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Säure-Basen-Störungen
Carsten Hafer
Hafer C. Säure-Basen-Störungen Intensivmedizin up2date 2021; 17: 83–106 | © 2021. Thieme. All rights reserved. 83
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Puffersysteme limitieren rasche pH-Verschiebungen und Bei Modifikationen der Beatmungstherapie wird der Ef-
entsprechende zelluläre Dysfunktionen. Relevante Nicht- fekt anhand der BGA überprüft, weitere Kontrollen im
Bikarbonat-Puffersysteme sind Hämoglobin und Proteine Sinne eines Monitorings sind notwendig bei einer Nieren-
(in erster Linie Albumin). Diese Puffersysteme befinden ersatztherapie; insbesondere bei einer Zitratantikoagula-
sich im Äquilibrium mit dem Bikarbonat-Puffersystem, tion.
das auch zur Beurteilung von Säure-Basen-Störungen als
verständlichster Ansatz geeignet ist. Ergänzend zu den benannten Routinekontrollen ist es
sinnvoll, Blutgasanalysen bedarfsadaptiert durchzufüh-
Das Bikarbonat-Puffersystem besteht aus Kohlensäure ren. Insbesondere bei instabilen, schwer kritisch kranken
(H2CO3) und Bikarbonat (HCO3−). Die Reaktionen werden Patienten, bei denen nicht hinreichend klar ist, in welche
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Richtung sich die klinische Situation entwickelt, sind eng-
maschige Kontrolle notwendig. Bei Patienten mit stabi- T A K E H O M E M E S SAG E
lem Blutdruck und fehlenden Hinweisen für eine Organ- Säure-Basen-Störungen sind mit Elektrolyt-
minderperfusion bestehen zwischen arteriellen und (zen- veränderungen assoziiert:
tral-)venösen Blutgasanalysen nur geringe Differenzen ▪ (metabolische) Azidose: Hyperkaliämie
des CO2 (venös etwa 1–2 mmHg höher) und des HCO3− ▪ metabolische Alkalose: Hypokaliämie,
(venös etwa 1 mmol niedriger als arteriell). Im Rahmen Hypochlorämie und Hypophosphatämie
eines Schocks mit einem resultierenden Ungleichgewicht
aus Sauerstoffbedarf und ‑angebot wird die Beeinträchti-
gung der Gewebeperfusion und der damit einhergehen-
de Stress der Endorgane gut durch zentral-venöse Blut-
Diagnostik
gasanalysen reflektiert.
1. Schritt: klinische und anamnestische
Zentralvenös erniedrigtes HCO3− weist auf metabolischen Hinweise für eine bestimmte Störung
Stress mit erhöhtem Verbrauch an Bikarbonat. Aus dem des Säure-Basen-Haushalt
höheren CO2 und niedrigerem HCO3− resultiert auch ein Die Symptome der Störung sind vorwiegend von der Dy-
deutlicher Anstieg des Quotienten (CO2/HCO3−) mit ent- namik der Entstehung und der Ursache abhängig. Vor-
sprechend deutlicherem Abfall des pH. Ergänzend zu den erkrankungen weisen oft bereits auf vorbestehende
üblichen arteriellen Blutentnahmen sollten Patienten bei (chronische) Säure-Basen-Störungen und eingeschränkte
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chend ist die Empfindlichkeit für zerebrale Krampfanfälle Azidosen dagegen sind mit einer Vasodilatation assoziiert
gesteigert. Außerdem begünstigen Alkalosen eine Vaso- und einer Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungs-
konstriktion und können Koronarspasmen induzieren, kurve, dementsprechend kommt es zu einer leichteren
was in der Summe zu therapierefraktären Herzrhyth- Abgabe von Sauerstoff ans Gewebe. Weitere klinisch rele-
musstörungen führen kann. Unterstützt wird dies durch vante Manifestationen sind eine Hypothermie und eine
eine Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve mit Stimulation des Atemzentrums. Bei chronisch manifesten
resultierender verschlechterter Sauerstoffabgabe an das Azidosen besteht zudem eine katabole Stoffwechsellage.
Gewebe. Verstärkt wird dieser Effekt durch eine Min-
derung des Atemantriebs. Bei langsamer Entwicklung
(über Tage hinweg) werden Alkalosen (und Hypoxämien) T I PP
hingegen sehr gut toleriert. Ein beeindruckendes Beispiel ▪ Alkalose: Linksverschiebung → schlechtere
in dieser Hinsicht sind die Blutgasanalysen einer Bergstei- O2-Abgabe ans Gewebe, Vasokonstriktion
gerexpedition auf den Mount Everest [16]. ▪ Azidose: Rechtsverschiebung → leichtere
O2-Abgabe ans Gewebe
T A K E H O M E M E S SAG E
Allen Säure-Basen-Störung gemeinsam ist, dass sie Wesentlich ist, dass in der Beurteilung die Dynamik ent-
mit Einschränkungen der Vigilanz einhergehen kön- scheidend ist. Daher sollten insbesondere bei instabilen
nen, wobei differenzialdiagnostisch metabolische Patienten häufigere Kontrollen durchgeführt werden
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▪ metabolischen Störungen mit primärer Änderung des Bei chronisch respiratorischen Störungen kann anhand
Bikarbonats: der initialen Bikarbonatkonzentration das CO2-Niveau
– metabolische Azidose: HCO3− ↓, des Patienten vor der akuten Verschlechterung rück-
– metabolische Alkalose: HCO3− ↑. gerechnet werden. Letzteres ist von entscheidender Be-
deutung für die Entwöhnung vom Respirator.
Bei einer Azidose (pH < 7,36) ist die H+-Ionen-Konzentra-
tion angestiegen (> 44 nmol/l), was nur durch Erhöhung
des Quotienten aus CO2 und HCO3− möglich ist. Entspre- T A K E H O M E M E S SAG E
chend muss ein CO2-Anstieg (respiratorische Azidose) ▪ Primäres Ziel der physiologischen Kompensation
oder ein HCO3−-Abfall (metabolische Azidose) vorliegen. einer Säure-Basen-Störung ist es, die maximale
Bei einer kombinierten Störung resultieren deutlich aus- Abweichung des pH-Werts vom Normalbereich
geprägtere Abweichungen vom Normwert. zu verringern, nicht jedoch, einen normalen pH-
Wert wiederherzustellen.
Entsprechend ist bei der Alkalose entweder das HCO3− er- ▪ Bei Niereninsuffizienz fehlt die metabolische
höht (metabolische Alkalose) oder das CO2 im Rahmen Kompensation → respiratorische Störungen wir-
einer Hyperventilation erniedrigt (respiratorische Alkalo- ken sich stärker aus.
se). ▪ Bei Lungenerkrankungen ist die respiratorische
Kompensation eingeschränkt → metabolische
3. Schritt: Abschätzen der Kompensation Störungen wirken sich stärker aus.
akt. HCO3− = aktuelles HCO3−; ΔHCO3− = Abfall des HCO3−; paCO2 = arterieller CO2-Partialdruck
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Anionenlücke
Die Bestimmung der Anionenlücke sollte bei allen Inten- T A K E H O M E M E S SAG E
sivpatienten idealerweise bei Aufnahme und im Verlauf ▪ errechnete Osmolalität = 2 × Na+ + Glukose +
der Behandlung (inkl. ΔAL) bestimmt werden, um eine Harnstoff (alle in [mmol/l]).
Differenzierung der Ätiologie einer metabolischen Azi- ▪ osmotische Lücke = gemessene − errechnete
dose zu ermöglichen. Osmolalität
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▶ Tab. 2 Verhältnis zwischen dem Anstieg der Anionenlücke (ΔAL) und dem Abfall der Bikarbonatkonzentration (ΔHCO3−).
Auswirkungen
−
Quotient ΔAL/ΔHCO3 = ΔGap
ΔGap < 0,4 hyperchlorämische Azidose
ΔGap = 0,4–0,8 kombinierte Azidose mit hoher Anionenlücke und hyperchlorämische Azidose oder
urämische metabolische Azidose
ΔGap = 1–2 Azidose mit hoher Anionenlücke
ΔGap > 2 präexistent hohe Bikarbonatkonzentration (metabolische Alkalose oder chronische
respiratorische Azidose)
Differenz ΔAL−ΔHCO3−
ΔAL–ΔHCO3− = 0 ± 5 mmol/l reine Ketoazidose
0,6 × ΔAL − ΔHCO3− = 0 ± 5 mmol/l reine Laktatazidose
ΔAL−ΔHCO3− > 5 mmol/l zusätzliche metabolische Alkalose
−
ΔAL−ΔHCO3 < − 5 mmol/l zusätzliche Azidose mit hoher Anionenlücke
Metabolische Azidosen
mit hoher Anionenlücke Laktatazidose
Wichtig und hilfreich für die weitere Therapie ist die Dif- Die Laktatproduktion kann akut auf ein Vielfaches anstei-
ferenzierung zwischen der Entstehung einer metabo- gen, wird jedoch dann auch schnell wieder metabolisiert.
lischen Azidose durch den Verlust von Bikarbonat oder Intensivmedizinisch sieht man dies z. B. nach Krampf-
aber durch die endogene Entstehung oder exogene Zu- anfällen.
fuhr von Säuren. Ein wichtiges diagnostisches Werkzeug
ist hierfür die Bestimmung der Anionenlücke (s. o.). Eine Laktatazidose entsteht, wenn Laktat nicht mehr bzw.
unzureichend abgebaut wird, vereinfacht gibt es entspre-
chend zwei Ansätze:
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T I PP
INFOBOX Wichtig ist das Beobachten der Dynamik: Abhängig
Intensivmedizinische Differenzialdiagnose aus- von der Dynamik der Erkrankung und des metabo-
geprägter Laktatazidosen (Laktat > 6 mmol/l) lischen Stresses sollte eine mit dem pH-Wert und
dem Bikarbonat gleichläufige Entwicklung des CO2
Typ A (Gewebehypoxie) beobachtet werden:
▪ (nach) Reanimation ▪ Ein Bikarbonatabfall im Verlauf (metabolischer
▪ alle Formen eines Schocks mit einhergehender Stress!) ohne parallelen CO2-Abfall ist ein Hinweis
Gewebehypoxie, z. B. auf respiratorische Erschöpfung (→ ggf. Intuba-
– kardiogener Schock tion)!
– septischer Schock ▪ Ein steigender CO2/HCO3−-Quotient führt rasch
– Hämorrhagie/hämorrhagischer Shock zu erheblicher Azidifizierung.
▪ Mesenterialinfarkt
▪ akute respiratorische Alkalose
Bei Patienten mit ausgedehntem Lymphombefall und/
Typ B (nicht hypoxisch)
oder Leukämie ist eine Laktatazidose oft mit einer Hypo-
▪ Substratmangel, z. B. Thiaminmangel (!) glykämie assoziiert, die relativ refraktär auf eine Glukose-
bei Malnutrition infusion ist. Therapeutisch sollten hier ergänzend zur Glu-
– Lymphom (erhöhter Metabolismus) kose großzügig Thiamin und Riboflavin substituiert wer-
– Leberdysfunktion den [35]. Aufmerksam sollte die Medikation begutachtet
▪ Medikamente, z. B. werden, da mehrere Präparate den Laktatabbau hemmen
– Metformin (s. u.) können (Metformin, Salizylate, Isoniazid, Zidovudin u. a.).
– Salizylate
– Propofol Die Laktatazidose bei zerebralen Krampfanfällen ist pas-
sager und anders als die meisten der anderen o. g. Ur-
Laktatanstieg ohne Azidose
sachen zumeist mit einer Normokaliämie assoziiert; nach
▪ bei akuter respiratorischer Alkalose
Sistieren des Krampfgeschehens kommt es zu einer ra-
▪ laktathaltige Infusionen (z. B. Ringerlaktat)
schen Metabolisierung des im Rahmen der gesteigerten
muskulären Aktivität entstandenen Laktats. Bei großen
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Infusionsmengen mit Ringer-Laktat kann der Laktatspie-
FAL L B E I S P I E L gel ebenfalls leicht ansteigen. Dies ist jedoch patho-
Fall 1 (Fortsetzung) logisch nicht relevant, da Laktat selbst nicht toxisch ist
und üblicherweise bei wiederhergestellter Perfusion auch
Störung des Säure-Basen-Haushalts eine verbesserte Laktatclearance besteht [29, 36, 37].
Angesichts der klinischen Präsentation und der
Metformin
Anamnese der Divertikelerkrankung ist die wahr-
scheinlichste Ätiologie eine Darmperforation mit Nach den aktuellen Leitlinien kann Metformin bei stabilen
anschließender Peritonitis und septischem Verlauf. Patienten bis zu einer geschätzten glomerulären Filtra-
Die dabei zu erwartende Säure-Basen-Störung wäre tionsrate (eGFR) von 45 ml/min verabreicht werden. Bei
eine metabolische Azidose. Die Tachypnoe deutet einer akuten höhergradigen Nierenschädigung akkumu-
auf die respiratorische Kompensation (Kussmaul- liert es jedoch und inhibiert bei erhöhten Konzentratio-
Atmung) hin. nen den mitochondrialen Stoffwechsel.
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Ketoazidosen Meist fühlen sich die Patienten anfangs nicht wohl („Un-
Bei der diabetischen Ketoazidose führt eine Insulindefi- wohlsein“), vereinzelt klagen sie auch über Übelkeit. Der
zienz zu einer verstärkten Lipolyse und damit zu einer Ak- Mechanismus der euglykämischen diabetischen Ketoazi-
kumulation von Ketonsäuren im Extrazellulärraum. Die dose ist vermutlich Folge eines veränderten Insulin/Glu-
Hyperglykämie induziert eine osmotische Diurese und kagon-Verhältnisses. Denn gleichzeitig kommt es auf-
Natriurese, sodass ergänzend zur diabetischen Ketoazi- grund der verringerten Insulinspiegel als auch durch eine
dose meist eine Hypovolämie mit Kontraktion des Extra- Hemmung des SGLT2-vermittelten Transports von Gluko-
zellulärvolumens vorliegt. Letzteres ist bedeutsam, weil se in pankreatische α-Zellen zu einer erhöhten Glukagon-
durch die intravasale Volumenkontraktion das Ausmaß freisetzung. Das niedrige Insulin/Glukagon-Verhältnis
der Azidose eher unterschätzt wird. führt zu einer erhöhten Lipolyse und der Freisetzung frei-
er Fettsäuren, die durch β-Oxidation in Ketonkörper um-
Die Therapie der diabetischen Ketoazidose fokussiert sich gewandelt werden [48, 49].
entsprechend auf eine allmähliche (!) Absenkung des
Blutzuckers durch Insulin, womit einhergehend die Lipo- Die klinische Behandlung mit isotonischer Flüssigkeit und
lyse und Bildung weiterer Ketonsäuren gebremst wird. Insulin ähnelt der bei „klassischer“ diabetischer Ketoazi-
Diagnostisch kann dies durch Nachweis von Ketonkör- dose. Zudem ist die SGLT2-Inhibitor-Therapie unverzüg-
pern im Urin kontrolliert werden. lich abzusetzen. Durch die Gabe von Insulin kommt es
zur Inhibierung der Lipolyse, was schließlich eine Oxida-
tion der Ketonsäuren mit Bildung von Bikarbonat bewirkt
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Salizylate
Salizylatintoxikationen treten häufig im Rahmen von Sui- T HE R AP I E
zidversuchen auf [56]. Die Patienten weisen eine kom- Therapie bei gesicherter oder vermuteter Intoxikation
binierte Säure-Basen-Störung auf. Neben einer metabo- mit Methanol oder Ethylenglykol
lischen Azidose mit erhöhter Anionenlücke kommt es
durch die Stimulation des Atemzentrums zu einer respira- Indikation
torischen Alkalose. Die Azidose ist vermutlich nicht nur Verdächtig auf eine Intoxikation mit Methanol oder Ethylenglykol
auf die Salizylsäure selbst zurückzuführen, sondern auch ist eine metabolische Azidose mit hoher Anionenlücke. Therapie-
auf eine in der Regel begleitende (Typ-B-)Laktat- und einleitung, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
Ketoazidose. Ursache hierfür ist eine mitochondriale Toxi- ▪ dokumentierte Ingestion toxischer Mengen von Ethylenglykol
zität mit Entkopplung der oxidativen Phosphorylierung. oder Methanol und osmotische Lücke > 10 mOsm/l
Die zusätzlich auftretende Hyperglykämie und Keto- oder
azidose erschweren und verzögern leider häufig die Diag- ▪ erhöhter Plasmaspiegel: Ethylenglykol > 20 mg/dl (3,2 mmol/l)
nose. bzw. Methanol > 20 mg/dl (6,2 mmol/l)
oder
Klinische Manifestationen sind Übelkeit, Erbrechen und ▪ vermutete Ingestion toxischer Mengen von Ethylenglykol oder
Tinnitus (!). Viele Patienten weisen weiters eine Ände- Methanol
rung des mentalen Zustands und ein nicht kardiogenes ▪ metabolische Azidose (Bikarbonat < 20 mmol/l, arterieller
Lungenödem auf. Bei ausgeprägten Intoxikationen kön- pH-Wert < 7,3)
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Wie sollte Bikarbonat verabreicht werden? Die regionale Zitratantikoagulation (RCA) ist die empfoh-
lene Antikoagulationsmodalität für die kontinuierliche
Nierenersatztherapie. Im Vergleich zu heparinbasierten
T HE R AP I E kontinuierlichen Nierenersatztherapien ist die kontinuier-
Empfehlungen für die Bikarbonatgabe liche venovenöse Hämodialyse mit Zitrat (CVVHD‑RCA)
mit einer deutlich längeren Laufzeit und einer niedrigeren
Mögliche Indikation Blutungsrate verbunden. Jedoch ist die CVVHD mit einer
▪ metabolische Azidose und akute Nierenschädi- höheren Rate an metabolischen Komplikationen assozi-
gung (Grad 2 oder 3) iert [75]:
▪ Bikarbonatverlust mit hyperchlorämischer Azidose ▪ metabolische Azidose (20,2 vs. 7,2 %)
(normale Anionenlücke) ▪ metabolische Alkalose (48,7 vs. 17,1 %) und
▪ Intoxikationen mit trizyklischen Antidepressiva ▪ Hypokalzämie (25,07 vs. 10,79 %).
und Salizylaten
Diese Veränderungen sind geringgradig und gehen mit
Als Therapieversuch keinen wesentlichen klinischen Beeinträchtigungen ein-
▪ schwere Bronchospasmen mit unzureichender her, zudem sind sie durch eine Optimierung der Dialyse-
therapeutischer Ansprache auf Betaadrenergika parameter rasch zu beheben. Dennoch ist die Ausbildung
▪ unzureichende Besserung einer schweren meta- des medizinischen und pflegerischen Personals bei der
bolischen Azidose Umsetzung eines RCA-Protokolls von großer Bedeutung
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Urin:
Weitere Ursachen sind – versteckte – Bikarbonatgaben
▪ Na 20 mmol/l
durch Infusionstherapien mit bikarbonathaltigen Lösun-
▪ K 75 mmol/l
gen oder deren Vorstufen und insbesondere die Zufuhr
▪ Chlorid < 10 mmol/l
von Zitrat (entweder durch Blutprodukte oder aber im
▪ Kreatinin 100 mg/dl
Rahmen einer Nierenersatztherapie mit regionaler Anti-
koagulation mit Zitrat; s. o.) [81].
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PR AXIS FAL L B E I S P I E L
Klassische Trias der metabolischen Alkalose Fall 2 (Fortsetzung)
▪ Chloridverluste aufgrund von Magensaft, Diure-
tika und Kaliumdepletion Klinische und anamnestische Hinweise für eine bestimmte
▪ Kaliumverluste aufgrund von Laxanzien, Durch- Säure-Basen-Störung
fällen, Diuretika und Kaliumdepletion, Hyper- Bei einer ansonsten gesunden jungen Frau mit offensichtlichen
aldosteronismus Zeichen einer Volumendepletion (Orthostase; Hypotension,
▪ Basenzufuhr aufgrund von Bikarbonatgabe, Tachykardie) ist eine metabolische Alkalose zu erwarten.
Zitratzufuhr, Antazida etc.
Zweiter Schritt: Identifikation der dominanten Störung
Maßnahmen Ein erhöhter Serumbikarbonatspiegel kann eine metabolische Alka-
Der Verlust an Magensaft sollte quantifiziert und in lose oder respiratorische Azidose widerspiegeln. Hier besteht ein-
die differenzialdiagnostischen Überlegungen ein- deutig eine metabolische Alkalose (pH und Bikarbonat erhöht).
bezogen werden!
Bei der metabolischen Alkalose: Urinbestimmung Dritter Schritt: Abschätzen der Kompensation und Abklärung
von Na, Cl, K und Osmolarität. einer sekundären Störung
Bei liegender Magensonde und/oder Erbrechen: Der erwartbare CO2-Anstieg durch die Hypoventilation beträgt
ΔHCO3− × 0,7 → (aktuelles HCO3− von 46–24) × 0,7 → CO2-Anstieg
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antriebsminderung oder eine Störung der Atemmuskula-
tur angenommen werden. T HE R AP I E
Therapie der respiratorischen Azidose
Therapeutisch sollte zunächst unverzüglich Sauerstoff ▪ Die akute respiratorische Azidose ist ein Notfall!
verabreicht werden, da nach der o. g. alveolären Gasfor- – Zeitnahes/unmittelbares Handeln ist notwendig.
mel eine Hypoxämie droht. Die weitere Versorgung sollte – Innerhalb von Minuten kann eine schwere Azid-
sich auf eine Optimierung der alveolären Ventilation fo- ämie und Hypoxämie entstehen.
kussieren, wobei neben medikamentösen Therapiestrate- ▪ Oxygenierung!
gien (Steroide und Bronchodilatatoren bei Bronchokon- – → pALVO2 = 150 − (1,25 × pCO2)
striktion) eine maschinelle Unterstützung der Atmung ▪ Wenn mechanische Ventilation bei zunehmendem
frühzeitig erwogen werden sollte (abhängig vom Grund- pCO2:
leiden wird dann die Entscheidung getroffen, ob nicht- – Langsames Absenken des CO2 bei chronischer
invasiv oder nach Intubation). Für die Gabe von Bikarbo- Hyperkapnie, sonst Gefahr der zu starken Alkali-
nat gibt es außer bei Patienten mit einem schweren beat- sierung mit zerebraler Vasokonstriktion und
mungspflichtigen Status asthmaticus [83, 84] keine Evi- neurologischen Ausfällen.
denz (s. o.) und keine Indikation. – Keine Bikarbonatgabe vor Intubation!
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Autorinnen/Autoren
KER NAU SSAG EN
▪ Säure-Basen-Störungen sind im intensivmedizi- Carsten Hafer
nischen Kontext häufig komplex und bedürfen Dr. med., Jahrgang 1969. Facharzt für Innere
einer differenzierteren Betrachtung. Medizin, Nephrologie und Internistische Inten-
sivmedizin. Bis 2020 leitender Oberarzt an der
▪ Die Wasserstoffionenkonzentration bzw. der pH-
Klinik für Nephrologie, Rheumatologie und
Wert werden durch das Verhältnis von CO2 zu Blutreinigungsverfahren am Städtischen Klini-
HCO3− bestimmt, nicht vom absoluten Wert. kum Braunschweig. Schwerpunkte: extrakor-
▪ Die klinische Manifestation von Säure-Basen-Stö- porale Eliminationsverfahren und nephrologische Intensiv-
rungen wird im Wesentlichen von der Dynamik der therapie, Säure-Basen- und Elektrolytstörungen.
Entstehung und den einhergehenden Ursachen
geprägt als vom Zahlenwert des pH-Wertes per se. Korrespondenzadresse
▪ Schnell zu bestimmende Parameter wie die Anio-
nenlücke und das Delta-Gap geben Hilfestellungen Dr. med. Carsten Hafer
bei differenzialtherapeutischen Entscheidungen. Praxis Kattenbühl
▪ Bei metabolischen Störungen sollte immer die Prof. Eberlein-Straße 6
34346 Hann. Münden
Anionenlücke bestimmt werden.
post@carstenhafer.de
▪ Die Therapie von Säure-Basen-Störungen sollte Deutschland
sich auf die Ursache fokussieren.
Literatur
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VNR 2760512021160215756
Frage 1 Frage 5
Wie hoch ist die Mortalität des Propofol-Infusionssyndroms Welches ist die häufigste Säure-Basen-Störung bei kritisch kran-
(PRIS)? ken Patienten?
A 10 % A die chronisch respiratorische Azidose
Frage 2 Frage 6
Welches ist der pathologische pH-Wert? Welche Aussage zur Infusionstherapie mit Bikarbonat ist kor-
A intrazellulär: 6,5 rekt?
B Magen: 1–2 A Bei vorbestehender respiratorischer Alkalose kommt es zu
C Haut: 5,5 einem Kontereffekt.
D Urin: 6,0 B Bei höhergradiger Nierenschädigung und metabolischer Azi-
E Vagina: 4,5 dose ist die Notwendigkeit zur Nierenersatztherapie seltener
gegeben, wie im BICAR‑ICU-Trial gezeigt werden konnte.
Frage 3 C In der Folge kommt es durch die Hyperventilation zu einer
Welche der Aussagen bezüglich der Anionenlücke trifft zu? besseren Oxygenierung.
A Bei fehlendem Chloridwert kann das Gesamtprotein als Anion D Bei ausgeprägter Laktatazidose ist es der einzig nachgewie-
verwendet werden. sen positive Therapieansatz.
B Hohe Kalziumwerte reduzieren die Anionenlücke. E Ein Abfall des Natriums ist eine häufige Komplikation nach Bi-
C Sie ist ein wertvolles Instrument zur Diagnostik metabo- karbonatinfusion.
lischer Störungen.
D Erniedrigtes Albumin sollte mit einem Anstieg der Anionen- Frage 7
lücke korrigiert werden. Ein Patient kommt mit bekannter Herzinsuffizienz und zuneh-
E Typische Konstellation bei der chronisch obstruktiven Lun- menden peripheren Ödemen gehend in die Notaufnahme. Blut-
generkrankung ist eine erhöhte Anionenlücke. druck 110/50 mmHg, Herzfrequenz 86 (unregelmäßig bei Vor-
hofflimmern), Temperatur 36,0°C, Atemfrequenz 13/min, Sätti-
Frage 4 gung unter Raumluft 95 %. Der Hausarzt hat die vorbestehende
Zu den Manifestationen einer Alkalose gehört … diuretische Therapie mit Torasemid bereits vor fünf Tagen um
A die Steigerung des Atemantriebs. ein Thiazid ergänzt. Welche Säure-Basen-Störung erwarten Sie?
B ein Kalziumanstieg. A metabolische Alkalose
C die Vasokonstriktion. B akute respiratorische Azidose
D eine Rechtsverschiebung der Sauerstoffbindungskurve. C akute respiratorische Alkalose
E eine Hyperkaliämie. D metabolische Azidose mit erhöhter Anionenlücke
E metabolische Azidose mit normaler Anionenlücke
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Frage 8 Frage 10
Nur eine der folgenden Aussagen zur Ketoazidose ist korrekt. Eine der folgenden Veränderungen wird im Rahmen einer Nie-
Welche? renersatztherapie mit regionaler Zitratantikoagulation im Ver-
A Diabetische Ketoazidosen gehen nur mit geringen pH-Verän- gleich zur konventionellen Heparintherapie nicht beobachtet.
derungen einher. Welche?
B Alkohol hat keinen Einfluss auf die Ketogenese. A metabolische Alkalose
C Diabetische Ketoazidosen werden auch unter SGLT2-Inhibito- B akute respiratorische Azidose
ren beobachtet. C Hypokalzämie
D Die Bestimmung von Ketonkörpern im Blut ist einfacher und D metabolische Azidose
schneller als im Urin. E niedrigere Blutungsrate
E Ketoazidosen haben eine normale Anionenlücke.
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