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Fortbildung Übersichten501

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Laboratory parameters for the diagnosis and management Laborchemische


of infections in an intensive care setting Parameter zur infektio­
C. Holtkamp1 · T. Rahmel2 logischen Diagnostik
und Therapiesteuerung
auf der Intensivstation

 Zitierweise: Holtkamp C, Rahmel T: Laborchemische Parameter zur infektiologischen Diagnostik und


Therapiesteuerung auf der Intensivstation. Anästh Intensivmed 2021;62:501–512.
DOI: 10.19224/ai2021.501

Zusammenfassung multimodale bzw. multiparametrische


Ansätze [4], aber auch eine differen­
Die schnelle und sichere Diagnose einer
ziertere Bewertung bekannter Parameter
Infektion bzw. einer Sepsis bleibt auch
wie das Neutrophilen-zu-Lymphozyten-
in der modernen Intensivmedizin eine
BDA- und DGAI-Mitglieder müssen sich mit Verhältnis [5]. Der routinemäßige Ein­
ihren Zugangsdaten aus dem geschlossenen der zentralen Herausforderungen. Laut
satz einer Vielzahl dieser Parameter hat
Bereich der BDA- und DGAI-Webseite unter der Surviving Sepsis Campaign und
der Domain www.cme-anästhesiologie.de sich bisher in der täglichen Routine nicht
den aktuellen deutschen S3-Leitlinien
anmelden, um auf das Kursangebot zugreifen durchgesetzt und wird hier daher nicht
zu können. sind die frühzeitige Diagnose und
näher diskutiert. Der folgende Artikel soll
Behandlung einer Sepsis von zentraler
eine praxisorientierte Übersicht über die
Bedeutung. Durch das Fehlen kausaler
aktuell routinemäßig zur Anwendung
1 Klinik für Anästhesiologie, Intensiv­ Therapieansätze ist, neben einer Fokus­
medizin & Schmerztherapie, Evange­
kommenden Infektions-Biomarker ge­
sanierung, vor allem die zeitgerechte
lische Kliniken Essen-Mitte ben und dabei ihre Einsatzmöglichkeiten
Antibiotikatherapie wichtig, um die
(Direktor: Prof. Dr. H. Groeben) und Limitationen mit dem Focus auf das
2 Klinik für Anästhesiologie, Intensiv­ Prognose und die Überlebenswahr­
intensivmedizinische Setting darstellen.
medizin und Schmerztherapie, scheinlichkeit der Patienten zu verbes­
Universitätsklinikum Knappschafts­ sern [1]. Die korrekte Diagnose einer
krankenhaus Bochum Summary
(Direktor: Prof. Dr. M. Adamzik) Infektion und in der Folge die adäquate Even today diagnosing infections and
Steuerung (Beginn, Dosierung und sepsis in a rapid and reliable fashion
Beendigung) der antiinfektiven Therapie remains a crucial challenge in modern
sind daher weiterhin, insbesondere in intensive care medicine. Both the Sur­
der Intensivmedizin, wegweisende He­ viving Sepsis Campaign and the current
r­ausforderungen. Herkömmliche Marker German S3 guidelines assign a central
für Infektionen und Entzündungen wie role to early diagnosis and treatment of
das C-reaktive Protein, die Anzahl der sepsis. The lack of any causal therapy
weißen Blutkörperchen und das Procal­ makes timely antibiotic treatment, in
citonin im Serum wurden in den letzten addition to source control, a major factor
Jahren auf ihre diagnostische Fähigkeit in improving a patient’s prognosis and
und Eignung zur Therapiesteuerung probability of survival [1]. As such, cor­-
Interessenkonflikt untersucht [2,3]. Hinzu kommen eine rectly diagnosing infections and subse­
Die Autoren geben an, dass keine Interessen­ kaum noch zu überblickende Anzahl an quently guiding (commencing, dosing,
konflikte bestehen. neuen vielversprechenden „Infektions- discontinuing) appropriate anti-infective
Biomarkern“ wie zum Beispiel das treatment remain game-changing chal­-
Schlüsselwörter Interleukin-6 [3]. So zeigt eine bereits lenges, especially in an intensive care
Infektion – Biomarker – im Jahr 2010 veröffentlichte umfassende setting. Investigations have been un-
Antibiotika – Sepsis Übersichtsarbeit zu Sepsis-Biomarkern dertaken in the last number of years
Keywords mehr als 170 unterschiedliche Parameter to determine the diagnostic value of
Infection – Biomarkers – mit einer potenziellen Eignung in der conventional markers of infection and
Antibiotics – Sepsis Infektionsdiagnostik oder der Therapie­ inflammation such as C-reactive protein,
steuerung [3]. Hinzu kommen komplexe leucocyte count and serum procalci­

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tonin, and their suitability for guiding Es existieren zwar einfache und kosten­ beeindruckenden Zuwachs an weiteren
treatment [2,3]. That’s in addition to günstige Verfahren in Form von mi­- (jedoch ebenfalls sub-optimalen) neue­
an almost insurmountable number of kro­biologischen Direktfärbungen (z. B. ren Biomarkern. Trotz ihrer unterschied­
promising new “infection biomarkers” Gram-Färbung), die jedoch im klinischen lichen Eigenschaften haben sich in den
such as interleukin-6 [3]. A compre­ Alltag leider nur wenig Berücksichtigung letzten Jahren vor allem die Leukozy­
hensive review of sepsis biomarkers finden. Diese können jedoch vor allem tenzahl (white blood cells, WBC), das
published as far back as 2010 listed bei der Punktion eines primär sterilen C-reaktive Protein (CRP), das etwas
more than 170 different parameters Mediums (z. B. Liquor) sehr hilfreich neuere Interleukin-6 (IL-6) und das
which might show potential in diagnos­ sein, um in kürzester Zeit (< 1 Stunde) Procalcitonin (PCT) als infektiologische
ing infections or guiding anti-infective einen orientierenden Erregernachweis Biomarker in der klinischen Routine
treatment [3]. Furthermore, multimodal zu ermöglichen. etabliert, mit jeweils unterschiedlichen
or multiparameter approaches [4], but Stärken und Schwächen. So erlauben
Unabhängig hiervon wäre ein einfa­
also more sophisticated evaluations of zum Beispiel das Akute-Phase-Protein
conventional parameters such as the cher und schneller Infektionsnachweis
basierend auf einem Biomarker sehr er­ CRP und die WBC zumeist die sensitive
neutrophil-to-lymphocyte ratio [5] may Detektion von entzündlichen Prozessen,
have their own potential. However, most strebenswert. Die ideale Situation wäre,
wobei diese aber gleichzeitig eine sehr
of these parameters have not come to be das Blut des Patienten in kürzester Zeit
geringe Spezifität für eine infektiöse
a part of everyday clinical routine and (< 1 Stunde) zu analysieren, um einen
Genese besitzen, welches eine hohe
will therefore not be discussed here in hoch-sensitiven und hoch-spezifischen
Rate an falsch positiven Werten impli­
any detail. Focusing on an intensive Nachweis einer Infektion zu erhalten.
ziert. Demgegenüber kann zum Beispiel
care setting, this article aims to provide Dieser sollte im Idealfall zusätzlich
das Procalcitonin eine bessere Spezifität
a practical overview of routinely utilised auch Rückschlüsse auf den auslösenden
für die Identifikation von bakteriellen
infection biomarkers, detailing their Erreger bieten.
Infektionen vorweisen. Trotz aller Limi­
potential applications and limitations. Dieser ideale infektiologische Biomar- tationen, die im Folgenden ausführlich
ker sollte folgenden Ansprüchen mit dargestellt werden, können diese Bio­
Einleitung hoher Spezifität und Sensitivität (jeweils marker helfen, die Diagnose und Thera­
≥ 90 %) gerecht werden: pieentscheidung zu unterstützen (Tab. 1).
Der derzeitige Goldstandard für die
• Früherkennung einer Infektion Daher findet zum Beispiel das PCT in
Diagnose von Infektionen ist, neben
• Differentialdiagnose zwischen aktuellen Sepsis-Leitlinien oder den Leit­
der zumeist entscheidenden klinischen
infektiöser und nicht-infektiöser linien zur Behandlung der ambulant er­
Symptomatik, nach wie vor der kultu­
Ätiologie worbenen Pneumonie des Erwachsenen
relle Erregernachweis aus dem vermute­
• Differentialdiagnose zwischen entsprechende Berücksichtigung [6,7].
ten infektiologischen Fokus und/oder der
bakterieller, viraler, fungaler und
Blutkultur. Leider ist die erforderliche Es muss jedoch nochmals betont werden,
parasitärer Genese
Zeit von 1 bis 5 Tagen für den mikrobio­ dass alle in der Infektionsdiagnostik und
• Prognoseeinschätzung
logischen Nachweis eine wichtige und zur Therapiesteuerung verwendeten Bio­
• Lieferung von Informationen über
immanente Limitation. marker keine ausreichende Sensiti­vität
das Ansprechen des Patienten auf
und Spezifität (im Unterschied z. B.
die Therapie im klinischen Verlauf
Im klinischen Alltag sollte die zum Troponin-Wert beim Herzinfarkt)
und gegebenenfalls Hilfe bei der
Wichtig­ keit klinischer Infektions- besitzen, sodass keine direkte Entschei­
Modulation der Therapiestrategie
Symptome (z. B. Fieber, Schüttel­ dungsfindung bzw. Therapieentschei­
• Anzeigen eines sicheren Zeitpunkts
frost, Abgeschlagenheit, Verwirrtheit, dung allein basierend auf dem Biomar­
für das Beenden der antiinfektiven
Tachykardie, Hypotonie und Tachy­ ker möglich ist. Die bisher verfügbaren
Therapie
pnoe) trotz der zumeist limitierten infektiologischen Marker weisen für eine
• valide Aussagen zum Krankheits­
Spezifität nicht unterschätzt werden. direkte Entscheidungsfindung allesamt
verlauf durch eine klinisch nützliche eine zu hohe Unsicherheit auf (= un­
Diese stellen zumeist die grundle­ Halbwertszeit
gende Rationale für den Infektions­ vollkommene Biomarker), was zur Folge
• leicht bestimmbar, reproduzierbar hat, dass sie nur in Zusammenschau mit
verdacht dar. Insbesondere eine ver­ und schwer durch Störfaktoren
änderte Körpertemperatur (Hyper- der klinischen Symptomatik eingesetzt
beeinflussbar werden sollten.
oder Hypothermie) gehört zu den
• niedrige Kosten und trotzdem leicht
Kardinalsymptomen für das Vorlie­
zu quantifizieren. Die Verwendung von unvollkomme­
gen einer Infektion, deren besonde­
rer Stellenwert auch in der aktuellen Keiner der aktuell verfügbaren Biomarker nen Biomarkern mit den jeweils im­
S3-Leitlinie zur Sepsis nochmals her­ kann unter den o. g. Gesichtspunkten als manenten Limitationen (suboptimale
vorgehoben wird [6]. optimal oder ideal angesehen werden. Sensitivität und Spezifität) erfordert,
Dies erklärt zumindest teilweise den dass diese in den klinischen Kontext

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implementiert werden müssen. Dies die vollständige klinisch-objektive Alltag jedoch trotzdem dabei helfen,
bedeutet, dass die Diagnose und Untersuchung integriert werden die Menge an Bewertungs- bzw. Ent­
Therapiesteuerung einer Infektion müssen. scheidungsfehlern zu verringern. Hierbei
nicht allein auf veränderten Biomar­ sind vor allem Situationen gemeint, in
kern basieren darf, sondern dass diese Die unvollkommenen Biomarker mit denen keine sicheren Entscheidungen
immer begleitend in eine sorgfältige einer Sensitivität und Spezifität von anhand der klinischen Untersuchung
medizinische Anamneseerhebung und unter 90 % können uns im klinischen oder der Anamneseerhebung möglich
sind. In dieser Grauzone der klinischen
Entscheidungsfindung kann auch das
Tabelle 1 Hinzuziehen eines unvollkommenen
In der klinischen Routine eingesetzte Biomarker zur Infektionsdiagnostik und Therapiesteuerung. Biomarkers dabei helfen, diese in die
Spezifität Sensitivität Klinische Anwendung
richtige Richtung zu lenken, was in
für für Abbildung 1 illustriert wird.
Vorteile Nachteile
Infektion Infektion
Die in Abbildung 1 skizzierten Entschei­
Leukozyten - + kostengünstige Messung unzureichende Spezifität dungen fokussieren vor allem auf zwei
gute Sensitivität (häufig infektions-unab­
hängige Veränderungen) klinisch relevante Fragestellungen:
C-reaktives - ++ kostengünstige Messung insuffiziente Korrelation 1. Liegt eine Infektion vor – soll also
Protein hohe Sensitivität mit dem Schweregrad eine Antibiotikatherapie begonnen
unzureichende Spezifität werden?
(infektions-unabhängige
2. Wurde die Infektion ausreichend
Erhöhung)
lange mit Antibiotika behandelt –
Procalcitonin +++ +/- hohe Spezifität für schlechte Aussagekraft
kann die Antibiotikatherapie also
bakterielle Infektionen bei bestimmten Infek-
gute Korrelation mit tionen (z. B. Neutro- beendet werden?
Schweregrad penie oder Endokarditis)
Diese beiden Fragestellungen werden
schnelle Induktion keine Rückschlüsse
auf Infektionsfocus
im Folgenden zu den vier vorgenannten
(< 12 h)
hohe Biostabilität kostenintensive Messung Biomarkern (WBC, CRP, PCT, IL-6)
differenziert dargestellt und anhand der
Interleukin-6 +/- +++ suffiziente Korrelation sehr kurze Halbwerts­
mit dem Schweregrad zeit / geringe Biostabi­lität
aktuellen Literatur diskutiert.
sehr gute Sensitivität geringe Spezifität
sehr rasche Induktion hohe Kosten
Leukozyten
Die WBC sind Träger der unspezifischen
Abbildung 1
(Granulozyten, Monozyten) und der
spezifischen (Lymphozyten) Immunab­
wehr. Im Allgemeinen zeigen akute In­-
fektionen häufig nacheinander eine
Klinisch sichere

Klinisch sichere

Klinisch unsichere Entscheidung


neutrophile Startphase, gefolgt von ei­
Entscheidung

Entscheidung

ner monozytären Überwindungsphase


Korridor: und anschließend einer lymphozytär-
Biomarker sinnvoll eosinophilen Heilphase. Insbesondere
bei einer bakteriellen Infektion kommt
es vor allem initial zu einer Erhöhung
Antibiotika der Gesamtzahl an neutrophilen Gra­
nulozyten (sog. Neutrophilie), wobei
a) nicht beginnen
Antibiotika b) absetzen
auch der Anteil an jungen neutrophilen
a) beginnen Granulozyten gleichzeitig zunimmt. Im
b) fortsetzen Normalfall macht die juvenile Form
(stabkernige Granulozyten) rund 3–5 %
der gesamten neutrophilen Granulozyten
Darstellung der klinischen Entscheidungsfindung. Am rechten und linken Rand sind jeweils Situa­
tionen abgebildet, in denen allein basierend auf der klinischen Situation eine sichere Entscheidung aus. Wenn der Anteil der stabkernigen
ableitbar ist und das Hinzuziehen eines Biomarkers keinen Zusatznutzen besitzt (blau). Im Mittel­ Granulozyten deutlich höher liegt, kann
teil sind Situationen repräsentiert, in denen allein basierend auf den klinischen Parametern keine dieses auf eine bakterielle Infektion, aber
sichere Entscheidungsfindung möglich ist (gelb). Hier können die verfügbaren Biomarker einen
auch auf eine infektionsunabhängige
relevanten Zusatznutzen bieten.
Entzündung oder Stress hindeuten [8].

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Abbildung 2 auffällige Verschiebung innerhalb der


Granulozytenpopulation kann differen­
Reaktive
Linksverschiebung
tialdiagnostisch aufschlussreich sein.
Bei einer auffälligen Vermehrung der
Häufigkeit im Blutbild

Myeloische Normal
Leukämie eosinophilen Granulozyten (Eosinophilie)
stellt zum Beispiel eine allergische Re­-
aktion eine wichtige Rationale für die Ur­-
sache der Entzündungsreaktion dar und
bei einer Basophilie sollte auch an eine
parasitäre Infektion gedacht werden.
Somit kann bei einer erneuten klinischen
Verschlechterung des Patienten, trotz
breiter antibiotischer Therapie, das Dif­
Myeloblast Pro- Myelozyt Meta- Stabkerniger Segmentkernige Überseg- ferentialblutbild helfen, auf die häufig
myelozyt myelozyt Granolozyt Granulozyten mentierter
Granulozyt
verkannten Situationen aufmerksam zu
machen.
Beginn („unreif“) Jugendlich Alt
Es bleibt festzuhalten, dass die Sensiti­-
Entwicklungsstadien der Granulozyten. Linksverschiebung bei einer Infektion oder akuten Entzündung vität und Spezifität der WBC im Allge­
(roter Pfeil). Es gelangen besonders viele juvenile (stabkernige) Granulozyten ins Blut. meinen unzureichend für die Infektions­
Bildmaterial aus: Image Bank der American Society of Hematology (http://imagebank.hematology.org). diagnose und die Therapiesteuerung
sind. Daher hat der Stellenwert der Leu­
kozyten, trotz der oben beschriebenen
Diese Veränderungen werden auch als Studie konnte ein Cut-off von 6,2 für hilfreichen Informationen, insbesondere
reaktive Linksverschiebung bezeichnet die NCLR mit einer Sensitivität von bei einer routinemäßigen Bestimmung
(Abb. 2). Diese muss von der pathologi­ 91 % und einer Spezifität von 96 % eine des PCT, an Bedeutung verloren. Trotz­
schen Linksverschiebung meist aufgrund bakterielle Infektion vorhersagen [9]. Für dem sollte man die Leukozyten und das
einer myeloischen Leukämie unterschie­ den klinischen Alltag lässt sich hieraus Differentialblutbild, zumal diese häufig
den werden, die durch das vermehrte ableiten, dass bei einer NLCR ≤ 6 auch routinemäßig bei schweren Infektionen
Vorliegen unreifer Entwicklungsstadien die Rationale für eine virale Infektion mitbestimmt werden, in den Evaluati­
(z. B. von Myeloblasten oder Myelozy­ mit evaluiert werden sollte, wobei bei onsprozess mit einbeziehen.
ten) gekennzeichnet ist (Abb. 2). einer NLCR > 6 eine virale Infektion
eher keine Rationale darstellt. Die NLCR Im Rahmen der infektiologischen
Vor allem bei bakteriellen Infektio­ scheint sich darüber hinaus auch als Diagnostik sollte ein Differential­
nen wird die Produktion von neutro­ Prädiktor für eine Bakteriämie zu eignen. blutbild angefertigt werden, um ne­
philen Granulozyten erheblich hoch­- So konnte die Studie von Loonen [10] ben dem Hinweis auf eine reaktive
reguliert, sodass diese zumeist das bei einer NLCR ≥ 10 eine Bakteriämie Linksverschiebung auch ein erhöhtes
Differentialblutbild recht deutlich mit einer Sensitivität von 85 % und einer Risiko für virale und/oder fungale
dominieren. Im Gegensatz hierzu ist Spezifität von 51 % vorhersagen. Infektionen zu stratifizieren. Zusätz­
eine Virusinfektion häufig durch eine lich bieten sich weitere differential­
Unabhängig von der NLCR ist eine da­
anteilige Vermehrung von Lympho­ diagnostische Hinweise auf alterna­
rüberhinausgehende differenzierte Be­-
zyten und weniger durch den An­ tive Ursachen, wie eine allergische
trachtung des Differentialblutbildes zu­
stieg der neutrophilen Granulozyten Reaktion oder eine parasitäre Infek­
meist sehr aufschlussreich. So scheint
charakterisiert. tion.
zum Beispiel eine sekundär auftretende
Lymphopenie (≤ 0,9 x 103 Lymphozy­
Daher hat sich neben der im Allgemei­ ten/µl) v. a. im intensivmedizinischen
Behandlungsumfeld nach einer initial
C-reaktives Protein (CRP)
nen hilfreichen Linksverschiebung auch
die Verwendung des Neutrophilen-zu- hyperinflammatorischen Phase ein wich­ CRP ist das erste Akute-Phase-Protein,
Lymphozyten-Verhältnisses (NLCR) als tiger Risikofaktor für ICU-assoziierte das 1930 initial als Test zur Detektion
Infektionsmarker etabliert. So steigt die opportunistische Infektionen zu sein. einer Pneumokokken-Pneumonie be­-
Wahrscheinlichkeit einer bakteriellen So finden wir bei diesen Patienten eine schrieben wurde und nach seiner Fähig­
Infektion bei einer hohen NLCR, wobei deutlich höhere Auftretenswahrschein­ keit zur Präzipitation des C-Polysaccha­
eine niedrige NCLR mit einer erhöhten lichkeit für virale Reaktivierungen (z. B. rids bei Pneumokokken benannt ist. Das
Wahrscheinlichkeit für eine virale In­ des CMV-Virus oder des Herpes-Virus) CRP wird in Hepatozyten der Leber vor
fektion assoziiert ist. In einer aktuellen und fungale Infektionen [11]. Auch die allem durch die Stimulation von Inter­

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leukin-6 synthetisiert und freigesetzt. von CRP ist seine Funktion als löslicher Immunabwehr involviert. Es bleibt aber
Hierdurch ist das CRP sehr sensitiv für Pathogen-Recognition-Receptor (PRR), festzuhalten, dass der CRP-Anstieg un­-
eine systemische Inflammation sowie der insbesondere an Phosphocholine spezifisch ist, also auch bei nicht-infek­
eine Gewebeschädigung. CRP wird ca. der bakteriellen Zellwand, aber auch tiösen Erkrankungen durch die Inter­
4 – 6 Stunden nach dem auslösenden an Phosphocholine in der Zellmembran aktion mit geschädigten Zellen wie
Stimulus (z. B. Beginn der Infektion) von geschädigten Zellen bindet. Das Autoimmunerkrankungen, einem akuten
produziert. Es verdoppelt seine Konzen­ wirtseigene Phosphocholin wird nach Koronarsyndrom, Ischämie-Reperfusion,
tration im Blutkreislauf innerhalb von 8 einem Zellschaden für das Immunsystem rheumatischen Erkrankungen, bösarti­
Stunden und erreicht seinen Höhepunkt detektierbar. Daher sind nicht-infektiös gen Tumoren und nach Traumata oder
in 36 – 50 Stunden [12]. Der Normalwert geschädigte Zellen oder virusinfizierte chirurgischen Eingriffen zu beobachten
für Plasma-CRP liegt bei < 1 mg / dl, wäh­ Zellen Angriffspunkte für das CRP. Diese ist [16].
rend er bei akuten schweren Infektionen Bindung (sog. Opsonierung) von CRP an Im klinischen Alltag ist das CRP aktuell
auf bis zu 50 mg / dl und mehr anstei­- Phosphocholin vermittelt wiederum eine der wohl am häufigsten verwendete
gen kann. Allerdings sind aufgrund von Komplementaktivierung, die eine über Biomarker, um die Anwesenheit und
Polymorphismen (z. B. im CRP-Gen den Fc-Rezeptor getriggerte Phagozytose Ausprägung einer Infektion zu bestim­
selbst) erhebliche interindividuelle Un­ induziert (Abb. 3). Daher fungiert das men. Grundlage für die weite Verbrei­
terschiede in der CRP-Konzentration zu CRP nicht nur als Entzündungsmediator, tung des CRP im klinischen Setting war
erwarten, sodass dieser nur unzurei­ sondern ist auch aktiv an der Keimelemi­ die Einführung hochsensitiver auto­ ma­-
chend mit der Erkrankungsschwere nation beteiligt [13,14]. Ein Mangel an tisierter Testmethoden, bei nur mo­
korreliert [3]. CRP manifestiert sich unter anderem in deraten Kosten im Vergleich zu den
Das CRP gehört zur Gruppe der Pen­ einer deutlich erhöhten Empfindlichkeit anderen verfügbaren Markern. Jedoch
traxine, einer hochkonservierten Familie gegenüber Pneumokokken-Infektionen, sind erhöhte CRP-Konzentrationen, wie
von Pentamerproteinen [13]. Die biolo­ wie es am Beispiel von CRP-Knockout- bereits zuvor erwähnt, bei einer Viel­
gische Rolle des CRP besteht vor allem Mäusen gezeigt werden konnte [15]. Das zahl von nicht-infektiösen Erkrankungen
in der Aktivierung des Komplement­ CRP besitzt somit eine Schlüsselrolle in nachweisbar, sodass die Spezifität dieses
systems und anderer inflammatorischer der akuten Inflammationsreaktion und Biomarkers für eine Infektion gering ist.
Prozesse [14]. Eine wesentliche Funktion ist weitreichend in den Kaskaden der Daher scheint eine sinnvolle Therapie­
entscheidung bezüglich des Beginns
Abbildung 3 einer Antibiotikatherapie basierend auf
einer Erhöhung des CRP problematisch.
Darüber hinaus steigt die CRP-Konzen­
Interleukin­6 tration zwar schnell an, erreicht aber im
Leber Vergleich zu Zytokinen (z. B. IL-6) und
zum PCT erst relativ spät (nach über 24
Stunden) ein Maximum (Abb. 4) [17].
Daher ist das CRP meist über einen Zeit­
raum von mehreren Tagen erhöht, auch
Produktion von CRP wenn der Fokus der Infektion schon
längst aufgelöst wurde und formal keine
CRP CRP Therapieindikation mehr besteht [17].
(= löslicher PRR)
Die Bedeutung von CRP zur Diagnose
Phosphocholin Phosphocholin akuter Infektionen bei kritisch kranken
Patienten ist, wie bereits erwähnt, um­-
stritten [18]. So variiert die Sensitivität
und Spezifität des CRP bei der Infekti­
geschädigte
Zelle opsoniertes Schematisch onsdiagnostik erheblich zwischen ein­
Bakterium vereinfachte
zelnen Studien [18].
z. B. Pneumokokken Darstellung der
Freisetzung und
Wirkung von Zusammenfassend lässt sich sagen,
C-reaktivem
Protein (CRP) und dass die CRP-Werte keine sichere
seine Funktion Unterscheidung zwischen Sepsis bzw.
Komplementaktivierung als Pathogen- schweren Infektionen und einer sys­
➞ Aktivierung Phagozytose Recognition-
temischen Inflammation nicht-infek­
Receptor (PRR).
tiöser Natur bzw. einer akuten Or­

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Abbildung 4 maresektion, am 4. postoperativen


Tag neben Fieber, vermehrter Dys­
pnoe und einer zunehmenden hä­
Serum­Biomarker „Entzündung“

modynamischen Instabilität zu einem


IL­6 PCT CRP
isolierten CRP-Anstieg von 6 mg / dl
am Vortag auf 48 mg / dl (PCT und
Leukozyten sind weiter unverändert).
Im oben geschilderten Szenario stellt
sich natürlich zunächst die Frage nach
den möglichen Differentialdiagno­-
sen des CRP-Anstiegs. Zuerst muss
„cut­off“ festgehalten werden, dass wir den
Befund als klinisch relevant betrach­
ten, da dieser von einer objektivier­
0 3 6 24 36
baren Zustandsverschlechterung des
Zeit (h) nach Entzündungsreiz (z. B. Infektion, Zellschaden)
Patienten begleitet ist. Bei einem
Schematisierte Darstellung der Kinetik verschiedener Biomarker: C-reaktives Protein (CRP), Inter­ CRP-Anstieg kommen diverse infek­
leukin-6 (IL-6) und Procalcitonin (PCT). tiologische Auslöser (z. B. katheter­
assoziierte Infektion, Abszess, Wund­
infektion, Anastomoseninsuffizienz,
ganschädigung zulassen, welches Wiederanstieg des CRP ab dem 3. Pilz­infektion) in Frage. Allerdings
seine Eignung als Biomarker zum postoperativen Tag oder nach (mutmaß­ ergibt die differentialdiagnostische
Infektionsnachweis potenziell limi­ licher) Sanierung des Infektionsfokus Abklärung kei­ nen Anhalt für eine
tiert. auf eine akute (häufig infektiologische) akute infektiologische Problematik.
Problematik hinweisen, die aber gegen Da ein CRP-Anstieg keine besonders
wichtige nicht-infektiologische Differen­ hohe Spezifität für eine Infektion
Trotz der oben erwähnten Limitationen besitzt, müssen jedoch auch nicht-
tialdiagnosen abgeklärt werden muss
zeigten jedoch mehrere Studien, dass infektiöse Ursachen, wie z. B. eine
[26]. Als infektiologische Rationale kann
auch das CRP im klinischen Setting die Lungenembolie, in Betracht gezogen
ein Wiederanstieg oder eine Stagnation
Einschätzung des Schweregrads der In­- werden. Eine entsprechend durch­
erhöhter CRP-Konzentrationen mit einer
fektion und des Ausmaßes der Ent­zün­ geführte CT-Pulmonalisangiographie
chirurgischen Komplikation (z. B. Abs­-
dung unterstützt [19] und eine Pro­gno­- zeigt darauf einen größeren Ver­
zessbildung, Anastomoseninsuffizienz
seeinschätzung ermöglicht [20]. Auch schluss im Stromgebiet der A. pulmo­
etc.) oder einer inadäquaten antibioti­
ein Cochrane Review zeigte für die nalis dextra, welche die Ursache für
schen Behandlung assoziiert sein. Somit die CRP-Erhöhung und die klinische
nicht-intensivmedizinische Anwendung
kann das CRP eine große Hilfe zum Bei­ Symptomatik darstellt.
eine verringerte Verschreibung von Anti­-
spiel bei der Detektion von relevanten
biotika durch Verwendung von CRP-
(infektiologischen und nicht-infektiolo­
Algorithmen [21]. Aber auch im intensiv­
gischen) postoperativen Komplikationen Das CRP ist der am häufigsten ver­
medizinischen Setting zeigen einzelne
und möglicherweise auch zur Therapie­ wandte Biomarker zum Nachweis
Arbeiten, dass das CRP sinnvoll zur
steuerung darstellen. Darüber hinaus einer Entzündungsreaktion. Als spe­
Unterstützung der Diagnostik und The­ zifischer Infektions- bzw. Sepsis­
scheint die Kombination des CRP vor
rapiesteuerung eingesetzt werden kann marker auf der Intensivstation spie­
allem mit klinischen Infektionszeichen
[22,23]. In der Gesamtschau muss man len einzelne isolierte CRP-Werte eine
wie Fieber, Tachykardie oder Tachypnoe
festhalten, dass zum aktuellen Zeitpunkt untergeordnete Rolle. Trendverände­
die Spezifität der Infektionsdiagnostik
keine sichere Evidenz existiert, dass das rungen der CRP-Werte und die Nut­
relevant zu steigern [18]. Die hier
CRP den anderen Biomarkern unter­ zung in Kombination mit klinischen
aufgelisteten theoretischen Grundlagen
legen ist. In diesem Kontext zeigt sich Infektionszeichen scheinen jedoch
der CRP-Diagnostik werden von dem
das CRP in der aktuellen prospektiven eine deutlich höhere diagnostische
folgenden Fallbeispiel untermauert.
CAPTAIN-Studie zur Diskriminierung Treffsicherheit zu besitzen. In der
zwischen (nicht-infektiösem) SIRS und Gesamtschau der aktuellen Literatur
Fallbeispiel: Postoperativ isolierter
Sepsis allen anderen Biomarkern nicht ist das CRP trotz seiner unzurei­
CRP-Anstieg
unterlegen [24]. Insbesondere Trend- chenden Spezifität gegenüber den
Bei einer 50-jährigen Patientin kommt
ver­ä nderungen in der CRP-Kinetik anderen Biomarkern nicht a priori
es, nach einem initial unauffälligen
scheinen eine hohe diagnostische Treff­- unterlegen. Allerdings sollten insbe­-
Verlauf nach laparoskopischer Sig­-
sicherheit zu haben [25]. So kann ein sondere bei einem isolierten CRP-

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Anstieg auch nicht-infektiologische Gründen werden PCT-Bestimmungen Der potenziell größte klinische Nutzen
Ursachen in der differentialdiagnos­ nicht bei allen Krankenhäusern routine­ besteht beim PCT darin, dass dieser
tischen Abklärung berücksichtigt mäßig vorgehalten. Biomarker eine frühzeitigere und objek­
werden. Der PCT-Spiegel im Blut steigt vor allem tivierbare Entscheidung bezüglich des
bei einer bakteriellen Infektion und Beginns und Endes einer Antibiotika­
korreliert gleichzeitig mit dem Schwere­ therapie unterstützen kann. Bei kli­ni­
Procalcitonin (PCT) grad und der Letalität. Spannender­ schem Ansprechen des Patienten auf
weise wird die PCT-Bildung bei viralen die aktuelle Antibiotikatherapie fallen
Das PCT ist ein aus 116 Aminosäuren die PCT-Werte rasch ab. Daher ist das
Infekten durch Interferon-Gamma sup­-
bestehendes Polypeptid, das den Vor­ PCT ein interessanter Marker zur Steue­
primiert. Somit kann PCT als relativ
läufer für das Hormon Calcitonin dar­ rung der Antibiotikatherapie. Wäh­rend
spezifischer diagnostischer und prognos­
stellt. Auch wenn Calcitonin relevanten Richtlinien häufig eine fixe Therapie­
tischer Marker für bakterielle Infektionen
Einfluss auf die Regulation des Calcium­ dauer vorschlagen, erlaubt die Steuerung
verwendet werden. Ein weiterer Vorteil
stoffwechsels ausübt, hat das PCT selbst anhand der Procalcitonin-Werte eine
von Procalcitonin gegenüber dem CRP
keine Calcium-regulierende Funktion. individuelle Anpassung der Therapie­
ist auch, dass Procalcitonin durch eine
PCT wird unter Normalbedingungen nur dauer an den Verlauf des Patienten.
Steroidtherapie nicht beeinflusst wird.
in den neuroendokrinen C-Zellen der Dieses stellt insbesondere im Rahmen
Diese Faktoren erklären die bessere
Schilddrüse in relevanten Mengen pro­ der antiinfektiven Therapie in der In­
Spezifität von Procalcitonin für eine
duziert und die Expression in den an­ tensivmedizin eine sinnvolle Unterstüt­
bakterielle Infektion gegenüber den
deren Zellen regulatorisch unterdrückt.
an­deren verfügbaren Biomarkern. Die zungsmöglichkeit dar. Gesucht ist seit
PCT wird folgend enzymatisch in den
Wertigkeit des PCT zur Infektionsdia­ langem eine zuverlässige Methode, die
neuroendokrinen C-Zellen der Schild­
gnostik ist jedoch nicht für jede Infektion unnötige Antibiotikatherapien und die
drüse zu Calcitonin gespalten und in
gleich. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht daraus resultierenden Nebenwirkungen
sekretorischen Granula gespeichert. Bei
der aktuellen Evidenz des Procalcitonin und Resistenzen vermindert und die
Infektionen wird die allgemeine Repres­
zu verschiedenen klinischen Situationen Therapiedauer verkürzen kann. In einer
sion des Calcitonin-Gens aufgehoben
bzw. bei verschiedenen Infektionen. randomisierten Studie bei Patienten mit
und PCT nun auch in parenchymatösen
Organen wie Leber, Niere, Fettgewebe
und Muskel und anderen differenzierten Tabelle 2
Zellen des Körpers vermehrt gebildet. Zusammenfassung der aktuellen Evidenzlage bezüglich PCT-Algorithmen zur Diagnose bei Infek­
Das in parenchymatösen Organen ge­- tionen (modifiziert nach [27]).
bildete PCT wird folgend ins Blut aus­
geschüttet, welches zu einem raschen Infektionsart Einsatzbereich PCT-Cut-off Evidenz
(µg/l)
Anstieg der PCT-Konzentration im Blut
führt. Dabei steigt die PCT-Konzentration Pneumonie Schweregrad und Indikation zur 0,25 – 0,5 +++
Antibiotikatherapie
um ein Vielfaches gegenüber seinem
Normalwert an. Eine Spaltung des extra­- Sepsis / septischer Schock Sepsis vs. SIRS 0,5 – 1,0 +++
thyreoidal gebildeten Procalcitonin (zu Meningitis Abklärung infektiöse Genese 0,5 +++
Calcitonin) findet nicht statt, sodass auch Obere Atemwegsinfektion viral vs. bakteriell 0,1 +++
keine relevanten Effekte auf den Cal­ Akute Bronchitis Rationale für Antibiotikatherapie 0,1 – 0,25 ++
cium-Stoffwechsel hervorgerufen werden.
Exazerbierte COPD Infektions-getriggert 0,1 – 0,25 ++
Zur Procalcitonin-Bestimmung werden
Abdominelle Infektionen Ausschuss Nekrosen / Ischämie 0,25 ++
nur wenige Milliliter Serum, Heparin-
Harnwegsinfektionen Schweregrad und Indikation zur 0,25 ++
oder EDTA-Plasma benötigt. Die Proben
Antibiotikatherapie
sind bei Raumtemperatur über einige
Blutstrominfektionen Differenzierung Bakteriämie 0,1 – 0,25 ++
Stunden stabil (die meisten Labors emp­
vs. Kontamination
fehlen jedoch Transportwege von unter
Postoperative Infektionen V. a. bei fehlendem Abfall oder Kinetik + / ++
4 Stunden). Aus gekühlten Proben (4 °C)
Wiederanstieg postoperativ
lässt sich der Wert auch nach einigen
Endokarditis V. a. akute infektiöse Endokarditis > 2,0 +
Tagen noch problemlos nachbestimmen.
Somit erfüllt dieser Biomarker viele Appendizitis % 0,25 +
wichtige Voraussetzungen für den brei­ Arthritis Differenzierung septische vs. 0,1 – 0,25 +
ten Einsatz in der Klinik. Dennoch sind nicht-infektiöse Arthritis
die technischen Voraussetzungen für den Neutropenie Abschätzung eines bakteriellen unklar -
Test noch relativ aufwendig und auch Infektionsrisiko
die Testkosten nicht günstig. Aus diesen

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508  Übersichten Fortbildung

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ambulant erworbener Pneumonie konnte ohne Biomarker-Unterstützung ein sehr Auswertung berücksichtigt wurden. Auch
gezeigt werden, dass die Dauer der Anti­ frühzeitiges Ende der Antibtiotikathe­ diese Metaanalyse zeigt eindrücklich,
biotikatherapie unter Verwendung eines rapie erlaubt. dass eine PCT-gesteuerte Deeskalation
PCT-gesteuerten Algorithmus von 13 auf Auch bei septischen Patienten auf der das Absetzen von Antibiotika bei kri­-
6 Tage gesenkt werden konnte, ohne das Intensivstation fand man in randomi­ tisch kranken Patienten unterstützt. Auch
Behandlungsergebnis zu gefährden [28]. sierten Studien valide Evidenz zur PCT- wenn in der letztgenannten Metaanalyse
Die ProHOSP-Studie konnte 2009 diese gesteuerten Antibiotikatherapie. Beson­ nunmehr ein Überlebensvorteil durch
Ergebnisse bestätigen [29]: Patienten mit ders in der Studie von De Jong et al. aus die Nutzung von PCT-Algorithmen be­
Infektionen der unteren Atemwege wie­- dem Jahr 2016 konnte gezeigt werden, stätigt wird, bleibt festzuhalten, dass
sen bei gleichem Heilungsergebnis eine dass eine PCT-gesteuerte antibiotische diese nur mit einem schwachen Evidenz­
signifikante Reduktion des Antibiotika­ Therapie eine kürzere Therapiedauer grad versehen sind. Nichtsdestotrotz,
verbrauchs sowie der antibiotikaasso­zi­- nach sich zieht. Folglich wurden we­ angesichts der weltweit unaufhaltsam
ierten Nebenwirkungen in der PCT- niger Antibiotika verbraucht, welches wachsenden Rate von multiresistenten
geleiteten Therapiegruppe auf [29]. Be­ sogar mit einem Überlebensvorteil für Erregern und Clostridioides-difficile-
sonders interessant sind die Ergebnisse die Patienten assoziiert war [32]. In die­- Infektionen sowie der derzeit knappen
aus der folgenden ProREAL-Studie [30], ser randomisierten, kontrollierten Studie Antibiotika-Neuentwicklungs-Pipeline
die sich der ProHOSP-Studie anschloss. wurden 4.507 Patienten auf verschie­ muss der unnötige und übermäßige
Aus den Daten der ProREAL-Studie lässt denen Intensivstationen in den Nieder­- Einsatz von Antibiotika zwingend ver­-
sich ableiten, dass auch der Schulungs­ landen eingeschlossen. Die Interven­ mieden werden. Hierbei darf ange­
status bzw. die Erfahrung der Ärzte tionsgruppe wurde anhand einer PCT- nommen werden, dass die Anwendung
entscheidend ist, um PCT-Algorithmen gesteuerten antibiotischen Therapie und von PCT-Algorithmen eine Überbean­
sinnvoll und erfolgreich in der Klinik die Kontrollgruppe nach den lokalen
anwenden zu können. Erfreulicherweise spruchung von Antibiotika reduziert. In
Antibiotika-Leitlinien behandelt. Bei der diversen Arbeiten kann zusätzlich eine
konnte dieser positive Schulungseffekt PCT-Steuerung wurde die Therapie ge­
auch mit einer Latenz von mehr als Reduktion der Nebenwirkungen einer
stoppt, wenn ein PCT-Wert von ≤ 0,5 μg/l
einem Jahr in den beteiligten Zentren Antibiotikatherapie festgestellt und hier­
erreicht oder sobald der Wert um ≥ 80 %
beobachtet werden. durch zum Teil eine Verbesserung des
vom Maximalwert gesunken war. Durch
Outcomes der Patienten erzielt werden.
Natürlich sind solchen Deeskalations­ diese PCT-gesteuerte Therapie konnte
Dieses zeigt sich vor allem, wenn PCT-
algorithmen theoretische Grenzen ge­- der Antibiotikaverbrauch vermindert und
Messungen im Verlauf wiederholt ein­-
setzt. Dies wurde durch die kürzlich gleichzeitig auch die Letalitätsrate um
gesetzt werden. Voraussetzung ist natür­
im New England Journal of Medicine ca. 25 % gesenkt werden. Verschiedene
lich das tiefgreifende Verständnis der
veröffentlichte Studie aufgezeigt [31]. In Metaanalysen haben seither diese Effekte
dieser Studie wurde erneut der Einfluss übergreifend für mehrere Studien für Stärken und Schwächen dieses Biomar­
von PCT-Algorithmen auf die Dauer den Intensivpatienten analysiert. Diese kers und die sinnvolle Implementierung
der Antibiotikabehandlung bei unteren finden ebenfalls eine signifikante Reduk­ in die klinischen Handlungsabläufe bzw.
Atemwegsinfektionen untersucht. Im Ge­- tion der Dauer der Antibiotikatherapie ABS-Programme.
gensatz zu den vielen anderen positiven und zum Teil auch eine positive Beein­
Studien konnte in dieser Untersuchung flussung der Letalität durch Messung Bei der Anwendung von PCT-Algorith­
die Dauer der Antibiotikatherapie durch und Anwendung des PCT in der Klinik men auf der Intensivstation scheinen
PCT-Algorithmen nicht verkürzt werden. [33,34]. Es bleibt jedoch kritisch anzu­ der richtige Umgang mit den PCT-
Auf den ersten Blick verwundert dies merken, dass diese Vorteile nicht vorbe­ Werten und deren korrekte Interpre­
doch sehr und stellt die Ergebnisse der haltlos von allen Arbeiten (insbesondere tation entscheidend. Ein positiver
anderen Arbeiten in Frage. Wie so oft bezüglich Letalität) nachgewiesen wer­- Effekt auf die Letalität und eine Ver­
findet man auch hier die Erklärung im den können [35], welches vor allem minderung der Dauer der Antibio­
Detail. Bei der korrekten Interpretation auf die zum Teil sehr unterschiedlichen tikatherapie war vor allem dann
der zitierten Arbeit [31] muss berück­ PCT-Entscheidungsalgorithmen zurück­- vorhanden, wenn PCT als Verlaufs­
sichtigt werden, dass die durchschnitt­ zuführen ist. Eine kürzlich in der Zeit­ wert eingesetzt und insbesondere
liche Antibiotikabehandlungsdauer der schrift Chest veröffentlichte Metaanalyse zum Absetzen der Antibiotikathe­
zugrundeliegenden Pneumonie auch in kann zumindest vorläufig für etwas rapie genutzt wurde. Vor allem hier,
der Kontrollgruppe (also ohne PCT) im mehr Klarheit sorgen [33]. Besonder­ also dem frühzeitigen Stoppen der
Mittel nur beeindruckende 4 Tage betrug heit dieser Metaanalyse ist, dass zuvor Antibiotikatherapie, liegt auch vor
[31]. Als Resümee kann man also fest­ vernachlässigte Störfaktoren (z. B. Ver­ dem Hintergrund der umfangrei­
halten, dass eine PCT-Bestimmung nicht wendung von Antibiotic-Stewardship- chen Literatur zum Einsatz des PCT
zwingend notwendig ist, wenn man ein Programmen, gleichzeitige Verwendung die zentrale Stärke im Einsatzbereich
exzellentes Antibiotic Stewardship (ABS) anderer Biomarker wie CRP, Einhaltung der Intensivstation.
in der Klinik etabliert hat, welches auch des Studienprotokolls) in der statistischen

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Fortbildung Übersichten509

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Dennoch hat auch PCT-orientiertes nenfalls angepasst werden. Kurzum


weis wird eine Antibiotikatherapie
Handeln spezifische Limitationen im lassen sich viele für den klinischen
unmittelbar nach der Abnahme der
kli­nischen Alltag. Erhöhte Procalcitonin- Alltag hilfreiche Informationen aus dem
Blutkulturen mit Piperacillin / Tazo­
Werte ohne Infektion können bei Tu­ PCT-Wert ableiten, die unsere klinische
bactam (+ Makrolid für 3 Tage)
moren (z. B. ektope Produktion beim Entscheidungsfindung sinnvoll unterstüt­
initiiert. Im Aufnahmelabor zeigt sich
Bronchialkarzinom), nach schweren zen können.
ein PCT-Wert von 6 µg / l im Serum.
Operationen oder nach Verbrennungen
Darunter kommt es bis zum Tag 6
vorkommen. Geringe Procalcitonin- Für eine erfolgreiche Implementie­
zu einer vollständigen klinischen
Werte trotz Infektion sieht man vor rung des PCT in der Klinik müssen
Remission und einem PCT-Wert von
allem bei milden respiratorischen In­fek­- neben einer fundierten Mitarbeiter­
0,56 µg / l im Serum. Nun stellt sich
tionen mit atypischen Erregern (z. B. ausbildung zum Thema (z. B. über
die Frage, ob die Antibiose bereits ab­
Mykoplasmen oder Chlamydien) und Fortbildungen von in der Anwen­
gesetzt werden kann. Entscheidungs­
bei streng lokalisierten bzw. subakuten dung erfahrenen Kollegen) auch die
hilfe kann hier das PCT sein (Abb. 5).
Infektionen (Abszess oder Pleuraem­ Entscheidungsstrukturen der Klinik
Bei einem Abfall des PCT um ≥ 90 %
pyem bzw. Endokarditis). Auch eine (incl. der etablierten ABS-Program­
vom Spitzenwert (6 µg / l auf 0,56
Nierenfunktionseinschränkung mit einer me) an die PCT-Algorithmen ange­
µg / l) kann man sich in diesem Fall für
verminderten renalen Clearance ist ein passt werden. Wenn dieses gelingt,
ein Absetzen der Antibiotikatherapie
relevanter Störfaktor für erhöhte PCT- kann die PCT-gesteuerte Therapie
entscheiden.
Werte, die sich über einen verzögerten helfen, antibiotikaassoziierte Kom­
Abbau des PCT erklärt [36]. So kommt plikationen zu reduzieren, die Letali­
Darüber hinaus kann der initiale PCT-
es bei einer glomerulären Filtrationsrate tät zu senken und den Verbrauch von
Wert eine gewisse Prognoseabschät­
(GFR) unter 30 ml / min zu einer Zu­ Antibiotika zu verringern.
zung ermöglichen. Zeigt der Patient 1 – 2
nahme der Halbwertzeit von 24 Stunden
Tage nach Beginn der Antibiotikathe­
auf 40 Stunden. Im Gegensatz hierzu
rapie keinen Abfall des PCT, muss vor
kommt es bei extrakorporalen Nieren­ Interleukin-6 (IL-6)
ersatzverfahren durch Filtration und allem bei einer begleitenden klinischen
Absorption an die Filter-/Dialysemem­ Verschlechterung ein Therapieversagen IL-6 gehört zur Gruppe der proinflamm­
bran zu einer artifiziellen Minderung der in Betracht gezogen werden. In diesen atorischen Zytokine, die von Immun­
Serum-PCT-Spiegel. Dieses kann dazu Fällen sollte die Diagnose reevaluiert zellen (z. B. Makrophagen) aber auch
führen, dass bei einer dialysepflichtigen und die Wahl der Antibiotika gegebe­ von endothelialen und mesenchymalen
chronischen Niereninsuffizienz das Pro­-
calcitonin für die Diagnose einer bak­
Abbildung 5
teriellen Infektion nicht mehr sinnvoll
verwendet werden kann [37]. In der Empfehlung zum Beginn einer Antibiotikatherapie in der Sepsis
Gesamtschau lässt sich festhalten, dass
auch das Procalcitonin zusammen mit
einer präzisen Anamnese und klinischen PCT­Konzentration PCT­Konzentration PCT­Konzentration PCT­Konzentration
Untersuchung interpretiert werden muss. < 0,25 µg/l 0,25 bis < 0,5 µg/l 0,5 bis < 1 µg/l 1 µg/l

Fallbeispiel: Absetzen der Antibioti­ Antibiotika nicht Antibiotika eher nicht Antibiotika eher Antibiotika
katherapie bei Pneumonie empfohlen empfohlen empfohlen empfohlen

Ein 75-jähriger Patient mit vorbekann­


ter COPD wird vom Rettungsdienst Empfehlung zur Beendigung einer Antibiotikatherapie in der Sepsis
mit Fieber, Dyspnoe, produktivem
Husten und einem reduzierten All­
gemeinzustand in der Notaufnahme PCT­Konzentration PCT­Konzentration PCT­Konzentration
< 0,5 µg/l oder Abfall Wiederanstieg
vorgestellt. Bei einem positiven < 0,25 µg/l oder Abfall < 0,5 µg/l oder Abfall
≥80 % vom Spitzenwert PCT­Konzentration
≥90 % vom Spitzenwert <80 % vom Spitzenwert
quickSOFA-Score wird die Verdachts­
diagnose einer Sepsis gestellt und der
Antibiotika
Patient sofort auf die Intensivstation Antibiotika Antibiotika nach Antibiotika eher
fortsetzen
verlegt. Eine Pneumonie als infek­ absetzen Möglichkeit absetzen fortsetzen
tiologischer Focus wird nach einer
Procalcitonin (PCT)-Algorithmus zum Beginn und zum Ende der Antibiotikatherapie in der Sepsis auf
Röntgenuntersuchung des Thorax der Intensivstation (nach [32]). Tägliche PCT-Messungen werden empfohlen; die klinische Sympto­
und Sputumdiagnostik bestätigt. Bei matik des Patienten bleibt unabhängig vom PCT-Verlauf immer der letztendlich entscheidende Para­
fehlendem spezifischen Erregernach- meter zum Beginn oder Absetzen einer Antibiotikatherapie.

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510  Übersichten Fortbildung

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Zellen bereits zu Beginn der Inflamma­ Schwere der Erkrankung auch dazu Einschränkend ist zu beachten, dass er­
tionsreaktion freigesetzt werden. IL-6 dienen, Hochrisikopatienten zu identi­ höhte IL-6-Konzentrationen auch durch
induziert zusammen mit anderen Zyto­- fizieren und die Therapie entsprechend nicht-infektiöse Ursachen bedingt sein
kinen die Akute-Phase-Reaktion und anzupassen. So konnten IL-6-Konzentra­ können. Darunter fallen zum Beispiel
führt damit auch zur Produktion von tionen über 1.000 pg/ml zum Zeitpunkt • postoperative Komplikationen wie
CRP. Der Anstoß zur Produktion von des Fieberanstiegs beginnende Kompli­ Nahtinsuffizienzen nach großen
IL-6 erfolgt durch Viren, bakterielle Be­ kationen bei Intensivpatienten früher abdominellen Operationen,
standteile wie Lipopolysaccharide (LPS), anzeigen als andere Parameter [38]. • schwere Traumata,
durch Gewebetraumata oder einen Auch eine kürzlich veröffentlichte Meta­ • Verbrennungen,
zellulären Sauerstoff-Mangel, wobei im analyse bestätigt eine gewisse Nützlich­ • Transfusionsreaktionen oder
Rahmen einer bakteriellen Sepsis in der keit von Plasma-IL-6-Konzentrationen • Fieber unbekannter Ursache bei
Regel stark erhöhte IL-6-Serumkonzen­ z. B. für die Diagnose einer bakteriellen neutropenen Patienten [43].
trationen gemessen werden können [38]. Sepsis bei kritisch kranken Patienten Trotz dieser Einschränkungen bieten
[42]. IL-6-Spiegel im Vergleich zu CRP- und
IL-6 wird zum aktuellen Zeitpunkt als IL-6 scheint des Weiteren auch als Pro­ PCT-Spiegeln aufgrund des frühen An­
der schnellste routinemäßig verfüg­- gnosemarker geeignet [43,44]. Dies stiegs einen potenziellen Zeitgewinn
bare Biomarker angesehen, der den wurde unter anderem an Patienten mit in Diagnose, Risikoabschätzung und
frühestmöglichen Nachweis eines in- Sepsis und septischem Schock, bei Pa­ Therapie-Einleitung.
flammatorischen Prozesses erlaubt. tienten mit Fieber sowie bei Patienten
IL-6 ist daher zu frühen Zeitpunkten mit Peritonitis bestätigt [43]. Bei septi­ Die Bestimmung von IL-6 hat auf­
bezüglich Sensitivität und Spezifität schen Patienten korrelierte die Höhe des grund seines schnellen Anstiegs ins­
den anderen Markern gegenüber IL-6-Spiegels sowohl mit der Letalität als besondere in der Frühphase einer
überlegen. auch mit dem Schweregrad der Sepsis, Infektion eine zusätzliche diagnosti­
dem Ausmaß der Organdysfunktion so­ sche Wertigkeit. Erhöhte IL-6-Werte
Der Anstieg von IL-6 auf einen inflamma­ wie mit dem Auftreten eines septischen können sogar vor Auftreten klini­
torischen Reiz erfolgt bereits bis zu 24 Schocks [44]. Eine prospektive Studie scher Symptomatik messbar sein,
Stunden vor dem Auftreten klinischer von 253 septischen Patienten ergab, dass welches eine schnellere Aussage zur
Symptome wie zum Beispiel Fieber [39]. erhöhte IL-6-Konzentrationen mit dem Gefahr einer Infektion oder einer
Im Vergleich zu IL-6-Spiegeln zeigt sich Letalitätsrisiko der Patienten korrelierten. Sepsis und eine frühe Risikostratifi­
beim CRP der Anstieg und das Errei­- Hohe CRP-Spiegel waren im Gegensatz zierung ermöglichen könnte. Daher
chen des Maximalwerts deutlich später dazu nicht mit dem Letalitätsrisiko asso­ kann die Bestimmung des IL-6-Spie­
(Abb. 2). So erwiesen sich erhöhte IL-6- ziiert (45). Eine prospektive Kohorten- gels das bestehende Routine-Panel an
Spiegel zum Zeitpunkt der Aufnahme bei Studie, welche die Letalität von ambu­ infektiologischen Biomarkern sinn­
Intensivpatienten als gute Prädiktoren lant erworbenen Pneumonien ein Jahr voll ergänzen.
einer später nachgewiesenen Bakteriämie nach der Entlassung beurteilte, konnte
[40]. Des Weiteren lassen sich bei Pa­ nachweisen, dass erhöhte IL-6-Spiegel
tienten mit postoperativen Infektionen bei der Entlassung mit einem höheren
bereits sehr früh erhöhte IL-6-Werte Letalitätsrisiko assoziiert waren. Hohe
Fazit
nachweisen [41]. Während postoperativ IL-6-Konzentrationen waren insbeson­ Die sichere Diagnose einer Infektion ist
erhöhte Werte bei komplikationslosem dere mit Tod durch kardiovaskuläre Er­- nach wie vor häufig mit einem direkten
Verlauf rasch wieder abfallen, sind post­- krankungen, malignen Tumoren, Infek­ mikrobiologischen Erregernachweis ver­
operativ deutlich erhöhte IL-6-Konzen­ tionen und Nierenversagen assoziiert bunden, der jedoch nur mit relevanter
trationen sowie ein verzögerter Abfall [46]. Bei chirurgischen Patienten können zeitlicher Verzögerung möglich ist.
in den nachfolgenden Tagen mit infek­ IL-6-Konzentrationen darüber hinaus Auffällige Merkmale der meisten klini­
tiösen Komplikationen assoziiert [41]. auf die Schwere und das Ausmaß des schen Studien sind die Unklarheit und
Aus diesem Grund kommt dem IL-6- Gewebetraumas hinweisen [47]. Ob­ Inkonsistenz der klinischen und mikro­
Plasmaspiegel als Frühmarker insbe­ wohl zahlreiche Studien die prognosti­ biologischen Definitionen. Die frühe
sondere für beginnende Komplikationen sche Wertigkeit von IL-6, insbesondere Diagnose der Infektion, insbesondere
bei Intensivpatienten eine mögliche Be­- in der Frühphase, bestätigen, scheint auch bei einer Sepsis, erfolgt im Allge­
deutung zu. jedoch eine Verlaufskontrolle des PCT- meinen immer noch unspezifisch, weil
Neben der frühen Diagnostik von In­ Spiegels im Zuge der Krankheitsentwick­ es gegenwärtig keine valide Möglichkeit
fektionen können IL-6-Spiegel aufgrund lung besser geeignet zu sein als wieder­ gibt, eine zugrundeliegende Infektion
der guten Korrelation zwischen der holte IL-6-Messungen, um die Prognose unmittelbar zu detektieren oder auch
Höhe der IL-6-Konzentrationen und der der Patienten abzuschätzen [48]. den Übergang einer lokal begrenzten

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Fortbildung Übersichten511

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Infektion zu einer Sepsis vorherzusagen. hypo­tension at admission. Ann Intensive


Literatur Care 2017;7:30
Daher basiert die initiale (Verdachts-)
Diagnose einer Infektion immer noch auf 1. Seymour CW, Gesten F, Prescott HC, 12. Meisner M, Adina H, Schmidt J: Corre­
klinischen Symptomen und klassischen Friedrich ME, Iwashyna TJ, Phillips GS, lation of procalcitonin and C-reactive
et al: Time to Treatment and Mortality protein to inflammation, complications,
Inflammationszeichen, die jedoch eine
during Mandated Emergency Care for and outcome during the intensive care
geringe Spezifität besitzen. Auch die
Sepsis. N Engl J Med 2017;376:2235–2244 unit course of multiple-trauma patients.
Diagnose der Sepsis erfolgt erst, wenn Crit Care 2006;10:R1
2. Nora D, Salluh J, Martin-Loeches I,
sich neben dem Verdacht auf eine In­ 13. Du Clos TW: Pentraxins: structure,
Povoa P: Biomarker-guided antibiotic
fektion auch eine infektions-assoziierte therapy-strengths and limitations. function, and role in inflammation.
Organdysfunktion bereits manifest hat. Ann Transl Med 2017;5:208 ISRN Inflamm 2013;2013:379040
Allerdings wäre eine spezifische Detek­ 3. Pierrakos C, Vincent JL: Sepsis biomar­ 14. Mold C, Gewurz H, Du Clos TW:
tion der sepsis-verursachenden Infektion kers: a review. Crit Care 2010;14:R15 Regulation of complement activation
im Vorfeld wünschenswert, bevor sich 4. Kim H, Hur M, Moon HW, Yun YM, by C-reactive protein. Immunopharma­
ein Sepsis-assoziiertes Organversagen Di Somma S, Network G: Multi-marker cology 1999;42:23-30
mani­festiert. Aus diesem Grund spielen approach using procalcitonin, presepsin, 15. Simons JP, Loeffler JM, Al-Shawi R,
Inflammations-assoziierte Marker für galectin-3, and soluble suppression of Ellmerich S, Hutchinson WL, Tennent GA,
tumorigenicity 2 for the prediction of et al: C-reactive protein is essential for
die Diagnostik, Beurteilung und Ver­
mortality in sepsis. Ann Intensive Care innate resistance to pneumococcal infec­
laufskontrolle einer Infektion eine zu­- tion. Immunology 2014;142:414–420
2017;7:27
nehmend wichtige Rolle. Die in diesem 16. Pepys MB: C-reactive protein fifty years
5. de Jager CP, van Wijk PT, Mathoera RB,
Artikel diskutierten Biomarker der In­- de Jongh-Leuvenink J, van der Poll T, on. Lancet 1981;1:653–657
flammation können die klinische Ent­ Wever PC: Lymphocytopenia and neutro­ 17. Black S, Kushner I, Samols D:
scheidungsfindung ergänzen bzw. un­- phil-lymphocyte count ratio predict C-reactive Protein. J Biol Chem
terstützen. So können diese auf eine bacteremia better than conventional 2004;279:48487–48490
bakterielle Ursache der systemischen infection markers in an emergency care 18. Vincent JL, Donadello K, Schmit X:
Inflammation hinweisen und helfen, den unit. Crit Care 2010;14:R192 Biomarkers in the critically ill patient:
Schweregrad zu stratifizieren. Letztend­ 6. Brunkhorst FM, Weigand MA, Pletz M, C-reactive protein. Crit Care Clin
lich bleiben die klinischen Zeichen Gastmeier P, Lemmen SW, Meier-Hell­- 2011;27:241–251
mann A, et al: [S3 Guideline Sepsis- 19. Huddy JR, Ni MZ, Barlow J, Majeed A,
entscheidend, jedoch können die hier
prevention, diagnosis, therapy, and Hanna GB: Point-of-care C reactive
vorgestellten Biomarker von Nutzen
aftercare : Long version]. Med Klin protein for the diagnosis of lower respi­
sein, um die Verlaufsbeurteilung und Intensivmed Notfmed 2020;115:37–109 ratory tract infection in NHS primary
auch Therapieentscheidungen zum Bei­ 7. Ewig S, Hoffken G, Kern WV, Rohde G, care: a qualitative study of barriers
spiel über das Ende der Antibiotikathe­ Flick H, Krause R, et al: Management of and facilitators to adoption. BMJ Open
rapie zu objektivieren. Adult Community-acquired Pneumonia 2016;6:e009959
and Prevention – Update 2016. Pneu­ 20. Cals JW, Butler CC, Hopstaken RM,
mologie 2016;70:151–200 Hood K, Dinant GJ: Effect of point of
Infektionsmarker können die diagnos­-
tische Präzision (vor allem bei nicht 8. Kapasi AJ, Dittrich S, Gonzalez IJ, care testing for C reactive protein and
Rodwell TC: Host Biomarkers for training in communication skills on
eindeutiger klinischer Symptomatik)
Distinguishing Bacterial from Non- antibiotic use in lower respiratory tract
erhöhen. Trotzdem ersetzen sie nicht Bacterial Causes of Acute Febrile Illness: infections: cluster randomised trial.
das weiterhin entscheidende infek­ A Comprehensive Review. PLoS One BMJ 2009;338:b1374
tiologische und intensivmedizini­ 2016;11:e0160278 21. Aabenhus R, Jensen JU, Jorgensen KJ,
sche Verständnis, da diese im kom­ 9. Holub M, Beran O, Kasprikova N, Hrobjartsson A, Bjerrum L: Biomarkers
plexen klinischen Kontext interpre­- Chalupa P: Neutrophil to lymphocyte as point-of-care tests to guide pre­
tiert werden müssen. Hierbei scheint count ratio as a biomarker of bacterial scription of antibiotics in patients with
vor allem der differenzierte Einsatz infections. Cent Eur J Med 2012;7: acute respiratory infections in primary
mehrerer Marker von Vorteil, um 258-261 care. Cochrane Database Syst Rev
10. Loonen AJ, de Jager CP, Tosserams J, 2014;CD010130
die unterschiedlichen Stärken und
Kusters R, Hilbink M, Wever PC, et al: 22. Schmit X, Vincent JL: The time course of
Schwächen zu berücksichtigen. Die
Biomarkers and molecular analysis blood C-reactive protein concentrations
hier vorgestellten Biomarker sollen to improve bloodstream infection in relation to the response to initial
somit als nützliche Werkzeuge gese­ diagnostics in an emergency care unit. antimicrobial therapy in patients with
hen werden, die vor allem im kom­ PLoS One 2014;9:e87315 sepsis. Infection 2008;36:213–219
plexen Setting der Intensivmedizin 11. Adrie C, Lugosi M, Sonneville R, 23. Povoa P, Coelho L, Almeida E,
helfen können, die Entscheidungen Souweine B, Ruckly S, Cartier JC, et al: Fernandes A, Mealha R, Moreira P,
im Kontext mit der Antibiotikathera­ Persistent lymphopenia is a risk factor et al: C-reactive protein as a marker of
pie zu optimieren. for ICU-acquired infections and for infection in critically ill patients.
death in ICU patients with sustained Clin Microbiol Infect 2005;11:101–108

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512  Übersichten Fortbildung

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24. Parlato M, Philippart F, Rouquette A, 34. Westerdijk K, Simons KS, Zegers M, 44. Rosenbloom AJ, Pinsky MR, Bryant JL,
Moucadel V, Puchois V, Blein S, et al: Wever PC, Pickkers P, de Jager CPC: Shin A, Tran T, Whiteside T: Leukocyte
Circulating biomarkers may be unable The value of the neutrophil-lymphocyte activation in the peripheral blood of
to detect infection at the early phase count ratio in the diagnosis of sepsis in patients with cirrhosis of the liver and
of sepsis in ICU patients: the CAPTAIN patients admitted to the Intensive Care SIRS. Correlation with serum inter­
prospective multicenter cohort study. Unit: A retrospective cohort study. PLoS leukin-6 levels and organ dysfunction.
Intensive Care Med 2018;44:1061–1070 One 2019;14:e0212861 JAMA 1995;274:58-65
25. Sankar V, Webster NR: Clinical appli­ 35. Iankova I, Thompson-Leduc P, Kirson NY, 45. Suarez-Santamaria M, Santolaria F,
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© Anästh Intensivmed 2021;62:501–512 Aktiv Druck & Verlag GmbH

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