebene System


 x1 = x1 + x2 + 2u
 1 1  2 
 x 2 = 5 x1 − 6 x2 + 5,5u bzw. A =   B =   C = (0 1)
 y = 0⋅ x + x 5 − 6  5,5 
 1 2

mit gewünschten Polstellen


 p1 = −2 + j p 
 bzw. P =  1 
 p 2 = −2 − j  p2 
soll die Matrix der Rückführkoeffizienten K = (k1 k 2 ) bestimmt werden.
Mit MATLAB erfolgt die Lösung einfach durch die Eingabe des Befehls place:
A = [ 1, 1; 5, −6]; % Eingabe der Systemmatrix
B = [ 2; 5.5]; % Eingabe der Steuermatrix
C = [ 0, 1]; % Eingabe der Ausgangsmatrix
p1 = −2 + j; p2 = conj(p1); % Eingabe von gewünschten Polstellen
P = [p1; p2] % Eingabe des Pollstellenvektors
length(A); % Dimension der Systemmatrix A: length(A) = 2
Co = ctrb (A, B) % controlability matrix Co (Steuerbarkeitsmatrix),
Ausgabe: Co = [ 2, 7.5; 5.5, −23 ];
rank(Co) % Steuerbarkeitsprüfung
Ausgabe: rank (Co) = 2 bzw. das System ist steuerbar
rank(Co) = length(A)
Ob = obsv (A, C) % observability matrix Ob (Beobachtbarkeitsmatrix)
Ausgabe: Ob = [ 0, 1; 5, −6 ];
rank(Ob) % Beobachtbarkeitsprüfung
Ausgabe: rank (Ob) = 2 bzw. das System ist beobacht-
bar, rank(Ob) = length(A)
K = place(A, B, P) % Berechnung von k1, k2 nach Pole Placing-Methode
Ausgabe: K = [ 1.0602 −0.5673 ];
P = eig(A − B*K) % Lösungskontrolle. Ausgabe: p1 = −2 + j; p2 = −2 − j
Das MATLAB /Simulink-Modell mit der oben bestimmten Zustandsrückführung ist im Bild
13.11 gezeigt. Im Bild 13.12 sind die Sprungantworten vor und nach der Polzuweisung gege-
ben.

Bild 13.11 MATLAB/Simulink-Modell der Zustandsregelung einer instabilen Strecke


404 13 Zustandsregelung

Bild 13.12 Die Sprungantworten der Strecke: links - ohne Zustandsrückführung, rechts - mit
Zustandsrückführung K = (1,0602 −0,5673)

13.4.2 Vorfilter

Haben die Regelstrecke und die Zustandrückführung keinen I-Anteil, wie es im vorhe-
rigen Beispiel der Fall war, kann die bleibende Regeldifferenz nicht abgebaut werden,
es soll dafür entweder einen Vorfilter (scaling factor) eingeführt oder einen Regel-
kreis mit dem PI-Regler gebildet werden.
Der Vorfilter (auch Nbar genannt) wird vor dem Eingangssignal u, wie im Bild 13.13
gezeigt, eingefügt.

w . y
u x x
N B  C
+ + + 

A

Bild 13.13 Ein System mit der Zustandsrückführung K und mit dem Vorfilter N

Aus der Gl. (13.12) und (13.13) werden nun


u = −K x + N w (13.14)
x = ( A − BK ) x + BN w . (13.15)

Nach der Laplace-Transformation der Gl. (13.15) ergibt sich


s ⋅ x ( s ) − ( A − BK ) x ( s ) = BNw ( s )

bzw. unter Beachtung y = C x aus Gl. (13.11):

y = C ⋅ [ sI − ( A − BK )]−1 BNw
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 405

Für Beharrungszustand gilt bekanntlich


y (∞) = lim s ⋅ y ( s ) bzw. y (∞) = C [−( A − BK )]−1 BN (13.16)
s →0
Der Vorfilter soll die bleibende Regeldifferenz eliminieren:
e ( ∞ ) = w − y (∞ ) = 0 (13.17)
Setzten wir die Gl. (13.16) in (13.17), so ergibt sich nach Vereinfachungen:
N = −(C ( A − BK ) −1 B ) −1 (13.18)

y Beispiel 13.10

Gesucht ist die Zustandrückführung K und der Vorfilter N für das gegebene System A, B, C, D
mit gewünschten Polstellen p1,2= −20 ± 20i, p3= −100.
Die Lösung erfolgt mit dem unten gezeigten MATLAB-Skript :
A = [ 0 1 0; 980 0 −2.8 ; 0 0 −100]; % Eingabe der Systemmatrix
B = [ 0; 0; 100]; C = [ 1 0 0]; D= [0]; % Steuer- und Beobachtungsmatrizen
x0 = [0.005 0 0]; % Anfangsbedingungen
p1 = −20+20i; % Eingabe gewünschten Polstellen
p2 = −20-20i;
p3 = −100;
K = place(A, B, [p1 p2 p3]); % Zustandsrückführung
N = ((−C*(A−B*K)^( −1))*B)^( −1); % Vorfilter
t = 0:0.01:2; % Zeitfenster
w = 0.001*ones(size(t)); % Eingangssprung
u = N*w; % Eingangsgröße nach dem Vorfilter
sys_cl = ss(A−B*K, B, C, 0); % Das geschlossene System mit K
[y, t, x] = lsim (sys_cl, u, t); % Simulation
plot (t, y) % Grafische Ausgabe der Sprungantwort

13.4.3 Ausgangsrückführung

Ist keinen Zugriff auf den Zustandsvektor x möglich, kann zwecks Stabilisierung des
Systems die Ausgangsgröße über Vektor Ky zurückgeführt werden, wie im Bild 13.14
gezeigt ist. Die Gln. (13.12) und (13.13) werden dabei wie folgt umgewandelt:
u = − K yC ⋅ x (13.19)

x = ( A − BK y C ) ⋅ x (13.20)
Aus dem Vergleicht Gln. (13.19) und (13.20) mit Gln. (13.12) und (13.13) stellt man
den folgenden Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Zustandsrückführung fest:
K yC = K (13.21)
Daraus kommt man zur Idee, die Ausgangsrückführung Ky so zu bestimmen, dass die
gleiche Wirkung erzielt wird, wie bei der Zustandsrückführung K.
406 13 Zustandsregelung

. y
u x x
B  C
+ + 

A

Ky

Bild 13.14 Ausgangsrückführung Ky

Da sich der gesuchte Vektor (oder Matrix) Ky direkt aus der Gl. (13.21) nicht bestim-
men lässt, wird ein Näherungs-Verfahren [83] angewendet. Es wird angenommen,
dass die Zustandsrückführung K zwar nicht angewendet, aber ermittelt werden kann,
und zwar ausgegangen aus den gewünschten Eigenwerten des geschlossenen Systems
eig(A − BK). Aus diesen Eigenwerten bildet man eine Matrix V, mit der beide Seiten
der Gl. (13.21) wie folgt multipliziert werden:
K y C ⋅V = K ⋅V (13.22)
Aus Gl. (13.22) wird ein Norm-Funktional J erstellt
J = ( K yC − K ) ⋅V

und noch mal mit einer beliebig gewählten Gewichtsmatrix G multipliziert:


J = ( K y C − K ) ⋅VG (13.23)

Wird nun das Funktional J minimiert, so werden die Eigenwerte des Systems mit der
Ausgangsrückführung Ky nahe zu Eigenwerten des Systems mit der Zustandsrückfüh-
rung K gebracht. Die optimale Lösung resultiert zur folgenden Bedingung:
K y = KVG (CVG )′((CVG )(CVG )′) −1 (13.24)
Die Gewichtsmatrix G wird wie Diagonalmatrix mit Elementen gij gebildet. Mittels
Gewichte gij kann die Näherung an einzelne Eigenwerte pij gezielt präzisieren. Nimmt
man
G = V −1 ,
wird die Gl. (13.24) wie folgt vereinfacht:
K y = KC ′(CC ′) −1 (13.25)
Wenn nur wenige Ausgänge messbar sind, reduziert sich der Vektor Ky bzw. reduziert
sich die Anzahl der Freiheitsgrade für die Polzuweisung. so dass die gewünschte Pol-
verteilung kaum erreichbar ist. Das nachfolgende Beispiel zeigt, dass man drei Pol-
stellen mit Hilfe nur einem Freiheitsgrad nie an gewünschte Stellen verteilen kann.
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 407
y Beispiel 13.11

Gesucht ist die Ausgangsrückführung Ky und der Vorfilter N für das gegebene System A, B, C,
D mit gewünschten Polstellen p1. = p2.= p3.= − 2.
Die Lösung erfolgt mit dem unten gezeigten MATLAB-Skript :
A = [ 0 −1 0; 1 −2 −2 ;0 0 −1]; % Eingabe der Systemmatrix
B = [ 0; 0; 10]; C = [ 1 0 0]; D= [0]; % Steuer- und Beobachtungsmatrizen
P = [− 2 − 2 − 2]; % Eingabe der gewünschten Polstellen
K = acker(A, B, P) % Zustandsrückführung nach Ackermann
rank(obsv(A,C)) % Beobachtbarkeitsprüfung
[V, q] = eig(A-B*K); % Bildung der quadratischen Matrix V
% aus Eigenwerten des Systems mit K
g = 1; % Eingabe des Diagonalelements von G
G = diag([g g g]); % Bildung der Gewichtsmatrix
KVG = K*V*G; CVG =C*V*G; % Berechnung von KVG und CVG
Ky = KVG*CVG'*inv(CVG*CVG') % Berechnung Ky aus K
A_cl = A−B*Ky*C; % Systemmatrix des Systems mit Ky
eig(A_cl) % Eigenwerte des geschlossenen Systems
N = ((−C*A_cl^(−1))*B)^( −1) % Vorfilter des Systems mit Ky
t = 0:0.01:10; % Zeitfenster der Sprungantwort
x0 = [0.005 0 0]; % Anfangsbedingungen
w = N*ones(size(t)); % Eingangsprung
sys_cl = ss(A_cl, B, C, 0); % Das geschlossene System mit Ky und N
[y, t, x] = lsim(sys_cl, w, t); % Simulation
plot(t, y) % Grafische Ausgabe der Sprungantwort
Die Ergebnisse: Die berechnete Zustandrückführung K = [ 0.2000 −0.1500 0.3000].
Die Ausgangsrückführung Ky = 0.05.
Der Proportionalbeiwert des Vorfilters N = 0.1.
Die Eigenwerte des ursprünglichen Systems A sind: p1. = p2.= p3.= − 1.
Die Eigenwerte des geschlossenen Systems mit der Ausgangsrückführung:
p1 = −0.5000 + 0.8660i
p2 = −0.5000 − 0.8660i
p3 = −2.0000
Man merkt, dass nur ein Pol p3 an die gewünschte Stelle verschoben wurde. Weitere Versuche,
z. B. mit Gewichten g = 10 oder g = 100, können die Lage der Polstellen nicht ändern. Das liegt
daran, dass es mit nur einem Wert von Ky unmöglich ist, drei Polstellen richtig zuordnen, wie
im Bild 13.15 erläutert ist. Somit verliert der Entwurf nach Polzuweisung im Fall einer Aus-
gangsrückführung ihren Sinn. Im Bild 13.16 sind Sprungantworten bei den berechneten und
nachgestellten Ausgangsrückführungen gezeigt: nach Polzuweisung mit Ky = 0.05 und nach ei-
nem Gütekriterium (keine Überschwingung) mit Ky = 0.01.
408 13 Zustandsregelung

1
N* u B* u C* u y
s
w=1 bei t =0 Ausgang

t
Clock
To Workspace 1

A* u

Ky* u

Bild 13.15 Regelkreis mit der Ausgangsrückführung und die Dimensionen von Parametern

1.4 Bei Ky = 0.05 sind:


Ky=0.05 N = 0.1
1.2
p1= −0.5000 + 0.8660i
1
p2 = −0.5000 − 0.8660i
Ky=0.01
0.8 p3 = −2.0000
0.6 Bei Ky = 0.01 sind:
N = 0.06
0.4
p1= −0.7076 + 0.5065i
0.2 p2 = −0.7076 − 0.5065i
0 p3 = −1.5848
0 2 4 6 8 10

Bild 13.16 Sprungantworten des Systems mit Ausgangsrückführung

13.4.4 Störgrößenaufschaltung

Bislang wurden die Regelstrecken ohne Störgrößen betrachtet. Wirkt jedoch eine
messbare Störgröße d, kann sie durch die Aufschaltung auf Eingang u mittels Vektors
Kd kompensiert werden (Bild 13.17).
Unter Beachtung des geänderten Eingangsvektors
u = −K ⋅ x − Kd ⋅ d
sieht die Systemgleichung
x = A ⋅ x + B ⋅ u + E ⋅ d
13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 409

Kd E

− + .
w u x x y
N B  C
+ + + 

A

Bild 13.17 Regelkreis mit Störgrößenaufschaltung Kd, Zustandsrückführung K, Vorfilter N

wie folgt aus:


x = A ⋅ x + B ⋅ (− Kx − K d d ) + E ⋅ d (13.26)
Aus Gl. (13.26) ergibt sich
x = ( A − BK ) x + ( E − BK d )d
Um die Störgröße zu kompensieren, soll die Bedingung
E − BK d = 0 bzw. BK d = E (13.27)
erfüllt werden. Die Lösung der Gl. (13.27) gibt den gesuchten Vektor Kd aus:
K d = ( B' B ) −1 B' E

y Beispiel 13.12

Gesucht sind die Zustandsführung K und die Störgrößenaufschaltung Kd für das gegebene Sys-
tem A, B, C, D mit gewünschten Polstellen. Die Lösung mit dem MATLAB-Skript:
A=[0 1 0; 980 0 -2.8 ; 0 0 −100]; % Eingabe der Systemgleichungen
B = [ 0; 0; 100]; C = [ 1 0 0]; D= [0];
E=[0; 0; 10]; % Die gegebene Störmatrix
p1 = −20+20i; p2 = −20−20i; p3 = −100; % Die gewünschten Polstellen
K = place(A, B, [p1 p2 p3]) % Zustandsrückführung K
Kd=((B'*B)^(-1))*B'*E % Störgrößenaufschaltung: Kd
A_cl = A−B*K; % Systemmatrix des Regelkreises
Die Ergebnisse: K= [−775.7143 −20.6429 0.4000] und Kd = 0.1
410 13 Zustandsregelung

13.4.5 Beobachterentwurf

Wenn die Regelgröße x nicht messbar ist, kann die Regelung mit Hilfe der zurück-
geführten Ausgangsgröße y erfolgen. Eine andere Lösung, die als Beobachter bzw.
Observer bekannt ist, wurde 1964 vom Lueneberger vorgeschlagen.
Nach dem Beobachter-Prinzip wird nicht die messbare Ausgangsgröße zurückge-
führt, sondern die Differenz (y – yM) zwischen der System-Ausgangsgröße y und der
Modell-Ausgangsgröße yM, wie im Bild 13.18 erläutert ist.

x y
S C

xM yM +
SM CM

y − yM

Bild 13.18 Vereinfachtes Beobachter-Prinzip

Das Model SM wird genau so gebaut, wie das System S. Die Berechnung der Rück-
führmatrix L erfolgt genau so, wie die Berechnung der Zustandsrückführung-Matrix
K, jedoch anstelle Vektors x des Systems wird der Vektor xM des Modells betrachtet.
Auch die Rückführung L wird nicht zum Eingang des Blockes B geleitet, sondern zum
dessen Ausgang, wie im Bild 13.19 gezeigt ist.

.
x x
B  C
y
+ 
+
A
System S y
u

. +
xM xM yM
B  C
+  −
+
+ A xM
Modell SM +

y − yM
L

Bild 13.19 Wirkungsplan des Systems S mit dem Beobachter SM


13.4 Entwurf von Regelkreisen mittels Polzuweisung 411

Das System S und das Modell SM sind mit folgenden Zustandsgleichungen gegeben:
 x = A x + B u  x M = A x M + B u + L ( y − y M )
 (System S)  (Modell SM)
y = C x  y = C xM

Daraus folgt die Differentialgleichung des Beobachters:


x − x M = A ( x − xM ) − L (Cx − Cx M )
bzw.
x − x M = ( A − LC ) ( x − x M ) .
Bezeichnet man die Differenz zwischen Zustandsvariablen des Systems x und des
Modells xM als Fehler e des Beobachters
e = x − xM ,
so folgen daraus
e = x − x M
e = ( A − LC ) e.
Die letzte Gleichung, betrachtet gemeinsam mit der Zustandsgleichung des Systems
x = A x + B u
und der Rückführmatrix
r = Le ,
führt letztendlich zur Gleichung
x = ( A − LC ) x .
Diese Gleichung hat für Beobachter gleiche Bedeutung, wie die Gleichung
x = ( A − BK ) x
im vorherigen Fall für die messbare Regelgröße x. Die gewünschten Polstellen lassen
sich in beiden Fällen mit dem MATLAB-Befehl für Eigenwerte überprüfen:
P = eig(A − BK) (im vorherigen Fall)

P = eig(A − LC) (im Fall des Beobachters)

Die Rückführmatrix L wird mit MATLAB einfach durch die Eingabe des place-
Befehls oder Ackermann’s-Befehls
L = acker(A’, C’, P)
berechnet. Die somit erhaltene Matrix L soll für die weiteren Berechnungen, z. B.
für die Bestimmung der Dynamikmatrix AM des Modells nach der Formel
AM = A − LC
transponiert werden. Der entsprechende MATLAB-Befehl lautet:
AM = A − L’*C
412 13 Zustandsregelung
y Beispiel 13.13

Gegeben sind die Zustandsgleichungen eines Systems mit messbaren Ausgangsgrößen:


 x = A x + B u 2 1  2 
 mit A =   B =   C = (0 1)
y = C x  5 − 5  5,5 
Die Regelung soll mit gewünschten Polstellen erfolgen:
 p1 = −2 + j p 
 bzw. P =  1 
 p 2 = −2 − j  p2 
Es sollen die Rückfuhrkoeffizienten L1 und L2 des Beobachters bestimmt werden.
Prüfen wir zuerst, ob die Strecke ohne Zustandsrückführung stabil ist. Mit dem Befehl eig(A)
erhalten wir die Polstellen des Systems A aus der charakteristischen Gleichung det(A) = 0:
s1 = + 2,6533

 s2 = −5,6533
Die Strecke ist instabil und soll mit Zustandrückführungen stabilisiert werden. Zeigen wir zu-
erst die analytische Lösung.
2 1   L1  2 1 − L1 
AM = A − LC =   −   (0 1) =  
 5 − 5   L2   5 − 5 − L2 

 s 0  2 1 − L1   s − 2 L1 − 1 
s I − AM =   −  = 
 0 s   5 − 5 − L2   − 5 s + 5 + L2 

det( s I − AM ) = ( s − 2)( s + 5 + L2 ) − (−5)( L1 − 1) = s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15)

Die charakteristische Gleichung des Modells det(s I − AM ) = 0

s 2 + (3 − L2 ) s + (5 L1 − 2 L2 − 15) = 0
und des gewünschten Systems
( s − p1 )(s − p2 ) = ( s + 2 − j )(s + 2 + j ) = s 2 + 4s + 5 = 0
werden gleich gesetzt, woraus die Lösung ergibt:
 3 − L2 = 4  L2 = 1
  
5 L1 − 2 L2 − 15 = 5  L1 = 4,4
Wiederholen wir die Lösung mit MATLAB-Skript und mit MATLAB / Simulink (Bild 13.20):
A = [ 2, 1; 5, −5]; % Eingabe der Systemmatrix
B = [ 2; 5,5]; C = [ 1, 0]; % Eingabe der Steuer- und Ausgangsmatrix
p1 = −2 +i; p2 = conj(p1); % Eingabe der gewünschten Polstellen
P = [p1; p2] % Der gewünschte Eigenvektor
Lob = acker(A', C', P); % Rückführmatrix nach Ackermann’s Formel
L = Lob' % Rückführmatrix des Beobachters: L = [4,4 1]
AM = A −L * C % Matrix des Modells AM: AM = [2 −3,4; 5, −6]
subplot(311); plot(t, x); % Grafische Ausgabe: Regelgröße x(t)
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien 413
subplot(312); plot(t, xM); % Sprungantwort des Modells xM(t)
subplot(313); plot(t, xe); % Grafische Ausgabe: Fehler xe = x − xM

1
B* u C* u y
s
S ystem
Integrator
M atrix M atrix
G ain1 A* u G ain2 t
C lo ck
T o W orksp ace

Wo =1

L* u

1
C* u
B* u s
Integrator1
M atrix
M atrix
G ain6
G ain5
A* u xM
M odell

Bild 13.20 MATLAB/ Simulink-Modell des Beobachters

13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien


Die Intergralkriterien, die bereits im Abschnitt 8.3 vorgestellt wurden, finden ihren
Einsatz auch bei den in diesem Abschnitt beschriebenen Regelkreisen. Es wird dabei
das lineare quadratische Integralkriterium (LQ) benutz, in dem die Zustandsgröße y,
aber auch der Eingangssignal u, berücksichtigt werden:
∞ ∞

 y (t )dt +  u (t ) dt
2 2
J = J0 +
0 0
Bei Systemen mit Zustandsgleichungen kommt anstelle y der Zustandsvektor x mit
einer Gewichtsmatrix Q und der Eingangsvektor u mit einer Gewichtsmatrix R vor:
∞ ∞

 
J = J 0 + x′Qx ⋅ dt + u′Ru ⋅ dt (13.28)
0 0
Ohne Herleitung wird sofort vorgemerkt, dass die Matrizen Q und R die bestimmen
Bedingungen erfüllen sollen, nämlich:
y Q ist positiv semidefinite symmetrische Matrix, deren Eigenwerte λk ≥ 0.
y R ist positiv definite symmetrische Matrix, deren Eigenwerte λk > 0.
414 13 Zustandsregelung
y Beispiel 13.14

Die Matrix [10 11 12; 1 2 3; 4 5 6] hat Eigenwerte λ1 = 16,9373; λ2 = 1,0627; λ3 = 0 und


ist somit positiv semidefinit.
Die Matrix [2 0 0; 0 0 2; 0 0 1] hat Eigenwerte λ1 = 1; λ2 = 2; λ3 = 2 und ist somit positiv
definit.

13.5.1 Optimale Zustandsrückführung

Die Aufgabe der optimalen Regelung besteht darin, eine Steuerung u*(t) so zu finden,
dass das Kriterium J minimal wird. Zur Lösung dieser Aufgabe wird es zuerst ange-
nommen, dass die Strecke bzw. das System A stabil ist; der Anfangswert des Inter-
gralkriteriums J0 = 0 ist und dass u(t) = 0 ist. In diesem Fall gilt:
∞ ∞ ∞

 x0′ ⋅xe′  x0′ ⋅ e 


A't At A't At
J= ⋅Q ⋅e x0 ⋅ dt = Qe ⋅ x0 ⋅ dt = x0′ e A't Qe At dt ⋅ x0
0 x 0 P 0 P

bzw.
J = x0′ Px0 (13.29)
unter Beachtung


P = e A't Qe At dt . (13.30)
0
Die nachfolgende schrittweise Bearbeitung der Gl. (13.30)
∞ ∞


P = e A't Qe At dt = e A't QA−1e At
0 
− A' e A't QA−1e At d
0 0


−1
P = −QA − A' e A't Qe At dt ⋅ A −1
0
P

P = −QA−1 − A' PA−1


führt zur Gleichung
A' P + PA = −Q , (13.31)
die als Ljapunow’s-Gleichung genannt wird.
Ist ein geschlossenes System H = A − BK mit Zustandsrückführung K, mit dem
Eingang u = − K x und mit folgenden Systemgleichungen gegeben
13.5 Optimale Zustandsregelung nach LQ-Kriterien 415

x = A x + B u
y =C x,
so wird die Ljapunow’s Gleichung wie folgt aussehen:
~
H' P + PH = −Q ,
~
wobei Q = KRK ist. Daraus wurde folgende Gleichung hergeleitet

A'P + PA − PBR −1B'P + Q = 0 ,


die als Riccati-Gleichung bekannt ist.
Die optimale Regelung wird erreicht, wenn die Lösung der Riccati-Gleichung,
nämlich die Matrix P, in die Gleichung
K = R −1B′P
eingesetzt wird. Das ist die gesuchte Zustrandrückführung, die zum minimalen Wert
des LQ-Kriterums führt.

y Beispiel 13.15

Gegeben ist das System


 0 1 0
A =   B =   C = (1 0 ) D =0.
 0 0 1
Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen
 2 1  und R = 1
Q =  
1 2
minimal wird.
Die Lösung mit MATLAB-Skript:
A = [0 1; 0 0]; % Eingabe der Systemgleichungen
B = [0; 1]; C = [1 0]; D = 0;
x0 = [1; 0]; % Anfangsbedingung
System = ss(A,B,C,D); % Systemgleichungen ohne Zustandsrückführung
rank(ctrb(System)) % Prüfung der Beobachtbarkeit
Q = [2 1; 1 2]; % Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positv semidefinit)
R = 1; % Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definit)
[K, P, E] = lqr(A, B, Q, R); % Minimierung des LQ-Kriteriums
H = A−B*K;
cl = ss(H, B, C, D); % Das geschlossene System mit der Zustandrückführung
J = x0'*P*x0 % LQ-Kriterium
initial(cl, x0) % Grafische Ausgabe der Sprungantwort
416 13 Zustandsregelung
Die Ergebnisse: K = [1.4142 2.1974] J = 7.1333
P = [2.1075 1.4142; 1.4142 2.1974]
Die Eigenwerte des geschlossenen Systems: E = −1.0987 ± 0.4551i

13.5.2 Entwurf eines optimalen Beobachters

Die Berechnung der Rückführmatrix L eines LQ-optimalen Beobachters erfolgt ge-


nau so, wie die Berechnung der optimalen Zustandsrückführung K:
[K, P, E] = lqr(A, B, Q, R);
Jedoch anstelle Matrix A kommt die Matrix A' und anstelle Matrix B die Matrix C'
zum Einsatz, d. h.
[K, P, E] = lqr(A', C', Q, R);
L = K'

y Beispiel 13.16

Gegeben ist das System


 0 1 2 2 1
     1 2 − 1 D =0.
A = − 2 − 3 0  B =  0 2 C =  
 − 2 0 − 1 1 3 2 −1 3 
   
Gesucht ist die Zustandsführung K, bei der das LQ-Kriterium mit gegebenen Gewichtsmatrizen
 2 0 0
   0 .1 0 
Q =  0 2 0 R =  
 0 0 2  0 0.1
 
minimal wird.
Die Lösung mit MATLAB-Skript:
A = [0 −1 2; −2 −5 0; −6 0 −1]; % Eingabe der Systemgleichungen
B = [3 1; 0 2; 4 3]; C = [1 1 −1; 2 −1 2]; D = 0;
System = ss(A,B,C,D); % Systemgleichungen
rank(ctrb(System)) % Prüfung der Beobachtbarkeit
Q = [2 0 0; 0 2 0; 0 0 1]; % Eingabe der Gewichtsmatrix Q (positiv semidefn.)
R = [0.1 0; 0 0.1]; % Eingabe der Gewichtsmatrix R (positiv definit)
[K, P, E] = lqr(A', C', Q, R); % Minimierung des LQ-Kriteriums
L = K' % Umrechnung L aus K (Transponieren)

 3.2442 2.1145 
 
Das Ergebnis: L =  0.1207 − 0.5387 
 − 3.7540 2.7161 

417

14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

Generell ist zwischen einer offline- und online-Simulation zu unterscheiden, obwohl


sich die Grenze immer mehr verwischt. Dabei ist Folgendes zu beachten:
• Die offline-Simulation wird mit reellen Zeitkonstanten des Regelkreises parame-
triert, der Verlauf der Simulation wird im PC beschleunigt oder verlangsamt.
• Die online-Simulation, auch Echtzeit- oder HIL-Simulation (Hardware-in-the-
Loop) genannt, ist eine 1:1-Abbildung des untersuchten Regelverhaltens. Wie die
Bezeichnung HIL besagt, muss dafür eine physikalische Anlage oder deren Hard-
ware-Modell mit der gerätetechnischen Anbindung an PC vorhanden sein.
Als Simulationswerkzeug für das Buch wurde MATLAB (Vertreiber MathWorks
GmbH Deutschland) gewählt. Dies von der Industrie und Forschung anerkannte Pro-
gramm wurde 1970 an den Universitäten von New Mexico und Stanford entwickelt.
Die Software besteht aus einem Basismodul und etlichen Toolboxen für regelungs-
technische Anwendungen, wie Control System, Optimization, Signal Processing, Fuz-
zy Logic, Neural Network.
MATLAB verfügt über eine interaktive Benutzeroberfläche und einen Interpreter, so
dass die textuellen Befehle direkt ausgeführt und die Quellcode-Dateien abgearbeitet
werden können. Aus MATLAB können andere C-Programme aufgerufen werden. Das
Regelkreisverhalten kann offline und online mit Programm-Tools wie Matlab, Simu-
link und Stateflow analysiert, eingestellt und visualisiert werden.
In diesem Abschnitt wird auf die Grundbefehle des Basismoduls und die Menüs des
MATLAB/Simulink-Programms sowie auf die Befehle der Control System Toolbox
eingegangen. In den nachfolgenden Abschnitten werden auch Fuzzy Logic Toolbox
und Neural Network Toolbox behandelt.

14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung


Wie die Abkürzung MATLAB (Matrix Laboratory) besagt, ist das Basismodul für die
Operationen mit (m, n) - Matrizen wie Multiplikation oder Eigenwertberechnung ge-
eignet. Da die skalaren Matrizen der Dimension (1, 1) sind, umfasst das Basismodul
alle elementaren mathematischen und logischen Funktionen. Nach dem Aufruf des
Programms öffnet sich das Fenster des Basismoduls (Workspace) und wartet auf eine
Eingabe mit einem Prompt ». In diesem MATLAB-Command Fenster wird der Pro-
grammtext eingetragen oder die Funktionen aufgerufen. Alle vorher ausgeführten
Anweisungen werden in einer Liste gespeichert und können von der Command-
History in das MATLAB-Command Fenster kopiert werden.
Die Blockset-Erweiterung von MATLAB ist die Toolbox MATLAB/Simulink, die
über eine graphische Oberfläche zur Eingabe von Wirkungsplänen und zur Ausgabe
von Simulationsergebnissen verfügt. Die Ergebnisse können durch einen Oszilloskop-

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_14,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
418 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

Block in das Basismodul übertragen und dort weiter bearbeitet werden. Die Toolbo-
xen oder die Hilfe dazu kann man durch die Eingabe im Workspace aufrufen, z. B.
» simulink oder » help fuzzy

Variablen und Datentyp


Die Variablen sind Zeilenvektoren (1, n), Spaltenvektoren (m, 1) und Matrizen (m, n).
Matrizen werden durch eckige Klammern umrahmt dargestellt, die Spalten werden
dabei durch ein Komma, ein Leerraum oder einen Zeilenvorschub voneinander ge-
trennt, z. B. für eine Matrix mit m = 2 und n = 3
a11 a12 a13
G=
a 21 a 22 a 23
gilt:
» G = [ a11, a12, a13; a21, a22, a23];
oder
»G=[ a11 a12 a13
a21 a22 a23 ] ;
Wie bei den Feldern üblich, kann auf die Elemente einer Matrix durch Indizes zuge-
griffen werden. Durch Eingabe G(1, 2) wird z. B. das Element a12 aufgerufen.
Die Variablen dürfen aus 31 Zeichen bestehen, das erste muss eine Buchstabe sein. Es
wird zwischen Groß- und Kleinbuchstaben unterschieden, was mit
» casesen off oder » casesen on
unterdrückt oder aktiviert werden kann. Nach jedem Befehl werden die Ergebnisse
ausgegeben, es sei denn, sie sind mit einem Semikolon abgeschlossen, z. B.
» y = 5 * sin (4 * pi * t);
Die Konstante pi ist vordefiniert. Auch imaginäre Zahlen sind durch Variablen i oder
j vordefiniert, was die Operationen mit komplexen Zahlen durchführen lässt, z. B. die
Summe von zwei komplexen Zahlen s1 = a1 + jb1 und s2 = a2 + jb2:
» s1 = a1 + i * b1; s2 = a2 + i * b2; s3 = s1 + s2;
Von den vordefinierten Variablen soll noch eps erwähnt werden. Sie besitzt einen
Wert von 2.2204e - 016, ist damit sehr klein und wird benutzt, um die nicht zugelas-
senen Operationen wie Dividing by zero zu vermeiden.
Standardmäßig sind alle Variablen vom Datentyp Double Real mit 64 Bit (Fließkom-
mazahlen mit doppelter Genauigkeit). Ohne Formatierung werden die Zahlen norma-
lerweise mit 4 Nachkommastellen ausgegeben, es sei denn, dass der auszugebende
Wert zu klein ist. In diesem Fall wird automatisch auf die Ausgabe mit Exponent um-
geschaltet. Die Ausgabe von Zahlen kann man auch mit dem Befehl format ansteuern:
» format long e; omega
wird die Variable omega in Exponentenform und mit dem Befehl
» format long; phase
die Variable phase mit 14 Nachkommastellen ausgegeben.
14.1 Grundlagen der MATLAB-Programmierung 419

Befehle und Funktionen


Die mathematischen Ausdrücke werden in Ausgabevariablen gespeichert, z. B.:
» a = 2.4;
» b = a + 1.2
oder mit der vordefinierten Variable ans, wie answer, ausgegeben, z. B.
»a
ans =
2.4
In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Aus-
drucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten:
» Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−…
D) * 0.4;
Für nachfolgende Beispiele mit Matrizen-Operationen sollen zuerst m = 2 und n = 3,
sowie die Matrizen G =[1, 2, 3; 4, 5, 6] und Q = [1, 2; 3, 4] eingegeben werden.

Matrixfunktion MATLAB-Befehl Ausgabe


» ans =
Dimension » size (G)
2 3
» ans =
Rang » rank (G)
2
» ans =
Diagonale » diag (G) 1
5
» ans =
Determinante » det (Q)
−2
−2.0000 1.0000
Inverse Matrix » inv (Q)
1.5000 −0.5000
» ans =
1 4
Transponierte Matrix » G’
2 5
3 6
» ans =
Einheitsmatrix der Dimen-
» eye (Q) 1 0
sion (m, m) bzw. size(Q)
0 1
Spezielle (m, n)-Matrix, 1 1 1
» ones (m, n)
die nur Einsen enthält 1 1 1
Spezielle (m, n)-Matrix, 0 0 0
» zeros (m, n)
die nur Nullen enthält 0 0 0
0.8310 0.0535 0.6711
Zufallsmatrix (m, n) » rand (m, n)
0.0346 0.5297 0.0077
420 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

In einer Zeile können mehrere Befehle eingegeben werden. Der Übertrag eines Aus-
drucks in die nächste Zeile erfolgt durch Eingabe von drei oder mehreren Punkten:
» Re = −D * cos (alfa); Im = omega * (1−…
D) * 0.4;
Eine Übersicht der im Programm vorhandenen Variablen wird mit dem folgenden
Befehl in Form einer Liste erstellt:
» who
Wie es bei höheren Programmiersprachen üblich ist, bietet MATLAB die Steuerkon-
strukte wie bedingte Anweisungen (if... else if…else), Auswahlanweisungen
(switch...case), bedingte Schleifen (while...end) und Zählschleifen (for...end) an, z. B.:
» for i = 1 : 60
xk = 2 + c1 * (z1 ^ k) + c2 * (z2 ^ k)
bar (k, xk, ’w’)
hold on
end
Neben arithmetischen Operationen gibt es Vergleichsoperationen wie < (d. h. kleiner
als) und logische Operationen &, ~, | (UND, ODER, NOT). Mit diesen Befehlen wer-
den z. B. die Elemente von Matrizen G1 und G2 wie folgt gebildet:
» A = [ 2, 5; 0, 4 ]; % Eingabe: Matrix A
» B = [ 0, 3; 0, 1 ]; % Eingabe: Matrix B
» G1 = A & B % Ausgabe: G1 = [ 0, 1; 0, 1 ]
» G2 = A | B % Ausgabe: G2 = [ 1 1; 0 1 ]
Die Zeilen mit % sind Kommentarzeilen.
Erstellen von Programmen und Funktionen
Mit MATLAB kann man einzelne Befehle im interaktiven Modus benutzen oder eine
Befehlsfolge wie ein Programm (Matlab-Skript) zusammenfassen. Das Programm
kann mit dem MATLAB- oder einem beliebig anderen Texteditor geschrieben und in
einer m-Datei, mat-Datei oder ASCII-Datei abgespeichert werden.
Die Datei mit der Erweiterung *.m kann mit dem Menü-Befehl File/New erstellt und
abgespeichert werden, z. B. aufgabe.m. Diese Datei wird dann mit dem DOS-Befehl
» aufgabe % Aufruf von m-Datei
wieder geladen oder mit Menü-Anweisung File/Open geöffnet. Einige nützliche Be-
fehle für die Dateienverwaltung sind unten zusammengefasst.

MATLAB-Befehl Wirkung des Befehls


Ausgabe der Variable X aus der ASCII-Datei mit dem
» fprint (id, ‘info’, X) Identifikator id in eine Textdatei

» id = fopen (aufgabe.dat,’w’) Datei aufgabe.dat öffnen

» fclose (id) ASCII-Datei mit dem Identifikator id schließen


14.2 Grafik mit MATLAB 421

14.2 Grafik mit MATLAB


Ein leeres Grafik-Fenster wird in MATLAB figure genannt. Ein Grafik-Fenster kann
in mehrere Unterfenster, subplot, unterteilt werden. Die Parameter von figure sind
Nummer, die Parameter von subplot sind die Koordinaten zeile, spalte, zähler.
Grundbefehle der Grafik-Operationen

Befehl Wirkung des Befehls


Ein neues Fenster unter der laufenden Num-
» figure [(h)]; mer h (handle) öffnen bzw. ein vorhandenes
Fenster Nr. h aufrufen
» plot (y); Die Grafik der Variable y erstellen
Das Ausgabefenster wird in zwei Teilfenster
» subplot (212); unterteilt. Position des aufgerufenen Fensters
ist: 2. Zeile, 1. Spalte, Zähler = 2
Aktuelle Nummer eines Grafik-Fensters (get
» gcf handle to current figure) anzeigen
Eine Box für Text-Kommentar mittels s
(String) auf der p Position erzeugen. Es gilt
» legend (s, p) für die Position: 1 oder 2 - rechte oder linke
obere Ecke; 3 oder 4 - untere Ecke usw.
» box on Die Rahmen eines Diagramms erstellen

» box off Die Rahmen eines Diagramms löschen


Einstellen von Bereichen der Koordinaten-
» axis [(−5 2 –4 4)]; achsen (xmin, xmax, ymin, ymax).
Hier ist: −5 < x < 2 und −4 < y < 4
» titel (’Bode-Diagramm’); Überschrift der Grafik
Beschriftung in einer Grafik: den Text s1
» text (−2, 1, ’s1’); unter x = −2 und y = 1 positionieren
» xlabel (’Re’); Beschriftung der Achsen. Hier ist Re für die
» ylabel (’Im’); x-Achse und Im für die y-Achse

» grid Gitternetz anzeigen


Eine neue Grafik zu einer vorhandenen Gra-
» hold on fik hinzufügen (Überlappung)

» hold off hold on-Betrieb abschalten


Aktuelle Fenster löschen (cleare current
» clf figure), früher » clg
» delete (figure(2)); Fenster Nr. 2 löschen

» close (3); oder » close all; Fenster Nr. 3 oder alle Fenster schließen
422 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

Die Skalierung kann mit semilogx und semilogy im logarithmischen Maßstab der x-
und y-Achse sowie die Ausgabe in Polarkoordinaten mit polar(Winkel, Radien, Opti-
onsparameter) erfolgen. Mit loglog werden die beiden x- und y-Achsen logarithmisch
skaliert. Für die graphische Darstellung zweidimensionaler Daten gibt es folgende
Möglichkeiten: Balkendiagramm bar (x, y), Liniendiagramm stem (x, y, format),
Treppenkurve stairs (x, y), Histogramm hist (x, y), Fehlerintervall errorbar (x, y, l, u ).

Speichern und Drucken eines Grafik-Fensters


Zum Drucken und zur Speicherung von figures ist der print-Befehl mit Syntax
» print [ -ddevice] [ -options ] <filename>
geeignet. Nur einige Optionen dieses Befehls sind in nachfolgender Tabelle erwähnt.

Befehl Wirkung des Befehls


» print -f1; Figure 1 auf dem Standarddrucker ausgeben
» print -f1 -dmeta ’grafik_1’; Figure 1 in Metafile-Format als Datei
grafik_1.emf speichern
» print -f1 -dmeta -append ’bild’; Figure 1 in die Datei bild.emf senden, nicht
überschreiben
» print -f1 -depsc ’grafik_1’; Figure 1 in Color PostScript als Datei
grafik_1.eps speichern

Grundformen des plot-Befehls


Es gibt mehrere Optionen des plot-Befehls, einige davon sind unten aufgeführt.
• Mit dem Befehl plot(Y), wobei Y eine (m, n)-Matrix ist, werden die n Spalten als
Vektoren betrachtet und die m Vektoren hintereinander dargestellt.
• Sind x und y zwei Vektoren gleicher Art, z. B. zwei Spaltenvektoren (n, 1) mit
Elementen x1, x2, ... xn und y1, y2, ... yn, so werden mit dem Befehl plot(x, y) die
Punkte mit Koordinaten (xk, yk) durch Linien verbunden.
• In der Grundform plot(t, y) wird die Variable y(t), z. B. y = sin(2πt), grafisch dar-
gestellt.
• Mit dem Befehl plot(t, y1, t, y2) kann man zwei Signale y1(t) und y2(t) in einem
Bild darstellen, allerdings sollen die Farbe, Art der Linien oder die Markierung
der Punkte zusätzlich gewählt werden.
• Der Befehl plot([y1’, y2’], t) erstellt eine Grafik, die die Ausgabe des Befehls
plot(t, [y1’, y2’]) um 90° gedreht darstellt (gilt nur ab Version 5).
• Ist Z eine Matrix mit komplexen Elementen, so wird mit dem Befehl plot(Z) der
Imaginärteil abhängig vom Realteil in der komplexen Ebene abgebildet, z. B.
» a1 = 1; b1 = 2;
» Z = [a1 i * b1];
» plot (Z)
Nachfolgend werden die Grundformen von plot anhand von Beispielen erläutert.
14.2 Grafik mit MATLAB 423

Darstellung eines Vektors

Im Fall y = [a11] wird mit plot(y , ’ *’) ein Punkt * unter x = 1 und y = a11 positio-
niert. Im Fall n = 2 (zwei Spalten) wird der Vektor y = [a11, a12] wie in Bild 14.1
gezeigt abgebildet.

3.5

3
» % Befehle
2.5
» y = [0 4] ;
2
» plot (y)
1.5

0.5

0
1 1.2 1.4 1.6 1.8 2

Bild 14.1 Vektor y = [a11, a12] mit zwei Spalten

Farbzeichen und Linientypen


Für Variablen x, y können mit dem plot - Befehl die Farbe, der Linientyp und die Mar-
kierung der Punkte eingestellt werden.

Farbzeichen Linientypen Punkten-Markierung


’b’ = blue ’m’ = magenta ’-’ = solid ’+’
’c’ = cyan ’r’ = red ’--’ = dashed ’-’
’g’ = green ’w’ = white ’:’ = dotted ’--’
’k’ = black ’y’ = yellow ’-.’ = dash-dot ’*’

Bild 14.2 zeigt die Ausgabe eines Programms, das die Punkte mit den Koordinaten
(x1, y1), (x2, y2) und (x3, y3) durch Geraden mit Farbe black verbindet.
2

1.8

1.6

1.4

1.2 » % Befehle
1 » x = [0 1 4] ;
0.8
» y = [0 1 2] ;
0.6
» plot (x, y‚ ‘ k ‘)
0.4

0.2

0
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4

Bild 14.2 Verbindung von 3 Spalten bzw. Punkten (0, 0), (1,1) und (4,2)
424 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

Darstellung eines Signals im Zeitbereich


Die Eingabe einer Zeitspanne erfolgt durch die Anweisung
» t = 0:delta:max,
wobei delta für die Schrittweite und max für die rechte Grenze des Zeitrasters steht. In
Bild 14.3 ist die Ausgabe eines Programms gezeigt, das erst im Zeitraster 0 < t < 1 ein
harmonisches Signal y(t) erzeugt und dann zu einer horizontalen Linie übergeht.

3 » % Matlab-Programm
2 » t = 0:0.01:1;
1 » y1 = 5*sin(4*pi*t);
0
» plot (t, y1);
-1
» hold on;
-2
» x = [0 0] ;
-3
» plot (x, ‘k‘);
-4

-5
0 0.5 1 1.5 2

Bild 14.3 Verknüpfung von zwei Signalen

Pol-Nullstellen-Darstellung
Für die Ausgabe einer Matrix G mit komplexen Elementen ist die explizite Form des
plot-Befehls geeignet, z. B. mit Farbe- (black) und Punkten- (o) Markierung:
» plot (real(G), imag(G), ‘ko’);
1 Bild 14.4 zeigt die grafische Darstel-
0.8 lung von Pol- und Nullstellen eines
0.6 Regelkreises mit der Übertragungs-
0.4 funktion
0.2
Z ( s)
0 G(s) = .
-0.2
N (s)
-0.4
Unten ist das entsprechende
-0.6
MATLAB-Programm gegeben. Die
-0.8
Bereiche der x, y - Achsen werden
-1
-0.6 -0.5 -0.4 -0.3 -0.2 vom Programm automatisch einge-
stellt.
Bild 14.4 Pol-Nullstellenverteilung

» N = [ −0.5 +0.5*i, −0.5 −0.5*i, −0.2+i, −0.2−i, −0.4];


» Z = [ −0.6, −0.3];
» plot (real (Z), imag (Z),' wo', real (N) , imag (N), ‘ k * ' )
14.2 Grafik mit MATLAB 425

Manuelle Bereichseinstellung

Mit Hilfe der Funktion A = axis, die mit vier Parametern [xmin, xmax, ymin, ymax] defi-
niert wird, können die Bereiche manuell eingestellt werden. Um z. B. nur die Grenzen
xmin und ymax gegenüber der automatischen Bereichseinstellung zu ändern, könnte der
Aufruf der Funktion wie folgt aussehen:
» axis ( [ −6, A(2), A(3), 5 ] );

3D-Darstellung
Erweitert man den plot-Befehl zu
» plot3 ( x, y, z, ‘k * ’ );
so wird die Grafik dreidimensional mit schwarzen Punkten * ausgegeben. Ein Beispiel
der nichtlinearen statischen Kennlinie, die für 50 Punkte berechnet wird,
» x=(0:50) / 10;
» plot3 ( ( 1-x ), ( 3*x ), ( 1-0.5*x ).*( 1-0.5*x ),' k- ' )
ist in Bild 14.5 gezeigt.
Mit dem Befehl
» [ X, Y ] = meshgrid (x, y);
wird aus Variablen x und y
eine Matrix berechnet, deren
Zeilen und Spalten die Vek-
toren x, y sind.
Eine Funktion, z. B.
W = (Y – 1).* (X – 1) + Y.* X;
kann mit folgenden Grafik-
funktionen als Maschen-
und Kachelplots dargestellt Bild 14.5 3D-Grafik mit dem plot3-Befehl
werden:

» contour (X, Y, W, N); 2D-Darstellung mit N Konturlinien

» contour3 (X, Y, W); 3D-Höhenlinienplot (perspektivisch)

» mesh ( X, Y, W ); 3D-Gitterdarstellung

» surf ( X, Y, W ); 3D-Flächen (Kachelplot)

Editieren von Grafiken


Die Grafiken in Plotfenster (Figure) lassen sich mit dem MATLAB-Editor getrennt
als fig-Datei abspeichern, perspektivisch manipulieren (View/Camera Toolbar) und
für das Erstellen der Dokumentation nachbearbeiten (Tools/EditPlot oder Insert usw.).
Beim Drucken ist File/Preferences/Figure Copy Template/Copy Options zu beachten.
426 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

14.3 Control System Toolbox


Diese Toolbox ist ein Zusatz zu MATLAB für regelungstechnische Aufgaben. Die
Ermittlung von Kennlinien erfolgt mit dem Control System Toolbox einfach durch
Aufruf von Funktionen, die wahlweise unten gezeigt sind.

Control System Toolbox Funktion Wirkung


» step Sprungantwort
» dstep Sprungantwort eines digitalen Kreises
» impuls Gewichtsfunktion
» nyquist Ortskurve
» bode Bode-Diagramm
» roots Wurzeln der charakteristischen Gleichung
» pzmap Pol-/Nullstellenverteilung in der s-Ebene
» rlocus Wurzelortskurve

Dem Benutzer wird es lediglich überlassen, die Übertragungsfunktion des zu untersu-


chenden Regelkreises
Z ( s)
G(s) =
N (s)

in eine entsprechende Form zu bringen. Grundsätzlich gibt es dafür drei Möglichkei-


ten, die nachfolgend anhand von Beispielen erläutert werden:
s m + bm−1s m −1 + ... + b2 s 2 + b1s + b0
• Polynomform G(s) =
s n + a n −1 s n−1 + ... + a 2 s 2 + a1 s + a 0
( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm )
• Pol/Nullstellen-Darstellung G(s) = K 0
( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn )
(1 + sT N1 )(1 + sT N2 )...(1 + sTNm )
• Linearfaktoren-Form G(s) = K .
(1 + sTP1 )(1 + sTP2 )...(1 + sTPn )
Polynomform
Hierfür werden Zähler und Nenner der Übertragungsfunktion als Polynome darge-
stellt, z. B.
Z ( s) 2s 2 + s + 1
G(s) = = ,
N (s) s 3 + 7 s 2 + 9s + 1
die dann im MATLAB als Vektoren eingegeben werden:
» num = [ 2 1 1 ];
» den = [ 1 7 9 1 ];
14.3 Control System Toolbox 427

Für ein P-T2-Glied


1 α
G(s) = mit D =
2
s + 2α ⋅ s + β 2 β

ist eine spezielle MATLAB-Funktion ord2(β , D) vorhanden. Sind z. B. β = 2,0 s−1


und D = 0,5, so wird die Übertragungsfunktion wie folgt eingegeben:
» [num, den] = ord2 (2.0, 0.5);

Ein Totzeitglied Tt wird mit einer Pade-Funktion n-ter Ordnung approximiert:


1 1
G ( s ) = e − sTt = 1 − sTt + ( sTt ) 2 − ( sTt ) 3 + ... .
2! 3!

Die MATLAB-Funktion pade (Tt, n) ist z. B. für die Totzeit Tt = 0,5 s und n = 1:
» [num, n] = pade (0.5, 1);
Die Beispiele von MATLAB-Funktionen für die Polynomform sind unten gegeben.

Control System Toolbox Funktion Wirkung


» bode (num, den) Erstellen des Bode-Diagramms
» dcgain (num,den) Berechnung der Kreisverstärkung K0 bzw. G(0)
» printsys (num, den) Bildschirmausgabe der Übertragungsfunktion

» step (num, den) Ermittlung der Sprungantwort

Pol-Nullstellen-Darstellung
Eine durch Pol- und Nullstellen vorgegebene Übertragungsfunktion
( s − s N1 )( s − s N2 )...( s − s Nm )
G(s) = K 0
( s − s P1 )( s − s P2 ) ... ( s − s Pn )
wird mit der Funktion zp2tf in eine Polynomform transferiert:
» z = [ sN1 sN2 … sNm ];
» p = [ sP1 sP2 … sPn ];
» k = Ko;
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );

Normalform mittels Linearfaktoren


Liegt die Übertragungsfunktion zerlegt in Linearfaktoren vor:
(1 + sT N1 )(1 + sTN2 )...(1 + sTNm )
G(s) = K ,
(1 + sTP1 )(1 + sTP2 ) ... (1 + sTPn )

so sollte sie entweder in Polynomform oder Pol-/Nullstellen-Darstellung umgewandelt


werden. Im letzten Fall werden die Pol- und Nullstellen ermittelt:
428 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

1 1
z1 = − z2 = − …
TN1 TN2

1 1
p1 = − p2 = − …,
TP1 TP2
die dann mittels der Funktion zp2tf in die Polynomform transferiert werden:
» z = [ z1 z2 … ];
» p = [ p1 p2 … ];
» k = K * (TN1 * TN2 *... ) / (TP1 * TP2 *... );
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
• Beispiel 14.1
Es soll die Sprungantwort eines P-T1-Gliedes
K PS K PS k
GS ( s) = bzw. GS ( s ) = =
1 + sT1 T1 ( s + s P1 ) s + s P1
mit Kennwerten KPS = 2 und T1 = 0,5 s simuliert werden. Das MATLAB-Programm lautet:
» z = [ ]; % keine Nullstellen
» p = [ −2 ]; % Polstelle bei −1/T1
» k = 4; % Proportionalbeiwert k = KPS/T1
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k );
» step (num, den);
Alternativ dazu kann man die Übertragungsfunktion in Polynomform darstellen
0 ⋅ s + K PS 0⋅s + 2
GS ( s ) = = .
1 + sT1 0,5 ⋅ s + 1
Dann sieht das MATLAB-Programm wie folgt aus:
» num = [ 0 2 ];
» den = [ 0,5 1 ];
» step (num, den)
X Aufgabe 14.1
Gegeben ist die Übertragungsfunktion des geschlossenen Kreises
K0
G(s) = ,
( s − s P1 )( s − s P2 )
mit K0 =0,041, sp1 = −0,29, sp2 = −0,11. Die Sprungantwort des Kreises soll simuliert werden.
X Aufgabe 14.2
Die Übertragungsfunktion des geschlossenen Regelkreises
K0
G(s) =
s 2T22 + sT1 + 1
mit K 0 = 0,4 , T22 = 0,1 s 2 und T1 = 0,6 s ist gegeben. Gesucht ist die Sprungantwort.
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB 429

14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB


Das Bode-Diagramm kann mit dem MATLAB-Basismodul programmiert oder mit
dem Control System Toolbox aufgerufen werden.
Programmieren mit Basismodul
Das nachstehende Programm enthält MATLAB-Befehle zur grafischen Darstellung
−2
des Bode-Diagramms eines P-T1-Gliedes im Frequenzbereich 10 s−1 bis 10 s−1:
4

K
G ( jω ) = ,
1 + j ωT
mit K = 10 und T = 1 s. Der Amplituden- und Phasengang werden nach
K
G ( jω ) = ϕ (ω ) = − arctan ωT
1 + (ωT ) 2
berechnet und im logarithmischen Maßstab in zwei Fenster ausgegeben.

Programmtext Kommentar

» title (’Bode-Diagramm eines P-T1-Gliedes’); % Überschrift der Grafik

» K = 10;
% Eingabe von Parametern
» T = 1;
% Eingabe des Frequenzbereiches ω
» w = logspace(−2,4); −2 −1 4 −1
von 10 s bis 10 s .

» om = w*T; % Argument ωT

» absG1 = 20*log10(K); % Berechnung des Amplitudengangs


» absG2 = −10*log10(1+om.*om); % und Umrechnung mittels
% 10er Logarithmen in Dezibel
» absG = absG1 + absG2;

» subplot(211); % Das erste von zwei Fenstern öffnen

» semilogx(om, absG); % Ausgabe des Amplitudengangs


% im halblogarithmischen Maßstab

» grid; % Gitternetz anzeigen

» subplot(212); % Das zweite Fenster öffnen

» phi = −atan(om); % Berechnung des Phasengangs

% Ausgabe des Phasengangs


» semilogx(om, phi*180/3.14); % im halblogarithmischen Maßstab
% in Grad
» grid; % Gitternetz anzeigen
430 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

• Beispiel 14.2
Das Bode-Diagramms eines Totzeitgliedes

G ( s ) = e − sTt
mit Tt = 0,5 s soll im Frequenzbereich 0,01 s−1 < ω < 1 s−1 mit MATLAB ermittelt werden.
Die Berechnung erfolgt nach folgenden Formeln:
G ( jω ) = 1

ϕ (ω ) = −ωTt

Programmtext Kommentar
» title (’Bode-Diagramm eines Tt-Gliedes’); % Titel
» K = 1;
% Eingabe von Parametern
» Tt = 0.5;
% Eingabe des Frequenzbereiches ω
» w = logspace (−2, 0); −2 −1 0 −1
% von 10 s bis 10 s

» om = w * Tt; % Argument ω Tt

% Berechnung des Amplitudenganges


» absG = 20 * log10 (K); % und Umrechnung mittels
% 10er Logarithmen in Dezibel

» subplot (211); % Das erste von zwei Fenstern öffnen

% Ausgabe des Amplitudenganges


» semilogx (om, absG); % im halblogarithmischen Maßstab

» grid; % Gitternetz anzeigen

» subplot (212); % Das zweite von zwei Fenstern öffnen

% Berechnung des Phasenganges


» phi = −om; % ϕ = −ω Tt
% Ausgabe des Phasenganges im
» semilogx (om, phi * 180 / 3.14); % im halblogarithmischen Maßstab
% in Grad
» grid; % Gitternetz anzeigen

X Aufgabe 14.3
Für eine PID-Regeleinrichtung
 1 
GR ( s) = K PR 1 + + sTv  mit K PR = 20 ; Tn = 10 s ; Tv = 2 s .
 sTn 
soll das Bode-Diagramm mit MATLAB erstellt und mit dem Beispiel 5.3 verglichen werden.
14.4 Bode-Diagramm mit MATLAB 431

Bode-Diagramm mit Control System Toolbox


Unter Control System Toolbox wird das Bode-Diagramm durch Aufruf der Funktion
» bode (num, den)
berechnet und graphisch ausgegeben. Hierfür gelten alle im Abschnitt 14.3 angespro-
chenen Eingabeformen.

• Beispiel 14.3
Für zwei in Reihe geschalteten Glieder mit den Übertragungsfunktionen
K P1
G1 ( s ) = K P1 = 8 T1 = 7 s T22 = 10 s 2
s 2T22 + sT1 + 1

K P2
G2 (s) = K P2 = 4 T3 = 0,5 s
1 + sT3
soll mit MATLAB das Bode-Diagramm ermittelt werden.
Die Übertragungsfunktion der Regelstrecke wird in Polynomform dargestellt
K P1 K P2 K P1 K P2
GS ( s ) = ⋅ = ,
s 2T22 + sT1 + 1 1 + sT3 s T2 T3 + s (T2 + T1T3 ) + s (T1 + T3 ) + 1
3 2 2 2

mit MATLAB-Anweisungen programmiert und ausgegeben (Bild 14.6).

Bild 14.6 Bode-Diagramm mit Control System Tollbox zum Beispiel 14.3
432 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
T1 = 7; T22 = 10; T3 = 0.5; % MATLAB-Skript zum Beispiel 14.3
KP1 = 8; KP2 = 4; % Eingabe von Parametern

b0 = KP1 * KP2; % Koeffizienten des Zählerpolynoms


a3 = T22 * T3; % Koeffizienten des Nennerpolynoms
a2 = T22 + T1 * T3;
a1 = T1 + T3;
a0 = 1;
num = [b0]; % Zählerpolynom
den = [a3, a2, a1, a0]; % Nennerpolynom
bode (num, den, ’k’); % Ausgabe, Farbe schwarz
grid; % Gitternetz einschalten

Die Asymptoten, die Eckfrequenzen ω E1, ω E2, ω E3 sowie die Durchtrittsfrequenz ω d für
|GS(jω d)| = 1 und die kritische Frequenz ω kr für ϕ (ω kr) = − 180° kann man mit dem
MATLAB-Editor manuell eintragen. Die Auswertung des Bildes 14.6 zeigt, dass die Werte
−1 −1 −1 −1 −1
ω E1 = 0,2 s , ω E2 = 0,5 s , ω E3 = 0,2 s , ω d = 1,5 s , ω kr = 1,2 s
mit den entsprechenden Ergebnissen des Beispiels 5.2 übereinstimmen.

14.5 WOK mit MATLAB


Die Ermittlung einer WOK mit Control System Tollbox erfolgt mit der Anweisung
» rlocus (num, den);

Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises


Z (s)
G 0 ( s ) = G R ( s ) ⋅ GS ( s ) =
N ( s)

soll als Funktion des Parameters K0 in einer der in Abschnitt 12.2.3 beschriebenen
Eingabeformen dargestellt werden, z. B. in Pol-/Nullstellen-Form
s m + bm−1 s m −1 + ... + b2 s 2 + b1 s + b0
G(s) = K 0 .
s n + a n −1 s n −1 + ... + a 2 s 2 + a1s + a 0

Mit der folgenden Anweisung kann man die K0-Werte und die entsprechenden Pol-
stellen mit 4 Nachkommastellen in den gewünschten Punkten der WOK per Maus-
klick anzeigen lassen (allerdings sollte die WOK vorher mit der Anweisung hold on
gesichert sein):
» [k, p] = rlocfind (num,den)
Weiterhin gibt es eine Anweisung zum Einschalten eines Gitternetzes in der s-Ebene
für kontinuierliche und in der z-Ebene für digitale Regelkreise:
» sgrid (’new’); und » zgrid(’new’) ;
Mit der Option new wird die alte WOK automatisch gelöscht.
14.5 WOK mit MATLAB 433

• Beispiel 14.4
Die WOK für das in Beispiel 7.2 gegebene System 3. Ordnung
K0
G0 ( s ) = ; T1 = 1 s ; T2 = 2 s ; T3 = 0,5 s ;
(1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
soll mit Control System Toolbox ermittelt werden. Das MATLAB-Skript ist unten gegeben, die
entsprechende WOK ist im Bild 14.7 gezeigt.

T1 = 1; T2 = 2; T3 = 0.5; % Parametereingabe
a3 = T1 * T2 * T3; % Berechnung von Polynom-Koeffizienten
a2 = T1 * T2 + T2 * T3 + T1 * T3;
a1 = T1 + T2 + T3;
a0 = 1;
K0 = 1; % Parametereingabe
num = [ 0 0 0 K0]; % Eingabe des Zählerpolynoms
den = [ a3 a2 a1 a0]; % Eingabe des Nennerpolynoms
rlocus ( num, den, ’k’ ); % Aufruf der WOK, Farbe schwarz
hold on; % Ausgabe halten
sgrid; % Gitternetz einschalten
xlabel ( ' Reelle Achse' ); % Beschriftung der x-Achse
ylabel ( ' Imaginäre Achse' ); % Beschriftung der y-Achse
title ( ' Beispiel: Wurzelortskurve' ); % Beschriftung des Bildes

Bild 14.7 WOK eines Kreises bestehend aus drei P-T1-Gliedern


434 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

Kombiniert man die Anweisung rlocfind (num, den) mit den anderen im Abschnitt
12.2.3 eingeführten Toolbox-Anweisungen wie step (num, den); bode (num, den);
roots; usw. so kann der Entwurf eines Regelkreises mit dem WOK-Verfahren kom-
plett am PC-Bildschirm durchgeführt werden.

• Beispiel 14.5
Gegeben ist eine Strecke mit Verzögerung 4. Ordnung, die mit dem PID-Regler geregelt wird:
K PR (1 + sTn )(1 + sTv ) K PS
G0 ( s ) = ⋅ ,
sTn (1 + sT1 )(1 + sT2 )(T32 s 2 + T4 s + 1)
2
KPS = 2; T1 = 0,5 s; T2 = 0,1 s; T3 = 0,1 s 2; T4 = 0,6 s. jω
s-Ebene
Der Regler soll so eingestellt werden, dass die maxi-
male Überschwingweite xm ≤ 10% beim Führungsver- P1
halten wird. Ohne Herleitung ist in Bild 14.8 das ge-
wünschte Gebiet der s-Ebene gezeigt, in dem die zulässiger ϕD
Polbereich 0 σ
WOK positioniert werden soll. Das Gebiet ist durch
das so genannte dominierende Polpaar abgegrenzt, die α
β 1 − D2
im vorliegenden Fall wie folgt gegeben ist:
P1, 2 = −α ± jβ 1 − D 2 = −2,156 ± j 2,202 P2
D
tan ϕ D = .
1− D 2 Bild 14.8 Dominierendes Polpaar
Zunächst versuchen wir den Regler vollzukompensieren, d. h.
Tn = T1 = 0,5 s Tv = T2 = 0,1 s.
Damit liegt die Übertragungsfunktion in Polynomform vor:
1 K PR K PS
G0 ( s ) = K , mit K = .
s 3T32 2
+ s T4 + s Tn
Um die WOK mit MATLAB zu ermitteln, wird K = 1 angenommen. Nachfolgend ist das Skript
mit diesem Wert und dem dominierenden Polpaar gezeigt.
num = [ 0 0 0 K ]; % Eingabe: Zählerpolynom
den = [T32 T4 1 0 ]; % Eingabe: Nennerpolynom
rlocus (num, den, ’k’); % WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz
hold on; sgrid; % Grafik halten, Gitternetz einschalten
pol = [ −2.156+2.202i −2.156−2.202i ]; % Eingabe: Dominantes Polpaar
plot (real (pol), imag (pol), 'k+'); % Dom. Polpaar in Grafik eintragen
plot ([ –2.156 –4.085 ], [ 2.202 4], ‘k‘); % Das gewünschte Gebiet anzeigen
plot ([ –2.156 –4.085 ], [–2.202 -4], ‘k‘);

Die Bildschirmausgabe ist in Bild 14.9 gezeigt. Man stellt fest, dass der vollkompensierte Reg-
ler nicht in der Lage ist, das gewünschte Verhalten auch bei beliebigem KPR zu erreichen, da
die WOK außerhalb des gewünschten Gebietes bzw. des dominieren den Polpaares P1,2 liegt.
Um die WOK in das gewünschte Gebiet zu positionieren, kann man anders kompensieren, z. B.
14.5 WOK mit MATLAB 435

Bild 14.9 WOK des Regelkreises mit dem vollkompensierten Regler

mit Tn = T4 = 0,6 s und Tv = T2 = 0,5 s, oder man kann das Kreisverhalten mit dem vollkompen-
sierten Regler korrigieren, z. B. durch die Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer
Polstelle sP4 = –6. Damit wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises zu
1 + sTN s − s N1
G0 ( s ) = K = K0 ,
( s 3T32 2
+ s T4 + s )(1 + sTR ) s ( s − s P2 )( s − s P3 )( s − s P4 )

1 1 T
mit TN = − = 1,5 s , TR = − = 0,17 s und K 0 = K ⋅ N .
s N1 sP4 TR
Der weitere Entwurfsvorgang wird von K0 = 1 angefangen und interaktiv durchgeführt:
» roots (den) % Eingabe: Polstellen s1, s2, s3 ermitteln
ans = % Bildschirmausgabe
0 % Polstelle s1
−3.0000 + 1.0000 i % Polstelle s2
−3.0000 − 1.0000 i % Polstelle s3
» k = 1; % Eingabe: Koeffizient Ko=1
z = [ − 0.67]; % Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p
p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6 0];
[num1, den1] = zp2tf (z, p, k); % Zero-Pol to Polynomform umwandeln
rlocus (num1, den1, ’k’); % WOK-Ausgabe; Linienfarbe schwarz
hold on; % Grafik halten,
sgrid; % Gitternetz einschalten
436 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink
usw. bis zur Beschriftung-Anweisungen:
xlabel(' Reelle Achse');
ylabel(' Imaginäre Achse');
title ('Wurzelortskurve nach Korrektur');

Das zufriedenstellende Ergebnis ist in Bild 14.10 gezeigt. Der Koeffizient K0 wird für einen
Punkt der WOK innerhalb des gewünschten Gebietes mit der folgenden Anweisung abgelesen:
[k, p] = rlocfind (num1, den1) % WOK Punkte per Mausklick abfragen
k= % Bildschirmausgabe
25.9443

Bild 14.10 WOK nach Einführung einer Nullstelle sN1 = –0,67 und einer Polstelle sP4 = –6

Zum Testen der Entwurfsergebnisse im Zeitbereich kann die Sprungantwort simuliert werden:

» k = 25.9443; % Eingabe: Koeffizient Ko


z = [ − 0.67]; % Eingabe: Nullstellen z und Polstellen p
p = [−3.0000 + 1.0000 i −3.0000 + 1.0000 i − 6 0];
[num1,den1] = zp2tf (z, p, k); % Zero-Pol to Polynomform umwandeln
den2 = num1+den1; %Nenner der Übertragunsgfunktion Gw(s)
step(num1, den2, ’k’) % Sprungantwort: Linienfarbe schwarz

Bild 14.11 zeigt die simulierte Sprungantwort für das Führungsverhalten.


14.5 WOK mit MATLAB 437

Bild 14.11 Sprungantwort des


geschlossenen Regelkreises,
eingestellt nach Bild 14.10

Wird der analoge Regler durch einen gleichwertigen digitalen ersetzt, wird das vorherige Pro-
gramm wie folgt fortgesetzt, die Sprungantwort ist im Bild 14.12 gezeigt:

» TA = 0.5; % Eingabe: Abtastschritt


[dnum, dden] = c2dm (num1, den2, TA, ’zoh’); % Digitalisieren mit linker Intervallgrenze
dstep (dnum, dden, ’k’); % Sprungantwort: Linienfarbe schwarz

Bild 14.12 Sprungantwort des


digitalen Regelkreises, digita-
lisiert mit der linken Intervall-
grenze

Im Bild 14.12 wurde die Abtastzeit TA unangemessen groß gewählt, um das Diagramm an-
schaulicher zu machen.
Für die Digitalisierung mit rechter Intervallgrenze wird in der Anweisung anstelle des Parame-
ters ’zoh’ (zero-order hold) der Parameter ’foh’ (first-order hold) eingesetzt.
438 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

14.6 Einführung in MATLAB / Simulink


MATLAB/Simulink ist eine Ergänzung zum Basismodul, das vollständig in
MATLAB integriert ist, jedoch eine eigene Entwicklungsumgebung hat. Man kann
damit sowohl eigene C-Programme einbinden, als auch die erstellten C-
Quellprogramme generieren und weiter mit dem Real-Time Workshop in Echtzeitan-
wendungen importieren. Mit MATLAB/Simulink kann man:
• die Regelkreise nach den Wirkungsplänen sofort in ein Programm umwandeln
• einzelne Blöcke durch einen Doppelklick auf das Blocksymbol konfigurieren
• mit der Menü-Anweisung Simulation/Parameters die Schrittweite und die Dauer
der Simulation einstellen
• mit der Menü-Anweisung Simulation/Starten die Simulation ausführen und in
einem Scope- oder Figure-Fenster ausgeben.
Ein einfaches Modell und die Bibliotheken
Das Fenster der Bibliotheken wird durch die Eingabe simulink im MATLAB-
Kommandofenster aufgerufen oder über das Fenster Launch Pad eröffnet. Über das
Menü File/New ruft man das neue Fenster für den Modellaufbau auf. Die Eingabe der
Modellstruktur und die Parametrierung von Blöcken erfolgt in diesem Fenster.
Das verfasste Modell kann durch ein MATLAB/Simulink-Menü gestartet werden.
Vorher sollten die Parameter der Simulation in einem Dialogfenster Simulation Pa-
rameters: untitled eingestellt werden. Dies wird durch die Menü-Anweisung Simula-
tion/Parameters geöffnet. Danach wird die Start- und Stopzeit, der Typ des Integrati-
onsschrittes (Variable step oder Fixed step) und des Integrationsverfahrens (solver
option) eingegeben. Ein Beispiel des Modells ist in Bild 14.13 gezeigt.

Bild 14.13 Simulierter


Regelkreis mit Scope-
Ausgabe

Eine Simulation kann man auch aus dem MATLAB-Command-Fenster bzw. aus
einem MATLAB-Programm mit dem plot-Befehl aufrufen. Dafür sollten die Simula-
tionsergebnisse in Form eines Zeitvektors t, einer Zustandsmatrix x und einer Aus-
gangsmatrix y gebildet werden, wie beispielsweise in Bild 14.14 gezeigt ist. Man
kann einen MATLAB/Simulink-Block über die Menü-Anweisung Edit/Edit-Mask
oder Options/Mask in einen neuen selbstgenannten Block umwandeln.
Ein Simulink-Modell, das aus mehreren Blöcken besteht, lässt sich in einen neuen
benutzerdefinierten Block (Untersystem) einbinden. Dies erfolgt über die Anweisung
Edit/Create-Subsystem oder Options/Group. Nach Anklicken der Menü-Zeile Look-
Under-Mask wird der Inhalt des komprimierten Modells in einem Fenster angezeigt.
14.6 Einführung in MATLAB / Simulink 439

Bild 14.14 MATLAB/Simulink-Modell mit Parameterübergabe zum MATLAB-Basismodul

Liegt das exakte Modell der Regelstrecke vor, kann der Wirkungsplan mit dem
MATLAB/Simulink abgebildet, konfiguriert und sofort getestet werden, was für kom-
plizierte Regelkreise besonders wichtig ist. Nachfolgend wird gezeigt, wie man ver-
schiedene Reglerarten mit MATLAB/Simulink abbilden und behandeln kann.

Digitale Regelung mit MATLAB/Simulink


Ein Regelkreis mit einem digitalen Regler und kontinuierlich arbeitender Strecke
kann einfach mit Hilfe von z- und s-Transferfunktionen aus den Bibliotheken Conti-
nuous und Discrete, die man in Library Browser findet, simuliert werden.
Im Wirkungsplan des Bildes 14.15 ist ein digitaler P-Regler mit Verzögerung T1 als
z-Übertragungsfunktion
K PR (1 − a1 )
GR ( z ) =
z − a1

simuliert. Der Baustein Discrete Transfer Fon berücksichtigt die dem Regler zugehö-
rigen Abtaster und Halteglied. Ein externes Halteglied ist am Eingang des Stellglieds
bzw. der Regelstrecke vorgesehen. Die Stellgröße y(kT) wird aus dem MATLAB-
Command-Fenster als Treppenkurve mit dem Befehl stairs(t, y, ’k’) ausgegeben.

Bild 14.15 Simulationsmodell eines digitalen Regelkreises


440 14 Regelkreisanalyse mit MATLAB / Simulink

Die analoge Strecke 2. Ordnung mit Verzögerung ist mit gewöhnlichen Blöcken der
Bibliothek Continuous im Kreis abgebildet.
Die entsprechenden Sprungantworten sind in Bild 14.16 gezeigt. Die simulierte Re-
gelgröße stellt, wie auch zu erwarten ist, ein analoges Signal dar. Sie wird auch aus
dem MATLAB-Command-Fenster mittels Anweisung plot(t, x, ’k’) aufgerufen.

a) Stellgröße y(kT) b) Regelgröße x(t)

Bild 14.16 Sprungantworten des digitalen Regelkreises

Für die Aufnahme von simulierten Signalen bietet SIMULINK mehrere Möglichkei-
ten, wie Scope, numerische Displays, Ports usw. an. Entscheidet man sich für die
Parameterübergabe, wie in Bild 14.15 mittels To Workspace, sollten die Formate der
zu übergebenden Vektoren bzw. Dimensionen gleich sein, ggf. sollt man die Daten-
formate von Structure auf Array umstellen. Es reicht dafür, das Symbol des Blocks To
Workspace und dann Save Format zu aktivieren. Die Signalquelle, z. B. step sollte
genauso auf 1D-Format unter Interpret vector parameters as 1D umgestellt werden.
441

15 Lösungen der Übungsaufgaben

Aufgabe 2.1

u
Aus der Übertragungsfunktion ergibt sich unter Beachtung von ue ( s) = e 0 :
s
ue0 1
ua ( s ) = ⋅ ,
T1T2  2 T +T +T 1 
s  s + s 1 2 3 + 
 T1T2 T1T2 

mit
T1 = R1C1 = 1 s ,

T2 = R2C2 = 1 s

T3 = R1C2 = 0,5 s .
Gemäß Korrespondenztabelle setzen wir
1
β2 = = 1 s-2
T1T2

T1 + T2 + T3
α= = 1,25 s -1 .
2T1T2
-1 -1
Die Pole errechnen sich zu s1 = − 0,5 s und s2 = − 2 s . Damit wird
1
ua ( s ) = ue0 β 2 .
s ( s − s1 )( s − s2 )
Die Rücktransformation in den Zeitbereich
liefert die gesuchte Sprungantwort
 4 − 0,5 t 1 − 2 t 
ua ( t ) =  1 − e s + e s u . u
 3 3  e0 a
1,0
  ue0
0,8
0,6
0,4
0,2
0
0 2 4 6 8 10
t /s

Bild A.1 Sprungantwort zu Aufga-


be 2.1 (P-T2-Glied)

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1_15,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
442 15 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 2.2
a) Aus der Übertragungsfunktion
ua ( s ) sT1 1
G(s) = = −
ue ( s ) 1 + sT1 1 + sT2
u
folgt mit ue ( s) = e 0
s
 1 
 
ua ( s) = ue0  1 − T2 .
 1  1  
 s + T s  s +  
 1  T2  
Die Zeitkonstanten sind:
L
T1 = = 10 −3 s , T2 = R2 C = 0,02 s .
R1
Durch Rücktransformation in den Zeitbereich folgt
t t
− −
T1 T2
u a (t ) = (e −1+ e ) ⋅ u e0 .
b) Die Werte von ua(t) für t = 0 und t = ∞ sind: ua(0) = + ue0 und ua(∞) = − ue0 .
ua
ue0 1,0

0
20 40 60 80 100
t /ms Bild A.2 Sprungantwort zu Aufga-
be 2.2 (Allpaß 1. Ordnung)
−1,0

Aufgabe 2.3

Mit α = −ϕ folgt aus Gl. (2.34)


uˆe
uˆa = ⋅ sin (ω t ) .
1 + (ω T1 ) 2

Aufgabe 2.4
Nach einem Eingangssprung
1
xe (t ) = xe0 ⋅ σ (t ) c−−¦ xe ( s ) = ⋅ xe0
s
folgt die Laplace-Transformierte Ausgangsgröße
15 Lösungen der Übungsaufgaben 443

xe0 1 + sTv
xa ( s ) = G ( s ) ⋅ = KP xe0 .
s s (1 + sT1 )
Nach dem Grenzwertsatz ist
Tv
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) = lim G ( s) ⋅ xe0 = K P xe0
t →0 s→∞ s→∞ T1

und
lim xa (t ) = lim s ⋅ xa ( s ) = lim G ( s ) ⋅ xe0 = K P xe0 .
t →∞ s→0 s→0

Vergleicht man die Sprungantwort mit dem Verlauf der Ortskurve, so sieht man: Das System
verhält sich im Zeitbereich für t = 0 wie im Frequenzbereich für ω = ∞, bzw. für t = ∞ wie im
Frequenzbereich für ω = 0.
G ( jω) ω =0
= KP

Tv
G ( jω) ω =∞
= KP .
T1

Aufgabe 3.1
Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion
x( s ) K Im
GS ( s ) = = PS KPS
y ( s ) 1 + sT1 2
2 4 6 8 Re
bzw. der Frequenzgang 0
0
x ( jω ) K PS GS (jω)
GS ( jω ) = = . -2 40
2
y ( jω ) 1 + jω T1 30
-4 ωE 4
20 6 −1
Daraus ergeben sich: 15
10 8 /s
-6 ω
K PS
Re (GS ) =
1 + (ω T1 ) 2 Bild A.3 Ortskurvenverlauf des
P-T1-Gliedes zu Aufgabe 3.1 mit
K PS ω T1
Im (GS ) = − KPS = 10, T1 = 0,1 s und
1 + (ω T1 ) 2 ω E = 1/T1 = 10 s
−1

Aufgabe 3.2
K PS
Aus Gl. (3.16) folgt die Übertragungsfunktion GS ( s ) = mit
1 + sT1
K1 cnNRb L
K PS = = ; T1 = .
R R Rm ( Ra + Rb ) R
444 15 Lösungen der Übungsaufgaben

Durch die Substitution (Ra + sLa) anstelle von Ra wird die Ankerinduktivität berücksichtigt, und
wir erhalten:
cnNRb 1
K PS* = = K PS .
R Rm ( Ra + Rb + sLa ) 1+ s
La
Ra + Rb
La
Mit T2 = ergibt sich die Übertragungsfunktion der Strecke bei Berücksichtigung von
Ra + Rb
La zu einem P-T2-Glied:
K PS
GS* ( s ) = .
(1 + sT1 )(1 + sT2 )

Aufgabe 3.3
a) Aus Bild 3.19 folgt
n( s ) R 1 + sT1
GS ( s) = =− ⋅ .
M L (s) 2π ⋅ (cΦ 0 ) 2 s 2T JR
+s
JR
+1
1
(cΦ 0 ) 2 (cΦ 0 ) 2

Mit den Abkürzungen


R 1
K PS = = 0,00877
2π (cΦ 0 ) 2
Ws 2

L
T1 = = 0,2 s
R
JR
T2 = = 0,05 s
(cΦ 0 ) 2

ergibt sich die Übertragungsfunktion zu


K PS (1 + sT1 )
GS ( s ) = − .
s 2 T1T2 + sT2 + 1
Das negative Vorzeichen ist durch die Abnahme der Drehzahl bei zunehmender Belastung
bedingt.
1
b) Mit M L ( s ) = ⋅ M L0 und
s
1 1
β2 = = 102 s - 2 ; α = = 2,5 s -1 ; ω = β 2 − α 2 = 9,68 s -1
T1T2 2T1

folgt
15 Lösungen der Übungsaufgaben 445

1 + sT1
n( s ) = GS ( s) ⋅ M L ( s ) = − K PS β 2 M L0 .
s ( s + s ⋅ 2α + β 2 )
2

Mittels der Beziehungen 13 und 11 der Korrespondenztabelle ergibt die Rücktransformation in


den Zeitbereich
  1 − α ⋅ T2 
n(t ) = − K PS 1 − e − α t  cos ω t − sin ω t  M L0 .
  ω T2 
c) Das negative Vorzeichen soll bei der Ortskurvendarstellung unberücksichtigt bleiben. Es
bedeutet, dass jeder Punkt der Ortskurve zusätzlich um 180° gedreht wird.
K PS (1 + jω T1 )
GS ( jω ) = 1 Im
5
6 7
1 − ω 2T1T2 + jω T2 4 8
2
ω=0 8,66 Re
mit der Zerlegung 1 2 3 4
ω=∞ 9
1
Re (GS ) = K PS -1
(1 − ω T1T2 ) 2 + (ω T2 ) 2
2
9,5
16
-2
ω T1 (1 − ω 2T1T2 ) − ω T2 14 10
Im (GS ) = K PS . 13
(1 − ω 2T1T2 ) 2 + (ω T2 ) 2 12 11
-3 −1
ω /s
Bild A.4 Ortskurvenverlauf zu
Aufgabe 3.3 (PD-T2-Glied mit
KPS = 1)
Aufgabe 3.4
Der Frequenzgang folgt aus Gl. (3.78) zu
1 Im
GS ( jω ) =
1 − (ω T2 ) 2 + jω T1 ω=∞ ω=0
1,0
mit der Zerlegung: 20 Re
1 − (ω T2 ) 2 2
Re (GS ) = 15
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2 4

− ω T1
Im (GS ) = 12
6
[1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2
-1,0
10
9 8 ω /s −1
Bild A.5 Ortskurvenverlauf zu
Aufgabe 3.4 (P-T2-Glied mit
KPS = 1)
Mit den Abkürzungen
446 15 Lösungen der Übungsaufgaben

1 T1 α T1
β= ; α= ; D= =
T2 2T22 β 2T2
folgt
β2
GS ( jω ) =
( β 2 − ω 2 ) 2 + (2αω ) 2

∂ GS ( jω ) − 4ω ( β 2 − ω 2 ) + 8α 2ω
= β2 = 0.
∂ω 3
2 [( β 2 − ω 2 ) 2 + (2αω ) 2 ] 2
Daraus folgt

ω 2 − β 2= −2α 2 bzw. ω = ωr = β 1 − 2 D 2
und
1
GS ( jωr ) = GS ( jω ) MAX = q.e.d.
2D 1 − D 2
1 Im

Aufgabe 3.5 Re
Der Frequenzgang zu Gl. (3.85) lautet -1 ω=∞ 1 2
KI
GS ( jω ) = -1 ω = KI
jω ω /s−1
Der Betrag KI
-2 ω=
KI 2
GS ( jω ) =
ω ω=
KI
-3 3
wird gleich Eins für ω = KI .
Bild A.6 Ortskurvenverlauf zu
−1
Aufgabe 3.5 (I-Glied KI = 1 s )
Aufgabe 3.6
Für den Zusammenhang von Strom und Spannung an einem Kondensator gilt im Zeit- und im
du (t )
Bildbereich i(t ) = C c−−¦ i( s) = C [ s ⋅ u ( s ) − u (0)]
dt
i(t) i(s)

1
u(t) C u(s) Bild A.7 Strom und Spannung an
sC
einer Kapazität im Zeitbereich (links)
und im Bildbereich (rechts)
bzw. nach Integration
15 Lösungen der Übungsaufgaben 447
t t
du (τ )

0
i (τ ) dτ = C

0

t t

 i (τ ) dτ = C [u (t ) − u (0)]
 i(τ ) dτ + u(0) .
1
 u (t ) =
C
0 0

Für Anfangswert u(0) = 0 erhalten wir


t

 i(τ ) dτ
1 1
u (t ) = c−−¦ u(s) = i(s) .
C sC
0

Aufgabe 3.7
a) Anhand von Bild 3.31 folgt sofort
Fb (t ) = K [vs (t ) − v a (t )] .

b) Die vom Linearmotor erzeugte Kraft dient der Beschleunigung der Masse m
dv a (t ) dv a (t )
m = K [v s (t ) − v a (t )]  m + K v a (t ) = K vs (t )
dt dt
m dv a (t ) dv a (t )
 + v a (t ) = vs (t )  T1 + v a (t ) = vs (t ) .
K
, dt dt
T1

c) Die Übertragungsfunktion folgt durch Laplace-Transformation


va (s) 1
GS1 ( s ) = = .
vs ( s ) 1 + sT1

d) Der Zusammenhang zwischen Weg x und Geschwindigkeit va ist


dx(t ) x( s ) 1
v a (t ) = c−−¦ v a ( s ) = s ⋅ x( s )  GS2 ( s) = = .
dt v a (s) s
Damit erhält man
x( s)
GS ( s) = = GS1 ( s ) ⋅ GS2 ( s ) .
vs ( s )

x( s) 1
GS ( s) = =
vs ( s) s (1 + sT1 )
448 15 Lösungen der Übungsaufgaben

v
e) Mit v s ( s ) = s0
s x /m
folgt 3

v 1
x( s ) = GS ( s ) ⋅ s0 = v s0 . 2
2
s s (1 + sT1 )
Die Rücktransformation T1
1
in den Zeitbereich entspricht
der Gl. (3.100)
t 0
− 0 1 2 3
T1 t 4
x(t ) = v s 0 [t − T1 (1 − e )] . T1

Bild A.8 Sprungantwort zu Aufga-


be 3.7 (I-T1-Glied für vs0 = 1 m/s)
Aufgabe 4.1
a) Aus Bild 4.17 ergibt sich die Führungsübertragungsfunktion
x( s ) K PR K IS
Gw (s) = =
w( s ) s + K PR K IS

Für
w
w( s ) = 0
s
folgt
K PR K IS
x( s ) = w0
s ( s + K PR K IS )

Nach dem Grenzwertsatz gilt


lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = w0 ,
t →∞ s→0

d. h. die bleibende Regeldifferenz verschwindet.


e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .

b) Entsprechend folgt aus Bild 4.17 die Störübertragungsfunktion


x( s ) K IS
Gz ( s) = = .
z ( s) s + K PR K IS

Mit
z
z (s) = 0
s
wird
15 Lösungen der Übungsaufgaben 449

K IS
x( s ) = z0
s ( s + K PR K IS )
und nach dem Grenzwertsatz
z0
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = .
t →∞ s→0 K PR
In diesem Fall ist
z0
e( ∞ ) = x ( ∞ ) = ,
K PR
da in der Störübertragungsfunktion x nicht den Absolutwert, sondern nur die Änderung infolge
z darstellt.

c) Bei einem Führungssprung wird der vorgegebene Wert von der Regelgröße asymptotisch
erreicht, d. h. die bleibende Regeldifferenz wird Null. Dagegen wird der Einfluss eines Stör-
sprungs mit zunehmendem KPR verringert aber nicht beseitigt.

Aufgabe 4.2
Die Störübertragungsfunktion lautet
x( s ) sK IS
Gz (s) = = .
2
z ( s ) s + K IR K IS

Für
z
z (t ) = z 0 ⋅ σ (t ) c−−¦ z(s) = 0
s
ist
K IS
x( s ) = z0
2
s + K IR K IS

und nach Rücktransformation folgt als Sprungantwort

K IS
x(t ) = z 0 ⋅ sin( K IR K IS ⋅ t ) ,
K IR

eine Dauerschwingung mit der Amplitude

K IS
z0
K IR

um den Nullpunkt. D. h. die mittlere Regeldifferenz wird zu


e (∞ ) = 0 .
450 15 Lösungen der Übungsaufgaben
Aufgabe 4.3
R
R
R1 R2

+
R1
− Bild A.9 PI-Regler mittels
C + yR Operationsverstärker zu
e Aufgabe 4.3
R

+

Aus dem Schaltbild folgt die Übertragungsfunktion


y ( s ) R2  1 
GR (s ) = R = 1 + ,
e( s ) R1  sCR 
R2
worin K PR = und Tn = CR .
R1
Aufgabe 4.4

Für Tn = T1 erhält man aus Gl. (4.71)


sK PS
Gz ( s) = .
 2 1 + K PR K PS K PR K PS 
T 1 s + s + 
 T1 T12 
Daraus folgt mit
K PR K PS 1 + K PR K PS
β2 = ; α=
T12 2T1

α 1 + K PR K PS
D= =
β 2 K PR K PS

 −
1

3 
∂D 1 1
= ( K PR K PS ) 2 K PS − (1 + K PR K PS ) ( K PR K PS ) 2 K PS  = 0
∂K PR 2  2 
 

2 K PR K PS − 1 − K PR K PS = 0

1
K PR = .
K PS
Die minimale Dämpfung beträgt
D =1.
15 Lösungen der Übungsaufgaben 451
Aufgabe 4.5

Der Frequenzgang des PD-T2-Reglers lautet


y R ( jω ) 1 + jω Tv
GR ( jω ) = = K PR .
e( j ω ) 1 − (ω T2 ) 2 + jω T1

Zur Kurvendiskussion wird GR(jω) in Real- und Imaginärteil zerlegt

1 − (ω T2 ) 2 + ω 2T1Tv
Re (GR ) = K PR
[(1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2

ω Tv [1 − (ω T2 ) 2 ] − ω T1
Im (GR ) = K PR .
[(1 − (ω T2 ) 2 ]2 + (ω T1 ) 2

Im 0,4 0,6
10 0,2
0,8
3
0 Re
2
-10 ∞ 10 20 30 40 50
Bild A.10 Ortskurvenverlauf
- 10
1,0 zu Aufgabe 4.5 (PD-T2-Glied)
3
- 20 ω /s −1
2,0 1,2
1,4
- 30

Aufgabe 4.6
Die Führungsübertragungsfunktion des Regelkreises ergibt sich zu
x( s ) K PR K IS (1 + sTv )
Gw (s) = =
w( s ) K PR K IS + s (1 + K PR K ISTv )

bzw. mit der Abkürzung


K PR K IS
α=  α Tv < 1
1 + K PR K ISTv

x( s ) 1 + sTv
Gw (s) = =α
w( s ) s +α
w0
Für w(t ) = w0 ⋅ σ (t ) c−−¦ w( s ) =
s
wird
1 + sTv
x( s ) = α w0 .
s(s + α )
452 15 Lösungen der Übungsaufgaben
Nach Rücktransformation in den Zeitbereich folgt

x(t ) = [1 − (1 − αTv )e −α t ] w0 .
x
1
α

w0 Bild A.11 Führungssprungantwort


zu Aufgabe 4.6
w0αTv
0
0 t

Aufgabe 6.1

a) Die charakteristische Gleichung ergibt sich aus 1 + G R ( s )GS ( s ) = 0 zu


1
1 + K PR K PS =0
(1 + sT1 ) 3

bzw. s 3 ⋅ T13 + s 2 ⋅ 3T12 + s ⋅ 3T1 + 1 + K PR K PS = 0 .


, ,
a3 a2 a1 a0
Nach Hurwitz ist ein System 3. Ordnung instabil für

a1a 2 − a3 a 0 = 9T13 − (1 + K PR K PS )T13 < 0


8
bzw. K PR > .
K PS
8 w
b) Für K PR = K PRkr = und w( s ) = 0 ist
K PS s
8 8 1
x( s ) = ⋅ w0 = ⋅ ⋅ w0 .
3  
3
s [(1 + sT1 ) + 8] T13  3
s  s +  s 2 + 
 T1  T12 

Mittels Grenzwertsatz folgt daraus
8
lim x(t ) = lim s ⋅ x( s) = w0
t→ ∞ s→ 0 9
bzw. die bleibende Regeldifferenz
w
e(∞) = w0 − x(∞) = 0 .
9
15 Lösungen der Übungsaufgaben 453

c) Aus Gl. (6.12) bzw. Gl. (6.13) folgt für α = 0


a0 a1 3
ω = ω kr = = = .
a2 a3 T1

Aufgabe 6.2
a) Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet
1 + sTn
G0 ( s) = G R ( s) ⋅ GS ( s ) = K PR K PS
sTn ( s 2T22 + sT1 + 1)
mit der Polverteilung

s1 = 0 ; s 2 = 0,1 s −1 ; s3 = 0,05 s −1 .

Es ist also ni = 1 und nr = 0.


Nach dem Nyquist-Kriterium (Bedingung 6.43) muss bei Stabilität die Winkeländerung
π π
Δϕ = (2n r + ni ) ⋅ =+
2 2
betragen.
Wir diskutieren zunächst den Ortskurvenverlauf von
K PR K PS 1 + jω Tn
G0 ( jω ) = ⋅
ω Tn − ω T1 + j [1 − (ω T2 ) 2 ]
mit der Zerlegung
K PR K PS T [(1 − (ω T2 ) 2 ] − T1
Re (G0 ) = ⋅ n 2
Tn (ω T1 ) + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2

K PR K PS − ω 2TnT1 − 1 + (ω T2 ) 2
Im (G0 ) = ⋅ .
ω Tn (ω T1 ) 2 + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2

Im
10

Δϕ
Re
-30 -20 -10 -1 10

Asymptote Bild A.12 Stabilitätsbetrachtung


G0(jω) -10
nach Nyquist: P-T2-Strecke und
PI-Regler (instabil)
ω
-20

-30
454 15 Lösungen der Übungsaufgaben

Wie der Ortskurvenverlauf zeigt, beträgt die Winkeländerung des Fahrstrahls [1 + G0(jω)]
3
Δϕ = − π ,
2
d. h. der Regelkreis ist instabil.
b) An der Stabilitätsgrenze muss die Ortskurve G0(jω) durch den kritischen Punkt Pkr = −1
gehen, d. h. für
Im [G0 ( jω kr )] = 0
muss
Re [G0 ( jω kr )] = −1
sein. Daraus folgt
 T2 
− K PR K PS  2 − 1 = −1
 Tn T1 

T2 K PR K PS
Tn = 2 ⋅ = 5, 5 s .
T1 1 + K PR K PS

c) Durch die Hinzunahme des D-Anteils wird die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen
Kreises

s 2Tn Tv + sTn + 1
G0 ( s ) = K PR K PS ⋅ .
sTn ( s 2T22 + sT1 + 1)]
Die Polverteilung ändert sich gegenüber a) nicht, und die Forderung
! π
Δϕ =+
2
bleibt bestehen.
Die Zerlegung des Frequenzganges G0(jω) in Real- und Imaginärteil liefert:

K PR K PS Tn [(1 − (ω T2 ) 2 ] − T1 (1 − ω 2TnTv )
Re (G0 ) = ⋅ (A.1)
Tn (ω T1 ) 2 + [(1 − (ω T2 ) 2 ]2

K PR K PS ω 2TnT1 + (1 − ω 2TnTv )[1 − (ω T2 ) 2 ]


Im (G0 ) = − ⋅ . (A.2)
ω Tn (ω T1 ) 2 + [1 − (ω T2 ) 2 ]2
An der Stabilitätsgrenze muss für
Im [G0 (ω kr )] = 0 (A.3)

Re [G0 (ω kr )] = −1 (A.4)
sein. Die erste Bedingung (A.3) liefert mit Gl. (A.2)
15 Lösungen der Übungsaufgaben 455

ωkr2
TnT1
(1 − ωkr
2
TnTv ) = − . (A.5)
1 − (ωkrT2 ) 2
Gl. (A.5) in Gl. (A.1) unter Berücksichtigung der Bedingung (A.4), eingesetzt, ergibt
K PR K PS
Re [G0 (ω kr )] = = −1
1 − (ω krT2 ) 2
bzw.
2 1 + K PR K PS
ω kr = = 0,03 s -2 .
T22
2
Mit ω kr in Gl. (A.5) eingesetzt, folgt

1  ωkr 2
TnT1 
Tv = ⋅  + 1 = 2, 3 s .
ωkr
2
Tn 1 − (ωkrT2 ) 2 

Für Tv > 2, 3 s wird die Ortskurve in der in Bild A.13 gezeigten Weise verformt. Die resultie-
π
rende Winkeländerung ist dann, wie bei Stabilität gefordert, Δϕ = + .
2
Im
10

-1 Re
-30 -20 -10 10
Δϕ Bild A.13 Stabilitätsbetrachtung
Asymptote G0(jω) -10 nach Nyquist: P-T2-Strecke und
PID-Regler (stabil)
ω
-20

-30

Aufgabe 8.1
Die Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Kreises lautet:
K PR K PS (1 + sTn )
G0 ( s ) = .
sTn (1 + sT1 )(1 + sT2 )(1 + sT3 )
Zunächst wird die größte Zeitkonstante der Regelstrecke mit der Zeitkonstante des Reglers
kompensiert, d. h.
Tn = Tgrößte= T1 = 8,5 s.
456 15 Lösungen der Übungaufgaben

Da T2 ≥ 5⋅T3 gilt, werden die beiden restlichen Zeitkonstanten durch eine Zeitkonstante TE
ersetzt:
TE = T2 + T3 = 7,7 s.
Damit entspricht die Übertragungsfunktion des offenen Kreises dem Grundtyp A. Nach dem
Betragsoptimum für Grundtyp A folgt:
K PR ⋅ K PSy Tn
G0 ( s ) =  K PR = = 6,9 .
sTn ⋅ (1 + sTE ) 2 ⋅ K PSy ⋅ TE

Aufgabe 8.2
Für die gegebenen Werte Tv = T1 und TR = 0 ergibt sich die Übertragungsfunktion des aufge-
schnittenen Kreises zu
1 + sT1
G0 ( s ) = K 0 ,
1 − sT1
worin K0 = KPR KPS ist. Es gilt nr = 1 und ni = 0. Um das Bode-Diagramm zu ermitteln, wird
KPR = 1 bzw. 20 lgK0 = −12 dB angenommen. Die Null- und Polstelle haben gleiche Realteile,
jedoch mit unterschiedlichen Vorzeichen. Dadurch kompensieren sich die positive und negative
Steigungen des Amplitudengangs gegenseitig im Bode-Diagramm (Bild A.14).
⏐G⏐dB
10−2 10−1 100 ω
0 dB
20 lgK0 ΔdB
+20 dB/Dek
−20 dB/Dek
− 20 dB
1/T1 Bild A.14 Bode-Diagramm
90° des offenen Kreises
ϕ(ω) ϕ1(ω)
10−2 10−1 100 ω 1 + sT1
0° G0 ( s) = K 0
S0 = +
1 ϕ(ω)=ϕ1(ω)+ϕ2(ω) 1 − sT1
− 90° 2
ϕ2(ω)
− 180°

Die Stabilitätsbedingung nach dem vollständigen Nyquist-Kriterium (6.61) (im vorliegendem


Fall υp − υn = 0,5) wird erst dann erfüllt, wenn die 0-dB-Linie um
ΔdB = 12 dB bzw. Δ K = 4
nach unten verschoben wird, weil dann der einzige halbe positive Schnittpunkt (S0 = + 1/2) in
Betracht kommt. Der geschlossene Kreis wird bei KPR > Δ K bzw. KPR > 4 stabil.
Aufgabe 9.1
Für xt = 0 ist der Regelkreis linear. Die charakteristische Gleichung folgt aus
1
+ 1 = 0 bzw.
G R ( s )GS ( s )
15 Lösungen der Übungsaufgaben 457

s 3 TI T22 + s 2 TI T1 + sTI + K S = 0 .
, , ,
a3 a2 a1 a0

Nach Hurwitz muss bei Stabilität

a1a 2 − a 0 a 3 = TI2T1 − K STIT22 > 0


bzw.

T2
TI > K S 2 = 0,4 s
T1
sein. Demzufolge ist im Fall a) (TI < 0,4 s) das System instabil und im Fall b) (TI > 0,4 s) stabil.

Aufgabe 11.1
Der Wirkungsplan des analogen Regelkreises ist im Bild A.15 gezeigt. Der geschlossene Kreis
hat den P-T1-Verhalten
K IR K PS
G0 ( s ) s K IR K PS 1
Gw (s) = = = =
1 + G0 ( s) K IR K PS s + K IR K PS 1
1+ 1+ s
s K IR K PS
mit der Zeitkonstante
1 1
Tw = = = 0,0625 s

K IR K PS 2 s 1 ⋅ 8
und dem Proportionalbeiwert KPw = 1. Beim Eingangsprung w0 =2 erreicht die Regelgröße den
Beharrungszustand x(∞) = KPw ⋅w0 = 2, wie die Kurve in Bild A.16 zeigt.
Wird der analoge Regler durch einen digitalen I-Regler ersetzt, kommen die Differenzenglei-
chungen in Betracht:
• Regler:
KIR KPS
e + e k −1 w e y
y k = y k −1 + K IR ⋅ TA ⋅ k x
2
+ −
• Additionsstelle: e k = wk − x k

• Regelstrecke: x k = K PS ⋅ y k
Bild A.15 Wirkungsplan des analogen
Ersetzt man yk−1 und yk durch xk−1 und xk Regelkreises

x xk
y k −1 = k −1 , yk = ,
K PS K PS
so ergibt sich die Gleichung des geschlossenen Regelkreises zu
xk x e + e k −1 x k −1 w − x k + wk −1 − x k −1
= k −1 + K IR ⋅ TA ⋅ k = + K IR ⋅ TA ⋅ k .
K PS K PS 2 K PS 2
458 15 Lösungen der Übungaufgaben

Unter Beachtung wk−1 = wk für den Eingangssprung findet man schließlich die rekursive For-
mel für die abgetastete Regelgröße:
1 − 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA 2 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA
xk = ⋅ x k −1 + ⋅ wk −1
1 + 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA 1 + 0,5 ⋅ K IR ⋅ K PS ⋅ TA
Daraus folgt für die Kennwerte des Regelkreises:

1 − 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s 2 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s


xk = ⋅ x k −1 + ⋅ wk −1
1 + 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s 1 + 0,5 ⋅ 2 s −1 ⋅ 8 ⋅ 0,05 s
bzw.
x k = 0,43 ⋅ x k −1 + 0,57 ⋅ wk −1
Die Sprungantwort wird berechnet, angefan-
x(t)
gen von x0 = 0 und w0 = 2. Daraus ergibt sich
das P-T1-Verhalten (Bild A.16):
2,0
x1 = 0,43 ⋅ 0,00 + 0,57 ⋅ 2 = 1,14
x 2 = 0,43 ⋅1,14 + 0,57 ⋅ 2 = 1,63 1,0
x 3 = 0,43 ⋅1,63 + 0,57 ⋅ 2 = 1,84
x 4 = 0,43 ⋅1,84 + 0,57 ⋅ 2 = 1,93 0 2TA 4TA 6TA t/s
x 5 = 0,43 ⋅1,93 + 0,57 ⋅ 2 = 1,97
x 6 = 0,43 ⋅1,99 + 0,57 ⋅ 2 = 1,99 Bild A.16 Sprungantworten zu
Aufgabe 11.1

Aufgabe 11.2
Der gegebene analoge I-Algorithmus wird zuerst differenziert
y (t ) = K I e(t )
und nach der Rechteckregel mit t = kTA unter folgendem Ansatz digitalisiert (Bild A.17):

y − yk −1
0.7
y (t ) ≈ k e(t ) ≈ ek −1
0.6 TA
e
k
0.5 yk = yk −1 + K I TAek −1 ,
0.4 wonach die (yk)-Folge aus der gegebenen
y
0.3 k (ek)-Folge ek = 2(kTA ) 2 berechnet wird.
0.2 Um das Ergebnis zu prüfen, kann man die
gegebene Eingangsfunktion als Step-Block
0.1
e = 4 mit dem nachgeschalteten Doppel-I-
0 Glied mit MATLAB/Simulink simulieren,
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1
wie in Bild A.18 gezeigt ist. Die Begren-
zung e(t) = 0,5 ist mit dem Block Saturati-
Bild A.17 Ein- und Ausgangsfunktionen des on und die Abtastung mit Zero-Order-Hold
analogen und digitalisierten I-Algorithmus Blöcken berücksichtigt.
15 Lösungen der Übungsaufgaben 459
To Workspace
e(t) Sample time 0.1

yk
Zero -Order 1 Zero -Order
Integrator 1 Saturation sample time 0.5 sample time 0.5
von 0 bis 0.5
1 1 1 k
s s 2 s
Clock
Step e =4 To Workspace
Ki=2 Zero -Order 2 sample time 0.1
Integrator 2 Integrator sample time 0.5

Bild A.18 Simulation eines digitalisierten I-Reglers mit dem Eingangssignal e(t) = 2 t2. Die
Treppenfunktion (yk) = f(ek), erstellt mit dem MATLAB-Befehl stairs (k, yk), ist im Bild A.17
gezeigt. Für die kontinuierliche Funktion y(t) = f{e(t)} gilt der MATLAB-Befehl plot(k, yk).

Aufgabe 11.3
Die Differenzengleichung wird aus der Differentialgleichung nach dem Typ I für zwei Abtast-
schritte i = k und i = k − 1 abgeleitet:

y Rk − y Rk −1 T k
TR
TA
+ y Rk = K PR e k + K PR A
Tn i =1
ei 
y Rk −1 − y Rk − 2 T k −1
TR
TA
+ y Rk −1 = K PR ek −1 + K PR A
Tn i =1
ei . 
Daraus bilden wir den Zuwachs der Stellgröße beim Schritt k
Δy Rk = y Rk − y Rk −1
bzw.
 y − y Rk −1   y Rk −1 − y Rk − 2 
TR  Rk  −    + Δy Rk =
 TA   TA  
T  k k −1 
= K PR (ek − e k −1 ) + K PR A
Tn  
 e −
i  ei .

 i =1 i =1 
Unter Beachtung
k k −1
 ei −  ei = e k
i =1 i =1
und mit Bezeichnungen
Δy Rk −1 = y Rk −1 − y Rk − 2 und

Δe k = ek − e k −1
ergibt sich die Lösung aus der letzten Gleichung zu
460 15 Lösungen der Übungaufgaben

TR TA
(Δy Rk − Δy Rk −1 ) + Δy Rk = K PR Δek + K PR ek .
TA Tn

Aufgabe 11.4
a) Nach analogem PI-Regelalgorithmus
 1 
y R (t ) = K PR e(t ) +
 Tn  e(t )dt 
erreicht die Stellgröße den Wert
yR = 6

zum Zeitpunkt t = 2,0 sec, wie aus der Sprungantwort für den Eingangssprung e0 = 2 ersicht-
lich (Bild A.19).

yR(t)
5
KPR⋅e0
4
Bild A.19
3
Sprungantwort des analogen PI-Reglers
2
KPR⋅e0
1 Tn
0 0,5 1,0 1,5 t /s

b) Der digitalisierte PI-Regelalgorithmus lautet:


K PR TA
y Rk = y Rk -1 + K PR (ek − ek −1 ) + ek −1
Tn
bzw.
  T  
y Rk = y Rk -1 + K PR ek − 1 − A ek −1  .
  Tn  
Vor dem Eingangssprung ist k = 0 und ek-1 = 0, yk-1 = 0. Nach dem Sprung sind die abgetaste-
ten Werte e0 = e1 =.. . = e4 = 2. Damit ergibt sich für die Stellgröße (Bild A.20):
yR0 = 0,00 + 1,5⋅(2 − 0,75⋅0) = 3,0
yRk 6 yR1 = 3,00 + 1,5⋅(2 − 0,75⋅2) = 3,75
5
yR4 yR2 = 3,75 + 0,75 = 4,50
4 yR3
3 yR2 yR3 = 4,50 + 0,75 = 5,25
yR1
2 yR0 yR4 = 5,25 + 0,75 = 6,00
1
Bild A.20 Sprungantwort des digitalen PI-
0 TA 4TA t /s Reglers mit TA= 0,5 s
15 Lösungen der Übungsaufgaben 461
Aufgabe 12.1
Das MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem PI-Regler ist in Bild A.21 ge-
zeigt. Der Regler hat gleiche Einstellung wie der Smith-Prädiktor in Bild 12.4.

Bild A.21 MATLAB/Simulink-Programm des Regelkreises mit dem „klassischen“ PI-Regler

Mit dem Befehl


plot (t, y)
wird die Sprungantwort ausge-
geben, die in Bild A.22 darge-
stellt ist. Der Sprung der Füh-
rungsgröße w0 = 1 erfolgt zum
Zeitpunkt t = 5 s.
Aus dem Bild A.22 folgt, dass
der Regelkreis mit dem PI-
Regler instabil ist.

Bild A.22 Sprungantwort des Kreises mit PI-Regler zu Aufgabe 12.6

Aufgabe 12.2
Es werden alle vier Eingangswerte (0, 0), (0, 1), (1, 0) und (1, 1) nacheinander dem KNN vor-
gegeben.
Die Netzantwort y = 1 wird zur Klasse A und y = 0 zur Klasse B zugeordnet.
Die Lösung ist im Bild A.23 gezeigt. Daraus erkennt man sofort, dass das KNN die logische
Funktion XOR gelernt hat. Charakteristisch für die Mehrschicht-KNN ist die Klassifizierung
mit Hilfe von mehreren Geraden.
Das entsprechende MATLAB-Programm ist unten gezeigt.
x1 = 1; x2 = 1; % Eingabe für Punkt (1, 1)
Av = − 6.4 * x1 − 6.4 * x2 + 2.2; % Aktivierung des verdeckten Neurons
v = 1 / (1 + exp (− Av) ); % Ausgang des verdeckten Neurons
462 15 Lösungen der Übungaufgaben
Ay = −4.2 * x1 −4.2 * x2 − 9.4 * v + 6.3; % Aktivierung des Ausgangsneurons
if Ay > 0 % Transferfunktion
y = 1; % Klasse A
plot (x1, x2, ‘x’); % Graphische Darstellung mit „x“-Zeichen
elseif Ay < 0
y = 0; % Klasse B
plot (x1, x2,’o’); % Graphische Darstellung mit “o”-Zeichen
end % Ende der if-Blocks
hold on % Die Grafik im Fenster halten

Bild A.23 Klasseneinteilung des trainierten KNN

Aufgabe 14.1
Die Sprungantwort (Bild A.24) des Re-
gelkreises mit Übertragungsfunktion
K0
G(s) = ,
( s − s P1 )( s − s P2 )
mit
K0 = 0,041
sp1 = − 0,29
sp2 = − 0,11
ist nach dem folgenden Programm simu-
liert:
» z = [ ];
» p = [ − 0.29 −0.11 ];

Bild A.24 Sprungantwort eines P-T2-Gliedes » k = 0.041;


mit sp1 = − 0,29 und sp2 = − 0,11 » [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k ) ;
» step ( num, den, ’k’ )
15 Lösungen der Übungsaufgaben 463
Aufgabe 14.2
Nach MATLAB-Anweisungen
» pol = [ 0.1 0.6 1];
» roots(pol)
werden die Polstellen des Nennpolynoms ermittelt
ans =
−3.0000 +1.0000i
−3.0000 −1.0000i
und in das folgende Programm eingesetzt.
» z = [ ];
» p = [−3.0000+1.0000i −3.0000 −1.0000i ];
» k = 0.4;
» [ num, den ] = zp2tf ( z, p, k) ;
» step( num, den )

Aufgabe 14.3

Zunächst wird die Übertragungsfunktion des PID-Reglers GR(s), wie in Beispiel 5.3. gezeigt, in
zwei PD-Glieder G1(s), G2(s) und ein I-Glied G3(s) zerlegt:
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
G R ( s ) = G1 ( s ) ⋅ G 2 ( s ) ⋅ G3 ( s ) = K PR .
sTn
Die Zeitkonstanten sind:
Tn′ = 7,24 s ; Tv′ = 2,76 s , Tn = Tn′ + Tv′ = 10 s .
Die Berechnung des Amplituden- und Phasenganges erfolgt nach folgenden Formeln:

absG1 = 20 lg G1 ( jω ) = 20 lg K PR + 10 lg [1 + (ωTn′ ) 2 ] ϕ1 = arctan ωTn′

absG 2 = 20 lg G2 ( jω ) = 10 lg[1 + (ωTv′ ) 2 ] ϕ 2 = arctan ωTv′

absG3 = 20 lg G3 ( jω ) = −20 lg(ωTn ) ϕ 3 = −π / 2 .


Der Verlauf des ermittelten Bode-Diagramms ist im Bild A.25 gezeigt. Die mit MATLAB-
Editor manuell eingetragenen Asymptoten lassen die Ergebnisse auswerten. Der ω -Bereich von
−2 −1 −1 −1
10 s bis 10 s ist durch Eckfrequenzen ω E1 und ω E2 (Variablen omn, omv) unterteilt:

ω E1 = 1/ T’n = 0,138 s−1 ω E2 = 1/ T’v = 0,362 s−1.


−1
Der Amplitudengang des I-Gliedes soll die ω -Achse für KI0 = KPR/Tn = 2 s schneiden. Der
KPR-Wert kann aus 20⋅lg (KPR) = 26 dB ermittelt werden. Für ϕ (ω 0 ) = 0° wird

1
ω0 = = 0,223 s -1 und G R ( jω 0 ) = K PR .
Tn Tv
464 15 Lösungen der Übungaufgaben
Das MATLAB-Programm ist unten gezeigt.
K = 20; % Eingabe von Parametern
Tn = 7.24;
Tv = 2.76;
−2 −1 1 −1
w = logspace(−2,1); % ω-Bereich 10 s bis 10 s

omn = w*Tn; % ω Tn

omv = w*Tv; % ω Tv

omnv = w*(Tn+Tv); % ω (Tn + Tv)


absG1 = 20*log10(K)+10*log10(1+omn.*omn) ; % Berechnung des Amplitudengangs
absG2 = 10*log10(1+omv.*omv);
absG3 = -10*log10(omnv.*omnv);
absG = absG1 + absG2+absG3;
subplot(211); % Das erste Fenster öffnen
semilogx(w, absG); grid; % Ausgabe des Amplitudengangs
subplot(212); % Das zweite Fenster öffnen
phi1= atan(omn); % Berechnung des Phasengangs
phi2=atan(omv);
phi3=-pi/2;
phi = phi1+phi2+phi3;
semilogx(w, phi*180/pi); grid; % Der Phasengang (in Grad)

K Io
ω E1 ω E2
ω0

Bild A.25 Bode-Diagramm eines PID-Gliedes mit K PR = 20 ; Tn′ = 7, 24 s ; Tv′ = 2,76 s


Tabellen 465

Anhang

Rechenregeln der Laplace-Transformation

Satz Rechenregel
Definition der ∞
Laplace-
Transformation 
L [ x(t )] = x( s ) = x(t ) ⋅ e − s t ⋅ dt
0

Linearitätssatz L [a ⋅ x1 (t ) + b ⋅ x2 (t )] = a ⋅ L [ x1 (t )] + b ⋅ L [ x2 (t )]

Dämpfungssatz L [e − a t ⋅ x(t )] = x( s + a) mit x(s) = L [ x(t )]

 d n x(t ) 
L n 
=
Differentiationssatz  dt 
= s n ⋅ L [ x(t )] − s n −1 ⋅ x(0) − s n − 2 ⋅ x (0) − ... − s ⋅ x ( n − 2) (0) − x ( n −1) (0)

t 

1
Integrationssatz L  x(τ ) ⋅ dτ  = ⋅ L [ x(t )]
  s
0 

Verschiebungssatz L [ x(t − τ )] = e − sτ ⋅ L [ x(t )] für τ ≥ 0

Anfangswertsatz lim x(t ) = lim s ⋅ x( s)


t →0 s→∞

Endwertsatz lim x(t ) = lim s ⋅ x( s)


t →∞ s→0

t t
Faltungssatz
 
L [ x1(t )] ⋅ L [ x2 (t )] = x1 (τ ) ⋅ x2 (t − τ ) ⋅ dτ = x1 (t − τ ) ⋅ x2τ ⋅ dτ
0 0

Residuensatz für
eine n-fache [ ]
Res G ( s ) e st s = a =
1
lim
d n −1
(n − 1)! s → a ds n −1
[
( s − a ) n ⋅ G ( s) e st ]
Polstelle in s = a

S. Zacher, M. Reuter, Regelungstechnik für Ingenieure, DOI 10.1007/978-3-8348-2216-1,


© Springer Fachmedien Wiesbaden 2014
466 Anhang

Korrespondenztabelle
Nr. f(s) f(t) (für t < 0 ist f (t) = 0)
∞ für t = 0
1 1 δ (t ) = 
0 für t ≠ 0
1
2 1
s
1 t n−1
3
sn (n − 1)!
1
4
s +α
e−α t

5
1
s (s + α )
1
α
(1 − e α )
− t

s
6 cos ω t
s +ω2
2

ω
7 sin ω t
s2 + ω 2
1 e− β t − e−α t
8
( s + α )(s + β ) α −β

1 t n −1
9 für n > 0 ⋅ e−α t
(s + α )n (n − 1)!

1   (α t)v  − α t 
n −1


1
10 1 − ⋅e 
s (s + α )n α   v = 0 v ! 
n


1
1
2w
(
⋅ e s1 t − e s2 t ) D=
α
β
>1
11
s 2 + s ⋅ 2α + β 2 1
⋅ e − α t ⋅ sin ω t ( D < 1)
ω

s
1
2w
(
⋅ s1e s1 t − s2 e s 2 t ) D=
α
β
>1
12
s 2 + s ⋅ 2α + β 2  α 
e −αt ⋅  cos ω t − ⋅ sin ω t  ( D < 1)
 ω 
1  s s  α
⋅ 1 + 2 ⋅ e s1 t − 1 ⋅ e s2 t  D= >1
1 β 2  2 w 2 w  β
13 2 2
s ( s + s 2α + β ) 1  α 
⋅ 1 − (cos ω t + ⋅ sin ω t ) ⋅ e −αt  ( D < 1 )
β 2  ω 

In den Beziehungen 11, 12 und 13 ist: w = α 2 − β 2 ; ω = β 2 − α 2 ; s 1, 2 = − α ± w = − α ± j ω


Tabellen 467

Sätze der Laplace- und z-Transformation


Sätze Kontinuierliche Systeme Abtastung
∞ ∞
Faltung 
y (t ) = x(τ ) g (t − τ ) dτ y (nT ) =  x(kT ) ⋅ g[(n − k )T ]
0 k =0
Laplace-Transformation z-Transformation
∞ ∞
Trans-
formation f (s) =
 f (t ) e − st dt = L [ f (t )]
f ( z) =  f (kT ) ⋅ z −k = Z [ x(kT )]
k =0
0

 f ( s) e  f ( z) z
1 st 1 k-1
Inverse f (t ) = ds f (kT ) = dz
Trans- 2πj 2πj
formation
= L-1 [ f ( s )] = Z -1 [ f ( z )]
L [c1 f1 (t ) + c2 f 2 (t )] Z [c1 f1( kT ) + c2 f 2 (kT )]
Linearität
= c1 ⋅ f1 ( s ) + c2 ⋅ f 2 ( s ) = c1 ⋅ f1 ( z ) + c2 ⋅ f 2 ( z )

L [ f (t − a)] = f ( s ) ⋅ e − as Z [ f (kT − nT )] = f(z) ⋅ z − n

Verschie-
bungssätze L [ x(t + a)] Z [ x(kT + nT )]
a n −1
= [ f ( s) −
 f (t ) e − st dt ] e as = [ f ( z) −  f (qT ) z −q ]z n
0 q=0

Dämpfungs-
satz L [ f (t ) ⋅ e − st ] = f ( s + a ) Z [ f (kT ) ⋅ e − akT ] = f ( z ⋅ e aT )

Anfangswert- f (+0) = lim s ⋅ f(s) f (0) = lim f(z)


satz s→∞ z →∞

Wenn lim f (t ) existiert, dann ist Wenn lim f (kT ) existiert, dann ist
t →∞ k →∞
Endwertsatz
z −1
lim f (t ) = lim s ⋅ f(s) lim f (kT ) = lim f ( z)
t →∞ s→0 k →∞ z →1 z

∞ ∞
 g (t ) dt < ∞  g (kT ) < ∞
Stabilität 0 k =0
Alle Pole von G(s) in der linken Alle Pole von G(z) im Inneren des
s-Halbebene Einheitskreises der z-Ebene
468 Anhang

Tabelle der Laplace- und z-Transformation


Für t < 0 ist f(t) = 0

Nr. Funktion im Laplace-Transformierte Diskrete Laplace-Transformierte


Zeitbereich im Bildbereich nach z-Transformation
f (t) f (s) f (z)

1 z
1 1
s z −1

1 Tz
2 t
s2 ( z − 1) 2

2 T 2 z ( z + 1)
3 t2
s3 ( z − 1) 3

6 T 3 z ( z 2 + 4 z + 1)
4 t3
s4 ( z − 1) 4

∂n  z 
lim   bzw.
n! s1→ 0 ∂ s  z − e s1T
n

5 tn n+ 1
1
s

− zT ⋅ {Z [(kT ) n −1 ]}
∂z
1 z
6 e − at
s+a z − e − aT

1 e − aT ⋅ Tz
7 t ⋅ e − at
( s + a) 2 ( z − e − aT ) 2

2 e − aT ⋅ ( z + e − aT ) T 2 z
8 t 2 ⋅ e − at
( s + a) 3 ( z − e − aT ) 3

∂n  z 
n s1t n!  
9 t ⋅e ∂ s1n  z − e s1T 
( s − s1 ) n + 1

a (1 − e − aT ) z
10 1 − e − at
s ( s + a) ( z − 1)( z − e − aT )
Tabellen 469

Fortsetzung Tabelle der Laplace- und z-Transformation

Nr. Funktion im Laplace- Diskrete Laplace-Transformierte


Zeitbereich Transformierte nach z-Transformation
f (t) im Bildbereich f (s) f (z)

a2 (aT − 1 + e − aT ) z 2 + (1 − aTe − aT − e − aT ) z
11 at − 1 + e − at
s 2 ( s + a) ( z − 1) 2 ( z − e − aT )

b−a (e − aT − e − bT ) z
12 e − at − e − bt
( s + a )( s + b) ( z − e − aT )( z − e − bT )

z

− aT
( a − b) + ( z − 1)( z − e )( z − e −bT )
ab(a − b)
13 + be − at − ⋅ {(a − b − ae −bT + be − aT ) z +
s ( s + a)( s + b)
− ae − bt + [(a − b)e −( a +b)T − ae − aT +
+ be −bT ]}

ab(a − b) ⋅ t + ab(a − b)Tz (b 2 − a 2 ) z


+ −
+ (b 2 − a 2 ) − a 2 b 2 ( a − b) ( z − 1) 2 z −1
14
− b 2 e − at + s 2 ( s + a )(s + b) b2 z a2z
− +
+ a 2 e − bt z − e − aT z − e −bT

ω z ⋅ sin ωT
15 sin ω t 2 2 2
s +ω z − 2 z ⋅ cos ωT + 1

s z ( z − cos ωT )
16 cos ω t 2 2 2
s +ω z − 2 z ⋅ cos ωT + 1

ω z ⋅ e − aT ⋅ sin ωT
17 e − at sin ω t 2 2
( s + a) + ω z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT

s+a z 2 − z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT
18 e − at cos ω t 2 2
( s + a) + ω z 2 − 2 z ⋅ e − aT ⋅ cos ωT + e − 2aT
Spezialfall: ωT = π
z
− akT − aT k
e ⋅ cos(ω k T ) = (−e ) z + e − aT
470 Anhang

Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder

Regel- Übertragungsfunktion
kreis- Differentialgleichung x (s) Sprungantwort
glied G( s) = a
xe ( s)
xa

P xa (t ) = K P xe (t ) GS ( s ) = K P KP xe0

xa
T1
KP
P-T1 T1 x a (t ) + xa (t ) = K P xe (t ) 1 + sT1 KP xe0
0,63 xa(∞)
t
T1T2 xa (t ) + (T1 + T2 ) x a (t ) KP xa Tg
+ xa (t ) = K P xe (t ) (1 + sT1 )(1 + sT2 )
aperiodischer Verlauf bei D ≥ 1 KP xe0
KP
α ≈ e − sTu
mit D = 1 + sTg Tu
β t
P-T2 xa
1 2D KP
xa (t ) + x a (t ) + xa (t ) xm
β 2 β s 2T22 + sT1 + 1
= K P x e (t ) KP xe0
KPβ 2
gedämpft schwingend =
bei 0 < D < 1
s 2 + s ⋅ 2α + β 2 t

xa
KI
I xa (t ) = K I  xe (t ) dt s xe0
KI xe0

1/KI 1 t

xa
KI
I-T1 T1 x a (t ) + xa (t ) = K I  xe (t ) dt s (1 + sT1 )
KI xe0

T1 1 t
Tabellen 471

Ortskurve Bode-Diagramm Pol-Null- Beispiel


Stellen-
Verteilung
jω R1
⏐G⏐dB
Im 20 lgKP s - Ebene
KP xe R2 xa
ϕ(ω) ω σ
Re

Im ⏐G⏐dB jω R
ω=∞ KP ω=0 20 lgKP ω
Re s1 σ xe C xa
ω ϕ(ω) 1/T1 -20 dB/Dek
ωE = 1/T1 0° 1
-90° T1= RC
T1

jω R1 R2
D=0
⏐G⏐dB 0<D <1 σ xe C 1 C2 xa
D>1 s2 s1
20 lg KP ω
Im
∞ KP ω=0
Re - 40 dB/Dek
1/T2
ω ϕ (ω )
D=0 ω jω
0° R L
0<D<1 s1
-90°
D >1
-180°
σ xe C xa
s2

Im ω = ∞ ⏐G⏐dB jω
xa
KI ω xe = n
Re
-1 ω = KI ϕ(ω) - 20 dB/Dek s1
0° σ
ω=0 -90° a = 1/ KI

⏐G⏐dB -20 dB/Dek



Im
ω= ∞ xe
ω =1/T1
Re KI ω s1 s2
0 dB σ
1
KI T1 ϕ( ω ) -40 dB/Dek
xa
T1
ω=0 1/T1
-90°
-180°
472 Anhang

Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder

Regel-
kreis- Differentialgleichung Übertragungsfunktion Sprungantwort
glied
xa
D xa (t ) = K D x e (t ) s ⋅ KD 1
ε

ε→0 t

xa

T1 x a (t ) + x a (t ) = K D x e (t ) s ⋅ KD KD
D-T1 x
1 + sT1 T1 e0
T1 t

 1 
xa (t ) = K P 1 + 
 sTn  xa
PI
 1  KP xe0
 xe (t ) dt 
= K P  x e (t ) + bzw.
 T n 1 + sTn KP xe0
KP
sTn Tn t

xa
T1 x a (t ) + xa (t ) = K P (1 + sTn ) T1
PI-T1 KP xe0
 1  sTn (1 + sT1 )
= K P  x e (t ) +
 Tn
 x e (t ) dt 

KP xe0
Tn t

xa

PD xa (t ) = K P [xe (t ) + Tv x e (t )] K P (1 + sTv )
KP xe0
t

xa
T
PD-T1 T1 x a (t ) + x a (t ) = 1 + sTv KP Tv xe0
KP 1
mit = K P [x e (t ) + Tv x e (t )] 1 + sT1
Tv > T1 T1 KP xe0
t
Tabellen 473

Ortskurve Bode-Diagramm Pol-Null- Beispiel


Stellen-
Verteilung
⏐G⏐dB 1
Im ω → ∞ jω
KD ω i = xa
ϕ(ω) + 20 dB/Dek
sN1 xe C
Re 90° σ
ω
ω=0 0°

C
⏐G⏐dB 1 jω
Im
1/T1 ω
KD 1/T1 ω
s1 sN1 xe R xa
0 ∞ σ
Re ϕ(ω) + 20 dB/Dek
KD/T1 90° ω 1/T1 T1= RC

⏐G⏐dB jω xe=F
Im ω=∞ dB
-20 Dek
Re 20 lgKP sN1 s1
KP ω ω σ xa
ϕ(ω) 1/Tn
0° 1/Tn
ω=0 -90°

Im −20dB/Dek
jω +
Re ⏐G⏐dB 1/T1 Rp
∞ T −20dB/Dek
xe M
sN1
ω KP (1− 1 ) 20 lgKP σ R
-
Tn ω s2 s1 xa
ϕ(ω) 1/Tn 1/T1 C
1/Tn

-90°

Im jω xe = α
ω→∞ ⏐G⏐dB +20 dB/Dek
ω sN1
KP 20 lgKP
ω σ + - xa
ω=0 ϕ(ω) 1/Tv
90° 1/Tv TG
Re 0° + -

C
Im ω ⏐G⏐dB
+20dB/Dek

1/T1
0 ∞ 20lgKP 1/T1
KP ω sN1 xe R1 R2 xa
ϕ(ω) 1/Tv 1/T1 σ
90° s1
KPTV/T1 ω 1/Tv

T1 = (R1⏐⏐R2)⋅C
474 Anhang

Fortsetzung Tabelle der wichtigsten Regelkreisglieder

Glied Differentialgleichung Übertragungsfunktion Sprungantwort

xa T
1
PP-T1 T x (t ) + x (t ) = 1 + sTv
1 a a KP xe0
KP
mit
= K P [x e (t ) + Tv x e (t )] 1 + sT1 Tv
Tv < T1 KP T xe0
1
t
Additive Form:

 1 
K P 1 + + sTv 
 sTn 
xa
x a (t ) = K P x e (t ) +
1 KP xe0
PID + KP
Tn  xe (t ) dt KP xe0
Multiplikative Form:
+ K P Tv x e (t ) Tn t
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
K P′
sTn′

Additive Form:

T1 x a (t ) + x a (t ) = s 2Tn Tv + sTn + 1
KP
= K P x e (t ) sTn (1 + sT1 )
1
PID-T1
+ KP
Tn x e (t ) dt xa T
KP T v xe0
+ K P Tv x e (t ) 1
KP xe0
mit
T1 KP xe0
 T′  t
K P = K P′ 1 + v  Multiplikative Form:
Tn
 Tn′ 
(1 + sTn′ )(1 + sTv′ )
Tn = Tn′ + Tv′ K P′
sTn′ (1 + sT1 )
T ′T ′
Tv = n v
Tn′ + Tv′

xa
− sTt
xa (t ) = x e (t − Tt ) G(s) = e xe0
Tt
Tt t
Tabellen 475

Ortskurve Bode-Diagramm Pol-Nullstellen Beispiel

⏐G⏐dB -20dB/Dek 1 jω R1
Im
KPTV/T1 20lgKP Tv
∞ 0 s1 σ R2
ϕ(ω) 1/T1 1/Tv ω xe xa
ω 1/T1
sN1 1
0° C
-90° T1
KP

⏐G⏐dB -20dB/Dek
+20 jω
1
Im 20 lgKP ω
ω Tv′
KP
1/Tn 1/Tv
σ
ϕ(ω) 1
Re
90° Tn′
0° ω
-90°

⏐G⏐dB -20dB/Dek
Im +20
KPTv/T1
20 lgKP ω
KP jω
1/Tn 1/Tv 1/T1 1 −
ω Re ϕ(ω) xe +
T1 xa
90° 1

ω Tv′ σ
-90°
KP(1-T1/Tn) 1
Tn′

Im ⏐G⏐dB jω ...
ω s1
...
...... x
.. e xa
1
ω=0 ϕ(ω) 1/Tt π/Tt s2 sN1 l
..

... ... ....


........ .... ....
σ
......

Re 0° v
ω -90° -57,3° sNn
sn Tt = l / v
-180°
476 Literaturverzeichnis

Literaturverzeichnis

[1] Abel, D; Bollig, A.: Rapid Control Prototyping, Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg. 2006
[2] Ackermann, J.: Abtastregelung, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg / New York, 3.Auf-
lage, 1988
[3] Adamy, J.: Nichtlineare Regelungen, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg, 2009
[4] Albertos, P.; Sala A: Multivariable Control Systems, Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg
/ New York, 3th Edition (engl), 2004
[5] Altrock von, C.: Fuzzy-Logic, Verlag R. Oldenbourg, München / Wien, Band I, 2.Auflage,
1995, Band III, 1995
[6] Angermann, A.; Beuschel, M.; Rau, M.; Wohlfahrt, U.: Matlab-Simulink-Stateflow,
5. Auflage, Verlag R. Oldenbourg, München / Wien, 2007
[7] Astrom, K. J.; Murrey R.: Feedback Systems, Princeton University Press, Princeton, New
Jersey (engl), 2008
[8] Bach, H.; Baugarth, S.; Forsch, K.: Regelungstechnik in der Versorgungstechnik, Verlag
C. F. Müller, Karlsruhe, 3. Auflage, 1992
[9] Baumgarth, S.; Karbach, A.; Otto, D.; Schernus, G.-P.; Tresch, W.: Digitale Regelung und
Steuerung in der Versorgungstechnik. Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg, 1995
[10] Becker, C.; Litz, L.; Siffling, G.: Regelungstechnik Übungsbuch, 4. Auflage, Hüthig Ver-
lag, Heidelberg, 1993
[11] Beier, T.; Wurl, P.: Regelungstechnik, Carl Hanser Verlag, 2. Auflage, 2013
[12] Berger, M.: Grundkurs Regelungstechnik. Mit Anwendung der Student Edition of
MATLAB und SIMULINK, Verlag Book on Demand GmbH, 2001
[13] Bergmann, J.: Lehr- und Übungsbuch Automatisierungs- und Prozessleittechnik, Fach-
buchverlag Leipzig im Carl Hanser Verlag, München / Wien, 1999
[14] Bernstein, H.: Regelungstechnik. Theorie und Praxis mit WinFACT und Multisim, Verlag
Elektor, 2012
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483

English-German Symbols Directory

A area, cross-section, cross- Fläche, Querschnitt, Amplitude


sectional area, magnitude
AR gain margin Betragsreserve (Amplitudenreserve)

a0, a1... coefficients of differential Koeffizienten von Differentialgleichun-


equations and transfer gen und Übertragungsfunktionen
functions (for output) (bezogen auf Ausgangsgröße)
b damping factor Dämpfungskonstante

b0, b1... coefficients of differential Koeffizienten von Differentialgleichun-


equations and transfer gen und Übertragungsfunktionen
functions (for input) (bezogen auf Eingangsgröße)

C capacitor, concentration Kapazität, Kondensator, Konzentration

C0 binding factor, coefficient, Koppelfaktor, Koeffizient,


integration constant Integrationskonstante
c spring constant, Federkonstante, spezifische Wärme
specific heat
D damping, determinant Dämpfungsgrad, Determinante
d thickness, reference output Dicke, Sollwert eines Neuronausgangs
of neuron
E output error of an artificial Fehler eines künstlichen neuronalen
neural network Netzes
e error, control deviation Regeldifferenz
e(∞) retained error bleibende Regeldifferenz e(t) bei t → ∞
F force Kraft
f function, frequency Funktion, Frequenz

G compliance degree of a Erfüllungsgrad einer Fuzzy-Regel,


fuzzy-rule, also matrix auch Matrix
G(jω) frequency response and its Frequenzgang und dessen Betrag
|G(jω)| absolute value

|G(jω)|dB amplitude response of Amplitudengang im Bode-Diagramm


bode-plot in decibel in Dezibel: |G(jω)|dB = 20⋅log|G(jω)|
G(s) transfer function Übertragungsfunktion
484 English-German Symbols Directory

G(z) z-transfer function z-Übertragungsfunktion


Ggesch(s) closed-loop transfer Übertragungsfunktion des geschlossenen
function Kreises

GH(s) transfer function of hold Übertragungsfunktion des Haltegliedes

GHS(z) z-transfer function of z-Übertragungsfunktion einer Strecke


a plant with the hold mit dem Halteglied

G0(s) open loop transfer function Übertragungsfunktion des aufgeschnit-


tenen Kreises

GM(s) desired closed-loop Übertragungsfunktion des gewünschten


transfer function Regelverhaltens
GR(s) controller’s transfer Übertragungsfunktion der Regeleinrich-
function tung
GS(s) plant’s transfer function Übertragungsfunktion der Regelstrecke

Gvorw(s) feed-forward transfer Übertragungsfunktion des Vorwärts-


function zweigs

Gw(s) closed-loop transfer func- Führungsübertragungsfunktion


tion by reference step

Gz(s) closed-loop transfer func- Störübertragungsfunktion


tion by disturbance step
g impuls response, Gewichtsfunktion, Erdbeschleunigung
gravitational constant
H height, level, Höhe, Füllstandshöhe,
magnetizing force magnetische Feldstärke
h distance, height (deviation Abstand, Höhe (Abweichung vom
from operating point), Arbeitspunkt), Übergangsfunktion
transient response
I unit matrix Einheitsmatrix
i electric current Strom

ia armature current Ankerstrom


ie field current Erregerstrom
J inertial torque Massenträgheitsmoment
j imaginary unit imaginäre Einheit j = − 1
English-German Symbols Directory 485

K gain, coefficient, factor, Übertragungsbeiwerte, Koeffizienten,


constant Konstante
KD differentiation transfer Differenzierbeiwert
factor
KI integration transfer factor Integrierbeiwert

Kkr critical gain kritischer Proportionalbeiwert

K0 gain of the open loop Kreisverstärkung

KP gain Proportionalbeiwert

KPR controller gain Proportionalbeiwert des Reglers

KPr gain of smith-predictor Proportionalbeiwert des Smith-


Prädiktors
KPS plant’s gain, transfer factor Proportionalbeiwert der Strecke

KPw gain of the closed loop by Proportionalbeiwert des geschlossenen


reference response Kreises (Führungsverhalten)

KPSy transfer factor of the plant Proportionalbeiwert der Strecke beim


(gain) by input step Stellverhalten

KPSz transfer factor of the plant Proportionalbeiwert der Strecke beim


(gain) by disturbance step Störverhalten

KS transfer factor (gain) of the Übertragungsbeiwert der Strecke


plant
k heat transmission Wärmedurchgangszahl, Konstante
coefficient, also constant
L power, performance, Leistung, Induktivität, Länge
inductivity, also lenght
L[...] Laplace-transform of [...] Laplace-Transformierte von [...]
l length Länge
M mass, weight, also torque Masse, Moment
m order of numerator’s Ordnung des Zählerpolynoms der
polynomial, also mass Übertragungsfunktion, Masse
N number of turns of Windungszahl einer Wicklung
a winding
N(s) denominator’s polynomial Nennerpolynom
N ( xˆe ) discribing function Beschreibungsfunktion
486 English-German Symbols Directory

n revolutions per minute Drehzahl, Anzahl von Halbwellen,


(RPM), also number of Ordnung der Übertragungsfunktion
halfwaves, degree of
transfer function
Anzahl der Pole auf der imaginären
ni number of zero-poles
Achse
nl number of negativ poles Anzahl der Pole in der linken s-Ebene

nr number of positiv poles Anzahl der Pole in der rechten s-Ebene


P power, pressure Leistung, Druck
P(w) w-characteristic polyno- Polynom der charakteristischen
mial (in w-domain) Gleichung im w-Bereich

P(z) z-characteristic polynomial Polynom der charakteristischen


(in z-domain) Gleichung im z-Bereich
Pe electrical heating power elektrische Heizleistung
p pressure, also pole Druck, Polstelle
Q heat quantity, flow inten- Wärmemenge, Durchflußmenge,
city, performance index Güteindex
Qabs integral of absolute error Betrag der linearen Regelfläche
intergral of time multiplied
QITAE zeitgewichtete Betragsfläche
by absolute error
Qlin integral of error lineare Regelfläche

Qsqr intergral of quadratic error quadratische Regelfläche


q flow Durchfluss
R resistor, also gas constant elektrischer bzw. magnetischer
Widerstand, Gaskonstante
RF static error ratio statischer Regelfaktor
r radius Radius

S0, S1... intersection points of Schnittpunkte der Ortskurve bzw.


Nyquist- or Bode plot des Bode-Diagramms
s complex variable komplexe Variable s = σ+jω

sN zero Nullstelle
sP pole Polstelle
T time constant, period Zeitkonstante, Periodendauer
(lenght, duration)
English-German Symbols Directory 487

TA sample data period, Abtastzeit


scan period

Tan , Taus rise time, settling time Anregelzeit, Ausregelzeit

TE equivalent time constant Ersatzzeitkonstante


period duration of
Te Schwingungsperiode
oscillations
Tg time delay of the plant Ausgleichszeit

TI integration time constant Integrierzeit

Tn reset time Nachstellzeit

TR time delay of controller Verzögerungszeitkonstante des Reglers

Tt dead (delay) time Totzeit

Tu dead time of the plant Verzugszeit


Tv derivative time, rate time Vorhaltzeit
t time Zeit

ta time when off Ausschaltzeit

te time when on Einschaltzeit

tw turning point’s coordinate Koordinate des Wendepunktes

t10, t50… time percentage points of Zeitpunkte für die Regelgröße von
steady output’s state value 10%, 50% ... stationäres Wertes
(10%, 50% …)
U voltage Spannung
u voltage deviation from zeitlich veränderliche Spannung (Ab-
operating point weichung vom Arbeitspunkt)
uD amplifier differential input Differenzspannung des Operations-
mode verstärkers
V valve, volume, also gain Ventil, Volumen, Verstärkungsgrad

V(s) MIMO transfer function Übertragungsfunktion einer Mehrgrö-


in V-canonical form ßenstrecke in V-kanonischer Struktur
v velocity, also output of Geschwindigkeit, Ausgang verdecktes
hidden neuron Neurons
W weight of neuron Gewicht eines Neurons
488 English-German Symbols Directory

w reference signal, set-point, Führungsgröße, Sollwert, Operator der


bilinear transform operator bilinearen Transformation

w0 reference step value Höhe des Sollwertsprungs


X controlled variable, plant Regelgröße, Weg
output, also distance
Xh controller ranges Regelbereich

x controlled variable (devia- Regelgröße (Abweichung vom


tion from operating point), Arbeitspunkt), Weg
distance
x(t) step response Sprungantwort

x(∞) steady state value Beharrungswert bei t → ∞

xa output Ausgangsgröße (allgemein)


x̂ a output magnitude Amplitude der Ausgangsgröße

xB saturation margin (zone) Sättigungszone


xE final value Endwert
xe input Eingangsgröße (allgemein)
xe0 input step Eingangssprung
x̂ e input magnitude Amplitude der Eingangsgröße
2xL hysteresis (width) Hysteresebreite

xMA average deviation Mittelwertabweichung


xm overshoot (peak) Überschwingweite
2x0 oscillation margin (width) Schwankungsbreite
xr feedback (signal) Rückführgröße
xs set-point Sollwert
xt dead zone tote Zone
x50 time-percentage characte- Zeit-Prozentkennwert
ristic
Yh actuating ranges Stellbereich

Y0 actuating signal in Stellgröße im Arbeitspunkt


operating point
English-German Symbols Directory 489

y actuating signal Stellgröße

yR controller output, Stellgröße am Ausgang der Regel-


also average (value) einrichtung, Mittelwert
yR (t ) average of pulse Mittelwert der Impulsfunktion yR(t)
Z disturbance, impedance Störgröße, auch Impedanz

Z0 disturbance in operating Störgröße im Arbeitspunkt


point
Z [...] z-transform of [...] Laplace-Transformierte von [...]
Z(s) numerator polynomial Zählerpolynom
z disturbance, complex op- Störgröße, komplexe Variable bei
erator of z-transform, zero z-Transformation, Nullstelle bei
using MATLAB MATLAB-Anwendungen
z0 disturbance step value Höhe des Störsprungs

Greek characters
α ring out factor, activity, Abklingkonstante, Aktivierung, Skalie-
scaling factor, angle rungsfaktor, Winkel
β characteristic angular fre- Kennkreisfrequenz, Kreisfrequenz des
quency, frequency of un- ungedämpften Systems, Zeitskalierungs-
damped system, also time faktor, auch Aktivierung eines Neurons
scaling, neuron activity
γ specific weight spezifisches Gewicht

Δ deviation Kennzeichnung von Größenänderung

δ pulse, impulse response Impulsfunktion


η toughness of gas, Zähigkeit von Gasen,
also learning factor auch Lernschrittkonstante

ϑ temperature Temperatur
λ roots of homogenious Wurzel der homogenen Differential-
differential equation gleichung, Wärmeleitfähigkeit
μ (...) membership function Zugehörigkeitsfunktion
ρ density Dichte
σ unit step Einheitssprung

τ time Zeit
490 English-German Symbols Directory

υ number of intersections Anzahl der Schnittpunkte der Ortskurve


of Nyquist- or Bode-plot bzw. des Phasengangs

ĭ heat flow, flow, Wärmestrom, Fluss,


also field current auch Erregerfluss

ϕ angle, phase shift Winkel, Phasenverschiebungswinkel

ϕ Rd phase margin Phasenreserve


ϕ (ω) phase response Phasengang
ω angular frequency Kreisfrequenz, Winkelgeschwindigkeit

ωd crossover (angular) Durchtritts(kreis)frequenz


frequency

ωE break angular frequency Eck(kreis)frequenz

ωe mode angular frequency Eigenkreisfrequenz

ω kr critical angular frequency kritische Kreisfrequenz

Subindexes
A
armature- Anker-

a
outflow-, propagation- Abfluss- , Ausbreitung-

akt
current value aktueller Wert

C
spring- , capacitor- Feder- , Kondensator-

D
damper-, differentiating- Dämpfer- , Differenzier-

G
weight- Gewicht-

HT
higher-lower Höher-Tiefer

M
motor-, torque- Motor- , Moment-

m.R. / o.R.
loop-performance „with „mit Regler“/ „ohne Regler“-Verhalten
controller“ / „without con-
troller“

n, p
negative, positive negativ, positiv

0
initial point, operating Anfangspunkt- , Arbeitspunkt- , aufge-
point, open loop, no load schnittener (offener) Kreis, Leerelauf

TG
tachogenerator- Tachogenerator-

W
water- Wasser-
491

Fachwörter Deutsch-Englisch

A
Abfluss outflow
Abgas waste gas
Abgeleitete Funktionsbausteine derived functionsbloks
Abklingkonstante ring out (fade out) factor
Abkühlung cooling, refrigeration
Abkühlungskurve cooling curve
Ableitung (Zeitableitung) derivative (time derivative)
abschalten cut off, disable, deactivate, switch off
Abschaltkurve power down curve
Abstand distance
Abtast- und Halteglied sample & hold
Abtastfrequenz sampling rate, sampling frequency
Abtastzeit sampled-data period (time), scan period
Abweichung deviation
A/D-Wandler A-to-D converter, analog/digital converter
aktueller Wert current value
Allpass all-pass
Amplitude magnitude, amplitude
Amplitudengang magnitude plot, amplitude response
Amplitudenreserve gain margin
Anfangsbedingung initial condition
Ankerstrom armature current
A-Netz action-network
Anregelzeit rise time
Antenne antenna
Anti-Windup-Maßnahme anti-windup arrangement
Antrieb drive
Anzahl number
aperiodisch aperiodic
Arbeitspunkt operating point
aufgeschnittener Regelkreis open (control) loop
Auflösung (digital) resolution (digital)
492 Fachwörter Deutsch-Englisch
Ausgleich equalization, compensation
Ausgleichszeit equalizing (compensating) time
Ausregelzeit settling time
ausschalten turn off, disconnect, switch off

B
Begrenzung limitation, restriction
Beharrungswert steady-state value
Beharrungszustand (Ruhelage) equilibrium state
Beiwert coefficient
Beschreibungsfunktion describing function
Betrag absolute value
Betragsoptimum optimum magnitude
Beobachter observer
Bildbereich complex variable domain
bleibende Regeldifferenz retained error, steady state error
Bode-Diagramm bode-plot
Brückenschaltung bridge circuit

CAE Computer-Aided-Engineering
charakteristische Gleichung characteristic equation
charakteristisches Polynom characteristic polynomial

D
Dämpfung damping
Dämpfungsgrad damping factor
D-Anteil derivative term
D/A-Wandler D-to-A converter, digital/analog converter
Datenaustausch data interchange
Dauerschwingung undamped oscillation
Defuzzifizierung defuzzification
Dekade decade
Determinante determinant
Dezibel decibel
Dicke thickness
Fachwörter Deutsch-Englisch 493
Differentialgleichung differential equation
Differenzierungsbeiwert differentiation coefficient
Drehmoment torque
Drehzahl revolutions per minute, RPM
Drehzahlregelung revolution (speed) control
Dreieck-Zugehörigkeitsfunktion triangle membership function
Dreipunktregler three-step controller
Drossel (induktiv.) inductor
Drosselklappe choke flap
Druck pressure
Dynamik dynamic
Durchfluss flow
Durchflußmenge flow intencity
Durchmesser diameter
Durchtrittsfrequenz crossover frequency
Düse nozzle

Eckfrequenz corner frequency


Eigenfrequenz oscillation frequency
Eigenvorgang mode
Eingangsfunktion input function, immitanz
Eingangsgröße input (quantity immitanz) variable
Einheitsimpuls unit discrete pulse
Einheitskreis unit circle
Einheitsmatrix unit matrix
Einheitssprung unit step
Einschwingvorgang building-up transient
Einstellung tuning
elektronischer Verstärker electronics amplifier
Empfindlichkeit sensivity
Endwert final value
E-Netz emulator network
Entkopplungsmatrix decoupling matrix
Entwurf design
Erdbeschleunigung gravitational constant, acceleration of
gravity,
494 Fachwörter Deutsch-Englisch
Erfüllungsgrad compliance (degree)
Erfüllungsgrad von Fuzzy-Regeln compliance degree of fuzzy-rules
Erregerkreis field (energizing) circuit
Erregerstrom field current
Ersatzzeitkonstante equivalent time constant
Erwärmungskurve heating curve

Faltungssatz convolution theorem


Farbstoff colorant
Feder spring
Federkonstante spring constant
Federkraft spring-damping system
Feder-Dämpfer-System spring force
Fehler error
Fehlerdiagnose fault diagnosis
Fehlerkorrektur error correction
Festwertregelung set-value control, fixed command control
Fläche area
Flüssigkeit liquid
Folge sequence, progression
Folgeregler follow-up (tracking, servo) controller
Fourier-Transformation Fourier transform
Frequenz frequency
Frequenzbereich frequency domain
Frequenzgang frequency response
Frequenzkennlinie frequency characteristic
Funktionsbausteinsprache (FBS) functions block diagram (FBD)
Funktionsbausteine elementary functions blocks
Führungsgröße reference signal (value), set-point
Führungsregler master controller
Führungsübertragungsfunktion reference transfer function
Führungsverhalten reference performance, common response
Füllstandshöhe filling level
Funktion function
Fuzzy-Regel fuzzy rule
Fachwörter Deutsch-Englisch 495

Gegenkopplung negative feedback


Generator generator
Storm- electric generator
Wechselstrom- as generator
Gleichstrom- dc generator
Geschwindigkeitsalgorithmus rate (velocity) algorithm
Gewicht weight
Gewichtsfunktion impulse response
Gewichtskoeffizient weight factor
Gleichgewicht equilibrium
Gleichstrom dc (direct current)
Grenze limit, bound
Grenzfall borderline case, worst case
Grundlast base load
Grundstrukturen framework, basic structure
Güte Q-factor, quality
Güteindex performance index
Gütekriterium control criterion

Halbwelle halfwave
Halteglied hold
Handregelung manual control
Hauptregelkreis main control loop
Heizleistung heatpower
Hilfsregelgröße objective (secondary) controlled variable
HIL-Simulation hardware-in-the loop simulation
Hintereinander in-line
Hintereinanderschaltung series connection
Höhe height
Höher-Tiefer Taster high-low pushbutton
Hurwitz-Stabilitätskriterium Hurwitz stability criterion
hydraulischer Regler hydraulic controller
496 Fachwörter Deutsch-Englisch

I-Glied I-type system


imaginäre Einheit imaginary unit
Impuls pulse
Inferenz inference
Integralkriterien integrated criterion
Integrationskonstante integration constant
Integrator integrator
I-Regler integral controller
ITAE integral of time multiplied absolute value
of error

kanonische Form canonical form


Kapazität capacitor
Kaskadenregelung cascade (sequence) control
Kenngröße characteristic
Kennkreisfrequenz characteristic (identifications) angular fre-
quency
Kennlinie characteristic, diagram, graph
statische static response
der Regelstrecke characteristic curve of the plant
des Reglers characteristic curve of the controller
Kennwert characteristic (quantity), parameter
Knickfrequenz break point frequency
Kompensation compensation, pole-zero cancellation
vollständige complete compensation
phasenanhebende lead compensation
phasenabsenkende lag compensation
komplexer Regelfaktor complex error ratio
Kondensator capacitor
Konfigurierung configuration
Konzentration concentration
Koppelstrecke coupling block
Koppelfaktor coupling factor
Fachwörter Deutsch-Englisch 497
Korrekturglied compensator
Korrespondenztabelle correspondence table
Kraft force
Kreisfrequenz angular frequency
Kreisverstärkung (closed) loop gain
kritisch critical
Künstliche Neuronale Netze (KNN) artificial neural networks (ANN)

L
Lageregelung position control
Laplace-Operator laplacian
Last load
Lastmoment load torque
Leistung power, performance
Leistungsverstärker power amplifier
Lernschrittweite learning constant
Linearisierung linearization
graphische- graphical
analytische- analytical
Linearität linearity
linguistische Variable linguistic variable
LSB least significant bit
LZI-Glied linear-timeinvariant block (LTI)

M
Magnetschwebekörper body floating in magnet field
Masse mass, weight
Massendurchfluss mass flow
Massenträgheitsmoment inertial torque, moment of inertia
maximale Überschwingweite maximum overshoot
Mehrgrößenregelung multivariate control
Menge sets
scharfe sharp
unscharfe fuzzy
Messfühler sensor, measuring set, measuring device
minimalphasiges System minimumphase system
498 Fachwörter Deutsch-Englisch
Mischbehälter mixture container
Mitkopplung positive feedback
Mittelwert average (value)
Motor engine

Nachstellzeit reset time


Näherung approximation
Nebenprodukt byproduct
Nennlast nominal load
Netz network
Netzanschluss power connection
Nichtlinearität nonlinearity
Nivea level
Normalform (controllable, normalized) standard form
Normiert normalized
Notausschalter emergency switch
Nullstelle zero
Nyquist-Stabilitätskriterium Nyquist stability criterion

obere Grenze upper limit


obere Kante top edge
oberer Speicherbereich high memory
Oberfläche surface
Ofen stove
ohmischer Widerstand ohmic resistor
Ohmsches Gesetz Ohm’s low
Ölkühlung oil cooling
Ordnung order
OPC-Server open process control server
Operationsverstärker op amp (operational amplifier)
Optimierung optimization
Ortskurve locus, Nyquist-plot, Nyquist-contour
Fachwörter Deutsch-Englisch 499

Parallelschaltung parallel connection


Partialbruchzerlegung partial fraction expansion
Pendel pendulum
Periodendauer period duration, period length
P-Glied type 0 system
phasenabsenkendes Korrekturglied lag compensator
phasenanhebendes Korrekturglied lead compensator
Phasengang phase response, (Bode) phase plot
Phasenreserve phase margin
Phasenverschiebung phase shift, phase deviation
Phasenwinkel phase angle
PD-Regler PD controller (proportional-plus-derivativ)
PID-Regler PID controller (proportional-plus-integral-
plus-derivative controller)
PI-Verhalten proportional-plus-integral performance
P-kanonische Struktur P-canonical form
pneumatisch gesteuert pressure operated
pneumatischer Regler pneumatic controller
Polpaar konjugiert conjugate pole paar
Polstelle pole
Polstellenverteilung pole points distribution, partitioning
Polynom polynomial
Positionsregelung position control
P-Regler proportional controller
Produktionssystem manufacturing system
Proportionalbeiwert gain

quer cross
Querschnitt cross-section
Quecksilber mercury
Quecksilbersäule mercury column
Quadrat square
Quadratfunktion quadratic function
500 Fachwörter Deutsch-Englisch
Qualität quality
Quelldatei source file

Rampenfunktion ramp function, speed-of-response


Raumtemperatur environmental temperature
Rauschen noise
Reaktionskessel reactive boiler
Reaktor reactor
Rechteckregel rectangle rule
Rechteck-Zugehörigkeitsfunktion rectangle membership function
Regelabweichung control deviation
Regelalgorithmus, digitaler control algorithm, digital
Regelbarkeit settability
Regelbasis rule base
Regeldifferenz error
Regeldifferenz, bleibende (permanent) retained error
Regeleinrichtung controller
Reglereinstellung tuning (of controller)
Regelfaktor error ratio
komplexer complex error ratio
reeller / statischer real /static error ratio
Regelfläche performance index, (control area)
Regelgröße controlled variable, also plant output
Regelkreis, digitaler closed loop, digital
Regelstrecke plant
Regelstrecke, instabile plant, unstable
Regelung feedback control, process control
Regelung, neuronale neural control
Regelung, quasikontinuierliche quasi continuous control
Regelverhalten loop performance
Regler controller
Reihenschaltung series connection
Relais relay
Resonanz resonance
Rückführung feedback
Fachwörter Deutsch-Englisch 501

S
Sättigung saturation
Satz theorem
Schaltdifferenz hysteresis
Schalter switch
Scheibe disk
Schnittfrequenz crossover frequency
Schwebekörper floating field
Schwellenwert threshold value
Schwingungsversuch oscillating experiment, try
Sicherheit safety, security
Skalierung scaling
Spannung voltage
spezifisches Gewicht specific weight
spezifische Wärme specific heat
Sprungantwort, - funktion step response, step function
Stabilität stability
Stabilitätsgebiet stability domain
Stabilitätsgrenze stability bound
Stabilitätskriterium stability criterion
Standardfunktion standard function
stationäres Verhalten steady-state response
statische Kennlinie static diagam, input-output description
Stellglied actuator, final control element
Stellgröße actuating signal (variable), also plant input
Stellungsalgorithmus stand (position) algorithm
Stellverhalten actuator-input behaviour
Steuerbarkeit controllability
Steuerung open loop control, feedforward control
Störgröße disturbance
Störgrößenaufschaltung disturbance attenuation
Störgrößenvorregelung disturbance feed-forward rejection
Störübertragungsfunktion disturbance transfer function
Störverhalten disturbance response (performance)
Strom electric current
Symmetrisches Optimum symmetric optimum
502 Fachwörter Deutsch-Englisch

Taktgeber timing generator


Taster pushbutton
Temperaturregelung temperature control
Thermoelement thermocouple
Tiefpassfilter lowpass filter
Toleranzbereich tolerance range
Totzeit dead time, time delay, latency
Trägheitsmoment inertial torque
Trapezregel trapezium rule
Treppenkurve staircase curve, step curve

U
Übergangsfunktion transient response
Überlagerungsprinzip superposition principle
Überlauf overflow
Überschwingung overshoot
Überschwingweite overshoot width, peak
Übersetzungswerte translation, turns ratio
Übertragungsfunktion transfer function
gewünschte- desired transfer function
des Korrekturgliedes correcting term transfer function
Umrichter converter
unstetige Regelung discontinuity control

Variable variable
linguistische linguistic variable
Ventil valve
Vermaschte Regelung mesh control
Vereinfachung simplification, aggregation
Vergleichsstelle comparison block
Verhalten performance, response, behaviour
Verstärker amplifier
Verstärkungsfaktor des offenen Kreises open loop gain
Fachwörter Deutsch-Englisch 503
verdeckte Neuronen hidden neurons
Verzögerung delay
Verzugszeit delay time
V-kanonische Struktur V-canonical form
Vorhaltzeit rate time, derivative time
Vorwärtszweig feed-forward path
Vorzeichenumkehr sign inversion

W
Waage balance
Wandler converter, transducer
Wahrscheinlichkeit probability
Wärmeaustauscher heat exchanger
Wärmedurchgangszahl heat transmission coefficient
Wärmemenge heat quantity
Wärme, spezifische specific heat
Welle (mech) shaft
Welle (Schwingung) wave
Wendepunkt inflection point, turning point
Wendetangente inflection point tangent
Werkstück workpiece
Werkzeugmaschine machine tool
Wert value
Wicklung winding
Widerstand (elektr.) ohmic resistor
Windungszahl number of turns
Winkel angle
Winkeländerung angle alteration, modification
Winkelgeschwindigkeitsregelung angular velocity control
Winkelregelung angle control
Wirkungsplan block-diagram
Umformung transformation of block diagram
Vereinfachung simplification, aggregation
Wirkungsweg action path
offener open
geschlossener closed
Wurzelortskurve root locus
504 Fachwörter Deutsch-Englisch

Zähigkeit toughness
Zähler / Nenner numerator / denumerator
Zählerpolynom numerator polynomial
z-Bereich z-domain
z-Ebene z-plane
Zeiger pointer
Zeitbereich time domain
Zeitkonstante time constant
Zeit-Prozentkennwert time-percentage characteristic
Zeitverhalten time-response
Zentrifugalregulator centrifugal controller
z-Übertragungsfunktion z-transfer function
Zugehörigkeitsfunktion membership function, fuzzy sets
Zustand state
Zustandsraum state space
Zustandsregelung state space control
Zustandsrückführung state feedback
Zustandsvariable state space variable
Zweipunktregler two-point controller
Zweitanksystem two tank system
Zykluszeit cycle time
505

Sachwortverzeichnis

A Ankerstrom 12, 57, 60, 76, 87


Ankerwiderstand 70, 76, 86
Abklingkonstante 65, 66 Anregelzeit 223, 327
Abkühlungskurve 297, 298 Ansprechempfindlichkeit 271 f., 282 f.
Abschaltkurve 302 Anstiegsfunktion 19, 20
Abtaster 321, 326, 348, 439 Anstiegswinkel 214, 218
Abtast-/Halteglied 321 Antisystem-Approach 364
Abtastperiode 319, 320, 327, 338 Antriebsdrehzahl 57
Abtastregelung 319 f. Anzeige-/Bedienkomponente (ABK) 317
Abtastsystem 320, 325, 330 f, 341 Aperiodischer Fall 66, 67
Abtastung 321, 324 f., 335, 343 Arbeitsbewegung 295, 298
Abtastzeit 319 f., 437 Arbeitspunkt 16, 44 f., 253 f., 385, 396
Abweichung 4, 8, 16, 44 f., 148, 223, 253, ASA-Control 364
271, 297 f., 362 ASA-Regelung 364
Ackermann 407, 411, 412 ASA-Regler 364
Adaptive Filter 365 Ast 203, 208 ff.
Adaptive Regelung 315 Asymptote 41, 89, 139 f., 214, 218, 249 f.,
Additionsschaltung 103 432, 453, 455, 463,
Additionsstelle 5, 43, 457 Ausbreitungsgeschwindigkeit 92, 95
Additionstheorem 32, 78 Ausgangsgröße 5, 15 ff.
A/D 316, 321, 324, 348 Ausgangsrückführung 405, 406, 407, 408
AFIC 365 Ausgangssignal 5, 15, 19, 20 f., 43, 92 f.,
Aktivierung 378, 379, 381, 461, 462 127, 129, 258, 322, 338, 345, 346, 458
Aktivierungsfunktion 377 Ausgangsspannung 11 f., 27 f., 102, 104
Aktivierungswert 377 Ausgangswiderstand 101, 103
Algorithmus 336, 338, 362, 365, 366, 458 Ausgleich 15, 52, 83, 358,
Allpaßglied 29 Ausgleichszeit 64, 72, 225, 296, 324, 327,
Amplitude 30 f., 81, 167, 193, 233, 275, Ausregelzeit 221, 223, 232, 360, 361
276, 288, 292, 297, 300, 395, 396, 449 Ausschaltzeit 301, 303, 307
Amplitudenabsenkung 185 Austrittwiderstand 9
Amplitudenänderung 162 Austrittswinkel 214, 218
Amplitudengang 143 ff. Automatisierungspyramide 2
Amplitudenlineal 156, 193 Autotuning 318, 319
Amplitudenreserve 221
Amplitudenverhältnis 143, 144, 148
B
Amplitudenverteilung 21
Amplitudenwert 151 Backpropagation 379, 380, 381
Analog-Digital Wandler 321 Bedien-/Beobachterkomponente 317
A-Netz 383, 384, 385 Begrenzung 271, 272, 273, 458
Anfangsbedingung 22, 25, 29, 30, 55, 84, Begrenzungsgröße 258
332, 393, 405, 407, 415 Begrenzungsregelkreise 258
Anfangspunkt 240, 361 Begrenzungsregelung 255, 258, 259
Anfangstemperatur 53, 297 Begrenzungsregler 258, 259
Anfangswertsatz 465, 467 Beharrungszustand 15, 16, 47, 52, 64, 80,
Ankerinduktivität 70, 76, 86, 444 100, 134, 167, 222, 223, 308, 312, 327,
Ankerspannung 12, 76 341, 389, 405, 457
506 Sachwortverzeichnis
Beharrungszustandwert 40 Dämpfungsglied 82
Beiwerte 16, 18, 51, 52, Dämpfungsgrad 273, 387
Beobachtbarkeit 400, 401, 415, 416 Dämpfungskonstante 29, 70, 392
Beobachtbarkeitsmatrix 400, 403 Dämpfungssatz 465, 467
Beobachter 383, 384, 410 ff. D/A 316, 320, 321, 348
Beobachterentwurf 410 D-Anteil 127, 133, 134, 172 f., 185, 222,
Beobachterkomponente 317 300, 318, 335, 338, 364, 454
Beschreibungsfunktion 275 ff. D-Verhalten 125, 250
Betragsanpassung 230 DAQ 316
Betragsoptimum 240 f., 246, 266, 367, Data Mining 3
385, 456 Datenaustausch 315
Betragsregelfläche 233, 234 Dauerschwingung 66, 67, 106, 118, 125,
Betriebsleitebene 2 169, 170, 173, 224, 225, 231, 232, 288,
Bildbereich 26, 27, 40, 42, 70, 94, 110, 291 f., 312, 328, 395, 449
133, 234, 235, 320, 322, 325, 446 DDC 315, 316, 317, 318, 319
Bilineare Transformation 354 Dead-Beat-Regelung 368
Bimetallregler 100, 272 Defuzzifizierung 371, 375, 376, 383
Bio-Kybernetik 3 D-Einfluss 125
Bleibende Regeldifferenz 47, 48, 109 f., Dekade 41, 143, 155, 156
174, 221 f., 272, 273, 309 f., 311, 405, Delay Line 95
448, 449, 450 Dezibel 41, 143, 156, 429, 430
Blocksymbol 5, 15, 438, δ-Funktion 20
BNK 316, 317 D-Glied 125, 126, 127, 146
Bode-Diagramm 41 f., 136, 143 ff., 185 f., Diagonalregler 267
244, 247 f., 328 f., 421 f., 456, 463 f. Differentialgleichung 16 f., 42 f., 167 f.,
Brückenschaltung 29 221, 234, 248, 274, 320, 330 f., 346,
Bus 316 388 f., 459
Buskommunikation 317 Differentiation 58, 63, 69, 80, 82, 126,
Bus-Konzept 270 127, 325, 330, 336
Buskopplung 317 Differentiationsregel 27
Bussysteme 317 Differentiationssatz 55, 62, 70, 77, 168,
Bustechnologie 1 465
Differenzbildung 11, 103, 338, 345
C Differenzengleichung 325 f., 457, 459
Differenzenquotient 335, 338
Charakteristische Gleichung 169 f., 178, Differenzierbeiwert 125, 127,
209, 273, 288, 332, 333, 354, 412, 452, Differenzierglied 164
456, Differenzierzeit 146
Client-Server-Prinzip 317 Differenzschaltung 103
Computational Intelligenz 3 Digital-Analog-Wandler 315, 321
Cosinusfunktion 32, 78 Digitale Regelung 315 f.,, 439
CPU 315, 316, 357 Digitale Regler 316, 320, 348
Digitaler Regelkreis 326, 348, 353
D Digitalisierung 319, 333, 335, 346, 437
Dämpfung 10, 65, 67, 75 f., 109 ff., 167, Diskretisierungszeit 325
173, 191, 221, 223, 232 f., 271, 327, Doppel-I-Glied 369, 370, 387, 394, 395
328, 450 Doppelpol 183, 187, 190, 191, 195, 207 f.
Dämpfungseinrichtung 17, 69 Drehzahl 1, 2, 5, 11, 12, 51, 59, 76, 85,
Dämpfungsbeiwert 82 86, 87, 444
Drehzahlregelkreis 164, 166
Sachwortverzeichnis 507
Drehzahlregelstrecke 75 Einzelfrequenzgang 153
Drehzahlregelung 1, 11, 336 Elektronische Regler 101
Drehzahlregler 11, 12, 165 Elektropneumatischer Wandler 17
Dreipunktregler 272, 285 f., 312 f. Elementarfläche 336, 337
Drossel 68, 69 Endliche Einstellzeit 367, 368, 370
Drosselbohrung 68 Endwertsatz 465, 467
Drosselklappe 10 E-Netz 384, 385
Drosselquerschnitt 68 Entkopplung 268
Drosselventil 17 Entkopplungsbedingung 269
Drosselwiderstand 9 Entkopplungsblöcke 14
Druckregelstrecke 95, 289 Entkopplungsfilter 270
Druckregelung 9, 288 Entkopplungsglied 267, 268, 270
Durchlauferhitzer 309, 312 Entkopplungsregelung 266, 267
Durchtrittsfrequenz 189 f., 240 f., 327, Erfüllungsgrad 371, 374, 375, 376
328, 432 Erregerfluss 86
Düse-Prallplatte-System 9, 107 Erregerkreis 57, 58, 59
D-Verhalten 125, 250 Erregerspannung 57
Dynamikmatrix 397, 400, 401, 411 Erregerstrom 60, 271
Dynamisches Verhalten 15, 253 Erregerwicklung 57, 272
Erwärmungskurve 298
E Erwärmungsvorgang 56
Ethernet 315, 317
Eckfrequenz 39, 40, 148, 149, 151, 154, Euler-Verfahren 337
156, 157, 158, 160, 162, 192, 195, 243,
249, 250, 432, 463
F
e-Funktion 23, 296, 297, 302, 310, 314
Eigenkreisfrequenz 78, 117 Faltungssatz 465
Eingangsamplitude 291 Feder-Masse-Dämpfer System 28, 264
Eingangsfunktion 19, 21, 30, 33, 92, 224, Feldbus 315
332 Feldebene 2
Eingangsimpulsfunktion 346 Festwertregelung 13
Eingangsgröße 5, 15, 17 ff. Festwert-Verhältnisregelung 12
Eingangssignal 5, 20, 21, 33, 43, 92, 224, Filter 14, 317, 365, 366
279, 322, 338, 346, 384, 404, 413, 458, Filter-Faktoren 366, 367
459 Filtermembran 14
Eingangssprung 19, 22, 28, 40, 52, 53, 85, Filterwirkung 276
93, 113, 119, 126, 128, 130, 133, 331, Flüssigkeitsstandregelstrecke 90, 91
332, 339, 342, 346, 365, 386, 405, 442, Flüssigkeitsstandregelung 99
458, 460 Folge 320 f. 335, 336, 343 f.
Eingangssprungfunktion 333 Folgeregelkreis 14
Eingangswiderstand 103 Folgeregler 14, 256, 257
Einheitskreis 95, 192, 353, 354, 355, 356 Föttinger-Kupplung 82
Einheitssprung 19, 20, 30, 344, 352, 387, Fourier-Transformation 325, 353
388 Fourier-Zerlegung 276
Einplatinenrechner 316 Freistrahldüse 9
Einschaltvorgang 27 Fremderregung 11, 75
Einschaltzeit 303 Frequenz 21, 32 ff.
Einschwingvorgang 32, 3, 167 Frequenzgang 26, 34 ff.
Einstellregeln 224 ff., 327, 328 Frequenzbereich 34 ff.
Eintrittswinkel 214, 215 Frequenzkennlinienverfahren 143 ff.
508 Sachwortverzeichnis
Führungsgröße 7, 13, 48, 99, 104, 105, Heizleistung 53, 54, 312
114, 115, 125, 256, 331, 342, 347, 352, Hilfsenergie 99
367, 368, 388, 461 Hilfsregelgröße 252, 254, 255, 256, 259
Führungsregler 14, 256, 257 Hilfsregelgrößenaufschaltung 255
Führungsübertragungsfunktion 104, 105, Hilfsregler 13, 14, 256
108, 111, 114, 117, 121, 124, 132, 141, HIL-Simulation 417
240, 351, 353, 448, 451 Hintereinanderschaltung 53, 59, 70, 71,
Führungsverhalten 47, 48, 104 ff., 221 ff., 143
328, 358, 434, 436 Höher-Tiefer-Taster 10
Füllstands-Regelstrecke 84 Hurwitz-Determinante 170, 173
Funktionsbaustein 335, 366 Hurwitz-Stabilitätskriterium 212, 273, 355
Fuzzifizierung 371, 372, 383, 385 Hydraulische Regeleinrichtung 114
Fuzzy-Logik 3, 371 f. Hysterese 271, 272, 282, 285, 286, 295,
Fuzzy-Menge 371, 372, 373, 375 299, 302 f.
Fuzzy-Regelung 315, 318 Hysteresebreite 303
Fuzzy-Regler 371, 373, 374, 375, 386 Hysteresekennlinie 282, 283

G I
Gaußsche Zahlenebene 38 I-Algorithmus 338
Gegenkopplung 44, 107 I-Regelalgorithmus 458
Generator 57, 59, 60 I-Anteil 120, 141, 142, 158, 162, 185,
Genetische Algorithmen 3 221, 222, 231, 241, 336, 404
Gesamtfrequenzgang 143 ff. I-Einfluss 116
Geschwindigkeitsalgorithmus 336 f. I-Glied 88, 144, 145, 148, 156, 157, 169,
Gewichtsfunktion 20, 326, 346, 426 222, 242, 250, 252, 313, 314, 369, 370,
Gewichtsmatrix 406, 407, 413, 415, 416 387, 394, 395, 446, 463
Gleichspannungsverstärker 101 I-Regeleinrichtung 106, 112, 113, 114,
Gleichstromantrieb 11, 12 116, 118, 123, 125
Gleichstromgenerator 57, 59, 70 I-Regler 113, 117, 118, 122, 124, 331,
Gleichstrommotor 11, 75, 77, 81, 86, 164, 457, 458, 459
165 I-Strecke 52, 83 f., 106, 112, 117, 118,
Grenzfall 66, 67, 150, 246, 362 124, 125, 135, 198
Grenzgerade 377, 378, 379, 380 Identifikation 21, 64, 224, 228, 230, 377
Grenzwert 258 f., 272, 297, 298, 312, 313 Identifikationsmethoden 377
Grenzwertsatz 40, 110 f., 121, 125, 133, Identifizierung 365
134, 141, 234, 443, 448, 449, 452 IEC 61131 318
Grenzzyklus 395, 396 Image-Prozessing 3
Grundschwingung 275 ff. Impedanzwandler 103, 137
Güteindex 233 Impulsantwort 20
Gütekriterium 233, 407 Impulsfolge 320, 323, 326, 343, 368
Güteparameter 221, 241 Impulsfunktion 20, 21, 224, 307, 325
Impulsgeber 320
H Impulsgenerator 20
Industrie-PC 316
Halteglied 321 f., 348 f., 439 Induktivität 22, 27, 30, 57
Handregelung 4 Inferenz 371, 374, 375, 375, 385
Handy 10 Infinitesimalrechnung 24
Hardware 315, 317, 318, 319, 417 Instabilität 2, 8, 106, 109, 122, 167 f.,
Hauptregler 13, 14, 255 f. 181, 182, 195, 221, 251 f., 318, 327
Sachwortverzeichnis 509
Integralkriterien 233 ff. Korrespondenztabelle 26, 30, 56, 58, 62,
Integration 22, 24, 84, 164, 282, 325, 330, 78, 117, 118, 123, 345, 350, 441, 445
336, 446 LQ-Kriterium 413, 415, 416
Integrationsbereich 282 Kreisfrequenz 21, 32, 33 ff., 118,
Integrationsgrenze 94 Kritischer Punkt 179 f.
Integrationskonstante 22, 84 Künstliche neuronale Netze 3, 377
Integrationssatz 465 Kybernetik 3
Integrationsschritt 438
Intergrationsverfahren 438 L
Integrierbeiwert 84, 86, 88, 225, 331, 394
Integrierzeit 144 Ladebrücke 252
Inverse Ortskurve 195, 198, 200, 276, 288 Laplace-Transformation 25, 27, 29, 55,
Inverse Transformation 467 58, 62, 69, 70, 83, 85, 94, 110, 119,
Invertierende Schaltung 102, 103 125, 128, 136, 169, 234, 263, 264, 320,
Impedanzwandler 103, 137 326, 343, 344, 346, 348, 353, 404, 447,
IPC 316 465, 467
Isokline 389, 394 − diskrete 326, 343, 468
Istdrehzahl 11 Lastmoment 11, 76
Istwert 3, 4, 7, 8, 45, 259, 321, 362 Lastwiderstand 101
Istwertfolge 321 Least Mean Squares 365
ITAE-Kriterium 233 Leistungsverstärker 7, 254, 320
Lernalgorithmus 378, 383
K Lernschrittweite 378, 381
Linearfaktor 116, 121, 122, 132, 136, 140,
Kalman 400 141, 162, 163, 175, 176, 201, 202, 347,
Kaskadenregelung 13, 14, 255, 256, 257 356, 426, 427
Kenngrößen 51, 64, 123, 167, 173, 192, Linearisierung 48 f., 274
224, 240, 327 Linearität 467
Kennlinie 16, 45, 46, 47, 50, 92, 107, 249, Linearitätssatz 465
271 ff., 318, 376, 386, 425, 426 Linearmotor 92, 447
Kennlinienfeld 46, 48, 50, 253 Linearverstärker 101
Kennwerte 15, 51, 72, 73, 230, 231, 232, Linguistische Variable 371
242, 257, 318, 328, 332, 339, 342, 352, Linienbild 37
358, 366, 368, 379, 383, 385, 428, 458 Liniendarstellung 34
Kettenschaltung 28, 60 Ljapunow’s Gleichung 415
KNN 377 ff. LMS-Algorithmus 365, 367 f.
Knottenpunkt 391, 392 Lueneberger 410
Kompensation 102, 191, 251 f., 367 Luftdruckregelung 10
Kompensationsbedingung 260 LZI-Glied 320, 346, 385
Kompensationsregler 357, 358, 359, 383
Kondensator 11, 18, 86, 127, 446 M
Kondensatormotor 289
Konfigurierung 318, 319, 370 Magnetisierungskurve 57
Konfigurierungsfenster 318 Magnetschwebekörper 252, 253, 254
Konfigurierungstool 315 Massenträgheitsmoment 87
Konfigurierungswerkzeug 319 MATLAB 164, 166, 203, 204, 211, 213,
Kontaktthermometer 295, 296 220, 231, 272, 273, 299, 334, 352, 356,
Koppelstrecke 263 360, 366, 370, 376, 382, 386, 398, 399,
Koppelfaktor 267 403, 405, 407, 409, 411, 412, 413, 415,
416, 417 ff.
510 Sachwortverzeichnis
Mehrgrößenregelung 14, 262 ff. Ortskurvenverlauf 64, 75, 91, 119, 131,
Membranteller 9, 17, 68 140, 180 f., 443 f.
Membranventil 68, 70 Oszillatorische Instabilität 167
Messblende 13 Overrideregelung 255, 258, 259
Messfühler 2, 4, 6, 7, 8, 96, 99, 271, 273,
288, 290, 292, 318, 357 P
Messumformer 5, 6, 288, 321
Mikrocontroller 316 Pade-Funktion 427
Mikroprozessor 2, 315, 320, 327, 357 P-Anteil 120 f., 231, 335, 336
Mikrorechner 316, 321 Parallelschaltung 43, 310
Mischbehälter 96, 192, 262 Parasitische Zeitkonstante 129, 138
Mitkopplung 44, 252 Partialbruchzerlegung 26, 62, 344
Mittelwertabweichung 297, 298 PC 51, 315, 316, 357, 417
Mobiltelefon 10 PC-Bildschirm 434
Molekularfilter 14 PC-Simulation 231
Monotone Instabilität 167 PD-Glied 150, 151, 153, 154, 463
Motorspannung 289 PD-Regeleinrichtung 127, 128, 131 f.
PD-Regler 129, 135, 228, 309, 329
PD-Verhalten 306, 307
N
Pendel 252, 384
Nachstellzeit 118, 172, 195, 229 − invertiertes 252, 253, 254
Negativ-inverse Ortskurve 195, 198, 200 PFC-Regler 361
Neurodynamik 3 PFC-Verfahren 362
Neuroregelung 315 P-Glied 144, 147, 195, 222, 247, 331,
Nichtinvertierende Schaltung 103 386
Nichtlineare Glieder 271 ff. Phasengang 148 ff., 225, 243 f., 429 f.,
Nichtlinearität 45, 195, 272 f., 287 f. 463, 464
Norm IEC 318 Phasenlineal 156, 193
Normalform 16, 28, 97, 427 Phasenrand 191 f., 243
Nullstellen 26, 136, 175 f., 201 f., 213 f., Phasenreserve 192, 196, 221, 245, 246,
332, 347, 356 f., 424 f. 327, 328, 329
Nullstellenkonfiguration 213 Phasenverschiebung 39, 144, 176, 191,
Nullstellenpaar 177, 214, 215 250, 285
Nullstellenverteilung 175 f,, 203, 216, 426 Phasenverschiebungswinkel 32, 33
Nyquist-Kriterium 174 ff., 243, 250, 355, Phasenwinkel 33, 34, 37, 39, 41, 143,
453, 456 145, 147, 158, 159, 160, 161, 176, 177,
182, 191, 195, 242, 248, 276
O PI-Algorithmus 337
PID-Algorithmus 366
ODER 373, 374, 375 PID-Glied 153, 163, 464
OLE 317, 318 PID-Regelalgorithmus 321, 335
OPC-Server 316, 317, 318 PID-Regeleinrichtung 135 f., 161, 168,
Operationsverstärker 2, 11, 101 ff. 169, 430
− Ersatzschaltbild 101 PID-Regler 137 ff.., 311, 327 f., 364, 365,
Optimierung 221, 234, 240, 243 366, 434, 455, 463,
Optimierungsproblem 33 PID-Stellungsalgorithmus 338
Optimierungsverfahren 255 PID-Verhalten 125
Ortskurve 36 ff., 248 f. PI-Glied 148, 150, 195
Ortskurvendarstellung 41, 143, 185, 445 PI-Regelalgorithmus 337, 339, 460
Sachwortverzeichnis 511
PI-Regeleinrichtung 118 ff., 119, 120, P-T2-Strecke 59, 62 f., 110, 131, 132,
122, 124, 172, 192, 338 140, 172, 174, 198, 199, 235, 257, 342,
PI-Regler 119, 124, 135, 203, 224 f., 273, 453, 455
328, 332, 342, 360 f., 404, 450, 453,
460, 461 Q
P-kanonische Form 263, 265, 266, 268,
269 Quasioptimale Verfahren 370
Pneumatische Regeleinrichtung 9, 107 Querwiderstand 61
PNK 316, 317
Poiseull'sches Gesetz 68 R
Pol 30, 31, 65, 66, 123, 132, 142, 175 ff.,
RAM 316
246, 352, 353, 355, 387, 441
Rampenfunktion 20, 224, 259
Pole Placing 387, 403
Rang 400, 401, 419
Pol-Nullstellen-Darstellung 424, 427
Raumtemperaturregelung 3, 4, 9
Pol-Nullstellenverteilung 175 ff.
RCL-Brückenschaltung 29
Polpaar 169, 213, 214, 434
RCL-Vierpol 262
Polstelle 26, 66, 77, 136, 177, 178, 188,
Reaktionskessel 13, 14
201, 213 f., 245 f., 272, 333, 347, 353,
Rechentotzeit 323
356 f., 379, 387, 388, 390, 400 ff.
Rechteckregel 336, 337, 339, 458
Polstellenvektor 402
Referenztrajektorie 361
Polverteilung 65, 132, 169, 175, 201, 246,
Regelalgorithmus 255, 320, 323, 331,
355, 406, 453, 454
335, 348, 357, 368 f.
Polzuweisung 387, 402 f.
Regelbarkeit 226, 227, 264
Polynomform 163, 426 ff.
Regelbasis 371, 374
Positionsregelung 7, 383
Regeldifferenz 4, 5, 7, 11, 12, 47, 48, 99,
positiv definierte Matrix 413
106 ff, 167, 174, 221, 222, 233 f., 255,
positiv semidefinierte Matrix 413
260, 265, 272, 273, 289, 295 f., 361 f.,
Prädiktionshorizont 361
371 f., 395, 405, 448 f.
Prädiktive PFC-Regelung 361
Regeldifferenzfolge 321
P-Regeleinrichtung 106 ff., 174
Regeleinrichtung 1 f., 15, 42, 51 f. 99 ff.,
P-Regler 106 ff., 198 f., 224 f, 261, 328,
221
329, 351, 352, 356, 385, 386, 439
Produktionssystem 2 − I 106, 112 ff., 118, 123 f.
PROFIBUS 317 − P 106 ff., 174
Programm 231, 319, 321, 335, 417, 420, − PD 127 ff.
423 ff., 461 f. − PI 118 ff., 172
Programmiersprache 318, 420 − PID 135 ff., 183
Programmierung 318, 417 Regelfaktor 47, 48
Proportionalbeiwert 46 f., 106, 118, 127, Regelfläche 233, 234
193, 195, 226, 228, 229, 250, 251, 252, − lineare 234, 235
308, 328, 329, 385, 387, 407, 428, 457 − quadratische 233
Prozessleitebene 2, 315 − zeitgewichtete 234
Prozessleitsystem 315, 316, 317, 318 Regelgröße 1 f., 44 f., 51 f., 99 f., 167 f.,
Prozessrechner 1, 315 221 f., 292, 295 f., 315 f., 387 f, 440,
P-Strecke 52 ff., 134, 135, 141, 167, 197, 449, 457, 458
198, 221, 229, 296 f., 302 f., 361, 365 Regelkreis 2 f., 15 ff.
P-T1-Strecke 55, 56, 70, 71, 86, 95, 108, − digitaler 326, 348, 353
114, 120, 124, 132, 160, 252, 297, 298, Regelkreisglieder 21 f., 33 f., 143, 271
350 f., 370 Regelkreisstruktur 240, 383
512 Sachwortverzeichnis
Regelstrecke 2 f., 42 f. , 51 f., 99 f., 167 Schaltfrequenz 304 ff.
f., 221 f., 273, 289 f., 315 f., 357 f., Schaltlinie 395, 396
387 f., 431, 439, 455, 457 Schnittpunkt 80, 131, 143, 145, 149, 152,
− 1. Ordnung 53, 59, 86, 96, 108, 147 184 f., 210 f., 356, 456
− 2. Ordnung 59, 75, 110, 152 Schwankungsbreite 297 f.
− höherer Ordnung 70, 296 Schwellenwert 271, 377, 378, 380, 382,
− instabile 247 ff. 386
− mit Ausgleich 52 Schwerpunkt 214, 253, 376, 387
− mit Totzeit 92, 174, 296 Schwerpunktmethode 375
− ohne Ausgleich 15, 52, 83, 124 Schwingamplitude 293, 298, 305, 309
Regelung 1 ff., Schwingdauer 299 f.
− quasikontinuierliche 327 f. Schwingungsamplitude 21, 32
Regelgüte 14, 173, 221, 233, 272, 318, Schwingungsperiode 21, 396
362 Schwingung 30, 33, 276
Register 10 − aperiodische 59, 66
Regler 1 ff. − aufklingende 66 f., 169, 291, 293
Reglerkennlinie 47 − gedämpfte 66, 75, 77, 83, 117
Reihenschaltung 42, 43, 68, 86 f., 127, s-Ebene 66, 169, 175, 176, 179, 201 ff.,
138, 153 f., 224, 252, 346, 351 246 f., 352 f., 379, 426, 432, 434
Reihenschwingkreis 18, 27 Sendeleistungsregelung 10
Rekursion 325, 331, 339 Sender 10
Relais 271, 272, 295, 301, 312, 320 SPFC-Algorithmus 362
Residuensatz 26, 30, 62, 88, 130, 138, SPFC-Verfahren 363
142, 465 Signal 5 f., 92 f., 255 f., 320 f., 335, 343,
Resonanzfrequenz 83 345, 354, 397, 417, 422, 424, 440
reziproke Strecke 364 simplified PFC 362
reziproke Übertragungsfunktion 359 Simulation 231 f., 299 f., 366, 382, 397,
Riccati-Gleichung 415 405, 407, 417, 438, 459
ROM 316 Simulink 231, 272, 273, 299, 360, 366,
Robustes Verfahren 371 370, 382, 386, 403, 412 f., 417 ff.
Rückführglied 305 f. Sinusfunktion 20, 36
Rückführimpedanz 120 Sinusschwingung 21, 32 f., 275, 276
Rückführung 128, 137, 305 f., 359, 383, Smith-Prädiktor 359, 360
388, 395, 396, 402, 410, Soft-Computing 3
Rückführungsschaltung 44 Soft-SPS 316
Rüskführungswiderstand 101 Software 315, 316, 377, 417
Rückführungszweig 105 Solldrehzahl 11, 12
Rückkopplung 2, 137 Sollwert 2 f., 45, 47, 99 f., 221 f., 271 f.,
Rückkopplungsschaltung 44 295, 317, 318, 368 f.
Rückkopplungszweig 1 f. Sollwertgeber 7, 11
Rücktransformation 26, 30, 62, 108, 130, Sollwertsprung 274, 309
137, 138, 326, 333, 344, 441 ff. Spannung 1 ff., 18, 57, 99, 101, 113, 137
Rücktransformationsgleichung 78 Speicher 68, 315
Speicherprogrammierbare Steuerung 316
SPFC-Algorithmus 362, 363
S
Sprung 20, 126, 222, 225, 307, 308, 310,
Sattelpunkt 391 313, 314, 331, 460, 461
Sättigung 57, 271, 272, 277 f. Sprungantwort 21 ff.
SCADA 317 Sprungfunktion 19 ff., 322, 332
scaling factor 404
Sachwortverzeichnis 513
SPS 2, 8, 11, 316, 317, 318, 338, 357 Störübertragungsfunktion 106, 109, 115,
SPS-Regler 316 121, 134, 141, 167, 174, 235, 448, 449
Stabilität 51, 167 f., 273, 342 Streckenkenngrößen 230
Stabilitätsbedingung 225, 243, 251, 274, Strecke reziproke 364
276, 331, 341 f., 352 f. , 456 Stromistwert 12
Stabilitätsgebiet 341 Stromrückführung 164, 165
Stabilitätsgrenze 170 f., 201 f., 224, 288, Stromwandler 12
328, 353, 354, 454 Strukturinstabil 167
Stabilitätsgüte 191, 192 Strukturoptimierung 255
Stabilitätskriterien 2, 167 f., 201, 221, Summierer 120, 128, 137
274, 341, 352, 394 Symmetrisches Optimum 242, 244
− mittels Bode-Diagramm 185 ff. Systembus 315
− mittels Zweiortskurvenverfahren 195 Systemmatrix 397, 400, 401, 403, 406,
− nach Hurwitz 168 f. , 355 407, 409, 412
− nach Nyquist 174 f., 355
Stationärer Endwert 63, 133, 141 T
Stationärer Endzustand 109
Tachogenerator 5, 11
Statische Kennlinie 16, 45, 107, 277, 279,
Taktgeber 320
295
Taktgenerator 316
Statisches Verhalten 15, 16, 44
Temperaturabkühlungskurve 297
Steigung der Asymptote 157 f.
Temperaturausgleich 259
Steigungsänderung 157
Temperaturregelkreis 6
Stellbereich 100, 295
Temperaturregelung 9 f., 296, 309, 312 f.
Steller 2
Thermoelement 13, 258, 319
Stellglied 6, 99, 107, 254, 255, 312, 320,
T-Glied 128, 137
368, 439
Thyristor 11, 95, 295, 317
Stellgröße 1 ff.
Tiefpass-Filter 11
Stellgrößenbegrenzung 370
Toleranz 100
Stellreserve 369
Toleranzbereich 221, 223
Stellsignal 68, 258, 318, 321, 369, 370,
Toleranzgrenze 232
394, 398, 402
Tote Zone 271, 272, 273, 275, 279, 281
Stellungsalgorithmus 335, 336
Totzeit 92 f., 182, 192, 194, 195, 201,
Stellventil 4, 5, 6, 13, 14, 68
231, 296 f., 322 f., 359 f., 427
Stetigähnliche Regelung 305
Totzeitänderung 194
Stetige Regeleinrichtung 100, 295
Totzeitglied 94 f., 174 f., 192, 193, 224,
Steuerbarkeit 400 f.
225, 323, 326, 329, 359, 427
Steuermatrix 397, 400, 401, 403
Totzeitkreis 182
Steuerung 2, 8, 11, 316, 317, 318, 368,
Totzeitsystem 174, 182
414
Trägheitsmoment 82, 86, 253
Störfunktion 19, 21
Trajektorie 389, 390, 393, 393, 395, 396
Störgröße 4 ff.
Trajektorienschar 393
Störgrößenaufschaltung 255, 260 f., 408 f.
Transferfunktion 377 f., 439, 462
Störgrößensprung 227
Transport Delay 360, 365
Störgrößenvorregelung 255
Trapezregel 331, 336, 337
Störsprung 116, 125, 235, 260, 449
Trendfenster 318
Störsprungantwort 134, 142
Treppenkurve 321, 322, 336, 422, 439
Störverhalten 44 f., 104 f., 167, 192,
Triac 295
221 f., 256
T-Summen-Regel 228
Tustin-Verfahren 337
514 Sachwortverzeichnis

U W
Übergangsverhalten 19, 65, 224 Wandelzeit 322
Überschwingweite 221, 223, 232, 240, Wandler 17, 68, 315 f., 348
246, 360, 370, 434 Wärmeaustauscher 13, 14
Übertragungsbeiwert 23, 58 Wärmewiderstand 54
Übertragungsfunktion 25 f., 42 f., 51 ff. Warmwasserbehälter 53
− des aufgeschnittenen Kreises 174, 178, Wasserdurchlauferhitzer 296
180 f., 201 f., 432 f., 453 f. w-Ebene 354
Übertragungsfunktion reziproke 359 Wendepunkt 63, 64, 229
Übertragungsmatrix 267 Wendetangente 64, 72, 73, 225, 228, 229
UND 373, 374, 375 Werkzeugmaschine 85
Unknown plant 365 Werkzeugschlitten 86, 87
Unstetige Regelung 295 ff. Widerstand 9 f., 54 f., 103, 127, 262, 263
Unstetige Regeleinrichtung 100, 295 Widerstandskraft 29, 263
V Widerstandsthermometer 312
Winkeländerung 175 f., 355, 356, 453 f.
Ventilhub 45, 90, 372 Winkelbedingung 202, 210, 211
Ventilstellung 4, 68, 84 Wirbelpunkt 391
Vergleichsstelle 9 Wirkungsplan 5 ff.
Verhältnisregelung 12, 13 Wirkungsrichtung 5
Vermaschte Regelkreise 12, 13 Wirkungslinie 5 ff.
Verschiebungssatz 94, 347, 350, 465, 467 WOK 201, 356, 432
Verstärker 5, 9, 11, 101, 271, 306, 310 w-Transformation 354, 355
Verstärkermaschine 59, 60 Wurzelortskurve 201 ff., 356, 433, 436
Verzögerte Rückführung 306 ff. Wurzelortskurvenast 212
Verzögert-nachgebende Rückführung 310 Wurzelortskurvenverfahren 201
Verzögerung 13, 53 f., 96 ff., 127 ff., 192, Wurzelschwerpunkt 214, 218
198, 247, 260, 276, 296, 305, 306, 310,
327, 338, 361 f., 434, 439, 440 X
Verzögerungsglied 38, 40, 41, 72, 73, 97,
98, 224, 225, 296 XOR 380, 461
Verzögerungsleitung 95
Verzögerungsstrecke 240 Z
Verzögerungszeit 5,
Verzögerungszeitkonstante 257, 324 Zähigkeit 69
Verzugszeit 64, 225, 227, 324, 327 Zählerpolynom 178, 201 f., 399 f., 432 f.
Verzweigungspunkt 207, 210, 213 ff. z-Bereich 343 ff.
Verzweigungsstelle 5, 165, 359 z-Ebene 203, 353, 354, 355, 356
Vierpol 28, 60, 262 Zeigerbild 37
Virtuelle Masse 102, 103, 129 Zeigerdarstellung 34
Visualisierung 318, 319 Zeitbereich 25, 26, 27, 30, 58, 62, 108,
V-kanonische Form 264, 265, 268, 269 123, 130, 137, 138, 168, 221, 234, 320,
Vordrossel 9, 107 325, 330 f., 345, 350, 424, 436, 441 f.
Vordrosseldurchmesser 107 Zeitkonstante 18 f., 58, 63 f., 113, 118,
Vorfilter 363, 404, 405, 407, 409 127 f., 225 f., 296 f., 385 f., 417, 442 f.
Vorhaltzeit 128, 134, 329 Zeit-Prozentkennwert 229, 230
Zeitverhalten 5, 11, 15, 51, 106 ff., 143,
221, 257, 305, 313, 324, 367
Zeitverzögerung 255
Zentrifugalregulator 1
Sachwortverzeichnis 515
Ziegler-Nichols-Verfahren 224 f, 225, 328 Zustandsrückführung 387 f.
z-Transformation 325 ff. Zustandsvariable 384 ff., 400, 411
z-Übertragungsfunktion 326, 346 ff. Zustandsvektor 397, 405, 413
Zugehörigkeitsfunktion 371 ff. Zweiortskurvenverfahren 195 f., 276 ff.
Zustandsdifferentialgleichung 393, 394 Zweipunktregler 100, 285, 295 ff.
Zustandsebene 274, 387 f. Zweipunktverhalten 272
Zustandskurve 389, 390 f. Zweispeichersystem 59
Zustandsregelung 383, 384, 387 ff. Zweitanksystem 262

Sachwortverzeichnis

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