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Zahnärztliche Arzneiverordnung
in Schwangerschaft und Stillzeit
Arzneimittelgruppe Embryo-/Fetotoxizität
AT1-Rezeptorantagonisten (Losartan u. a.) bei Anwendung im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel können AT1-
Rezeptorantagonisten (»Sartane«) und ACE-Inhibitoren Schädigungen
ACE-Hemmer (z. B. Captopril, Enalapril) bei Feten und Neugeborenen verursachen (Schädelhypoplasie wahrscheinlich
als Folge einer Oligohydramnie)
Antiepileptika
Antikoagulantien (Cumarinderivate)
Warfarin
diverse Fehlbildungen (Mittelgesichtshypoplasie, Mikrognathie, Extremitätenverkürzungen etc.)
Phenprocoumon
Antimykotika
Immunsuppressiva
Retinoide
Isotretinoin Retoinoide besitzen ein teratogenes Potential. Isotretinoin verursacht zum Beispiel multiple
Acitretin a) Fehlbildungen (Gesicht, ZNS, kardiovaskuläres System etc.). Mit den beiden anderen
Alitretinoin Retoinoiden gibt es deutlich weniger Erfahrungen.
Psychopharmaka
Magen-Darm-Therapeutika
Virustatika
Zytostatika
Cyclophosphamid ZNS-Fehlbildungen
Methotrexat ZNS-Fehlbildungen
a) Acitretin ist ein Metabolit des Etretinats (nicht mehr im Handel). Über dieses Retinoid liegen nur wenige Fallberichte vor, hinsichtlich des
teratogenen Risikos wird es aber ähnlich wie Etretinat beurteilt.
Foto: CC
Muttermilch ist mit über sieben Stunden
deutlich länger als im Plasma. Bei Patientin-
Wenn der Test positiv ausfällt, ist der Fetus nen, die im letzten Schwangerschaftsdrittel ... einige Wochen alt und sehr empfindlich
schon ... gegenüber Arzneistoffen.
Salicylate einnehmen, kann es zu erhöhten
peripartalen Blutverlusten kommen. Neuge-
eine Verlängerung des Geburtsverlaufs mit borene weisen ebenfalls eine höhere Inzi- ersten und zweiten Drittel der Schwan-
Hemmung der Wehentätigkeit sowie eine denz für Blutungen auf. Schwangeren sollte gerschaft sowie in der Stillzeit kann es bei
verminderte Lockerung im Gewebe des ASS daher nur unter strenger Indikations- strenger Indikationsstellung angewendet
kleinen Beckens vor der Geburt. Beim Fetus stellung verordnet werden und in den werden.
kann es zu einem vorzeitigen Verschluss des letzten drei Schwangerschaftsmonaten völ-
Ductus arteriosus Botalli und dadurch zu lig vermieden werden. In der Stillzeit gilt Selektive COX-2-Inhibitoren wie Celecoxib
einer pulmonalen Hypertonie oder zu Kreis- die gelegentliche Einnahme von ASS als oder Etoricoxib sind zur analgetischen Be-
laufstörungen sowie zu Störungen der post- Schmerzmittel bis maximal 1.5 g/d als ver- handlung von Zahnschmerzen nur zweite
natalen Anpassung kommen. Daher will tretbar. Paracetamol und Ibuprofen sollten Wahl. Diese Wirkstoffgruppe führt deutlich
auch in der zahnärztlichen Praxis die Wahl jedoch bevorzugt werden. Die regelmäßige seltener zu gastrointestinalen Ulzera als kon-
eines geeigneten Analgetikums bei Schwan- Einnahme von ASS in antiphlogistischer ventionelle NSAIDs. Da auch die Cyclooxy-
geren und Stillenden wohl bedacht sein. Dosis ist hingegen nicht akzeptabel. genase in den Plättchen nicht gehemmt
wird, kommt es nicht zur Beeinträchtigung
Paracetamol ist sowohl gut analgetisch als Ibuprofen wirkt analgetisch, antiinflamma- der Thrombozytenaggregation. Dieser Effekt
auch antipyretisch wirksam und hat in the- torisch und thrombozyten-aggregations- wird als potentieller Grund für ein erhöhtes
rapeutischer Dosierung nur geringe Hemm- hemmend. Niedrig dosiert (bis 600 mg/d) kardiovaskuläres Risiko unter der Anwen-
effekte auf die Cyclooxygenase. Zwischen kann es bei strenger Indikationsstellung in dung von selektiven COX-2-Inhibitoren dis-
der Verabreichung von Paracetamol bei der Schwangerschaft während der ersten kutiert. Da in Schwangerschaft und Stillzeit
Schwangeren bis zum vierten Monat und beiden Trimenone appliziert werden. In der keine Erfahrungen vorliegen, sollte diese
kindlichen Fehlbildungen konnte kein Zu- Stillzeit gilt es als Analgetikum der Wahl. Wirkstoffgruppe weder bei Schwangeren
sammenhang festgestellt werden. Paraceta- noch bei Stillenden angewendet werden.
mol ist daher während der Schwangerschaft Diclofenac hemmt reversibel und dosisab-
das Analgetikum und Antipyretikum der hängig die Prostaglandinsynthese und die Metamizol wirkt analgetisch, antipyretisch
Plättchenaggregation. Es ist besonders bei und schwach antiphlogistisch. Eine überle-
Paracetamol gilt auch in der Still- entzündlich bedingten Schmerzen, Schwel- gene Wirksamkeit dieser Substanz bei star-
zeit als Mittel der Wahl. lungen und Fieber wirksam. Auch bei Zahn- ken Schmerzen im Vergleich zu Analgetika
schmerzen ist die Substanz gut wirksam. wie ASS und Paracetamol ist jedoch nicht
Wie andere Prostaglandinsynthese-Hemm- überzeugend belegt. Als potentiell lebens-
Tabelle: Beispiele für Arzneimittel mit nachge- stoffe sollte Diclofenac aber aufgrund der bedrohliche Komplikation wurden unter
wiesener embryo-/fetotoxischer Wirkung oder
durch das Pharmakon induzierten Wehen- Anwendung von Metamizol vereinzelt Agra-
begründeter Vermutung für derartige Effekte
beim Menschen (modifiziert nach Foth/Stahl- hemmung nicht im letzten Schwanger- nulozytosen beschrieben. Die Substanz ist
mann 2007) schaftstrimenon verordnet werden. Im daher in den USA nicht zugelassen. In der
Foto: MEV
Codein wirkt analgetisch und atemdepressiv.
Es wird insbesondere in zahnärztlich häufig
verschriebenen Analgetika-Kombinations-
präparaten verwendet. Es existieren jedoch Verordnung von Kombinationspräparaten bination mit dem Opioidantagonisten Na-
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wissenschaftliche Hinweise für einen Anstieg verzichtet werden, die unter anderem auch loxon verfügbar (als Valoron N ), um eine
von Fehlbildungen wie Lippen-Kiefer-Gau- den Wirkstoff Codein enthalten. missbräuchliche Anwendung zu verhindern.
menspalten nach Einnahme im ersten Trime- Bei oraler Gabe von Naloxon ist der Antago-
non. Neugeborene, deren Mütter längere Tilidin ist zur Behandlung akuter und chroni- nist aufgrund seines stark ausgeprägten
Zeit vor der Entbindung Codein eingenom- scher Schmerzzustände indiziert. Sie Sub- First-Pass-Effekts unwirksam und nur Tilidin
men haben, können Opiat-Entzugssymp- stanz ist ein Prodrug mit nur schwacher und sein analgetisch wirksamer Metabolit
tome zeigen. Weiterhin kann es bei Applika- analgetischer Wirksamkeit. Die eigentliche entfalten ihre pharmakologische Wirkung.
tion von Codein kurz vor der Entbindung Wirksubstanz ist sein Metabolit Nortilidin. Bei missbräuchlicher i.v.-Injektion des Prä-
zum Auftreten eines paralytischen Ileus beim In Deutschland ist die Substanz nur in Kom- parats werden hingegen die Opioidrezepto-
Neugeborenen kommen. Codein geht in die ren durch Naloxon blockiert und eine
Muttermilch über und kann daher auch Wirkung bleibt aus. Tilidin ist plazenta-
beim gestillten Säugling zu Sedierung und gängig. Tierexperimentell zeigten sich
Atemdepression führen. In Einzelfällen ist keine Hinweise auf teratogene Eigen-
über einen verstärkten Metabolismus von schaften. Dennoch sollte die Substanz
Codein zu Morphin berichtet worden, der bei schwangeren Frauen nur bei stren-
durch eine genetisch bedingte erhöhte Akti- ger Indikation eingesetzt werden. Der
vität des Cytochroms 2D6 erklärt werden Übergang der Substanz in die Mutter-
Foto: Fotolia
konnte und zum Tod des gestillten Säuglings milch ist nicht untersucht. Stillenden
geführt hat, nachdem die stillende Mutter Patientinnen sollte bei Anwendung von
Codein genommen hatte. Zahnärztlich soll- Tilidin das Abstillen empfohlen bezie-
te in Schwangerschaft und Stillzeit daher ge- Nebenwirkungen müssen ernst genommen hungsweise es sollte auf die Anwen-
werden.
nerell auf den Einsatz beziehungsweise die dung der Substanz verzichtet werden.