Sie sind auf Seite 1von 5

Therapeutische

Umschau Band 63, 2006 © 2006 by Verlag Hans Huber, Hogrefe AG, Bern
Heft 1 DOI 10.1024/0040-5930.63.1.78

Zentrum für Onkologie/Hämatologie und Transfusionsmedizin, Kantonsspital Aarau

Leukopenie/Neutropenie
nicht auf die Gesamtzahl der Leukozyten aus. Die
M. J. Bargetzi modernen hämatologischen Analysegeräte geben ei-
nen ersten Anhaltspunkt, welche Leukozytenpopula-
tion in ihrer Zahl vermindert ist. Auch geben diese
Apparate Auskunft über die anderen Zellreihen, d.h.
Therapeutische Umschau 2006.63:78-82.

ob neben der Leukopenie auch eine Anämie und/oder


Thrombozytopenie vorliegt. In der Beurteilung der
Leukopenie muss deshalb stets das ganze Blutbild
Zusammenfassung
betrachtet werden. Obwohl die neueren Generatio-
Der erste Schritt der Abklärung einer Leukopenie nen der Automaten eine Differenzierung der Leuko-
ist die Differenzierung der einzelnen Subpopulatio- zyten recht zuverlässig durchführen, ist die manuel-
nen der weißen Zellen. Die automatisierte Blutbild- le Differenzierung des Blutbildes in der Abklärung
differenzierung gibt erste Hinweise welche Leuko- der Leukopenie unerlässlich. Diese erlaubt einerseits
zytenuntergruppe erniedrigt ist und ob neben der die Überprüfung der automatisierten Analyse und an-
Leukopenie auch die Erythrozyten und/oder die dererseits die morphologische Betrachtung der ein-
Thrombozyten zahlenmäßig verändert sind. Die zelnen Zellen. Somit werden auch kernhaltige Zellen
mikroskopische Beurteilung des Blutbildes überprüft erfasst, die nicht den üblichen Leukozyten-Sub-
die Angaben der automatisierten Analyse und erlaubt populationen zugeordnet werden können, wie z.B.
eine zusätzliche Aussage über die Morphologie der Normoblasten, den kernhaltigen Vorstufen der roten
einzelnen Zellen. Die Differentialdiagnose der Ver- Reihe, Blasten, Haarzellen etc. und können damit ei-
minderung der einzelnen Leukozytenuntergruppe ist nen Hinweis auf die Ätiologie der Leukopenie geben.
sehr vielfältig und häufig ist die Leukopenie nur ein Eine manuelle Differenzierung sollte zwingend
Begleitsymptom einer systemischen Erkrankung. Die durchgeführt werden, wenn eine neue Leukopenie
Therapie richtet sich deshalb stets nach der zu Grun- festgestellt wird. Bei Patienten mit bekannter Leu-
de liegenden Krankheit. kopenie braucht es nicht bei jeder Verlaufskontrolle
eine erneute mikroskopische Beurteilung, solange
sich am gesamten Blutbild keine auffällige Änderung
Einleitung
ergibt.
Leukozytenwerte unterhalb des Normbereiches wer-
den als Leukopenie bezeichnet. Der Normbereich Tabelle 1 Referenzwerte* der Leukozyten und deren
wird traditionellerweise als Mittelwert ± 2 Standard- Subpopulationen
abweichungen für eine gegebene Bevölkerungspo-
pulation definiert und liegt in der Schweiz zwischen % absolut x 109/L
4.0–10.0 × 109/L. Da sich der Leukozytenwert aus
Leukozyten 100 4.0–10.0
den verschiedenen Zellpopulationen, vor allem aus Stabkernige Neutrophile 0–10 0–1.0
Neutrophilen und Lymphozyten zusammensetzt, ist Segmentkernige Neutrophile 40–75 1.6–7.5
für die Beurteilung der Leukopenie eine Differenzie- Eosinophile 0–6 0–0.6
rung unerlässlich (Tab. 1). Da der Anteil der Mono- Basophile 0–2 0–0.2
zyten, Eosinophilen und Basophilen an der Gesamt- Monozyten 2–10 0.08–1.0
Lymphozyten 20–40 0 8–4.0
population der Leukozyten nur unbedeutend ist, wirkt
78 sich eine isolierte Verminderung dieser Zelltypen * Zentrum für Labormedizin, Kantonsspital Aarau
Therapeutische
Band 63, 2006 Umschau
Heft 1

Neben der prozentualen Angabe der Leukozyten- Tabelle 2 Differentialdiagnose der Neutropenie
Subpopulationen, sollte stets auch deren absoluter
Wert beachtet werden (Tab. 1 mit Referenzwerten). Hämatologische Erkrankungen
So kann ein Neutrophilenwert von 3%, der primär als Schwere kongenitale Neutropenie (Kostmann
deutliche Neutropenie imponiert, bei einer Leukozy- Syndrom)
tose von 100 × 109/L im Rahmen einer chronisch lym- Chronisch Autoimmun-Neutropenie
Chronisch idiopathische Neutropenie
phatischen Leukämie, durchaus einem Wert im Re- Zyklische Neutropenie
ferenzbereich entsprechen. Neutropenien assoziiert mit phenotypischen
Abnormalitäten
Präanalytik Chédiak-Higashi Syndrom, Schwachmann
Das Labor benötigt für die Bestimmung der Leuko- Syndrom, Dyskeratosis congenita, Barth
zytenzahl und deren Subpopulationen eine Blutent- Syndrom,
Akute Leukämien
nahme in einem EDTA-Röhrchen (K2-EDTA; Dika- Myelodysplastisches Syndrom (MDS)
liumsalz). In der Präanalytik ist auch das Einhalten Haarzell-Leukämie
verschiedener Zeitlimiten zu beachten, damit nicht T-Large Granular Lymphocyte Leukämie
falsche Werte erhoben werden. Vor der Analyse der (T-LGL-Leukämie)
Leukozytenzahl, sollte das Röhrchen mindestens 10– Aplastische Anämie
15 Minuten gemischt werden, aber ohne zu schütteln, Paroxysmal nächtliche Hämoglobinurie (PNH)
Medikamentös induzierte Neutropenie
da dies eine Hämolyse bewirken könnte. Die auto- Zytostatika, toxisch und immunbedingt
matisierte Blutbilddifferenzierung sollte innert sechs, Mangelzustände
maximal 12 Stunden erfolgen, da es sonst zu einer Vitamin B12-Mangel
Abnahme der Leukozytenzahl und falscher Zuteilung Folsäure-Mangel (v.a. bei Aethylikern)
Therapeutische Umschau 2006.63:78-82.

zu den Subpopulationen kommen kann. Der Aus- Kupfer-Mangel


strich zur mikroskopischen Beurteilung muss inner- Kachexie
Sekundär bei anderen Erkrankungen
halb zwei, maximal vier Stunden erfolgen, da sonst
Infektionen
vermehrt Abbauformen der Leukozyten auftreten, die bakteriell: Typhus, Paratyphus, schwere Sepsis,
nicht mehr richtig den einzelnen Untergruppen zu- Brucellose, Tularaemie,
geordnet werden können. viral: Infektiöse Mononucleose, infektiöse
Hepatitis, Gelbfieber, Masern, Ebstein
Barr Virus, Cytomegalievirus, Herpes
Neutropenie simplex Virus, HIV, Influenza A + B,
Mumps, Parvovirus, Varizellen
Die primäre Funktion der Neutrophilen liegt in der Pilze: Histoplasmose
Infektabwehr. Mikroorganismen werden durch die Protozoen: Malaria, Leishmania
Neutrophilen phagozytiert und abgetötet. Das Risiko Krankheiten mit Splenomegalie
einer bakteriellen Infektion ist abhängig von der Felty-Syndrom (Rheumatoide Arthritis,
Schwere, der Dauer und der Ursache der Neutrope- Splenomegalie, Leukopenie), Sarkoidose,
M. Gaucher, portale Hypertonie
nie. Neutropenien zwischen 1.0–1.5 × 109/L werden
Solide Tumoren mit Knochenmarkinfiltration
als mild, zwischen 0.5–1.0 × 109/L als moderat und
kleiner als 0.5 × 109/L als schwer oder als Agranulo-
zytose bezeichnet. Klinisch präsentiert sich eine Neu-
tropenie durch rekurrente Infektionen, wobei das In- von Neutrophilen fehlen in der Neutropenie typi-
fektrisiko bei Werten unter 1.0 × 109/L deutlich scherweise häufig die klassischen, durch die Funk-
ansteigt. Die häufigsten Erreger entstammen der end- tion der Neutrophilen bedingten Zeichen der lokalen
ogenen bakteriellen Flora, so Staphylococcus aureus Infektion wie Schwellung und Überwärmung. Vor al-
der Haut und Gram-negative Organismen aus dem lem bei persistierender Neutropenie können dann
Magen-Darm- und Urogenital-Trakt. Übliche Infekt- auch Pneumonien, Infekte des Gastrointestinaltrak-
lokalisationen finden sich an der Schleimhaut der tes und Septicaemien auftreten, die nicht selten einen
Mundhöhle mit Ulcera, Peridontitis und pharyngea- tödlichen Ausgang nehmen können. Patienten mit ei-
ler Entzündung, an der Haut mit Ulcerationen, Ab- ner schweren Neutropenie haben beim Harnwegsin-
szessen und Phlegmonen, sowie schlechter Wund- fekt keine Leukozyten im Urin, so dass beim Nach-
heilung, insbesondere auch im perianalen und weis einer signifikanten Menge von Bakterien im
genitalen Bereich. Bei länger dauernder schwerer Urin dies als Infekt gedeutet und entsprechend be-
Neutropenie treten auch seltenere bakterielle patho- handelt werden muss.
gene Organismen, nosokomiale Keime und Pilze als Die Ätiologie der Neutropenie ist sehr vielfältig (Tab.
Erreger auf, insbesondere bei Patienten unter Anti- 2). Die Störung kann in einer verminderten Produk-
biotikatherapie, mit liegendem Zentralvenenkatheter tion im Knochenmark oder in einem vermehrten
und bei längerer Hospitalisationsdauer. Abbau oder peripheren Verbrauch der Neutrophilen
Im Gegensatz zu Patienten mit genügender Anzahl liegen. 79
Therapeutische
Umschau Band 63, 2006
Heft 1

Verminderte Produktion von Neutrophilen im len tritt bei einer Vielzahl von Erkrankungen auf. Die
Knochenmark Ursache ist nicht immer klar, zum Teil aber auf anti-
Primäre Erkrankungen des Knochenmarks (aleu- neutrophile Antikörper, oder Komplementaktivie-
kämische Leukämie, Multiples Myelom, Knochen- rung und Veränderung der Adhäsion und Aggregation
markinfiltration durch solide Tumoren, paroxysmal der Neutrophilen zurückzuführen. Die primäre Auto-
nächtliche Hämoglobinurie (PNH) und aplastische immun-Neutropenie ist beim Erwachsenen sehr
Anämie) zeigen neben der Neutropenie meist auch selten. Häufiger findet sich eine sekundäre Autoim-
eine Veränderung der anderen Zellreihen, was häufig mun-Neutropenie assoziiert mit systemischen Auto-
in einer Panzytopenie resultiert. Eine Knochen- immunerkrankungen, vor allem mit einer Rheuma-
marksuntersuchung erlaubt dann die Diagnose. toiden Arthritis oder einem Systemischen Lupus
Eine weitere Ursache einer Neutropenie sind Infek- Erythematodes [4]. Die Neutropenie bei Rheumato-
tionen mit Bakterien und Viren. Vor allem bei viralen ider Arthritis wird meist dem Felty Syndrom oder der
Infekten tritt die meist nur milde Neutropenie wäh- Large Granular Lymphocyte Leukämie zugeordnet.
rend den ersten beiden Tagen der Erkrankung auf und Ein Teil der medikamentös induzierten Neutropenien
dauert drei bis sieben Tage. Selten treten bakterielle ist ebenfalls auf einen vermehrten peripheren Ver-
Superinfekte auf. Vereinzelte Viren, wie das Hepati- brauch durch Antikörper zurückzuführen. Im Gegen-
tis B Virus, Epstein Barr Virus und Humane Immu- satz zu den chronischen Neutropenien zeigt die me-
nodeficiency Virus (HIV) können aber zu einer aus- dikamentös induzierte Neutropenie eine hohe Rate an
geprägteren und protrahierten Neutropenie führen. infektiösen Komplikationen mit einer Mortalität von
Neben der Knochenmarksuppression werden auch rund 10% [5].
immunologische Mechanismen als Ursache aufge-
führt.
Therapeutische Umschau 2006.63:78-82.

Lymphopenie (Tab. 3)
Die Kombination immunologischer Ursachen und
verminderter Produktion wird bei den medikamentös Eine Verminderung der Lymphozytenzahl wird im
induzierten Neutropenien gesehen. Die Liste der Zusammenhang mit den meisten akuten Infektionen
Medikamente, bei denen eine Neutropenie beobach- und Erkrankungen, sowie bei Malignomen gesehen.
tet wurde, ist sehr lang und grundsätzlich kann jedes Als Ursache der Lymphopenie wird bei den meisten
Medikament als Ursache einer verminderten Zahl dieser Erkrankungen eine Erhöhung des Plasma-
von Neutrophilen in Frage kommen. Das zeitliche Cortisol Spiegels postuliert. Weitere Gründe, die zu
Auftreten einer medikamentös induzierter Neutro- einer Lymphopenie führen, ist die Gabe von Steroi-
penie ist abhängig vom pathogenetischen Mecha- den, gewisse Chemotherapeutika und gegen Lym-
nismus. Bei immunologisch bedingter Neutropenie phozyten gerichtete monoklonale Antikörper wie
ist ein Abfall der Neutrophilen innert Stunden bis Rituximab oder Alemtuzumab, Anti-Lymphozyten
zwei Tage zu sehen, insbesondere bei Patienten, die Globulin (ALG) und ein Zustand nach neonataler
bereits früher dem Medikament exponiert waren. Die Thymektomie.
Entwicklung der Neutropenie aufgrund einer Kno- In bis zu einem Drittel der Patienten kann bei chro-
chenmarkstoxizität braucht meist Wochen. Die Dau- nischen Infekten eine Lymphopenie auftreten. Bei ei-
er der Neutropenie, abhängig vom Entstehungs- nigen Formen der Eiweiß verlierenden Enteropathie,
mechanismus, ist sehr unterschiedlich und liegt die durch eine lymphatische Obstruktion bedingt
zwischen drei bis 56 Tagen mit einem Mittel von 12 sind, kommt es ebenfalls zu einer Lymphopenie.
Tagen [1]. Die immunologischen Effekte einer kurz dauernden
Bei der kongenitalen zyklischen Neutropenie oszil- Lymphopenie haben wahrscheinlich keine Konse-
liert die Zahl der Neutrophilen mit einer Frequenz quenzen, hingegen führt eine länger dauernde viral
von ungefähr 21 Tagen mit einem Nadir bei praktisch bedingte oder medikamentös induzierte Lymphope-
fehlenden Neutrophilen und einem Höchstwert im nie zu einem erhöhten Risiko für Infektionskrank-
normalen Bereich [2]. Schwere Infektionen können heiten oder Malignome [6,7].
während des Nadirs auftreten. Dieser autosomal do-
minant vererbten Störung der Neutrophilen liegt eine Monozytopenie (Tab. 4)
Mutation im ELA2 Gen zugrunde, das die neutro-
phile Elastase codiert. Die Applikation des Granu- Neben den bekannten Ursachen der Monozytopenie
locyte Colony Stimulating Factors (G-CSF) reduziert (Tab. 4) wird in neuerer Zeit auch eine Verminderung
die infektiösen Komplikationen. Andere vererbte der Monozyten nach Applikation von Infliximab ge-
Störungen können zur schweren chronischen Neu- sehen, einem anti-Tumor Nekrose Faktor Antikörper,
tropenie führen [3]. der bei Patienten mit M. Crohn eingesetzt wird [8].
Infolge einer erhöhten Sequestration kann nach Be-
Vermehrter Abbau oder peripherer Verbrauch ginn der Hämodialyse und während Operationen mit
der Neutrophilen kardiopulmonalem Bypass eine Monozytopenie be-
80 Der gesteigerte periphere Verbrauch von Neutrophi- obachtet werden [9, 10]. Die Neutropenie bei Pa-
Therapeutische
Band 63, 2006 Umschau
Heft 1

Tabelle 3 Lymphopenie Tabelle 5 Verminderung der Eosinophilen

akute Erkrankungen mit ausgeprägter Stressreaktion Stress (Trauma, Verbrennungen, Schwangerschaft, starke
(Myocardinfarkt, Pneumonie, Sepsis, Influenza) Schmerzen)
Steroide, M. Cushing Steroidgabe, Cushing-Syndrom
maligne Erkrankungen (Non Hodgkin Lymphom, akute bakterielle Infekte
Hodgkin’s Disease, solide Tumoren) akute entzündliche Erkrankungen
Urämie Good Syndrom (Thymom, Hypoglobulinämie,
Malaria Eosinopenie, Lymphopenie)
Tuberkulose, Histoplasmose, Brucellose Immunbedingte Eosinopenie (IgG- und Komplement-
Pankreasnekrose induziert)
Aplastische Anämie Typhus abdominalis
Lupus erythematodes und andere Kollagenosen allergische Reaktionen (Asthma, Urticaria,
Lymphatische Obstruktion mit Eiweiß verlierender Medikamentenallergie)
Enteropathie IgA-Mangel
intestinale Lymphangiectasie, konstriktive Autoimmunkrankheiten
Pericarditis,
kongestive Herzinsuffizienz, Tuberkulose,
M. Whipple, maligne Lymphome, Kaposi
Sarkom, retroperitoneale Fibrose, Sarkoidose
HIV-Infekt, AIDS Verminderung der Eosinophilen
Immunologische Defizienz-Syndrome (Tab. 5)
Wiskott-Aldrich Syndrom
Ataxia teleangiectasia Allen bekannt, aber heute selten, ist die Eosinopenie,
DiGerog’s Syndrom die beim Typhus abdominalis beobachtet wird, und
Therapeutische Umschau 2006.63:78-82.

Swiss type Agamaglobulinämie die sogenannte Morgenröte, das Wiederauftreten von


Good Syndrom (Thymom, Hypoglobulinämie, Eosinope- Eosinophilen, welche den Beginn der Rekonvales-
nie, Lymphopenie) zenz kennzeichnet. Bereits 1929 wurde das Auftre-
nach Anti-Lymphozyten-Globulin (ALG)
nach bestimmten Chemotherapeutika ten einer Eosinopenie bei Fieber als Zeichen eines
nach monoklonalen Antikörpern gegen Lymphozyten bakteriellen Infektes gesehen [12]. Eine kürzlich er-
(Rituximab, Alemtuzumab) schienene Arbeit konnte zeigen, dass bei Fieber mit
Strahlentherapie einer Leukozytenzahl über 10 × 109/L, eine Eosino-
Nach Spende von haematopoietischen Stammzellen oder penie unter 0.04 × 109/L (40/mm3) in 100% der Fäl-
Donor Lymphozyten le für eine bakterielle Infektion spricht, wohingegen
eine Eosinophilenzahl über 0.2 × 109/L (200/mm3)
einen bakteriellen Infekt als Fieberursache sehr un-
wahrscheinlich macht [13]. Selten tritt eine Eosino-
Tabelle 4 Monozytopenie penie bei Asthma, allergischen Reaktionen auf
Medikamente, Urticaria, IgA-Mangel und Autoim-
akuter Stress
Steroidgabe munkrankheiten auf, Erkrankungen, bei denen man
virale Infekte üblicherweise eher eine Eosinophilie erwartet [14].
myelotoxische Infekte Obwohl eine Eosinopenie bei verschiedenen Erkran-
myelotoxische Medikamente kungen auftreten kann, sind bei der Verminderung
Haarzell-Leukämie der Eosinophilen keine funktionellen Auswirkungen
Hämodialyse, kardiopulmonaler Bypass bekannt.
Anti-TNF-Antikörper (Infliximab)
Aplastische Anämie
akute Leukämien Verminderung der Basophilen
Da auch beim Gesunden im Blutbild praktisch keine
Basophilen gesehen werden, scheint dies ein physio-
tienten mit einer Haarzell-Leukämie ist ein bekann- logischer Zustand zu sein, der keinen Krankheitswert
tes Phänomen. Typischerweise zeigt sich aber auch besitzt und keine Auswirkungen zeigt. Krankheits-
eine Monozytopenie, die häufig zu Infektionen mit bilder, die auf eine Verminderung der Basophilen zu-
intrazellulären Keimen führt [11]. Die adäquate Be- rückzuführen wären, wurden nicht beschrieben.
handlung der Haarzell-Leukämie mit 2-Chloro-Deo-
Literatur
xy-Adenosin (2-CDA) führt zu einer Erholung der
Monozyten. Eine erneute Monozytopenie lässt ein 1. Heit W, Heimpel H, Fischer A, Frickhofen N. Drug in-
duced agranulocytosis: evidence for the commitment of
Rezidiv der Grundkrankheit erahnen. bone marrow haematopoiesis. Scand J Haematol 1985; 35:
459–68.
2. Dale DC, Bolyard AA, Aprikyan A. Cyclic neutropenia.
Semin Hematol 2002; 39: 89–94. 81
Therapeutische
Umschau Band 63, 2006
Heft 1

3. Zeidler C, Welte K. Kostmann syndrome and severe con- 11. Golomb HM, Hadad LJ. Infectious complications in 127
genital neutropenia. Semin Hematol 2002; 39: 82–8. patients with hairy cell leukaemia. Am J Hematol 1984;
4. Starkebaum G. Chronic neutropenia associated with au- 16: 393–401.
toimmune disease. Semin Hematol 2002; 39: 121–7. 12. Schilling V. The blood picture. Ed 8. St. Louis, CV: Mos-
5. van der Klauw MM, Goudsmit R, Halie MR, et al. A pop- by Co; 1929.
ulation-based case-cohort study of drug-associated agran- 13. Gil H, Magy N, Mauny F, et al. Value of eosinopenia in in-
ulocytosis. Arch Intern Med 1999; 159: 369–74. flammatory disorders: an «old» marker revisited. Rev Méd
6. Dighiero G. Adverse and beneficial immunological effects Interne 2003; 24: 431–5.
of purine analogues. Hematol Cell Ther 1996: 38 (Suppl 14. Freemann GL. Syndromes associated with eosinopenia.
2): S75–81. Allergy 1998; 53: 331–3.
7. Nicolini FE, Wattel E, Michallet A-S, et al. Long-term per-
sistent lymphopenia in hematopoietic stem cell donors af- Summary: Leukopenia/Neutropenia
ter donation for donor lymphocyte infusion. Exp Hematol
2004; 32: 1033–9. The first step in evaluating leukopenia is the analy-
8. Lügering A, Schmidt M, Lügering N, et al. Infliximab in- sis of the different leukocyte subpopulations. The au-
duces apoptosis in monocytes from patients with chronic
active Crohn’s disease by using a caspase-dependent path-
tomated total blood cell count gives a first impres-
way. Gastroenterol 2001; 121: 1145–57. sion of the decreased leukocyte subtype and if
9. Nockher WA, Wiemer J, Scherberich JE. Haemodialysis erythrocytes and/or platelets are involved. Micro-
monocytopenia: differential sequestration kinetics of scopic interpretation of the blood smear verifies the
CD14+CD16+ and CD14++ blood monocyte subsets. Clin automated differential and allows a statement on the
Exp Immunol 2001; 123: 49–55. morphology of the individual cells. Differential di-
10. Hiesmayr MJ, Splitter A, Lassnigg A, et al. Alterations in
the number of circulating leukocytes, phenotype of mono-
agnosis of the decreased leukocyte subpopulation is
cytes and cytokine production in patients undergoing vast and in many cases leukopenia is only an epiphe-
nomenona of a systemic disease. Therefore therapy
Therapeutische Umschau 2006.63:78-82.

cardiothoracic surgery. Clin Exp Immunol 1999; 115:


314–23. is always directed towards the underlying disorder.

Korrespondenzadresse: PD Dr. med. M. J. Bargetzi, Zentrum für Onkologie/Hämatologie und Transfusionsmedizin,


Kantonsspital Aarau AG, CH-5001 Aarau
E-mail: mario.bargetzi@ksa.ch

82

Das könnte Ihnen auch gefallen