Sie sind auf Seite 1von 10

Medizinische Klinik

Intensivmedizin und Notfallmedizin

Leitthema

Med Klin Intensivmed Notfmed 2021 · 116: M. Michael1 · B. Kumle2 · M. Pin3 · P. Kümpers4 · I. Gröning5 · M. Bernhard1
405–414 1
Zentrale Notaufnahme, Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf,
https://doi.org/10.1007/s00063-021-00789-1 Deutschland
Eingegangen: 17. Januar 2021 2
Klinik für Akut- und Notfallmedizin, Schwarzwald-Baar-Klinikum, Villingen-Schwenningen, Deutschland
Angenommen: 17. Januar 2021
3
Online publiziert: 18. Februar 2021 Zentrale Notaufnahme, Florence-Nightingale-Krankenhaus, Düsseldorf, Deutschland
4
© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Medizinische Klinik D (Allg. Innere Medizin und Notaufnahme sowie Nieren- und Hochdruckkrankheiten
Springer Nature 2021 und Rheumatologie), Universitätsklinikum Münster, Münster, Deutschland
5
Klinik für Akut- und Notfallmedizin, Krankenhaus Maria Hilf, Krefeld, Deutschland
Redaktion
G. Michels, Eschweiler

Nichttraumatologisches
Schockraummanagement

Viele Patienten sind bei Ankunft für ist es essenziell, dass bereits vorab Qualitätsprogrammen (TraumaRegister
in der Notaufnahme in einem kriti- definiert ist, wo welcher kritisch kranke der DGU, [29]) wird die Versorgung von
schen Zustand und benötigen eine Patient im Krankenhaus zur Aufnahme Traumapatienten gezielt erfasst und seit
intensivierte notfall- und intensiv- kommt, welches Team hier zur Versor- vielen Jahren zudem die Ergebnisqualität
medizinische Versorgung. Während gung zur Verfügung steht und welche evaluiert.
die Epidemiologie und die zu er- innerklinischen Versorgungspfade nach Für nichttraumatologisch kritisch
wartenden Verletzungsmuster von Identifikation der zugrunde liegenden kranke Patienten bestehen solche struk-
Traumapatienten in Deutschland Ursache der Vitalgefährdung greifen. turellen, organisatorischen und perso-
bekannt sind und erfolgreiche Ver- nellen Vorgaben bisher nicht in ver-
sorgungskonzepte zum Einsatz
kommen, liegen für nichttraumato- »Ressource
Die knappe und hochwertige
Intensivbett kann
gleichbarer Weise [4, 5, 17]. Seit dem
Jahr 2014 haben sich erste Publikationen
logisch kritisch kranke Patienten im diesem Thema genähert. Dabei wurde
Schockraum weder klare Daten zur effizienter genutzt werden die Schockraumversorgung nichttrau-
Epidemiologie vor, noch bestehen matologisch kritisch kranker Patienten
Vorgaben zur Struktur, Organisati- Für Schwerverletzte aller Altersstufen (Synonym: konservatives Schockraum-
on und Versorgung. Das vorliegende ist seit vielen Jahren zweifelsfrei und management) mit der von Traumapati-
Leitthema fasst daher die bisheri- einvernehmlich geklärt, dass diese Pati- enten verglichen und ein hoher Grad an
gen Erkenntnisse zu der speziellen enten definitiv und regelhaft im Schock- Übereinstimmung identifiziert [4, 5]. Es
Entität nichttraumatologisch kri- raum einer Notaufnahme zur Aufnahme ist derzeit jedoch nicht selbstverständ-
tisch kranker Schockraumpatienten kommen [28]. Für die entsprechen- lich, dass nichttraumatologisch kritisch
zusammen. de Schockraumversorgung liegen dabei kranke Patienten regelhaft im Schock-
klare Strukturen und interdisziplinär ver- raum einer Notaufnahme aufgenommen
Zielsetzung der Schockraum- einbarte Vorgaben über das Weißbuch und primärversorgt werden. Neben den
versorgung [11] und die S3-Leitlinie Polytrauma/ nachvollziehbaren Konzepten, in de-
Schwerverletztenbehandlung [27] unter nen Patienten aus dem Rettungs- und
An der Nahtstelle zwischen prähospita- Federführung der Deutschen Gesell- Notarztdienst nach Identifikation eines
ler Versorgung durch den Rettungs- und schaft für Unfallchirurgie (DGU) vor. ST-Hebungs-Infarkts in einem Bypass-
Notarztdienst und der frühen innerklini- Hierin sind, neben Kommunikations- verfahren an der Notaufnahme direkt
schen Versorgung im Schockraum einer pfaden und Aufnahmekriterien für den vorbei auf einen Katheterplatz aufzuneh-
Notaufnahme besteht die Notwendigkeit Schockraum, auch die räumlichen Vor- men sind [18], besteht mancherorts das
der optimalen Organisation der Überga- gaben inklusive Ausstattungsinhalte und alternative Konzept, andere nichttrau-
be und Weiterversorgung [4, 5, 17]. Der die interdisziplinäre und interprofessio- matologisch kritisch kranke Patienten
Schockraumpatient ist in der Regel durch nelle Teamzusammensetzung geregelt. direkt auf einen Intensivbettplatz auf-
ein schweres Trauma oder ein (oft noch Für den schwerverletzten Patienten ist zunehmen [21]. Auch liegen Daten vor,
unklares) akutes Ereignis vital bedroht daher in Deutschland von einer flä- die zeigen, dass bei fast 50 % der kri-
und bedarf der akuten, strukturierten chendeckend annähernd vergleichbaren, tisch kranken Patienten die Ursache
Versorgung durch ein interdisziplinäres qualitativ hochwertigen Versorgung aus- der Vitalbedrohung zum Beginn der
und interprofessionelles Team [8]. Hier- zugehen. Im Rahmen von verbindlichen innerklinischen Behandlung zunächst

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021 405


Leitthema

unklar ist [15]. Auch vor diesem Hin- 4:1 aus [23]. Dies verdeutlicht auch unter Nur für einige wenige Ausstattungs-
tergrund hat die initiale Versorgung den Aspekten der Vorgaben des Gemein- merkmale scheint in Abhängigkeit von
kritisch kranker Patienten durch ein samen Bundesausschusses (GBA) für ein der Versorgungsstufe noch ein Anschaf-
notfallmedizinisches Team im Schock- gestuftes System von Notfallstrukturen fungsbedarf zu bestehen. In einem sehr
raum sowohl aus diagnostischer und in Krankenhäusern [24], dass in Not- hohen Prozentsatz werden in den befrag-
therapeutischer Sicht als auch ressour- aufnahmen eine Schockraumversorgung ten Notaufnahmen alle relevanten Not-
cenplanerisch Vorteile. Die knappe und nichttraumatologisch kritisch kranker fallprozeduren (z. B. Atemwegsicherung
hochwertige Ressource Intensivbett kann Patienten vorzuhalten ist. Diese Zahlen inklusive alternatives Atemwegsmanage-
hierdurch effizienter genutzt werden [2]. zeigen eindrücklich, dass dringend klare ment, Beatmung, Bronchoskopie, Kreis-
Nachfolgend wird daher auf das Versor- Vorgaben zur Organisation, Struktur und laufstabilisierung, Punktionsverfahren
gungskonzept nichttraumatologischer Ausstattung der Versorgung dieser Pa- des Abdomens und des Thorax, In-
kritisch kranker Patienten eingegangen. tienten zu formulieren und umzusetzen strumentierung zentraler Venen und
sind. arterieller Zugänge) und Schrittmacher-
Bedarfsanalyse anlagen durchgeführt [21].
Aktueller Stand
Die Anzahl an Traumapatienten ist
durch die Analysen der DGU bestens In einer Onlineumfrage wurde unlängst »Notaufnahmen
Die meisten befragten
führen alle
bekannt und wird jährlich mit bis zu durch die Arbeitsgruppe „Schockraum“
20.000 schwerverletzten Patienten in der Deutschen Gesellschaft Interdiszipli- relevanten Notfallprozeduren
Deutschland beziffert. Derzeit wird von näre Notfall- und Akutmedizin (DGINA) durch
einer Übertriagierung zugunsten einer eine Ist-Analyse zur Situation des nicht-
Schockraumversorgung von rund 70 % traumatologischen Schockraummanage-
ausgegangen, um wirklich schwerver- ments unter Berücksichtigung der vor- Diese Umfrage zeigte jedoch auch, dass
letzte Patienten nicht zu übersehen [27]. läufigen Einstufung der Krankenhäuser für die Vorhaltung fach- bzw. oberärztli-
Somit werden jährlich in deutschen gemäß des GBA-Beschlusses in Basis-, cher Präsenz auch im Spät- und Nacht-
Notaufnahmen rund 40.000 Schock- erweitere und umfassende Notfallver- dienst noch erheblicher Erweiterungsbe-
raumaktivierungen für Traumapatien- sorger durchgeführt [21]. Dabei weisen darf besteht. Zudem ist die Zusatzweiter-
ten vorgenommen. Abhängig von dem Notaufnahmen aller 3 Versorgungsstu- bildung „Klinische Akut- und Notfall-
Versorgungslevel der Traumaversor- fen die wesentlichen und relevanten medizin“ unabhängig von der zugrunde
gung, unterteilt in lokales, regionales Kernelemente hinsichtlich struktureller, liegenden Facharztanerkennung als Qua-
und überregionales Traumazentrum, ist organisatorischer und ausstattungstech- lifikationskriterium für das Kernteam zu
von durchschnittlich 4 ± 4, 25 ± 25 und nischer Vorhaltungen für eine qualitativ fordern [21].
85 ± 43 wirklich schwerverletzten Pa- hochwertige Versorgung nichttrauma- In Analogie zur Schwerverletzten-
tienten pro Jahr (Injury Severity Score tologisch kritisch kranker Patienten auf versorgung (Advanced Trauma Life
≥ 16 Punkten) auszugehen [10]. Dabei ist [21]. Abgefragt wurden in dieser Um- ® ®
Support , ETC ) besteht auch für nicht-
es durchaus akzeptiert, dass die tatsäch- frage die Vorhaltung eines Equipments traumatologisch kritisch kranke Schock-
lich vorliegende Verletzungsschwere erst für raumpatienten aus Sicht der Befragten
nach der Schockraumversorgung fest- 4 Atemwegsmanagement und Be- dieser Umfrage die Notwendigkeit zur
gestellt und benannt werden kann. Der atmung (z. B. konventionelle La- Entwicklung eines geeigneten Ausbil-
Schockraumdiagnostik kommt damit ryngoskopie, Videolaryngoskopie, dungskonzepts, das auf die Besonder-
ein besonders hoher Stellenwert zu. Kapnographie, Bronchoskopie, Be- heiten und den Bedarf im Rahmen der
atmungsgerät für nichtinvasive und nichttraumatologischen Schockraum-

»nichttraumatologisch
Eine Schockraumversorgung
kritisch
invasive Beatmung),
4 Kreislauftherapie (z. B. Katechol-
versorgung eingeht und vom Spektrum
her weit über die bisherigen Kurskon-
amine, Spritzenpumpen, intraos- zepte (Advanced Cardiac Life Support,
Kranker ist vorzuhalten säre Punktionssysteme, temporäre ®
ACLS , Advanced Medical Life Support,
Schrittmacher), ®
AMLS ) hinausgeht [21].
Erste Daten aus Untersuchungen zur En- 4 Primärdiagnostik (z. B. Sonogra-
tität des nichttraumatologischen Schock- phiegeräte, Blutgasanalysegeräte, 12- Studienlage
raummanagements gehen von rund Kanal-Elektrokardiogramm),
1,5–2,0 % kritisch kranken Patienten 4 erweiterte Diagnostik (z. B. Röntgen- Bisher liegen noch wenige Daten zur
bezogen auf alle Patientenkontakte in diagnostik, Computertomographie) Versorgung nichttraumatologisch kri-
der zentralen Notaufnahme pro Jahr aus und tisch kranker Patienten vor. Die erste
[7]. Andere Untersuchungen gehen von 4 Spezialtherapie (z. B. Antidote). Untersuchung in Deutschland zu die-
einem Verhältnis von Nichttrauma- zu sem Thema war die OBSERvE-Studie
Traumaschockraumpatienten von bis zu („observation of critically ill patients in

406 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021


Hier steht eine Anzeige.

K
Zusammenfassung · Abstract

the resuscitation room of the emergency Med Klin Intensivmed Notfmed 2021 · 116:405–414 https://doi.org/10.1007/s00063-021-00789-1
department“), die über einen 1-Jahres- © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
Zeitraum die Schockraumversorgung
von 532 nichttraumatologisch kritisch M. Michael · B. Kumle · M. Pin · P. Kümpers · I. Gröning · M. Bernhard
kranker Patienten in einer universitä- Nichttraumatologisches Schockraummanagement
ren Notaufnahme untersuchte [7]. Von
den rund 34.300 Patientenkontakten Zusammenfassung
wurde in 1,55 % eine nichttraumatolo- Kritisch kranke Patienten werden regelmäßig Schockraumversorgung“ entwickelt.
in der prähospitalen Notfallmedizin Mittlerweile liegen erste monozentrische
gische Schockraumversorgung notwen-
versorgt. Gerade an der Nahtstelle zwischen Daten vor und es wird kontinuierlich an der
dig. Die Patienten (männlich: 58 %) der prähospitaler und innerklinischer Versorgung Entwicklung eines nichttraumatologischen
OBSERvE-Studie waren 67 ± 17 Jahre alt besteht eine große Herausforderung darin, Schockraummanagements zur optimalen
und wiesen eine Krankenhausletalität die Patientenbehandlung ohne Zeitverlust Versorgung von kritisch kranken Patienten
von 34 % auf. Das zur Schockraumauf- und auf hohem Niveau fortzuführen. in der zentralen Notaufnahme gearbeitet.
Hierzu gehören die Stabilisierung der Der vorliegende Beitrag beschreibt auf
nahme führende Problem gemäß des
Vitalfunktionen (inkl. Atemwegsicherung, der Basis von ersten Studien, Erfahrungen
etablierten „ABCDE“-Schemas waren nichtinvasive/invasive Beatmung, Kreis- und Expertenmeinungen eine strukturierte
4 in 4 % Atemwegsnotfälle („A“, Atem- laufstabilisierung) und Umsetzung einer Vorgehensweise im nichttraumatologischen
weg), geeigneten Diagnostik- und Therapie- Schockraummanagement.
4 in 27 % respiratorische Probleme strategie (inkl. Laboruntersuchungen,
Sonographie, radiologischer Bildgebung). Schlüsselwörter
(„B“, Be-/Atmung),
In den letzten Jahren hat sich daher ein Kritische Erkrankung · Notfallmedizin · Notauf-
4 in 35 % „C-Probleme“ („circulation“, nahme · Patientenversorgungsmanagement ·
Interessens- und Forschungsschwerpunkt
Kreislauf), zum Thema „nichttraumatologische Rettungs- und Notarztdienst
4 in 33 % „D-Probleme“ („disabilities“,
Vigilanzstörungen/Neurologie) und
4 in 1 % „E-Probleme“ („environe- Nontraumatic resuscitation room management of critically ill
ment“, z. B. Hypo-/Hyperthermie). patients

Das Spektrum der zugrunde liegenden Abstract


Critically ill patients are often initially treated room care”. The first monocentric data recently
Erkrankungen wies eine erstaunlich hohe became available and work is ongoing to
by out-of-hospital emergency medicine
Spannbreite auf (. Abb. 1). services. A major challenge—especially at develop nontraumatic resuscitation room
the interface between out-of-hospital and management for optimal care of critically ill

»tenkapazität
Eine fehlende Intensivbet-
ging mit einem
in-hospital care—is to continue patient care
without wasting time, while maintaining
a high level. These include the stabilization
patients in the emergency department. Based
on initial studies, experiences and expert
opinions, this paper describes a structured
of vital functions (e.g., airway management, approach to nontraumatic resuscitation room
verlängerten Schockraumaufent- noninvasive/invasive ventilation, circulatory management.
halt einher stabilization) and implementation of
a suitable diagnostic and therapeutic strategy Keywords
(e.g., laboratory examinations, sonography, Critical illness · Emergency medicine ·
radiological imaging). In recent years, Emergency department · Patient care
Von diesen Patienten mussten 18 % management · Emergency medical services
therefore, interest and research has focused
prähospital und 12 % im Schockraum on the topic of “nontraumatic resuscitation
kardiopulmonal reanimiert werden. Die
Überlebensrate der reanimierten Patien-
ten war mit 27 % höher im Vergleich zu
anderen europäischen Studien (EuReCa druck, Herzfrequenz, pulsoxymetrische Verlegung auf eine Intensivstation von
ONE: 10 % [13], EuReCa TWO: 8 % Sauerstoffsättigung nach, dass in einem im Mittel 56 ± 50 min einherging.
[14]). Die mittlere Versorgungsdauer hochsignifikanten Anteil der Patienten Eine weitere Untersuchung, die
im Schockraum bis zur Primärstabilisa- eine Stabilisierung der Vitalfunktionen 2514 Patienten (Alter: 57 ± 22 Jahre,
tion betrug 34 ± 24 min. Am Ende der erreicht werden konnte [7]. In rund 20 % männlich: 59 %) mit einem Anteil nicht-
Schockraumversorgung wurde bei einem der Fälle kam es in der OBSERvE-Studie traumatologischer Ursachen von 77 %
Anteil von 73 % der nichttraumatolo- nach Abschluss der Schockraumversor- einschloss, stammt aus Belgien [23].
gisch kritisch kranken Patienten eine gung zu Verzögerungen aufgrund von Die . Tab. 1 zeigt dabei die Verteilung
invasive bzw. nichtinvasive Beatmung fehlenden innerklinischen Ressourcen. des Patientenspektrums im Vergleich
und bei 25 % eine Katecholaminthera- Führend war bei diesen Verzögerungen zur OBSERvE-Studie sortiert nach den
pie durchgeführt. Die OBSERvE-Studie eine fehlende Intensivbettenkapazität in häufigsten verursachenden Erkrankun-
wies auch erstmals für das nichttrau- 70 % der Fälle, die mit einem verlän- gen, die zu einer Schockraumversorgung
matologische Schockraummanagement gerten Schockraumaufenthalt bis zur führen.
anhand der Surrogatparameter Blut-

408 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021


Abb. 1 9 Verteilung des
Erkrankungsspektrums der
532 in der OBSERvE-Studie
(„observation of critically ill
patients inthe resuscitation
room of the emergency de-
partment“) eingeschlosse-
nen nichttraumatologisch
kritisch kranken Schock-
raumpatienten. COPD chro-
nisch-obstruktive Lungen-
erkrankung. (Modifiziert
nach [7])

Darüber hinaus bestehen noch 2 Sub- enten zukünftig auch einer noch zu eta- hensweisen, es gibt aber keine Empfeh-
gruppenanalysen zu dem Patienten- blierenden, aber nachvollziehbaren Eva- lungen für das generelle Vorgehen beim
spektrum der nichttraumatologischen luation der Ergebnisqualität unterziehen, kritisch kranken Patienten im Schock-
kritisch kranken Patienten: In der sog. um ebenso wie die Traumaversorgung ei- raum, oder wie diese zeitlichen Vorga-
OcEAN-Studie wurde das prähospi- ne flächendeckende, qualitativ hochwer- ben am Übergang von prähospitaler zu
tal und innerklinisch im Schockraum tige Notfallversorgung zu erreichen [4, 5]. klinischer Versorgung erreicht werden
durchgeführte Atemwegsmanagement Die ersten Schritte diesbezüglich wurden sollen [12]. Nicht unberücksichtigt blei-
anhand der Daten der OBSERvE-Daten- bereits unternommen, eine umfassende ben sollte, dass die Schockraumversor-
bank analysiert [3]. Die spezielle Entität Umsetzung ist aber noch Gegenstand ak- gung nichttraumatologisch kritisch kran-
des „Komas unklarer Ursache“ greift eine tueller Bemühungen. ker Patienten teilweise wesentlich kom-
Studie der Charité in Berlin auf [9]. Hier plexer ist als diejenige von Traumapati-
wurden 325 Patienten (Alter: 66 Jahre, Versorgungskonzepte enten [17]. Beim Trauma liegt eine häufig
männlich: 56 %) in einem interdiszi- anamnestisch nachvollziehbare oder aber
plinären „Komateam“ im Schockraum Die dargestellte Studienlage zeigt, dass klinischeindrucksvolle sichtbare Gewalt-
versorgt. Von diesen Patienten wurden nichttraumatologisch kritisch kranke Pa- einwirkung auf den Körper vor oder kann
85 % auf einer Intensivstation aufgenom- tienten eine hohe Krankenhausletalität anhand des Unfallmechanismus antizi-
men und die Patientenkohorte wies eine aufweisen und im Rahmen der Schock- piert werden. Beim kritisch kranken Pa-
Krankenhausletalität von 23 % auf. raumversorgung eine hohe notfallmedi- tienten hingegen sind die Symptome viel-
zinische Qualität und eine Vielzahl an in- fältig und häufig nicht unmittelbar ein-

»des Dienichttraumatologischen
Ergebnisqualität vasiven Notfallprozeduren benötigen [7,
9, 23]. Für die Versorgung nichttrauma-
deutig einer spezifischen Erkrankung zu-
zuordnen, sodass hier reflektierte Überle-
tologisch kritisch kranker Patienten wird gungen und zahlreiche differenzierte di-
Schockraummanagements ist zu daher im Schockraum ein standardisier- agnostische Schritte nötig sind, um eine
evaluieren tes Vorgehen analog zum traumatolo- fundierte Diagnose zu stellen [15].
gischen Schockraumpatienten gefordert Die Ergebnisse der OBSERvE-Stu-
[1, 2, 4, 5, 8]. Bei spezifischen Erkran- die [7] belegen auch die Relevanz und
Analog zum Traumamanagement muss kungen (z. B. Herzinfarkt, Schlaganfall, Notwendigkeit einer im Schockraum
sich das nichttraumatologische Schock- Sepsis [25]) gibt es zwar zeitliche Vorga- durchgeführten intermittierenden not-
raummanagement kritisch kranker Pati- ben und teilweise standardisierte Vorge- fallmedizinischen Therapie auf intensiv-

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021 409


Leitthema

Tab. 1 Verteilung der Ursachen der Schockraumversorgungen die intensivmedizinische Kompetenz in


Ursache/Problem OBSERvE-Studie [7] Piagnerelli et al. [23] Notaufnahmen wird diese Forderung
n = 532 n = 2514 sicherlich ergänzt und eingehalten wer-
Kardiovaskulär (%) 32 33 den können. Zusammenfassend wird
Neurologisch (%) 31 21 deutlich, dass es auch im Bereich der
Pulmonal (%) 18 13 Versorgung kritisch kranker nichttrau-
Traumatologisch (%) 0 9 matologischer Patienten sinnvoll ist, ein
Septisch (%) 10 7 strukturiertes Vorgehen zentral an ei-
Gastrointestinal (%) 4 9 nem Ort im Schockraum der zentralen
Sonstige (%) 5 8 Notaufnahme mit Beteiligung aller not-
OBSERvE-Studie („observation of critically ill patients in the resuscitation room of the emergency de-
wendigen Fachexperten zu etablieren [4,
partment“) 5, 17]. Dabei darf es nicht darum ge-
hen, bisher gut etablierte und bewährte
Strukturen der fachspezifischen Not-
medizinischem Niveau („bridging“) bis gen, um kritisch kranke Patienten auf in- fallversorgung abzulösen, sondern diese
zur Schaffung eines freien Intensivbetts. tensivmedizinischem Niveau zumindest bestmöglich in ein erweitertes Konzept
Verlegungen in andere Krankenhäu- zeitweilig versorgen zu können und ggf. zu integrieren.
ser infolge eines Intensivbettenmangels Versorgungsengpässe innerhalb der Kli-
konnten in der OBSERvE-Studie durch
die fortgesetzte Betreuung der Patienten
nik zu überbrücken.
»strukturiertes
Im Schockraum ist ein
Vorgehen zu
in der Notaufnahme auf ein absolu-
tes Minimum reduziert werden [7]. So »überNotaufnahmen müssen
eine ausreichende
etablieren
konnten auch die bekannten Kompli-
kationen und Kosten eines sekundären intensivmedizinische Kompetenz Vor diesem Hintergrund erfolgte die
bzw. postprimären Interhospitaltransfers verfügen strukturierte Entwicklung eines geeig-
umgangen werden. Diese Erkenntnisse neten Versorgungskonzepts. Die struk-
sind insbesondere vor dem Hintergrund turellen und baulichen Anforderungen
der Verknappung von Intensivkapazi- In einer Untersuchung von Behringer an die Schockraumversorgung sind in
täten zu Lasten der Notfallversorgung et al. [2] waren Patienten, die durch . Tab. 2 zusammengefasst.
besonders bedeutsam, wobei gleichzeitig den Notarzt als Intensivstationspflichtig Mögliche Indikationen für eine nicht-
Kapazitäten für (elektive) operative oder eingeschätzt wurden, nach der Versor- traumatologische Schockraumversor-
interventionelle Eingriffe oftmals wei- gung in der Notaufnahme nur noch gung wurden bereits publiziert [4, 5, 17,
terhin frei gehalten werden [16]. Große mit 30 % tatsächlich intensivpflichtig. 22] und in der OBSERvE-Studie [7] an-
operative Eingriffe oder komplexe Inter- In einer anderen Untersuchung konnte gewendet (. Tab. 3). Für die Anwendung
ventionen benötigen Intensivressourcen, auch gezeigt werden, dass die Fehlein- der Schockraumaufnahmeindikatoren
die in direkter Konkurrenz zum Bedarf schätzung durch Notärzte hinsichtlich in der OBSERvE-Studie wurde gezeigt,
an Intensivbetten für die Notfallversor- der bestehenden Intensivpflicht eines dass nur 0,07 % aller Patienten, die nicht
gung stehen [26]. Ab einer Auslastung Patienten bei der Direktaufnahme auf durch die festgelegten Schockraumkri-
der Intensivstation von 80–85 % ist die eine Intensivstation dazu führen würde, terien erkannt wurden, nachträglich den
Wahrscheinlichkeit einer zeitnahen In- dass 50 % dieser Patienten unnötigerwei- Weg in den Schockraum fanden [7].
tensivstationsaufnahme eines Patienten se einen Intensivbettplatz belegen [6]. Die personelle Besetzung des Schock-
aus der Notaufnahme erheblich reduziert Nicht nur zu Zeiten der Pandemie durch raumbasisteams im nichttraumatologi-
[19, 20]. das Severe Acute Respiratory Syndrome schen Schockraummanagement umfasst
Coronavirus 2 (SARS-CoV-2) spielt die- primär immer einen Notfallmediziner

»Patienten
Beim kritisch kranken
sind die Symptome
ser Umstand eine wesentliche Rolle in
der Alltagsroutine vieler Notaufnahmen.
als Fach- bzw. Oberarzt des Kernteams
der Notaufnahme [17]. Bei der Akut-
Im GBA-Beschluss zur Neustruktu- versorgung ist zu Beginn der Schock-
vielfältig und nicht unmittelbar rierung der stationären Notfallversor- raumphase ein 2. Arzt erforderlich. Dies
zuordenbar gung wird daher neben dem Anspruch, kann, in Anlehnung an die Vorgaben
dass möglichst alle Notfälle über eine des Weißbuchs „Schwerverletztenversor-
zentrale Notaufnahme aufgenommen gung“, auch ein Arzt in der Weiterbildung
Vor diesem Hintergrund und den vorge- werden, auch die Verfügbarkeit von sein. Das Team der Pflegekräfte sollte
stellten Studienergebnissen müssen Not- Intensivbetten und die Belegung bin- am Anfang aus mindestens 2 Mitarbei-
aufnahmen sowohl in der Ausstattung nen 1 h aus der zentralen Notaufnahme tern bestehen, die zukünftig auch über
als auch personell über eine ausreichende für Krankenhäuser ab der erweiterten die Ausbildung zur Notfallpflege verfü-
intensivmedizinische Kompetenz verfü- Notfallversorgung gefordert [24]. Durch gen sollten [17]. Je nach Bedarf treten die

410 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021


Hier steht eine Anzeige.

K
Leitthema

Tab. 2 Ausstattungsmerkmale für den Akutversorgungsbereich kritisch kranker Patienten in Tab. 3


zentralen Notaufnahmen. (Modifiziert nach [4, 5, 17]) Schockraumaufnahmeindikationena. (Mo-
Räumliche Voraussetzungen difiziert nach [4, 5, 17])
Anzahl der Behandlungsplätze im Schockraum/Schockräumen in Abhängigkeit vom Versorgungs- Probleme mit den Atemwegen und der
typ (Umfassende Notfallversorgung, parallele Versorgung von 2 Patienten, Regelversorgung ein Atmung („airway“ und „breathing“)
Patient) Obstruktion der Atemwege (z. B. Zungen-
Größe des Schockraums mindestens 25 m2, bei 2 Behandlungsplätzen 50 m2 schwellung)
Möglichst Lokalisation des Schockraums in räumlicher Nähe zur Krankenhausanfahrt, zum Hub- Respiratorische Insuffizienz mit hoher Atem-
schrauberlandeplatz, zur radiologischen Abteilung und Operations-/Interventionsabteilung frequenz (bei Atemschwäche) oder niedriger
Sauerstoffsättigung
Bei Neuplanungen: Etablierung des Schockraums in unmittelbarer Nähe zum Computertomogra-
phen (CT, ggf. im Schockraum) und zum Herzkatheterlabor Notwendigkeit eines invasiven Atemwegsma-
nagements
Ausstattungsmerkmalea
Invasive und nichtinvasive mechanische
Überwachungsmonitore (einschließlich nichtinvasiver und invasiver Blutdruckmessung, 3-Kanal-, Beatmung
12-Kanal-Elektrokardiogramm, Kapnographie, Temperaturkontrolle)
Kreislaufprobleme („circulation“)
Ausstattung zur Behandlung akuter respiratorischer Störungen (Atemwegsmanagement, ein-
schließlich invasiver und nichtinvasiver Beatmungsverfahren/Beatmungsgerät) Herz-Kreislauf-Insuffizienz (z. B. Hypotonie,
Schock jeglicher Ursache)
Ausstattung zur differenzierten Kreislauftherapie (z. B. Spritzenpumpen) und zur Behandlung
schwerer Störungen der Zirkulation (z. B. Hypotension, Hämorrhagie, Reanimation, Schnellinfusi- Zustand nach oder unter kardiopulmonaler
onssystem) und des Herzrhythmus (z. B. Defibrillator/Schrittmacher) Wiederbelebung
Ausstattung zur Behandlung schwerer Störungen der Neurologie (z. B. Intoxikationen, intrazere- Herzrhythmusstörungen
brale Blutungen, Schlaganfall) Blutung
Ausstattung zur Behandlung von Störungen der Wärmekontrolle (z. B. 29 °C-Raumtemperatur, Bewusstlosigkeit oder neurologisches Defizit
externe Wärmetherapie) („disability“)
Blutgasanalysegerät Anhaltende Bewusstlosigkeit jeglicher Ursa-
Notfallmedikamente (inklusive Katecholamine, Antidote, Notfallnarkose) che
Ultraschallgerät mit diversen Schallköpfen Kritischer körperlicher Zustand („environe-
ment“)
Mobile Röntgenlafette (für Röntgenuntersuchung des Thorax)
Intoxikation mit einem ABCDE-Problem
Diverse Punktionssets
Rhabdomyolyse/Liegetrauma
Ggf. zusätzlich Materialien zur Etablierung einer extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation
(eCPR)/ extrakorporalen Membranoxygenierung (ECMO) Unterkühlung
a
a
Weitere Ausstattung gemäß dem Hauptpatientenkollektiv Zusätzliche andere Aktivierungskriterien für
den Schockraum können bestehen, die Aktivie-
rung hängt vom behandelnden Arzt ab

Ärzte und Pflegekräfte nach der Initial- [17]). Die Mitglieder dieses erweiter- Notfall- und Akutmedizin (DGINA)
phase und Stabilisierung des Patienten ten Schockraumteams können sich aus entwickelt.
ihre Funktionen wieder ab und widmen jeder notwendigen Fachabteilung des In einem neuartigen Kurskonzept
sich anderen Aufgaben in der zentralen Krankenhauses rekrutieren und die ent- werden vorab zunächst theoretische
Notaufnahme. DerZeitpunkthierzu wird sprechende Fachexpertise einbringen, Inhalte der nichttraumatologischen
vom Teamleiter festgelegt. Pflegekräfte die der individuelle Schockraumpatient Schockraumversorgung in einem
sollten speziell für die Anforderungen im benötigt. Hierbei ist eine möglichst zeit- E-Learning-Modul vermittelt. Der zwei-
akut- und notfallmedizinischen Versor- nahe (≤30 min) Verfügbarkeit essenziell tägige Präsenzteil enthält dann im We-
gungsbereich der zentralen Notaufnah- [11]. sentlichen Praxistrainings, bei denen
me in der Schockraumversorgung von Kleingruppen interprofessionell und
traumatologischenund nichttraumatolo- Ausbildungskonzept Advanced interdisziplinär analog zur geplanten
gischen kritisch kranken Patienten aus- Critical Illness Life Support Schockraumbesetzung den universellen
gebildet und regelmäßig im Team mit Schockraumalgorithmus durchlaufen.
den in der zentralen Notaufnahme ein- Die Ist-Analyse zum nichttraumatologi- Anhand diverser Leitsymptome (z. B.
gesetzten Ärzten trainiert werden [17]. schen Schockraummanagement zeigte, Dyspnoe, Thoraxschmerz, Vigilanzmin-
Bereits bei der Anmeldung des Pa- dass ein eigenständiges Versorgungs- derung) werden im klinischen Alltag
tienten kann das Schockraumbasisteam konzept unter Berücksichtigung des relevante Notfallbilder simuliert und
um zusätzliche fachliche Expertisen, in ABCDE-Schemas aus Sicht der Befragten neben der initialen Stabilisierung der
Analogie und im Sinne eines erwei- notwendig ist [21]. Das damit assoziierte Vitalfunktionen („primary survey“) ei-
terten Schockraumteams beim Trau- Ausbildungskonzept wird aktuell unter ne strukturierte Differenzialdiagnostik
mapatienten, erweitert werden (z. B. dem Namen Advanced Critical Illness und Therapie vermittelt („secondary
Kardiologie, Neurologie, Hals-Nasen- ®
Life Support (ACiLS ) von der Deut- survey“).
Ohren-Heilkunde, Allgemeinchirurgie; schen Gesellschaft für interdisziplinäre

412 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021


Die Point-of-Care-Ultraschallunter- in der Notfall- und Intensivmedizin 7. Bernhard M, Döll S, Hartwig T et al (2018)
Resuscitation room management of critically ill
suchung (Lungensonographie, Notfal- geschulten festen Kernteams in der nontraumatic patients in a German emergency
lechokardiographie, erweiterte Abdo- zentralen Notaufnahme und einer department (OBSERvE-study). Eur J Emerg Med
mensonographie, Gefäßsonographie) klaren Festlegung im Diagnostik- 25:e9–e17
8. Bogner-Flatz V, Hinzmann D, Kanz KG, Bernhard M
ist dabei ein essenziellen Bestandteil und Behandlungsablauf (z. B. Aus- (2020) Der Schockraum als Nahtstelle zwischen
der Schockraumversorgung und wird bildungskonzept Advanced Critical Präklinik und Klinik. Notarzt 36:283–292
9. Braun M, Schmidt WU, Möckel M et al (2016) Coma
mit spezifischen symptomorientierten Illness Life Support, ACiLS ). ® of unkown origin in the emergency department:
Untersuchungsabläufen unterstützt. 4 Hierbei muss eine gemeinsame implementation of an in-house management
Sprache gesprochen werden, um routine. Scand J Trauma Resusc Emerg Med 24:61

»ein eigener
Für das Kurskonzept wurde
Schockraumalgorith-
eine optimale Aufgabenverteilung zu
realisieren und interdisziplinär eine
10. Debus F, Lefering R, Frink M et al (2015) Anzahl der
Schwerverletzten in Deutschland. Dtsch Arztebl
Int 112:823–829
Versorgungsstruktur für diese kritisch 11. DGU Weißbuch Schwerverletztenversor-
mus entwickelt kranken Patienten in Notaufnahmen gung (2012) DGU Weißbuch Schwerver-
letztenversorgung. http://www.dgu-online.
zu schaffen. de/uploads/media/DGU_Weissbuch_A4_
Für das Kurskonzept wurde ein ei- Internetendgueltige_version_1_.pdf. Zuge-
gener Schockraumalgorithmus (PRE- griffen: 17.01.2021
Korrespondenzadresse 12. Fischer M, Kehrberger E, Marung H et al (2016)
AUD2IT) entwickelt, der allgemeine Eckpunktepapier 2016 zur notfallmedizinischen
notfallmedizinische Versorgungskon- Prof. Dr M. Bernhard, MHBA Versorgung der Bevölkerung in der Prähospital-
zepte unter Berücksichtigung des eta- Zentrale Notaufnahme, Universitätsklinikum phase und in der Klinik. Notfall Rettungsmed
Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität 19:387–395
blierten ABCDE-Schemas und die Auf- 13. Gräsner JT, Lefering R, Koster RW et al (2016)
Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf,
teilung in „primary“ und „secondary Deutschland EuReCa ONE—27 Nations, ONE Europe, ONE
survey“ im Schockraummanagement Registry. A prospective one month analysis of out-
michael.bernhard@med.uni-duesseldorf.de
of-hospital cardiac arrest outcomes in 27 countries
enthält, aber der Komplexität nichttrau- in Europe. Resuscitation 105:188–195
matologischer Notfallbilder durch eine 14. Gräsner JT, Wnent J, Herlitz J et al (2020)
differenzierte, strukturierte Diagnostik Survival after out-of-hospital cardiac arrest in
Einhaltung ethischer Richtlinien Europe—Results of the EuReCa TWO study.
gerecht wird. Leitsymptomorientierte Resuscitation 148:218–226
Differenzialdiagnosekarten (sog. LODs) Interessenkonflikt. M. Michael, B. Kumle, M. Pin, 15. Gunnerson KJ, Bassin BS, Havey RA et al (2019)
fassen die klinisch relevanten Diagnosen P. Kümpers, I. Gröning und . M. Bernhard geben an, Association of an emergency department-based
dass kein Interessenkonflikt besteht. intensive care unit with survival and inpatient
und die benötigte Differenzialdiagnos- intensive care unit admissions. JAMA Netw Open
tik als Hilfestellungen bei verschiede- Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine
2:e197584
nen Leitsymptomen zusammen. Weitere 16. Karagiannidis C, Kluge S, Riessen R et al (2019)
Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt.
Auswirkungen des Pflegepersonalmangels auf
Kursbestandteile sind die Vermittlung Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort
die intensivmedizinische Versorgungskapazität
angegebenen ethischen Richtlinien.
notfallmedizinischer Skills, Kommu- in Deutschland. Med Klin Intensivmed Notfmed
nikation und Grundlagen des Team 114:327–333
17. Kumle B, Merz S, Mittmann A, Pin A et al (2019)
Resource Management bzw. Crisis Res- Literatur Nichttraumatologisches Schockraummanage-
source Management (TRM bzw. CRM). ment. Struktur, Organisation und erste Schritte.
1. Behringer W, Dodt C, Födisch M et al (2009) Notfall Rettungsmed 22:402–414
®
Das ACiLS -Kurskonzept wird derzeit
Die ersten Stunden entscheiden. Wir fordern 18. Kumle B, Orbat M (2019) Vorgehen nach präklini-
von der Arbeitsgruppe „Schockraum“ Intensivkompetenz für die Notfallaufnahme! schen Herz-Kreislauf-Stillstand. Ist ein sofortiger
der DGINA in Zusammenarbeit mit der Intensivmed 46:235–238 Transfer ins Herzkatheterlabor dem Kurzcheck im
DGINA-Akademie entwickelt und im 2. Behringer W, Dodt C, Laggner AN (2012) Intensiv- Schockraum vorzuziehen? Notfall Rettungsmed
therapie in der Notaufnahme. Überflüssiger Luxus 22:696–703
Jahr 2021 inauguriert. oder sinnvolle Kompetenz? Notfall Rettungsmed 19. McManus ML, Long MC, Cooper A et al (2003) Varia-
15:392–397 bility in surgical caseload and access to intensive
3. Bernhard M, Bax SN, Hartwig T et al (2019) Airway care services. Anesthesiology 98:1491–1496
Fazit für die Praxis Management in the Emergency Department 20. McManus ML, Long MC, Cooper A, Litvak E
(The OcEAN-Study)—a prospective single centre (2004) Queuing theory accurately models the
4 Eine der wesentlichen Herausforde- observational cohort study. Scand J Trauma Emerg need for critical care resources. Anesthesiology
rungen in den kommenden Jahren Med 27:20 100:1271–1276
4. Bernhard M, Hartwig T, Ramshorn-Zimmer A et al 21. Michael M, Bax S, Finke M et al (2020) Aktuelle IST-
wird die gemeinsame Entwicklung (2014) Schockraummanagement kritisch kranker Analyse zur Situation des nichttraumatologischen
des nichttraumatologischen Schock- Patienten in der Zentralen Notaufnahme. Intensiv SchockraummanagementsinDeutschland.Notfall
raummanagements unter Einbezie- Notfallbehandl 39:93–108 Rettungsmed. https://doi.org/10.1007/s10049-
5. Bernhard M, Ramshorn-Zimmer A, Hartwig T 020-00827-z
hung aller an der Notfallversorgung et al (2014) Schockraummanagement kritisch 22. Michael M, Kumle B, Pin M et al (2020) „A-
beteiligten Fachdisziplinen sein. erkrankter Patienten. Anders als beim Trauma? Probleme“ des nichttraumatologischen Schock-
4 Um Kontinuität und Routine in der Anaesthesist 63:144–153 raummanagements. NotfallRettungsmed.https://
6. Bernhard M, Trautwein S, Stepan R et al (2014) doi.org/10.1007/s10049-020-00744-1
Versorgung kritisch Kranker zur Notärztliche Einschätzung der klinischen Weiter- 23. Piagnerelli M, van Nueffelen M, Maetens Y,
gewährleisten und aufgrund der versorgung von Notfallpatienten. Anaesthesist Lheureux P, Vincent JL (2009) A ’shock room‘ for
Komplexität der häufig multipel er- 63:394–400 early management of the acutely ill. Anaesth
Intensive Care 37:426–431
krankten Patienten, bedarf es eines

Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021 413


Buchbesprechung

24. (2018) Regelungen des Gemeinsamen Bundes- Christoph Klein, Jan-Maximilian Zeller
ausschusses zu einem gestuften System von Strafrechtliche Risiken des Arztes
Notfallstrukturen in Krankenhäusern gemäß §
136c Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetz- Ecomed Medizin Verlag 2021, 168 S., (ISBN: 978-3-609-16538-7), 39,99 EUR
buch (SGB V). https://www.g-ba.de/downloads/
62-492-1598/Not-Kra-R_2018-04-19_iK2018- Der medizinische Die Kapitel sind verständlich aufgebaut und
05-19.pdf;. Zugegriffen: 9. Jan. 2020
Alltag wird wichtige Informationen werden farblich
25. Schmoch T, Bernhard M, Siegler BH, Brenner T, Wei-
gand MA (2019) Hämodynamische Stabilisierung zunehmend durch prägnant hervorgehoben. Fallbeispiele
des septischen Patienten in der Notaufnahme. gesetzliche Vorga- unterstützen die Vermittlung der Inhalte
Notfall Rettungsmed 22:205–218
ben reguliert. Ärzte didaktisch sinnvoll.
26. Schuster M, Neumann C, Neumann K et al (2011)
The effect of hospital size and surgical service on sollten nicht nur
case cancellation in elective surgery: results from ihr jeweiliges Dieses Buch ist für klinisch tätige Ärzte abso-
a prospective multicenter study. Anesth Analg
medizinisches lut lesenswert und nützlich, um die Aufmerk-
113:578–585
27. (2017) S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten- Fachgebiet beherrschen, sondern auch samkeit für juristische bzw. strafrechtliche
Behandlung. https://www.awmf.org/uploads/ sich für die generellen, juristischen Gegebenheiten zu schärfen.
tx_szleitlinien/012-019k_S3_Polytrauma_
Rahmenbedingungen interessieren.
Schwerverletzten-Behandlung_2017-03.pdf.
Zugegriffen: 9. Jan. 2020
28. Thelen S, Michael M, Ashmawy H et al (2019) Das Buch Strafrechtliche Risiken des Arztes C. Spies, Bad Rappenau
Schockraummanagement bei traumatologischen
beleuchtet in erfrischend verständlicher
Patienten. Anaesthesist 68:49–66
29. TraumaRegister DGU TraumaRegister DGU. Sprache prägnant die juristischen Aspekte
http://www.traumaregister-dgu.de/de/service/ im klinischen Alltag.
downloads.html. Zugegriffen: 9. Jan. 2020

Das Buch ist in drei Sektionen unterteilt.


Der erste Abschnitt bezieht sich konkret auf
Handlungsabläufe in der Patientenversor-
gung. Es werden die im Alltag relevanten
medizinischen Teilbereiche abgehandelt.
Beginnend mit der Thematik “Aufklärung
und Einwilligung“, über urologische
Tätigkeitsschwerpunkte, allgemeine,
ärztliche Hilfspflichten, Aspekte bezüglich
Zeugnisausstellungen, Schweigepflicht oder
auch Sterbehilfe werden die jeweiligen
Kapitel für den Kliniker mit Verweis auf
die entsprechenden Gesetze fokussiert
vorgestellt.

Der zweite Abschnitt behandelt das


Themenfeld außerhalb der Behandlung im
Praxisalltag. Unter anderem werden die
Tatbestände Korruption, strafbare Werbung
und Abrechnungsbetrug beleuchtet.

Der letzte Abschnitt behandelt das Auftreten


gegenüber Justizbehörden. Dieser Abschnitt
ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil,
da nicht nur Verhaltensregeln in der
Rolle des Beschuldigten, sondern auch
bei Durchsuchungen dargelegt werden.
Auch die standesrechtlichen Aspekte bzw.
Konsequenzen werden erläutert.

414 Medizinische Klinik - Intensivmedizin und Notfallmedizin 5 · 2021

Das könnte Ihnen auch gefallen