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Präoperative Evaluation Preoperative evaluation in paediatric anaesthesia


in der Kinderanästhesie* M. Laschat1 · J. Kaufmann1 · F. Wappler2

Zusammenfassung ering of anaesthesia relevant risks to


Die präoperative Evaluation dient der prevent perioperative complications.
optimalen Vorbereitung des Kindes vor Preoperative evaluation is an important
einem Eingriff in Anästhesie. Ziel ist die tool for quality and security in anaes­
thesia, including the decision whether BDA- und DGAI-Mitglieder müssen sich mit
Aufdeckung anästhesierelevanter Risi- ihren Zugangsdaten aus dem geschlossenen
ken und die Vermeidung entsprechender the patient can or must be treated as an Bereich der BDA- und DGAI-Webseite unter
perioperativer Komplikationen. Die prä- outpatient or inpatient. Medical history der Domain www.cme-anästhesiologie.de
and physical examination are especially anmelden, um auf das Kursangebot zugreifen
operative Evaluation ist damit ein wichti- zu können.
ger Baustein von Qualität und Sicherheit important, because these simple tools
in der Anästhesie; sie dient auch der Ent- allow the detection of the majority of
scheidung, ob aus anästhesiologischer risk factors. Secondary examinations are 1 Abteilung für Kinderanästhesie
Sicht eine ambulante oder stationäre seldom necessary. Minimizing possible Kinderkrankenhaus Köln
Versorgung möglich oder notwendig risks, i.e. by adapting of medication or (Chefarzt: Prof. Dr. F. Wappler)
postponing of operation until an acute 2 Klinik für Anästhesiologie und
ist. Anamnese und körperliche Untersu- operative Intensivmedizin
chung sind von besonderer Bedeutung, illness is cured, is important to optimize Krankenhaus Köln-Merheim –
da sich mit diesen einfachen Mitteln die the preoperative condition. High-risk Klinikum der Universität Witten/Herdecke
patients or patients whose condition (Chefarzt: Prof. Dr. F. Wappler)
Mehrzahl der relevanten Risikofaktoren
ermitteln lässt. Weiterführende Unter- cannot be improved prior to an urgent
suchungen sind nur selten erforderlich. operation, should be seen by an expe- * Teile des Beitrags hat der korrespondie-
rienced paediatric anaesthesiologist in rende Autor beim Refresher-Course der
Zur Risikominderung trägt vor allem die DAAF beim Deutschen Anästhesiecon-
Optimierung des präoperativen Zustands a specialized center, because the com- gress (DAC) am 8. Mai 2015 in Düssel-
des Kindes, beispielsweise durch Anpas- plication rate decreases with increasing dorf vorgestellt und wie folgt publiziert:
Laschat M, Wappler F: Präoperative Eva-
sung der Medikation oder Verschieben individual and institutional experience.
luation in der Kinderanästhesie. In: Deut-
des Eingriffs bis zur Ausheilung einer sche Akademie für Anästhesiologische
Fortbildung (Hrsg): Refresher-Course
akuten Erkrankung, bei. Risikopatienten Einleitung – Aktuelles Wissen für Anästhesisten.
oder Patienten, bei denen wegen der Nr. 41, Mai 2015, Nürnberg. Ebelsbach:
Dringlichkeit des Eingriffs der Zustand Obwohl die Komplikationsrate in der Aktiv Druck & Verlag 2015;41:1-8
nicht verbessert werden kann, sollen Kinderanästhesie in den letzten Jahr-
von einem erfahrenen Kinderanästhe- zehnten kontinuierlich gesunken ist, ist Schlüsselwörter
sisten an einem spezialisierten Zentrum das Risiko einer schweren anästhesie­ Kinderanästhesie – Präoperative
betreut werden, da die Häufigkeit von bedingten Komplikation bei Kindern Evaluation – Risikofaktoren –
Komplikationen mit zunehmender indi- nach wie vor deutlich höher als bei Perioperative Komplikationen –
vidueller und institutioneller Erfahrung Erwachsenen [1] – dies gilt insbesondere Körperliche Untersuchung
sinkt. für Säuglinge sowie Neu- und Frühge- Keywords
borene. Die Mehrzahl der kritischen Er- Paediatric Anaesthesia – Preopera-­
Summary eignisse sind respiratorischer Art [2]; sie tive Evaluation – Risk Factors –
The preoperative evaluation of a child treten vor allem bei gesunden Kindern Perioperative Complications –
intends the ideal preparation for anaes­- oder Kindern mit leichteren Allgemein­ Physical Examination
thesia. The main purpose is the discov­ erkrankungen auf. Im Gegensatz dazu

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hat die Mehrzahl der perioperativen anderer Fachgebiete – einschließlich Anamnese


anästhesiebedingten Herzstillstände kar­ der Pädiatrie – die speziellen Risiken
diovaskuläre Ursachen, wobei in erster und Komplikationen eines Anästhesie­ Mit der Anamnese sollen der aktu­
Linie Kinder mit schweren Begleiterkran- verfahrens nicht ausreichend kennen elle Gesundheitszustand mit dem
kungen betroffen sind. und damit auch nicht die „Narkosefähig­ Grund des geplanten Eingriffs (jetzi­
Viele wissenschaftliche Untersuchungen keit“ bewerten können. Die Prämedi- ge Anamnese), etwaige Besonder­
der letzten Jahre hatten zum Ziel, Risiko­ kationsvisite gibt dem Anästhesisten heiten in der Vorgeschichte des
faktoren für das Auftreten spezifischer außerdem die einmalige Gelegenheit, Kindes (allgemeine Anamnese) und
perioperativer Komplikationen im Kin- ein Vertrauensverhältnis zu Kind und bestimmte familiäre Erkrankungen
desalter auszumachen. Dabei wurden – Angehörigen aufzubauen, sich einen (Familienanamnese) erfasst werden,
neben Faktoren wie dem Patientenalter, ersten Eindruck über das Eltern-Kind- darüber hinaus erfolgt die Sozialana­
der Art des Eingriffs und der Erfahrung Verhältnis zu verschaffen und zu erken- mnese zur Bewertung des sozialen
des Anästhesisten – Begleiterkrankungen nen, ob die Angehörigen bzw. das Kind Umfelds.
sowie anatomische und physiologische ungewöhnlich ängstlich sind.
Besonderheiten dieser Patientengruppe • Die Angaben erfolgen regelmäßig
Vor jeder geplanten Anästhesie sind
als Risikofaktoren identifiziert. durch die Angehörigen; sind die Kin-
zunächst die in Tabelle 1 aufgeführten
der alt genug, sollen sie auch selbst
grundsätzlichen Fragen zu bedenken.
Die präoperative Evaluation in der kindgerecht befragt werden.
Kinderanästhesie dient dazu, allge­ • Die in den Kinder-Untersuchungs­
meine und spezielle – vor allem im Tabelle 1 heften dokumentierten Befunde sind
Kindesalter auftretende – anästhe­ Grundsätzliche Fragen bei der präoperativen einzusehen.
sierelevante Risikofaktoren zu er­ Evaluation in der Kinderanästhesie. • Bei allen Unklarheiten in der Ana­
kennen. Die sorgfältige präoperative • Wie ist der Allgemeinzustand des Kin- mnese ist der betreuende Kinderarzt
Evaluation ist damit eine der Voraus­ des? Kann er verbessert werden und zu kontaktieren.
setzungen für Sicherheit und Quali­ wenn ja, mit welchen Maßnahmen?
Die in vielen Sprachen in elektronischer
tät in der Kinderanästhesie. • Bestehen aufgrund von Vorerkrankungen
spezielle anästhesiologische Risiken?
oder Papierform erhältlichen Fragebö­
• Sind alle erforderlichen Befunde vor-
gen erleichtern ein strukturiertes und
Auf Basis der präoperativ gewonnenen handen oder müssen weitere Befunde standardisiertes Vorgehen – mit relativ
Informationen kann das individuell (z.B. Laboruntersuchungen, Röntgenauf- geringem Zeitaufwand können so viele
nahmen oder eine Echokardiographie) relevante Informationen gewonnen
geeignete Anästhesieverfahren gewählt angefordert werden?
und so schon im Voraus zur Vermeidung werden.
• Sind Blutprodukte anzufordern?
von spezifischen Komplikationen bei- • Neben der aktuellen Größe und
• Welches Anästhesieverfahren eignet
getragen werden. Dabei sind unnötige sich am besten? dem Gewicht des Kindes werden
Untersuchungen, die Patienten und An- • Ist eine medikamentöse Prämedikation
Reife und Gewicht bei der Geburt,
gehörige belasten sowie finanzielle und erforderlich? Wenn ja, welche? Impfungen, Voroperationen, Auffäl-
personelle Ressourcen beanspruchen, • Sind spezielle Überwachungsverfahren ligkeiten bei Allgemeinanästhesien,
zu vermeiden. Insbesondere sind Labor­ erforderlich (s. Tab. 2 auf Seite 4)? Krankenhausaufenthalte, Allergien,
untersuchungen, Röntgenaufnahmen • Ist postoperativ eine Beatmung oder spe- Infekte der oberen Luftwege, Störun-
zielle Überwachung (Intermediate Care- gen weiterer Organsysteme und die
und andere – in der Vergangenheit oft Station, Intensivstation) nötig?
unreflektiert vor einer Anästhesie gefor- aktuelle Medikation erfasst.
• Welches schmerztherapeutische Verfah-
derte – Untersuchungen bei Kindern nur ren eignet sich am besten? • Idealerweise füllen die Angehörigen
im Ausnahmefall erforderlich [3]. die Bögen vor dem Prämedikations-
gespräch aus. Die Bögen können
jedoch nur als Leitfaden dienen und
Die Prämedikationsvisite ersetzen nicht das persönliche Ge-
Die sorgfältige Anamnese und die
körperliche Untersuchung durch ei­ spräch – darüber hinaus fehlen auf
Grundlagen den Bögen teilweise auch relevante
nen Anästhesisten sind die Kern­
Bei der Prämedikationsvisite sollen Fragen wie die nach obstruktiver
punkte jeder Prämedikationsvisite –
alle Informationen, die für die sichere Schlafapnoe oder zur Familienana-
mit diesen einfachen Maßnahmen
Durchführung einer Anästhesie relevant mnese bezüglich Atopie und Asthma
können meist alle relevanten Infor­
sind, zusammengetragen und bewertet bronchiale.
mationen zur sicheren Durchfüh­
werden. Neben diesen allgemeinen anamnesti-
rung der Anästhesie gewonnen wer­
Die Prämedikationsvisite muss durch den. schen Angaben kann ggf. ein spezieller
einen Anästhesisten erfolgen, da Ärzte Fragebogen zur Gerinnungsanamnese

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ausgefüllt und das individuelle Risiko • Die Bestimmung von Gerinnungs­


Ergeben sich bei der körperlichen
für Erbrechen nach der Narkose mit parametern ist nur indiziert, wenn
Untersuchung ursächlich nicht zu
Hilfe des „Postoperative Vomiting in anamnestische Auffälligkeiten vorlie-
klärende Auffälligkeiten, ist der be­
Children“-Score [4] bestimmt werden. gen oder bei Eingriffen mit erhöhtem
handelnde Kinderarzt zu konsultie­
Blutungsrisiko keine Anamnese erho-
Körperliche Untersuchung ren.
ben werden kann.
• Dann soll neben der Bestimmung des
Die orientierende körperliche Un­ Quick-Werts, der partiellen Throm­-
Laboruntersuchungen
tersuchung inklusive Auskultation boplastinzeit (PTT; Partial Throm-
von Lunge und Herz ist auch bei Grundsatz boplastin Time) und der Thrombo-
scheinbar gesunden Kindern unver­ zytenzahl auch ein von-Willebrand-
Bei Kindern mit unauffälliger Ana­
zichtbar. Syndrom ausgeschlossen werden [12].
mnese und fehlendem pathologi­
schem Untersuchungsbefund kann Weitere Labordiagnostik
Rutherford et al. [5] fanden bei der prä- regelmäßig auf die Bestimmung von Die Notwendigkeit weiterer Labor-
operativen körperlichen Untersuchung Laborwerten verzichtet werden [6]. diagnostik muss individuell beurteilt
bei 10 von 216 anamnestisch unauffälli- werden. Wichtige Aspekte [6,13] sind
gen, scheinbar gesunden Kindern einen Die Blutabnahme ist häufig technisch der Umfang des geplanten Eingriffs, die
in Voruntersuchungen nicht beschriebe- schwierig und belastet das Kind und die potenziellen Komplikationen, die Vorer-
nen pathologischen Befund, meist ein Angehörigen. Weiter werden nur sehr krankungen des Kindes sowie mögliche
auffälliges Herzgeräusch. Bei fünf dieser selten pathologische Werte gefunden – Nebenwirkungen einer vorbestehenden
Kinder wurden in der Folge bis dahin und diese haben fast nie die Änderung Medikation (z.B. Elektrolytverschiebun-
nicht bekannte Diagnosen gestellt, die des geplanten Anästhesieverfahrens zur gen).
eine Änderung des anästhesiologischen Folge [6]. Kinderkardiologisches Konsil – EKG –
Verfahrens erforderten.
Hämoglobin-Konzentration Echokardiographie
• Es ist insbesondere auf Hinweise für
einen schwierigen Atemweg – etwa Bei präoperativen Routinebestimmun-
gen der Hämoglobin (Hb)-Konzentration Ergibt sich aus der Anamnese und
kraniofaziale Fehlbildungen oder
[3,7] fand sich bei 0,5%-12% der Kinder der körperlichen Untersuchung des
eine eingeschränkte Mundöffnung –
mit unauffälliger Anamnese und un- Kindes der Verdacht auf eine bisher
zu achten.
auffälligem körperlichem Befund zwar unbekannte Herzerkrankung, soll
• Die Racheninspektion, der Zahn-
eine milde Anämie (Hb 9-10 g/dl) – die vor elektiven Eingriffen ein kinder­
status, die Beweglichkeit der Hals-
perioperative Komplikationsrate war bei kardiologisches Konsil bzw. eine
wirbelsäule und das Atemgeräusch
Kindern mit einer milden Anämie jedoch Echokardiographie angefordert wer­
können weitere Hinweise auf poten- den – auch wenn es sich bei einem
nicht erhöht [7,8].
zielle Intubationsschwierigkeiten und neu aufgetretenen Herzgeräusch
andere respiratorische Komplikatio- meist um ein funktionell unbedeu­
Die präoperative Hb-Bestimmung ist
nen liefern. tendes, sog. akzidentelles Herzge­
nur bei Kindern mit speziellen Be­
• Bei der Auskultation der Lunge ist räusch handelt.
gleiterkrankungen (z.B. homozygote
vor allem auf Zeichen einer Infektion
Sichelzellanämie oder Thalassämia
(fein- bis mittelblasige Rasselgeräu-
major), bei ehemals Frühgeborenen • Die meisten Kinder mit angeborenem
sche) oder Obstruktion (Giemen und
bis zur 60. postkonzeptionellen Wo­ Herzfehler oder anderen Herzerkran-
Brummen) zu achten.
che und vor Eingriffen mit einem zu kungen werden in Deutschland früh
• Mit der Auskultation des Herzens erwartenden größeren Blutverlust erkannt und befinden sich in kin-
werden Herzgeräusche und Arrhyth- indiziert [9]. derkardiologischer Betreuung. Falls
mien erfasst.
keine aktuellen Befunde vorliegen,
• Vor einer Regionalanästhesie soll die
sollen diese angefordert werden; ggf.
vorgesehene Punktionsstelle inspi- Gerinnungsparameter
müssen die einschlägigen Untersu-
ziert werden. chungen auch wiederholt werden.
In mehreren Studien [10,11] wurde
Entwicklungsstörungen sind für den • Bei Kindern mit neuromuskulären
gezeigt, dass das Blutungsrisiko nach
wenig Geübten oft nur schwer zu Tonsillektomie durch eine sorgfältige Erkrankungen (z.B. progressiver Mus-
erkennen – sie werden in Deutschland Gerinnungsanamnese besser beur­ keldystrophie) sowie bei Kindern, die
jedoch im Rahmen der Früherkennungs- teilt werden kann als durch Routine- aktuell eine Chemotherapie erhalten
untersuchungen durch Kinderärzte meist Laboruntersuchungen. oder in letzter Zeit erhalten haben,
erkannt und dokumentiert. soll zum Ausschluss einer Kardio-

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myopathie ebenfalls eine Echokardio- Residualkapazität in Narkose [18] – bei koniumpropf-Syndrom sowie der Ver-
graphie und ein EKG durchgeführt einer Ventilationsstörung sinkt die arte- schluss eines offenen Ductus arteriosus
werden [13, 14]. rielle Sauerstoffsättigung daher sehr viel Botalli. Viele dieser Kinder sind schon
schneller als beim Erwachsenen. präoperativ beatmet und weisen Beglei-
Bildgebende Diagnostik – Röntgen-
• Typische respiratorische Komplika- terkrankungen wie ein Atemnotsyndrom
unter­suchungen
tionen sind Intubationsschwierigkei- oder eine Sepsis auf.
Kinder sind besonders strahlenemp­ ten, Layngospasmus, Bronchospas-
findlich und haben ein höheres mus und Apnoe mit konsekutiver
Die Versorgung dieser Kinder erfolgt
Strahlenrisiko als Erwachsene – Spät­ Hypoxie.
regelmäßig in spezialisierten Ein­
folgen sind wegen der voraussicht­ • Anamnestische Risikofaktoren sind
richtungen, wobei auch die anästhe­
lich langen Lebenserwartung wahr­ u. a. Infekte der oberen Atemwege,
siologische Versorgung entspre­
scheinlicher [15]. Die Indikation für Passivrauchen, Asthma bronchiale
chend qualifizierten Anästhesisten
eine Röntgendiagnostik ist daher sowie Atopien in der Familie [19].
vorbehalten ist.
besonders streng zu stellen. • Eine intravenöse Anästhesie senkt
im Vergleich zur Einleitung und Un-
terhaltung der Narkose mit volatilen Präoperativ sind hier zusätzlich zur
• Vor elektiven Eingriffen sind Röntgen-
Anästhetika das Risiko respiratori- Routineevaluation (Tab. 1) die in Tab. 2
aufnahmen nur selten erforderlich
scher Komplikationen. aufgeführten zu klären:
[3], etwa bei Thoraxeingriffen sowie
• Gleiches gilt für die Narkoseführung
Auffälligkeiten in der Anamnese (z.B.
durch einen in der Betreuung von
eingeschränkte Leistungsfähigkeit)
Kindern erfahrenen Anästhesisten. Tabelle 2
und körperlichen Untersuchung (z.B.
• Die endotracheale Intubation ist bei Über den Umfang der Tabelle 1 hinaus­
auffälliges Atemgeräusch). gehende grundsätzliche Fragen bei der prä­
Kindern mit den oben genannten
• Bei Kindern mit thorakalen Lympho- operativen Evaluation von kleinen Frühge­­
-
Risikofaktoren – verglichen mit der bo­renen.
men besteht – auch wenn die Kinder
Maskenbeatmung – häufiger mit
ansonsten asymptomatisch sind – die • Hatte das Kind eine Hirnblutung?
respiratorischen Komplikationen as-
Gefahr eines des Mediastinal-Mass- • Bestehen spezielle kardiale Risiken –
soziiert und soll in diesen Fällen nach
Syndroms, bei dem mediastinale z.B. offener Ductus arteriosus Botalli,
Möglichkeit vermieden werden [19].
Tumoren bei Narkoseeinleitung eine pulmonaler Hypertonus?
vollständige Atemwegsobstruktion Frühgeburtlichkeit • Hat das Kind zusätzlichen Sauerstoffbe-
verursachen können [13,16]. Daher darf, z.B. über Sauerstoffbrille? Wenn ja,
Die Fortschritte der Neonatologie er- wie hoch?
soll in diesen speziellen Fällen prä-
möglichen ein Überleben selbst extremer • Ist eine Atemunterstützung erforderlich?
operativ eine Röntgenaufnahme der
Frühgeborener ab der 22. Schwanger- Wenn ja, in welcher Form? Wie ist die
Thoraxorgane, ggf. auch eine Mag- Beatmungseinstellung?
schaftswoche mit einem Gewicht von
net-Resonanz-Tomographie (MRT) • Welcher Tubus liegt? Wurde die Tubus­
wenigen hundert Gramm. Die Anästhe-
oder ein Computer-Tomogramm lage geprüft?
sie bei extrem kleinen Frühgeborenen
(CT), durchgeführt werden [13]. • Ist das Kind kreislaufstabil? Wie viel
mit einem Geburtsgewicht unter 1.000
Volumen wird aktuell gegeben?
Gramm ist auch für erfahrene Kinder-
• Ist das Kind katecholaminpflichtig?
Spezielle Risiken in der anästhesisten eine Herausforderung. Wenn ja, welche und in welcher Dosie-
Kinderanästhesie Neben technischen Schwierigkeiten rung?
bei der Anlage von venösen Zugängen, • Liegen aktuelle Laborwerte vor – z.B.
der Intubation und Beatmung sowie der Hb-Konzentration, Thrombozytenzahl,
Pathophysiologie und allgemeine Plasma-Elektrolyte, Blutzucker, Gerin-
apparativen Überwachung steigt mit sin-
Aspekte nungsparameter, Blutgasanalyse?
kendem Gestationsalter auch das Risiko
• Wie hoch ist aktuell der Glukosebedarf?
für perioperative Komplikationen wie
Einem kritischen Ereignis in der Kin­ • Welche und wie viele Zugänge hat das
Apnoe, Hypoglykämie, Hypothermie Kind? Peripher, zentral, arteriell? Funkti-
deranästhesie liegt meist eine respi­
und neurologische Schäden aufgrund onsfähig?
ratorische Komplikation zugrunde.
von Hypokapnie und Hypotension
erheblich an [20]. Bei sehr kleinen Früh-
Neugeborene und Säuglinge haben eine geborenen werden operative Eingriffe
deutlich geringere Apnoetoleranz als Er- daher regelmäßig nur aus einer dring-
wachsene [17]. Ursachen sind vor allem lichen oder Notfallindikation durch- Auch bei ehemals Frühgeborenen
der im Vergleich zum Erwachsenen er- geführt. Typische Beispiele sind unter sind besondere perioperative Risiken
heblich höhere Sauerstoffverbrauch und anderem die nekrotisierende Entero- zu beachten.
die stärkere Abnahme der funktionellen kolitis, eine Darmperforation, ein Me-

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Bei Frühgeborenen ist die Inzidenz Atemwegsinfekte schen 1% und 30%, in Deutschland bei
einer Apnoe mit Bradykardie nach einer 17% [30,31]. Kennzeichnend sind eine
Allgemeinanästhesie bis zur 60. post- Bei Kindern mit akutem Atem­ reversible – durch physikalische und
konzeptionellen Woche deutlich erhöht wegsinfekt ist das Risiko für periope­ chemische Reize, Infekte, Anstrengung
[21]. Das Risiko wird durch eine Anämie rative respiratorische Komplikatio­ und andere Ursachen ausgelöste – Bron-
oder Apnoe in der Vorgeschichte weiter nen – wie Bronchospasmus und chialobstruktion sowie ein hyperreagi­
verstärkt [22]. Laryngospasmus – mit Hypoxie er­ bles Bronchialsystem.
Die Dringlichkeit der Operation muss höht.
daher immer sorgfältig abgewogen Auch wenn das Kind nach einem aku­
werden. Gleiches gilt für das Anästhe- ten Asthmaanfall symptomfrei ist,
Möglicherweise reagiert bei diesen
sieverfahren – hier kann eine alleinige persistiert die bronchiale Hyperreagi­
Kindern das Bronchialsystem infolge
Regionalanästhesie ohne Sedierung eine bilität noch über einige Wochen [32].
der Entzündung ähnlich überschießend
Alternative zur Allgemeinanästhesie
wie bei Kindern mit Asthma bronchiale.
sein [21]. Darüber hinaus kann durch
Ist das Kind zwei Wochen symptomfrei, Diese dürfte eine der Hauptursachen
orale Gabe des Analeptikums Coffein-
entspricht das Risiko wieder dem vor für das erhöhte Risiko perioperativer
citrat (10 mg/kg Körpergewicht) vor der
dem Infekt [19]. Im Vorschulalter gelten respiratorischer Komplikationen bei
Anästhesie die Apnoehäufigkeit gesenkt
bis zu 12 Atemwegsinfekte pro Jahr als Kindern mit Asthma bronchiale sein.
werden [23].
normal [27]. Damit kann es in den Win- Durch mechanische Stimuli wie La-
termonaten vor allem bei Kindern, bei ryngoskopie, Intubation und Absaugen
Bei Frühgeborenen und ehemals denen ein Hals-Nasen-Ohren (HNO)- während zu flacher Anästhesie kann ein
Frühgeborenen bis zur 60. postkon­ Eingriff erfolgen soll – und die schon bedrohlicher Bronchospasmus ausgelöst
zeptionellen Woche sind die Herz- aufgrund des Eingriffs ein erhöhtes werden. Das Risiko ist bei Kindern mit
und Atemfrequenz sowie die puls­ Risiko für perioperative respiratorische progredienter Symptomatik, aktuell
oxymetrisch bestimmte arterielle Komplikationen haben – schwierig erhöhter Medikation oder kürzlicher
Sauerstoffsättigung (psaO2) postope­ bis unmöglich sein, ein Zeitfenster zu stationärer Behandlung wegen ihres
rativ über 24 Stunden zu überwa­ finden, in dem das Kind infektfrei ist Asthmas nochmals erhöht [25].
chen. Die Überwachung ist ggf. so­ oder sich nicht gerade von einem Infekt Im Rahmen der präoperativen Evaluation
lange fortzusetzen, bis über einen erholt. Die Stornierung eines geplanten soll die aktuelle Erkrankungsschwere
Zeitraum von 12 Stunden keine elektiven Eingriffs ist für Angehörige und erfasst und die Therapie ggf. optimiert
Apnoe aufgetreten ist [1]. Kinder jedoch psychisch und ggf. auch werden.
ökonomisch belastend, und auch für die • Anamnestisch müssen die Anfalls-
Ein weiterer Risikofaktor ist die broncho­ Klinik bedeutet es einen erheblichen häufigkeit und -schwere, der Zeit-
pulmonale Dyplasie (BPD). Diese chro- organisatorischen und finanziellen Auf- punkt des letzten Anfalls, mögliche
nische Lungenerkrankung tritt vor allem wand. Daher stellt sich immer wieder die Trigger, körperliche Belastbarkeit
bei ehemals extrem frühgeborenen Kin- Frage, unter welchen Voraussetzungen und die aktuelle Medikation sowie
dern auf, die über längere Zeit beatmet Kinder mit Infekten der oberen Luftwege – falls bekannt – der exspiratorische
werden mussten [24]. Kennzeichnend anästhesiert werden können. Spitzenfluss (Peak Flow) im Verlauf
für die BPD sind ein hyperreagibles erfragt werden.
Bronchialsystem und die Neigung zu In der Literatur besteht weitgehend • Besonders wichtig ist bei der körper-
pulmonalen Infekten; in schweren Fällen Übereinstimmung [28,29], dass eine lichen Untersuchung die Auskulta-
liegt auch eine Rechtsherzbelastung vor. kompetent durchgeführte Anästhe­ tion der Lunge – z.B. weisen einseitig
Die Kinder stehen häufig unter einer sie bei Kindern mit banalem Infekt abgeschwächtes Atemgeräusch, Gie-
Medikation mit Diuretika, Steroiden der oberen Luftwege auch bei einem men und Brummen auf eine akute
und Bronchodilatatoren. Das Risiko für elektiven Eingriff vertretbar ist, so­ Problematik hin.
perioperative respiratorische Komplika- fern die Kinder kein Fieber > 38,5 °C • Bei schwerem und instabilem
tionen ist ähnlich wie bei Kindern mit haben, die Lunge auskultatorisch Asthma soll präoperativ eine BGA
Asthma bronchiale vor allem während unauffällig und das Allgemeinbefin­ und ggf. eine Lungenfunktionsprü-
des ersten Lebensjahres deutlich erhöht den nicht beeinträchtigt ist. fung erfolgen.
[25]. Präoperativ sollen eine aktuelle • Bei Kindern mit gut kontrolliertem
Röntgenaufnahme der Thoraxorgane, Asthma bronchiale soll die aktuelle
ein EKG und eine Echokardiographie, Asthma bronchiale Medikation bis unmittelbar vor der
ein kleines Blutbild, eine Blutgasanalyse Das Asthma bronchiale ist die häufigste Anästhesie fortgeführt werden.
(BGA) und die Konzentrationen der chronische Erkrankung im Kindesalter. • Bei Zweifeln an der optimalen Einstel-
Plasma-Elektrolyte vorliegen [26]. Die Prävalenz liegt international zwi- lung ist ein Pädiater zu konsultieren.

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338  Übersichten Fortbildung

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Der schwierige Atemweg Abbildung 1

Ein schwieriger Atemweg ist nach


Definition der American Society of
Anesthesiologists (ASA) „eine Situa­
tion im klinischen Alltag, in der ein
durchschnittlich trainierter Anästhe­
sist Schwierigkeiten hat, einen Pati­
enten mit der Maske zu beatmen
oder dessen Trachea zu intubieren
bzw. weder eine suffiziente Masken­
beatmung noch eine Intubation ohne
Schwierigkeiten möglich ist“ [33].

Anamnestische Indikatoren für einen


schwierigen Atemweg sind:
• Atemwegsprobleme bei Vornarkosen;
• Symptome einer Obstruktion der
oberen Atemwege, z.B. rezidivie­
render Stridor bei Infekten oder An-
strengung, Schnarchen und obstruk-
tive Schlafapnoe bzw. obstruktives
Schlafapnoe-Syndrom;
Patient mit okulo-aurikulo-vertebraler Dysplasie (Goldenhar-Syndrom) – mit freundlicher Genehmi-
• Erkrankungen, die mit einer bron- gung der Eltern.
chialen Hyperreagibilität einherge-
hen, wie Asthma bronchiale und
Atemwegsinfekte;
• Syndrome mit Fehlbildungen der Stridor nipulationen im Bereich der Atem-
Atemwege, z.B. kraniofaziale Fehl- wege eine Zunahme der Obstruktion
bildungen [34]. Bei der präoperativen Evaluation bis zum kompletten Verschluss des
Bei der körperlichen Untersuchung [35] weist ein Stridor stets auf eine Ob­ Atemwegs bewirken können.
ist besonders auf folgende Befunde zu struktion im Bereich der Atemwege • Postoperativ muss immer mit einer
achten (Abb. 1): hin. Die Atemwegssicherung kann Zunahme der Symptomatik ge-
• kraniofaziale Dysmorphien (z.B. Re­- bei diesen Kindern problematisch rechnet werden; daher muss eine
trognathie); sein. intensivmedizinische Überwachung
• Ohrfehlbildungen, besonders beid­ - gewährleistet sein.
seits; • Anamnestisch sind das Alter bei
• auffällige Atemgeräusche wie in- und Erstmanifestation, Zeichen, Intensi- Ein inspiratorischer Stridor ist meist
exspiratorischer Stridor, Heiserkeit; tät, Dauer und Verlauf der Atemnot Zeichen einer Obstruktion der ex­
• eingeschränkte Mundöffnung; sowie Intubationen und Beatmungen trathorakalen Atemwege.
• eingeschränkte Beweglichkeit der zu erfragen.
Halswirbelsäule; • Vor elektiven Eingriffen soll ein pädi­ • Bei Neugeborenen liegt oft eine
• Adipositas. atrisch versierter HNO-Kollege oder meist harmlose Laryngomalazie vor.
ein Kinderpneumologe zugezogen • Bei Säuglingen und Kleinkindern ist
Die anästhesiologische Versorgung und die weitere Diagnostik abge- differenzialdiagnostisch an larynge-
von Kindern mit schwierigem Atem­ sprochen werden. ale Hämangiome und Zysten, Papil-
weg ist – unabhängig vom geplanten lome, Lymphangiome sowie ange-
• Eine präoperative BGA und die Be-
Eingriff – personalintensiv und erfor­ borene und erworbene subglottische
stimmung der psaO2 sind obligat.
dert ein hohes Maß an Expertise so­
• Ist eine weiterführende Diagnostik Stenosen nach Intubationstrauma zu
wie eine spezielle kindgerechte Aus­
vor der Narkose wegen der Dring- denken.
rüstung. Sind die entsprechenden
lichkeit des Eingriffs nicht möglich, • Nur mit Hilfe der Anamnese und
Ressourcen in einer Klinik nicht vor­
soll eine Intubation nach Möglichkeit körperlichen Untersuchung lässt
handen, ist die Verlegung in ein spe­
vermieden werden bzw. nur unter sich eine weiche Stenose (Laryngo­
zialisiertes Zentrum zu empfehlen.
größter Vorsicht erfolgen, da alle Ma- malazie) nicht sicher von einer viel

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Fortbildung Übersichten339

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gefährlicheren fixierten Stenose Tabelle 3


Mit dem Schweregrad der OSA steigt
(Narbe, Knorpel) unterscheiden. Begleitsymptome und klinische Zeichen der
das Risiko für postoperative respira­
In einer britischen Studie zur Inzi­ obstruktiven Schlafapnoe (OSA) bzw. des
obstruktiven Schlafapnoe-Syndroms (OSAS) – torische Komplikationen deutlich an
denz schwerer Komplikationen bei
nach [38]. [39].
der Atemwegssicherung [36] war
in zwei von acht Fällen in der Kin- Anamnestische Hinweise
deranästhesie eine präoperativ nicht • Häufiges nächtliches Schnarchen In einer Untersuchung zu perioperativen
(≥3 Nächte pro Woche) Komplikationen nach Tonsillektomie
erkannte subglottische Stenose die
• Erschwerte Atmung im Schlaf [40] wiesen 57% der Kinder, die peri-
Ursache.
• Apnoephasen im Schlaf operativ verstarben oder einen schweren
• Zyanoseanfälle im Schlaf
neurologischen Schaden erlitten, in der
Ein exspiratorischer Stridor deutet • Enuresis (vor allem sekundäre Enuresis)
Post-hoc-Analyse präoperativ Symptome
auf eine Obstruktion im Bereich der • Schlaf in sitzender Position bzw. in
einer OSA auf. Die Autoren vermuten,
intrathorakalen Atemwege – z.B. überstreckter Kopfhaltung
• Exzessive Tagesschläfrigkeit dass ein Teil dieser schwersten Zwi-
durch eine Tracheomalazie – hin.
• Konzentrationsschwäche / Hyperaktivi- schenfälle bei adäquater postoperativer
tät / ADHS-ähnliche Symptome Überwachung vermieden worden wäre.
• Fixierte Trachealstenosen (z.B. auf- • Lernstörungen Es muss daher Ziel der präoperativen
grund von knorpeligen Trachealrin- Evaluation sein, eine OSA zu erkennen
gen oder Narben) sind selten. Auffälligkeiten bei der körperlichen
Untersuchung und deren Schweregrad zu bestimmen.
• Gedeihstörung oder Adipositas • Mit der Frage nach einem der Leit-
Obstruktive Schlafapnoe und • Tonsillenhyperplasie symptome – dem Schnarchen im
obstruktives Schlafapnoe-Syndrom • Adenoide Facies Schlaf – ist ein einfaches und sensi-
In der Erwachsenenmedizin ist die ob­- • Mikro- oder Retrognathie tives OSA-Screening möglich. Leider
struktive Schlafapnoe (OSA) als schlaf- • Hoher Gaumenbogen ist dieses Vorgehen wenig spezifisch,
bezogenes, phasenweises Sistieren des • Arterieller Hochdruck da zwar 5-27% aller Kinder schnar-
Atemluftstroms bei fortbestehender ADHS = Aufmerksamkeits-Defizit-Hyper­aktivitäts-Syndrom. chen, aber nur bei 1-3% eine OSA
muskulärer Atemanstrengung definiert, vorliegt [39]. Schnarcht das Kind
deren Dauer mindestens 10 Sekunden nur gelegentlich im Rahmen von
beträgt und einen Abfall der psaO2 von Im Kindesalter wird eine OSA meist
Infekten, ist keine weitere Abklärung
durch vergrößerte Adenoide oder Ton­
mindestens 4% bedingt. Ein obstruktives notwendig. Schnarcht das Kind an
sillen verursacht, die den Epi- und Meso­
Schlafapnoe-Syndrom (OSAS) liegt vor, mindestens drei Nächten pro Woche,
pharynx einengen. Therapie der Wahl
wenn kardiozirkulatorische oder zentral- werden Atempausen oder Zyanose
ist die Adenotomie oder Tonsillektomie
nervöse Folgeerscheinungen hinzutreten beobachtet oder liegen andere der
bzw. Tonsillotomie – was wiederum
[37]. in Tabelle 3 aufgeführten Symptome
heißt, dass bei Kindern mit diesem
Eingriff die Wahrscheinlichkeit einer und Zeichen vor, wird eine weiter-
In der pädiatrischen Literatur wer­ OSA hoch ist. Auch morbid adipöse führende Diagnostik empfohlen [38].
den die Begriffe OSA und OSAS Kinder sowie Kinder mit kraniofazialen • Die Polysomnographie stellt den dia-
meist synonym gebraucht. Sie wer­ Fehlbildungen und neuromuskulären gnostischen Goldstandard dar. Leider
den definiert als eine Form der Erkrankungen sind häufiger betroffen ist dieses Verfahren sehr aufwändig
schlafbezogenen Atemstörungen, [38,39]. und nur eingeschränkt verfügbar.
deren Kennzeichen partielle und/
oder intermittierend komplette Ob­
struktionen der oberen Atemwege Tabelle 4
sind, welche die Ventilation während STBUR (Snoring, Trouble Breathing, Un-Refreshed)-Fragebogen zur Erfassung der obstruktiven
Schlafapnoe – nach [41]. Bei drei Symptomen ist das Risiko für perioperative respiratorische Kompli-
des Schlafes sowie den normalen kationen 3-fach und bei fünf Symptomen 10-fach erhöht.
Schlaf beeinträchtigen und mit einer
Reihe möglicher Symptome oder kli­ Während des Schlafs...
nischer Auffälligkeiten einhergehen schnarcht mein Kind mehr als die Hälfte der Zeit ja/nein
können [38]. schnarcht mein Kind laut ja/nein
ist die Atmung meines Kindes erschwert ja/nein

Begleitsymptome und klinische Zeichen hat mein Kind Atempausen ja/nein


der OSA bzw. des OSAS sind in Tabelle ist mein Kind morgens häufig noch müde und nicht erfrischt ja/nein
3 dargestellt.

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340  Übersichten Fortbildung

Review Articles Medical Education

• Eine praktikable Alternative ist der Kardiovaskuläre Vorerkrankungen dabei ist vor allem zu klären, ob der
STBUR-Fragebogen (Tab. 4) – STBUR aktuelle Zustand des Kindes verbessert
Der medizinische Fortschritt ermöglicht
= Snoring, Trouble Breathing, Un- werden kann.
das Überleben von immer mehr Kindern
Refreshed [41]. Es werden fünf Symp-
mit komplexen kongenitalen Herz­
tome abgefragt; bei drei Symptomen Bronchopulmonale Aspiration
fehlern, z.B. einem hypoplastischen
ist das Risiko für perioperative re­ und präoperative Nüchternheit
Linksherz-Syndrom. Daher werden auch
spiratorische Komplikationen 3-fach Die Inzidenz der perioperativen pulmo-
und bei fünf Symptomen 10-fach immer häufiger Kinder mit teilkorrigier-
ten oder korrigierten Vitien für nicht- nalen Aspiration in der Kinderanästhesie
erhöht. ist in den letzten Jahren stetig gesunken
• Eine weitere Alternative ist die nächt­ kardiochirurgische Eingriffe vorgestellt.
Diese Kinder erfordern besondere [46]. In einer prospektiven Multicen-
liche Oxymetrie, bei der anhand von terstudie [47] aus Großbritannien war
Anzahl und Tiefe der psaO2-Abfälle Aufmerksamkeit, da sie das höchste pe-
sie mit 2,0/10.000 bei elektiven und
im Nachtschlaf der Grad der OSA rioperative Mortalitätsrisiko haben [45].
2,2/10.000 Fällen bei nicht-elektiven
bestimmt wird [42]. • Anamnestisch können eingeschränkte
Eingriffen niedrig, und kein Kind verstarb
• Vor elektiven Eingriffen bei Kindern Belastbarkeit und Gedeih­störung auf
infolge einer Aspiration. Ein erhöhtes
mit höhergradiger OSA, die nicht für eine beginnende Herzinsuffizienz
Aspirationsrisiko haben Kinder mit
eine Adenotomie oder Tonsillekto- hindeuten.
vollem Magen, obstruierenden Darm­
mie bzw. Tonsillotomie vorgesehen • Aktuelle Befunde wie Echokardio-
erkrankungen, erhöhtem intraabdomi­ -
sind, kann ein HNO-Konsil sinnvoll graphie, EKG, präoperative psaO2
nellem Druck und verzögerter Magen­-
sein, um die Indikation für eine Ade- und Laborparameter (Hämoglobin,
notomie oder Tonsillektomie bzw. entleerung nach Trauma – aber auch
Elektrolyte, BGA) müssen vorliegen.
Tonsillotomie zu bewerten [25]. überängstliche Kinder [46,47]. Die
• Falls Gerinnungshemmer gegeben
• Eine lang bestehende unbehandelte präoperative Nüchternheit senkt das
werden, muss geklärt werden, ob
OSA kann einen pulmonalen Hy- perioperative Aspirationsrisiko deutlich –
und wie lange diese abgesetzt wer-
pertonus und ein Cor pulmonale lange Nüchternzeiten sollen jedoch
den können und ob der Wechsel auf
verursachen. In diesen Fällen sollen vermieden werden, da sie Säuglinge
gut steuerbare, kurz wirkende Sub­
eine BGA, ein EKG und eine Echo- und Kleinkinder unverhältnismäßig be-
stanzen (z.B. Heparin) indiziert ist.
kardiographie angefordert werden. lasten und schnell ein Volumenmangel
• Die Indikation zur Endokarditispro-
Perioperativ besteht die Gefahr des entsteht.
phylaxe wird seit dem Jahr 2007
Rechtsherzversagens.
deutlich enger gestellt als zuvor – die
• Kinder mit höhergradiger OSA Kinder sollen bis zwei Stunden vor
entsprechende Leitlinie der Deut-
reagieren sehr sensibel auf Se- einer Narkose klare Flüssigkeit trin­
schen Gesellschaft für Pädiatrische
dativa und Opioide [42]. Ist eine ken und dürfen bis zu sechs Stunden
Kardiologie zur Endokarditispro-
medikamentöse Prämedikation mit vor der Narkose feste Nahrung zu
phylaxe im Kindes- und Jugendalter
Sedativa unverzichtbar, soll sie nur sich nehmen. Kinder unter einem
wurde im April 2014 aktualisiert
in reduzierter Dosierung erfolgen. Jahr dürfen zusätzlich bis vier Stun­
a2-Adrenorezeptoragonisten sind (http://www.awmf.org /leitlinien /
den vor der Narkose Muttermilch
möglicherweise besser geeignet detail/ll/023-024.html).
oder Milchnahrung zu sich nehmen
als Benzodiazepine, es gibt jedoch [6].
nur wenige gesicherte Daten. Nach Es ist unverzichtbar, sich vor der An­
Gabe von Sedativa und Opioiden ist ästhesie detailliert über die Blut­
die pulsoxymetrische Überwachung flussverhältnisse, Drücke in Kam­
obligat [43]. mern und Vorhöfen, Shunts, Effekte Kann die Nüchternheit gemäß Tabel­
• Nach Möglichkeit sollen regionale von Vor- und Nachlasterhöhung im le 5 nicht abgewartet werden, soll
Anästhesieverfahren eingesetzt wer­- kleinen und großen Kreislauf sowie eine modifizierte Rapid-Sequence-
den. Effekte einer Beatmung mit positiven Induction (RSI; Blitzeinleitung) er­
• Da bis zu 27% der Patienten mit Drücken zu informieren. folgen [48]. Bei allen Kindern mit
höhergradiger OSA perioperativ obstruierenden Darmerkrankungen
res­piratorische Komplikationen [44] und erhöhtem intraabdominellem
entwickeln, ist eine stationäre Über­- So wird bei einer Fontan-Zirkulation die Druck empfiehlt sich eine nasogas­
wachung mit kontinuierlicher Puls­ Lunge komplett passiv durchströmt – trale Sonde zum Ableiten von Ma­
oxymetrie geboten. Im Einzelfall Hypovolämie und hohe Beatmungsdrü- geninhalt, die idealerweise schon
– etwa bei lang bestehender und cke können fatale Folgen bis zum Kreis- auf Station gelegt und meist unmit­
unbe­ handelter OSA – kann eine laufversagen haben. Regelmäßig ist die telbar vor der Einleitung wieder ent­
intensivmedizinische Überwachung enge interdisziplinäre Zusammenarbeit fernt wird.
erforderlich sein. mit den Kinderkardiologen erforderlich;

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Tabelle 5 Differenzialdiagnostisch kann bei
Präoperative Nüchternheit bei elektiven Eingriffen – nach [6]. Kindern mit einer Muskelschwäche
unbekannter Genese jedoch auch
Alter Feste Nahrung Muttermilch, Milchnahrung Klare Flüssigkeit eine Mitochondropathie – eine sehr
<1 Jahr 6 Stunden 4 Stunden 2 Stunden heterogene Gruppe von Erkrankungen
>1 Jahr 6 Stunden 6 Stunden 2 Stunden mit Fehlfunktion oder Schädigung der
Mitochondrien – vorliegen. Diese Kinder
haben vermutlich ein erhöhtes Risiko
für das Propofol-Infusions-Syndrom
Impfungen Muskelerkrankungen haben zahlrei­ (PRIS) mit Rhabdomyolyse, Azidose,
che anästhesierelevante Risikofakto­ Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffi­-
Die Deutsche Gesellschaft für Anäs­ ren. zienz und Nierenversagen [49], so dass
thesiologie und Intensivmedizin hier auf Propofol verzichtet werden
(DGAI) empfiehlt nach Impfungen Erwähnenswert sind die erhöhte Gefahr soll. Dieses Dilemma hat Brandom
mit Lebendvakzinen einen Abstand einer perioperativen respiratorischen in einem im Jahr 2013 erschienenen
von 14 Tagen und nach Impfungen Insuffizienz und kardiale Begleiterkran- Editorial [50] als „the floppy infant
mit Totimpfstoffen einen Abstand kungen. challenge“ bezeichnet und empfiehlt bei
von 3 Tagen zu einem elektiven Ein­ • Bei der präoperativen Evaluation muskelhypotonen Neugeborenen oder
griff in Allgemeinanästhesie [6]. muss immer nach Muskelerkrankun- Kleinkindern ohne eindeutige Diagnose
gen beim Kind oder bei Verwandten folgendes Procedere:
Mit dieser kaum näher zu begründen­ gefragt werden. • Anforderung eines neuropädiatri-
den Empfehlung soll hauptsächlich das • Präoperativ sollen immer eine BGA, schen Konsils mit der Frage nach der
Risiko einer Fehlinterpretation von Impf­ eine Echokardiographie und ein neu- wahrscheinlichsten Diagnose.
reaktionen – z.B. Fieber als postoperative ropädiatrisches Konsil durchgeführt • Bestimmung von Kreatinkinase und
Komplikation – vermieden werden [6]. sowie Kreatinkinase und Myoglobin Laktat.
Für eine theoretisch mögliche Abschwä- bestimmt werden [26]. • Ist die Kreatinkinase erhöht, ist eine
chung des Impferfolgs wegen eines nach Einige Muskelerkrankungen sind mit Muskelerkrankung wahrscheinlicher
operativen Eingriffen in Allgemeinanäs- einer Disposition zur Malignen Hyper­ und die Narkose soll triggerfrei
thesie auftretenden milden transienten thermie (MH) assoziiert. Die MH und die (regelmäßig mit Propofol und einem
immunsuppressiven Effekts gibt es keine im Verlauf sehr ähnliche anästhesieindu- Opioid) durchgeführt werden.
Evidenz. zierte Rhabdomyolyse sind potenziell • Ist das Laktat erhöht, ist eine Mito-
lebensbedrohliche Reaktionen, die unter chondropathie wahrscheinlicher und
Die meisten der von der Ständigen
anderem durch diverse Anästhetika Propofol soll vermieden werden [50].
Impfkommission (STIKO) im Kindesalter
getriggert werden, deren Einsatz bei Als Alternative ist eine Anästhesie mit
empfohlenen Impfungen erfolgen mit
einer bekannten Disposition für diese Esketamin und einem Benzodiazepin
Totimpfstoffen; die wichtigsten Lebend­
Reaktionen daher kontraindiziert ist. zu erwägen.
impfstoffe sind die gegen Masern,
Mumps und Röteln. Seltene Erkrankungen
Bei Kindern mit Muskelerkrankun­
Muskuläre Hypotonie gen ist regelmäßig eine intravenöse
und Syndrome
Anästhesie mit Propofol und Opio­ Nach der Definition des Bundesminis-
Die Muskelschwäche ist neben myo­ iden indiziert, da diese Substanzen teriums für Gesundheit gilt eine Erkran-
tonen Reaktionen Leitsymptom vie­ keine MH-Trigger sind. kung als selten, wenn nicht mehr als 5
ler Muskelerkrankungen. Kinder mit von 10.000 Menschen davon betroffen

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342  Übersichten Fortbildung

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sind – damit werden derzeit ca. 8.000 Tabelle 6


Erkrankungen als selten eingestuft. Oft POVOC-Score nach Eberhardt [55].
handelt es sich um ein nach dem Erst-
beschreiber benanntes Syndrom (einen Risikofaktor Punktwert
Komplex von bestimmten Symptomen). Alter > 3 Jahre 1
Die Patienten weisen häufig anästhe- Operationsdauer > 30 Minuten 1
sierelevante Risikofaktoren auf, so dass
PONV oder Reisekrankheit in der Anamnese des Kindes oder von Verwandten 1. Grades 1
vor der Anästhesie stets die aktuellen
Informationen einzuholen sind – wozu Strabismus-Operation, Adenotomie, Tonsillektomie 1
Internetportale mit Daten zu seltenen POVOC = „Postoperative Vomiting in Children“-Score.
Erkrankungen und damit assoziierten
Anästhesierisiken verfügbar sind (Or-
phanet; OrphanAnesthesia der DGAI –
www.orphananesthesia.eu). Wegen der Propofol (unter Verzicht auf N2O), die nem erhöhten postoperativen An­
Seltenheit dieser Erkrankungen liegen Vermeidung bzw. Reduzierung von algetikabedarf nachweislich ein er­
oft nur unzureichende Erfahrungen mit emetogenen Substanzen sowie die Gabe höhtes Risiko für das Auftreten eines
Anästhesien vor; evidenzbasierte Emp- von Dexamethason und Setronen in Aufwachdelirs und postoperativer
fehlungen sind kaum vorhanden. Frage. maladaptiver Verhaltensänderungen
[58].
Postoperatives Erbrechen Aufwachdelir und postoperative
Postoperatives Erbrechen (POV; postope- maladaptive Verhaltensände­
rative vomiting) ist die häufigste Neben- Eine Verminderung der präoperativen
rungen
wirkung nach Operationen im Kindes­ Angst hat daher einen hohen Stellenwert.
alter. Die Inzidenz ist altersabhängig mit Zur Quantifizierung von präoperativer
Das Aufwachdelir ist durch Unruhe
einem Gipfel zwischen dem 6. und 10. Angst bei Kindern und Angehörigen
und Erregungszustände beim Aufwa­
Lebensjahr. Kinder unter 3 Jahren sind sind verlässliche und valide Instrumente
chen aus einer Narkose gekenn­
nur selten betroffen. Mit Erreichen der verfügbar – die Messung ist allerdings
zeichnet. Es kommt bei Kindern ca.
Pubertät sinkt die Häufigkeit wieder ab zeitaufwändig und in der täglichen
10-mal häufiger vor als bei Erwach­
und nähert sich der von Erwachsenen Routine kaum durchführbar [59]. Ein er-
senen [56]. Betroffen sind vor allem
[51]. Neben der psychischen Belastung fahrener Untersucher kann während der
Kinder im Vorschulalter.
kann POV Elektrolytentgleisungen, Hy­- Prämedikationsvisite das Angstniveau
po­volämie und Nachblutungen auslö- von Kindern und Angehörigen jedoch
sen. POV ist die häufigste Ursache für • Das Aufwachdelir stellt für die be- regelmäßig ausreichend gut einschätzen
ungeplante stationäre Aufnahmen nach troffenen Kinder, die Angehörigen und ggf. geeignete Maßnahmen treffen.
ambulanten Operationen im Kindesalter und das medizinische Personal eine • Eine Prämedikation mit Midazolam,
[52]; die Prophylaxe hat daher einen erhebliche Belastung dar. Es tritt Clonidin oder Dexmedetomidin
hohen Stellenwert. typischerweise in der ersten halben kann die Angst reduzieren.
Stunde nach einer Narkose auf, • Multimodale Vorbereitungspro­
dauert meist 5-15 Minuten und ist oft gramme für Angehörige und Kinder
Für Erwachsene entwickelte POV-
selbstlimitierend; selten kann es auch sind effektiv, aber sehr aufwändig,
Risiko-Scores sind für Kinder unge­
über Stunden und Tage persistieren teuer und wenig praktikabel [60].
eignet. Dagegen erlaubt der auf
[57]. • Interessante Ansätze sind Programme
kinderspezifischen Risikofaktoren
• Postoperative maladaptive Verhal­ für das medizinische Personal, in
basierende „Postoperative Vomiting
tensänderungen – wie ausgeprägte denen Verhaltensweisen vermittelt
in Children“ (POVOC)-Score eine
Trennungsangst, Schlafprobleme mit und trainiert werden, die bei Kin-
relativ einfache Einschätzung des
nächtlichem Weinen, unvermittelte dern und Angehörigen nachweislich
POV-Risikos von Kindern [4,53].
Wutanfälle, Ess-Störungen und neu angstreduzierend wirken [61]; dar-
aufgetretenes Einnässen – werden über hinaus gibt es individualisierte
Der POVOC-Score (Tab. 6) erfasst vier am 1. postoperativen Tag bei bis zu internetbasierte Vorbereitungspro-
Risikofaktoren auf, für die jeweils ein 67% der Kinder beobachtet; ein Jahr gramme, mit denen Angehörige und
Punkt vergeben wird. Ab einem Punkt- später sind immer noch 7,3% der Kinder unter anderem Techniken zur
wert von 2 wird eine PONV-Prophylaxe Kinder auffällig [50]. Angstreduktion und -bewältigung
empfohlen [54]. erlernen können [62].
Als Prophylaxe kommen insbesondere Präoperativ überdurchschnittlich • Die Anwesenheit von Eltern wäh-
eine totale intravenöse Anästhesie mit ängst­
liche Kinder haben neben ei­ rend der Narkoseeinleitung wird

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Fortbildung Übersichten343

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von diesen vielfach eingefordert, of postoperative vomiting in pediatric pa- desa­turation in apnoeic children.
reduziert aber die kindliche Angst tients. Anesth Analg 2004;99:1630-1637 Can J Anaesth 1994;41:771-774
regelmäßig nicht signifikant [63]. 5. Rutherford J, Stevenson R: Careful 18. Motoyama EK, Davis P: Smith's anesthe-
Kain et al. [64] konnten aber zeigen, physical examination is essential in the sia for infants and children. 7th edition.
dass bei sehr ängstlichen Kindern das preoperative assessment of children Philadelphia, Pa: Mosby 2005
for dental extractions under general 19. von Ungern-Sternberg BS, Boda K,
Angstniveau durch die Anwesenheit
anesthesia. Pediatr Anesth 2004;14: Chambers NA, Rebmann C, Johnson C,
der Eltern sinkt, sofern diese selbst 920-923 Sly PD et al: Risk assessment for
wenig ängstlich sind. Im Gegensatz
6. Becke K GJ, Strauß J: Handlungsempfeh­ respira­tory complications in paediatric
dazu kann die Anwesenheit sehr lungen zur präoperativen Diagnostik, anaesthesia: A prospective cohort study.
ängstlicher Eltern bei wenig ängst- Impfabstand und Nüchternheit im Lancet 2010;376:773-783
lichen Kindern angstverstärkend Kindesalter.
20. Thomas J: Reducing the risk in neonatal
wirken. Anästh Intensivmed 2007; 48:62-66
anesthesia. Pediatr Anesth 2014;24:
7. Meneghini L, Zadra N, Zanette G, 106-113
Baiocchi M, Giusti F: The usefulness
Die Entscheidung, ob Kinder von der 21. Williams RK, Adams DC, Aladjem EV,
of routine preoperative laboratory tests
Anwesenheit der Eltern bei der Ein­ Kreutz JM, Sartorelli KH, Vane DW, et al:
for one-day surgery in healthy children.
leitung profitieren, soll immer indi­ The safety and efficacy of spinal anes­
Pediatr Anesth 1998; 8: 11-15
viduell getroffen werden. thesia for surgery in infants: The Vermont
8. Steward DJ: Screening tests before surgery Infant Spinal Registry. Anesth Analg
in children. Can J Anaesth 1991;38: 2006;102:67-71
693-695
22. Cote CJ, Zaslavsky A, Downes JJ, Kurth
Ausblick 9. Cote CJ, Lerman J, Todres ID: A practice CD, Welborn LG, Warner LO, et al:
of anesthesia for infants and children. Postoperative apnea in former preterm
Vorrangiges Ziel der präoperativen 4th edition. Philadelphia, PA: Saunders/ infants after inguinal herniorrhaphy.
Evaluation in der Kinderanästhesie ist Elsevier 2009 A combined analysis. Anesthesiology
es, individuelle anästhesierelavante Ri­ 10. Eberl W, Wendt I, Schroeder HG: 1995;82:809-822
sikofaktoren aufzudecken und damit Prä­opera­tives Screening auf Gerinnungs­
23. Welborn LG, Hannallah RS, Fink R,
störungen vor Adenotomie und Tonsill­
einhergehende perioperative Komplika­ Ruttimann UE, Hicks JM: High-dose
ektomie. Klin Padiatr 2005;217:20-24
tionen zu vermeiden. Die präoperative caffeine suppresses postoperative apnea
11. Zwack GC, Derkay CS: The utility of in former preterm infants. Anesthesiology
Evaluation ist somit eine der Voraus­ preoperative hemostatic assessment 1989;71:347-349
setzungen für Sicherheit und Qualität in adenotonsillectomy. Int J Pediatr
24. Strueby L, Thebaud B: Advances in
in der Anästhesie. Dazu ist die Kennt­ Otorhinolaryngol 1997;39:67-76
bronchopulmonary dysplasia. Expert Rev
nis der speziellen Risikofaktoren und 12. Strauß J BK, Schmidt: Blutgerinnung Respir Med 2014;8:327-338
der damit assoziierten Komplikationen vor Adenotomie und Tonsillektomie im
25. von Ungern-Sternberg BS, Habre W:
unabdingbar. Die Aufdeckung dieser Kindesalter – wozu? Anästh Intensivmed
Pediatric anesthesia – potential risks and
Risikofaktoren hat in der anästhesiolo­ 2006;47:561-562
their assessment: Part I. Pediatr Anesth
gischen Forschung daher einen hohen 13. von Ungern-Sternberg BS, Habre W: 2007;17:206-215
Stellenwert. Aktuell werden die Ergeb­ Pediatric anesthesia – potential risks and
26. Kretz J: Anästhesie und Intensivmedizin
their assessment: Part II. Pediatr Anesth
nisse einer großen europäischen Studie bei Kindern, 2. Aufl. Stuttgart: Thieme
2007;17:311-320
hierzu ausgewertet. 2007
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and treatment of the common cold.
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Pediatr Anesth 2013;23:770-776
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children: Recent advances and challen- pediatricians should know about 28. Becke K: Anesthesia in children with a
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a risk score to predict the probability McGill WA: Age and the onset of Are asthma and allergies in children and

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344  Übersichten Fortbildung

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