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Wehrwissenschaftliche Forschung

Jahresbericht 2021
Wehrwissenschaftliche Forschung für deutsche Streitkräfte
Wehrwissenschaftliche Forschung
Jahresbericht 2021
Wehrwissenschaftliche Forschung für deutsche Streitkräfte
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Vorwort 6 7

Ministerialrat Gerhard Coors

Referatsleiter A III 5
Bundesministerium der Verteidigung

Wehrwissenschaftliche Forschung für die Streitkräfte

Zurückblickend war das Jahr 2021 mit dem Ende Die wehrwissenschaftliche Forschung mit ihren bemannte Systeme, Biotechnologien, Weltraum,
des Afghanistan-Einsatzes, der Hochwasser- und Forschungsbereichen Quantentechnologie und Cybersicherheit, spiegel-
Coronahilfe und den parallellaufenden Einsätzen • Wehrtechnische Forschung, ten sich natürlich auch 2021 in den Forschungs-
eines der Anspruchsvollsten in der Geschichte • Wehrmedizinische und Militärpsychologische vorhaben der wehrwissenschaftlichen Forschung
der Bundeswehr. Es hat sich wieder gezeigt, dass Forschung, wider. Es werden hier zumeist im Rahmen von
die sicherheits- und verteidigungspolitischen • Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaft- Dual-Use und nach dem Add-On-Prinzip For-
Herausforderungen für Deutschland nicht ab- liche Forschung, schungsansätze und -ergebnisse aus der aktuellen
nehmen. Weiterhin blieb der Trend zu höherer • Geowissenschaftliche Forschung und zivilen Forschung aufgegriffen und für den Bedarf
Volatilität und Komplexität der Aufgaben der • Cyber / Informationstechnische Forschung der Streitkräfte weiterentwickelt.
Bundeswehr auch 2021 ungebrochen. liefert zur Erfüllung dieser Aufgaben einen be-
deutenden Beitrag. Sie stellt der Bundeswehr die Der hier vorliegende Jahresbericht 2021 fasst
In diesem schnelllebigen und anspruchsvollen notwendigen Technologien und wissenschaftlichen Beiträge aus den verschiedenen Forschungsbe-
Umfeld hat die Bundeswehr folgende Aufgaben Erkenntnisse zur Verfügung, um auch zukünftige reichen der wehrwissenschaftlichen Forschung
zu erfüllen: Herausforderungen meistern zu können, und un- beispielhaft zusammen und gibt einen Überblick
• Landes- und Bündnisverteidigung im Rahmen terstützt dabei, neue Bedrohungen frühzeitig zu über die Highlights der wehrwissenschaftlichen
der NATO und gemäß den Vorgaben der Euro- erkennen. Die wehrwissenschaftliche Forschung Forschung im Jahr 2021.
päischen Union sichert so die Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr.
• Cybersicherheit /-verteidigung Ergänzend trägt sie zur technologischen Souverä-
• nationales Risiko- und Krisenmanagement nität Deutschlands und Europas bei.
• Heimatschutz und „Host Nation Support“
• Betrieb der Basis Inland Die großen Forschungsthemen unserer Zeit, wie
z. B. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, un- Gerhard Coors
Inhalt 8 9

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Vorwort 06 Wehrwissenschaftliche Forschung für deutsche Streitkräfte 50 V3C: Verlegefähiges und kompaktes Kontrollzentrum für Kleinsatelliten
52 Signalerfassende raumgestützte Aufklärung mit TerraSAR-X / TanDEM-X
Teil 1 13 Wehrtechnische Forschung 54 Kosteneffiziente Fertigung von Triebwerkseintrittsleitschaufelstrukturen aus Verbundwerkstoffen
56 Entwicklung von Infrarot-Lichtquellen für DIRCM-Gegenmaßnahmen
14 Hochenergielaser-Reflexionsmessungen – Lasersicherheitsbetrachtungen 58 Hypersonische Forschungsarbeiten am Deutsch-Französischen ­Forschungsinstitut
16 Das Vorhaben OCEAN2020 – Verbessertes maritimes Lagebild mittels ­vernetzter Saint-Louis (ISL)
ISTAR-Fähigkeiten 60 Simulation und Modellbildung für aerodynamische Anwendungen
18 Werkstoffmechanik des endballistischen Versagens von transparenten Schutzwerkstoffen 62 Die MedXFit-Studie – Einfluss von CrossFit®-Training auf Kraft, Mobilität, Rückenproblematiken
bei Beschuss und Wohlbefinden bei Soldaten und Soldatinnen sowie Zivilangestellten der Bundeswehr
20 Werkstoffdesign für Anwendungen in der Ballistik am Beispiel von 3D-gedrucktem 64 Verträglichkeit von konventionellen und additiv gefertigten Elastomeren mit synthetischen
­Wolfram-Komposit ­Kraftstoffen
22 Intelligente, vernetzte HF-Sensorik 66 Maschinelles Lernen auf Quantencomputern: Die Zukunft für Angreifer-Verteidiger-Szenarien
24 Agiles Entwickeln und Überprüfen von Waffensystemen mit begreifbarer erweiterter Realität 68 Perspektiven der deutschen sicherheitspolitischen Kooperation im ­Westpazifik aus der Sicht des
(tangible XR) internationalen Systems – Relevanz für das sicherheitspolitische Handeln des BMVg
26 Sensordatenfusion und Ressourcenmanagement als Kernfunktionen für FCAS/NGWS 70 Die Entwicklung des Hamburger Stärkentests „Berufe Radar“ als Berufsorientierungstool
28 Abwehr von autonomen Kleindrohnen und Drohnenschwärmen – Einsatzmöglichkeiten für Absolventinnen und Absolventen sowie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger
von High Power Electromagnetics (HPEM) 72 Ärztliche Weiterbildung im Fokus: Das Forschungsprojekt „Evaluation, Konzeptionalisierung und
30 Untersuchung der Empfindlichkeit moderner selbstsperrender GaN-Leistungshalbleiter Implementierung arbeitsprozessorientierter ärztlicher Weiterbildung am BwK Hamburg (E.K.I.)“
auf hochenergetische Neutronen 74 Strukturelles Kleben von Luftfahrzeugstrukturen bestehend aus H
­ ochleistungsthermoplasten
32 3D-Echtzeit-Millimeterwellenkamera und darauf basierenden Kohlenstofffaser­verbundwerkstoffen (Thermoplastic Bonding)
34 Verschränkte Photonenpaare aus miniaturisierten Photonenquellen 76 Entwicklung eines validierten und einheitlichen Prüfaufbaus für m
­ enschliche Hautsurrogate für
36 Die Rettungskette der Zukunft die Untersuchung der Wirkung Nichtletaler Wirkmittel in Form von kinetischen Projektilen
38 Analyse und Bewertung von Gesundheits- und Umweltaspekten beim ­Einsatz von 78 Neue technologische Entwicklungstrends in der Detektion und ­Identifikation ionisierender
Irritationskörpern im Übungsbetrieb ­Strahlung
40 Realisierung signaturarmer Brennstoffzellen-APUs mit heutigen l­ ogistischen Kraftstoffen 80 Ein kompakter Sensor zur Detektion und Klassifikation von Angriffen mit gepulster
42 Holistische Risikomodellierung zur optimierten Planung von U
­ AS-Missionen ­elektromagnetischer Strahlung hoher Leistung
44 DRONAR – Ein drohnengetragenes Radar zur Detektion von Landminen und Sprengfallen 82 Additive Fertigung von Elektronik
46 Intelligentes GPS Spoofing zur Abwehr von Angriffen mit unbemannten Luftfahrzeugen 84 Kunststoffpyrolyse
48 Hyperspektrale Fernerkundung 86 3D-bildgebende Sensorik für die Detektion von vergrabenen Kampfmitteln
Inhalt 10 11

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88 Rapid Deployable Reconnaissance System (RDRS) Teil 3 127 Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaftliche Forschung
90 Entwicklung, Inbetriebnahme und Test eines modernen 900N Turbostrahltriebwerks
92 Sedimenttransport und Minenversandung 128 Politische Zwecke und Ziele des internationalen militärischen ­Afghanistan-Engagements
94 Messung elektrischer und magnetsicher Signaturen mit unbemannten Unterwasserfahrzeugen in den Jahren 2001 – 2014
96 Der virtuelle Handlungstrainer – Neue Möglichkeiten in der Teamausbildung 130 Sozialwissenschaftliche Forschung zur Digitalkultur in der Bundeswehr

Teil 2 99 Wehrmedizinische und Militärpsychologische Forschung Teil 4 133 Geowissenschaftliche Forschung

100 Evaluierung der Leistungsfähigkeit von SARS-CoV-2 Antigenschnelltests 134 Herausforderungen der Her- und Bereitstellung digitaler ­Geoinformationen
102 Rationales Wirkstoff-Design von Antidoten für die Behandlung von Nervenkampfstoffvergiftungen 136 Vogelzugvisualisierung mittels Machine Learning – Entwicklung eines M­ odells zur Erkennung
104 Fitnessregister „Grundausbildung Heer“ als Element zur Leistungsüber­prüfung und Trainings­ von Vogelzugmustern in Radardaten
steuerung sowie für ein evidenzbasiertes Lagebild 138 Vorhersage der Waldbrandgefährdung für Infrastruktur und Personal der Bundeswehr in
106 Deutsch-japanische Entwicklung eines neuen Softwaretools zur O
­ ptimierung medizinischer ­Grundbetrieb, Ausbildung und Einsatz
­Gegenmaßnahmen bei Radioiodexposition
108 Isolierte Unterbringung und Quarantäne vor dem Einsatz: Einfluss auf Adhärenz und psychosoziales
Wohlbefinden Teil 5 141 Forschung Cyber / Informationstechnik
110 Luft- und raumfahrtmedizinisch relevante Befunde des Zentralen ­Nervensystems – Internationale
Lösungsansätze für mehr Flugsicherheit 142 ErzUntGlas – Erzeugung eines gläsernen Gefechtsfeldes zur Unterstützung dynamischer ­
112 Tauchmedizinische Untersuchung auf mögliche Residuen nach SARS-CoV-2 Infektion vor Operationen
­Wiederaufnahme des Taucherdienstes – Klinische Beobachtungsstudie an betroffenem Personal 144 Moderne Kurzwellen-Kommunikation
der Bundeswehr 146 Adversariale Angriffe gegen textverarbeitende Künstliche Intelligenz (KI)
114 Identifikation von prädiktiven Biomarkern für den schweren Verlauf einer COVID-19 Erkrankung 148 Design informationssicherer Field Programmable Gate Arrays (FPGAs)
116 Die Entwicklung und Anwendung eines 3D-Druckverfahren nutzenden ­Ausbildungsmoduls
zur Trepanationsplanung
118 Der „Terror and Disaster Surgical Care“-Kurs (TDSC®) Teil 6 151 Anhang
120 Erweiterte Evaluation molekularer Diagnostikverfahren für tropische Parasitenerkrankungen
122 Der digitale Weg des Verwundeten – Künstliche Intelligenz im Dienst der Patientenversorgung 152 Adressen und Kontakte
124 Die Testpsychologie Psychische Fitness im Psychologischen Dienst der Bundeswehr 158 Impressum
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Wehrtechnische Forschung

Das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr bedingt eine intensive Die Durchführung wehrtechnischer Forschung und Techno-
Beobachtung und Erschließung aller für wehrtechnische logie (F&T) in Deutschland erfolgt
Anwendungen relevanten natur- und ingenieurwissenschaft- – in bundeswehreigenen Wehrwissenschaftlichen und
lichen Felder. Für die hierzu erforderliche Analyse- und Bewer- Wehrtechnischen Dienststellen,
tungsfähigkeit werden überwiegend Erkenntnisse der zivilen – im Rahmen einer anteiligen Grundfinanzierung bei der
Forschung aufgegriffen und technologische Entwicklungen Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten
hinsichtlich ihrer zukünftigen militärischen Verwendbarkeit Forschung e. V. (FhG) und dem Deutschen Zentrum für
bzw. ihres Bedrohungspotenzials analysiert. Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) sowie dem Deutsch-Franzö-
sischen Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) und
Zur Weiterentwicklung der Fähigkeiten der Bundeswehr und – im Rahmen einer projektfinanzierten Forschung durch die
Fokussierung auf wichtige Fragestellungen werden strategische Vergabe von F&T-Aufträgen und Zuwendungen an Dritte,
Interessenfelder identifiziert und relevante Zukunftstechnolo- d. h. an Industrie und Wirtschaft, Universitäten und Hoch-
gien zeitgerecht bis zur Produktnähe vorangetrieben. Dabei ist schulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.
die eigene technologische Souveränität auf dem Gebiet natio-
naler Schlüsseltechnologien zu erhalten und auszubauen. In den nachfolgenden Artikeln werden Beispiele von wehr-
technischen F&T-Aktivitäten des Jahres 2021 aus diesen drei
Ziel ist es letztlich, das Handlungs- und Leistungsvermögen der Durchführungsbereichen dargestellt.
Bundeswehr durch verstärkte Nutzbarmachung neuer Ideen
und schnelle Umsetzung von technologischen Innovationen
zu sichern und zu verbessern, um zeit- und auftragsgerecht die
erforderliche Ausrüstung für die Bundeswehr zur Verfügung
zu stellen.
Forschungsaktivitäten 2021 14 15

M. Sc. Michael Henrichsen Dr. Bernd Eberle und gefährlich sein können. Das macht eine realistische Gefähr- Dabei können sogenannte Kaustiken entstehen, die wenig
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik
und Bildauswertung IOSB und Bildauswertung IOSB dungsbeurteilung entsprechend komplex, da eine Festlegung mit der initialen Reflexionscharakteristik der Materialien
Ettlingen Ettlingen
des Lasergefährdungsbereichs als eine Hemisphäre mit dem gemein haben. Die Form dieser Kaustiken und damit deren
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Radius der NOHD um den Laser deutlich zu groß ist. Folglich dynamische Intensitätsverteilung ist jedoch von der Betrach-
muss der bisher ausschließlich genutzte klassische Berech­ tungsentfernung abhängig.
nungs­weg verlassen werden.
Mit einer am Fraunhofer IOSB erarbeiteten Computersimula-
Hochenergielaser-Reflexionsmessungen – Lasersicherheitsbetrachtungen Die gesetzlichen Regelungen, hier insbesondere die „Verord- tion kann, basierend auf diesen Experimenten, die entfernungs-
nung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch abhängige Entwicklung der Intensitätsverteilung der Kaustiken
künstliche optische Strahlung (OStrV)“ können jedoch nach analysiert werden. Hierbei wird die geschmolzene Metallober-
OStrV §1 (3) explizit auch „Ausnahmen von den Vorschriften fläche mittels eines speziellen Wellenmodells beschrieben,
Klassische Lasersicherheitsbetrachtungen basieren im Der klassische Weg, die Gefährdung von Personen hinsichtlich dieser Verordnung zulassen“. Im letzten Satz dieses Absatzes dessen Parameter anhand der experimentellen Ergebnisse
Wesentlichen auf der Berechnung von Gefahrenabständen. der Bestrahlung durch Laserlicht zu ermitteln, basiert aner- wird dann aber auch gefordert: „In diesem Fall ist gleichzeitig bestimmt werden.
Für den Einsatz von Hochenergielasersystemen im Freien kannterweise auf den von der Arbeitssicherheit vorgegebenen festzulegen, wie die Sicherheit […] auf andere Weise gewähr-
ist solch eine Betrachtung unzureichend. Unabdingbar sind konservativ festgelegten Expositionsgrenzwerten. Üblicherweise leistet werden [kann].“ Insgesamt ermöglichen es unsere Analysen, angepasste Ge-
Risikoberechnungen, welche die vom Ziel reflektierte Laser- erfolgt dies durch Berechnung des Gefahrenabstandes (NOHD, fährdungsbereiche für reflektierte Laserstrahlung festzulegen
strahlung einschließen, was Experimente und eine Simula- engl.: Nominal Ocular Hazard Distance), welcher für ideale An einem alternativen Weg wird am Fraunhofer-Institut für und eine Grundlage für Risikobetrachtungen bei komplexen
tion der entfernungsabhängigen Intensitätsverteilungen Laserstrahlausbreitung angibt, wie weit man von einer spezi- Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, IOSB geforscht, Reflexionscharakteristiken zu legen. Derartige Betrachtungen
erfordert. fischen Laserquelle mindestens entfernt sein muss, damit für indem die Reflexionseigenschaften von typischen Zielen bei sind die Voraussetzung für eine notwendige adäquate wahr-
einen Blick in den direkten Laserstrahl Augenverletzung mit Bestrahlung mit HEL-Strahlung experimentell untersucht scheinlichkeitsbasierte Gefährdungsbeurteilung gegenüber
hoher Sicherheit ausgeschlossen werden können. Darüber werden. Darauf aufbauend lässt sich eine Analyse durchführen, unbeteiligten Personen bei einem HEL-Einsatz im Freien.
hinaus geht man grundsätzlich davon aus, dass die Gefahr mit welcher sich die Wahrscheinlichkeit der Gefährdung einer
immer vorhanden ist – der nicht unwichtige Aspekt, wie wahr- unbeteiligten Person für das jeweilige Szenario ermitteln lässt. Die Abb. 1 bis 3 zeigen Reflexionscharakteristiken von Metall-
scheinlich und wie lange eine Person überhaupt gefährdet sein Es hat sich gezeigt, dass bei den untersuchten Proben (wie z. B. proben. Die ersten beiden Abb. zeigen Reflexionen vor dem
könnte, bleibt in der Regel völlig unberücksichtigt. Aluminium, Stahl, Weißblech) die reflektierte Laserstrahlung Aufschmelzen. In der dritten Abb. sind Kaustiken zu sehen und
in erster Linie eine größere Strahldivergenz gegenüber der auf rechts eine entsprechende Kaustik-Simulation.
Wenn es um den Einsatz von Hochenergielasern (HEL) im Freien das Ziel fokussierten Laserstrahlung aufzeigt. Die NOHD der
geht und sich aufgrund der Gegebenheiten kein definierter reflektierten Strahlung wird dadurch, gegenüber der eigent­
Sicherheitsbereich (eingegrenzter Bereich mit Gefahrenabstand lichen NOHD des Lasers, um Größenordnungen reduziert.
und Pufferwinkel) einrichten lässt, ist eine konservative Berech- Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass durch Lasereinwirkung
nung der NOHD unzureichend. Zu berücksichtigen sind auch aufschmelzende Metalloberflächen eine sich zeitlich schnell
Lichtreflexionen, die an bestrahlten Gegenständen entstehen ändernde, sehr individuelle Reflexionscharakteristik entwickeln.

Abb. 1: Reflexion von Nahinfrarot (NIR)-Laserstrahlung an einem Abb. 2: Testziel im mittleren unteren Bereich vor der Reflexionswand Abb. 3: Kaustiken und rechts eine entsprechende Kaustik-Simulation
Bolometer-Objektiv
Forschungsaktivitäten 2021 16 17

Dipl.-Inform. Wilmuth Müller Dr.-Ing. Arne Schumann M. Sc. Mathias Anneken


Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik
und Bildauswertung IOSB und Bildauswertung IOSB und Bildauswertung IOSB
Karlsruhe Karlsruhe Karlsruhe

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Das Vorhaben OCEAN2020 – Verbessertes maritimes Lagebild mittels über die vorbereitende Maßnahme der Europäischen Union Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
­vernetzter ISTAR-Fähigkeiten zur Verteidigungsforschung (Preparatory Action on Defence Bildauswertung, IOSB, leitete das Arbeitspaket „Technologie-
Research, PADR) finanziert, Projektträger war die Europäische entwicklung und simulierte Übungen“, in dem es Algorithmen
Verteidigungsagentur (EDA). zur Datenfusion und Tracking sowie zur automatischen
Unbemannte autonome Systeme ermöglichen es, die Reich- Bei multinationalen Verteidigungsoperationen auf Ebene der Schiffsdetektion in Videodaten entwickelte sowie seine Lage-
weite und Kontinuität der maritimen Überwachung und EU oder der NATO ist der Austausch von Überwachungs- und Die Hauptaufgabe bestand darin, etablierte und neue Techno- darstellungssoftware DigLt weiterentwickelte und an die
Aufklärung zu steigern und somit das Lagebild mittels Aufklärungsdaten wesentlich, um rasch handeln zu können. logien für unbemannte Systeme (UxS), ISTAR-Nutzlasten sowie Bedürfnisse von OCEAN2020 anpasste. Diese Anteile wurden
„Intelligence, Surveillance, Target Acquisition and Recon- Im Kontext der Seestreitkräfte ist es das Ziel, ein einheitliches Effektoren zu integrieren und die vielfältigen Daten und In- zu einem experimentellen Führungsinformationssystem
naissance“ (ISTAR) zu verbessern. Das von der EU geförderte Seelagebild zu erzeugen und aufrechtzuerhalten, das allen formationen zu einem einheitlichen Lagebild zu fusionieren. integriert (Abb. 1). Die Ergebnisse des Arbeitspaketes, an dem
und von der EDA als Projektträger beauftragte Forschungs- an der Operation Beteiligten als Entscheidungsgrundlage zur Dafür verbindet das System auf taktischer Ebene unbemannte 20 Projektpartner beteiligt waren, wurden in einer Reihe von
projekt OCEAN2020 entwickelte die dazu notwendigen Verfügung steht. Plattformen – insbesondere Drohnen, unbemannte Wasser- simulierten Übungen erprobt. Parallel dazu entwickelte das
Technologien und erprobte diese in einer Reihe von simu- fahrzeuge und unbemannte U-Boote –, ihre Kontrollstationen Fraunhofer IOSB einen Schwarm autonomer, unbemannter
lierten Übungen und Live-Demonstrationen. Eine der Schlüsselfähigkeiten zur Erzeugung eines einheitlichen sowie Funktionalitäten zur Sensordatenauswertung und -fusion Wasserfahrzeuge, WaterStrider, und ein autonomes Unter-
Seelagebildes ist ISTAR – also der Gesamtprozess aus Nachrich- mit dem Führungsinformationssystem des Schiffes. wasserfahrzeug DEDAVE2000.
tengewinnung, Überwachung, Zielerfassung und Aufklärung.
Die auf Führungsinformationssystem-Ebene fusionierten Diese sowie das experimentelle Führungsinformationssystem
Der Einsatz unbemannter oder sogar autonomer Systeme Informationen werden über etablierte interoperable Daten- wurden im August 2021 an Bord des Forschungsschiffes PLANET
zusätzlich zu bemannten Einheiten hat das Potenzial, die Reich- verteilungsmechanismen wie MARSUR oder Coalition Shared der WTD 71 zum Abschluss des Projektes in einer Live-Demons-
weite und Kontinuität der maritimen Überwachung und Data (CSD) den höheren Führungsebenen, also insbesondere tration in der Ostsee vorgeführt (Abb. 2 und Abb. 3). Das bei
Aufklärung zu steigern und somit das Lagebild zu verbessern. den maritimen Operationszentren (engl. Maritime Operation der Live-Demonstration erzeugte Lagebild wurde mittels eines
Center, MOC) auf nationaler und EU-Ebene, zur Verfügung Prototyps eines EU Maritime Operation Centers, der vom IOSB
Die technischen Möglichkeiten diesbezüglich auf ein neues gestellt. Diese sind somit unmittelbar mit den operativen zusammen mit einem weiteren Projektpartner erstellt worden
Niveau zu heben, war das Ziel des 2018 gestartete Forschungs- Kommandos und Einheiten verbunden, wobei jeweils konfi- war, in Brüssel bei der EDA vorgestellt (Abb. 4).
projektes OCEAN2020 (Open Cooperation for European mAriti- gurierbar ist, welche Daten in welcher Informationstiefe an
me awareNess) mit 43 Partner aus 15 EU-Ländern. Es wurde wen kommuniziert werden.

Abb. 1: Maritime Lage des Live Trials in der Ostsee. Der WaterStrider Abb. 2: WaterStrider an Bord des Forschungsschiffes PLANET Abb. 3: Ein WaterStrider auf Mission Abb. 4: Präsentation des Live-Trials anhand des Prototyps
Schwarm bildet eine Überwachungsbarriere zur Detektion von Angriffen EU Maritime Operation Center in Brüssel
aus dem Süden
Forschungsaktivitäten 2021 18 19

Dr. Steffen Bauer Beim Auftreffen des Projektils, beispielsweise panzerbrechender liegt hier in einer Modellbeschreibung, um das dynamische
Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik,
Ernst-Mach-Institut, EMI Munition (AP), werden im Schutzwerkstoff auch sehr schnell Versagensverhalten des Glases physikalisch korrekt für ver-
Freiburg
propagierende Stoßwellen ausgelöst. Es kommt zu einer Vor- schiedene Annahmen wie Lagenausführung, Glasausführung,
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schädigung des Schutzwerkstoffs örtlich vor dem eindringenden Projektilausführung und Auftreffbedingungen, wie z. B. die
Projektil (Abb. 1, links). Entscheidend für den ballistischen Wi- Projektilgeschwindigkeit, präzise vorhersagen zu können.
derstand der Schutzanordnung ist daher die Festigkeit dieses
vorgeschädigten Materials. Der Grad der Vorschädigung wiede- Mit derartigen prognosefähigen numerischen Simulations-
Werkstoffmechanik des endballistischen Versagens von transparenten rum hängt von der Impaktgeschwindigkeit und der Art des modellen sollen zukünftig die Einflüsse der verschiedenen
Schutzwerkstoffen bei Beschuss Projektils ab. Daher ist die Werkstoffmechanik dieses dynami- Parameter effizient untersucht werden, um neue Schutzan-
schen Versagensprozesses auf der Basis einer hinreichenden ordnungen hinsichtlich Gewicht, Dicke und Schutzniveau zu
Charakterisierung und Modellierung des jeweiligen Schutzwerk- optimieren. Hierzu werden in weiterführenden Untersuchungen
Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach- Eine transparente Panzerung muss die Insassen vor ballisti- stoffs detailliert zu beschreiben. verschiedene Glassorten mit den neu entwickelten Methoden
­Institut EMI erforscht, wie der transparente Schutz von schen Projektilen schützen und dabei hohe Anforderungen charakterisiert und die Konzepte in erweiterter Form auch auf
gepanzerten Fahrzeugen gegen ballistische Bedrohungen an die optischen Eigenschaften erfüllen. Das Fraunhofer EMI Die vorhandenen Analysemethoden wurden grundlegend transparente Keramiken angewendet.
durch eine tiefergehende Analyse der dynamischen Impakt- erforscht neuartige Ansätze und Methoden zur wissenschaftlich überarbeitet und an Werkstoffproben eine umfangreiche
prozesse mittels numerischer Simulationen gesteigert werden fundierten Optimierung der transparenten Panzerung hinsicht- hochdynamische Beschussserie bei hohen Auftreffgeschwin- Mit den neuen werkstoffmechanischen Modellen soll zudem
kann. Zur Verbesserung aktueller werkstoffmechanischer lich Schutzwirkung, Gewicht und insbesondere Dicke, was digkeiten von bis zu 3000 m/s durchgeführt. Es wurde eine untersucht werden, auf welche Weise sich die Wirksamkeit
Modelle wurden neue Charakterisierungsmethoden für ebenfalls für die erzielbaren optischen Eigenschaften von Vorteil neue Methodik entwickelt, um die Festigkeit von vorgeschädig- transparenter Panzerungen gegen Infanteriemunition, bei-
spröde Werkstoffe entwickelt. ist. Für ein Verbundsicherheitsglas als transparentes Schutz- tem Glas zu charakterisieren. Hierbei wird die Rissdichte in spielsweise durch das Hinzufügen von Frontschichten aus
system sind eine geeignete Kombination von spröden und dynamisch geschädigten Glaszylindern in Durchlichtauf- transparenter Keramik, steigern lässt. Weiterhin wird das Poten-
duktilen Materialien (Gläser, Keramiken, Klebstoffe, Kunststoffe) nahmen (Abb. 2) und durch Röntgencomputertomografie zial einer Gewichtseinsparung durch höhere Kunststoffanteile
sowie die optimale Wahl der einzelnen Lagendicken notwendig. ermittelt. Anschließend erfolgt die Messung der schädigungs- untersucht. Zur Steigerung der Mehrfachtreffersicherheit
abhängigen Festigkeit der Glasproben in einem weiterent- werden Simulationsstudien mit multiplem Projektilimpakt
Hierbei ist die Prognosefähigkeit numerischer Simulationen auf wickelten Druckversuch. durchgeführt und der Einfluss der Vorschädigung der Panze-
der Basis aktueller Werkstoffmodelle noch nicht hinreichend. rung numerisch untersucht.
Aus diesem Grund wurden am Fraunhofer EMI bestehende Die Relevanz dieser erweiterten werkstoffmechanischen Be-
Charakterisierungsmethoden für spröde und insbesondere schreibung des endballistischen Versagens konnte bereits für
transparente Schutzwerkstoffe weiterentwickelt. Der Fokus ein gebräuchliches Modell aus der Literatur durch eine erheb-
aktueller Arbeiten liegt hierbei auf Impaktszenarien gegen Lami­ liche Steigerung der Modellierungsgenauigkeit für ein exem-
nate aus Kalk-Natron-Glas als transparenten Schutzwerkstoff, plarisches ballistisches Szenario mit Starrkörperpenetration
allerdings sind die entwickelten Methoden zukünftig auch auf (AP-Munition) gegen ein Verbundsicherheitsglas demonstriert
andere spröde Materialien anwendbar. werden (Abb. 1, Mitte und rechts). Die große Herausforderung

Abb. 1: Links: Aufbau des transparenten Schutzelements mit Lagen einstellbarer Dicke von Glas (gelb), Klebschichten (grau) und einer Abb. 2: Experimentelle Durchlichtaufnahmen von dynamisch geschädigten Glaszylindern.
Abschlussschicht (blau) zur Unterdrückung von Glassplitterflug. Mitte: Prognose (Simulation) des Versagensverhaltens eines transparenten Das verbesserte werkstoffmechanische Modell für Schutzglas ­ermöglicht eine genauere Beschreibung
Schutzelements für eine exemplarische Lagendickenauswahl bei dem Eindringen eines Projektils. der beobachteten Rissdichten, die mit steigender Impaktgeschwindigkeit signifikant zunehmen
Rechts: Das im Experiment beobachtete Versagensverhalten für das Schutzelement stimmt in wesentlichen Eigenschaften, wie dem
Rissverlauf, sehr gut mit der Prognose durch die numerische Simulationsrechnung mit dem werkstoffmechanischen Modell überein
Forschungsaktivitäten 2021 20 21

Martin Jäcklein
Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik,
Ernst-Mach-Institut, EMI
Freiburg

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Werkstoffdesign für Anwendungen in der Ballistik am Beispiel von werkstoff aufgeschmolzen, der die Wolframpartikel umschließt Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-
3D-gedrucktem Wolfram-Komposit und anschließend wieder erstarrt (Abb. 1). Im Vergleich zu Institut, EMI baut hier für die jeweiligen Anwendungsgebiete
reinem Wolfram kann auch hier eine erhöhte Festigkeit und ein Technologieportfolio für die additive Fertigung von wehr-
Duktilität erreicht werden (Abb. 2). technisch relevanten Werkstoffen auf, um damit innovative
3D-Druckverfahren bieten das Potenzial, neue Werkstoffe Für ballistische Anwendungen sind Werkstoffe mit besonders Lösungskonzepte zu ermöglichen.
auch als Verbundwerkstoffe für die jeweilige Anwendung hoher Dichte von Interesse, da in besonders relevanten Ge- Das 3D-Druckverfahren ermöglicht eine endkonturnahe Her-
zu designen. Dies gilt für den jeweiligen Grundwerkstoff schwindigkeitsbereichen das Penetrationsvermögen bei identi- stellung auch von komplexen Bauteilen, wodurch die aufwendige
und darüber hinaus für dessen lokale Eigenschaften. Bei- scher Impaktgeschwindigkeit mit der Werkstoffdichte ansteigt. Verarbeitung von Halbzeugen entfällt.
spielsweise kann beim selektiven Laserschmelzen (Laser Eine Voraussetzung ist jedoch eine ausreichende Festigkeit des
Powder Bed Fusion, LPBF) für Metalle durch die örtliche Werkstoffs. Reines Wolfram hat zwar eine der höchsten Dichten Durch eine gezielte Parameterführung im LPBF-Prozess
Variation der Laserstrahlintensität der generierte Werk- aller Elemente, weist jedoch ein sprödes Bruchverhalten auf. ist es zudem möglich, die Werkstoffeigenschaften lokal zu
stoff strukturiert werden. Auf diese Weise können Funk­ Aus diesem Grund werden für ballistische Anwendungen Wolf- beeinflussen. Hierdurch können Bauteilfunktionalitäten im
tionen direkt in Bauteile integriert werden. ramschwermetalle verwendet, bei denen Wolframpartikel in strukturellen Aufbau direkt integriert werden. Ein Beispiel
eine Matrix aus Nickel-Eisen oder Nickel-Kupfer eingebettet hierfür stellt ein Bauteil dar, das beim Anliegen hoher Drücke
sind. Auf diese Weise werden im Verbundwerkstoff sowohl sehr kontrolliert fragmentieren soll. Dies kann einerseits durch
hohe Dichten als auch die notwendige Duktilität und Festigkeit eine geometrische Formgebung mittels Kerbungen erreicht
erreicht. werden (Abb. 3, links).

Solche Metall-Matrix-Verbundwerkstoffe (metal matrix com- Andererseits können beispielsweise durch lokal verringerte
posites, MMCs) können auch in 3D-Druckverfahren wie dem Laserstrahlleistungsdichten gezielt Bereiche unvollständiger
LPBF-Verfahren erzeugt werden. Durch die Einstellung der Metallpulveraufschmelzung erzeugt werden, wodurch eine
Pulveranteile von Wolfram und dem Matrixwerkstoff, für zylindrische Innenwandgeometrie beibehalten werden kann.
den beispielsweise Stahl zum Einsatz kommen kann, kann die Diese definierten, schwächeren Werkstoffbereiche fungieren
Dichte des resultierenden MMCs definiert werden. Im additiven dann unter Druckbelastung als Sollbruchstelle (Abb. 3, rechts).
Fertigungsprozess wird dann mittels Laserenergie der Matrix-

Abb. 1: Dieses Beispiel eines 3D-gedruckten Stahl-Wolfram-MMCs Abb. 2: Die Aufnahme eines Stahl-Wolfram-Kompositwerkstoffs mit einem Abb. 3: Beispiele für die Integration von Bauteilfunktionalität in den strukturellen Aufbau.
zeigt eine hohe erreichbare relative Dichte und eine gleichmäßige Rasterelektronenmikroskop zeigt Bruchflächen von Verstärkungspartikeln Links: Kerbungen sorgen für eine kontrollierte Fragmentierung beim Anliegen hoher Drücke.
Mikrostruktur nach Spaltung im Zugversuch Rechts: Erzeugung von Sollbruchstellen durch unvollständige Aufschmelzung des Metallpulvers
durch lokal verringerte Laserstrahlleistungsdichten
Forschungsaktivitäten 2021 22 23

Stefan Brüggenwirth Daniel O’Hagan


Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR
Wachtberg Wachtberg

info@fhr.fraunhofer.de info@fhr.fraunhofer.de

Intelligente, vernetzte HF-Sensorik Synchronisierung der Lokaloszillatoren (Abb. 1). Am Fraun- bistatischer Bodenzielsignaturen vorgenommen (Abb. 4). Im
hofer FHR werden „over-the-air“-Synchronisierungsverfahren 2021 abgeschlossenen EDA-Vorhaben COGITO (COGnitive Radar
entwickelt, welche die erforderlichen Genauigkeiten im Bruch- for Enhanced Target RecognITiOn) konnte der Mehrwert eines
teil einer Wellenlänge erreichen und für den Gegner schwer zu solchen Ansatzes europaweit erstmalig experimentell nach-
Kohärent vernetzte HF-Sensorik bietet viele Vorteile für Der „System-of-Systems“-Gedanke spielt bei vielen aktuellen entdecken sind. Ende 2020 wurden wesentliche Synchronisie- gewiesen werden.
moderne Sensornetze. Kognitives Radar ermöglicht die Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr, wie etwa FCAS oder rungs- und Signalverarbeitungsverfahren am Flugplatz Mönchs­-
kontinuierliche Optimierung des Senders, etwa zur Syn- MGCS, eine zentrale Rolle. Verteilte Sensorsysteme bieten heide durch Radarsysteme am Boden sowie einem luftgestützten Die Kombination kohärenter Vernetzung mit Ansätzen des
chronisierung und Parametrisierung von multistatischen durch Vernetzung ein umfassenderes und präziseres Lagebild Empfänger am institutseigenen Ultraleichtflugzeug „Delphin“ kognitiven Radars bietet vielfältige Möglichkeiten für zukünftige
Moden. Am Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik gegenüber Einzelsensoren. Im Bereich der Radar- bzw. multi- experimentell validiert (Abb. 2). verteilte HF-Sensorsysteme der Bundeswehr. Das FHR ist bereits
und Radartechnik FHR werden intelligente, vernetzte funktionalen Hochfrequenz (HF)-Sensorik ermöglichen multi- mit Industrie und Behörden im Gespräch, um diese innovative
­HF-Sensoren seit vielen Jahren erforscht und experimentell statische Ansätze zusätzliche Leistungssteigerungen durch Ein kognitives Radarsystem zeichnet sich durch die kontinu- Technologie für die aktuellen Beschaffungsvorhaben FCAS
validiert. Diese Technologien werden nun wesentliche kohärente Signalverarbeitung zwischen den Sensorknoten. ierliche Adaption und Optimierung der Sendeparameter an und MGCS verfügbar zu machen.
­Bestandteile aktueller Beschaffungsvorhaben. Mission und Umgebung aus. Das Radar-Ressourcen-Manage-
Das Fraunhofer FHR befasst sich seit vielen Jahren durch Grund- ment steuert dabei die zeitliche Abfolge von Zielbeleuchtungen,
und Projektfinanzierung mit der Erforschung der erforderlichen wählt optimale multistatische Moden aus und stellt die hin-
Front-End-Technologie, der Algorithmik und dem Aufbau von reichende Synchronisierung der Empfänger sicher (Abb. 3).
Experimentalsystemen. Insbesondere luftgestützte multistati- Häufig kommen dazu Verfahren aus dem Bereich der künst­
sche HF-Systeme werden zukünftig eine wichtige Rolle spielen, lichen Intelligenz zum Einsatz.
da sie aufgrund der räumlichen Trennung von Sender- und
Empfänger für gegnerische EloKa-Systeme schwer aufzuklären Auch die Identifizierung nicht-kooperativer Ziele profitiert von
sind. multistatischen Ansätzen, da das Ziel von unterschiedlichen
Aspektwinkeln aus gesehen wird, und dieser Informationsge-
Im Gegensatz zu traditionellen monostatischen Radarsystemen winn zu höheren Identifizierungsleistungen führt. In den letzten
erfordert die Auftrennung der Sende- und Empfangskompo- Jahren wurden deshalb am Sensortragebogen der WTD 91 in
nente nach dem Super-Heterodyn-Prinzip eine regelmäßige Meppen sowie auf der Drehplattform am FHR Vermessungen

Abb. 1: Front-End-Aufbau eines Bi-Statischen Radars Abb. 2: Flugversuche zur Synchronisierung von HF-Sensoren Abb. 3: Systemkonzept eines kognitiven, multistatischen Radars Abb. 4: Bi-Statische Vermessung von Bodenzielen am FHR
Forschungsaktivitäten 2021 24 25

Dr.-Ing. Marcel Baltzer Daniel López Konrad Bielecki Prof. Dr.-Ing. Frank Flemisch
Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Informations­verarbeitung Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Informations­verarbeitung Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Informations­verarbeitung Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Informations­verarbeitung
und Ergonomie FKIE und Ergonomie FKIE und Ergonomie FKIE und Ergonomie FKIE
Wachtberg Wachtberg Wachtberg Wachtberg

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Agiles Entwickeln und Überprüfen von Waffensystemen mit begreifbarer In der Vergangenheit haben sich dazu verschiedene Verbin- Monitor-System lediglich in der VR integriert wurden (s. Abb. 4),
erweiterter Realität (tangible XR) dungen von künstlichen und realen Inhalten entwickelt. Die hingewiesen. Diese virtuellen Bildschirme können nun agil
Virtual Reality (VR) beschreibt dabei einen Gegenpol zur Reali- vergrößert oder anders positioniert werden. Dabei kann direktes
tät, indem eine vollständig künstliche Welt simuliert wird. Feedback zu Öffnungswinkel, Bildschirmgröße, Position etc.
Der aktuelle Fortschritt von Technologien und der Einsatz Durch die Komplexität moderner Waffensysteme, die auch Innerhalb dieses Realität-Virtualität-Kontinuums (s. Abb. 1) gegeben werden. Weiterhin kann untersucht werden, welche
von künstlicher Intelligenz werden begleitet von sich än- durch den Einsatz von KI erhöht wird, stellt sich deren (Weiter-) befindet sich die Mixed Reality (MR). Einerseits kann eine Bildschirm- und Kameraanordnungen bspw. für das Rückwärts-
dernden Anforderungen an die Bedienbarkeit künftiger Entwicklung aufwendig sowie kosten- und zeitintensiv dar. Anreicherung der Realität um künstliche Inhalte (Augmented fahren oder die 360°-Nahfeldbeobachtung sinnvoller sind.
Waffensysteme. Human Systems Integration und agile Balanced Human Systems Integration (HSI) kann diese in Reality, AR) stattfinden, z. B. durch Hervorhebungen von Points
Methoden ermöglichen, darauf effizienter zu reagieren. Kombination mit agilen Methoden deutlich effizienter, sicherer of Interest, stattfinden. Andererseits kann eine Anreicherung Über den direkten Fahrzeugbezug hinaus bietet sich diese
Dazu können Methoden erweiterter Realität (XR) durch und kostengünstiger gestalten. Balanced HSI ist eine Disziplin, der VR mit realen Inhalten, wie z. B. das Einblenden der realen Methodik für zukünftige Waffensysteme wie dem Future
haptische Elemente ergänzt werden und neue Systeme die sich mit der Integration von Organisation, Technologie und Hände, erfolgen (Augmented Virtuality). Als Dachbegriff für Combat Air System (FCAS) oder dem Main Ground Combat
­begreifbarer machen. Mensch zu ausbalancierten Systemen befasst. Entscheidend ist diese Technologien wird mittlerweile Extended Reality (XR) System (MGCS) an. Hierbei kann frühzeitig die Bewertung
dabei die richtige Balance der auftretenden Spannungsfelder verwendet, welche als übergeordnetes Konzept alle realen und technischer und nicht-technischer Anforderungen auf Basis
zu finden, z. B. zwischen Schutz und Situation Awareness (inkl. virtuellen Inhalte umschließt. von Nutzerstudien und Explorationen mit den entsprechenden
Außensichten), zwischen Informationsangebot und Überfor- Ansprechpartnern unterstützt werden, wodurch insgesamt
derung, Reaktionsschnelligkeit (Fighting at machine speed) Tangible XR (s. Abb. 2) ist eine Methodik, die übliche visuelle gut ausbalancierte leistungsfähige und kostengünstigere
und Kontrollierbarkeit. Um Chancen und Risiken bereits früh und akustische Darstellung um haptische (tangible) Inter- Waffen- und Verteidigungssysteme realisiert werden können.
in der Entwicklung adressieren zu können, bietet sich der aktion zu erweitern, womit Sachverhalte sowohl physisch als
Einsatz agiler Methoden und von Simulation an. Neben den auch kognitiv besser und schneller begreifbar werden. Sie wurde
herkömmlichen Simulationen können neue Simulationstools eingesetzt, um eine Sichtmittelverbesserung im Projekt SPz
und -verfahren zum Untersuchen und Gestalten der Koope- PUMA strukturiert zu analysieren und Empfehlungen für die
ration und Interaktionen zwischen Mensch und Maschine Weiterentwicklung geben zu können. Abb. 3 zeigt hier die Inter-
genutzt und Empfehlungen für die Arbeitsplatzgestaltung aktionen in der Realität, Abb. 4 die Entsprechung in der VR.
gegeben werden. Insbesondere wird hier auf die Erweiterung des aktuellen SPz
PUMA Fahrerarbeitsplatzes um Bildschirme, die als Kamera-

Abb. 1: Vereinfachtes Realität-Virtualität Kontinuum nach Milgram, P., & Kishino, F, 1994, Abb. 2: Regelkreis der Tangible XR nach Abb. 3: Nutzer, der mit dem Hardware Mock-up interagiert, Abb. 4: Darstellung der Nutzer-Interaktion in der VR Simulation, wobei sich
hier erweitert um Extended Reality Flemisch et al. 2020 und López et al. 2020 wobei der Winkelspiegel die tangible Schnittstelle darstellt der Winkelspiegel aufgrund der physischen Interaktion verdreht
Forschungsaktivitäten 2021 26 27

Prof. Dr. Wolfgang Koch ermöglichen. Angetrieben werden sie durch Datenfusion Aber auch Nutzer müssen Künstlicher Intelligenz gegenüber
Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Informations­verarbeitung
und Ergonomie FKIE und Ressourcenmanagement. Sie erstellen Lagebilder, automa- kritikfähig bleiben. Sonst entsteht die Gefahr freiwilliger Unter-
Wachtberg
tisieren Wirkungsketten und steuern Sensoren, Plattformen ordnung, blinden Vertrauens und kritikloser Akzeptanz der
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sowie Wirkmittel. Dies legt die Basis für Manned / Umanned Angebote, die mentale Weigerung, Verantwortung tatsächlich
Teaming (MUM-T). zu tragen. Ergonomische Forschungsergebnisse des FKIE tragen
dazu bei, dass KI-basierte Systeme die Wachsamkeit ihrer Nutzer
Forschungsergebnisse, die im Fraunhofer-Institut für Kommu­ trainieren und ihnen ein Tell me why? für Lösungsangebote
Sensordatenfusion und Ressourcenmanagement ni­kation, Informations­verarbeitung und Ergonomie FKIE vermitteln. Denn nur menschliche Intelligenz vermag Plausibi-
als Kernfunktionen für FCAS/NGWS erarbeitet wurden, tragen dazu bei, massenhaft einströmende litäten einzuschätzen, tatsächlich Verständnis zu entwickeln.
Sensordaten auszuwerten, komplexes Kontextwissen mit aktu-
ellen Daten zu fusionieren, sich ergänzende und verschiedenar- Zentral bleiben modellbasierte Algorithmen für logisches
Das Next Generation Weapon System (NGWS), eingebettet FCAS/NGWS steht für das ambitionierteste europäische tige Sensoren zu verknüpfen, die Plausibilität der gewonnenen Schließen auch bei unscharfen Ausgangsdaten, die wahrschein-
in ein Future Combat Air System (FCAS), kann zur Blaupause Verteidigungsprojekt der kommenden Jahrzehnte. Ab 2040 Information abzuschätzen, zielentsprechende Wirkungsoptionen, liche Kausalstrukturen aufdecken. Zugleich ermöglicht Bayesian
wehrtechnischer Systeme werden, in denen Informations- wird es zum Pfeiler einer europäischen Sicherheitsarchitektur. ggf. basierend auf mobilen und interagierenden Plattformen, Learning, wie es im FKIE erforscht wird, ein systematisches
überlegenheit und Entscheidungshoheit zentral sind. Der Konkret geht es bei NGWS um einen Verbund aus Kampfflug- anzubieten und dabei den ethischen Wirkungsrahmen zu res- Algorithmendesign, in das Kontextinformation und Experten-
Beitrag umreißt Forschungsresultate für Sensordatenfusion zeugen neuester Generation, unbemannten Flugsystemen pektieren. Schließlich müssen sich kognitive Maschinen den wissen explizit integrierbar sind. Da die Modellierung oft zu
und Ressourcenmanagement, die zu Schlüsseltechnologien sowie bestehender und noch zu entwickelnder Systeme. Nutzern anpassen, damit diese tun können, was sie nur als komplex ist, bleiben datengetriebene Algorithmen wie Deep
werden und u. a. Methoden der Künstlichen Intelligenz Menschen können, nämlich bewusst wahrnehmen und ver- Learning unverzichtbar. Also liegt es nahe, beide Ansätze zu
nutzen. Relevante Daten eines solchen System-of-Systems fließen in antwortlich wirken. verknüpfen und Explainable Artificial Intelligence (XAI) zu
eine Combat Cloud, den Kern eines FCAS, werden verteilt, erforschen.
verifiziert, organisiert, evaluiert, verarbeitet und fusioniert. Eine Schwachstelle ist Datenintegrität. Im Fraunhofer FKIE
Zugleich verknüpfen derartige Backbones die verschiedenen erforschte Methoden beantworten systemtechnische Fragen: Viele Fragen sind noch unbeantwortet. Dennoch legt das
militärischen Dimensionen im Sinne von Joint All Domain Sind die Sensor- und Kontextdaten korrekt und entsprechen Fraunhofer FKIE schon jetzt wissenschaftliche Grundlagen
Operations (JADO). Zulieferer dieser Informationsarchitektur Datenfehler den Annahmen über sie? Denn bei verletzter Daten- für die Zertifizierung und Qualifizierung von FCAS-Sub­
für Datenbuchhaltung und Steuerung sind Subsysteme wie integrität wird aus Fusion leicht Konfusion. Zudem erzeugen systemen.
Plattformen, Sensoren, EloKa, Kommunikation oder Wirk- Algorithmen stets auch Artefakte, Dinge, die es in Wirklichkeit
mittel. nicht gibt, oder weisen „blinde Flecken“ auf. Zu nennen sind
auch EloKa und die Cyberbedrohung, die Übernahme von
In dieser Technosphäre unterstützen kognitive Maschinen Sensoren oder Subsystemen durch Gegner, die dann „bösartig“
durch künstlich intelligente Automation menschliche Intelli- werden, täuschende Daten liefern oder sich gegen den Nutzer
genz und Autonomie, die sie weit über natürliches Maß steigern wenden. Zu fordern ist daher von zulassbaren Systemen eine
und Informationsüberlegenheit sowie Entscheidungshoheit Fähigkeit zur „Selbstkritik“.

Abb. 1: FCAS Combat Cloud – Sensorfusion und Ressourcen- Abb. 2: Algorithmische Assistenz für den Verstand und Willen verantwort­ Abb. 3: Perzeptionsebenen der datengetriebenen und modellbasierten Abb. 4: FCAS-Fusion-Engine, von Industrie und Forschung im Rahmen des
management für Manned-Unmanned Teaming (MuM-T) in licher Entscheider im Kontext eines FCAS-System-of-Systems ­Assistenz im FCAS-Verbund FCAS-Masterplan entwickelt
Kampf- und Aufklärungs­missionen
Forschungsaktivitäten 2021 28 29

Dr.-Ing. Marian Lanzrath Dr. rer. nat. habil. Michael Suhrke Dr. Thorsten Pusch Martin Schwarz
Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie
Trendanalysen INT Trendanalysen INT Trendanalysen INT und Elektronik WTD81
Euskirchen Euskirchen Euskirchen Greding

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Abwehr von autonomen Kleindrohnen und Drohnenschwärmen Sowohl der Einsatz in akuten Konflikten als auch die Ausspä- Aussichtsreich sind Abwehrsysteme die auf elektromagneti-
– Einsatzmöglichkeiten von High Power Electromagnetics (HPEM) hung von sensiblen Einrichtungen der Bundeswehr im In- und schen Hochleistungsfeldern (HPEM) basieren (Abb. 2). Durch
Ausland ergeben einen signifikanten Bedarf nach geeigneten die quasi instantane Einwirkung auf die Elektronik eignen sich
Abwehrmaßnahmen für unbemannte Flugsysteme der sUAS- HPEM-Abwehrsysteme auch zur Bekämpfung von autonom
Von Unbemannten Flugsystemen (UAS) geht ein zunehmendes Kleine unbemannte Flugsysteme mit einem Abfluggewicht Kategorie. Bislang wird vorrangig durch Hochfrequenz-Jammer fliegenden sUAS und Drohnenschwärmen. Die Ergebnisse von
Bedrohungspotenzial im militärischen und zivilen Kontext bis 25 kg (auch small oder sUAS genannt) erfreuen sich zuneh- eine Unterbindung der Fernsteuerung erreicht, weitere Konzepte eigenen F&T-Studien der letzten Jahre zeigen eine gute Wirk-
aus. Schon Kleindrohnen (sUAS) verfügen heute über erwei- mender Beliebtheit bei zivilen und militärischen Anwendern. sehen die Täuschung der Satellitennavigation durch Spoofing samkeit der HPEM-Signale zur Abwehr der auf dem Markt
terte Automatikfunktionen, die bisherige Abwehrlösungen Neben der Verwendung der sUAS als fliegende Kamera in Indus- vor. Eher physisch gehen robuste Abwehrdrohnen durch direkte verfügbaren sUAS. In umfangreichen Labortests wurde die
ineffektiv machen. Zur Beurteilung der Anwendbarkeit von trie, Medien und privatem Umfeld finden sie auch zunehmend Kollision mit dem Ziel vor, es können auch Netzwerfer aus der Verwundbarkeit der sUAS gegenüber HPEM-Störsignalen er-
HPEM-Wirksystemen wurden hierzu Verwundbarkeitsunter- Anwendung bei Behörden, Ordnungskräften und Militär. Hier Luft oder vom Boden aus verwendet werden. fasst und evaluiert (Abb. 3). Basierend auf den Erkenntnissen
suchungen an einer Vielzahl von aktuellen sUAS durchge- sind vor allem die Lagebilderstellung aus der Luft und die der Studien konnten Quellenparameter identifiziert werden,
führt. verdeckte Beobachtung von Zielpersonen oder Einrichtungen Wie die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Automatik- welche auf hohe Wirkdistanz hin optimiert werden können.
relevant. Getrieben durch die hohen Absatzzahlen werden in funktionen der sUAS zeigen, werden die genannten Abwehr-
regelmäßigen Abständen neue Modelle (Abb. 1), Zusatzausstat- systeme zunehmend an Wirksamkeit verlieren. Es sind bereits Auf Grund des breiten Spektrums an verfügbaren sUAS-Mo-
tungen und Funktionalitäten von den Herstellern zur Markt- sUAS verfügbar, welche ohne Satellitennavigation oder Fern- dellen auf dem zivilen und dem militärischen Markt basieren
reife gebracht. bedienungsverbindung auskommen. Sie führen, basierend Erfolg versprechende Abwehrkonzepte auf einem Multi-Sensor-
auf bildgestützter Navigation oder rein mit inertialer Sensorik, Detektionssystem mit Objektklassifizierung, welches den ziel-
Wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, nutzen aber auch autonome Flüge und Ausweichmanöver durch, weswegen genauen Einsatz eines Multi-Aktuator-Abwehrsystems unter
zunehmend Kriminelle und terroristische Vereinigungen gängige Jamming und Spoofing hier nicht mehr greifen. Die genannten Einbezug eines HPEM-Wirkmittels ermöglicht.
zivile sUAS für ihre Zwecke, beispielsweise als flexible und Entwicklungen ermöglichen auch den Einsatz von sUAS in
schnelle Angriffsmittel mit adaptierten kinetischen Waffen. Drohnenschwärmen, sowohl zentral koordiniert und per Funk
Weitere Beispiele sind der Transport von IEDs (Improvised gesteuert als auch bestehend aus geclusterten autonom fliegen-
Explosive Devices) durch den Islamischen Staat (IS) in Afghanis- den sUAS, wodurch Abwehrdrohnen und Netzwerfer ineffektiv
tan und die Observierung von gegnerischen Stellungen und werden. Diesen veränderten Rahmenbedingungen muss mit
Einsatzkräften. erweiterten Abwehroptionen begegnet werden.

Abb. 1: Exemplarische Aufstellung von handelsüblichen zivilen sUAS im Jahr 2020 Abb. 2: Musterbeispiel einer mobilen HPEM-Quelle, dankenswerter- Abb. 3: HPEM-Verwundbarkeitsuntersuchungen an einem UAS
weise zur Verfügung gestellt vom Wehrwissenschaftlichen Institut für in einer ­Absorberkammer
Schutztechnologien – ABC-Schutz (Quelle: WIS, Munster)
Forschungsaktivitäten 2021 30 31

Dr Stefan K. Höffgen Dorothea Wölk empfindlich für ein zerstörendes strahlungsinduziertes Durch- hochenergetischer Neutronen mittels eines Protonenstrahls
Fraunhofer Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer Institut für Naturwissenschaftlich-Technische
Trendanalysen INT Trendanalysen INT brennen (Single Event Burnout, SEB). Hierbei reicht ein durch zu untersuchen, da die Kernwirkungsquerschnitte von Neu­
Euskirchen Euskirchen
die kosmische Höhenstrahlung (oder auch durch eine Kernwaffe) tronen und Protonen ab etwa 50 MeV gleich sind. Dies wurde
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erzeugtes Neutron aus um das Bauteil zu zerstören. am 200 MeV Protonenzyklotron der ONCORAY Einrichtung
in Dresden durchgeführt.
Während bereits einige Publikationen zu der Strahlungs-
empfindlichkeit von SiC Leistungsbauteilen existieren, gibt Die Ergebnisse der Untersuchungen sind in Abb. 3 dargestellt.
Untersuchung der Empfindlichkeit moderner selbstsperrender es für die Technologie selbstsperrender GaN HEMTs bisher nur Hier wurde die FIT Rate (1 FIT gleich ein SEB auf 109 h auf
GaN-Leistungshalbleiter auf hochenergetische Neutronen wenige Publikationen weshalb sie vom Fraunhofer Institut Meereshöhe) gegen die Sperrspannung aufgetragen. Es fallen
für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, INT hier insbesondere zwei Beobachtungen auf. Zum Ersten scheint
untersucht wurden. Dazu wurden drei der ersten kommerziell es keine direkte Abhängigkeit der Art, wie das selbstsperrende
Selbstsperrende GaN HEMTs (HEMT: high electron-mobility Schon seit einiger Zeit versucht man die gestiegenen Heraus- verfügbaren kommerziellen Transistoren gekauft. Zwei dieser Verhalten erzeugt wurde, zu geben, da die Empfindlichkeit des
transistor) werden einen hohen Stellenwert für die Mobilität, forderungen an die Leistungselektronik durch Verwendung Transistoren erreichen das selbstsperrende Verhalten dabei Bauteils mit Kaskodenschaltung zwischen den beiden anderen
insbesondere auch für die „postfossile“ Bundeswehr, haben. von Materialien mit einer größeren Bandlücke als Silizium zu über eine zusätzliche p-dotierte GaN- bzw AlGaN-Schicht unter- liegt. Hier scheint die SEB Empfindlichkeit durch andere
Es wurden die ersten drei kommerziell verfügbaren Tran- erfüllen. Als geeignete Kandidaten haben sich dabei Silizium- halb des Gates. Ein dritter wurde durch einen vorgeschalteten Designelemente bestimmt zu sein. Zum Zweiten scheinen
sistoren dieses Typs auf ihre Empfindlichkeit gegenüber karbid (SiC) und Galliumnitrid (GaN) herausgestellt. Dabei sind Nieder­spannungssiliziumtransistor in Kaskodensschaltung zumindest die kommerziellen selbstsperrenden GaN HEMTs
Zerstörung durch hochenergetische Neutronen untersucht. Bauteile mit SiC im Prinzip ähnlich aufgebaut wie Silizium selbstsperrend gemacht. Die maximalen Sperrspannungen der ersten Generation noch empfindlicher zu sein als der
Bauteile. Aufgrund der besseren physikalischen Eigenschaften lagen bei diesen Bauteilen bei 600 V bzw. 650 V. Zum Vergleich SiC MOSFET.
des Materials sind sie jedoch kleiner, schneller, effizienter und wurde auch ein gängiger SiC MOSFET mit vergleichbaren Para-
robuster als Silizium-Bauteile. Auf GaN basierende Transistoren metern gekauft.
sind jedoch, anders als die Si- und SiC-Transistoren, lateral
aufgebaut unter Ausbildung eines zweidimensionalen Elekt- Erste Tests wurden an der ChipIr Einrichtung am Rutherford
ronengases, sogenannte High Electron Mobility Transistors Appleton Laboratoy in England durchgeführt (Abb. 1 und 2).
(HEMT). Erst vor kurzem ist es gelungen GaN HEMTs zu produ- Hier wird ein Neutronenspallationsfeld mit einem kontinuier-
zieren, die selbstsperrend sind, eine in der Leistungselektronik lichen Energiespektrum mit einer Maximalenergie von 800 MeV
notwendige Voraussetzung. erzeugt, welches die Neutronen aus der kosmischen Höhen-
strahlung sehr gut simuliert. Die Neutronenflüsse an der Anlage
Ausgehend von gegenwärtigen Entwicklungen werden diese reichten jedoch nicht aus um unterhalb einer Sperrspannung
Bauteile einen großen Stellenwert auch für die Mobilität in von 850 V (weit oberhalb der spezifizierten maximalen Sperr-
einer „postfossilen“ Bundeswehr haben. Gleichzeitig sind aber spannung) auch nur einen Durchbruch innerhalb mehrstündiger
gerade bei den für hocheffiziente Elektromotoren notwendigen Bestrahlungen zu sehen. Im Falle solch unempfindlicher Bau-
hohen Spannungen die gesperrten Leistungsbauelemente teile ist es in der Strahlungseffektforschung üblich die Effekte

Abb. 1: ChipIr Kontrollraum am Rutherford Appleton Laboratory Abb. 2: Testboard mit Bauteilen im Neutronenstrahl an ChipIr Abb. 3: FIT Raten gegen die Sperrspannungen für die untersuchten Bauteile.
in Großbritannien Die selbstsperrenden GaN-HEMTs der ersten Generation sind noch empfindlicher
als der vergleichbare SiC-MOSFET
Forschungsaktivitäten 2021 32 33

Dr. Christian Zech David Schneider Dr. Axel Tessmann


Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
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3D-Echtzeit-Millimeterwellenkamera halbleiter-Transistortechnologie (InGaAs mHEMT) genutzt. Radarkamera zu erkennen und voneinander zu unterscheiden
Diese bietet beispielsweise sehr hohe Betriebsbandbreiten. sind (Abb. 3, die eingezeichneten Dreiecke geben die realen Posi-
Die verfügbare Bandbreite wird in diesem Fall nicht in dieselbe tionen wieder). Die Winkelauflösungen in beiden Dimensionen
Raumrichtung abgestrahlt und zur Erhöhung der Entfernungs- unterscheiden sich trotz der unterschiedlichen Mechanismen
Abbildende Radare zur Detektion kleinster Objekte mit ent- Klassische Radarsysteme mit nur einem Sende- und Empfangs- auflösung genutzt, sondern mithilfe einer frequenzsteuerbaren (frequenzsteuerbare Antennen / MIMO) qualitativ nicht. Ein
sprechend geringem Rückstreuquerschnitt (beispielsweise kanal stoßen in der militärischen Anwendung zunehmend an Antenne zur Variation der Abstrahlrichtung eingesetzt. Somit weiterer Versuch hat ergeben, dass auch die Detektion kleiner
Miniaturdrohnen) gewinnen zunehmend an Interesse. Zur ihre Grenzen: Die zu detektierenden Objekte werden immer ist für den zweiten Winkel ein eindimensionales MIMO-Array Ziele mit entsprechend geringem Rückstreuquerschnitt gelingt,
dreidimensionalen Zielortung ist bislang eine hohe Anzahl kleiner, wendiger und schneller – erste Streitkräfte nutzen be- ausreichend. die für bildgebende Radare grundsätzlich eine besondere Heraus-
an Sende- und Empfangskanälen erforderlich. Eine neuartige reits Miniaturdrohnen. Zwar können klassische Systeme durch forderung darstellen. Auf dem Radarbild einer kommerziellen
94 GHz-Millimeterwellenkamera reduziert den erforder­ die kohärente Kombination mehrerer Sende- und Empfangs- Aufgebaut ist die realisierte 94-GHz-Millimeterwellen-Radar- Miniaturdrohne in einer Flughöhe von 10 m und einem Abstand
lichen Hochfrequenz-Hardwareaufwand deutlich. kanäle (MIMO-Radar) neben der Entfernung auch die Raum- kamera des Fraunhofer IAF in einem fahrbaren Rack (Abb. 1). von etwa 32 m zum Radar ist die Drohe sowohl von der Seite
winkel von Objekten bestimmen, doch sind die zur Erfassung In einer oben links angebrachten Box befindet sich die gesamte (Abb. 4, linker Teil) als auch frontal (Abb. 4, rechter Teil) deutlich
beider Raumwinkel erforderlichen zweidimensionalen Anord- W-Band-Hochfrequenzelektronik inklusive der zugehörigen zu erkennen.
nungen mit einem sehr hohen Hardwareaufwand verbunden. Sende- und Empfangsantennen (Abb. 2). Das System verfügt
über acht Sende- und acht Empfangskanäle, sodass in der Je nach Parametrisierung ist das System in der Lage, eine Bild-
Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik, IAF MIMO-Dimension eine Zeile von 64 virtuellen Kanälen auf- wiederholrate von 5 bis 25 Bildern pro Sekunde zu erreichen.
wurde erstmals ein Millimeterwellen-Mehrkanalradar mit einer gespannt wird. Die erzielten Ergebnisse führen dabei sowohl Der Demonstrator eignet sich somit zur mobilen Echtzeit-Bild-
hybriden Antennenarchitektur um 94 GHz realisiert, das eine zu einer Auflösung als auch einem Signal-zu-Rausch-Verhältnis, gebung. Eine zukünftige Anwendung ist beispielsweise zur
digitale Signalerzeugung aufweist und nach dem orthogonalen die einem klassischen zweidimensionalen MIMO-Radar mit hochauflösenden Detektion von Geschossen oder Drohnen
Frequenzmultiplexverfahren (OFDM) arbeitet. Das System er- einer um den Faktor sechs bis sieben höheren Kanalanzahl im nahen bis mittleren Entfernungsbereich, als 3D-Landehilfe
reicht eine gleichmäßige Auflösung in beiden Winkeldimen­ entsprechen. unter erschwerten Sichtbedingungen oder zum Schutz von
sionen, sodass es mit der Abbildungsleistung eines klassischen, Feldlagern denkbar.
zweidimensionalen MIMO-Radars vergleichbar ist, jedoch mit Eine Versuchsmessung von neun jeweils im selben Abstand,
einer deutlich geringeren Anzahl an aktiven Kanälen auskommt. jedoch in verschiedenen Winkelsektoren verteilten Radar-
Hierzu werden die Vorteile der hauseigenen Verbindungs- reflektoren zeigt, wie deutlich Ziele mit der Millimeterwellen-

Abb. 1: Fotografie der mobilen 94-GHz-Echtzeit- Abb. 2: Hochfrequenz-Frontend mit jeweils acht Sende- (rechter Teil) Abb. 3: Fotografie (oben) und Radarbild (unten) einer Szene mit Abb. 4: Detektion einer Kleindrohne im Abstand von 32 m von der Seite
Millimeterwellen-Kamera und Empfangskanälen (linker Teil) neun Radarreflektoren in verschiedenen Winkelsegmenten (links) und von vorn (rechts)
Forschungsaktivitäten 2021 34 35

Dr. Thorsten Passow Dr. Marko Härtelt Dr. Ralf Ostendorf


Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
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Verschränkte Photonenpaare aus miniaturisierten Photonenquellen Bei der Quantenkommunikation, genauer: der Quanten- tengestützten Kommunikation oder für die Bedingungen bei
schlüsselverteilung, wird die Verschränkung der Photonen der Quantenbeleuchtung im Feld geeignet. Daher erforscht
genutzt, den Schlüssel so zu übertragen, dass es aus physika- das Fraunhofer IAF mit Förderung durch die Bundeswehr das
lischen Gründen nicht möglich ist, unbemerkt mitzuhören. Design und die Herstellung von auf dem Halbleitermaterial
Verschränkte Photonenpaare sind Grundlage für die Quan- Zu den militärischen Anwendungen für verschränkte Photo- Die Sicherheit bei der heute üblicherweise verwendeten asym- AlGaAs basierenden Wellenleitern (Abb. 1) mit dem Fernziel
tenbeleuchtung und Quantenkommunikation. Für den nenpaare gehören die Quantenbeleuchtung und die Quanten- metrischen Verschlüsselung mit einem öffentlichen Schlüssel einer miniaturisierten Quelle für verschränkte Photonen. Die
praktischen Einsatz in quantentechnologischen Anwen- schlüs­selverteilung. Bei der Quantenbeleuchtung wird ein zur Verschlüsselung und einem privaten Schlüssel zur Ent- Erarbeitung der Epitaxie- und Prozesstechnologie zur Her-
dungen außerhalb des Labors sind miniaturisierte Quellen verschränktes Photonenpaar getrennt. Das eine Photon wird schlüsselung, beruht auf der enormen Rechenleistung, die für stellung der Strukturen ist auf Grund der hohen Anforderungen
für verschränkte Photonen erforderlich. Das Fraunhofer-­ zum zu detektierenden Objekt gesendet, das andere wird für das Brechen dieser Verschlüsselung erforderlich ist. Die sich sehr anspruchsvoll und es werden sehr homogene und aniso-
Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF erforscht die Bildgebung verwendet, d. h. es findet keine Wechselwirkung aktuell in Entwicklung befindenden Quantencomputer können trope Strukturierungs- und Ätzverfahren benötigt. (Abb. 2 und
daher AlGaAs-basierte Wellenleiter zur Erzeugung von des für die Bildgebung verwendeten Photons mit dem Objekt diese Verschlüsselung dagegen leicht brechen. Bei Verwendung Abb. 3) Die verschränkten Photonen entstehen in den AlGaAs-
verschränkten Photonen. statt. Dies ermöglicht es, für die Detektion des beobachteten der Quantenschlüsselverteilung würde die Sicherheit dagegen Wellenleitern spontan durch optisches Pumpen (Abb. 4). Dabei
Objektes eine maßgeschneiderte Wellenlänge zu verwenden. auf physikalischen Grundprinzipien beruhen und damit auch ist AlGaAs hervorragend für die Erzeugung verschränkter
Sicherheit bieten, wenn entsprechende Quantencomputer zur Photonen im Telekommunikations-Bereich (Wellenlänge bei
So können z. B. im infraroten Spektralbereich, in dem Effekte Verfügung stehen. Die Verwendung von verschränkten Photonen 1550 nm) geeignet. Das eigentlich Besondere an AlGaAs ist
durch Streuung und Turbulenz reduziert sind, für die Bild- für die Quantenschlüsselverteilung erlaubt darüber hinaus jedoch, dass die benötigten Pump-Laserdioden ebenfalls auf
gebung Photonen im sichtbaren Spektralbereich verwendet auch die Überprüfung der Vertrauenswürdigkeit der Quelle, AlGaAs basieren und dadurch eine Integration von Pump-
werden. Dadurch wird Bildgebung auch unter ungünstigen wodurch Quantenschlüsselverteilung über Satellit möglich wird, Laserdiode und Wellenleiter auf demselben Chip möglich ist.
Bedingungen wie Turbulenz, Feuer und Rauch möglich. Zudem ohne anderweitig sicherstellen zu müssen, dass der Satellit Dadurch können sehr kompakte und robuste Quellen für
erfolgt die Bildgebung im Einzelphotonenbereich und ist nicht kompromittiert wurde. verschränkte Photonen realisiert werden.
durch die Quantenkorrelation untergrund- und rauschfrei.
Da nur wenige Photonen pro Pixel erforderlich sind, ist die Verschränkte Photonen werden bereits seit Jahrzehnten im
Bildgebung augensicher und ohne das zweite Photon nicht vom Labor erzeugt und für die Grundlagenforschung genutzt.
Untergrund zu unterscheiden und durch externe Beobachter Derartige Laboraufbauten sind jedoch groß und wenig robust.
nicht erkennbar. Ein Einsatz ist weder in der fasergebundenen noch der satelli-

Abb. 1: Schematische Darstellung eines direkt elektrisch Abb. 2: Bild eines Chips mit AlGaAs-Wellenleitern einer Abb. 3: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme einer gespaltenen Abb. 4: Messaufbau zur Charakterisierung der AlGaAs-Wellenleiter.
gepumpten AlGaAs-Wellenleiters für die Erzeugung von Länge von 2 mm. Die Wellenleiter sind auf dem Chip in Facette eines AlGaAs-Wellenleiters zur Erzeugung von verschränkten Pumplicht wird über eine konische Faser in einen Wellenleiter
verschränkten Photonenpaaren 5er-Gruppen angeordnet Photonenpaaren eingekoppelt
Forschungsaktivitäten 2021 36 37

Dipl.-Ing. Christian Hofmann Um den Mehrwert von Human-Biomonitoring im Feldexperi- Bei Weiterentwicklungen muss besonders auf eine robuste
Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
Erlangen ment (Abb. 3) aufzuzeigen, wurde ein Demonstrator entwickelt, und nicht-einschränkende Ausführung der körpernahen
health@iis.fraunhofer.de der aus textilen Komponenten (Smart Textiles), interner Daten- Technologien sowie ein militärisch gehärtetes Human-Bio­
aufzeichnung und -verarbeitung über einen Controller, externer monitoring-System geachtet werden.
Datenweiterleitung und -verarbeitung, Datenvisualisierung und
einer Kommunikationsschnittstelle bestand. Der Infanterist Konkrete Beiträge der Fraunhofer-Institute bei HPE-STAR
bzw. die Infanteristin der Zukunft trägt dazu körpernahe Sen- waren die körpernahe Human-Biomonitoring-Sensorik-
Die Rettungskette der Zukunft sorik zur Erfassung von Human-Biomonitoring-Parametern Analyse (Fraunhofer IIS), die Entwicklung des haptischen
(Abb. 2). Die Daten werden zunächst intern auf dem Controller Feedbackdemonstrators (Fraunhofer IZM und IIS) und der
gespeichert. Im Falle einer Belastung, Verwundung oder einer interaktiven Visualisierungsoberfläche (Fraunhofer FKIE).
Statusabfrage erfolgt eine externe Datenweiterleitung vom Diese Technologiekomponenten (Abb. 1) und die Projekt­
Das Projekt HPE-STAR (Human Performance Enhancement: Im ersten Schritt wurde herausgearbeitet, in welchen Einsatz- Controller an den Gruppenführer vor Ort, den Kompaniechef ergebnisse wurden beim VIP-DAY das Planungsamtes der
Smart Textiles and Augmented Reality) untersuchte, wie ein szenarios Human-Biomonitoring und Augmented Reality im Gefechtsstand und den Mediziner in der „Zelle Sanitäts- Bundeswehr im Oktober 2021 zahlreichen Teilnehmern vor­
Human-Biomonitoring-Demonstrator in das Lagebild und eingesetzt werden können. Dabei stellte sich heraus, dass die dienst“ sowie das „Patient Evacuation Coordination Centre“ gestellt. Die Teilnehmenden konnten sich über den aktuellen
ggf. in die Rettungskette integriert werden kann. Es wurde Erfassung von Temperaturstress und Verwundungen von (kurz: PECC). Zur Darstellung der Human-Biomonitoring- Stand der Entwicklung informieren und sich mit den Experten
eine Studie mit Schwerpunkt „Human-Biomonitoring“ durch- besonders hoher Relevanz für die Bundeswehr ist. Aus diesem Daten wurde eine interaktive Visualisierungsoberfläche für vor Ort austauschen. Das Human-Biomonitoring-System mit
geführt, an der u. a. die Fraunhofer-Institute für Integrierte Grund fokussierte sich das Projekt auf die Integration von verschiedene Nutzergruppen entwickelt und im Rahmen von der Verknüpfung verschiedener technischer Komponenten
Schaltungen IIS, für Zuverlässigkeit und Mikrointegration Human-Biomonitoring in die Rettungskette. Bei konkreten mehreren Experimenten evaluiert (Abb. 4). und Schnittstellen fand Anerkennung bei den Nutzern, da ein
IZM und für Kommunikation, Informationsverarbeitung Einsatzsituationen stehen vor allem die automatische Erken- solches System derzeit noch nicht vorhanden ist. Ein Nutzer
und Ergonomie FKIE beteiligt waren. nung von Temperaturstress-Belastungen und Verletzungen, Zusätzlich wurden körpernahe, akustische, optische oder auch konstatierte, dass dieses System besonders für Landes- und
die schnelle Weiterleitung von Notfallmeldungen sowie die haptische AR-Systeme betrachtet, mit denen Informationen, Bündnisverteidigung geeignet wäre. Voraussetzung ist, dass das
unmittelbare Bereitstellung von Echtzeit-Human-Biomoni- Warnungen oder Hinweise an den Träger bzw. die Trägerin wei- Human-Biomonitoring-System zukünftig in ein bestehendes
toring-Daten im Vordergrund. Für die militärische Führung tergegeben werden, um deren Situationsbewusstsein (Situ­ational Battle Management System integriert wird.
ist dabei die Einsatzfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten Awareness) zu verbessern. Beispiele sind etwa drohende Dehy-
relevant, für die Mediziner hingegen Aussagen zur Schwere drierung des Körpers, drohende Überlastung oder Beschuss.
der Verletzungen. Hilfestellungen zur Rettung von Verletzten
können über AR-Technologien (Augmented Reality) weiter- Darüber hinaus sind auch direkte Rückkopplungssysteme
geleitet werden, um Rettungskräfte vor Ort zu unterstützen. denkbar, z. B. die automatische Thermoregulation durch Kühlen
Des Weiteren sind die Human-Biomonitoring-Daten vom oder Heizen und somit der Schutz vor Überhitzung oder
Einsatzersthelfer Bravo und medizinischen Personal vor Ort Unterkühlung.
auslesbar.

Abb. 1: Verschiedene funktionale und schützende Ausrüstungs- Abb. 2: Textilintegrierte Sensorik für Human Biomonitoring Abb. 3: Notfallszenario mit Erfassung und Weiter- Abb. 4: Visualisierungen für die Zelle Sanitätsdienst
komponenten für den Infanteristen der Zukuft leitung von Human-Biomonitoring-Daten
Forschungsaktivitäten 2021 38 39

Dipl.-Phys. Sebastian Knapp M. Sc. Fabian Frank Dr.-Ing. Sebastian Wurster


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Analyse und Bewertung von Gesundheits- und Umweltaspekten beim mittels Gaschromatografie analysiert. Die kondensierten für einzelne gasförmige oder kondensierte Produktspezies.
­Einsatz von Irritationskörpern im Übungsbetrieb Produkte werden hinsichtlich Partikelgröße und chemischer Diese können mit Informationen aus der Gefahrstoffdatenbank
Zusammensetzung mittels Röntgendiffraktometrie, energie- GESTIS bzw. Arbeitsplatzgrenzwerten nach der Technischen
dispersiver Röntgenspektroskopie, Rasterelektronenmikroskopie Regel für Gefahrstoffe TRGS 900 verglichen werden. Dies ist
Die Freisetzung von gasförmigen und festen Reaktionspro- Die Berücksichtigung von Gesundheits- und Umweltaspekten und Laserbeugung charakterisiert. Die experimentellen Arbeiten beispielhaft in Abb. 3 dargestellt, bei der die Überschreitung der
dukten beim Einsatz von Irritationskörpern im Übungsbetrieb gewinnt im Übungsbetrieb zunehmend an Bedeutung, um werden gegebenenfalls durch thermodynamische Berechnungen Kohlenstoffmonooxid-Konzentrationswerte zu einem bestimm-
führt zu einer Exposition von Soldatinnen und Soldaten sowie eine Gefährdung von Personen oder die Kontamination von ergänzt, die ebenfalls die Produktzusammensetzung und deren ten Zeitpunkt der Simulation durch die lilafarbene Isofläche
von Übungseinrichtungen. Zur Analyse und Bewertung von Übungseinrichtungen zu vermeiden. Bisherige Untersuchungen Mengen liefern. gekennzeichnet ist. So lassen sich z. B. Lüftungsintervalle im
Gesundheits- und Umweltaspekten wurde eine Methodik beschäftigten sich dabei mit Tarnnebeln, Treibladungspulvern Übungsbetrieb festlegen und optimieren. Ebenso können die
entwickelt, die eine Prognose der zeitlichen und räumlichen und pyrotechnischen Simulatoren, wobei sich die experimentel- Die Ausbreitung der Schwadengase wird durch Versuche im Deposition kondensierter Reaktionsprodukte am Boden und
Ausbreitung der Reaktionsprodukte in beliebigen Einsatz- len Untersuchungen auf die Bestimmung der Zusammensetzung Freifeld charakterisiert. Dabei werden die Irritationskörper an den Wänden für einzelne Spezies prognostiziert und so z. B.
szenarien ermöglicht. der Reaktionsprodukte beschränkten. Über die Menge und die freihängend zur Umsetzung gebracht und die Ausbreitung der Reinigungsintervalle bestimmt werden, siehe Abb. 4.
zeitliche und räumliche Ausbreitung der Reaktionsprodukte von Schwadengase mittels Hochgeschwindigkeitskamera erfasst,
Irritationskörpern war bisher wenig bekannt. Ziel der Arbeiten siehe Abb. 1 und 2. Durch eine entsprechende tomographische Der Vorteil der erarbeiteten Methode ist, dass sie sich prinzipiell
des Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT war es Auswertung der Hochgeschwindigkeitsvideos werden das auch auf beliebige andere Waffensysteme und Einsatzszenarien,
deshalb, eine Methodik zu entwickeln und zu validieren, die Anfangsvolumen und die anfängliche Ausbreitungsgeschwin- wie z. B. aus einem Innenraum verschossene, schultergestütz-
eine Prognose für beliebige Einsatzszenarien von Irritations- digkeit der Schwadenwolke bestimmt. te Panzerabwehrwaffen, übertragen lassen und damit eine
körpern ermöglicht. umfassende Analyse und Bewertung zur Beachtung der im
Die so bestimmten Eigenschaften der Irritationskörper dienen Übungsbetrieb zu berücksichtigenden gesetzlichen Vorgaben
Um dieses Ziel zu erreichen, werden zunächst mit experimen- als Eingabedaten für eine anschließende Modellierung und deren ermöglicht.
tellen und theoretischen Methoden die gasförmigen und festen Umsetzung in einem fluiddynamischen Simulationscode. So
Reaktionsprodukte quantitativ nach Zusammensetzung und kann der Einsatz der Irritationskörper unter beliebigen Um-
Eigenschaften hin analysiert. Dazu werden einzelne Irritations- gebungsbedingungen, wie der baulichen oder der Belüftungs-
körper in einem 140 Liter Druckbehälter bei konstantem Volu- situation, simuliert werden. Die Simulationen liefern z. B. die
men zur Umsetzung gebracht. Die gasförmigen Produkte werden räumliche und zeitliche Überschreitung bestimmter Grenzwerte

Abb. 1: 3D-Tomografie der anfänglichen


Schwadenwolke eines Irritationskörpers

Abb. 2: Vermessung der Ausdehnung der Abb. 3: Darstellung der Überschreitung Abb. 4: Prognose zur Deposition kondensierter Reaktionsprodukte hier beispielhaft von Kaliumfluorid
Schwadenwolke eines ­Irritationskörpers bestimmter Konzentrationswerte zu einem (KF) und Nickel (Ni) am Boden und den Wänden für einzelne Produktspezies
bestimmten Zeitpunkt der Simulation
Forschungsaktivitäten 2021 40 41

Dr. Carsten Cremers Martin F. Groß, M. Sc. Max Cleven, M. Sc.


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Realisierung signaturarmer Brennstoffzellen-APUs ziellen Jet A1 Treibstoff, dessen Schwefelgehalt auf 3000 ppm Betriebspunkte für den Betrieb mit Reformat gehörte hierzu
mit heutigen ­logistischen Kraftstoffen erhöht wurde, haben gezeigt, dass sich der Schwefelgehalt des auch die Untersuchung des Einflusses von Vibrationsbelastun-
Kraftstoffs verlässlich auf Werte von ca. 100 ppm reduzieren ließ. gen, die der Stack ohne nachweisbare Schäden überstand. ­

Brennstoffzellen-APUs (Auxiliary Power Units) ermöglichen Hilfskraftaggregate (APU) unterstützen die Stromversorgung Vom Institut Jozef Stefan (SI) und vom National Institute of Gemeinsam mit der AVL List GmbH (AT) wurde die Nutzung
die signaturarme Stromversorgung von Einsatzfahrzeugen. von Einsatzfahrzeugen bei abgeschaltetem Antriebsmotor, z. B. Chemistry (SI) wurde ein Kraftstoffprozessor entwickelt, der bei moderner Impedanzmethoden zur Überwachung des Stack-
Bislang war dies nur mit speziellen Brennstoffen möglich. im Silent Watch. Hier ist Signaturarmut ein wichtiges Merkmal. Betrieb mit kommerziellem Diesel zuverlässig ein Gasgemisch zustands untersucht. Mit der Distribution of Relaxation Times
Im Rahmen des von Deutschland, den Niederlanden, Öster- Brennstoffzellen bieten Vorteile bezüglich Geräusch- und IR-Sig­ mit < 0.5 Vol.-% CO und < 5 ppm H2S produzierte. Bei der Prozes- (DRT) Methode konnte eine Methode bestimmt werden, die
reich, Slowenien und Schweden finanzierten EDA-Vorhabens natur. Um einen erhöhten logistischen Aufwand zu vermeiden, sierung des entschwefelten Jet Fuels stieg der CO-Gehalt auf eindeutig bekannte, ungünstige Betriebszustände indiziert.
IAPUNIT (Innovative Auxiliary Power UNIT) wurden nun ist jedoch der Betrieb mit logistischen Kraftstoffen erforderlich. knapp über 1 Vol.-%, was von Hochtemperatur-Polymerelektro-
die Kernkomponenten für eine mit Nato F-34 Jet-Fuel be- Im Rahmen des von Deutschland, den Niederlanden, Öster- lytmembran-Brennstoffzelle (HT-PEMFC) toleriert wird. Schließlich wurde durch die TU Eindhoven die thermische und
treibbare Brennstoffzellen-APU entwickelt und erfolgreich reich, Slowenien und Schweden finanzierten EDA-Vorhabens durch das Fraunhofer ICT die mechanische Integration des
getestet. IAPUNIT wurden Kernkomponenten für eine Brennstoffzellen- Bezüglich der Brennstoffzelle wurden kommerzielle HT-PEMFC Systems in einem Aspen- bzw. CAD-Modell betrachtet. Dabei
APU entwickelt und validiert, die mit Jet-Fuel (NATO F-34) betrachtet. Im Rahmen des Vorhabens hat sich die TU Graz auf wurde gezeigt, dass durch einfache thermische Integrations-
betreibbar ist. Zu den Kernkomponenten gehören ein Ent- Einzelzellebene mit den Grenzen der Toleranz für CO und H2S maßnahmen Wandlungseffizienzen um 35 % erreichbar sind.
schwefelungsreaktor zur Reduktion des Schwefelgehalts, ein unter realen Betriebsbedingungen, sowie möglichen Ein- und Zudem ließe sich ein System aufbauen, das in den APU-Schacht
Brennstoffprozessor zur Umsetzung des schwefelreduzierten Ausschaltprozesse befasst. Es wurde ein Verfahren zum Aus- des TPz Fuchs passen würde und in der Simulation auch als
Kraftstoffs in ein H2-reiches Gas sowie eine Brennstoffzelle, die schalten mit Luftspülung bestimmt, dass keine stärkere Degra- Gesamtsystem die Vibrationsbelastungen für Fixed Cargo nach
mit dem resultierenden CO- und H2S-haltigen Gas betreib- dation hervorruft. NATO AECTP 240 toleriert.
bar ist.
Das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie, ICT hat Wir bedanken uns bei den Partnern des IAPUNIT Vorhabens,
Für die Entschwefelung wurde von Catator A.B. (SE) ein Hydro- intensiv den Betrieb kommerzieller HT-PEMFC-Stacks unter den Mitgliedern der Project Arrangement Management Group,
desulfurierung (HDS) Reaktor entwickelt. Dieser nutzt das simulierten Betriebsbedingungen untersucht. Neben der Unter- M. Schwebach (DE), I.P. Barendregt (NL), R. Kirchmayer (AT),
etablierte HDS-Verfahren in einer modifizierten Form, die eine suchung des Einflusses der verschiedenen Brenngaskompo- S. Bogataj (SI) und E. Prisell (SE) und den EDA Project Officers
kleine, fahrzeugintegrierbare Anlage erlaubt. Tests mit kommer- nenten auf den Stackbetrieb und der Bestimmung geeigneter M. Kalbarczyk und M. Martinho.

Abb. 1: IAPUNIT-Partner und finanzierende Abb. 2: Angesetztes Flussschema Abb. 3: Validation der fünf festgelegten Betriebs- Abb. 4: Betrieb bei den Betriebspunkten Abb. 5: Versuchs- Abb. 6: DRT Signalentwicklung bei zu-
EDA-Mitgliedsstaaten zum IAPUNIT-System punkte von minimaler bis maximaler Leistung bei in der Klimakammer bei Außentempera- aufbauten und nehmenden CO-Gehalt des Brennstoffs
Betrieb mit Surrogatreformat mit 0.5 Vol.-% CO turen von – 25 °C bis + 50 °C Frequenzspektren
und 10 ppm H2S. Stabiler Betrieb wurde durch An­- für die Vibrations-
passung der Stacktemperatur und Anodenstöchio- tests nach NATO
metrie für den jeweiligen Betriebspunkt erzielt AECTP 240
Forschungsaktivitäten 2021 42 43

Max Friedrich, M. Sc. Dr. rer. nat. Dagi Geister Boden-zu-Boden-Risiken (G2G). Diese Einteilung erlaubt eine vier Risikoklassen wird ein anfängliches Risikoniveau für die
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Flugführung Institut für Flugführung vollständige Erfassung möglicherweise auftretender Risiken in Mission definiert. Hierbei werden alle verfügbaren Daten über
Braunschweig Braunschweig
der Planung militärischer UAS Missionen. die Mission und ihren Kontext betrachtet (z. B. geografisches
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Missionsgebiet oder Positionen feindlicher Flugzeuge).
Zur Veranschaulichung der vier identifizierten Risikoklassen
soll im Folgenden ein kurzes Beispiel pro Risikoklasse gegeben Die anfänglichen Risikoniveaus werden als initiale A2G-, A2A-,
werden: G2A- und G2G-Risikostufen bezeichnet. Basierend auf den
Holistische Risikomodellierung zur optimierten Planung • Risiken, die vom UAS ausgehen und den anderen Luft­ initialen Risikostufen kann der Mission Operator spezifische
von ­UAS-Missionen verkehr (A2A) beeinträchtigen, z. B. das UAS stellt ein Strategien zur Risikominderung anwenden, wenn das aktuelle
­Risiko einer Kollision in der Luft mit anderen fliegenden Missionsrisiko zu hoch ist. Diese Strategien können ad hoc
Einheiten (bemannt und unbemannt) dar. angewandt und somit anstelle einer Neuplanung von Teilen
Um die Entscheidungsfindung bei militärischen UAS-Ein­ Risikomanagement ist von entscheidender Bedeutung für die • Risiken, die vom UAS ausgehen und den Boden betreffen oder sogar der gesamten Mission eingesetzt werden. Die sich
sätzen (UAS: Unmanned Aerial System) zu unterstützen, Gewährleistung der Sicherheit in so genannten High Reliability (A2G), z. B. das Risiko, dass ein UAS bei einer Terminierung daraus ergebenden neuen Risikowerte werden als A2G-, A2A-,
wurde ein Risikoberechnungsschema entwickelt. Das Schema Organizations (HROs) wie z.B. der Flugsicherung. HROs zeich- Bodeneinheiten und Infrastruktur gefährdet. G2A- und G2G-Restrisiko bezeichnet (vgl. Abb. 1). Auf der Grund-
unterscheidet die vier Risikoklassen Luft-Luft, Luft-Boden, nen sich u. a. durch hohe Komplexität, mehrere Systemebenen, • Vom Boden ausgehende Risiken, die das UAS (G2A) betreffen, lage der Restrisikostufen wird eine gemeinsame Risikostufe
Boden-Luft und Boden-Boden. Diese Klassifizierung ermög- zahlreiche Entscheidungsträger mit unterschiedlichen Verant- z. B. feindliche Einheiten, die das UAS gefährden. (CR) für die Mission berechnet (vgl. Abb. 2).
licht eine vollständige Abdeckung der potenziell auftretenden wortungsgraden sowie dem simultanen Eintreten mehrerer • Risiken, die vom Boden ausgehen und den Boden betreffen
Risiken bei UAS-Einsätzen in militärischen Operationen. kritischer Ereignisse aus. Alle genannten Faktoren sind ent- (Boden-zu-Boden-Risiken), z. B. eine Feuerlinie, die eine In einem nächsten Schritt soll eine Mensch-Maschine-
scheidend für die Planung und Durchführung von Missionen Gefahr für Bodeneinheiten darstellt. Schnittstelle (MMI) entwickelt werden, die die berechneten
unbemannter Luftfahrtsysteme (UAS) in der (zukünftigen) Risikostufen, mögliche Risikominderungsstrategien sowie
militärischen Verteidigung und Überwachung. Die Risiken werden initial in einer der vier Risikoklassen erfasst. die CR-Stufen für die verschiedenen Strategien visualisiert.
Die Mitigation von Risiken kann mittels Risiko-Reduktions- Abb. 3 zeigt eine MMI, die im Rahmen des DLR-Projekts
Um die Entscheidungsfindung bei militärischen UAS-Ein- methoden durchgeführt werden. Abschließend wird mittels einer ALAADy entwickelt wurde. Die MMI visualisiert Risikoberei-
sätzen zu unterstützen wurde ein Risikoberechnungsschema gewichteten Berechnung das Risiko-Level einer bestimmten che, in diesem Fall Gebiete mit dichter Besiedlung, und die
entwickelt. Dieses Schema basiert auf der Specific Operations Missionsroute berechnet. So kann dann aus einer Vielzahl an vorgeschlagene, risikominimierte Flugroute für die Mission.
Risk Assessment (SORA) der Joint Authorities for Rulemaking verschiedenen Missionsrouten die Missionsroute mit dem Die MMI wird aktuell weiterentwickelt und an die Anforde-
on Unmanned Systems (JARUS), erweitert allerdings die darin geringsten Risiko – oder aber, je nach Missionsziel, eine mit rungen von militärischen UAS Missionen angepasst.
enthaltenen Konzepte. So beschreibt SORA nur zwei Risiko- einem in Kauf genommenen Risiko – ausgewählt werden.
klassen, nämlich Boden-Risiko (GRC) und Luft-Risiko (ARC).
Das entwickelte Bewertungsschema differenziert hierbei Das entwickelte Risikoberechnungsschema definiert die vier
vier Risikoklassen, nämlich Luft-zu-Luft-Risiken (A2A), Luft- Risikoklassen als Zahlen zwischen 1 und 10, wobei 1 die nied-
zu-Boden-Risiken (A2G), Boden-zu-Luft-Risiken (G2A) und rigste und 10 die höchste Risikoklasse darstellt. Für jede der

Abb. 1: Veranschaulichung des Risikoberechnungsschemas Abb. 2: Berechnung des CR Levels aus den Restrisikowerten Abb. 3: MMI zur Visualisierung von Risikobereichen, in diesem Fall Gebiete mit dichter
­Besiedlung, und die vorgeschlagene, risikominimierte ­Flugroute für die UAS Mission
Forschungsaktivitäten 2021 44 45

Dipl.-Ing. Stephan Dill Dipl.-Ing. Andreas Heinzel Marius Engel, M. Eng. Dr.-Ing. Markus Peichl
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DRONAR – Ein drohnengetragenes Radar zur Detektion nierte Areal gerichtet. Durch das Verfahren des Radars mit Das Radarsystem arbeitet im Frequenzbereich von 0,5 – 3 GHz
von Landminen und Sprengfallen synthetischer Apertur (Englisch SAR – Synthetic Aperture und verfügt über einen Sende- und einen Empfangskanal. Ein
Radar) konnten so bis dato unerreichte zwei- bzw. dreidimen- Microcontroller steuert das gesamte DRONAR-System und
sionale Detektionsergebnisse von vergrabenen Landminen erfasst alle System- und Messdaten. Das gesamte DRONAR-
Die Aufklärung bei militärischen und sicherheitsrelevanten In der radarbasierten, bodengebundenen Aufklärung existieren und Sprengfallen mit räumlicher Auflösung von wenigen cm Modul wiegt nur ca. 3,5 kg und besitzt eine eigene drohnenun-
Missionen ist eine Grundvoraussetzung für deren Erfolg. heutzutage im Grunde zwei Konzepte. Im ersten Fall wird das erzielt werden. Jedoch benötigt diese Aufnahmegeometrie abhängige Spannungsversorgung.
Die effiziente Detektion von Bedrohungen wie Landminen Prinzip des Bodenradars (Englisch GPR – Ground Penetrating eine verfahrensbedingte Nähe von sicherem Fahrstreifen zu
und Sprengfallen ist für die Sicherheit von Mensch und Radar) eingesetzt, bei dem mittels einer sehr nah an der Boden- kontaminiertem Gebiet. Durch die Kombination linearer Flugtrajektorien in unter-
Material unerlässlich. Das System DRONAR wurde daher oberfläche betriebenen Antenne Radarsignale meist senkrecht schiedlichen Höhen von ca. 5 – 8 m sind ähnliche Radarabbil-
als drohnengetragenes Radar zur schnellen großflächigen in den Boden eingekoppelt und deren Echos empfangen und Die in den letzten Jahren zur Verfügung stehenden Klein- dungen wie mit TIRAMISAR möglich. Darüber hinaus lassen
Aufklärung verdächtiger Areale oder Marschrouten ent­ ausgewertet werden. Im zweiten Fall wird ein Radar in bestimm- drohnen bis 25 kg Abflugmasse eröffnen für die abstandsfähige sich durch die beliebigen Flugtrajektorien der Drohne auch
wickelt. ter Höhe auf ein Fahrzeug montiert und schräg in Fahrtrichtung Aufklärung neue Möglichkeiten. Eine fast beliebige Gestaltung neue Aufnahmegeometrien, wie bspw. der Kreisflug realisieren.
nach vorne unten schauend betrieben (Englisch FWLR – ForWard der Flugtrajektorien sowie ein fern- oder wegpunktgesteuerter Die Szenengröße kann theoretisch beliebig gewählt und durch
Looking Radar). Dadurch ist aber je nach Einfallswinkel bzw. Flugbetrieb ermöglichen mit einem abbildenden Radar als passende Flugtrajektorien abgedeckt werden. Typischerweise
Abstand zum Fahrzeug eine recht eingeschränkte Messtiefe Nutzlast die Detektion von Landminen und Sprengfallen ohne werden lineare Trajektorien von ca. 20 m Länge oder Kreis-
gegeben. das Betriebspersonal einer direkten Bedrohung auszusetzen. radien von 10 m verwendet.
Dazu wurde beim DLR-HR, aufbauend auf Erkenntnissen
In einem EU-Projekt zur humanitären Landminendetektion weiterer Experimente mit TIRAMISAR, in den letzten Jahren Abb. 2 zeigt den Messaufbau mit Bodenstation von Drohne
wurde beim Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. das kompakte und leichte Radarsystem DRONAR entwickelt und Radar. Ein Szenario mit zwei Landminen und vier Refe-
Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme, DLR-HR und an einer kommerziellen Drohne vom Typ DJI M600P ange- renzobjekten auf der Messfläche des DLR ist in Abb. 3 gezeigt.
das fahrzeuggetragene Seitensichtradar TIRAMISAR entwickelt, baut, wie in Abb. 1 gezeigt. Es weist ähnliche Fähigkeiten wie Abb. 4 zeigt das SAR-Bild dieses Szenarios, bei dem die SAR-
dessen Möglichkeiten im Hinblick auf wehrtechnische Relevanz das TIRAMISAR-System auf, jedoch mit einigen signifikanten Daten von 4 Flughöhen zwischen 5 und 8 m überlagert wurden.
in „Wehrwissenschaftliche Forschung“ 2015 beschrieben wurden. technologischen Unterschieden, um den Betrieb auf einer Durch die verbesserte Clutterunterdrückung sind die Ziele
Bei diesem System ist eine Antennengruppe (2 Sende- und Drohne zu ermöglichen. deutlich vom umgebenden Bodenecho unterscheidbar.
4 Empfangskanäle) quer zur Fahrtrichtung auf das kontami-

Abb. 1: Photographie des entwickelten DRONAR-Systems Abb. 2: Messaufbau mit Bodenstationen für Drohne und Radar Abb. 3: Szenario mit zwei Landminen und vier Referenzobjekten Abb. 4: Zugehöriges prozessiertes SAR-Bild aus überlagerten
auf der Messfläche des DLR Daten von 4 Flughöhen zwischen 5 und 8 m
Forschungsaktivitäten 2021 46 47

Dr. Andriy Konovaltsev Dr.-Ing. Ivo Buske Dr.-Ing. Björn Dietrich


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Intelligentes GPS-Spoofing zur Abwehr von Angriffen bemannten Luftfahrzeugen) wurde diese UAV Abwehrmethode erprobt, welches vom Institut für Hochfrequenztechnik und
mit unbemannten Luftfahrzeugen von drei DLR-­Instituten erstmals erfolgreich demonstriert. Radarsysteme betrieben wird. Das Radargerät selbst ist eine
kauffertige Lösung, die notwendige Konfiguration und nach-
Das Institut für Kommunikation und Navigation stellte für folgende Datenverarbeitung ist eine Eigenentwicklung des
Kleine unbemannte Luftfahrzeuge (Micro Unmanned Aerial Kleine ferngesteuerte UAVs genießen in den letzten Jahren die Versuche seinen eigens entwickelten GPS-Spoofer (Abb. 1) Instituts.
Vehicles oder Micro UAVs) stellen zunehmend ein Problem zunehmende Beliebtheit. Die Ausstattung handelsüblicher zur Verfügung. Der vorliegende Spoofer ist in der Lage, am Ort
für die zivile, aber auch die militärische Sicherheitslage dar. UAVs erlaubt auch ungeübten Hobby-Piloten sicher und des UAVs Code- und Doppler-synchrone Kopien der sichtbaren Die volle Funktionsfähigkeit des Gesamtsystems konnte wie-
Zur Abwehr von Angriffen solcher vermehrt autonom komfortabel zu fliegen. Jedoch ist ein solches Fluggerät schon GPS-Satellitensignale zu generieren. Das macht es für handels- derholt erfolgreich im Freifeld unter realistischen Bedingungen
fliegenden UAVs wurde in einem Verbundprojekt von drei nach einfachen Modifikationen in der Lage, große Schäden übliche GPS-Empfänger nahezu unmöglich, den Spoofing-An- nachgewiesen werden. In einem der getesteten Szenarios
DLR-Instituten ein Konzept entwickelt und erfolgreich er- anzurichten. Da mittels GPS-Navigation solch ein UAV vor- griff zu bemerken. Die Code-Phasen und Doppler-Frequenzen befand sich das UAV im autonomen Schwebemodus. Das UAV
probt, das auf dem Ansatz von intelligentem GPS-Spoofing gegebene Wegpunkte über größere Entfernungen autonom können anschließend derart modifiziert werden, dass das UAV hat dabei die Aufgabe, an seiner ursprünglichen Position zu
basiert. anfliegen kann, sind RF-Funkdetektoren und Jamming-Sender der virtuellen Flugführung durch den Spoofer folgt. verbleiben. Nach Aktivierung des intelligenten GPS-Spoofing
keine geeigneten Abwehrmittel. wird jedoch die Kontrolle über die Flugposition übernommen.
Notwendige Voraussetzung für die Generierung speziell auf Das UAV wird durch den Spoofer entlang einer definierten
Eine der vielversprechendsten Abwehrstrategien in diesem das anfliegende UAV angepasster Spoofing-Signale ist die Route bewegt und am Ende zu Boden gebracht. In Abb. 4 ist als
Szenario ist der Einsatz von intelligentem GPS-Spoofing. aktuelle und präzise Information über dessen Position und typisches Beispiel das Ergebnis eines erfolgreichen Feldversuches
Durch die Generierung und Abstrahlung von modifizierten Geschwindigkeit. Diese Daten werden von einem modifizierten zu sehen. Im Kartenausschnitt ist die vom intelligenten GPS-
GPS-Navigationssignalen wird die Positionsmessung des optischen Trackingsystem bereitgestellt, welches vom Institut Spoofer vorgegebene Flugbahn als Sollposition dargestellt.
GPS-Empfängers an Bord des UAVs derart manipuliert, dass für Technische Physik speziell für kleine agile UAVs entwickelt Die tatsächlich geflogene Flugbahn des GPS-gestützten auto-
das autonom fliegende UAV seine ursprüngliche Flugbahn wurde (Abb. 2). Erreicht wurden die Anforderungen u. a. durch nomen fliegenden UAV stimmt sehr gut mit der vorgegebenen
verlässt und auf eine neue umgelenkt wird. Der Spoofer bildsynchrone Auswertung der Positionsencoder und das Flugbahn überein.
­bekommt damit die Fähigkeit, das UAV aus dem Gefahren­ Feintracking des integrierten Laser Ranging.
bereich in einen sicheren Bereich zu lenken und dort gezielt
zur Landung zu zwingen. In einem Verbundprojekt namens Parallel wurde die Detektion und Klassifikation anfliegender
KABUL (Konzept zur Aufklärung und Bekämpfung von u
­ nbe-­ UAVs durch den Einsatz eines K-Band-Radarsystems (Abb. 3)

Abb. 1: Demonstrator des intelligenten GPS-Spoofing Abb. 2: Optisches Trackingsystem zur 3D Positions- und Geschwindigkeits- Abb. 3: Radar zur Detektion und Identifikation von UAVs Abb. 4: Typisches Beispiel einer extern kontrollierten Flugbewegung eines
bestimmung von kleinen agilen UAVs im referenzierten Koordinatensystem im autonomen Schwebemodus fixierten UAVs.
Rot: vom intelligenten GPS-Spoofer vorgegebene Flugbahn
Blau: vom UAV tatsächlich erzwungene Flugbahn
Forschungsaktivitäten 2021 48 49

Rupert Müller Dr.-Ing. Erwin Lindermeir bedeckung zur Unterstützung von Anlandeoperationen im Eine weitere wichtige Anwendung von hyperspektralen Bild-
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Methodik der Fernerkundung Institut für Methodik der Fernerkundung Einsatzraum) zusammen mit dem Fraunhofer IOSB dient der daten ist die detaillierte Charakterisierung städtischer und
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Entwicklung von Verfahren zur Ermittlung der Tiefe von industrieller Flächen als Grundlage für die Erkennung einfacher
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Küstengewässern (Bathymetrie), der Beschreibung der Topo- Ziele in schattigen Bereichen und Detektion im Subpixel-
graphie im Übergangsbereich von Land und See sowie der Bereich. Die Ableitung von Gebäudeumrissen in urbanen und
Bestimmung der Bodenbedeckung (Vegetation, Materialien) industriellen Gebieten aus Fernerkundungsdaten dient unter
im Küstenbereich (Klassifikation) (Abb. 2). Das Projekt ist ausge- anderem der Zustands- bzw. Veränderungserfassung der Objek-
Hyperspektrale Fernerkundung richtet auf die Erschließung des Potenzials von Hyperspektral- te. HS Daten können zur eindeutigen Detektion von Materialien
daten aus dem Weltraum hinsichtlich Anlandeoperationen in genutzt werden, während digitale Oberflächen Modelle (DSM)
Vorbereitung auf die operationelle Verfügbarkeit von EnMAP- die Objektextraktion auf der Basis von (relativen) Höhen (z. B.
Daten sowie basierend auf den momentan verfügbaren Daten Gebäudehöhen) erlauben. Räumliche Diskontinuitäten (Kanten)
Hyperspektrale Fernerkundung nimmt mit der Verfügbarkeit Sensoren für hyperspektrale Fernerkundung sind im Vergleich des DESIS Instruments. im HS Bild durch Änderung der Materialeigenschaften und im
geeigneter Sensorik auf verschiedenen Plattformen, von UAVs zu multispektralen oder thermalen Instrumenten vielseitig DSM durch Höhenunterschiede beschreiben mit sehr großer
über Flugzeuge und Helikopter zu Satelliten, auch im militä- einsetzbar, da diese einen großen Wellenlängenbereich (typi- Insbesondere hyperspektrale (HS) Daten, aufgenommen aus Wahrscheinlichkeit dasselbe Objekt.
rischen Bereich stetig zu. Diese Technologie mit einer hohen scherweise zwischen 400 nm und 2500 nm) mit einer hohen dem Weltraum, haben auf Grund der hohen spektralen Auflö-
spektralen und teilweise auch räumlichen Auflösung für spektralen Auflösung (typischerweise im Bereich von 2 nm bis sung eine verminderte räumliche Auflösung, um ein ausreichend In einem probabilistischen Fusionsprozess werden diese
die Bereiche Aufklärung, Identifizierung, Zielerfassung und 20 nm) kontinuierlich abdecken und Feinstrukturen in der hohes Signal-zu-Rausch Verhältnis zu bekommen, was deren komplementären Informationen genutzt, um hochgenaue
thematische Kartographie wird demonstriert. reflektierten spektralen Signatur von Targets messen. Dadurch Anwendung, wie z. B. im Projekt NVH, einschränkt. Deswegen Gebäudeumrisse abzuleiten (siehe Abb. 4). Insgesamt konnte
ist es möglich, durch Vergleich mit bekannten Spektren (z. B. werden neuartige spektrale Entmischungsverfahren von hyper- gezeigt werden, dass der multi-modale Ansatz zur Extraktion
aus Labormessungen) unterschiedliche Materialien im Bild spektralen Daten entwickelt und darauf basierend Verfahren von Gebäudeumrissen zu besseren Ergebnissen führt, sowie
zu identifizieren. Im Bereich der Sensorik betreibt das DLR abgeleitet, um die räumliche Auflösung von HS Bilddaten durch die Robustheit erhöht wird.
verschiedene Systeme, wie das Cubert System installiert auf Verwendung von meist räumlich höher aufgelösten Multi-
einem UAV, HySpex mit Flugzeug als Messträger oder DESIS spektraldaten (MS) zu verbessern.
auf der Internationalen Raumstation ISS, bzw. bereitet zukünf-
tige Missionen vor (Abb. 1). Eine komplexe Verarbeitungskette Die im HS Bildelement geschätzte Verteilung der reinen Mate-
zur radiometrischen, geometrischen und atmosphärischen rialien wird durch eine weitere spektrale Entmischung im
Korrektur der Daten liefert georeferenzierte Reflektanzwerte räumlich höher aufgelösten MS Bild verortet und damit die
für jeden Bildpunkt und beschreibt die physikalischen Eigen- Auflösung des hyperspektralen Bildes erhöht. Abb.3 zeigt bei-
schaften der Targets. spielhaft die Fusion von multispektralen und hyperspektralen
Daten unterschiedlicher räumlicher Auflösung. Das Verfahren
Das Projekt NVH (Nutzung von Hyperspektraldaten für die geht dabei über die reinen Pansharpening Methoden hinaus.
bathymetrische Datengewinnung und Bestimmung der Boden-

Abb. 1: Spezifikationen der hyperspektralen Sensoren Abb. 2: Beispiel einer Auswertung im Projekt NVH. Links: Aus- Abb. 3: Fusion einer Worldview-2 multispektralen Szene (ca. 2 m Bodenauflösung; Abb. 4: Beispiel von automatisch detektierten Gebäude-
schnitt einer atmosphärenkorrigierten HySpex-Szene (Eingabebild). 8 spektrale Bänder) (linkes Bild) mit (simulierten) EnMAP Daten (ca. 30 m Bodenauflösung; umrissen mit unterschiedlichen Dachmaterialien
Mitte: Abgeleitete Bathymetrie (Ausgabebild). Rechts: Abgeleitete 230 spektrale Bänder) (rechtes Bild). Das fusionierte (mittlere) Bild ergibt dann ein hyper-
Untergrundkarte für die Klasse Sand (Ausgabebild) spektrales Bild mit hoher Bodenauflösung (~ 2 m) und 230 spektralen Bändern.
Die physikalische Signatur wird dabei soweit möglich erhalten
Forschungsaktivitäten 2021 50 51

Dipl.-Phys. Stefan Gärtner systeme des Deutschen Raumfahrtkontrollzentrums GSOC Das V3C-Konzept wurde erfolgreich am BIROS-Satelliten des
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Raumflugbetrieb und Astronautentraining am DLR zusammengesetzt. Abb. 2 zeigt eine Übersicht über DLR demonstriert, einer 130 kg-Plattform in einer polaren
Weßling
das Systemdesign. Das Monitoring & Control-System sammelt, Umlaufbahn mit Infrarot- und optischer Nutzlast an Bord.
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interpretiert und archiviert Satellitentelemetrie (TM) und V3C wurde derart in die GSOC-Infrastruktur integriert, dass
dient der Vorbereitung und Absetzung von Telekommandos es direkt an die Stelle des klassischen Missionsbetriebssystem
(TC). Das Missionsplanungssystem generiert einen konsisten- treten konnte, welches für mögliche Fehlerfälle in Bereitschaft
ten und konfliktfreien Zeitplan für die Kommandierung der gehalten wurde. Der Demonstrationsbetrieb umfasste die ge-
V3C: Verlegefähiges und kompaktes Kontrollzentrum für Kleinsatelliten Kameranutzlast und des Satellitenbusses. Weiterhin unterstützt samte Kette für die Bereitstellung von Bilddaten: Das Zielgebiet
es beim Planungs- und Bestellprozess für Bildaufnahmen. wurde unter Berücksichtigung der Bahndaten aus der Satelli-
Bahndaten und Ausrichtung des Satelliten werden durch das tentelemetrie interaktiv ausgewählt, der Aufnahmewunsch
Flugdynamiksystem verarbeitet und sowohl der angeschlos- in einen Zeitplan überführt und entsprechende Telekommandos
Im Rahmen der reaktionsschnellen Verbringung von Klein- Bodensegmente für Satellitenbetrieb werden typischerweise in senen Bodenstation in Form von Antennenausrichtung zur generiert. Diese wurden in einem zehnminütigen Kontakt über
satelliten in einen niedrigen Erdorbit innerhalb weniger Tage Kontrollzentren aufgebaut, belegen dedizierte Kontrollräume Verfügung gestellt als auch in das Missionsplanungssystem der Bodenstation Weilheim hochgeladen, siehe Abb. 3. Die Auf-
oder Stunden wird ein geeignetes Bodensegment benötigt. und sind eng in die dortige Infrastruktur integriert. Die Mög- eingespeist. nahme wurde zeitgesteuert durch den Satelliten ausgeführt
Mit dem „Verlegefähigen Compact Control Center“ V3C wird lichkeit ein Missionsbetriebssystem aus einem solchen Zentrum und während eines Folgekontakts über Weilheim herunter-
ein auf einem Laptop lauffähiges mobiles und kompaktes herauszulösen eröffnet neue Einsatzszenarien für Katastrophen- Alle Komponenten werden auf einem handelsüblichen Laptop- geladen. Die Nutzlastdaten wurden ebenfalls durch das V3C-
Bodenbetriebssystem entwickelt und mit einem Satelliten hilfe, Sicherheit und Verteidigung, dezentralen Zugang zu wis- computer integriert. Dieser stellt eine Umgebung für eine Reihe System prozessiert und angezeigt, siehe Abb. 4.
des DLR erfolgreich demonstriert. senschaftlichen Missionen und Bildung. Besonders im Rahmen von virtuellen Maschinen zur Verfügung, innerhalb derer die
von Sicherheit und Verteidigung wird schnelle Identifikation Komponenten ausgerollt werden. Sogenannte „Infrastructure
und Reaktion auf Gefahren durch die Bereitstellung von Auf- as code“-Techniken erlauben eine vollautomatische Provisionie-
klärungsdaten direkt im Feld ermöglicht, indem ein oder rung der Hardware, sodass das System schnell einsatzbereit
mehrere Kompaktkontrollzentren vor Ort eingesetzt werden. gemacht werden kann. Während der Entwicklung wurde der
Weiter ist es möglich ein solches System mit einem klassischen automatische Provisionierungsprozess in sog. Continuous
Kontrollzentrum zur zentralen Planung und Kommandierung Integration / Continuous Deployment-Pipelines eingebunden
zu kombinieren. Im Falle eines Verlustes des Primär- oder zur schnellen Rückmeldung an die Entwickler. Es wurde auf
Backup-Kontrollzentrums stellt ein mobiles System durch seine eine minimale Anzahl an externen Schnittstellen geachtet, um
verteilte Kommandierungsfähigkeit zusätzliche Resilienz her. einen möglichst autonomen Betrieb zu gewährleisten: Eine
Bodenstationsanbindung, eine Zeitquelle, sowie gelegentliche
Die hier vorgestellte Forschungsaktivität zielt auf die Entwick- Erdrotations- und Sonnenaktivitätsdaten werden benötigt.
lung eines solchen Systems ab: V3C – Verlegefähiges Compact Die Auswirkung letzterer auf Einschränkungen im Missions-
Control Center, dargestellt in Abb. 1. Es ist aus flugerprobten design wurde in einer Studie untersucht.
Multimissionskomponenten klassischer Missionsbetriebs-

Abb. 1: V3C-System integriert auf einem handelsüblichen Laptop Abb. 2: Überblick über das Systemdesign des V3C-Bodensegments Abb. 3: Satellitenbetrieb mithilfe von V3C (am unteren Bildrand) Abb. 4: Aufnahme der Gegend um Truth or Consequences, New Mexico,
USA, aufgenommen während der V3C-Demonstrationskampagne
Forschungsaktivitäten 2021 52 53

Dr. Thomas Neff Wolfgang Jung Signals auf ein Standardbildprodukt untersucht. Außerdem
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme Kompetenzzentrum für Reaktionsschnelle Satellitenverbringung (RSC3) Für erste, zeitnahe Überprüfungen und Verifikationen dieser werden in Kooperation mit der Universität der Bundeswehr
Oberpfaffenhofen Trauen
Überlegungen liegt es nahe, bereits im Orbit befindliche natio- in München weitere Möglichkeiten untersucht, zusätzliche
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nale Systeme zu nutzen. Eine Option bietet hierbei die deutsche Experimentaldaten zu generieren.
TerraSAR-X / TanDEM-X Mission, deren beide SAR-Satelliten in
enger Formation mit einem elftägigen Wiederholzyklus fliegen.
Aus den aufgenommenen Daten werden üblicherweise Bild-
Signalerfassende raumgestützte Aufklärung mit TerraSAR-X / TanDEM-X informationen nach dem Prinzip eines Radars mit synthetischer
Apertur (Synthetic Aperture Radar, SAR) generiert. Da die Satel-
liten von Deutschland betrieben und kommandiert werden ist
es mit diesem System jedoch auch möglich, die Aussendung von
Bei der nationalen und internationalen Krisenprävention Die zahlreichen aktuellen und geplanten Satelliten-Missionen Radar-Pulsen zu unterdrücken und unter ausschließlicher
spielt die weltweite Aufklärung zur Lageabschätzung eine für die Erdbeobachtung beinhalten ein großes Potenzial für die Nutzung des Empfangszweigs von der Erdoberfläche ausgehen-
wichtige Rolle. Ohne Intrusion ist dies nur mit Satelliten- weltweite raumgestützte Aufklärung. Dies wird bislang in de elektromagnetische Wellen zu erfassen und aufzuzeichnen.
systemen möglich. Die raumgestützte abbildende Aufklärung erster Linie im Rahmen der bildgebenden Aufklärung (Image
ist in Deutschland bereits etabliert. Weitere Aufklärungs- Intelligence, IMINT) genutzt, teils durch militärische, teils durch Erste Datensätze wurden im vierten Quartal 2021 auf diese
produkte wie zum Beispiel die Signalerfassung durch Satelli- zivile beziehungsweise kommerzielle Systeme. Eine weitere Art und Weise erflogen und werden derzeit analysiert und
tensysteme gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung. Aufklärungskomponente, die signalerfassende Aufklärung ausgewertet. Als definierte Quelle für die von der Erdoberfläche
(Signal Intelligence, SIGINT) beschränkt sich, zumindest in abgestrahlten elektromagnetischen Wellen kam dabei das
Deutschland, bislang auf see-, land- und luftgestützte Plattfor- Experimentalsystem IoSiS (Imaging of Satellites in Space) der
men. International wird schon seit geraumer Zeit an raumge- Abteilung Aufklärung und Sicherheit des DLR zum Einsatz,
stützten SIGINT-Systemen geforscht. Auch drängen zunehmend welches sich am Standort Weilheim befindet und vom Institut
kommerzielle Anbieter wie beispielsweise die US-amerikanische für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme entwickelt und
Firma Hawkeye 360 oder die französische Firma Unseenlabs betrieben wird. Die Analysen werden ergeben, bis zu welcher
auf den Markt und bieten SIGINT-Daten zum Kauf, welche von Abstrahlleistung eine Erfassung der Signalquelle möglich ist
firmeneigenen Kleinsatellitensystemen erflogen werden. Da und mit welcher Genauigkeit die Geolokalisation durchge-
das Interesse an solchen Systemen auch hierzulande groß ist führt werden kann.
werden derzeit im Rahmen von Studien die Möglichkeiten und
Fähigkeiten solcher Systeme untersucht und innerhalb des DLR Die vielversprechenden vorliegenden Daten der ersten Expe-
durch das Kompetenzzentrum für Reaktionsschnelle Satelli- rimentierphase lassen gute Auswerteergebnisse erwarten. Im
tenverbringung (engl. Responsive Space Cluster Competence weiteren Verlauf der Arbeiten werden unterschiedliche Signal-
Center RSC³) koordiniert. formen der Signalquelle und die Auswirkungen des externen

Abb. 1: TerraSAR-X und TanDEM-X im Formationsflug Abb. 2: IoSiS-System Abb. 3: Aufbereitete SIGINT-Daten der Systeme Abb. 4: Erster SIGINT-Testdatensatz, abgestrahlt von IoSiS,
von Hawkeye 360 und Unseenlabs aufgenommen von TerraSAR-X; Die Sättigung des Empfängers durch
das abgestrahlte Signal ist deutlich erkennbar
Forschungsaktivitäten 2021 54 55

Dipl.-Ing. Fabian Neumann Dipl.-Ing. Michael Hanke lokal über das Bauteil stark, erfolgt die Auswahl meist basie- matrix eingebettet. Prozesstechnisch wird dabei sichergestellt,
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik rend auf der höchsten geforderten Belastbarkeit. Bei einer dass in zuvor definierten spezifischen Bereichen unterschied-
Braunschweig Braunschweig
Auswahl des Stützmaterials nach der global dimensionierenden liche Füllstoffe getrennt voneinander vorliegen, die Matrix
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Maximalbelastung kann in Bereichen geringerer Belastung jedoch durchgängig ist. So können harte Phasengrenzen oder
unter Umständen nicht das maximal mögliche Leichtbau- Phasenübergänge ermöglicht werden. Die Herstellung erfolgt
potential ausgeschöpft werden. Alternativ können mehrere in einem geschlossenen Werkzeug, welches die gewünschte
Einzelkerne verwendet werden. Werden in diesem Fall für Kernform als Kavität aufweist. Durch die Herstellung des Kerns
Kosteneffiziente Fertigung von Triebwerkseintrittsleitschaufelstrukturen die einzelnen Regionen verschiedene Einzelkerne aus unter- in Endkontur, entfällt eine weitere Bearbeitung vor dem Ein-
aus Verbundwerkstoffen schiedlichen Materialien verwendet, so erhöht dies den Ferti- bringen in den Sandwichaufbau.
gungsaufwand teilweise erheblich. Die exakte Positionierung
der Kerne zueinander und am Faserhalbzeug ist schwierig. Im Vergleich zu einer konventionell gefertigten Schaufel mit
Herkömmliche Fertigungsverfahren für multifunktionale Um ein Faserverbundbauteil hinsichtlich seiner mechanischen Die Folge sind zusätzliche Positioniervorrichtungen. drei gefrästen Einzelkernen, konnte der Fertigungsaufwand
Hochleistungsfaserverbundstrukturen stoßen bei besonderen Eigenschaften lokal anzupassen, wird in erster Linie der Lagen- deutlich reduziert werden. Die Positionierung eines einzelnen
Herausforderungen oft an ihre Grenzen. Das DLR untersucht aufbau lokal auf die auftretenden Beanspruchungen hin Im Tränkungsprozess bilden die Kernzwischenräume sogenann- Kerns ist über die Werkzeugränder ohne Hilfsmittel möglich.
Möglichkeiten, wie kosteneffiziente Triebwerkseintrittsleit- optimiert. Die notwendige Steifigkeit von Sandwichstrukturen te „Runner“, in denen das Harz vor eilt. Die Prozesssicherheit Des Weiteren sind die Lagengeometrien durch die verringerte
schaufelstrukturen aus derartigen Werkstoffen gefertigt wird über die Verwendung eines Stützstoffes, auch Sandwich- wird dadurch maßgeblich verschlechtert. Dass es auch anders minimal fertigbare Kerndicke deutlich einfacher gehalten.
werden können. Syntaktische Schäume bieten eine Möglich- kern genannt, zwischen den Faserlagen erzielt. Der Kern, in gehen kann, zeigt die entwickelte Composite Eintrittsleitschaufel
keit zur lokalen Anpassung der Eigenschaften des Laminat- Abb. 1 in weißer Farbe gut zu erkennen, erhöht das Trägheits- für ein Luftfahrzeug, wie in Abb. 2 skizziert. In den Randberei-
aufbaus. moment und damit die Steifigkeit des Bauteils gemäß dem chen sind zur Strukturanbindung erhöhte Anforderungen an
Satz von Steiner. Dadurch muss der verwendete Stützstoff die Druck- sowie Zugbelastbarkeit gestellt, im Mittelteil zählt vor
selbst in der Regel keine hohen physikalischen Eigenschaften allem eine geringe Dichte des Stützstoffs. Durch das Verjüngen
aufweisen, sondern kann nach geringer Dichte ausgewählt und kurz darauf wieder Aufweiten der Schaufel bei Übergang in
werden. eine Schwalbenschwanzverbindung am Innenring erhöht sich
der Fertigungsaufwand mit geteiltem Kern oder als Monolith
Gängige Stützstoffe sind z. B. Polymerschäume, Balsaholz erheblich. Als Lösung wird ein syntaktischer Kern verwendet.
oder Wabengitter aus Papier, Pappe, Metall oder Kunststoff.
Syntaktische Schäume stellen eine Kombination aus Kugeln, Durch die sehr dünne Ausführbarkeit des Materials ist es mög-
vorzugweise Glas, Metall oder Kunststoff innerhalb einer lich die gesamte Schaufel mit einem einzigen Kern, wie in
Metall- und Kunststoffmatrix dar. Auswahlkriterien für den Abb. 3 zu sehen, aufzubauen und dabei den Lagenaufbau sowie
Stützstoff sind Dichte, Brandschutzvorgaben, Wirtschaftlich- die Lagengeometrien ohne Ausschnitte und Patches zu reali-
keit der Herstellung, aber auch die zu erwartenden thermischen sieren. Dafür werden unterschiedliche Füllstoffe (Glashohl- und
und mechanischen Belastungen. Unterscheiden sich letztere -vollkugeln, Kurzfasern und ähnliches) in einer Epoxidharz-

Abb. 1: Detailansicht des Sandwichaufbaus für die Abb. 2: Schematische Darstellung des Sandwichkerns Abb. 3: Sandwichkern und Composite Eintrittsleitschaufel
Composite E­ intrittsleitschaufel
Forschungsaktivitäten 2021 56 57

Dr. Anne Dhollande Dr. Christian Müller und Faserarchitekturen, und der Entwicklung von Faserkom- tigen nichtlinearen Fasern. Die Superkontinuum-Technologie
Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL)
Saint-Louis, Frankreich Saint-Louis, Frankreich ponenten wie z. B. der Entwicklung von Faserkombinierern stellt aufgrund ihrer hohen spektralen Abdeckung, die es erlaubt,
isl@isl.eu isl@isl.eu und Endkappen. In 2021 berichtete das ISL erstmals über optronischen Gegen-Gegenmaßnahmen entgegenzuwirken,
Ergebnisse, die mit einem auf einer Tm , Ho -kodotierten
3+ 3+
und der Möglichkeit, sie als Vollfasersystem vollständig durch
aktiven Faser basierenden monolithischen Oszillator erzielt Faserkomponenten zu realisieren, eine vielversprechende DIRCM
wurden. Dieser Faserlaser lieferte, bisher unter Laborbedingun- Zukunftstechnologie dar. Das ISL beschäftigt sich sowohl mit
gen, bei einer Emissionswellenlänge von 2,1 µm und einem der Entwicklung von Pikosekunden-Faserlaserquellen bei 2 µm
Entwicklung von Infrarot-Lichtquellen für DIRCM-Gegenmaßnahmen nahezu beugungsbegrenzten Strahlprofil, eine Leistung von als auch mit der Superkontinuumserzeugung.
bis zu 200 W im Dauerstrichbetrieb. Das stellt einen einzig-
artigen Spitzenwert hinsichtlich Effizienz und Leistung einer In enger Zusammenarbeit mit den Wehrtechnischen Dienst-
Tm , Ho -kodotierten aktiven Faser dar.
3+ 3+
stellen in Oberjettenberg (WTD 52) und Greding (WTD 81)
Infrarotgelenkte Lenkflugkörper gehören zu den größten Die Lasertechnologie-Forschung am ISL orientiert sich bei der hat das ISL mehrfach Messkampagnen durchführen können,
Bedrohungen für Boden- und Luftfahrzeuge. Zum Schutz Entwicklung neuer DIRCM Lichtquellen im Infrarotbereich Ein wichtiger Wellenlängenbereich für die Entwicklung von um seine DIRCM Laserdemonstratoren hinsichtlich ihrer
mobiler Plattformen entwickelt das Deutsch-Französische an der Technologie weitverbreiteter Infrarot-Zielsuchköpfe. DIRCM Lichtquellen ist das atmosphärische Transmissions- Strahleigenschaften und ihrer optronischen Wirkung bei
Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) neue Lichtquellen für Zudem erforscht und entwickelt das ISL über den Stand der fenster zwischen 3 µm und 5 µm. Für diesen Wellenlängen- langreichweitiger Propagation zu charakterisieren. Während
gerichtete Infrarot-Gegenmaßnahmen (DIRCM, Directed Zielsuchkopf-Technik hinaus vielseitige DIRCM Lichtquellen bereich hat das ISL einen Zinkgermaniumphosphid basierten der Messkampagne 2021 an der WTD 81 konnte beispielsweise
Infrared Counter Measures), die den Infrarot-Zielsuchkopf für den kurzen bis mittleren Infrarotbereich. linearen OPO Resonator entwickelt, mit dem ein Rekordwert die gute Übereinstimmung des experimentellen Strahlprofils
des Lenkflugkörpers stören, blenden oder beschädigen. von 38 W Durchschnittsleistung erzielt werden konnte. Bei des ISL Laserdemonstrators mit einer der atmosphärischen
DIRCM Anwendungen erfordern leistungsstarke, robuste und der Entwicklung robuster OPO-Architekturen, die eine gute Turbulenz Rechnung tragenden Simulation demonstriert
kompakte Laserquellen mit guter Strahlqualität und spezifischer Strahlqualität bei hoher Leistung ermöglichen, untersucht das werden (Abb. 3).
Wellenlänge, die es gestatten, über Entfernungen von mehreren ISL ebenfalls nicht-planare OPO Anordnungen wie beispiels-
Kilometern optronische Wirkung zu erzielen. Effiziente und weise den ISL patentierten OPO Resonator vom FIRE Typ. Der
kompakte Lösungen basieren beispielsweise auf Faserlasern Vorteil dieses Resonators besteht in seinem robusten und kom-
mit einer Emissionswellenlänge von 2 µm, deren Strahlung pakten Design, das einen stabilen, justage- und rückreflexions-
in optisch-parametrischen Oszillatoren (OPO) in den Wellen- freien Betrieb ermöglicht. Mit dem neuen miniaturisierten
längenbereich zwischen 3 µm und 5 µm konvertiert werden. FIRE Resonator (Abb. 2) konnte eine Durchschnittsleistung
von bis zu 24 W bei guter Strahlqualität (M2 = 1,6) erzielt werden,
Für den Erfolg der am ISL entwickelten Faserlasertechnologie die beste Strahlqualität aller literaturbekannten OPO Quellen
sind monolithische Vollfaserlaser entscheidend, deren Kompo- vergleichbarer Durchschnittsleistung.
nenten fusionsgespleißt werden (Abb. 1). Bei der Entwicklung
dieser hocheffizienten, robusten und justagefreien Vollfaser- Für den mittleren Infrarotbereich entwickelt das ISL darüber
laser widmet sich das ISL der Untersuchung von Faserlasern hinaus Superkontinuum-Quellen auf der Grundlage von neuar-

Abb. 1: Vollfaserlaser mit einer Emissionswellenlänge von 2 µm Abb. 2: Miniaturisierter OPO-Resonator vom FIRE-Typ Abb. 3: Experimenteller Aufbau der Messkampagne 2021 an der WTD 81 (Greding). ISL Laserdemonstrator mit Schiefspiegler-Teleskop
für den Emissionswellenlängenbereich 3 – 5 µm (links), und PtSi Kamera vor Reflektorschirm (kleines Bild). Experimentelles und simuliertes Strahlprofil (rechts) der OPO Strahlung bei
3 – 5 µm nach atmosphärischer Propagation über eine Strecke von 770 m
Forschungsaktivitäten 2021 58 59

Dr.-Ing. Richard K. Arning Dr.-Ing. Friedrich Leopold Mit der ISL- Technologie sind unter Nutzung der 10 MJ Ener- starken Kompressibilitätseffekten, die mit den klassischen
Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL)
Saint-Louis, Frankreich Saint-Louis, Frankreich gieversorgungsanlage Geschosse im Kilogrammbereich auf Methoden der Aerodynamik nicht abgedeckt werden. Zum
isl@isl.eu isl@isl.eu hypersonische Geschwindigkeiten von mehr als 2500 m/s Beispiel wird entgegen der durch die Aufheizung vergrößerten
beschleunigt worden. Mit über 65 % Wirkungsgrad in Bezug Grenzschicht der Widerstandbeiwert im Hyperschall geringer.
auf die Umwandlung von elektrischer in kinetische Energie
wurde ein neuer Benchmark aufgestellt. Ablation und Flugstabilität: Durch Aufwärmung und Reibungs-
kräfte an der Oberfläche entstehen zusätzliche Ablationser-
Hypersonische Forschungsarbeiten am Deutsch-Französischen Zur Untersuchung möglicher Einsatzszenarien zur Abwehr scheinungen (Abb. 4). Diese sind u.a. für die Flugstabilität von
­Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) schnell anfliegender Bedrohungen, zum Beispiel von Seeziel- KE Geschossen von entscheidender Bedeutung.
flugkörpern, wurde am ISL ein Demonstrator verwirklicht.
Dieser ermöglicht es, im Kaliber von 25 mm2 bei Beschleuni- Aufheizung und IR-Signatur: Vor allem in niedriger Atmosphäre
Nach den jüngsten Fortschritten verschiedener Staaten bei Das deutsch-französische Forschungsinstitut Saint-Louis, als gungen von mehr als 100.000 g und Mündungsgeschwindig- werden die Flugkörper sehr stark transient aufgeheizt. So werden
Hyperschallgleitern und Marschflugkörpern sind Hyper- europäisches Kompetenzzentrum für Ballistik, Rohrwaffen, keiten von 2.400 m/s Feuerstöße von bis zu fünf Schuss zu im Staupunkt des Railgun-Projektils bis zu 2500 °K erreicht
schallwaffen und deren Abwehr wieder auf der westlichen Projektile und Schutz, treibt seit Jahren die Forschung im realisieren, bei Kadenzen von mehr als 75 Hz. (Abb. 2). Gleichzeitig führt die Aufheizung zu einer für jeden
Tagesordnung – beim Militär, in der Industrie und in der Bereich Hyperschall voran. Dabei werden im Wesentlichen Flugkörper spezifischen IR-Signatur, welche das ISL dem An-
Forschung. In mehreren Projekten werden am Deutsch-Fran- drei Entwicklungen verfolgt: Die Entwicklung einer Schienen- Parallel dazu werden auch klassische Pulverkanonen weiter- wender bereitstellt.
zösischen Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) verschiedene kanone (Abb. 1), die Entwicklung von Hyperschalleffektoren entwickelt. So kann das ISL mittlerweile auf seinem eigenen
Konzepte und Grundlagenarbeiten für die Luftverteidigung (Abb. 2) für die Schienenkanone oder leistungsgesteigerte Schießplatz bereits Geschwindigkeiten um 2.000 m/s bei Plasmabildung und Radarsignatur: In Versuchen im Stoßrohr
und die Bekämpfung von Zielen am Boden vorangetrieben. Rohrwaffen sowie im Forschungsverbund Beiträge zur Signa- Geschossgewichten von 2 kg erreichen. Instrumentiert mit des ISL konnte in Zusammenarbeit mit der Fraunhofergesell-
tur (IR und Radar) bei hypersonischen Strömungsbedingungen Sensoren und Telemetrie, steht damit eine kostengünstige schaft der Einfluss des im Hyperschall ausgebildeten Plasmas
(Abb. 2 und 3). Zu den Grundlagenforschungsarbeiten gehören Freiflugversuchstechnik zur Verfügung, um Entwürfe von auf den Radarrückstreuquerschnitt experimentell nachgewiesen
auch Themen der Ablation (Abb. 4), des Thermalmanagements Hyperschallkörpern zu testen. werden (Abb. 3). Im europäischen Verbundprojekt HYPOTHE-
durch Materialwahl und aerodynamische Formgebung, sowie NUSE, zusammen mit den deutschen Partnern von Fraunhofer
von Kompressibilitäts-, Realgas- und Plasmaeffekten. Neben der Beim Flug mit Hyperschallgeschwindigkeit kommt es zu sehr und Hensoldt, erarbeitet das ISL Lösungen zur Detektion von
eigenen Entwicklung von Simulationscodes, stützt sich das ISL speziellen aerodynamischen und thermodynamischen Phäno- Hyperschallbedrohungen.
auf seine Versuchsinfrastruktur des trisonischen Windkanals, menen, die typisch für die sehr hohen Geschwindigkeiten und
der Stoßrohre, der Leichtgaskanonen (Geschwindigkeiten bis enormen Gastemperaturen sind. Insbesondere werden am ISL
zu 8 km/s) und einer umfangreichen Freiflugmesstechnik mit vier Grundlagenthemen untersucht:
instrumentierten, rohrverschossenen Projektilen.
Kompressibilität und Flugleistung: Ein Beitrag unserer Arbeiten
Als einzige europäische Einrichtung entwickelt das ISL das liegt auf der Flugleistung von KE (Kinetic Energy) Projektilen
Konzept der elektromagnetischen Schienenkanone weiter. für MGCS (Main Ground Combat System). Hier kommt es zu

Abb. 1: ISL Schienenkanone Abb. 2: Waverider Projektil Abb. 3: Untersuchung Radarrückstreuquerschnitt bei Plasmaausbildung Abb. 4: Nachflugaufnahme einer ablatierten Kugel
(Quelle: Deutsch-Französiches Forschungsinstitut ISL, Fraunhofer FHR) aus Aluminium bei 5000 m/s
Forschungsaktivitäten 2021 60 61

Eike Tangermann Tony Di Fabbio Karthick Rajkumar Prof. Dr.-Ing. habil. Markus Klein
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München
Institut für Angewandte Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen Institut für Angewandte Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen Institut für Angewandte Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen Institut für Angewandte Mathematik und Wissenschaftliches Rechnen
Neubiberg Neubiberg Neubiberg Neubiberg

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Simulation und Modellbildung für aerodynamische Anwendungen Für hochagile Flugzeugkonfigurationen kommen Deltaflügel rekte Vorhersage des Schallpegels der Resonanzmoden und
mit niedriger Streckung in Frage. Abb. 1 stellt einen solchen verlangt nach hohem Einsatz von Rechenleistung. Im laufenden
Flügel mit mehreren, unterschiedlich gepfeilten Segmenten dar, Forschungsvorhaben konnte durch Kombination verschiedener
an dem sich ein komplexes System aus mehreren Vorderkanten- Methoden eine Ersparnis an Rechenzeit von nahezu 80 % erzielt
Die Entwicklung moderner Fluggeräte sowie Maßnahmen In der Untersuchung von aerodynamischen Phänomenen spielt wirbeln entwickelt. Wie in der Abb. zu erkennen, bricht bei werden. Weitere Schritte zielen auf die Fähigkeit zur Simulation
zu deren Abwehr spielen eine entscheidende Rolle in der die rechnergestützte Simulation eine tragende Rolle. Die Verfüg- hohen Anstellwinkeln und asymmetrischer Anströmung der industrierelevanter Fälle „über Nacht“.
Wehrtechnik. Die Beherrschung der strömungsmechani- barkeit von Strömungsdaten unabhängig von experimentellen Wirbel einseitig zusammen. Im Transschall interagieren die
schen Vorgänge in diesen Grenzbereichen der Flugphysik Rahmenbedingungen und Einschränkungen macht die Simu- Wirbel noch mit eingebetteten Verdichtungsstößen wie in Die Analyse von Hyperschallflugkörpern (Abb. 4) in Kooperation
erfordert hochgenaue und teure Methoden der Strömungs- lation zu einem attraktiven Werkzeug insbesondere in frühen Abb. 2 dargestellt. Die akkurate Vorhersage des Vorganges ist mit AMDC GmbH führt zu sehr unterschiedlichen Herausfor-
simulation. Spezifisch angepasste Modelle machen den Entwicklungsphasen und beim grundlegenden Verständnis zur Bestimmung der Flugleistungen essenziell, was als Aus- derungen. Neben aerothermodynamischen Effekten treten bei
Rechenaufwand beherrschbar und tragen somit zu einer von strömungsphysikalischen Effekten. Stetig zunehmende gangslage jedoch einen sehr hohen Rechenaufwand erfordert. typischen Konfigurationen auch hier Wirbelsysteme auf (Abb. 5),
Routineanwendung bei. Rechenkapazität hat weiter dazu beigetragen, dass moderne Im Rahmen eines Forschungsvorhabens mit Airbus D&S steht die von turbulenten Vorgängen dominiert werden. In großen
Simulationsmethoden in fast jedem Entwicklungsprozess zum die Entwicklung eines angepassten Modells im Fokus, das die Flughöhen sind jedoch die Reynoldszahlen wesentlich niedriger,
Tragen kommen. turbulenten Vorgänge vollständig abbilden soll, statt sie aufzu- wodurch signifikante laminare Anteile der Strömung vorliegen
lösen. Hierfür kommen Methoden des maschinellen Lernens, und die Transition berücksichtigt werden muss.
Trotz der enormen Steigerungen der Rechenleistung ist es insbesondere genetische Algorithmen, zum Einsatz.
erforderlich die Turbulenz in aerodynamischen Strömungen Zusammenfassend zeigt die Strömungssimulation ein hohes
zu modellieren, um so den Rechenaufwand beherrschbar zu Ein anderer Anwendungsfall findet sich bei integrierten Waf- Potenzial komplexe aerodynamische Vorgänge zu verstehen und
machen. Wehrtechnische Anwendungen wie Flugzeuge und fenschächten. Bei geöffneten Türen entstehen an der offenen vorherzusagen. Mit spezifisch angepassten Modellen können
Flugkörper agieren typischerweise bei hohen Reynoldszahlen Seite Wirbel, die beim Auftreffen auf die Rückwand reflektiert hochwertige Verfahren routinemäßig eingesetzt werden.
im Trans-, Über- und Hyperschall und weisen strömungs- werden. Es kommt zu einer aeroakustischen Resonanz, die zu
physikalische Effekte auf, die in anderen Disziplinen nicht in kritischen Belastungen der Struktur führen kann. Abb. 3 zeigt
dieser Art oder Ausprägung anzutreffen sind. Dies erfordert eine Waffenschachtgeometrie und die darin entstehende turbu-
die Entwicklung spezifisch angepasster Modelle. lente Strömung. Bei diesem stark instationären Vorgang ist die
Auflösung von turbulenten Strukturen essenziell für die kor-

Abb. 1: Deltaflügel bei hohem Anstellwinkel Abb. 2: Verdichtungsstöße am Deltaflügel Abb. 3: Modell eines geöffneten Waffenschachtes mit Abb. 4: Generischer Hyperschallgleitflugkörper mit Darstellung von Abb. 5: Wirbelsystem am Hyperschallgleitflugkörper. Stromlinien zeigen die
und asymmetrischer Anströmung. Darstel- dargestellt über Isoflächen hoher Dichte- ­seitlichen Türen. Turbulente Wirbelstrukturen (Q-Kriterium) ­Verdichtungsstößen (weißer Nebel) und Druck auf der Oberfläche zur Lage des Vorderkantenwirbels auf der Oberseite, der in tieferen Flughöhen
lung des nur einseitig ausgeprägten Wirbel- änderung. Bei Interaktion mit dem Wirbel verursachen aeroakustische Resonanz ­Auswertung aerodynamischer Kräfte maßgeblich zum Auftrieb beiträgt
systems (Q-Kriterium), Lage der Primär- und kann dieser zusammenbrechen, wobei der
Sekundärwirbel (blaue und orangefarbene aerodynamische Auftrieb sinkt
Linien)
Forschungsaktivitäten 2021 62 63

OTL d.R. Prof. Dr. Annette Schmidt Hauptmann Tom Brandt, In der vom Lehrstuhl für Sportbiologie der Universität der Belastungssituationen noch koordinativ anspruchsvolle Bewe-
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München
Institut für Sportwissenschaften Institut für Sportwissenschaften Bundeswehr München (UniBw M) durchgeführte MedXFit- gungen gesundheitsschonend auszuführen.
Neubiberg Neubiberg
Studie wurde die Wirkung von CF auf Kraft, Mobilität, Rü-
info@unibw.de info@unibw.de
ckengesundheit und Wohlbefinden untersucht. Teilnehmen Nach Abschluss der Studie wurden die Teilnehmenden in
konnten zivile und militärische Angehörige der UniBw M die reguläre Trainingsgruppe von CF Kokoro integriert. Hier
(Trainingsgruppe n = 57, Kontrollgruppe n = 34) mit einer vor- trainieren dauerhaft 150 – 200 Angehörige der UniBw M mit-
wiegend sitzenden Tätigkeit, die weniger als zwei Einheiten einander – darunter junge Studierende, versehrte Veteraninnen
Die MedXFit-Studie – Einfluss von CrossFit®-Training auf Kraft, Mobilität, Kraft- und / oder Beweglichkeitstraining pro Woche durch- und Veteranen sowie zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
Rückenproblematiken und Wohlbefinden bei Soldaten und Soldatinnen führten. Die Studie war auf 12 Monate ausgelegt (Messzeit- kurz vor der Rente. Das Training wird dauerhaft vom Lehrstuhl

sowie Zivilangestellten der Bundeswehr punkte 0,6 und 12 Monate). für Sportbiologie durch den Einsatz sportwissenschaftlicher
Messmethodik begleitet. Gleichzeitig werden über zahlreiche
Chronische Erkrankungen und mangelnde Fitness in Folge Soldaten und Soldatinnen der Bundeswehr absolvieren in In diesem Zeitraum absolvierte die Trainingsgruppe pro Woche Studienarbeiten ständig neue Erkenntnisse zum Thema CF
sedentären Verhaltens und körperlicher Inaktivität stellen ein Ausbildung und Einsatz komplexe Aufträge unter hoher kör- zwei 60-minütige CF-Trainings. Die Military Affiliate CrossFit© gewonnen.
weitgreifendes Problem unserer Gesellschaft dar – eine Ent- perlicher Belastung. Die Art der Beanspruchung variiert zum Kokoro (Trainingseinrichtung auf dem Gelände der Universi-
wicklung, die auch die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr Teil stark. Egal ob Marsch, Feuerkampf, Gewässerüberquerung, tät der Bundeswehr München) stellte die Durchführung von Die leistungs- und gesundheitsfördernde Wirkung von CF
betrifft. CrossFit erweist sich als effizientes Trainingskonzept
©
oder Verwundetentransport – eine vielseitige, funktionale, 15 Trainingseinheiten pro Woche sicher (Abb. 2). Während des wurde bereits mehrfach wissenschaftlich belegt (Abb. 3). Mit
für den Dienstsport, um diesem Trend entgegenzuwirken. körperliche Fitness ist Grundvoraussetzung für die erfolgreiche COVID-19 bedingten Lockdowns wurden Online-Trainings der MedXFit-Studie wurde nun erstmals im Rahmen einer
Auftragserfüllung. Durch dauerhaftes Sitzen und mangelhafte angeboten. prospektiven, kontrollierten Langzeitstudie die Effektivität
Sportausbildung verschlechtern sich allerdings zunehmend von CF bei Bundeswehrangehörigen nachgewiesen. Nicht zu-
Gesundheit und Fitness vieler Bundeswehrangehöriger. Im Zu Beginn zeigten die Teilnehmenden stark ausgeprägte Kraft- letzt wegen dieser Ergebnisse und des Erfolgs von CF an der
Ernstfall resultiert dies in erhöhter Gefahr für Leib und Leben. und Mobilitätsdefizite. Rückenschmerzen gehörten für viele UniBw M insgesamt, sollte CF zukünftig als Trainingskonzept
zum Alltag. Das Wohlbefinden befand sich auf einem niedri- für die Sportausbildung der Bundeswehr in Betracht gezogen
Mit CrossFit (CF) kann diesem Problem begegnet werden. CF
©
gen Niveau. Außerdem wiesen die Teilnehmenden erhebliche werden. Es empfiehlt sich bei einer etwaigen Implementierung
beinhaltet ein ganzheitliches, funktionales Trainingskonzept Mängel bei der Ausführung einfachster Bewegungen wie auf die langjährige Erfahrung seitens CF Kokoro und des Lehr-
mit ständig wechselnden Belastungsparametern. Charakteris- dem Heben und Tragen von Lasten, Kniebeugen, Laufen oder stuhls für Sportbiologe zurückzugreifen.
tisch ist die Kombination verschiedener Bewegungsmuster aus Springen auf.
Gewichtheben, Powerlifting, Turnen, Schwimmen und Rudern
in hochintensiven Trainingseinheiten (Abb. 1). Dank hoher Bereits nach 6 Monaten jedoch verzeichnete die Trainings-
Skalierbarkeit und breitgefächerter Trainingsreize können selbst gruppe signifikante Verbesserungen in allen genannten Berei-
Elitesoldatinnen und -soldaten mit versehrten Kameradinnen chen. Dieser Trend setzte sich auf beeindruckende Weise fort.
und Kameraden die gleiche Trainingseinheit absolvieren und Nach 12 Monaten verfügten die Teilnehmenden schließlich über
trotzdem ganz individuelle Fortschritte erzielen. die notwendige Fitness, um auch in körperlich hochintensiven

Abb. 1: Technisch anspruchsvolle Übungen aus dem Abb. 2: Für das Training bei CrossFit Kokoro steht seit 2021 Abb. 3: Neben dem Training wird beim CrossFit auch auf eine
Gewichtheben werden regelmäßig trainiert ein hochwertig ausgestatteter Trainingsraum zur Verfügung g­ esunde Ernährung wert gelegt, um Gesundheit und Leistung
zu steigern
Forschungsaktivitäten 2021 64 65

M. Sc. Yvonne Breitmoser M. Sc. Benedikt Demmel Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Alexander Lion Dr. Tobias Förster
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und
Institut für Mechanik Institut für Mechanik Institut für Mechanik Betriebsstoffe (WIWeB)
Neubiberg Neubiberg Neubiberg Erding

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Verträglichkeit von konventionellen und additiv gefertigten Elastomeren somit zu einer chemischen Veränderung dieser Elastomere. Erkenntnisse lassen eine detaillierte Beschreibung der Quel-
mit synthetischen Kraftstoffen Die Umstellung auf synthetische Kraftstoffe macht es daher lungsphänomene einzelner Kraftstoffbestandteile zu.
nötig, auch bereits gealterte Dichtungen auf ihre Verträglichkeit
mit synthetischen Kraftstoffen zu untersuchen, da so Aussagen Die Bestimmung der Volumenänderung (Abb. 4) zeigt, dass
Synthetische Kraftstoffe sollen als Energieträger in der Synthetische Kraftstoffe werden im Gegensatz zu konventio- zur Verwendung in bestehenden Systemen möglich sind. trotz grundlegend unterschiedlicher chemischer Struktur ein
Bundeswehr eingesetzt werden. Ziel der Studie ist zu un- nellen Kraftstoffen aus erneuerbaren Rohstoffen hergestellt Vergleich von AF-Elastomeren mit konventionellen Elasto-
tersuchen, ob Elastomer-Bauteile mit diesen Kraftstoffen und können eine andere chemische Zusammensetzung auf- Durch die aufstrebende Technologie der AF können bereits meren möglich ist. Die Volumenänderung des TPU ist sogar
verträglich sind, um in bestehenden Systemen eingesetzt weisen. Aufgrund dessen zeigen Elastomere, die als Dichtungen, Ersatzteile in kurzer Zeit hergestellt und direkt vor Ort Ersatz- geringer ausgeprägt, was auf eine bessere Verträglichkeit hin-
werden zu können. Im Fokus stehen aktuell gealterte, Schläuche und Tankauskleidungen eingesetzt werden, ein dichtungen in den erforderlichen Härtegraden und Geometrien deutet. Mit zunehmender Alterung erhöht sich die Vernetzungs-
­konventionelle Elastomere und additiv gefertigte (3D-ge- anderes Verhalten in Kontakt mit synthetischen als mit erdöl- gedruckt werden. Die aktuell verfügbaren Fertigungsverfahren dichte des NBR, welche zu geringerer Quellung führt. Zusätzlich
druckte) Elastomere für den Einsatz in der Luftfahrt oder basierten Kraftstoffen. Eine übermäßige Quellung kann eine verhindern bisher jedoch eine Verwendung konventioneller, sinken mit fortschreitender Quellung neben der Dichte auch
in Fahrzeugen. Verschlechterung der Eigenschaften hervorrufen und die vulkanisierter Materialien. Daher unterscheiden sich die markt- die Härte sowie die Reißfestigkeit und -dehnung aller Materi­
Funktionalität des Bauteils stark einschränken (Abb. 1). verfügbaren AF-Elastomere chemisch stark von den konventio- alien.
nellen. Da sie aber ähnliche Materialeigenschaften aufweisen
Die Etablierung synthetischer Kraftstoffe hängt ferner davon ab, müssen, ist es zwingend erforderlich diese neuartigen Elasto- Die durchgeführten Untersuchungen liefern einen tiefen
ob bereits installierte Bauteile aus konventioneller oder addi- mere auf ihre Eignung zu prüfen. Einblick in das Quellverhalten von konventionell und additiv
tiver Fertigung (AF) mit diesen Energieträgern kompatibel sind. gefertigten Elastomeren in Kontakt mit synthetischen Kraft-
Diese Studie wird von der Universität der Bundeswehr München Zur Bewertung der Verträglichkeit von konventionellen und stoffen. So lassen sich einerseits neue Materialien hinsichtlich
in Kooperation mit dem Wehrwissenschaftlichen Institut für AF-Elastomeren mit synthetischen Kraftstoffen, wurden NBR ihres Einsatzfeldes bewerten. Andererseits können Aussagen
Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) durchgeführt. und thermoplastisches Polyurethan (TPU) im synthetischen getroffen werden, ob neuartige Kraftstoffe sicher und zuver-
Kraftstoff ReadiJet™ sowie in einem als Referenz dienenden lässig in bestehenden Systemen verwendet werden können.
Acrylnitril-Butadien-Kautschuk (NBR) ist ein konventionell erdölbasierten Jet A-1 gelagert. Neben der Bestimmung der
hergestelltes Elastomer, das in Dichtungen im Luftfahrzeugbau Masse- und Dichte-Änderung (Abb. 2) wurden Zugversuche
eingesetzt wird. Aufgrund langer Einsatzzeiten von Flugzeugen, und Härtemessungen durchgeführt. Die mittels Gaschromato-
vor allem im militärischen Bereich, kommt es zur Alterung und graphie/ Massenspektrometrie (GC / MS, Abb. 3) gewonnenen

Abb. 1: Die Wahl des falschen Dichtungsmaterials führt zu Abb. 2: Hydrostatische Waage zur Bestimmung der Volumen- und Abb. 3: Gaschromatographie /Massenspektrometrie (GC/MS) wird Abb. 4: Volumenänderung von neuem und künstlich gealtertem NBR
übermäßiger Quellung und Bruch. Links: ungequollener Zugstab; Dichteänderung gequollener Elastomerproben eingesetzt, um einzelne Kraftstoffbestandteile zu identifizieren und von additiv gefertigtem TPU. Die Quellung erfolgte im konventionellen
Rechts: gequollener, ­gebrochener Zugstab Kraftstoff Jet A-1 und im synthetischen Kraftstoff ReadiJet™
Forschungsaktivitäten 2021 66 67

Dr. Leonhard Kunczik Prof. Dr. Maximilian Moll Prof. Dr. Stefan Pickl
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München
Institut für theoretische Informatik, Mathematik und Institut für theoretische Informatik, Mathematik und Institut für theoretische Informatik, Mathematik und
Operations Research Operations Research Operations Research
Neubiberg Neubiberg Neubiberg

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Maschinelles Lernen auf Quantencomputern: festlegen muss. Das ist beispielsweise an Flughäfen der Fall, wo Die derzeitigen Erfolge im Reinforcement Learning werden
Die Zukunft für Angreifer-Verteidiger-Szenarien im Vorhinein feste Sicherheitskontrollen platziert werden und meist nur unter Aufwendung großer Rechenkapazitäten sowie
Sicherheitskräfte nach einem bestimmten Schema patrouil- durch die Nutzung von speziellen Recheneinheiten wie GPUs
lieren. und TPUs (Graphics /Tensor Processing Units) erzielt. Diese wur-
Politisch wird der in Deutschland produzierte Quanten- Obwohl derzeit noch einige Zweifel herrschen, ob und vor allem den vor allem für das schnellere Berechnen von Deep-Learning
computer angestrebt. Gleichzeitig sollte sich die Wissen- wann Quantencomputer aus den Forschungslaboren in die Klassische Methoden zur Lösung von nichtkooperativen Spie- Modellen wie z. B. Neuronale Netze entwickelt. Im Reinforce-
schaft schon jetzt mit möglichen Anwendungsgebieten Anwendung gebracht werden, hat sich die Bundesregierung len haben ihren Ursprung in der Spieltheorie, die sich mit der ment Learning werden Deep-Learning-Modelle genutzt, um
­auseinandersetzen. Ein vielversprechender Fall sind An- bereits auf den „Quantencomputer made in Germany“ festgelegt mathematischen Lösung von Entscheidungs- und Interaktions- die Algorithmen auf größere Probleme zu skalieren.
greifer-Verteidiger-Szenarien. Bereits jetzt weisen erste (Abb. 1). Bis das ehrgeizige Projekt Wirklichkeit wird, sollte die Zeit situationen beschäftigt. Sobald diese durch viele verschiedene
­Forschungsergebnisse darauf hin, dass mittels Quanten- aber nicht stillstehen, sondern für die Entwicklung von skalier- Handlungsmöglichkeiten in mehreren Runden (wie beim Quantum Computing bietet verschiedenen Eigenschaften, die
computing die Komplexität dieser Probleme handhabbar baren Lösungsansätzen im Quantencomputing genutzt werden. Schach) zu komplex werden, lässt sich die Spieltheorie jedoch das Lösen von komplexen Problemen vereinfachen, wie z. B.
wird. nicht mehr ohne weiteres anwenden. Superposition und Entanglement (Abb. 2). Die Kombination von
Ein zukünftiges Anwendungsgebiet sind komplexe nichtkoope- klassischem Reinforcement Learning mit neuen Methoden wie
rative Spiele. Beispiele für solche Szenarien sind die Planung Eine Alternative zur Spieltheorie bietet das Reinforcement Quanten-Neuronale-Netze zu sogenannten Quanten-Hybriden
und Durchführung von präventiven Maßnahmen zur Vereite- Learning als eine Technik aus dem Bereich des Maschinellen Reinforcement Learning Modellen (Abb. 3) kann ein wichtiger
lung von terroristischen Angriffen, wie z.B. an Flughäfen, die Lernens. Reinforcement Learning basiert auf Algorithmen, die Weg sein, um mit weniger Ressourcen gleichwertige Ergebnisse
Erkennung und das Verhindern von Hackerangriffen auf Cyber- anhand von Interaktionen mit einer Simulation eine optimale zu erzielen.
systeme oder aber auch Gesellschaftsspiele wie Schach. Strategie zur Lösung des Problems finden.
Zusätzlich neben der Entwicklung von neuen Quanten-Algo-
Die zugrunde liegende Dynamik der jeweiligen Situation und Der Durchbruch für Reinforcement Learning bei der Lösung rithmen ist es auch das Ziel, in Kooperation mit Unternehmen
die Zeitspanne, über die sich das Szenario hinzieht, machen das komplexer Probleme war im Jahr 2017, als ein Programm auf der und Behörden Anwendungsfälle zu identifizieren und erste
Finden von optimalen Strategien in nichtkooperativen Situ- Basis von Reinforcement Learning den damaligen Weltmeister Lösungsansätze zu evaluieren. So kann der „Quantencomputer
ationen zu hochkomplexen Problemen. Dabei beschreibt die im Spiel GO in mehreren Partien schlug. Heutzutage werden made in Germany“ direkt in den produktiven Einsatz gebracht
Dynamik, ob beide Parteien aktiv in das Geschehen eingreifen ähnliche Ansätze genutzt, um wesentlich komplexere nicht- werden, wo er gebraucht wird.
können, oder ob sich eine Partei im Vorhinein auf eine Strategie kooperative Spiele zu lösen.

Abb. 1: Das IBM Quantum System One ist der erste Abb. 2: Das Innere des IBM Quantum System One Abb. 3: Schematische Darstellung des Lernprozesses bei Quanten Reinforcement Learning
kommerziell verfügbare Quantencomputer in Deutschland (Quelle: IBM / CC BY-ND) Algorithmen in Angreifer-Verteidiger Szenarien (Quelle: Institut für theoretische Informatik,
(Quelle: IBM / CC BY) Mathematik und Operations Research, Fakultät für Informatik der UniBw München)
Forschungsaktivitäten 2021 68 69

Prof. Dr. Carlo Masala Dr. habil. May-Britt U. Stumbaum Dr. Frank Mouritz
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München
Center for Intelligence and Security Studies Center for Intelligence and Security Studies Center for Intelligence and Security Studies
Neubiberg Neubiberg Neubiberg

ciss@unibw.de ciss@unibw.de ciss@unibw.de

Perspektiven der deutschen sicherheitspolitischen Kooperation im Um für die Machtverschiebungen gewappnet zu sein und den Neben der Auswertung von strategischen Grundlagendokumen-
­Westpazifik aus der Sicht des internationalen Systems – Relevanz für das damit einhergehenden sicherheitspolitischen Herausforderun- ten und dem sicherheitspolitischen Diskurs in beiden Ländern

sicherheitspolitische Handeln des BMVg gen begegnen zu können, muss Deutschland sein Engagement wurden auch semi-strukturierte Interviews mit lokalen Exper-
in der Region erhöhen und die Kooperation mit Partner aus- ten in Deutschland, Australien und Neuseeland geführt. Zudem
Ziel dieser Studie ist die konkrete und systematische Bewer- Aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Machtverschie- bauen. Insbesondere Australien und Neuseeland als westlich- hat die Universität der Bundeswehr München in Kooperation
tung bilateraler Kooperationspotenziale deutsch-australischer bungen hin zum Pazifik wird diese Region eine zentrale Rolle geprägte Demokratien mit ähnlichen Wertevorstellungen mit der BMVg und der Konrad-Adenauer-Stiftung ein Webinar
sowie deutsch-neuseeländischer sicherheitspolitischer Koope- für die Ausgestaltung der internationalen Ordnung im 21. Jahr- bieten sich als Schlüsselpartner an. Beide zeigen ein starkes mit politischen Entscheidungsträgern aus allen drei Ländern
ration vor dem Hintergrund einer umfassenden, politikwissen- hundert einnehmen. Der Westpazifik ist ein zentraler Schauplatz Interesse an einer verstärkten Kooperation mit Deutschland ausgerichtet (s. Abb. 2), in welchem eine Zusammenarbeit in den
schaftlichen Kontextualisierung der Machtverschiebungen des zunehmend intensiver geführten Wettbewerbs zwischen den und es bestehen bereits Kanäle und Formate, auf denen man Bereichen Cyberspace, Weltraum und maritime Sicherheit, wie
im Westpazifik und ihrer Auswirkungen auf deutsche Inter- Großmächten China und den USA. Eine Eskalation hin zu einem aufbauen kann. z. B. der Entsendung von Schiffen (s. Abb. 3), diskutiert wurde.
essen. offenen Konflikt kann enorme Auswirkungen auf deutsche Die in den vorangegangenen Arbeitsschritten gewonnenen Er-
Interessen haben: einschneidende Einschränkung der Handels- Zielsetzung der Studie ist es, strategische Entscheidungen im kenntnissen wurden genutzt, um eine Szenarioanalyse zu erstel-
routen und damit auch der Versorgung deutscher Produktion BMVg und in der Bundeswehr zu unterstützen, indem Koopera- len. Diese bewertet die wichtigsten Schlüsselfaktoren hinsichtlich
und Konsumenten; potentieller Verlust getätigter Investitionen; tionspotenziale systematisch identifiziert und bewertet werden. ihrer wahrscheinlichen Ausprägung und Einfluss auf die zukünf-
substantielle Bedrohung der für Deutschland essentiellen regel- Die Studie verfolgt dabei eine Rahmenkonzeption von der theo- tige politische Entwicklung in der Region Westpazifik und ist auf
basierten, multilateralen Ordnung sowie Aufweichung und riegeleiteten Kontextualisierung der sicherheitspolitischen die Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen ausgerichtet.
Abänderung internationaler Normen und Werte; Verlust der Dynamiken in der Region zu einer dezidierten Auslotung Damit trägt die Studie zur aktuellen Diskussion über Rahmen-
politischen Unabhängigkeit deutscher Partnerländer. Sollte der Bedrohungsperzeptionen und der sicherheitspolitischen bedingungen und Grundlagen für eine deutsche Positionierung
Deutschland sich nicht aktiv vor Ort engagieren, wird es mittel- Schwerpunktsetzung Australiens und Neuseelands bis zur im westpazifischen Raum bei und liefert einen konkreten und
bis langfristig signifikant an strategischem Einfluss in der Erstellung von realistischen Szenarien und der Identifikation umfassenden Beitrag zu einer möglichen Umsetzung der von der
Region verlieren und auch bei europäischen Entscheidungen von Handlungsoptionen. Bundesregierung in den Leitlinien versierten Intensivierung der
hinsichtlich einer pazifischen Strategie weniger Gehör finden. sicherheitspolitischen Kooperation zu westlich-geprägten Wer-
Damit würden für Deutschland wichtige Entscheidungen in Basierend auf der Analyse dieser Rahmenbedingungen wurden tepartnern in der Region und zur Aufstellung des BMVg in den
Zukunft ohne Deutschland gefällt werden. konkrete Kooperationsmöglichkeiten erfasst, die zu den Bedürf- bilateralen Beziehungen zu den Schlüsselstaaten Australien und
nissen und Fähigkeiten der Partnerländer passen (s. Abb. 1). Neuseeland.

Abb. 1: Engagement der australischen Verteidigungskräfte Abb. 2: Programm eines Webinars Abb. 3: Route der Fregatte Bayern
im Westpazifik (Quelle: Commonwealth of Australia 2020) mit Australien und Neuseeland
Forschungsaktivitäten 2021 70 71

Prof. Dr. Jörg Felfe Dr. Annabell Reiner Dr. Alexander Klamar
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Hamburg Hamburg Hamburg

Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de

Die Entwicklung des Hamburger Stärkentests „Berufe Radar“ repräsentiert, um den Teilnehmenden die Identifikation mit Skalen wie z. B. den Persönlichkeitskonstrukten aus dem BFI-10
als Berufsorientierungstool für Absolventinnen und Absolventen den Ergebnissen zu erleichtern. Zudem wurde erstmals im (Rammstedt et al., 2014) oder den Basismotiven aus dem FüMo

sowie Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger deutschsprachigen Raum eine systematische Kategorisierung (Felfe et al., 2012) als belegt angesehen werden. Die Kriteriums-
militärischer und ziviler Berufe bei der Bundeswehr vorgenom- validität zeigt sich durch hohe Passungen zwischen den Stärken
Es wurde ein Testverfahren zur Berufsorientierung ent­ Absolventinnen und Absolventen sowie Berufseinsteigerinnen men. Dadurch ermöglicht das Berufe Radar eine Verknüpfung und den verbalisierten Berufswünschen der Teilnehmenden.
wickelt, welches Absolventinnen und Absolventen sowie und Berufseinsteiger stehen häufig vor der Herausforderung, des individuellen Stärkenprofils mit Karrieremöglichkeiten Im Sinne der sozialen Validität bestätigen die Teilnehmenden
Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger objektiv und aus einer schier endlosen Zahl von Berufen den passenden bei der Bundeswehr. dem Verfahren eine hohe Attraktivität und Akzeptanz sowie
unabhängig bei der Berufswahl unterstützen soll. Nach auszuwählen. Zahlreiche Testverfahren und Tools leisten dabei der Ergebnisrückmeldung zusätzlich eine gute Passung.
­Bearbeitung des onlinebasierten Tests erhalten Interes- Unterstützung. Häufig basieren diese aber nicht auf einer Basierend auf der theoretischen Konzeption entwickelten
sierte eine Rückmeldung zu ihren individuellen Stärken transparenten wissenschaftlichen Konzeption oder sind wenig unabhängige ExpertInnen für jede Dimension verbale und Die finale Version des Berufs Radars verfügt über 72 verbale und
­sowie damit assoziierten Berufsbildern. anschaulich gestaltet und nicht frei verfügbar. Ziel des Projekt- bildhafte Items, welche anschließend in einer Onlinebefragung 13 Bilderitems (s. Abb. 1), welche 11 Dimensionen zugeordnet
teams der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bun- sowie in Fokusgruppen Personen aus der Zielgruppe vorge- sind. Die grafische Umsetzung erfolgte durch Castenow GmbH.
deswehr Hamburg (HSU Hamburg) war es, ein theoretisch geben wurden. Neben Fragen zu Verständnis und Passung der Der Test ist unter www.beruferadar.de verfügbar und liefert
fundiertes und empirisch geprüftes Verfahren zu entwickeln, Items wurde auch die generelle Akzeptanz und Attraktivität innerhalb von 15 – 20 Minuten zunächst eine Rückmeldung zu
welches durch eine ansprechende Gestaltung sowie den nied- der Inhalte, Verbesserungsvorschläge und Wünsche abgefragt. den zwei individuell am stärksten ausgeprägten Dimensionen,
rigschwelligen und kostenfreien Zugang als onlinebasiertes Psychometrische Berechnungen zeigten zufriedenstellende den Stärken (s. Abb. 2 und 3). Anschließend können damit
Tool die Zielgruppe optimal erreicht. Ergebnisse und auch das Feedback der Teilnehmenden war assoziierte Berufsvorschläge eingesehen werden (s. Abb. 4).
positiv. Ein wesentlicher Mehrwert gegenüber bisher vorhandenen
Grundlage des Berufe Radars bildet ein theoretisches Modell Verfahren ist die systematische Verknüpfung militärischer
unterschiedlicher Stärken. Über Stärken verfügt eine Person in Die überarbeitete Version wurde mit N = 413 Teilnehmenden und ziviler Berufe der Bundeswehr sowie die Berücksichtigung
Bereichen, wo ihre Fähigkeiten und Interessen aufeinander- erneut auf ihre psychometrische Qualität überprüft. Die Dimen- aktueller Berufsbilder, vor allem aus dem IT-Kontext.
treffen und hoch ausgeprägt sind. Das Modell basiert auf dem sionen weisen dabei gute bis sehr gute Reliabilitäten auf. Die
Hexagonal-Modell (Holland, 1997), erweitert um die Bereiche Ergebnisse der konfirmatorischen Faktorenanalyse deuten auf
„IT“ und „Führung“, um aktuelle Berufe adäquat abzubilden. eine gute faktorielle Validität hin. Auch die Konstruktvalidität
Die Dimensionen werden im Berufe Radar durch Prototypen kann durch erwartungskonforme Zusammenhänge mit anderen

Abb. 1: Beispiel für Bilditem Abb. 2: Grafische Rückmeldung Abb. 3: Verbale Rückmeldung der Stärken und des Aspekts Führung Abb. 4: Rückmeldung von Berufsvorschlägen
der Stärken
Forschungsaktivitäten 2021 72 73

Prof. Dr. Christine Zeuner Dr. Katja Petersen Dr. Katja Schmidt
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Hamburg Hamburg Hamburg

eki@hsu-hh.de eki@hsu-hh.de eki@hsu-hh.de

Ärztliche Weiterbildung im Fokus: Das Forschungsprojekt „Evaluation, E.K.I. erforscht ärztliche Weiterbildung sowohl in ihren or- anforderungen verbunden sind. So können Lehr-Lernprozesse
Konzeptionalisierung und Implementierung arbeitsprozessorientierter ganisationalen Strukturen als auch in ihren subjektiven Be- sichtbar gemacht, Lerngelegenheiten und Lernorte im Prozess

ärztlicher Weiterbildung am BwK Hamburg (E.K.I.)“ deutungen für Weiterbildungsbefugte, Weiterbildende und der Arbeit identifiziert und organisationale Weiterbildungs-
Weiterzubildende. Das Projekt bezieht sich auf das Bundes- strukturen evaluiert und aufgebaut werden, welche die Qualität
Immer noch gilt ärztliche Weiterbildung vielen Beteiligten Unter ärztlicher Weiterbildung (Facharztausbildung) wird die wehrkrankenhaus Hamburg. Das Forschungsdesign ist als ärztlicher Weiterbildung umfassender in den Blick nehmen.
als ein ‚Nebenprodukt‘ des ärztlichen Alltagshandelns, das sich Phase des beruflichen Qualifikationserwerbs von Ärztinnen und Prozessevaluation angelegt: In einem ersten Schritt wurden Dabei wird nicht nur auf Fachkompetenz fokussiert, vielmehr
während der Patientenversorgung quasi nebenbei einstellt. Ärzten verstanden, die sich an die Erlangung der Approbation bestehende Weiterbildungsstrukturen und Formen des Weiter- werden auch Sozial-, Methoden- und Reflexionskompetenzen
Das Gegenteil ist der Fall: Wie die neuen Weiterbildungs- anschließt. Sie dauert je nach Fachgebiet ca. fünf bis sieben bildungshandelns ermittelt. Die Auswertung der erhobenen berücksichtigt, um die Entwicklung einer umfassenden beruf-
ordnungen zeigen, steht die ärztliche Weiterbildung vor Jahre mit dem Ziel, fachärztliche Kompetenzen zu erwerben. Daten ermöglichte es in einem zweiten Schritt, aus Sicht der lichen Handlungs- und Gestaltungskompetenz der Weiterzu-
vielfältigen Herausforderungen, die auch die Gestaltung von Welche fachärztlichen Kompetenzen es zu entwickeln gilt, wird Teilnehmenden und der Durchführenden Aussagen zur tat- bildenden zu unterstützen.
Weiterbildung im ärztlichen Berufsalltag betreffen. von länderspezifischen Weiterbildungsordnungen und den sächlichen Praxis ärztlicher Weiterbildung zu erhalten. Daraus
dazugehörigen Richtlinien und Fachgebietsinhalten bestimmt. ließen sich in einem dritten Schritt gemeinsam Handlungs- Implementierungsformen waren z. B. abteilungsübergreifende
Ärztliche Weiterbildung findet im Rahmen eines Arbeitsver- und Gestaltungsoptionen ableiten, die nun im Bundeswehr- Workshops mit Weiterbildenden und jährliche Reflexions-
hältnisses in Weiterbildungsstätten statt, die von den Landes- krankenhaus implementiert werden. gespräche mit Weiterbildungsbefugten, in denen erwachsenen-
ärztekammern zugelassen wurden. pädagogisches Wissen und Methoden der Kompetenzerfassung
E.K.I. unterstützt und begleitet die Weiterbildenden sowie die im Prozess der Arbeit vermittelt wurden. Neben den Fachdis-
Derzeit rücken vor allem ärztliche Kompetenzentwicklung Weiterzubildenden in ihren Lehr-Lernprozessen. Berücksich- kursen zur Kompetenzentwicklung wurde auch über Fragen der
und Digitalisierung in den Mittelpunkt, was sich auch in den tigt werden die spezifischen Anforderungen und Bedingungen Entwicklung von Professionalität im Bereich der ärztlichen
neuen Weiterbildungsordnungen der Länder niederschlägt. ärztlicher Weiterbildung wie z. B. fachkulturelle Unterschiede, Weiterbildung debattiert.
Weiterbildungsbefugte und Weiterbildende gestalten ärztliche unterschiedliche Bedürfnisse in den einzelnen Fachdisziplinen
Weiterbildung vor allem auf der Grundlage subjektiver Lern­ oder Zeitstrukturen. Insbesondere die Verzahnung von beruf-
erfahrungen während ihrer eigenen Facharztausbildung. Die licher Weiterbildung und Patientenversorgung im ärztlichen
daraus resultierenden, über Ärztegenerationen hinweg tradier- Alltag erfordern eine didaktisch-methodische Ausrichtung und
ten Lehr-Lern-Handlungen werden häufig als Bestandteil des Normen der Qualitätssicherung, die mit Fachkenntnissen, päda-
ärztlichen Berufsethos verstanden. gogischen Kompetenzen und berufsspezifischen Handlungs-

Koordination, Positionierung
und Evaluation der ärztlichen
Weiterbildung

Implementierung von Gestaltung einer zukunfts­


notwendigen Maßnahmen weisenden Weiterbildung und
im Bereich der ärztlichen beruflichen Weiterentwicklung
Weiterbildung (Professionalisierung)

Antizipation von
Entwicklungen, Erarbeitung der
notwendigen Maßnahmen

Abb. 1: Ziele von E.K.I. Abb. 2: Teilnehmer an einem Workshop Abb. 3: Formen der Konzeptionalisierung und Implementierung
Forschungsaktivitäten 2021 74 75

Oliver Pelz, M. Sc. Samir Abdul, M. Sc. Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jens P. Wulfsberg Major d.R. Marc Fette M. Sc. & MBA Dr.-Ing. Elisa Arikan PD Dr.-Ing. habil. Jens Holtmannspötter
Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Wehrwissenschaftliches Institut für Wehrwissenschaftliches Institut für
Bundeswehr Hamburg Bundeswehr Hamburg Bundeswehr Hamburg Bundeswehr Hamburg Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB)
Laboratorium Fertigungstechnik Laboratorium Fertigungstechnik Laboratorium Fertigungstechnik Laboratorium Fertigungstechnik Erding Erding
Hamburg Hamburg Hamburg Hamburg
wiweb@bundeswehr.org wiweb@bundeswehr.org
Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de

Strukturelles Kleben von Luftfahrzeugstrukturen bestehend aus chende Technologie dar. Hier werden Bauteile in einer Presse werden, dass die VUV-Vorbehandlung alleine keine ausrei-
­Hochleistungsthermoplasten und darauf basierenden Kohlenstofffaser­ bei hohen Temperaturen und Drücken in zwei Stufen herge- chende Steigerung der Klebfestigkeit bewirkt (siehe Abb. 1).

verbundwerkstoffen (Thermoplastic Bonding) stellt. Im ersten Schritt wird eine Platte generiert, die im zwei- Die geschädigte Oberfläche muss erst entfernt werden, damit
ten Schritt zu einem Bauteil umgeformt wird. Um das Bauteil eine lasttragende Oberfläche gewährleistet werden kann
Das strukturelle Kleben von faserverstärkten Hochleistungs- Die Forschung der letzten Jahre hat zu Erkenntnissen geführt, anschließend entformen zu können, werden Trennmittel ver- (siehe Abb. 2). Eine Kombination aus Vakuum-Saugstrahlen
thermoplasten stellt für zukünftige Luftfahrzeugstrukturen die die Verwendung faserverstärkten Thermoplasten für den Bau wendet, welche die Oberflächen kontaminieren können. Durch und VUV-Vorbehandlung hat sich an dieser Stelle bereits als
ein vielversprechendes Gesamtkonzept dar. Für den indus- von Strukturen für Flugzeuge als vorteilhaft erscheinen lassen. den Herstellungsprozess werden die Bauteile somit thermisch sehr effizient herausgestellt.
triellen Einsatz von sicheren und robusten strukturellen Ausgehend von den Erfahrungen, die unter anderem im Rahmen sowie mechanisch belastet und mit Trennmitteln kontaminiert,
Klebungen muss neben dem Verständnis über den Aufbau von europäischen „Clean Sky“ und den deutschen „LuFo“-Projek- wodurch oberflächennahe Bereiche geschädigt werden. Diese Das Projekt wird im Rahmen einer Kooperation zwischen der
von Haftung selbst sowohl der Herstellungsprozess der Struk- ten gemacht wurden, müssen die Technologien auf die Eignung Schädigungen können adhäsions- und festigkeitshemmend Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, dem Wehrwissenschaft-
tur als auch der Klebprozess ganzheitlich betrachtet werden. zur Herstellung, Montage und Reparatur von Rumpfstrukturen wirken, was wiederum eine tragfähige Klebung verhindern lichen Institut (WIWeB) in Erding und dem Composite Tech-
geprüft und validiert werden. kann. nology Center / CTC GmbH von Airbus in Stade durchgeführt.
Am WIWeB werden die Voraussetzungen einer erfolgreichen
Das strukturelle Kleben von Polymeren wurde in früheren Mit der Betrachtung von faserverstärkten Hochleistungsther- strukturellen Klebung aus material- und oberflächenanalyti-
Studien intensiv untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass im moplasten und dem Fokus auf das strukturelle Kleben in einem scher Sicht erforscht. AM CTC hingegen stehen die industrie-
Labormaßstab hohe Festigkeiten reproduzierbar sind. Hierfür industriellen Prozess ergeben sich somit neue Randbedingungen, nahen Prozessentwicklungen für das strukturelle Kleben von
gibt es verschiedene Möglichkeiten zur Oberflächenmodifika- die die Auswahl von Oberflächenvorbehandlungsverfahren Luftfahrzeugstrukturen im Vordergrund. Das Projekt soll im
tion, z. B. Schleif- und Strahlverfahren, sowie Plasmabehandlung einschränken. Erste Untersuchungen haben gezeigt, dass Nie- Jahr 2023 mit der Validierung eines industrialisierten und
und Vakuum-UV-Strahlung (VUV), um Haftung zu verbessern. derdruckplasmen ebenfalls sehr effektiv sind, dieses Verfahren automatisierten Prozesses an einem Demonstrator abgeschlos-
Für Thermoplaste haben sich zur Oberflächenvorbehandlung allerdings wirtschaftlich nicht industriell umsetzbar ist. Die sen werden.
insbesondere die Plasma- oder VUV-Behandlung als sehr effek- VUV-Vorbehandlung ist dagegen ein vielversprechendes Ver-
tiv herausgestellt (siehe Abb. 1). fahren, dass sich aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten hervor-
ragend industrialisieren lässt. Erste Ergebnisse lassen jedoch
Zur Herstellung von faserverstärkten Hochleistungsthermo- darauf schließen, dass die Oberflächen der Bauteile durch den
plast-Strukturen stellt das Thermoforming eine vielverspre- Herstellungsprozess derart stark geschädigt und kontaminiert

Abb. 1: Ergebnisse Kopfzugversuche vergleich PEEK-Folie mit PEEK-CFK bei Abb. 2: Rasterelektronen Mikroskop Aufnahmen von PEEK-CFK-Oberflächen.
verschiedenen Oberflächenvorbehandlungen Links unbehandelt und rechts Vakuum sauggestrahlt
Forschungsaktivitäten 2021 76 77

Prof. Dr.-Ing. Jens P. Wulfsberg Major d.R. Marc Fette, M. Sc. & MBA Eugen Musienko, M. Eng. Frank Landmann Dipl.-Ing. (FH) André Knörnschild, M. Sc.
Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Wehrtechnische Dienststelle für Schutz- und Wehrtechnische Dienststelle für Schutz- und
Bundeswehr Hamburg Bundeswehr Hamburg Bundeswehr Hamburg Sondertechnik (WTD 52) Sondertechnik (WTD 52)
Laboratorium Fertigungstechnik Laboratorium Fertigungstechnik Laboratorium Fertigungstechnik Oberjettenberg Oberjettenberg
Hamburg Hamburg Hamburg
WTD52posteingang@bundeswehr.org WTD52posteingang@bundeswehr.org
Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de Forschungsbuero@hsu-hh.de

Entwicklung eines validierten und einheitlichen Prüfaufbaus für In der fortlaufenden Entwicklung von Surrogaten wurden können, um den Testaufbau reproduzierbar umzusetzen. Als
­menschliche Hautsurrogate für die Untersuchung der Wirkung Nichtletaler dabei die Anforderungen an eine Fertigung gesammelt und Vorgabe für Richtwerte für die Zugbelastungen sollen dabei

Wirkmittel in Form von kinetischen Projektilen zusammen mit Expertinnen sowie Experten ein Anforderungs- Ergebnisse aus Zugversuchen von menschlicher Haut dienen,
katalog erarbeitet. Außerdem wurden mögliche Technologien z. B. gemäß A.N. Annaidh et al 2012.
Das Laboratorium Fertigungstechnik der Helmut-Schmidt- Die Untersuchung der Wirkung von Nichtletalen Wirkmitteln sowie auch die notwendigen Tests, die für ein validiertes Surro-
Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg und die stellt eine Herausforderung dar, da zum jetzigen Zeitpunkt ledig- gat anhand von objektiven Kennwerten notwendig sind, mittels
Wehrtechnische Dienststelle 52 (WTD 52) befassen sich mit lich Surrogate verwendet werden, die nur bedingt die Realität einer Technologie-Matrix als morphologischer Ansatz sowie
der Herstellung von Surrogaten für die realitätsnahe Unter- abbilden können. So beruht der jetzige Drei-Schichtaufbau einer Test- und Validierungspyramide herausgestellt. Diese
suchung der Wirkung von nicht letalen Wirkmitteln in Form (gemäß STANREC 4744 AEP-94) für die Prüfung von kinetischen methodische Vorgehensweise dient dazu, Ergebnisse auf ver-
von kinetischen Projektilen. Projektilen auf Validierungsversuchen, bei dem Komponenten schiedenen Stufen der Entwurfs- und Entwicklungsphase zu
so lange variiert wurden, bis sich das Schadensbild des Surrogats liefern (siehe Abb. 1) und die entsprechenden Anforderungen
an das aus menschlichen Beschussversuchen annäherte. Die zu überprüfen.
in der Richtlinie STANREC 4744 AEP-94 vorgeschlagenen Mate-
rialien weisen dabei Nachteile auf. So ist das zu verwendete In der jetzigen Phase des Vorhabens entwickelt das Laborato-
Hirschleder ein Naturprodukt, welches in seinen Eigenschaften rium Fertigungstechnik zusammen der mit der WTD 52 ein
stark variiert. Daher erzeugt der aktuelle Prüfaufbau keine Hautsurrogat, welches möglichst realitätsnahe Eigenschaften
hinreichenden Aussagen über mögliche Verletzungen oder ein zur menschlichen Haut aufweisen soll. Als Material wird dabei
mögliches Letalitätsrisiko. Im Zuge dessen besteht der Bedarf, ein Gemisch aus zwei verschiedenen kaltvulkanisierenden
neue Materialien, Materialkombinationen und entsprechende RTV-2 (room temperature vulcanizing) Silikonen verwendet
Fertigungsverfahren für menschliche Surrogate zu entwickeln. und mittels eines Zugversuchs getestet wird (siehe Abb. 2).
Die entwickelten Surrogate sollen dabei fundierte, reproduzier- Der Vorteil dieser Materialien ist vor allem die Möglichkeit,
bare und vor allem validierte Aussagen über das Schadens- die Eigenschaften je nach Mischungsverhältnis einstellen zu
bild durch den Einsatz von Nichtletalen Wirkmitteln möglich können und das mit vergleichsweise einfachen Mitteln und
machen. geringem Aufwand. So wäre es denkbar, dass dienststellen-
übergreifend die entwickelten Surrogate hergestellt werden

Abb. 1: Konzept für die stufenweise Prüfung von möglichen Surrogaten Abb. 2: Versuchsablauf für Zugversuche an Silikongemischen Abb. 3: Ergebnisse der Zugversuche an Silikongemischen
Forschungsaktivitäten 2021 78 79

TRDir Dr. Stefan Potthast sowie Kernwaffenmaterial ist nicht möglich. Analyse und Sonde genutzt werden kann. Durch die additive Integration
Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien
– ABC-Schutz (WIS) Bewertung der möglichen Bedrohung durch verdächtiges radio- des Szintillationsdetektors hat die Zulassung der PTB für
Munster
aktives Material (z. B. beim Schutz von Feldlagern, Trinkwasser, den Detektionszweig weiterhin Bestand. Der zusätzliche Ein-
WISPosteingang@bundeswehr.org
Proliferation) ist gemessen an den heutigen Anforderungen bau eines GPS-Sensors, könnte eine zeit- und ortsaufgelöste
mit großer Unsicherheit behaftet. Zuordnung der Messwerte und ihre Verwertung in der ABC-
Abwehrberatung ermöglichen.
Im Rahmen des WTA „Realisierung eines Technologieträger ei-
Neue technologische Entwicklungstrends in der Detektion und nes Hand-getragenen Detektions- und Identifikations-Systems“ Da nicht nur die Leistungsfähigkeit bei der Detektion und
­Identifikation ionisierender Strahlung wurde auf Initiative des GF 210 in Zusammenarbeit mit der Identifikation eine Rolle für eine mögliche Nutzung innerhalb
Firma Thermo Fisher Scientific auf der technischen Basis des der Bundeswehr spielt, sondern auch Aspekte wie der Fähig-
SVG2 eine mögliche technische Lösung umgesetzt (siehe Abb. 2). keitserhalt bei einer Einführung, der Aufwand für die Logistik,
Die Detektion und Identifikation ionisierender Strahlung Seit seiner Einführung 2002 bildet das Strahlenspür- und Ver- Das Gerät wurde aufgrund seiner weiten Verbreitung sowohl sowie Ausbildung und Schulung berücksichtigt werden müssen,
und radioaktiver Materialien ist ein wesentliches Element strahlungsmessgerät (SVG2) (Grundgerät) (siehe Abb. 1) die Basis für handgetragene wie auch für Kfz-basierte Anwendungen im wurde versucht dies ebenfalls in den Technologieträger einzu-
im Bereich der erweiterten und qualifizierten Befähigung für die Strahlenspür- und Verstrahlungsmessausstattung 2. Bereich der ABCAbwKr ausgewählt. bringen. So können die bisher in die Bw eingeführten externen
der ABC-Abwehr (ABCAbw). Um den Anforderungen ins­ Einhergehend mit den derzeitigen Vorgaben durch die NATO Sonden des SVG2 (ABG-Sonde, ASG-Kfz-Außensonden, NBR-
besondere bei hochmobilen Szenarien in der A-Einsatz- und dem Wandel des Aufgabenspektrums der ABCAbw, welche Unter Verwendung neuer Elektronikkomponenten für den Detektor, Neutronensonde und die Kontaminationssonden
aufklärung gerecht zu werden, wurde der Technologieträger neben der Rückbesinnung auf LV/BV auch weiterhin Low- bereits bestehenden Detektionsmesszweig war es möglich, das auch mit dem neuen Technologieträger genutzt werden. Die
­eines neuen handgetragenen Messgerätes auf Basis des Level-Radiation Szenarien beinhaltet, führt dies dazu, dass das hierfür benötigte Volumen soweit zu reduzieren, um einen Menüführung für den Detektionszweig bleibt ebenfalls unver-
Strahlenspür- und Verstrahlungsmessgeräts SVG 2 reali- in der Bundeswehr eingeführte SVG2 nicht mehr vollumfäng- zusätzlichen Detektor für den Identifikationsmesszweig in ändert, sodass lediglich für den neuen Identifikationszweig
siert. lich den heutigen Anforderungen genügt. Anderseits werden den Technologieträger zu integrieren, ohne die bisherigen eine zusätzliche Ausbildung erforderlich wäre.
die bisher im SVG2 realisierten Fähigkeiten auch weiterhin mechanischen Abmessungen oder die vorhandenen Schnitt-
benötigt. stellen wie sie vom SVG2 bekannt sind, abändern zu müssen.

Im Lauf der Zeit wurden eine Reihe externer Sonden (u. a. Fahr- In das so gewonnene Volumen wurde ein Szintillationsdetektor
zeugaußensonden, Neutronensonde, NBR-Detektor) hinzuge- additiv integriert, und die Firmware mit der Möglichkeit zur
fügt, um eine Reihe von Mess- und Spüraufgaben durchführen spektroskopischen Analyse von Gamma-strahlenden Nukliden
zu können. Bedingt durch das damalige Aufgabenspektrum, versehen. Neben dieser Software-basierten zusätzlichen Fähig-
verfügt das SVG2 derzeit nicht über eine ausreichende spezi- keit verfügt dieser Detektor über eine um Größenordnungen
fische Empfindlichkeit im niedrigen Dosisleistungsbereich höhere spezifische Empfindlichkeit ggü. der bisher im SVG2
(< 1mSv/h) bzw. eine Möglichkeit zur zweifelsfreien Identifi- verbauten Gamma-Sonde. Damit ist es möglich, den Einsatz-
zierung der radioaktiven Nuklide. Eine Differenzierung von bereich des SVG2 erheblich zu erweitern, da das Gerät nun auch
natürlichen Isotopen, industriellen und medizinischen Quellen, für einige Messungen im LLR-Bereich ohne zusätzliche externe

Abb. 1: Strahlenspürausstattung 2 mit SVG2 Grundgerät Abb. 2: Technologieträger „Handgetragenes


und externen Sonden (Auswahl) Detektions- / Identifikations-System“
Forschungsaktivitäten 2021 80 81

TORR Sven Fisahn Dr. Thorsten Pusch Sven Ruge Dr. rer. nat. habil. Michael Suhrke
Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische
– ABC-Schutz (WIS) Trendanalysen INT Trendanalysen INT Trendanalysen INT
Munster Euskirchen Euskirchen Euskirchen

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Ein kompakter Sensor zur Detektion und Klassifikation von Angriffen wodurch hochmobile und kompakte Störquellen möglich die von je einer Antennenvorrichtung pro Himmelsrichtung
mit gepulster elektromagnetischer Strahlung hoher Leistung werden, welche in etlichen Metern Entfernung für Ausfälle gespeist werden.
sorgen. Effiziente Störer sind im Gegensatz zu den üblichen
Funkdiensten nicht auf feste Arbeitsfrequenzen festgelegt, Die verwendeten Schleifenantennen sind auf den vier seitlichen
In zunehmendem Maße wird komplexe Elektronik missions- Schon Mitte des 20. Jahrhunderts wurde die militärische sondern decken mindestens den gesamten einstelligen Giga- Wänden des würfelförmigen Detektorkorpus von knapp 20 cm
kritisch, umso wichtiger ist daher die Detektion ansonsten ­Relevanz der Störung von Geräten durch eingestrahlte elektro- hertz-Bereich ab. Das stellt den Versuch einer ausreichend breit- Kantenlänge angeordnet. Während auf dessen Oberseite das
unbemerkter oder nicht rückführbarer elektromagnetischer magnetische Wellen angesichts der disruptiven Wirkung eines bandigen Erfassung vor technologische Herausforderungen. Signal zur Frequenzmessung erfasst wird, befinden sich die
Störversuche. Der eigens am Fraunhofer-Institut für Natur- nuklearen elektromagnetischen Pulses (NEMP) ersichtlich. Anschlüsse für eine faseroptische Netzwerkverbindung und für
wissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT entwickelte Während dieses Phänomen durch Zündung einer Kernwaffe Am Fraunhofer INT wurde beim Bau eines Sensors zur Detek- das Netzteil auf der Unterseite neben LED-Anzeigeelementen.
Labordemonstrator eines breitbandigen, netzwerkfähigen in höheren Atmosphärenschichten entsteht, können auch tion und Klassifikation von elektromagnetischen Störversuchen Mit dem eingebauten Akku ist ein mobiler Betrieb über mehr als
Sensors vereint einen kompakten, robusten Aufbau aus kos­ durch lokal eingesetzte Sendeanlagen hoher Abstrahlungs- der Ansatz verfolgt, die frequenzabhängigen Eigenschaften aller 10 Stunden möglich. Die Anzeige der Nutzeroberfläche erfolgt in
tenoptimierter Hardware mit einer zugänglichen Nutzer- leistung elektronische Gerätschaften ge- oder zerstört werden signalverarbeitenden Teilkomponenten auf Grundlage einer einem Webbrowser auf einem Standard-PC, welcher im gleichen
oberfläche. (High Power Electromagnetics, HPEM). Frequenzmessung der erfassten Signale zu korrigieren. Im Netzwerk wie der Sensor eingebunden wird.
Gegensatz zu anderen Lösungsvorschlägen im Markt ist dadurch
Mangels sinnlicher Wahrnehmung bleibt dem Anwender die korrekte Quantifizierung der Signalamplituden möglich. Für unerfahrene Nutzer ist eine vereinfachte Visualisierung
allerdings die Ursache auf diesem Wege verursachter Geräte- Über die Erfassung der Signalhüllkurven mit einer Zeitauf­ vorgesehen, für forensische Analysen sind erweiterte Ereignis-
fehlfunktionen verschlossen, wenn nicht mit technischen lösung von wenigen Nanosekunden sind zudem forensische daten und Experteneinstellungen zugänglich. Nach einer
Mitteln auf ungewöhnliche, über den erwartbaren zivilisato- Analysen möglich, gestützt durch die Erfassung weiterer Meta- erfolgten Patentanmeldung wird aktuell die Einpassung des
rischen Hintergrund hinausgehende elektromagnetische daten wie Impulsdauern und -wiederholraten. Sensors in die IT-Architektur eines militärischen Landfahr-
Strahlungsereignisse hingewiesen wird. Störeffekte können zeuges untersucht, unter Einbezug relevanter IT-Standards
schon mit Impulsdauern im Sub-Nanosekundenbereich Für eine unmittelbare Reaktion auf Störversuche wird in der wie der NGVA (NATO Generic Vehicle Architecture) und des
­erzielt werden, insbesondere bei wiederholter Anwendung. grafischen Nutzeroberfläche des Systems neben den genannten BMS (Battle Management System) Sitaware Frontline.
Parametern auch die Einfallsrichtung der Signale angezeigt.
Durch zeitliche Verdichtung in kurze Impulse kann auch Diese lässt sich auf Grundlage der Amplitudenunterschiede in
ein überschaubares Energiebudget effizient genutzt werden, den vierfach ausgelegten Empfangskanälen rekonstruieren,

Abb. 1: Angriffsszenario elektromagnetischer Abb. 2: Betriebsstörung eines Tablet-Computers durch Abb. 3: Außengehäuse Abb. 4: Darstellung von Störereignissen in der Abb. 5: Expertenansicht mit Detailinformationen
Störversuche auf eine ortsfeste Einrichtung elektromagnetische Einwirkung mit Mikrowellen des HPEM-Sensors grafischen Nutzeroberfläche im Webbrowser zu erfassten Störereignissen
Forschungsaktivitäten 2021 82 83

TRAmtm Dipl.-Ing. Tobias Hehn LTDir PD Dr.-Ing. habil. Jens Holtmannspötter TORR Dr.-Ing. Felix Zimmer
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB)
Erding Erding Erding

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Additive Fertigung von Elektronik weitere mechanische Aufgaben hinzu, ergeben sich weitere erlaubt (Abb. 4). Textilintegrierte Funktionen wie Biomonitoring,
Vorteile. Strom- und Datenleitung, aber auch Heizen und Kühlen sind
denkbar und werden in diesem Zusammenhang erforscht.
Neben grundlegenden Untersuchungen zur Druckqualität
Im Bereich der Additiven Fertigung werden immer weitere Übliche Leiterplatinen bestehen aus mehreren Ebenen, deren verschiedener Verfahren werden am WIWeB aktuell auch Ein weiteres Anwendungsfeld sind neue Möglichkeiten für die
Anwendungsfelder erschlossen. Eines davon ist die Additive Kontaktierungen zueinander einen erheblichen Widerstand in Untersuchungen zum Verhalten gedruckter Werkstoffverbunde IT-Sicherheit. Durch Schirmung, Verkapselung, Sollbruchstellen,
Fertigung von Elektrik bzw. Elektronik. Erste Demonstra- der Datenübertragung darstellen. Bauteile werden in der Regel hinsichtlich der mechanischen und elektrischen Eigenschaften sogenannte „physical unclonable functions“ und elektromecha-
tionen der Technologie zeigen erhebliches Potential für nur auf Platinen in einer Ebene angeordnet. Durch additive durchgeführt (Abb. 2). Die Kenntnisse über das Verhalten der nische Schlüssel-Schloss Verfahren ergeben sich neue Möglich-
Leistungssteigerungen und Verbesserungen in der Funk­ Fertigungsverfahren sind nun freie Bahnführungen im Raum Werkstoffe im Verbund ist von hoher Bedeutung, um zuver- keiten.
tionsintegration. möglich. Zudem können Kondensatoren, Spulen, Wärmesenken lässig hochintegrierte Bauteile zu fertigen. Auch die gedruckten
und Schirmungen direkt eingedruckt und andere Bauelemente Werkstoffe werden detailliert untersucht. Abb. 3 zeigt einen Nicht zuletzt kann durch diese Technologie die Umwelt ent-
eingesetzt werden. Auch die Trennung von Gehäuse und Platine Einblick in die Struktur des leitfähigen Materials vor und nach lastet werden, da das bisherige Verfahren zur Herstellung von
wird in Zukunft aufgehoben werden können. der im Druckprozess laufenden Versinterung. Es ist deutlich zu Leiterplatinen auf Ätzprozesse setzt, die nicht benötigtes Metall
erkennen, wie aus den Nanopartikeln eine leitfähige Struktur auf den Schichten der Platine entfernt. Bei additiver Fertigung
Mit Multijet-Modeling Druckverfahren (MJM) können schon zusammengewachsen ist. kann auf die Verwendung vieler umweltschädlicher Stoffe inkl.
heute Platinen und einfache Bauteile mit Photopolymeren deren Herstellung und Entsorgung verzichtet werden.
und Suspensionen mit leitfähigen Nanopartikeln gedruckt Das Potential der Technologie ist erheblich. Neben den eingangs
werden. Abb. 1 zeigt beispielsweise eine dreidimensionale, bereits erwähnten Performanceverbesserungen bestehen neue Zusammenfassend kann man sagen, dass die Additive Fertigung
„gefaltene“ Platine mit einer Vielzahl von Ebenen und im Möglichkeiten in der Miniaturisierung und Leistungssteigerung von Elektronik in Zukunft nicht nur die Systemperformance
Raum geführten Leitungen. elektronischer Schaltungen. In Kombination mit sehr genauen erhöhen kann, sondern auch gänzlich neue Anwendungsfelder
Druckverfahren sind miniaturisierte elektromechanische Bau- erschließen lässt. Von elektromechanisch hochintegrierten
Der Druck elektrischer Bauteile erlaubt durch die Beseitigung elemente möglich, die das Anwendungsspektrum weiter aus- Bauteilen über leitfähige Textilien bis hin zu neuen Sicherheits-
von Störstellen und die Realisierung kürzerer Übertragungswege bauen. Zudem lassen sich durch Tintenstrahldruckverfahren konzepten sind die Anwendungen sehr vielfältig. Die Autoren
schon heute eine höhere Leistungsdichte. Fügt man aufgrund gute Verbindungen von elektrischer Leiterbahn zu Textilien er- sind der Überzeugung, dass hier viele Innovationen in naher
der Designfreiheit dem elektronischen, gedruckten Bauteil zeugen, was Möglichkeiten zur Elektrifizierung der Bekleidung Zukunft zu erwarten sind.

Abb. 1: 3D-gedruckter, im Raum gerouteter Würfel mit integrierten Abb. 2: Mechanische Prüfung Abb. 3: Silber-Nanopartikel als Partikelagglomerat vor (links) und nach dem Sinterprozess (rechts). Abb. 4: Erste Versuche zum Bedrucken von Textilien
Schirmungen, Koaxialleitungen und Sicherheitsfunktionen des Verbunds aus leitfähigem und Die Umwandlung der einzelnen Nanopartikel in eine verbundene Struktur ist gut zu erkennen mit leitfähiger Tinte
nicht-leitfähigem Material
Forschungsaktivitäten 2021 84 85

RDir Dr. Sebastian Scheuermann ORR Dr. Christian Marquardt Dr. Albert Paparo
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB)
Erding Erding Erding

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Kunststoffpyrolyse Als Ausgangspunkt der Arbeiten am WIWeB wurden zunächst Ausgehend von den Erkenntnissen aus den Laborexperimenten
im Labormaßstab (Abb. 2) die notwendigen Reaktionsbedin- wurde der Prozess auf eine Prototypenanlage im Technikums-
gungen für die Pyrolyse eingegrenzt und erste Erfahrungen maßstab (Abb. 4) übertragen, die unter den aktuell gewählten
mit den entstehenden Pyrolyseprodukten gewonnen. Parallel Betriebsbedingungen eine Pyrolysekapazität von 5 bis 10 kg
Bisher ungenutzte Ressourcen wie etwa Kunststoffreste Die Energiewende erfordert auch im Bereich der Streitkräfte dazu lieferten Hydrierungsversuche und die anschließende Kunststoff pro Stunde hat. Ausgehend von reinem Polypropylen
könnten künftig einen Beitrag zur Deckung des Energie­ eine grundlegende Umstellung der Energieversorgung. Dabei chemische Analytik der erhaltenen Flüssigkeiten (Abb. 3) konnten bereits ausreichende Mengen an flüssigen Pyrolyse-
bedarfs in Feldlagern leisten. Die pyrolytische Zersetzung kann die Konversion bisher nicht verwendeter Reststoffe in Erkenntnisse zu den Möglichkeiten der Optimierung ihrer produkten erzeugt werden, um in geeigneten Mischungen mit
von Kunststoffen vermag dabei kraftstoffähnliche flüssige nutzbare Energieträger einen Beitrag zur effizienten Ressourcen- Eigenschaften. Eine hydrierende Aufarbeitung bietet sich an, Dieselkraftstoff motorische Prüfstandsversuche durchzuführen.
Energieträger zu liefern, die wegen ihrer hohen Energie- nutzung – insbesondere in Einsätzen – leisten. Als chemischer um die überwiegend ungesättigten Pyrolyseprodukte zu sät-
dichte militärisch von Nutzen sind. Es gilt, diese Technologie Recyclingpfad birgt die pyrolytische Zersetzung von Kunst- tigen und damit z. B. die Oxidationsstabilität oder die Energie- Die fortlaufenden Arbeiten auf dem Gebiet der Kunststoffpyro-
zu ­erforschen und ihr Anwendungspotenzial aufzuzeigen. stoffresten die Möglichkeit zur Erzeugung flüssiger und sicher dichte zu erhöhen. Nichtsdestotrotz handelt es sich um einen lyse zielen auf die weitere Optimierung der Reaktionsparameter
lagerbarer Energieträger für Verbrennungsmotoren. zusätzlichen Prozessschritt, sodass eine Abwägung von Aufwand ab, etwa um die Flüssigkeitsausbeute zu erhöhen und den Ener-
und Nutzen erforderlich ist. Untersuchungen der physikalisch- gieaufwand zu minimieren. Weiterhin muss der Einfluss der
Bei der Pyrolyse (Abb. 1) von Kunststoffen werden die Poly- chemischen Eigenschaften der hydrierten und nicht-hydrierten eingesetzten Kunststoffsorten und ihrer Mischungen auf die
mere unter Sauerstoffausschluss thermolytisch in vornehmlich Pyrolyseprodukte ergaben, dass die Flüssigkeiten bereits kraft- Eigenschaften der Pyrolyseprodukte erforscht werden, um sich
flüssige und gasförmige Produkte zerlegt. Besonders geeignet stoffähnlich sind, eine Mischung mit fossilen Kraftstoffen schrittweise einem praktisch relevanten Szenario anzunähern.
sind hierfür Polyethylen, Polypropylen sowie Polystyrol; andere jedoch notwendig ist, um die verbliebenen unzureichenden
Kunststoffe wie etwa PVC, Polyamide oder PET eignen sich Eigenschaften zu kompensieren. Bei diesen handelt es sich
weniger, da korrosive oder giftige Substanzen bzw. Feststoffe im Wesentlichen um zu niedrige Dichten und Flammpunkte,
entstehen können. Da jedoch etwa die Hälfte der weltweit sowie um abweichende Destillationsverläufe oder Kälteeigen-
hergestellten Menge aller Kunststoffe zu den geeigneten Sorten schaften. Die Notwendigkeit zur Vermischung stellt keinen
zählen, steht eine breite Rohstoffbasis für den Prozess zur gravierenden Nachteil dar, da Kraftstoffe (perspektivisch: syn-
Verfügung. Im militärischen Kontext könnte die Technologie thetische) für energieintensive militärische Anwendungen
gerade in Feldlagern einen Beitrag zur künftig stärker diversi- auch in Zukunft benötigt werden und die Pyrolyse lediglich
fizierten Energieversorgung leisten. einen Teil des Kraftstoffbedarfs zu ersetzen vermag.

Abb. 1: Exemplarische thermische Zersetzung von Polypropylen Abb. 2: Kunststoffpyrolyse im Röhrenofen. Kunststoff im Abb. 3: GC-MS Untersuchungen an Polyethylen-Pyrolyseöl (links) und seinem Abb. 4: Technikumspyrolyseanlage am WIWeB
unter Ausschluss von Sauerstoff Quarzglasrohr (oben links) wird geschmolzen (oben rechts). Hydrierprodukt (rechts) #: n-Alkane. *: 1-Alkene
1: Einige der gasförmigen Produkte Der Crackvorgang startet (unten links) und ­Pyrolyseöle
2: Hauptprodukt 2,4-Dimethylhept-1-en werden gebildet (unten rechts)
Forschungsaktivitäten 2021 86 87

Dr. Fernando Israel Rial Villar Dr. Christian Bräu Dr. Matthias Maier
Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik Wehrtechnische Dienststelle für Schutz- und Sondertechnik (WTD 52)
Wachtberg FHR Oberjettenberg
Wachtberg
info@fhr.fraunhofer.de WTD52GF330@bundeswehr.org
info@fhr.fraunhofer.de

3D-bildgebende Sensorik für die Detektion von vergrabenen Kampfmitteln unabhängig voneinander, sondern die Signale werden während linken Seite ein Radargramm einer einzelnen GPR-Antenne
der Messung kombiniert (Abb.1). Die Datenmenge und Hard- einer vergrabenen 60-mm-Mörsergranate. In der Mitte der
warekomplexität nehmen hierbei stark zu. Jedoch könnte sich Abb. sieht man eine 3D-Darstellung, in der alle GPR-Sensoren
dieser Prozess durch die zusätzliche Abtastung als vorteilhaft im bi- oder multistatischen Modus kombiniert wurden. Multi-
Bodenpenetrationsradare sind für die abstandsfähige Detek- In Szenarien für Route Clearance, Minenräumung und Military erweisen, um eine bessere Bildqualität sowie Zielaufklärung statische Bildgebung verbessert hier generell den Kontrast und
tion von vergrabenen Landminen und IEDs (Improvised Search dient die abstandsfähige Detektion von Kampfmitteln zu erhalten. damit das Signal-zu-Clutter-Verhältnis des Zielobjektes. Dies
Explosive Devices) geeignet. Die Vorzüge von multistatischen (Landminen, Blindgänger oder behelfsmäßige Spreng- und führt zu einer besseren Objektrekonstruktion. Über die Objekt-
gegenüber bistatischen Sensorarrays wurden an der Wehr- Brandvorrichtungen, engl. improvised explosive devices IED) Damit der Nutzen eines multistatischen GPR im militärischen helligkeit wurden tomographische Schnitte des Zielobjektes
technischen Dienststelle für Schutz- und Sondertechnik der Vermeidung von Gefahr für Leib und Leben unserer Solda- Kontext abgeschätzt werden kann, wurde an der WTD 52 in analysiert, um die Leistung der Systeme quantitativ zu ver-
(WTD 52) mit Hilfe verschiedener Zielobjekte und Böden tinnen und Soldaten. Mit dem deutschen Route Clearance Oberjettenberg eine Studie in Kooperation mit dem Fraun- gleichen (Abb. 4).
untersucht. Das Ergebnis zeigt das Potenzial für eine 3D- System (RCSys) hat die Bundeswehr die Fähigkeit, diese im hofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR
Bildgebung sowie einer verbesserten Detektion und Klassi­ Boden verbrachten Bedrohungen zu detektieren. durchgeführt. Teil dieser Studie waren Messungen in der Land- Die vielversprechenden Ergebnisse unserer Untersuchungen
fikation von vergrabenen Bedrohungen auf. minen- und IED-Detektionshalle (L-IED-Halle) an der WTD 52. könnten in zukünftigen militärischen Systemen für die IED-
Das Detektorfahrzeug mit einem integrierten Bodenpenetra­ Als einmalige Infrastruktur bietet die fast metallfreie, großteils und Minenräumung verwendet werden. Hierbei wäre eine
tionsradar (GPR) ist die Kernkomponente des RCSys mit der aus Holz bestehende L-IED-Halle Testflächen mit verschiedenen Integration in GPR-Systemen auf unterschiedlichen unbe-
Fähigkeit zur abstandsfähigen Detektion. Dieser Sensor besteht Bodentypen. Unter reproduzierbaren Bedingungen ist es hier mannten Trägerplattformen (UxV) denkbar.
aus einer Gruppe von GPR-Antennen, die gleichzeitig zum möglich, den Einfluss von verschiedenen Bodenparametern
Beispiel eine Straße auf vergrabene Objekte mit großem Flä- auf die Leistung von Detektionssystemen zu untersuchen. Die
chenumsatz abscannen kann. Ein Ziel der Weiterentwicklung Testflächen beinhalten Böden aus Basalt, Humus, Lehm, Sand
von GPR-Sensorik ist mehr Information über vergrabene und Schotter (Abb. 2).
Zielobjekte zu gewinnen. Der Auswerteprozess soll mit auto-
matisierter Detektion und Klassifikation verbessert werden. Bei der Auswertung der Messungen wurden bildgebende Algo-
rithmen benutzt, um eine 3D-Rekonstruktion von Zielobjekten
Die multistatische GPR-Messung ist hier eine Möglichkeit zu erhalten. Dies ergibt ein qualitatives Maß für die Unterschiede
der Optimierung. Die GPR-Arrayantennen arbeiten hier nicht zwischen bi- und multistatischen Systemen. Abb. 3 zeigt auf der

Abb. 1: Bistatische und multistatische Systeme Abb. 2: GPR-Array-System und L-IED-Halle Abb. 3: Vergleich der Objektrekonstruktionen mit Hilfe von Bi- und Multistatik Abb. 4: Vergleich der Objekthelligkeit für verschiedene Zielobjekte
Forschungsaktivitäten 2021 88 89

Dr.-Ing. Alexander Kopp etwa beim Space Shuttle verwendet wurden, im Hinblick auf Flankiert wurden die Machbarkeitsuntersuchungen von der
POLARIS Raumflugzeuge GmbH
Bremen Robustheit und Wartungsaufwand beseitigen. Auslegung eines wiederverwendbaren Flugdemonstrators, der
info@polaris-rfz.de die Geometrie des Raumflugzeugs im Maßstab 1 : 8 wieder-
Im Projekt RDRS werden zwei Einsatz-Konfigurationen be- gibt. Dieser soll als erstes Luft- und Raumfahrzeug überhaupt
trachtet. In der ersten Ausführung wird das Raumflugzeug von einem sogenannten Linearen Aerospike Raketentriebwerk
Aurora selbst als Hyperschall-Aufklärungsplattform verwen- angetrieben werden, das in Zusammenarbeit mit der TU-Dres-
det. In der zweiten Ausführung dient Aurora als Träger- und den im Rahmen des Projekts vorkonzipiert wurde. Aerospike
Rapid Deployable Reconnaissance System (RDRS) Startplattform für eine wiederverwendbare, orbitale Oberstufe Triebwerke versprechen signifikante Leistungssteigerungen
(Abb. 2). Neben der im Projekt untersuchten Aufklärungsauf- gegenüber konventionellen Raketentriebwerken.
gabe, ist die Nutzung des Raumflugzeugs als reaktionsschnelles,
flexibles und kostengünstiges Satellitenstartsystem vorgesehen. Die Machbarkeitsstudie hat keine grundlegenden technolo-
Das Projekt Rapid Deployable Reconnaissance System Horizontal startende Raumflugzeuge stellen eine neuartige gischen Hürden identifiziert. Ganz im Gegenteil liegen die
(RDRS) ist ein Innovationsprojekt des Drone Innovation Kategorie von Raumtransportsystemen für den Zugang zum In ersten Arbeiten wurden über Bahnsimulationen und techni- Herausforderungen eher im rechtlichen Bereich, und sollten
Hub (DIH) der Bundeswehr mit der Firma Polaris Raumflug- Weltraum dar, die wie ein Flugzeug von konventionellen sche Analysen die Nutzbarkeit des Raumflugzeugs als weltweit zügig angegangen werden.
zeuge GmbH, in Kooperation mit dem Geschäftsfeld „UAS- Start- und Landebahnen operieren, und keine spezialisierte einsetzbare und flexible Aufklärungsplattform nachgewiesen.
Gesamtsysteme & Nationales Kompetenzzentrum UAS“ an Bodeninfrastruktur in Form eines Weltraumbahnhofes mehr Insbesondere wurde gezeigt, dass in Verbindung mit der Luft- Die nächsten Entwicklungsschritte umfassen Flugversuche
der Wehrtechnischen Dienststelle für Luftfahr­zeuge und benötigen. Aufgrund des potentiell hohen Mehrwerts für betankungsfähigkeit jeder Punkt der Erde in kurzer Zeit er- mit wiederverwendbaren Raketen-getriebenen Flugdemonstra-
Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61). Im Rahmen des militärische Anwendungen, führt das Projekt RDRS eine reicht und aufgeklärt werden kann (Abb. 3). Ebenso wurde eine toren im Maßstab 1 : 8 und 1 : 5. Bereits für das Jahr 2025 ist
Projektes wird die Nutzung von neuartigen, ­sogenannten Untersuchung und Bewertung des Raumflugzeugs Aurora globale Verlegefähigkeit mit anschließender Operation von der Erstflug eines 1 : 1 Prototypen geplant, der auch operativ
Raumflugzeugen für weltraumbasierte und Hyperschall- (Abb. 1) der Firma Polaris für die Verwendung als flexibles anderen Operationsbasen aufgezeigt. Dies ermöglicht auch, genutzt werden soll. Das Raumflugzeug soll dabei sowohl
Aufklärung untersucht. und weltweit einsetzbares Weltraumbasiertes- und Hyper- für Starts von Satelliten oder wiederverwendbaren Oberstufen kommerzielle / zivile, als auch militärische Missionsszenarien
schall-Aufklärungsmittel durch. den jeweils optimalen Einschusspunkt für den gewünschten bedienen können. Die Finanzierung des Projekts ist weitgehend
Orbit zu wählen. über privatwirtschaftliche Investitionen vorgesehen. Die Bun-
Die Technologie wurde am Deutschen Zentrum für Luft- und deswehr kann in der Funktion des möglichen Ankerkunden
Raumfahrt DLR konzipiert, basierend auf Erkenntnissen von Zusätzlich wurden Fragen der Luftraumintegration sowie luft- maßgeblich zur Realisierung des Vorhabens beitragen.
mindestens 30 Jahren Raumflugzeug-Forschung. und weltraumrechtliche Fragestellungen in Zusammenarbeit
mit dem DLR und der Fachkanzlei BHO Legal erörtert. Hand-
Das System wird von einer Kombination aus Turbostrahl- lungsbedarf wurde insbesondere im Bereich der in Deutschland
Triebwerken und Raketentriebwerken angetrieben. Der für bzw. der EU noch ausstehenden Weltraumgesetzgebung iden-
Wiedereintritt und Hyperschallflug erforderliche Hitzeschild tifiziert. Bereits erarbeitete Regularien aus den USA und Groß-
basiert auf metallischen Thermalschutz-Paneelen, welche britannien können hierbei als Blaupause dienen.
die Nachteile klassischer keramischer Hitzeschilde, wie sie

Abb. 1: Raumflugzeug Aurora Abb. 2: Absetzen einer wiederverwendbaren Oberstufe Abb. 3: Luftbetankung des Raumflugzeugs
Forschungsaktivitäten 2021 90 91

Dipl.-Ing. Ulrich Siller Dr.-Ing. Georg Kröger Michael Woopen, M. Sc. TORR Niklas Mesterheide
AeroDesignWorks GmbH AeroDesignWorks GmbH AeroDesignWorks GmbH Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät
Köln Köln Köln der Bundeswehr (WTD 61)
Manching
post@aerodesignworks.com post@aerodesignworks.com post@aerodesignworks.com
Wtd61AntriebFuT@bundeswehr.org

Entwicklung, Inbetriebnahme und Test eines modernen Um dem immer größer werdenden Bedarf an elektrischer wurde ein besonderer Fokus auch auf den robusten Betrieb
900N Turbostrahltriebwerks Leistung gerecht zu werden, kann der für den Triebwerksstart gelegt. Dazu zählen neben einer ständigen Überwachung der
eingesetzte, direkt gekoppelte Motor im Betrieb als effizienter Turbineneintritts- und Lagertemperaturen auch die Aufnahme
Generator betrieben werden. Die vollständig digitale Trieb- von Schwingungen in beiden Lagerebenen. Weiterhin wurde
Der erste Prototyp eines modernen Turbostrahltriebwerks Der Bedarf an kleinen unbemannten Luftfahrzeugen steigt werkssteuerung kommuniziert mit allen Nebenaggregaten die Situation im Luftfahrzeug durch einen entsprechenden
für kleine unbemannte Luftfahrzeuge konnte innerhalb von beständig. Damit einher geht die steigende Notwendigkeit von und Sensoren über gängige Bussysteme. Einlauf nachgestellt und vermessen. Mitsamt den Erfahrungen
bodengebundenen Tests erfolgreich untersucht und in den weitaus effizienteren Turbostrahltriebwerken, als der Markt dieser ersten Entwicklungsrunde wurde der Triebwerksent-
Vorserienstatus überführt werden. Durch die kompakten in der relativ kleinen Schubklasse derzeit zur Verfügung stellt. Nach der Festlegung des fundamentalen Konzepts des Trieb- wurf anschließend weiter hinsichtlich Effizienz, Robustheit und
Abmessungen (Durchmesser 240 mm, Länge 622 mm, Gewicht Im Zuge eines sehr ambitionierten Entwicklungsprojekt konnte werks konnten die einzelnen Komponenten interdisziplinär Fertigbarkeit optimiert und so für den Schritt in die Vorserie
< 20 kg) und einen spezifischen Verbrauch von 29.6 g / kN/s in weniger als zwei Jahren ein erster Prototyp eines Turbostrahl- ausgelegt werden. Hier flossen neben der Erfahrung aus serien­ vorbereitet. Durch eine gründliche Vorarbeit konnten unnötige
beim Nennschub von 850N kann das Triebwerk sehr über- triebwerks entwickelt und getestet werden, dessen spezifischer erprobter Technologie auch moderne Technologie im Bereich Verzögerungen durch große Änderungen vermieden werden.
zeugen. Verbrauch circa 20 % unter dem marktüblichen Stand liegt. Auslegung und Optimierung von Turbokomponenten ein.
Dies wurde durch den konsequenten Fokus auf Effizienz und Der Blick auf das Zusammenspiel der Einzelkomponenten in Die Ziele des Entwicklungsprojekts konnten somit sowohl auf
Kompaktheit in jedem einzelnen Entwicklungsschritt ermög- einem gesamtheitlichen konstruktiven Konzept war auch hier der Technologieebene als auch auf der Projektebene erreicht
licht. Nicht weniger wichtig waren weitere Randbedingungen ein ständiger Begleiter. Durch ein äußerst zuverlässiges Netz- werden. Die gefertigten Exemplare der Vorserie des Triebwerks
wie niedrige Kosten, gute Einlagerungsmöglichkeiten und eine werk an sehr fähigen und hoch motivierten Zulieferern konnten werden in den nächsten Schritten weiteren Tests unterzogen.
hohe Widerstandsfähigkeit bei großen Trägheitslasten. alle Bauteile in der nötigen Qualität gefertigt werden. Vorzeitige Die abschließenden Vorbereitungen der Serienfertigung stellen
Tests von Komponenten oder Subsystemen haben es ermög- die nächste Herausforderung im Zuge der Entwicklung des
Das Triebwerk besteht aus einem einstufigen Diagonalverdich- licht, frühzeitig nötige Anpassungen oder erste Optimierungen Triebwerks dar und markieren dennoch nur den Anfang.
ter, der ein hohes Druckverhältnis bei hohem Wirkungsgrad zu implementieren.
bietet, einer drallstabilisierten Umkehrbrennkammer, der durch
eine digital angesteuerte Hochdruckpumpe Treibstoff in zer- Nach der erfolgreichen Inbetriebnahme konnten die prog-
stäubter Form zugeführt wird, und einer ebenfalls einstufig nostizierten Leistungsdaten des Triebwerks innerhalb einer
ausgeführten Radialturbine, die ebenfalls einen äußerst guten Reihe von bodengebundenen Tests bestätigt werden. Neben den
Wirkungsgrad bei einem hohen Druckverhältnis realisiert. naheliegenden Werten wie Schub und Treibstoffverbrauch

Abb. 1: Vollständiger Rotor (Verdichter- und Turbinenrad) beim Wuchten Abb. 2: Rückansicht der A800 mit additiv gefertigtem Kraftstoffverteiler Abb. 3: Spezifischer Verbrauch über Schub & Triebwerksüberblick Abb. 4: Spektralansicht der Triebwerksvibrationen während des Starts
Forschungsaktivitäten 2021 92 93

Dr. Lars Planert Ralf Lühder sind Wirbelstrukturen, zu denen im Fall einer zylindrischen Die Sedimentkonzentration in der Wassersäule wird durch
Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen,
Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) Grundmine die Entstehung eines Hufeisenwirbels entlang der laseroptische Streuung und dopplerakustische Rückstreuung
Kiel Kiel
angeströmten Objektränder und die Ausbildung eines Rück- gemessen. Durch ein am Bodengestell verbautes rotierendes
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stromgebietes im Nachlauf der Mine gehört. Kolkbildung kann Sonar wird die Morphodynamik im Umfeld der Mine erfasst.
dazu führen, dass ein Objekt ins Sediment einsinkt, was je nach Dadurch ist es möglich, die Entstehung und Bewegung von
Form und Ausrichtung des Objekts relativ zur Anströmung mit Rippeln sowie die Größe und Lage von Kolklöchern und Ver-
Roll- bzw. Rutschbewegungen einhergeht. Überlagert werden sandungsstrukturen zu analysieren und mit den Lichtleiter-
Sedimenttransport und Minenversandung diese Nahfeldprozesse durch längerperiodische Versandungs- Versandungsmessungen an der Mine zu korrelieren (Abb. 4).
schwankungen, die in gezeitendominierten Gebieten wie der
Deutschen Bucht und ihren Ästuaren durch die Wanderung Die Ergebnisse der Seeexperimente unterstreichen die Kom-
von großen Rippeln verursacht werden. Diese regionalen plexität der für die Minenversandung relevanten Sedimenttrans-
Die Detektion von versandeten und teilversandeten Grund- Der Versandungsgrad einer Grundmine bestimmt maßgeblich Änderungen der Bodenstruktur können dazu führen, dass die portprozesse. Mit den vorhandenen qualitativ hochwertigen
minen stellt eine Herausforderung für die Minenabwehrein- die zu erwartende Detektionswahrscheinlichkeit und beein- Minen vollständig mit Sediment bedeckt und im Rippeltal Messdaten aus den Seeversuchen kann das Potential zukünftiger
heiten der Marine dar. Für eine Versandungsvorhersage ist die flusst damit das taktische Vorgehen der Marine im Rahmen auch wieder freigelegt werden. Simulations- und Prognosetools bewertet werden. Für das
Kenntnis der strömungsmechanischen Prozesse notwendig, von Mine Countermeasures (MCM) Operationen. Die Wehr- Fernziel, die Entwicklung eines Minenversandungsprognose-
die den Sedimenttransport im Umfeld einer Mine am Meeres- technische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Mit an der WTD 71 entwickelten Versandungsmessminen, die tools besteht weiterhin noch erheblicher Forschungsbedarf
boden bestimmen. Die entsprechenden Sedimenttransport- Technologie und Forschung (WTD 71) untersucht die strö- ihre Versandung entlang umlaufender Ringe mit Lichtleitern im Bereich der gekoppelten hydro- und morphodynamischen
prozesse werden bei der Wehrtechnischen Dienststelle für mungsmechanischen Prozesse in der Bodengrenzschicht messen (Abb. 1), und Strömungsmessminen, die mit hoch- Simulation.
Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und For- flacher Küstengewässer mit dem Ziel, qualitativ hochwertige auflösenden dopplerakustischen Strömungsmessern bestückt
schung (WTD 71) in Seeversuchen untersucht. Messdaten zur Minenversandung zur Verfügung zu stellen, werden, können die Versandungs- und Antriebsprozesse des
um das Potential zukünftiger Simulations- und Prognosetools Sedimenttransports im Naturmaßstab gemessen werden.
zu bewerten. Gegenwärtig steht die Untersuchung der wirbelhaften Um-
strömung der Mine im Fokus der Analysen. Mit Hilfe eines
Aufbauend auf externen F&T-Studien zu Modelltankversuchen großen Bodengestells (Lander, Abb. 2) können hochauflösende
und numerischen Simulationen werden hydrodynamische dopplerakustische Strömungsmesser im Wirkungsbereich
Antriebsprozesse wie Wellen, Gezeiten und Turbulenz sowie dieser Wirbel platziert und so der Einfluss auf den Sediment-
die dadurch verursachten Veränderungen der Bodenstruktur transport am Boden und in der Wassersäule gemessen werden
(Morphodynamik) im Naturmaßstab untersucht. Ein zentrales (Abb. 3). Aus den Dopplergeschwindigkeitsmessungen werden
Augenmerk liegt auf den Kolk- und Versandungsprozessen die Turbulenz und die Sohlschubspannung bestimmt. Letztere
im Nahfeld der umströmten Mine. Hier wird das Sediment ist die auf die Flächeneinheit des Bodens bezogene, durch die
verstärkt aufgewirbelt, abtransportiert sowie im Strömungs- Strömung auf die Sedimentpartikel am Boden ausgeübte Kraft
schatten wieder abgelagert. Ursächlich für diese Prozesse und ein entscheidender Parameter für die Mobilität der Sohle.

Abb. 1: Schemaskizze der Versandungsmessmine mit Lichtleitern (oben). Abb. 2: Bodengestell zur Analyse der Hydro- und Morphodynamik Abb. 3: 30-Sekunden Zeitausschnitt der vertikalen Strömung Abb. 4: Das 360°-Sonar Bild zeigt mobile Rippel und eine
Versandungszeitreihe einer Messmine in der Jade (unten) im Einflussbereich der Messmine am Meeresboden mit Wirbelstrukturen im Nachlauf der Mine ­Versandungsstruktur im Nachlauf der Mine
Forschungsaktivitäten 2021 94 95

TORR Markus Wenner TORR Frank Ludwar Einsatzgebiet nur durch eine Vermessung vor Ort nachgewie- Bislang konnte erfolgreich nachgewiesen werden, dass eine
Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen,
Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) sen und ggf. optimiert werden. Auch die jeweilige Beladung Vermessung der magnetischen Signatur mittels unbemanntem
Bünsdorf Eckernförde
des Schiffes kann registrierbare Verschlechterungen der Unter- Fahrzeug im Einsatzgebiet möglich ist. Zukünftige Untersuchun-
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wassersignatur zur Folge haben. gen sollen mit einem auf die Signaturvermessung optimierten
dedizierten Mess-AUV stattfinden und den Nachweis erbringen,
Um die Unterwassersignatur von einem UUV aus vermessen dass auch die elektrische Signatur von einem UUV im Einsatz-
zu können wurde eine entsprechende Sensorik mit Daten- gebiet vermessen werden kann.
Messung elektrischer und magnetsicher Signaturen erfassungshardware in die Nutzlastsektion des AUV Hugin
mit unbemannten Unterwasserfahrzeugen integriert. Das UUV wird im Einsatzgebiet ausgesetzt und navi- Neben der Möglichkeit die Funktionsfähigkeit einer MES-Anlage
giert in versetzten Kreisbahnen unter dem Schiff mit einer überprüfen und optimieren zu können liefert die Vermessung
gleichzeitigen präzisen Bestimmung der Position im Koor- der elektrischen Signatur vor Ort auch Information über den
Um eine Verbesserung des Eigenschutzes von Einheiten der Seeminen stellen eine große Bedrohung für Schiffe dar. Viele dinatensystem des Schiffes / Bootes, während der jeweilige Beschichtungszustand des Schiffes sowie einen Status der ein-
deutschen Marine sicherzustellen, wird eine Vermessung der Minen nutzen zur Detektion eines überlaufenden Schiffes Feldvektor gemessen und aufgezeichnet wird. Das UUV muss gesetzten Korrosions- und Bewuchsschutzmaßnahmen, welche
Unterwassersignatur im Einsatzgebiet angestrebt. Ziel ist es, neben akustischen Sensoren einen Magnetfeldsensor oder dabei die Positionsveränderung des Fahrzeuges berücksichtigen. maßgeblichen Einfluss auf die eigene elektrische Unterwasser-
unerwartete Änderungen der Schiffssignaturen z. B. durch elektrische Feldsensoren. Ein Schiff verändert durch seine Eine Steuerung während der Messfahrt wird über einen akusti- signatur haben.
Beladungsänderungen oder Defekten an der Magnetischen Anwesenheit die natürlichen elektrischen und magnetischen schen Link sichergestellt.
Eigenschutzanlage zu entdecken, um dann darauf reagieren Umgebungsfelder und kann dadurch entdeckt werden. Eine weitere Einsatzmöglichkeit neben der Vermessung der
zu können und die Gefährdung durch Seeminen so gering wie Eine besondere Herausforderung besteht beim Postprocessing Unterwassersignatur im Einsatzgebiet ist die Ermittlung von
möglich zu halten. Eine Lösungsmöglichkeit ist die Signatur- Um die Verratsreichweite von hochgeschützten Einheiten der in der Korrektur der aufgenommenen Messwerte. Zuerst sind Parametern für ein Minenräumsystem welches einen Kanal
vermessung mittels eines unbemannten Unterwasserfahr- Marine so gering wie möglich zu halten, werden sie zum einen Fehler der Sensorik inklusive der Analog-Digital Wandlung für das vermessene Schiff im Target Simulation Mode (TSM)
zeuges (Unmanned Underwater Vehicle, UUV). in amagnetischer Bauweise hergestellt. Sie besitzen zum zweiten wie Offset- und Orthogonalitätsfehler zu eliminieren. Zudem räumen soll. Die gilt besonders für die elektrische Unterwasser-
eine Magnetische Eigenschutzanlage (MES), die die durch das erzeugen die elektrischen Verbraucher und Leitungen des signatur.
Schiff hervorgerufene Veränderung des Erdmagnetfeldes an Trägerfahrzeugs in unmittelbarer Nähe der Sensorik starke
jedem Punkt der Erde aktiv durch den Einsatz von stromdurch- magnetische Streufelder. Zu deren Elimination ist die Kennt- Mit der Fähigkeit die magnetische Signatur oberhalb von
flossenen Kompensationswicklungen so gering wie möglich nis der einzelnen Ströme im UUV erforderlich, was in einem Ubooten vermessen zu können, wird es ermöglicht eine
hält. Standardfahrzeug nicht gegeben ist. ­sicherere Abschätzung der Entdeckungswahrscheinlichkeit
durch Seezielaufklärer geben zu können.
Die Einstellungen einer MES-Anlage werden bei der Wehrtech- Der stärkste Störeinfluss wird durch die Bewegung des Magnet-
nischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime feldsensors im Erdmagnetfeld selbst verursacht. Um dies zu
Technologie und Forschung (WTD 71) in Bünsdorf im Erd- korrigieren ist eine genaue Bestimmung der Sensorausrichtung
magnetfeldsimulator optimiert. Die einwandfreie Funktions- und Lage während der Fahrt als auch die Ermittlung der rela-
fähigkeit kann unter anderen Erdmagnetfeldbedingungen im tiven Position des Sensors zum Messobjekt notwendig.

Abb. 1: Schematische Darstellung einer Signaturvermessung Abb. 2: Trägerfahrzeug MZB Helmsand mit Launch and Recovery System Abb. 3: Vermessung der magnetischen Eigenschaften Abb. 4: Aufgezeichneter Track unterhalb des zu vermessenden Fahrzeugs
mit einem UUV für AUV Hugin mit Akustik-Link Boje des Nutzlastbehälters
Forschungsaktivitäten 2021 96 97

Frank Jaspers Stefan Vrieler nen und Soldaten in der Area bewegen. Damit die einzelnen suchung eher ein generischer Demonstrator zur Abbildung der
Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91)
Meppen Meppen Soldaten erfasst werden, wird ein Trackingsystem eingesetzt. technischen Möglichkeiten, und daher noch kein vollständiger
WTD91450@Bundeswehr.org WTD91510@Bundeswehr.org Auf dem Rücken wird ein sogenannter Back-Pack-PC getragen, Ausbildungssimulator für einen konkreten Ausbildungszweck.
an dem unter anderen die VR-Brille angeschlossen ist. Zur Durch diese Vorgehensweise ist eine zielgerichtete und risiko-
Steigerung des Präsenzempfindens trägt der Soldat bzw. die minimierte Forschung möglich, denn erst nach Feststellung der
Soldatin eine haptische Weste, die einen gegnerischen Treffer grundsätzlichen Eignung des Systems auf Nutzbarkeit ist es
durch das Auslösen einer Vibration signalisiert. Weiterhin sinnvoll, die Studie weiter fortzuführen.
Der virtuelle Handlungstrainer – Neue Möglichkeiten in der Teamausbildung kommt ein Nachbau des Sturmgewehrs G36 mit integriertem
Gas-Rückstoßsystem zum Einsatz. Durch die Probandenuntersuchungen konnte eine Fülle an
belastbaren Ergebnissen erzielt werden. Die Auswertung der
Nach dem Anlegen des VR-Equipment und durchgeführter Ka- Untersuchungen ergibt folgende Aussagen:
Welche Chancen und Möglichkeiten bietet die Virtuelle Die Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition librierung, befindet sich der Soldatentrupp auf einem virtuellen – die VR-gestützte Ausbildung erfährt eine durchweg hohe
Realität bei der Ausbildung im gemeinsamen Team-Training? (WTD 91) führt zusammen mit dem Bundesamt für Ausrüstung, Häuserdach. In unterschiedlichen Entfernungen erscheinen Nutzerakzeptanz
Mit dieser Fragestellung befasst sich die F&T Studie „VirTuOS Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) nun Personen, die entweder als neutrale Person oder als po- – es wurde nahezu kein Auftreten der Simulatorkrankheit
– Virtuelles Training urbaner Operationen als Multi-User- die F&T Studie „VirTuOS – Virtuelles Training urbaner Opera- tentielle Angreifer dargestellt werden. Gemäß Ausbildungs- festgestellt
Szenario“ und findet dabei Antworten. tionen als Multi-User-Szenario“ durch. In dieser Studie wurde grundlagen teilt sich der Trupp auf, so dass jeder einen festen – das Präsenzempfinden der Soldatinnen und Soldaten ist
exemplarisch der virtuelle Handlungstrainer (VirtHT) als De- Beobachtungssektor übernimmt. Der nicht an der Mission sehr hoch
monstrator zur Untersuchung einer Ausbildung am Beispiel beteiligte Ausbilder bzw. die Ausbilderin kann die agierenden – die Auswertemöglichkeiten mittels VR-Technologie bieten
Orts- und Häuserkampf vorgenommen. Zu Beginn der Studie Soldaten und Soldatinnen sowohl real als auch in der virtuellen einen erheblichen Mehrwert
stand die technische Realisierung und Lauffähigkeit des De­ Umgebung beobachten. Dem Ausbilder werden Informationen – das derzeitige System muss für den Ausbildungseinsatz
monstrators im Fokus. Weiterhin wurden wissenschaftlich zu jedem einzelnen Soldaten, wie z. B. Anzahl abgegebener gehärtet werden
fundierte Untersuchungen zur Umsetzbarkeit von Bewegungen Schüsse, Anzahl getroffener Gegner und neutrale Personen – je nach militärischer Organisationseinheit sind spezifische
in der VR mit bis zu vier Nutzern, die Interaktion mit der VR angezeigt. Durch die Verwendung der auch im kommerziellen Anpassungen des Systems notwendig
und anderen Nutzern sowie ergonomische Betrachtungen Bereich häufig eingesetzten Spiele-Engine Unreal ist die grafi-
vorgenommen. Einen besonders hohen Stellenwert bei den sche Darstellung in Verbindung mit hochwertigem Inhalt sehr Abschließend lässt sich feststellen, dass die grundsätzliche
Untersuchungen besitzt gleich zu Beginn die Feststellung des realistisch. Nutzbarkeit von VR-Technologie mit einem erheblichen
Mehrwerts von Ausbildung und Training in einer VR-Umge- Mehrwert für die Teamausbildung einhergeht. Auf Basis der
bung gegenüber konventionellen Ausbildungsmethoden. Um unter anderem die Nutzbarkeit sowie Schwächen des Erkenntnisse wird der VirtHT zielgerichtet weiterentwickelt.
Systems festzustellen, wurden innerhalb dieser Studie an der
Beim VirtHT handelt es sich um einen Bereich, der das Tracking WTD 91 Probandenuntersuchungen mit insgesamt 32 Soldaten
des menschlichen Körpers in einem frei begehbaren Bereich von aus dem Bereich der spezialisierten und Spezialkräfte durch-
100 m ermöglicht. Dabei können sich zeitgleich vier Soldatin-
2
geführt. Der VirtHT war zum Zeitpunkt der Probandenunter-

Abb. 1: Trackingbereich des virtuellen Handlungstrainers Abb. 2: Darstellung der Soldaten bzw. Soldatinnen in der VR Abb. 3: Übersicht Real und VR Abb. 4: Soldat während der Probandenuntersuchung
99

2
Wehrmedizinische und
Militärpsychologische Forschung
Auch das Jahr 2021 wurde erneut geprägt von den Maßnahmen Das Zentrum für Luft- und Raumfahrt­medizin der Luftwaffe
zur Kontrolle und Überwindung der COVID-19 Pandemie. Die berichtet über luft- und raumfahrtmedizinisch relevante
wehrmedizinische Forschung leistet hierbei wichtige Beiträge, Befunde des Zentralen Nervensystems als internationale
u. a. durch die Evaluierung der Leistungsfähigkeit von SARS- Lösungsansätze für mehr Flugsicherheit.
CoV-2 Antigenschnelltests am Institut für Mikrobiologie der
Bundeswehr, die Identifikation von prädiktiven Biomarkern Über die klinischen und wissenschaftlichen Anstrengungen zur
für den schweren Verlauf einer COVID-19 Erkrankung am Überwindung der Pandemie hinaus haben auch die BwKrhs er-
Bundeswehrkrankenhaus (BwKrhs) Berlin, die Tauchmedizini- neut vielfältige Ansätze zum Schutz und zur Wiederherstellung
sche Untersuchung auf mögliche Residuen nach SARS-CoV-2 der Gesundheit von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
Infektion vor Wiederaufnahme des Taucherdienstes am Schiff- eingebracht, im Bereich der Tropenmedizin mit der Evaluation
fahrtsmedizinischen Institut der Marine und durch die in molekularer Diagnostikverfahren für tropische Parasitener-
Zusammenarbeit mit der militärpsychologischen Forschung krankungen am BwKrhs Hamburg, der Digitalisierung mit dem
durchgeführten Erhebungen zu den psychischen Auswirkungen Digitalen Weg des Verwundeten als Beispiel Künstlicher Intelli-
der isolierten Unterbringung und Quarantäne vor dem Einsatz genz im Dienst der Patientenversorgung am Bundeswehrzen-
am Psychotraumazentrum der Bundeswehr am BwKrhs Berlin. tralkrankenhaus Koblenz sowie in der Bildungsforschung zum
Terror and Disaster Surgical Care (TDSC) – Kurs am BwKrhs
Im Bereich des Medizinischen A- und C-Schutzes stellen das Ulm und für die Entwicklung und Anwendung eines 3D-Druck
Institut für Radiobiologie der Bundeswehr die deutsch-japani- gestützten Ausbildungsmoduls zur Trepanationsplanung am
sche Entwicklung eines neuen Softwaretools zur Optimierung BwKrhs Westerstede.
medizinischer Gegenmaßnahmen bei Radioiodexposition und
das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundes- Im Beitrag der militärpsychologischen Forschung wird die
wehr ein rationales Wirkstoff-Design von Antidoten für die vom Psychologischen Dienst der Bundeswehr entwickelte
Behandlung von Nervenkampfstoffvergiftungen vor. Testpsychologie Psychische Fitness beschrieben, mit deren
Hilfe computerbasiert verschiedene Komponenten der Psychi-
Das Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr stellt das schen Fitness erfasst werden können.
Fitnessregister „Grundausbildung Heer“ als Element zur Leis-
tungsüberprüfung, Trainingssteuerung und für ein evidenz-
basiertes Lagebild vor.
Forschungsaktivitäten 2021 100 101

ORR‘in Dr. Katrin Zwirglmaier Nicht zuletzt spielt auch die Qualität der zu untersuchenden Bezogen auf die Spezifität schnitten die untersuchten Tests
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr
München Probe eine Rolle. Bei einem sogenannten Laientest oder Selbst- ausreichend gut ab. Nur sehr vereinzelt zeigten sich bei den
institutfuermikrobiologie@bundeswehr.org test (Probenahme im vorderen Nasenbereich) sind im Vergleich 30 negativen Proben einzelne falsch positive Ergebnisse. Die
zu einem durch medizinisches Personal durchgeführten Na- Angaben der Hersteller konnten daher im Wesentlichen repro-
sen-/Rachenabstrich wesentlich geringere Virusmengen zu duziert werden.
erwarten. Im Gegensatz zu einer PCR findet bei einem Schnell-
test keine Vervielfältigung des Zielmoleküls statt, wodurch Insgesamt ist aufgrund der bei Schnelltests typischerweise
Evaluierung der Leistungsfähigkeit von SARS-CoV-2 Antigenschnelltests Schnelltests intrinsisch bedingt um Faktor 1 000 bis 10 000 geringeren Sensitivität die Verwendung von Schnelltests als
weniger sensitiv sind als PCR Tests. Screening für gesunde, asymptomatische Personen kritisch
zu sehen, da ein (u. U. falsch) negatives Ergebnis ein falsches
Für die vergleichende Evaluierung der diagnostischen Sensi- Gefühl von Sicherheit erzeugen kann. Bei symptomatischen
Die als Point-of-care Tests konzipierten SARS-CoV-2 Anti- Seit Herbst 2020 wurden vermehrt Antigen-Schnelltests zum tivität (= prozentualer Anteil der als richtig positiv erkannten Personen (bei denen entsprechend hohe Viruslasten zu erwarten
genschnelltests bieten die Möglichkeit, eine akute COVID-19 Nachweis von SARS-CoV 2 in Deutschland auf den Markt Proben) der Tests verschiedener Hersteller wurde ein Panel von sind) sind Schnelltests jedoch zur Abgrenzung von COVID-19
Infektion einfach und schnell nachzuweisen. Auf dem Markt gebracht. Diese sollen laut den Herstellern direkt am Ort der 50 PCR-bestätigten SARS-CoV-2 positiven Nasen-/Rachen- zu anderen respiratorischen Infektionen gut geeignet.
erhältliche Tests weisen jedoch große Leistungsunterschiede Anwendung, ohne Verwendung spezialisierter Geräte inner- abstrichen verwendet, die unterschiedlich hohe Virusmengen
auf, wobei ein falsches Testergebnis gravierende Folgen haben halb von etwa 20 Minuten ein verlässliches Ergebnis liefern enthielten. Die Spezifität wurde anhand von 30 negativen Diese Untersuchungen wurden im Verbund mit anderen
kann. Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (Inst- und zumeist auch noch durch Laien anwendbar sein. Inzwi- Proben sowie durch Kreuzreaktivitätstests mit anderen respi- Forschungseinrichtungen wie dem Paul-Ehrlich-Institut, dem
MikroBioBw) hat die Leistungsfähigkeit von in Deutschland schen gibt es allein auf dem europäischen Markt weit über ratorischen Krankheitserregern bewertet. Robert-Koch-Institut, der Berliner Charité und dem Bernhard-
angebotenen Schnelltests evaluiert. 1000 verschiedene Schnelltestanbieter. Nocht-Institut durchgeführt.
Es zeigten sich markante Unterschiede zwischen den Tests,
Das Funktionsprinzip eines SARS-CoV-2 Antigen-Schnelltests die insbesondere im Bereich mittlerer Viruslasten in den
basiert auf einem Lateral Flow Assay (Abb. 1). Mit Goldpartikeln Proben erkennbar waren (Abb. 3). Hier konnte kein Test mehr
markierte Antikörper binden an SARS-CoV-2 Viruspartikel. als 78 % der positiven Proben richtig nachweisen. Die Herstel-
Dieser Komplex wird durch Kapillarfluss über die Detektions- lerangaben, die ausnahmslos Sensitivitätswerte von mehr als
membran getrieben, wo er an Fangantikörper bindet, was zur 95 % aufführen, konnten bei keinem Test bestätigt werden.
Bildung einer sichtbaren Bande führt (Abb.2). Diese Diskrepanz ist mit hoher Wahrscheinlichkeit durch die
Auswahl der Proben für die Leistungstests durch die Hersteller
Obwohl alle Schnelltests nach diesem gleichen Funktionsprin- zu erklären, da nur bei einer Verwendung von ausschließlich
zip arbeiten, sind in der Praxis starke Leistungsunterschiede hochpositiven Proben die angegebene Sensitivität von mehr
bei den Testanbietern zu beobachten, die durch unterschiedliche als 95 % zu erreichen ist.
Bindungsaffinitäten der Antikörper, Membraneigenschaften,
oder Komponenten des Laufpuffers bedingt sein können.

Abb. 1: Funktionsprinzip eines Antigenschnelltests Abb. 2: Beispiele SARS-CoV-2-positiver Schnelltests. Statt einer auf Goldpartikeln basierten Abb. 3: Auszug aus den Ergebnissen verschiedener Schnelltests bei der Prüfung mit 50 positiven Proben.
Detektion (dunkelrote Banden) können auch farbige Latexpartikel (6., 7. und 13. Test in der Abbildung) Die nachweisbare Virusmenge wird hier durch den ­sogenannten ct-Wert ausgedrückt. Dabei entspricht ein
oder Fluoreszenz (4. Test) zum Einsatz kommen niedriger ct-Wert einer hohen Viruslast in der Patientenprobe
Forschungsaktivitäten 2021 102 103

Oberfeldapotheker Dr. Karin Veronika Niessen ORR Dr. Thomas Seeger stoff-Design, das mit virtuellen Methoden (Molecular Modeling) aufgehoben bzw. herbeigeführt werden soll. Weiterhin sind
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr
München München durchgeführt wird. Dies kann einerseits auf der Beschaffenheit bei der Ligand-Rezeptor-Interaktion Subtypen- und Spezies-
InstitutfuerPharmakologieundToxikologie@bundeswehr.org InstitutfuerPharmakologieundToxikologie@bundeswehr.org der Bindungsstelle basieren, wofür die optimale Passgenauigkeit unterschiede zu beachten, insbesondere wenn unterschiedliche
kalkuliert wird (Struktur-basiertes Design). Andererseits kann die pharmakologische Testsysteme eingesetzt werden. Eine wich­-
Leitstruktur selber als Grundlage für das Design eines besseren tige Rolle spielen auch äußere Einflüsse wie beispielsweise
Pharmakophors dienen, indem ungünstige funktionelle Gruppen eine mögliche Interaktion von Kampfstoffen mit dem nAChR.
mit günstigeren ausgetauscht werden (Ligand-basiertes Design). Ligand-Rezeptor-Bindungsassays mit radioaktiven und hoch-
Rationales Wirkstoff-Design von Antidoten für die Behandlung Die Datenbasis hierfür bilden anfangs Ergebnisse aus Experi- toxischen Liganden werden beispielsweise mit einer eigens
von Nervenkampfstoffvergiftungen menten mit MB327 sowie aktiven und inaktiven Strukturana- hierfür konzipierten, modular aufgebauten Pipettier- und
loga. Inkubierplattform durchgeführt (Abb. 4).

Bei der Behandlung von Nervenkampfstoffvergiftungen gibt Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass eine Bedrohung durch Das vorhin beschriebene Computer Aided Drug Design (CADD) Der so konzipierte iterative Prozess erlaubt die Entwicklung
es immer noch therapeutische Lücken, die dringend neue Nervenkampfstoffe trotz Ächtung durch die internationale ist neben Synthese und pharmakologischen Testungen einer der nAChR-aktiver Wirkstoffe, die für die Therapie von Nerven-
Optionen für die Pharmakotherapie erfordern. Eine Möglich- Gemeinschaft andauert. Vergiftungen mit phosphororganischen Teilprojekte im iterativen Prozess der Wirkstoffentwicklung kampfstoffvergiftungen von Interesse sein können.
keit wären Wirkstoffe, die direkt mit dem nikotinischen Verbindungen wie Nervenkampfstoffen oder strukturähnlichen (Abb. 2). Im nächsten Schritt werden die virtuell erzeugten
Acetylcholinrezeptor interagieren. Die Suche nach poten- Pestiziden führen unter anderem zu einer lebensbedrohlichen Strukturvorschläge synthetisiert. In den meisten Fällen müs-
ziellen Antidoten wird als iterativer Prozess aus Synthese, Lähmung der Atemmuskulatur, die oft nicht ausreichend behan- sen dazu völlig neue Synthesewege entwickelt werden. Nach
pharmakologischer Testungen und „Computer Aided Drug delt werden kann. In diesen Fällen bleibt die Muskelfunktion, Aufreinigung und Prüfung auf Identität und Qualität werden
Design“ vollzogen. Im Hinblick auf regulatorische und tech- trotz Einsatz der derzeitig zur Verfügung stehenden Antidote, die Substanzen einer umfangreichen pharmakologischen Tes-
nische Besonderheiten nimmt die Entwicklung von Anti­ beeinträchtigt, da der nikotinische Acetylcholinrezeptor (nAChR) tung unterzogen. Das pharmakologische Screening umfasst
doten zur Therapie von Nervenkampfstoffvergiftungen in einem dysfunktionalen Zustand bleibt und die Reizüber- hauptsächlich die Untersuchung auf Affinität und Funktionalität
dabei eine Sonderstellung ein. tragung in der neuromuskulären Endplatte ausbleibt. Ein inno- am nAChR, die Wirkung im Soman vergifteten Muskelgewebe
vativer Therapieansatz wären Wirkstoffe, die direkt mit dem sowie die mögliche Hemmung des Schlüsselenzyms in der
nAChR interagieren und dessen Funktion trotz bestehender cholinergen Synapse, der Acetylcholinesterase (AChE). Die
Giftwirkung wiederherstellen. Ergebnisse fließen dann wieder in die CADD-Datenbank und
der iterative Prozess beginnt von neuem.
Die Suche nach derartigen Antidoten stützt sich auf die Leit-
struktur MB327 (Abb. 1), die nach einer Somanvergiftung Herausforderungen für eine zielgerichtete Wirkstoffsynthese
unter anderem in In vitro-Versuchen positive Wirkungen können der komplexe Aufbau des Rezeptors, Subtypen- und
gezeigt hat, jedoch hinsichtlich Dosis und Selektivität bei Spezies-Unterschiede sowie äußere Einflüsse sein (Abb. 3). Die
Weitem noch nicht optimal ist. MB327 ist jedoch ein guter größten Herausforderungen bestehen darin, ob die richtige
Ausgangspunkt für ein Struktur- und Ligand-basiertes Wirk- Bindungsstelle adressiert wird und welcher Rezeptorzustand

Abb. 1: Rationales Wirkstoff-Design ausgehend von der Leitstruktur MB327. Abb. 2: Wirkstoffentwicklung als iterativer Prozess Abb. 3: Die Wirkstoffentwicklung im Spannungsfeld zwischen den Abb. 4: Modulare Pipettier- und Inkubierplattform für die Durchführung von
Der optimale Pharmakophor wird einerseits mittels Struktur-basiertem Design aus Molecular Modeling, Synthese und umfangreicher nAChR-Bindungsstellen, Rezeptorzuständen, Rezeptorsubtypen, Radioliganden-Rezeptor-Bindungsassays. Die unterschiedliche Bestückung
und andererseits mittels Ligand-basiertem Design ermittelt pharmakologischer Testung Speziesunterschieden, Membranbeschaffenheit und Einfluss durch mit verschiedenen Liquid-Handling-Modulen erlaubt das Pipettieren von
Nervenkampfstoffe einerseits radioaktiven und andererseits von hochtoxischen Substanzen
Forschungsaktivitäten 2021 104 105

Oberstarzt Dr. Ulrich Rohde Oberstarzt Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk OTL Dipl.-SportWiss. (univ.) Nils-Alexander Simon BrigGen Uwe Nerger
Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr Kommando Heer Kommando Heer
Koblenz Koblenz Strausberg Strausberg

InstPraevMedBw@bundeswehr.org InstPraevMedBw@bundeswehr.org KdoHPAOAusbIndivAusb@bundeswehr.org KdoHPIZHPresse@bundeswehr.org

Fitnessregister „Grundausbildung Heer“ als Element zur Leistungsüber­ Um eine adäquate KLF zu erreichen, wurden neue Ausbildungs- GA aufgebaut, dass derzeit in der Truppe mit Erfolg erprobt
prüfung und Trainingssteuerung sowie für ein evidenzbasiertes Lagebild und Trainingskonzepte entwickelt, die sowohl hinsichtlich des wird.
Leistungsstandes wie auch der Trainingsinhalte eine individu- Kernelement ist das vom Institut, im intensiven Austausch
elle Differenzierung ermöglichen. mit den Nutzern entwickelte Eingabe-Auswerte-Tool (EAT)
Das strukturierte Zusammenführen und Verknüpfen von Die nachlassende Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit junger zur strukturierten Erfassung der BFT- und SGT-Ergebnisse.
leistungsphysiologischen Ergebnissen standardisierter Test- Erwachsener haben sich zu einem elementaren Ausbildungs- Das Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr (InstPräv- Das IT-gestützte EAT ist dabei nicht nur eine reine Doku-
verfahren eröffnet unterschiedlichen Nutzerebenen neue problem entwickelt, da die körperlichen Belastungen in der MedBw) und das Deutsche Heer untersuchten und evaluierten mentationsapplikation, sondern beinhaltet auch eine Reihe
Möglichkeiten für die Trainingssteuerung, Lagebilderstellung Grundausbildung (GA) viele Rekrutinnen und Rekruten über- 2018 im Rahmen einer Pilotstudie ein neues Grundausbildungs- unmittelbar vor Ort anwendbarer, qualitätsgesicherter Funkti-
und für die evidenzbasierte Weiterentwicklung. Das Fitness- fordern. Vorgegebene und seit langem geltende Ausbildungsziele konzept zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit, in onalitäten zur Trainingsunterstützung und zur Informations-
register „Grundausbildung Heer" bietet diese Funktionalitä- werden aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit oder Verlet- der die Ergebnisse mit denen der alten GA verglichen wurden. zusammenfassung: Die erfassten Leistungsdaten werden
ten erstmalig in einer Anwendung. zungen oft nicht mehr oder nur teilweise erreicht. Diese Aus- Die Studienergebnisse wurden der Heeresführung vorgetragen unmittelbar zur Trainingssteuerung aufbereitet, z. B. hinsicht-
bildungsziele sind kein Selbstzweck. Nur über das Herstellen der und führten dazu, dass seit Juni 2019 die neue GA im Deutschen lich Leistungsentwicklung (Abb. 1 und 2). und für die Führung
personellen, aber auch persönlichen Einsatzbereitschaft kann Heer durchgeführt wird. zur Lagefeststellung aggregiert (Abb. 3). Das Zusammenführen
die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte sichergestellt werden. der verhashten Daten im InstPrävMedBw ermöglicht künftig
Zu den Maßnahmen gehörten u. a. das Training in drei Leis- Längs- und Querschnittanalysen und eine evidenzbasierte
Angesichts der hohen Belastung durch militärtypische Tätigkei- tungsgruppen (Stark-Mittel-Schwach) und die wiederholte Weiterentwicklung. Das Verfahren ist ein Pilotprojekt im Rah-
ten (z. B. Marschieren oder Bewegen im Gelände mit Ausrüstung) Leistungsüberprüfung durch Basis-Fitness-Test BFT (Beginn- men der AGENDA Ausbildung und wurde konzeptionell für
sollte schon in der GA eine ausreichende körperliche Leistungs- Mitte-Ende) und Soldaten-Grundfitness-Tool SGT (Mitte-Ende). eine über die GA hinausgehende Anwendung angelegt.
fähigkeit (KLF) vorliegen, die für den Erhalt der Gesundheit und Die Standardleistungstests BFT und SGT liefern wertvolle In-
der individuellen Einsatzfähigkeit notwendig ist. Leistungs- formationen für verschiedene Anwendungszwecke, wie z. B. Die Verknüpfung von Leistungsdaten und Gesundheitsdaten
mängel müssen daher durch ein adressatengerechtes Training Trainingssteuerung und Lagebild. in einer künftigen, zentralen IT-Architektur eröffnet vielfältige
abgestellt werden. Optionen hinsichtlich Prävention, Ausbildung und Einsatz-
Zur anwendungsnahen und zielgruppenorientierten Er­ fähigkeit. Mit dieser Informationsbasis wäre ein wichtiger,
Die bislang angewendeten Konzepte zur Ausbildung und zum gebnisaufbereitung der erhobenen Leistungsdaten hat das derzeit nicht verfügbarer Lagebildbeitrag für die Führung der
Erhalt der KLF stellten sich als nicht mehr ausreichend heraus. InstPrävMedBw mit dem Kommando Heer ein Fitness-Register Bundeswehr möglich.

Abb. 2: Darstellung der Ergebnisse SGT-Ende mit Anzeige der Leistungsentwicklung im


Vergleich zum vorherigen Testtermin SGT-Mitte. Die Ziffern der SGT Einzelleistungen
(SGT Alpha: „Bewegen im Gelände“; SGT Bravo: „Ziehen von Lasten“; SGT Charlie:
„Tragen von Lasten“; SGT Delta: „Heben und Absetzen von Lasten“) sowie die Felder
Abb. 1: Darstellung der Ergebnisse BFT-Mitte mit Anzeige der des Gesamtergebnisses werden entsprechend des Bewertungssystems SGT farbig in Abb. 3: Beispielhafte, automatisierte Ergebnisdarstellung der BFT-Gesamtpunkte
Leistungs­entwicklung im Vergleich zum vorherigen Testtermin „Grün – Gelb – Rot“ dargestellt. Auch Sonderfälle werden beachtet: Beim dritten Bei- auf einem Tabellenblatt, aufgeschlüsselt nach Leistungsgruppen. Die Ergebnisse
(in diesem Beispiel BFT-Beginn). Leistungen, die zum Nichtbe- spiel ist keine Leistungsentwicklung für SGT-Charlie und SGT-Delta abgebildet, da der des SGT werden in gleicher Form aggregiert
stehen des BFT führen, werden in „Rot“ angezeigt SGT-Mitte nach SGT-Charlie abgebrochen wurde und somit kein Vorergebnis vorliegt
Forschungsaktivitäten 2021 106 107

Flotillenarzt PD Dr. med. Alexis Rump Oberstabsapotheker Cornelius Hermann Oberstarzt Prof Dr. med. Matthias Port Prof. Dr. med. Manabu Kinoshita Oberstarzt Dr. med. Tetsuo Yamamoto Prof. Dr.med. Nariyoshi Shinomiya
Institut für Radiobiologie der Bundeswehr Institut für Radiobiologie der Bundeswehr Institut für Radiobiologie der Bundeswehr National Defense Medical College NBC Countermeasure Medical Unit National Defense Medical College
München München München of the Japan Self Defense Forces Ground Component Command of the of the Japan Self Defense Forces
Saitama, Japan Japan Ground Self Defense Force Saitama, Japan
InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org Tokyo, Japan
adm018@inet.ndmc.mod.go.jp adm018@inet.ndmc.mod.go.jp
adm018@inet.ndmc.mod.go.jp

Deutsch-japanische Entwicklung eines neuen Softwaretools zur In Zusammenarbeit des InstRadBioBw mit dem National tion weniger Radioiod als Europäer oder Amerikaner (Abb. 4).
­Optimierung medizinischer Gegenmaßnahmen bei Radioiodexposition Defense Medical College der Japanischen Selbstverteidigungs- Trotz dieses begrenzten „natürlichen Schutzes“ ist dennoch
kräfte wurde ein neues Schilddrüsenblockade-Modell entwickelt, eine Schilddrüsenblockade bei einem nuklearen Störfall an-
das die komplexen physiologischen Aufnahmemechanismen gezeigt. Da die Schilddrüsen der Japaner weniger empfindlich
Bei Exposition von Radioiod kann die Anreicherung in der Bei Kernspaltungsreaktionen entstehen u. a. auch radioaktive für Iod in die Schilddrüse differenziert abbildet (Kompetition auf den Iodsättigungsmechanismus reagieren, ist Perchlorat
Schilddrüse und damit das Risiko einer Tumorentwicklung Iod-Isotope, die sich auf Grund ihrer sehr hohen Flüchtigkeit am Iod-Trägermolekül in der Zellmembran + Aufnahmeblock sowohl bei akuten als auch bei länger andauernden Radioiod-
durch Gabe von stabilem Iod oder anderer Wirkstoffe stark weit ab von der Quelle über große Gebiete ausbreiten können. bei Sättigung der Drüse) (Abb. 1). Das Modell wurde mittels Expositionsszenarien besonders vorteilhaft.
reduziert werden. In Zusammenarbeit mit den japanischen Radioiod stellt ein bedeutendes Gesundheitsrisiko dar, da es Berkeley-Madonna Software in einem Programm implemen-
Selbstverteidigungskräften wurde ein Softwaretool entwi- durch Inhalation oder Ingestion rasch und vollständig absor- tiert, das die Simulation unterschiedlicher, auch komplexer Das neue Schilddrüsenblockade-Modell und seine Soft-
ckelt, mit dem auch komplexe Expositionsszenarien simuliert biert wird und sich in der Schilddrüse stark anreichert. Dies Radioiodexpositions-Szenarien sowie den protektiven Einfluss ware-Implementierung ermöglichen auch sehr komplexe
und die besten pharmakologischen Schutzmaßnahmen führt zu einer inneren Bestrahlung der Drüse und erhöht das pharmakologischer Interventionen erlaubt (Abb. 2). Radioiod-Expositionsszenarien sowie die protektive Wirkung
identifiziert werden können. Risiko von Funktionsstörungen und Tumoren. Durch frühzei- verschiedener Wirkstoffe und Dosierungsschemata zu simu-
tige Gabe von hohen Dosen von stabilem Iod („Schilddrüsen- Unsere Simulationen zeigen, dass bei akuter Radioiod-Expo- lieren. Auch physiologische Unterschiede in der Schilddrüsen-
blockade“) kann diese Anreicherung stark reduziert werden. sition sowohl stabiles Iod als auch Perchlorat die Radioiod- funktion aufgrund intrinsischer oder extrinsischer Faktoren,
Auch weitere Wirkstoffe (z. B. Perchlorat), die aber in offiziellen Akkumulation in der Schilddrüse um über 98 % reduzieren. wie der unterschiedlichen Iodversorgung mit der Ernährung,
Empfehlungen meist als Mittel zweiter Wahl angesehen werden Die Schutzwirkung einer Einzeldosis Iod oder Perchlorat bei können dabei berücksichtigt werden. Somit können durch
und auch nicht in allen Staaten als Arzneimittel zugelassen längerer Radiojod-Exposition ist aber eindeutig unzureichend das neue Softwaretool für den Fall von nuklearen und radio-
sind, besitzen eine protektive Wirkung. Auch wenn i. d. R. nur und wiederholte tägliche Gaben sind zum Schilddrüsenschutz logischen Großschadenslagen Planungen zu medizinischen
eine einmalige Schilddrüsenblockade empfohlen wird, haben erforderlich. Perchlorat hat bei prolongierter Radioiod-Expo- Gegenmaßnahmen effektiv und effizient unterstützt werden.
die Erfahrungen aus Chernobyl und Fukushima gezeigt, dass sition und wiederholter Gabe eine höhere protektive Wirksam-
mit prolongierter Radioiodexposition gerechnet werden muss. keit als stabiles Iod (Abb. 3).
Offizielle Empfehlungen zur pharmakologischen Schilddrüsen-
protektion in diesen Lagen sind bis heute spärlich und wenig Aufgrund einer hohen täglichen Iodaufnahme mit der Nahrung
konkret. und einer herunterregulierten Iod-Aufnahmekapazität der
Schilddrüse akkumulieren Japaner bei vergleichbarer Exposi-

Abb. 1: Prinzip des Schilddrüsenblockade-Modells durch hohe Dosen an Abb. 2: Modell von Abb. 1 implementiert mit Berkeley Madonna-­Software. Abb. 3: Protektive Wirkung von stabilem Iod oder Perchlorat bei Abb. 4: Dosis-Wirkungs-Kurven für stabiles Iod und Perchlorat, zeitgleich
­stabilem Iod mit integriertem Iodidträgermolekül in der Membran der Ausgehend von manuellem Flowcharts (links) Berechnung der entsprechenden ­ rolongierter (7 Tage) Radioiod-Exposition. Die erste Iod- oder
p verabreicht zu einer akuten Radioiod-Exposition (mit Iod-131, 700.000 Bq).
Schilddrüsenzellen (Kompetition von stabilem Iod und Radioiod beim Differentialgleichungen (rechts) und der Flüsse zwischen den Kompartimenten ­Perchlorat-Dosis wird zu Beginn der Exposition verabreicht und Ausgangspunkt der Kurven für japanische ­Patienten niedriger, aufgrund
­Transport in die Zelle) und zusätzlicher Drüsensättigung und deren Iod bzw. Radioiodgehalt im Fall repetitiver Gaben täglich alle 24 h wiederholt ­hoher tägliche Iodzufuhr mit der Nahrung
Forschungsaktivitäten 2021 108 109

RDir‘in Dr. phil. Antje Bühler Oberstarzt Dr. med. Gerd Willmund rantäne, die klare Kommunikation des Quarantäneprotokolls Soldaten verringerte. Personal, das jünger als 34 Jahre war,
Psychotraumazentrum der Bundeswehr Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Berlin Berlin und das wahrgenommene Infektionsrisiko aufgeklärt wurde. zeigte zu Quarantänebeginn eine höhere subjektive soziale
bwkrhsberlinpsychotraumazentrum@bundeswehr.org bwkrhsberlinpsychotraumazentrum@bundeswehr.org Der größte Anteil der Varianz entfiel mit 43 % auf die sozialen Unterstützung als zum Ende der i. U.. Auch hier verringerte
Normen relevanter Bezugspersonen. Der Status der psychischen sich diese auf das niedrigere, kontinuierliche Niveau des älteren
Gesundheit zu Beginn der Quarantäne wurde zu 15 % durch das Personals. Interessanterweise steigerte sich im Quarantäne-
Bestehen einer Partnerschaft, dem Bedürfnis nach Bindung / verlauf die Einheitskohäsion bei niedrigen Dienstgradgruppen,
Intimität, die Einheitskohäsion und wahrgenommene soziale während sich diese bei Offizieren nahezu unverändert dar-
Isolierte Unterbringung und Quarantäne vor dem Einsatz: Unterstützung erklärt. Zum Quarantäneende konnten bis zu stellte und bei Feldwebeldienstgraden über die Zeit abnahm.
Einfluss auf Adhärenz und psychosoziales Wohlbefinden 20 % der Varianz in der psychischen Gesundheit erklärt werden,
teilweise durch quarantäne-spezifische Faktoren: Quarantäne- Die Ergebnisse legen nahe, dass die Auseinandersetzung mit
tage vor der i. U., Alter, Kommunikation des Quarantäneproto- ­sozialen Normen wichtiger Bezugspersonen die Quarantäne­
Im Rahmen der COVID-19 Pandemie wurde durch das Psycho- Die verpflichtende Quarantäne vor, während und nach Aus- kolls, wahrgenommene soziale Unterstützung, Bedürfnis nach adhärenz fördern könnte. Forschungsarbeiten sollten die
traumazentrum der Bundeswehr eine Reihe an Forschungs- landseinsätzen dient dem Infektionsschutz des eingesetzten Bindung / Intimität und wahrgenommene Stigmatisierung langfristigen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit
projekten initiiert, die die SARS-CoV-2 spezifischen Effekte Personals der Bundeswehr (Abb. 1). In dieser Studie wurde erklärt. Psychische Gesundheit und die Adhärenz der Quaran- untersuchen, einschließlich der Auswirkungen kumulierter
auf die mentale Gesundheit aus unterschiedlichen Pers- untersucht, welche Faktoren genutzt werden könnten, um die täne korrelierten signifikant. Quarantänetage, auch unter Berücksichtigung der Quarantäne
pektiven untersuchten. Psychosoziale Auswirkungen von Quarantäneadhärenz und die psychische Gesundheit während nach dem Einsatz. Während auf das gesamte Kollektiv bezogen
Quarantäne auf das für den Auslandseinsatz vorgesehene der isolierten Unterbringung (i. U.) zu fördern. Für das Gesamtkollektiv wurden keine Unterschiede zwischen keine wesentlichen Änderungen im Verlauf festzustellen war,
Personal waren dabei von hohem Interesse. Die isolierte dem Beginn und dem Ende der i. U. gefunden, weder in Bezug zeigten Unterschiede in den Subgruppenanalysen, dass es
Unterbringung (i. U.) bezeichnet den Spezialfall der indivi- 603 Soldatinnen und Soldaten wurden zu Beginn und am Ende auf die psychische Gesundheit, noch die Quarantäneadhärenz, einem Monitoring der Belastungen, aber auch subgruppen-
duellen Quarantäne vor dem Auslandseinsatz. der i. U. anhand validierter Instrumente zu den folgenden Fak- die wahrgenommene soziale Unterstützung oder die wahrge- spezifischen Unterstützungsangeboten in der Quarantäne
toren befragt: der psychischen Symptomlast, wahrgenommener nommene Einheitskohäsion. Hingegen unterschieden sich bzw. i. U. bedarf.
sozialer Unterstützung, Einheitskohäsion, gesundheitsförderliche die Verläufe in Bezug auf die Zielvariablen für verschiedene
Führung und Quarantäneadhärenz. Die erfassten Quarantäne- Untergruppen signifikant, einschließlich Alter, Geschlecht,
assoziierten Faktoren waren wahrgenommenes Infektionsrisiko, Rang und kumulierte Tage in Quarantäne vor der i. U. (Abb. 3).
Nutzen der Quarantäne, Klarheit des Quarantäneprotokolls, So nahm mit zunehmender Anzahl von Quarantänetagen vor
Bedürfnis nach Intimität, soziale Normen, Stigma, Praktikabi- der i. U. die psychische Gesundheit im Verlauf der Quarantäne
lität der Quarantäne, finanzielle Nachteile, Langeweile sowie ab, wenn auch in geringem Maße.
gesundheitsförderliche Führung (Abb. 2).
Bei geschlechtsspezifischer Betrachtung zeigte sich, dass zu
Die schrittweise Regressionsanalyse ergab, dass 57 % der Varianz Beginn der i. U. die Quarantäneadhärenz bei Soldatinnen
der Quarantäneadhärenz mit bis zu 57 % durch soziale Normen, höher ausgeprägt war, sich aber zum Ende der i. U. auf das
Langeweile, wahrgenommenen Nutzen/Wirksamkeit der Qua- Maß der nahezu kontinuierlich niedrigeren Adhärenz der

Abb. 1: Die künftigen Kontingentangehörigen ziehen direkt nach der Landung Abb. 2: Sinnvolle Beschäftigung beugt Langeweile vor und beeinflusst Abb. 3: Unterschiedlicher Verlauf der psychischen Symptombelastung
in den Isolationsbereich des Containerdorfs ein (Mission Counter Daesh in die Quarantäneadhärenz. Im Gegensatz zur (individuellen) isolierten Unter- (Mini-SCL) in Abhängigkeit von früheren Quarantänezeiten
Al-Asrak / Jordanien) bringung vor dem Einsatz steht während der kollektiven Quarantäne im
­Einsatzland für den Kontingentwechsel ein Fitnessbereich zur Verfügung.
(hier: Counter Daesh in Al-Asrak / Jordanien)
Forschungsaktivitäten 2021 110 111

Oberstabsarzt Dr. med. Sven-Erik Sönksen Dr. med. Ulrich Limper Oberstarzt Dr. med. Oliver Erley, M. A. Oberstabsarzt Dr. med. Sven Kühn
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
Köln Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin Köln Koblenz
Köln
ZentrLuRMedLwPresse@bundeswehr.org ZentrLuRMedLwPresse@bundeswehr.org bwzkrhskoblenzpresseoffz@bundeswehr.org
contact-dlr@dlr.de

Luft- und raumfahrtmedizinisch relevante Befunde des Zentralen bedingt über einen längeren Zeitraum einem veränderten, meist fertigt sowie eine Reihe von psychometrischen Verfahren wie
­Nervensystems – Internationale Lösungsansätze für mehr Flugsicherheit reduzierten Umgebungsdruck ausgesetzt. Daraus leiteten sich dem Wiener Determinationstest gemacht.
weitere mögliche Risikogruppen ab, beispielsweise Bergsteiger
und Weltraumfahrer. Zusammen mit dem DLR wurden Untersuchungen im Projekt
Das Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Die Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT) hat einen festen „Edema Formation in the High Alps“ und darauf aufbauend
(ZentrLuRMedLw) hat im Rahmen von Kooperationsprojekten Stellenwert in der medizinischen Diagnostik und flugmedizini- Die Herausforderung für die internationale Luft- und Raum- in zwei weiteren Projekten „MyoCardioGen“ und „+30° Acute
Studien mit dem Deutschen Zentrum für Luft und Raum- schen Begutachtung. Technische Entwicklungen haben zu einer fahrtmedizin besteht in der Bewertung dieser Befunde dahin- Mountain Sickness“ durchgeführt, wobei das ZentrLuRMedLw
fahrt e. V. (DLR) und weiteren internationalen NATO-Partnern kontinuierlichen Verbesserung der Auflösung dieses bildgeben- gehend, ob die Zufallsbefunde mit funktionellen Defiziten vor allem zur Beurteilung und Auswertung der MRT-Daten-
durchgeführt. Veränderungen des Zentralen Nervensystems den Verfahrens geführt. 2013 wurde in Auswertung regelmäßiger korrelieren und wenn ja, welche Bedeutung sie für die Flug- analyse beisteuerte (Abb. 3).
wie „White Matter Hyperintensities“ sind im multizentri- MRT-Untersuchungen bestimmter Berufsgruppen der Luft- und sicherheit haben. Erschwerend kommen die kleinen Stich-
schen Ansatz statistisch aussagekräftig untersucht worden. Raumfahrt auf ebensolche Veränderungen auch bei Gesunden probenumfänge der Berufsgruppe hinzu, wohingegen für eine Diese und weitere Erkenntnisse der internationalen luft- und
hingewiesen, ohne dass ein Pathomechanismus erkennbar oder wissenschaftlich haltbare Einordnung statistisch aussagekräftige raumfahrtmedizinischen Gemeinschaft wurden in der Science
die individuellen Folgen abschätzbar gewesen wären (Abb. 1). Stichprobengrößen benötigt werden. Hier bewährt sich die and Technology Organization der NATO – Arbeitsgruppe „The
Bisher wurden solche Veränderungen unter anderem bei Schä- national wie international enge Gemeinschaft der Luft- und Impact of Hypobaric Exposure on Aviatiors and High-Altitude
delhirntraumen, Stoffwechselstörungen (Diabetes, Amyloidose) Raumfahrtmedizin. Special Operations Personnel“ (HFM-RTG-274) zusammenge-
oder degenerativen Veränderungen (Demenz) beobachtet. tragen, ausgewertet und sollen im Frühjahr 2022 veröffentlicht
Innerhalb des ZentrLuRMedLw wurde eine klinische Studie mit werden (Abb. 4).
Bekanntestes Beispiel sind die narbig-gliotische Verände- eigenem beruflich in der HKS exponiertem Personal und den
rungen der weißen Substanz, aufgrund der Lokalisation und europäischen Partnern durchgeführt. Es wurde die Prävalenz Der beständige wissenschaftliche Austausch im nationalen und
Darstellung „White Matter Hyperintensities“ (WMH) genannt. der WMH untersucht, funktionelle neurologische Testungen internationalen Kontext bildet die Grundlage für die Fähigkeit
McGuire et al. beschrieb 2013 und 2019 in den US-amerikani- inklusive der Seh- und Hörbahnen mit Auswertung von visuell zur Einordnung außergewöhnlicher luft- und raumfahrtmedi-
schen Studien diese WMH bei klinisch unauffälligen Personen und akustisch evozierten Potentialen sowie der Gleichge- zinischer Befunde und ist damit ein unverzichtbarer Beitrag
bestimmter Berufsgruppen der Luft- und Raumfahrt. Das in wichtsregulation durchgeführt. Zusätzlich wurde eine mul­ zur Flugsicherheit.
Frage stehende Personal (U2-Piloten und Innenbegleiter von tiparametrische 3-Tesla MRT-Untersuchung von Hirn und
Höhenklimasimulationskammern (HKS); Abb. 2) war berufs­ Rückenmark und eine optische Kohärenztomographie ange-

Abb. 1: MR-Übersichtssequenzen des Zentralen Nervensystems Abb. 2: Personal in Höhenklimasimulationskammern in Königsbrück Abb. 3: Untersuchung im 3-Tesla Magnetresonanztomograph Abb. 4: Wappen des Zentrums für Luft- und Raumfahrtmedizin der
des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums in Köln ­Luftwaffe, der NATO, des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums
und der Science and Technology Organization
Forschungsaktivitäten 2021 112 113

Flotillenarzt Dr. med. Sebastian Klapa Dr. rer. nat. Wataru Kähler Bente Rieger, M. Sc. Flottenarzt Prof. Dr. med. Andreas Koch Oberstabsarzt Tatjana Noy
Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine 1. Ubootgeschwader Sanitätsdienst
Kronshagen Kronshagen Kronshagen Kronshagen Eckernförde

SchiffMedInstM@bundeswehr.org SchiffMedInstM@bundeswehr.org SchiffMedInstM@bundeswehr.org SchiffMedInstM@bundeswehr.org SchiffMedInstM@bundeswehr.org

Tauchmedizinische Untersuchung auf mögliche Residuen nach Zwischenuntersuchung erneut auf Tauchtauglichkeit zu be- Schlussfolgerung: Für 39/43 Soldaten konnte mindestens vier
SARS-CoV-2 Infektion vor Wiederaufnahme des Taucherdienstes urteilen. Wochen nach Symptomfreiheit die TUKV uneingeschränkt

– Klinische Beobachtungsstudie an betroffenem Personal der Bundeswehr wieder erteilt werden. Vier Probanden (9 %) zeigten zunächst
Methode: Im Rahmen der prospektiven Beobachtungsstudie auffällige Befunde, bei zweien musste der Verdacht auf ein
Die Wiederaufnahme des dienstlichen Tauchens nach einer Hintergrund/Fragestellung: Der Taucherdienst der Bundes- wurden die Ergebnisse der Zwischenuntersuchung, die in Post-Covid-Syndrom mit Leistungsknick und /oder kardialen
Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus macht es notwendig, wehr stellt hohe Anforderungen an die Gesundheit und Leis- Ergänzung zur Regeluntersuchung (TUKV) auch eine Echo- Auffälligkeiten gestellt werden. Die TUKV-übliche apparative
den Taucher bzw. die Taucherin mit besonderer Sorgfalt zu tungsfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten. Insbesondere die kardiographie und die Bestimmung von Trop I und nt-proBNP Diagnostik (Spiro-Ergometrie, Lungenfunktion mit Diffusion)
untersuchen, gerade um mögliche Einschränkungen der Tatsache, auch bei widrigen Witterungsbedingungen Unter- umfassten, mit den jeweiligen Ergebnissen der vor der Infek- war auch hier ohne wegweisende Aussagekraft.
körperlichen Leistungsfähigkeit zu erkennen. Diese könnten wasserarbeiten durchführen zu müssen, sowie die körperlichen tion gelegenen letzten TUKV-Untersuchung verglichen.
das Gesundheitsrisiko beim Tauchen deutlich erhöhen. Im Belastungen durch schweres Tauchgerät machen es notwendig, Deshalb erscheint nach jetziger Datenlage eine genaue Anam-
Rahmen einer klinischen Beobachtungsstudie werden die dass der Taucher in guter körperlicher Verfassung ist, um Ergebnisse: Es wurden bis 09/2021 43 Soldaten untersucht, nese gerade des Krankheitsverlaufes mit Erfassung der aktuellen
Taucher und Taucherinnen der Marine im Rahmen einer vermeidbare Gesundheitsgefährdungen zu minimieren. Altersdurchschnitt 34 Jahre. Es wurden 11 asymptomatische Befindlichkeit zielführender als Standarddiagnostik hinsichtlich
erweiterten Zwischenuntersuchung mit ihrem individuellen und 30 mild symptomatische ambulante Verläufe dokumen- Lungenfunktion und Leistungsfähigkeit. Neben der genauen
und dokumentierten Gesundheitszustand vor der Infektion Die derzeitige pandemische Corona-Lage hat in den letzten tiert, in 2 Fällen kurzfristige Hospitalisation für wenige Tage. Anamnese sollten das EKG, die Echokardiographie, ggf. spezielles
verglichen. Monaten auch zu Infektionen bei Tauchern geführt, so dass 39 Probanden konnte die uneingeschränkte Tauchtauglichkeit Labor und mögliche weiterführende Diagnostik gezielt zum
deren Rückkehr in den Taucherdienst nach der Erkrankung bescheinigt werden, 2 Probanden mussten vorübergehend Einsatz kommen.
einer besonderen Beachtung bedarf. als nicht uneingeschränkt tauchtauglich eingestuft werden.
2 Probanden mit dringendem Verdacht auf Long-Covid-Syn- Auch wenn bei jüngeren Menschen die SARS-CoV-2 Infektion
Die SARS-CoV-2 Infektion kann auch bei jüngeren Menschen drom konnte keine TUKV erteilt werden. vornehmlich deutlich weniger schwer verläuft als bei Älteren,
mit gesundheitlichen Residuen einhergehen, die als direkte so ist doch ein besonderes Augenmerk auf das Auftreten eines
Folgen der Akutinfektion auftreten können oder auch als eine Für Parameter der Lungenfunktion, Diffusionskapazität und Post-Covid-Syndroms zu legen, da es offensichtlich auch in
vermutete „Nach“-Erkrankung, das sogenannte „Post-Covid- individuelle Leistung in der Ergo-Spirometrie (PWCmax und dieser besonders leistungsbereiten Gruppe auftritt und eine
Syndrom“. Es wurde deshalb innerhalb der Marine entschieden, VO2max) ergaben sich durchgehend Leistungswerte wie vor Erteilung der Tauchtauglichkeit dann in der Regel nicht zulässt.
Soldaten mit Zustand nach nachgewiesener SARS-CoV-2 Infek- der Infektion.
tion vor Wiederaufnahme des Tauchdienstes im Rahmen einer

Abb. 1: Echokardiographie im Rahmen der erweiterten Abb. 2: Spiro-Ergometrie in der TUKV-Abteilung Abb. 3: VO2max-Werte [ml/(kg*min)] in der Spiro-Ergometrie
Covid-Nachuntersuchung des SchiffMedInstM der untersuchten Soldaten vor und nach SARS-Cov2-Infektion;
farblich markiert die Daten der auffälligen Soldaten
Forschungsaktivitäten 2021 114 115

Oberfeldarzt Dr. med. Maximilian Schreiner Oberstabsarzt Dr. med. Christian Zobel bereits in der Notaufnahme nach Bestimmung eines oder Es gibt bislang wenig herstellerunabhängige Daten, die diese
Bundeswehrkrankenhaus Berlin Bundeswehrkrankenhaus Berlin
Berlin Berlin mehrerer dieser Marker aus dem Blut vorhergesagt werden Tests gegeneinander vergleichen, um das optimale Testverfahren
BwKrhsBerlin@bundeswehr.org BwKrhsBerlin@bundeswehr.org kann, sodass die entsprechenden Patienten dann besonders ermitteln zu können. Hierfür wurden in einem zweiten Teil
­intensiv beobachtet werden können. dieser Studie SARS-CoV-2 Antikörper im Zeitverlauf des statio-
nären Aufenthalts mit verschiedenen kommerziell erhältlichen
Insgesamt konnten an den vier Testzentren Blutproben und Tests bestimmt. Diese Antikörperdaten wurden zusätzlich mit
Daten von über 120 Patienten ausgewertet werden (Abb. 2). einer experimentellen Methode zur SARS-CoV-2-Antikörper-
Identifikation von prädiktiven Biomarkern für den schweren Verlauf Nach einer Vortestung aller Biomarker an den ersten Studien- Bestimmung des Robert-Koch-Instituts verglichen, die mit einer
einer COVID-19 Erkrankung patienten wurden schließlich neun vielversprechende Faktoren besonders geringen Menge an Blut auskommt. Falls diese neue
ausgewählt, die in den Blutproben aller Patienten getestet Methode dieselbe Aussagekraft wie die herkömmlichen Anti-
wurden. Nach der statistischen Auswertung konnten zwei körper-Tests besitzt, könnten vergleichbare Informationen
An den Bundeswehrkrankenhäusern Berlin, Hamburg und Die COVID-19 Pandemie belastet das Gesundheitswesen in Biomarker identifiziert werden (einer mit einer bekannten bereits aus geringeren Mengen Blut erhalten werden.
Westerstede sowie am Bundeswehrzentralkrankenhaus Deutschland und vielen anderen Ländern erheblich. Um Rolle bei viralen Erkrankungen und einer bei chronischen
Koblenz wurde die einzige prospektive Multicenter-Studie Krankenhäuser zu entlasten, wäre es wichtig, besonders gefähr- Lungenerkrankungen), die möglicherweise einen schweren
der Bundeswehr zu COVID-19 durchgeführt. In Blutproben dete Patienten möglichst frühzeitig zu identifizieren, um alle COVID-19 Verlauf vorhersagen können. Die Publikation der
von über 120 Patientinnen und Patienten wurden herkömm- anderen vorzugsweise ambulant zu behandeln. Die Klinik I Ergebnisse ist in Vorbereitung. Mittelfristiges Ziel ist die Eta­
liche und experimentelle Parameter gemessen, mit dem am Bundeswehrkrankenhaus Berlin hat zu dieser Fragestellung blierung eines dieser beiden Parameter im Routinelabor der
Ziel, einen schweren Verlauf einer COVID-19 Erkrankung die erste und bislang einzige Multicenter-Studie der Bundes- Bundeswehrkrankenhäuser.
vorhersagen zu können. wehr zu COVID-19 initiiert. Im Rahmen eines wehrmedizini-
schen Sonderforschungsprojektes führten wir eine prospektive Darüber hinaus wurden für jeden COVID-19-Patienten die
Beobachtungsstudie an hospitalisierten COVID-19-Patienten Daten des Routinelabors einschließlich Entzündungswerte,
an den Bw(Z)Krhs in Berlin, Hamburg, Koblenz und Westerstede Nierenfunktionsparameter und Herzenzyme erfasst. Im Ver-
durch (Abb. 1). Auch das Robert-Koch-Institut war als Koope- lauf des stationären Aufenthalts der Patienten akkumulierten
rationspartner an dieser Studie beteiligt. so im Durchschnitt mehr als 100 einzelne Datenpunkte, die
mit Hilfe von Big Data-Methoden voraussichtlich statistische
Hauptziel der Studie war die Identifikation von Biomarkern im Korrelationen mit der Erkrankungsschwere und auf diese Weise
Blut, die den schweren Verlauf einer COVID-19 Erkrankung weitere Aussagen zum Verlauf der COVID-19-Erkrankung
mit Beatmungspflichtigkeit frühzeitig vorhersagen können. erlauben werden.
Nach einer Literaturrecherche wurden bis zu 21 Biomarker als
vielversprechend identifiziert, die eine Rolle bei Entzündungs- Als Reaktion auf eine COVID-19 Erkrankung werden Anti-
prozessen, viralen Erkrankungen oder Lungenversagen spielen. körper gegen SARS-CoV-2 gebildet (Abb. 3). Diese können mit
Unsere Hypothese lautete, dass ein schwerer COVID-19 Verlauf mehreren kommerziell erhältlichen Tests gemessen werden.

Abb. 1: Schematischer Ablauf der COVID-Studie des BwKrhs Berlin; Abb. 2: Mehr als 120 Blutproben von Patienten mit COVID-19 Abb. 3: SARS-CoV-2 Viren führen im Körper oftmals zu mehr als
das vollständige Studienprotokoll ist im Deutschen Register Klinischer wurden im Rahmen der Studie auf Biomarker untersucht, nur einer Atemwegserkrankung. Das Virus kann ebenfalls Gewebe
Studien prospektiv registriert (Quelle: www.drks.de; Studien-ID: die bei Entzündungsprozessen, viralen Erkrankungen oder außerhalb der Lunge infizieren – zum Teil mit verheerenden Folgen
DRKS00021591) Lungenversagen eine wesentliche Rolle spielen
Forschungsaktivitäten 2021 116 117

OFArzt Dr. med. Heinrich Weßling, M. A. OStArzt Dr. med. Sven Duda OStArzt Lisa Meyer KptLt Sascha Hartig, M. Sc.
Bundeswehrkrankenhaus Westerstede Bundeswehrkrankenhaus Westerstede Bundeswehrkrankenhaus Westerstede Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg
Westerstede Westerstede Westerstede Hamburg

BwKrhsWesterstede@bundeswehr.org BwKrhsWesterstede@bundeswehr.org BwKrhsWesterstede@bundeswehr.org Forschungsbuero@hsu-hh.de

Die Entwicklung und Anwendung eines 3D-Druckverfahren nutzenden Bei diesem Workshop wurden den Teilnehmern Schädel­ werden, dass sich tatsächlich ein nicht unerheblicher Übungs-
­Ausbildungsmoduls zur Trepanationsplanung modelle präsentiert, die jeweils verschiedene, traumabedingte effekt schon nach wenigen Durchgängen einstellt.
und operationsbedürftige pathologische Veränderungen
enthielten. Diese Schädelmodelle wurden anhand von Com- Erste Ergebnisse der Auswertung des Pilot-Workshops zur
Ein Ausbildungsmodul zur Trepanationsplanung anhand auf Die 3D-Drucktechnologie findet allgemein in den chirurgi- putertomografien hergestellt, die bei der Notfallversorgung Trepanationsplanung konnten bereits international publiziert
Computertomographien realer schwer Schädel-Hirn-verletz- schen Disziplinen zunehmend Anwendung. Seit 2018 widmet tatsächlicher Schädel-Hirn-Trauma Patienten angefertigt werden.
ter Patientinnen und Patienten basierender 3D-gedruckter sich im Bundeswehrkrankenhaus Westerstede die AG „3D-Druck wurden. Zusätzlich zu den Schädelmodellen konnten die Teil-
Schädelmodelle wurde entwickelt und in Form eines Work- in der Neurochirurgie“ in enger Kooperation mit dem Labor nehmer dann die entsprechenden Computertomografien Perspektivisch ist die Fortentwicklung der Schädelmodelle
shops für Sanitätsoffiziere in Fachweiterbildung erfolgreich für Fertigungstechnik der Ingenieurwissenschaftlichen Fakul- einsehen (Abb. 1). Die einzuübende Fähigkeit bestand darin, zu einer immer größeren Detailgenauigkeit hinsichtlich ana-
getestet. tät der Universität der Bundeswehr Hamburg der Erforschung aus den Computertomografien den bestmöglichen chirurgi- tomischer intrakranieller Strukturen geplant. So wurden die
von neurochirurgischen Anwendungen dieser Technologie im schen Zugang zu der Läsion zu entnehmen und dann die Schädelmodelle probatorisch mit weiteren anatomisch wich-
Bereich der Ausbildung sowie auch der der Operationsvorbe- Zugangsplanung auf der Schädeloberfläche einzuzeichnen, tigen Elementen ausgestattet, wie z. B. den großen venösen
reitung und der Anfertigung von Implan­taten. ähnlich wie dies in der tatsächlichen neurochirurgischen Sinus. Dies ist ein weiterer wesentlicher Fortschritt in der Simu-
Praxis geschieht. lationstechnik, da die Einübung der Berücksichtigung dieser
Unter dem Titel „Trepanationsplanung an patientenspezifi- Strukturen die Patientensicherheit weiter erhöht.
schen, per 3D-Druck hergestellten Schädelmodellen“ wurde Nach Beendigung dieser Aufgabe konnte dann eine unmittel-
ein Workshop mit Sanitätsoffizieren in Weiterbildung durch- bare Erfolgskontrolle durchgeführt werden, da die Schädel-
geführt, der bei den Teilnehmern auf sehr gute Resonanz stieß, modelle von innen beleuchtet sind. (Abb. 2) Bei eingeschaltetem
und der nachwies, dass die Simulation von Trepanationen Licht projiziert sich die Läsion auf die transparente 3D gedruckte
mithilfe 3D-gedruckter Schädelmodelle eine sehr nützliche, Schädeloberfläche, sodass sofort festgestellt werden kann,
kostengünstige und effektive Methode ist, auch schwierige ob der geplante chirurgische Zugang tatsächlich auf die Läsion
Techniken einzuüben, insbesondere für das sehr einsatzrele- hinführen würde. (Abb. 3) Da dies vom gleichen Teilnehmer
vante Gebiet der Versorgung schwerer Schädel-Hirn-Traumen. jeweils in mehreren Durchgängen mit mehreren verschiedenen
Schädelmodellen geübt werden konnte, konnte aus den Ergeb-
nissen der Auswertung der Teilnehmerleistungen entnommen

Abb. 1: Arbeitsplatz mit Schädelmodell und Computertomographie Abb. 2: Von innen beleuchtetes Schädelmodell mit dadurch Abb. 3: Erfolgskontrolle und Rücksprache mit Lehrperson
sichtbar gewordener Läsion
Forschungsaktivitäten 2021 118 119

Oberstabsarzt Dr. med. Patrick Hoth Oberfeldarzt PD Dr. med. habil. Gerhard Achatz Oberfeldarzt PD Dr. med. habil. Dan Bieler Oberfeldarzt Prof. Dr. med. Axel Franke Oberstarzt Prof. Dr. med. Benedikt Dieter Friemert Prof. Dr. Marko Hofmann
Bundeswehrkrankenhaus Ulm Bundeswehrkrankenhaus Ulm Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Bundeswehrkrankenhaus Ulm Universität der Bundeswehr München
Ulm Ulm Koblenz Koblenz Ulm Neubiberg

BwKrhsUlm@bundeswehr.org BwKrhsUlm@bundeswehr.org BwZKrhsKoblenz@bundeswehr.org BwZKrhsKoblenz@bundeswehr.org BwKrhsUlm@bundeswehr.org info@unibw.de

Der „Terror and Disaster Surgical Care“-Kurs (TDSC®) Diese Merkmale sind: mit Patientenkarten (Abb. 2) und einem Codebook, das die
– Komplexe und dynamische Lagen, z. B. durch Second-Hit- Spieler durch die verschiedenen Szenarien leitet (Abb. 3),
Anschläge und ungelenkte Zuströme von Verwundeten abgebildet.
– Essenzielle Bedeutung der Kooperation mit Sicherheits­
Das Konzept des „Terror and Disaster Surgical Care“-Kurses Die sich wandelnde globale Sicherheitslage seit den Terroran- behörden in Krisenstäben und am Einsatzort Die Weiterentwicklung des Spielkonzeptes zielt vor allem auf das
umfasst ein simulationsbasiertes Entscheidungstraining bei schlägen vom 11. September 2001 sowie die jüngsten terroristi- – Hohe Bedeutung des Selbstschutzes und eines robusten Thema „Digitalisierung“ ab. Dazu sollen schrittweise sämtliche
TerrorMANV-Lagen (Massenanfall von Verletzten bei lebens- schen Anschläge in Europa und Deutschland haben das Thema Krankenhausalarm- und Einsatzplanes Spielelemente in eine digitale Form überführt werden, um in
bedrohlichen Lagen). Im Rahmen des Forschungsverbundes „Sicherheit“ in deutschen Kliniken als kritische Infrastruktur – Penetrierende Verletzungen, insbesondere durch Schuss- Zukunft eine bessere Vernetzung der Spieler zu ermöglichen,
Süd mit der UniBw München wird die Digitalisierung des zunehmend in den Fokus gerückt. und Explosionsverletzungen z. B. von Kliniken innerhalb eines Traumanetzwerkes.
Kurses methodisch-didaktisch als auch wissenschaftlich – Kritische Blutungen durch Extremitäten- und Körper­
vorangetrieben. Zukünftige Projekte sollen die Vernetzung Diese veränderte Lage hat in der Folge zu einer engen Koope- höhlenverletzungen. Ein weiterer Entwicklungsmeilenstein könnte die Portierung
von Kliniken in der Bewältigung von TerrorMANV-Lagen ration zwischen der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie der Benutzeroberfläche des zukünftigen digitalisierten Spiels
verbessern. (DGU) und dem Sanitätsdienst der Bundeswehr geführt. Inhaltlich umfasst der TDSC®-Kurs über zweieinhalb Tage zum Personal- und Ressourcenmanagement für sanitäts-
Präsentationen durch Instruktoren auf Expertenniveau dienstliche Behandlungseinrichtungen bei MANV in den
Resul­tie­rend aus dieser Kooperation entwickelte die bereits im aus verschiedenen chirurgischen sowie anästhesiologischen Einsatzgebieten der Bundeswehr sein. Auch in der zivilen
Jahre 2013 ins Leben gerufene Arbeitsgemeinschaft für Einsatz-, Fachgebieten, interaktive Diskussionen, Fallbesprechungen Katastrophenmedizin kann diese Oberfläche für NGOs (Nicht-
Katastrophen- und Taktische Chirurgie der DGU (AG EKTC) sowie ein brettgestütztes Simulationsspiel zum Training der regierungsorganisationen) ein nützliches Tool sein.
ein Konzept zur Umsetzung eines Simulationstrainings für Entscheidungsfindung bei TerrorMANV-Lagen.
Terrorlagen. Auch die Stressforschung könnte bei der Bewältigung der
Die Spieler sind hierbei gezwungen, Entscheidungen auf me- Spielszenarien ihren Einsatz finden und hieraus Erkenntnisse
Terrorlagen sind durch besondere Merkmale charakterisiert dizinischer, taktischer und organisatorischer Basis sowie auf für die zukünftige Einsatzausbildung von Sanitätspersonal
und weisen dadurch wesentliche Unterschiede zum normalen der Grundlage von unterschiedlichen personellen Ressourcen gewonnen werden.
Massenanfall von Verletzten (MANV vs. TerrorMANV) und zu und Behandlungskapazitäten zu treffen, um ihre Kompetenz
den im Alltag häufigen und bekannten schweren Verletzungen zur Bewältigung solch bedrohlicher Einsatzlagen zu steigern.
(z. B. Polytrauma nach Verkehrsunfall) auf. Diese Entscheidungen werden auf einem Spielbrett (Abb. 1)

Abb. 1: Darstellung einer Patientenkarte auf dem Spielbrett des TDSC® (Terror, Disaster and Abb. 2: Darstellung des Spielbrettes zum TDSC®(Terror, Disaster and Abb. 3: Darstellung einer Spielsituation aus einem TDSC-Kurs
Surgical Care)-Kurses. Die Patientenkarte simuliert einen Patienten im Spiel einschließlich Surgical Care)-Kurs als Abbild einer Klinikstruktur mit den verschiedenen unter Nutzung sowohl des elektronischen Codebooks auf einem
des Verletzungsmusters, sowie der Therapieform ­Behandlungsbereichen sowie den zugehörigen Patientenkarten Tablet als auch des konventionellen Codebooks in Papierform
Forschungsaktivitäten 2021 120 121

Oberfeldarzt Professor (APL) Dr. med. Hagen Frickmann (Abb. 1). Hier konnte ein hoch empfindlicher PCR-Nachweis Die Bereitstellung von Residualstuhlproben von HIV-Patientin-
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg
Außenstelle am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin einer Kinetoplastennukleinsäure-Sequenz selbst aus Serum nen und -Patienten aus dem ghanaischen Hochprävalenzgebiet
Hamburg
demonstriert werden. Ferner ließ sich, nach vielversprechenden seitens des Bernhard-Nocht-Instituts ermöglichte ferner die
BwKrhsHamburg@bundeswehr.org
Ergebnissen mit Serumproben von Reiserückkehrer(inne)n Evaluation von PCR-Assays für Darmparasiten, die vor allem
und Migrantinnen und Migranten, auch eine sehr sensitive bei immunsupprimierten Patientinnen und Patienten, wie sie
Detektion hochrepetitiver Elemente der DNA afrikanischer etwa im Rahmen von tropischen Einsätzen mit humanitärer
Schistosomen im Serum von Einwohnerinnen madagassischer Zielsetzung mit dem Sanitätsdienst in Berührung kommen
Erweiterte Evaluation molekularer Diagnostikverfahren Hochendemiegebiete zeigen. Interessanterweise waren ver- könnten, differenzialdiagnostisch eine Rolle spielen. Dazu gehör-
für tropische Parasitenerkrankungen gleichbare Analysen mit Serumproben laotischer Patientinnen ten etwa Kokzidien wie Cryptosporidium spp. und Cystoisospora
und Patienten, die mit asiatischen Schistosomenarten infiziert belli. Insbesondere für erstgenannte Erreger gelang der Nachweis
waren und deren Residualproben vom Baseler Tropeninstitut durchaus heterogener diagnostischer Zuverlässigkeit häufig
Im Jahresbericht 2020 wurde der Beginn der Evaluation Wie bereits im Jahresbericht 2020 in Aussicht gestellt, wurde zur Verfügung gestellt wurden, deutlich weniger empfindlich, gewählter Zielgene, was die beobachtete Diskordanz beim
molekularer Diagnostik zum Nachweis infektiöser Parasiten im Berichtszeitraum die vergleichende Evaluation molekular- was Raum für weitere Optimierungen lässt. Vergleich der Assays unterschiedlicher Herstellerfirmen in
in humanen Proben vorgestellt. Inzwischen wurden die biologischer Diagnostikverfahren zum Nachweis humaner Teilen miterklären könnte. Auch Assays für Mikrosporidien, die
Untersuchungen vom Spektrum her erweitert, um in Vorbe- Parasiteninfektionen in teils multinationalen Kooperationen Weitergeführt wurden auch die Untersuchungen zum moleku- phylogenetisch den Pilzen zugeordnet werden, aber Parasiten-
reitung der Verordnung (EU) 2017/746 ein breites Portfolio weiter forciert, um in enger Kooperation mit dem deutschen laren Nachweis von Darmparasiten, wobei sowohl Protozoen eigenschaften aufweisen, zeigten teils deutliche Unterschiede
an Assays für Rückkehrer aus tropischen Einsatzgebieten Nationalen Referenzzentrum für tropische Infektionserreger als auch Helminthen (Abb. 2 und 3) im Fokus standen. Verglei- hinsichtlich der Akkuratheit ihrer Ergebnisse.
auf diagnostische Akkuratheit zu charakterisieren. Bernhard Nocht Institut für Tropenmedizin Hamburg zur Vor- chende Untersuchungen mehrerer Multiplex-PCR-Panels
bereitung der Verordnung (EU) 2017/746 („CE-IVD“-Richtlinie) verschiedener europäischer Hersteller und In-house-Assays
ein möglichst breites Portfolio an tropen-mikrobiologischer zeigten vergleichbare diagnostische Akkuratheit bei meist ak-
Spezialdiagnostik zum Erregerdirektnachweis aus humanen zeptabler Konkordanz der mit Residualproben von Studien-
diagnostischen Proben hinsichtlich seiner diagnostischen kollektiven und Tropenrückkehrenden erhobenen Ergebnisse,
Zuverlässigkeit beurteilen zu können. wobei die Zusammensetzung der verschiedenen Assays teils
etwas variierte. Eine Untersuchung zum Vergleich von Stan-
Unter Beachtung sowohl der quantitativen Bedeutung als dard- und robusteren Nukleinsäure-Extraktionsverfahren für
auch der klinischen Schwere wichtiger tropischer Parasitosen den Nachweis von Helminthen-DNA in Stuhlproben zeigte
kommt der Malaria eine besondere Bedeutung zu, wobei neben heterogene Resultate mit allenfalls einer Tendenz für eine
dem Assay-Vergleich auch die Mitbetrachtung präanalytischer höhere Empfindlichkeit bei Anwendung harscherer Extrak-
Einflüsse im Fokus des wissenschaftlichen Interesses steht. tionsprotokolle, was im Widerspruch zu vorausgegangenen
Eine weitere systemische Parasitose, deren molekularer Nach- Untersuchungen steht. Dies galt sowohl für speziesspezifische
weis in Blutproben evaluiert wurde, war die Kala Azar, die Helminthen-PCRs als auch für gruppenübergreifende Kon-
viszerale Form der humanen Infektion durch Leishmanien sensus-Assays.

Abb. 1: Leishmania spp. (promastigotes Stadium) Abb. 2: Schistosomeneier in enteralem Gewebe Abb. 3: Hakenwurm
Forschungsaktivitäten 2021 122 123

Flotillenarzt Dr. med. Christoph Jänig Oberstarzt Dr. med. Willi Schmidbauer Oberstarzt Prof. Dr. med. Robert Schwab Apl. Prof. Dr. Marko Hofmann
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Universität der Bundeswehr München
Koblenz Koblenz Koblenz Institut für Technische Informatik
München
BwZKrhsKoblenzKlinikXAnaesthesiologie@bundeswehr.org BwZKrhsKoblenzKlinikXAnaesthesiologie@bundeswehr.org BwZKrhsKoblenzKlinikIIKlinischerDirektor@bundeswehr.org
info@unibw.de

Der digitale Weg des Verwundeten – Künstliche Intelligenz Koblenz, IT-Spezialisten der Universität der Bundeswehr ASSISTIEREN: Die Disposition zahlreicher mobiler Sanitäts-
im Dienst der Patientenversorgung München und des Planungsamtes der Bundeswehr leistet einheiten und die optimale Auslastung aller zur Verfügung
hierzu einen Beitrag. stehenden Ressourcen ist eine große operative Aufgabe. Ein
Arbeitspaket des Forschungsprojektes beschäftigt sich explizit
Die Landes- und Bündnisverteidigung steht derzeit im Die Sanitätsdienste der Streitkräfte stehen bei den Szenarien DETEKTIEREN: Das Projekt Human Performance Enhance- mit der Patiententransportlogistik, um den richtigen Patienten
­Fokus der militärischen Zukunftsplanung. Kernelement der Landes- und Bündnisverteidigung vor großen Herausfor- ment – Smart Textiles and Augmented Reality (HPE-STAR) mit dem richtigen Rettungsmittel über den richtigen Trans-
der medizinischen Vorbereitungen ist die Versorgung von derungen. Hauptaufgaben sind die adäquate Behandlung ver- unterstützt durch Sensortechnik in smarten Textilien die Er- portweg zur richtigen Behandlungseinrichtung zu verbringen.
ca. 1000 Verwundeten am Tag. Dies stellt einen hohen logis­ wundeter Soldatinnen und Soldaten sowie die Erhaltung der kennung von Erschöpfungszuständen von Soldatinnen und KI kann hierbei unterstützen, die große Flut an eingehenden
tischen Aufwand und eine hohe Arbeitsbelastung für das Kampfkraft durch Prävention und eine schnelle Wiederein- Soldaten (s. Abb. 2 und 3). Zukünftig soll die Detektierung von Daten zu prozessieren und automatisch Dispositionsvorschläge
Fachpersonal entlang der einzelnen Versorgungsebenen gliederung versorgter Patienten in ihre Kampfverbände. Die Blut auch die Früherkennung lebensbedrohlicher Blutungen zu unterbreiten.
dar. Künstliche Intelligenz (KI) kann hierbei ein wertvoller Verantwortlichen müssen stets in der Lage sein, ein aktuelles ermöglichen.
Partner sein. Lagebild über die Anzahl Verwundeter und die Auslastung DYNAMISIEREN: Der Zustand eines Verwundeten kann je nach
medizinischer Versorgungseinrichtungen an die Führung PRIORISIEREN: Ein weiterer Aspekt der Forschung ist die Verletzungsschwere entlang der Zeitachse eine hohe Dynamik
weitergeben zu können. Etablierung einer KI, welche aus prozessierten Biosensordaten aufweisen. Initial getroffene Transport- und Behandlungsent-
(Vitalparametern) die Priorisierung (= Triageentscheidung) scheidungen können dadurch aufgrund veränderter Voraus-
Kernelemente dieser Arbeiten lassen sich in den Schlagworten durch das medizinische Personal unterstützen kann. setzungen einer Anpassung bedürfen. Ebenso unterliegen die
DETEKTIEREN – PRIORISIEREN – VISUALISIEREN – ASSIS- Frontlinien in hochmobilen Gefechten einer Dynamik, welche
TIEREN – DYNAMISIEREN zusammenfassen. VISUALISIEREN: Die grafische Echtzeit-Darstellung der sani- z. B. den Transportweg oder das Transportziel des Verwundeten
Eine KI-gestützte IT-Infrastruktur ist in der Lage, diese Prozesse tätsdienstlichen Lage, z. B. des Standortes mobiler Einheiten, entscheidend beeinflussen kann. Die Integration KI-assistierter
zu unterstützen und so die Leistungsfähigkeit des Sanitäts- der Anzahl und Kategorie Verwundeter am Point of Interest Transportlogistik, einer geographischen Lagedarstellung in
dienstes zu steigern. Die Entwicklung einer gemeinsamen sowie der Auslastung im Operationsgebiet zur Verfügung Echtzeit und der Abschätzung der Verletzungsschwere anhand
IT-Architektur zur Vernetzung aller Teilbereiche (Abb. 1) ist das stehender medizinischer Behandlungseinrichtungen ist ein von Biosensordaten können im Verbund nach entsprechender
Zukunftsthema der digitalen Forschung für einen effizienten Kernelement zur Lenkung der Verwundetenströme und ein Verarbeitung dazu beitragen, nicht nur den Weg des Verwunde-
Sanitätsdienst. Die im Jahr 2021 gestartete wissenschaftliche unverzichtbarer Bestandteil zur Operationsführung (s. Abb. 4). ten, sondern auch die Behandlung des Patienten entscheidend
Initiative von Medizinern des Bundeswehrzentralkrankenhauses zu beeinflussen.

Abb. 1: Schematische Darstellung der vernetzten Informationserfassung und Abb. 2: Beispiel einer smarten Textilie mit Abb. 3: Visualisierung des individuellen medizinischen Status Abb. 4: Visualisierung der taktischen Lage
-verarbeitung mittels einer gemeinsamen IT-Architektur zur Digitalisierung Sensortechnik zur Erfassung relevanter (Quelle: Fraunhofer FKIE) (Quelle: Fraunhofer FKIE)
des Verwundetenweges Vitalparameter (Quelle: WIWeB)
Forschungsaktivitäten 2021 124 125

ORR'in PD Dr. Johanna Abendroth 7.) Hinweise zu vorhandenen Bewältigungsmechanismen nach z. B. keine bedeutsame Beeinträchtigung während der Verlaufs-
Streitkräfteamt
Dezernat Militärpsychologische Forschung Belastung. messung in Bezug auf Resilienz und Kohärenzgefühl. Die Werte
Hamburg
dieser Komponenten lagen im Mittel zu allen drei Messzeit-
SKAAbtPersGdsFordGrpMilPsych-ForschgDez3MilPsychFg@bundeswehr.org
Die Testpsychologie PsychFit wird als Bestandteil der Erfas- punkten im durchschnittlichen Normwertebereich. Die Ver-
sung der Psychischen Fitness immer auf freiwilliger Basis mit laufsmessung zeigte jedoch einen signifikanten Anstieg der
Einverständnis der Soldatin oder des Soldaten durchgeführt. depressiven und somatischen Symptomatik in den überdurch-
Die Berichtsseiten (Abb. 2) enthalten neben wesentlichen In- schnittlichen Normwertebereich zu t2 im Vergleich zu den
Die Testpsychologie Psychische Fitness im Psychologischen Dienst formationen zur Person und dem Testzeitpunkt ausführliche durchschnittlichen Normwerten der anderen Messzeitpunkte.
der Bundeswehr Informationen zu allen durch die Testpsychologie PsychFit Die Werte der depressiven sowie somatischen Symptomatik
erfassten Komponenten. Hierfür werden zur Auswertung sanken zu t3 signifikant auf das durchschnittliche Ausgangs-
automatisch Textbausteine in die Berichtsseiten eingefügt, niveau von t1 zurück, d. h. die beobachteten Beeinträchtigungen
Als Teil der Erfassung der Psychischen Fitness erfolgt die Der Dienst bei der Bundeswehr kann belastende Situationen die neben einer allgemeinverständlichen Beschreibung der scheinen vorübergehender Natur zu sein. Auch fanden sich
computerbasierte Testpsychologie PsychFit freiwillig und für den Einzelnen im Grundbetrieb wie auch im Einsatz mit jeweiligen Komponente auch standardisierte Rückmeldung Hinweise auf eine Veränderung der Art potenzieller Belastungen
mit Einverständnis. Es werden sieben Komponenten der sich bringen, die die Psychische Fitness beeinträchtigen können. zum individuellen Abschneiden der Soldatinnen und Soldaten von t1 zu t2 (Abb. 3). Damit liefert PsychFit-M empirische
Psychischen Fitness erhoben, die wesentlich dafür sind, Mit dem computerbasierten Fragebogenverfahren Testpsycho- auf der jeweiligen Komponente sowie zum Prozentrang geben. Kenntnisse über den Verlauf unterschiedlicher Indikatoren
dass Soldatinnen und Soldaten belastende Situationen logie Psychische Fitness (Testpsychologie PsychFit) bietet der der Psychischen Fitness auf See, die zur Führungsberatung
psychisch bewältigen können. Die automatisierte Rück­ Psychologische Dienst der Bundeswehr ein zielgruppenorien- Neben der computerbasierten Erfassung zur Einzelberatung genutzt werden können.
meldung zu den Komponenten kann für die Beratung tiertes Verfahren zur Erfassung unterschiedlicher Komponenten kann die Testpsychologie PsychFit auch zur Führungsberatung
­verwendet werden. der Psychischen Fitness an. Der Grad der Psychischen Fitness im Rahmen pseudonymisierter Quer- oder Längsschnittstudien
hängt neben den allgemein angeeigneten militärischen Grund- eingesetzt werden, die keinerlei Aussagen zu den Werten ein-
fertigkeiten und der soldatischen Professionalität auch von zelner Personen erlauben. Exemplarisch seien die Ergebnisse
einer Kombination von Verhaltensweisen, Merkmalen und der Studie PsychFit-M zusammengefasst. Die Studie PsychFit-M
Ressourcen ab, die die Soldatinnen und Soldaten befähigen, fand als empirische Verlaufsmessung während eines Auslands­
einen militärischen Einsatz oder stark belastende Dienstsitua- einsatzes der Fregatte BRANDENBURG zu drei Messzeitpunk-
tionen psychisch gesund bewältigen zu können. ten (t1, t2 und t3) mit der pseudonymisierten Testpsychologie
PsychFit im Zeitraum Oktober 2020 bis April 2021 statt (N = 229;
Dabei nutzt die Testpsychologie PsychFit wissenschaftliche nt1 = 93, nt2 = 70, nt3 = 66; nt1t2t3 = 24). Eingebettet in die
Testverfahren und erfasst sieben Komponenten der Psychi- allgemeinen Rahmenbedingungen des Auslandseinsatzes und
schen Fitness (Abb. 1): mit den Besonderheiten aufgrund der Pandemiesituation legen
1.) Resilienz, 2.) Kohärenzgefühl, 3.) somatische Symptome, die Befunde der Studie ein differenziertes Bild in Bezug auf
4.) depressive Symptome, 5.) Hinweise über eventuelle Suizid- die Veränderung der erfassten Komponenten der Psychischen
gedanken, 6.) Hinweise zu aktuellen Belastungen und Fitness über den Marineeinsatz hinweg nahe. So zeigte sich

Abb. 1: In der Testpsychologie Psychische Fitness erfasste Komponenten Abb. 2: Ergebnisberichtseite der Abb. 3: Deskriptiver Querschnitt zu den Hinweisen zu aktuellen Belastungen (PHQ-10) der Studie PsychFit-M. Grau dargestellt ist der Prozentsatz an Anworten
der Psychischen Fitness Testpsychologie Psychische Fitness in der Antwortkategorie 1 = nicht beeinträchtigt. Hellgelb markiert ist der Prozentsatz an Antworten in der Antwortkategorie 2 = wenig beeinträchtigt und rosa
(Auszug mit fiktiven Werten) markiert ist der Prozentsatz an Antworten in der Antwortkategorie 3 = stark beeinträchtigt. Dunkelgelb markierte Bereiche stellen eine Zunahme leichter
Belastungen mit ≥ 5 % und rot markierte Bereiche stellen eine Zunahme starker Belastungen mit ≥ 5 % zwischen zwei benachbarten Messzeitpunkten dar
127

3
Militärgeschichtliche und
Sozialwissenschaftliche Forschung
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften Das ZMSBw leistet einen Beitrag zum Verständnis der Rolle
der Bundeswehr (ZMSBw) betreibt militärgeschichtliche und von Streitkräften in einer pluralistischen Gesellschaft. In der
sozialwissenschaftliche Forschung im Auftrag des Bundes- thematischen Verschränkung mit der Militärgeschichte tragen
ministeriums der Verteidigung, um mit den dabei gewonnenen die Sozialwissenschaften zur Erforschung und D
­ eutung neuer
wissenschaftlichen Erkenntnissen die öffentlichen Diskussionen Konflikte und besonderer Einsatzszenarien der Bundeswehr bei.
über Militär und Sicherheit in Deutschland aktiv mitzugestal-
ten. Das ZMSBw erforscht die deutsche Militärgeschichte nach Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des ZMSBw sind
den allgemein anerkannten Methoden und Standards der Ge- mit ihren Forschungen Teil der wissenschaftlichen Community.
schichtswissenschaft unter Berücksichtigung der Wechsel- Sie pflegen Kontakte zu Organisationen, Institutionen und
beziehungen zwischen Militär, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft Dienststellen des In- und Auslandes sowie zu inner- wie außer­
und Kultur. universitären Forschungseinrichtungen. Zunehmend wichtig
ist die Kooperation mit anderen Institutionen der Bundes-
Mit seiner sozialwissenschaftlichen Forschung leistet das wehr, die ausbilden, forschen und erziehen. Die Einsätze der
ZMSBw einen Beitrag zur Fortentwicklung der Sozialwissen- Bundeswehr unterstützt das ZMSBw mit historischen und
schaften sowie zur wissenschaftsbasierten Politikberatung. sozialwissenschaftlichen Analysen.
Die Verschränkung der Geschichtswissenschaft sowie der
Sozialwissenschaften erweitert die Möglichkeiten auf dem
Gebiet der Forschung und der Anwendung ihrer Ergebnisse
in der historischen Bildung.
Forschungsaktivitäten 2021 128 129

Dr. Philipp Münch Scheitern. Auch US-Präsident Joe Biden begründete im August wie sie den politischen Zweck des Afghanistan-Engagements
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften
der Bundeswehr (ZMSBw) 2021 das Ende des militärischen Engagements damit, dass die interpretierten und welche diesbezüglichen Ziele und Vorge-
Potsdam
ursprünglichen Ziele aus den Augen verloren gegangen seien. hensweisen sie befürworteten. Plausibel erscheint auch die
ZMSBwEingang@bundeswehr.org
Es drängt sich daher die allgemeine Frage auf, wie es zu dieser praxistheoretische Annahme, dass die Akteure nicht bewusst
enormen Ausweitung gekommen war. die großen Linien ihres Handelns reflektierten.

Das 2022 abzuschließende Projekt arbeitet die von den interna- Um die Fragestellung beantworten zu können, soll zum einen
Politische Zwecke und Ziele des internationalen militärischen tionalen Akteuren des militärischen Afghanistan-Engagements nachvollzogen werden, welche Zwecke und Ziele diese Akteure
­Afghanistan-Engagements in den Jahren 2001 – 2014 von 2001 bis 2014 verfolgten Ziele heraus und kontrastiert sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten der Mission artikulierten.
mit den politischen Zwecken des Vorhabens. Zudem legt es dar, Zum anderen ist zu rekonstruieren, wie sie sich bei Schlüssel-
mit welchen Strategien sie diese Ziele erreichen wollten. Auf entscheidungen verhielten und warum sie dies taten. Hierunter
Im August 2021 zerfiel die von zahlreichen Staaten unter- Zwei Missionen bildeten die längste Zeit den Kern des inter- dieser Grundlage ist die Fragestellung zu beantworten, wieso sind jene Entscheidungen zu verstehen, die im Rückblick den
stützte afghanische Regierung unter dem Druck der Taliban. nationalen militärischen Engagements in Afghanistan: Die sich die anfangs verfolgten Ziele und Vorgehensweisen entgegen größten Einfluss auf den Verlauf des militärischen Engagements
Als eine Ursache für die Probleme des internationalen Afgha- US-geführte Operation Enduring Freedom (OEF) und die ab den ursprünglichen Absichten immer stärker ausweiteten. Also hatten. Diese Methode soll auch jene Zwecke und Ziele offen-
nistan-Engagements galt bereits zuvor dessen „mission creep“, 2003 von der NATO geführte International Security Assistance zusammengefasst: Zu welchen Zwecken wollten die internatio- legen, welche die Akteure nicht ausdrücklich artikulierten und
also ungeplant über den ursprünglichen Zweck hinaus erwei- Force (ISAF). Ab 2007 verschmolzen die beiden Ende 2014 nalen Entscheidungsträger was, wie erreichen und aufgrund deren Aussagen mit der tatsächlichen Praxis kontrastieren.
terte Ziele. Doch warum weiteten sich die Ziele des ­interna- abgeschlossenen Missionen de facto zunehmend. welcher Ereignisse, Entwicklungen und Dynamiken mündete
tionalen militärischen Engagements so stark aus? es ungewollt im intensivsten und zweitlängsten Engagement Als Quellen dienen zum einen zahlreiche offengelegte US-Doku-
Bereits ein oberflächlicher Blick auf den Verlauf des interna- der NATO? mente, vor allem des US Department of Defense und des US
tionalen militärischen Engagements von 2001 bis 2014 zeigt, Department of State. Hinzu kommen die im Bundesarchiv
dass sich die Ziele immer stärker ausweiteten. Zweck der OEF Das Forschungsprojekt verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, lagernden Akten des BMVg sowie erstmals offengelegte NATO-
war es ursprünglich, vorrangig die Verantwortlichen für „9/11“ der historische Quellenarbeit mit politikwissenschaftlichen Dokumente.
„zur Rechenschaft zu ziehen“. Bereits 2003 verfolgte sie allerdings Theorien verbindet. Ausgehend von den Vorannahmen von
das hiermit nicht verbundene Ziel der Aufstandsbekämpfung. Bureaucratic Politics und Praxistheorie, sieht das Projekt Staaten
Der Zweck der ISAF lag darin, die neue afghanische Regierung nicht als geschlossene Akteure, die eine nutzenmaximierende
zu festigen. Dazu sollte sie diese zunächst nur in Kabul und Um- Gesamtkalkulation machen und deren politischer Zweck ahisto-
gebung schützen und ihre Sicherheitskräfte ausbilden. Später risch vorauszusetzen ist. Gleiches gilt für die NATO und andere
galt die ISAF aber selbst als verantwortlich für Sicherheit und internationale Organisationen.
„Stabilität“ ganz Afghanistans.
Stattdessen stehen Einzelpersonen im Fokus. Bei diesen ist im
In der Forschung gilt die ungeplante Erweiterung der Ziele des Einklang mit Bureaucratic Politics-Theorien davon auszugehen,
internationalen Engagements als wichtige Ursache für dessen dass ihre institutionelle Verortung entscheidend mitbestimmte,

Abb. 1: Die ranghöchsten Vertreter der US-Streitkräfte, ISAF Abb. 2: Sitzung des Nordatlantikrats am 6. Dezember 2006 mit dem Supreme Abb. 3: Soldaten der Bundeswehr im Rahmen der ISAF in Afghanistan, 2011
und NATO mit dem afghanischen Präsident Hamid Karzai (2. v. r.) Allied Commander Europe General James Jones (Quelle: NATO) (Quelle: Bundeswehr / Rippl)
am 5. Oktober 2006 in Kabul (Quelle: NATO)
Forschungsaktivitäten 2021 130 131

WissDir Dr. Gregor Richter eine Mittelposition ein und 33 Prozent beobachten immerhin diert diese Zielsetzung offenbar in manchen Bereichen mit dem
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften
der Bundeswehr (ZMSBw) sogar eine Zunahme an Bürokratie infolge der Digitalisierung. Erfordernis, geeignete nutzerspezifische Lösungen bereitstellen
Potsdam
zu können.
ZMSBwZentralesManagement@bundeswehr.org
Generell sind der Studie zufolge in Hinblick auf mentale Faktoren
beim militärischen wie beim zivilen Personalkörper (Stichwort: Das Verhalten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in orga-
„Digital Mindset“) nur geringe Hemmnisse für die digitale Trans- nisationalen Veränderungsprozessen ist durch das persönliche
formation zu erkennen. Kritisch zu bewerten sind dagegen Wollen (Motivation und Werte), das individuelle Können (Fähig-
Sozialwissenschaftliche Forschung zur Digitalkultur in der Bundeswehr strukturelle Faktoren und solche, die mit dem digitalen Prozess- keiten und Fertigkeiten), das soziale Sollen und Dürfen (Normen
management zu tun haben. Zum Beispiel wird Kritik an der und Regelungen) und durch die situative Ermög­lichung (hem-
Beschaffungsorganisation für Informations- und Kommuni- mende und begünstigende äußere Umstände) geprägt. Verdichtet
kationstechnologie erkennbar: Aus Sicht von 65 Prozent trifft man die Ergebnisse der Studie zur Digitalkultur vor diesem
„Digitalkultur“ bezeichnet den Umgang der Angehörigen des Grundlage für das Ressortforschungsprojekt im Bereich der es (eher) nicht zu, dass die Beschaffungsprozesse für IT transpa- Hintergrund, lässt sich folgendes Fazit aus Sicht des modernen
Geschäftsbereichs BMVg mit Anforderungen, Chancen und Militärsoziologie bildet die mittlerweile fortgeschriebene rent sind, und für 80 Prozent der Befragten dauern die Prozesse Changemanagements ziehen: Persön­liches Wollen und indi-
Risiken der Digitalisierung auf Grundlage eines gemeinsamen „Umsetzungsstrategie Digitale Bundeswehr“ (Stand: 2022), schlichtweg zu lange. Hier deutet sich Optimierungsbedarf für viduelles Können der Bundeswehrangehörigen sind starke
Verständnisses. Mit den Ergebnissen einer vom Zentrum für die den Auftrag enthält, ein Konzept zum Aufbau der Digital- die IT-Bereitstellungs- und Serviceorganisation der Bundeswehr Assets, an die der digitale Veränderungsprozess anknüpfen
Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr kultur für den Geschäftsbereich des BMVg zu entwickeln und an, die heute durch ein Nebeneinander von privaten und staat- kann. Gestärkt werden müsste in Zukunft das soziale Sollen
(ZMSBw) durchgeführten bundeswehrweiten Befragung 2020 zu realisieren. Die Daten der Begleituntersuchung wurden über lichen Akteuren und vielfach durch Mehrfachzuständigkeiten und Dürfen (Stichworte: Führungskultur, Innovationskultur
wurde eine Grundlage für Maßnahmen zur Stärkung der eine Online-Umfrage unter einer repräsentativen Auswahl von gekennzeichnet ist. und Fehlerkultur) und die situative Ermöglichung (Stichworte:
Digitalkultur gelegt. Die Studie wird mit weiteren Umfragen Soldatinnen und Soldaten sowie zivilen Beschäftigten erhoben. optimierte Beschaffungsverfahren, zeitgerechte IT-Ausstattung
2022 fortgesetzt. Entscheidend für die Digitalisierung ist die Unterstützungs- und weniger Digitalisierungsbürokratie), um die digitale Trans-
Ausgewählte Ergebnisse der Null-Messung des Standes der leistung von Vorgesetzten (Stichwort: „Enabling Leadership“) formation der Bundeswehr ins Ziel zu bringen.
Digitalkultur sind (Abb. 1): Ein ausgewogenes bis leicht kriti- bei einer nicht nur zeitgerechten, sondern auch einer an indi-
sches Bild ergibt sich bei der Frage nach der Zufriedenheit mit viduelle Bedarfe des Personals angepassten Informations- und
dem bisher Erreichten in Sachen Digitalisierung (vgl. Abb. 2): Kommunikationstechnologie. 61 Prozent der Befragten wün-
26 Prozent sind (eher) zufrieden, 34 Prozent sind (eher) unzufrie- schen sich mehr Mitsprachemöglichkeiten bei der IT-Ausstat-
den und ein Großteil von 39 Prozent antwortet mit „teils / teils“. tung an ihrem Arbeitsplatz.
Eine klare Mehrheit von jeweils über 75 Prozent hält die Digita-
lisierung für geeignet, die Bundeswehr effizienter zu machen, Zielsetzung der flächendeckenden Modernisierung der Bundes-
und nimmt an, die Bundeswehr könne mit ihr ihre Aufgaben wehr-IT im Rahmen der Öffentlich-Privaten-Partnerschaft
besser erfüllen. Ein kritischeres Meinungsbild ergibt sich für „HERKULES“ vor über zehn Jahren war es, Insellösungen zu
die oft gescholtene Bürokratie in der Bundeswehr: 39 Prozent vermeiden, die Informations- und Kommunikationstechnologie
beobachten eine Reduktion der Bürokratie, 28 Prozent nehmen zu vereinheitlichen und zu standardisieren. Nach wie vor kolli-

Abb. 1: Forschungsbericht zur Abb. 2: Ausgewähltes Befragungsergebnis zum Abb. 3: Einsatz des NIDA-Pad (Notfall,- Informations- und Doku- Abb. 4: Aktuelle Veröffentlichung aus dem
ersten Befragungswelle Stand der Digitalisierung in der Bundeswehr mentationsassistent) (Quelle: Bilddatenbank der Bundeswehr) Forschungsbereich Militärsoziologie
133

4
Geowissenschaftliche Forschung

Das Geoinformationswesen der Bundeswehr umfasst ein Port- In den Handlungsfeldern für die Neuausrichtung werden natür-
folio von 18 wissenschaftlichen Fachrichtungen, die beileibe lich auch die Megatrends, wie Digitalisierung, Automatisierung,
nicht alle die Vorsilbe „Geo“ in ihrer Bezeichnung enthalten. datenzentrierte Ansätze oder auch Anwendung von Methoden
Allen gemeinsam ist aber, dass sie letztendlich einen Beitrag der Künstlichen Intelligenz gebührend berücksichtigt. Das diese
leisten, um die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit und die Themen für das Geoinformationswesen eine besondere Bedeu-
Streitkräfte im Besonderen zu befähigen, ihren Auftrag besser, tung besitzen aber auch nicht unbedingt Neuland darstellen,
effektiver, effizienter und möglichst ressourcenschonender wird auch bei der Auswahl der Themen für den Jahresbericht
erfüllen zu können. 2021 deutlich.

Während die unmittelbaren und mittelbaren Unterstützungs- Neben den Beiträgen zu den Herausforderungen des Daten-
leistungen des Geoinformationswesens den bestehenden managements und der Anwendung von Methoden des maschi-
aktuellen Bedarf decken, ist der zeitliche Horizont der geo- nellen Lernens bei der Auswertung von Massendaten zeigt aber
wissenschaftlichen Forschung naturgemäß mehr in die nahe gerade der Beitrag der Vorhersage der Waldbrandgefährdung
oder etwas weitere Zukunft gerichtet. für Infrastruktur und Personal der Bundeswehr in Grundbetrieb,
Ausbildung und Einsatz die zu Beginn angesprochene Vielfalt
Um trotzdem die notwendige Fokussierung zu gewährleisten, der Fachrichtungen und Themen im Bereich der im Geoinfor-
hat der Leiter des Geoinformationsdienstes der Bundeswehr mationswesen verorteten Geowissenschaften.
Handlungsfelder für die künftige Ausrichtung des Geoinfor-
mationswesens der Bundeswehr bis 2030 erlassen, an denen
sich auch alle Vorhaben im Rahmen der geowissenschaftlichen
Ressortforschung ausrichten. Dies sowie die Begleitung aller
Neuvorhaben durch den Wissenschaftlichen Beirat beim
ZGeoBw garantiert den zielgerichteten Einsatz aller Ressour-
cen im Rahmen der angewandten geowissenschaftlichen
Forschung.
Forschungsaktivitäten 2021 134 135

RDir Dr. Max Sommer IT-Verfahrenslösungen zur Her- und Bereitstellung von tausches mit der Wirtschaft im vorwettbewerblichen Raum
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
Euskirchen Geoinformationen (GIS-Verfahren) werden in erster Priorität gesucht.
ZGeoBwChdSt@Bundeswehr.org auf Basis von Commercial-, Government- and Military off-
the-Shelf (CGM)-Produkten gesucht. Moderne handelsübliche Auch beim GeoInfo-Datenmanagement werden im Rahmen
Software-Plattformen bieten dazu eine breite Palette von der geowissenschaftlichen FuE (internes Fachprojekt 5654
Werkzeugen, die mittels Skriptsprachen oder graphischem „Aufbau GeoInfo-Datenmanagementsystem“) die Ansatz-
Prozessdesign miteinander verknüpft und – auch unter Ein- punkte zur Automation gezielt mit den Mitteln der GIS-Ver-
Herausforderungen der Her- und Bereitstellung bindung freier Programmbibliotheken – flexibel für die Auto- fahren vorangetrieben. Dazu gehört z. B. die automatische
digitaler ­Geoinformationen mation von Prozessschritten der Geodatenverarbeitung Registrierung aller dateibasierten Geoinformationen in Katalog-
eingesetzt werden können. Servern, die Änderungs-Überwachung der Speicherbereiche
mittels Prüfsummenverfahren, maschineller Abgleich der Geo-
Wachsenden Mengen verfügbarer Daten und steigenden An- Die Digitalisierung und die zunehmende Menge verfügbarer Ein Ziel der geowissenschaftlichen FuE-Aktivitäten ist es, informationen und zugehörigen Metadatensätzen, Update- und
forderungen an IT-Services begegnet die geowissenschaftliche Geoinformationen stellt die GeoInfo-Unterstützung vor neue den Automationsgrad der GIS-Verfahren systematisch zu er- Nutzungsmechanismen für Geo-Datenbanken, virtualisierte
FuE mit Beiträgen zur Automationssteigerung in den Ver- Herausforderungen. Dies betrifft die Prozesse (vgl. Abb. 1) höhen. Dies gelingt in Teilbereichen gut, z. B. wo die logische Mosaikierung von Bild- und Kartendaten sowie maßstabsabhän-
fahren. Große Potenziale werden bei Herstellungsverfahren (1) zur Gewinnung von GeoInfo-Daten, d. h. qualitätsgesicher- Konsistenz von Raster- oder Objekt- bzw. Vektordaten durch gige Darstellungsregelwerke für Vektordaten zur Versorgung
gesehen, wo bisher noch menschliches Abstraktionsvermögen ter Geoinformationen und zur Ableitung standardisierter Bedingungsabfragen bestimmt wird. Beispiele dafür sind u. a. von Bild- und Kartendiensten. Für den Portalzugriff auf die
benötigt wird. Die Online-Verfügbarkeit der GeoInfo-Daten GeoInfo-Produkte (GeoInfo-Datengewinnung / -Produk- die Etablierung (halb-)automatischer Prüf- und Korrekturwerk- Geoinformationen und deren bedarfsgerechte Online-Nutzung
und -Produkte wird u.a. durch interne FuE-Maßnahmen tion), zeuge zur Beseitigung von Anomalien in Höhendaten (Abb. 2), muss das Portfolio geeigneter Web-Anwendungen stetig gezielt
vorangetrieben. (2) zur Verwaltung und digitalen Bereitstellung von GeoInfo- zur Einhaltung von Konsistenzkriterien bei Vektor­daten (Abb. 3) weiterentwickelt werden.
Daten und -Produkten in Form von IT-Services (GeoInfo- sowie die derzeitige Untersuchung teilautomatischer Genera-
Datenmanagement) sowie lisierungsverfahren auf Basis von Konsistenz- bzw. Topologie- Derzeit wird im Schwerpunkt an der Einführung einer zen­
(3) die Bereitstellung der dazu erforderlichen personellen kriterien (Abb. 4). tralen Kataloganwendung aller verfügbaren Geoinformationen
und materiellen Ressourcen. gearbeitet (Abb. 5). Diese soll noch in 2022 zur internen Nutzung
Allerdings ist die Gewinnung / Produktion von Geoinformatio- im ZGeoBw etabliert werden und in 2023 im Intranet Bw zur
Eine wesentliche Herausforderung ist die Bestimmung gesi- nen und die Qualitätsbestimmung, vielfach auf das menschliche Verfügung stehen.
cherter Qualitätsaussagen zu den Geoinformationen wie z. B. Abstraktionsvermögen angewiesen, insbesondere bei der Erfas-
zur Vollständigkeit, Genauigkeit von Position und Thematik, sung / Bewertung von Objektdaten und der (kartographischen)
Logische Konsistenz. Bei einer stetig wachsenden Menge verfüg- Generalisierung. Hier liegen noch viele Potentiale zur Steigerung
barer Geoinformationen sowie den steigenden Anforderungen der Automation, z. B. durch Integration von Mustererkennung
an IT-Services, hat sich hier ein Spannungsfeld von Qualität, in die GIS-Verfahren. Dies ist ein ideales Kooperationsfeld mit
Geschwindigkeit und Effizienz aufgetan. der Wirtschaft i. S. der „Strategischen Leitlinie Digitalisierung“.
Daher werden auch Wege eines gezielten Informationsaus-

Abb. 1: Schematische Darstellung der Abb. 2: Markierungen der aus einem Abb. 3: Markierungen von Fehleranschlägen aus ­ Abb. 4: Kartendarstellungen eines auf Basis von Topologie- und Abb. 5: Zur Verbesserung der Online-Verfügbarkeit von Geoinforma-
Befähigungen zur Her- und Bereitstellung von automatischen Prüfverfahren für digitale einem automatischen Prüfverfahren zur logischen Attributkriterien automatisch generalisierten Vektordatensatz tionen wird im Rahmen der geowissenschaftlichen FuE u. a. an der
Geoinformationen für die Bundeswehr Höhendaten ermittelten Anomalien Konsistenz von Vektordaten Einführung einer zentralen Katalog-Anwendung gearbeitet
Forschungsaktivitäten 2021 136 137

ORR Dr. Stefan Koller ROI'in Lea Chilla Das ZGeoBw arbeitet daher an der Entwicklung eines Machine So sollen zusätzlich Wetterparameter, wie Windgeschwindigkeit
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
Euskirchen Euskirchen Learning Modells zur Mustererkennung, das die BeraterInnen und Windrichtung, in die VoVis Oberfläche mit eingebunden
ZGeoBwChdSt@Bundeswehr.org ZGeoBwChdSt@Bundeswehr.org bei der Beobachtung unterstützt, indem es werden, um das Vogelschlagrisiko für die Berater und Berate-
1. eine höhere Objektivität bei der Erkennung von Mustern rinnen einschätzbarer zu gestalten.
schafft.
2. die Fehlerquote des Beratungsverfahrens durch eine
­Voreinschätzung des Machine Learning-Algorithmus
Vogelzugvisualisierung mittels Machine Learning – Entwicklung eines ­verringert und so eine Optimierung ermöglicht.
­Modells zur Erkennung von Vogelzugmustern in Radardaten
Die eingehenden Daten der Radarstationen aus den letzten
sechzig Minuten stehen als Datei im Arkonadatenformat zur
Um das Vogelschlagrisiko im militärischen Flugbetrieb zu Die gemeinsame Nutzung des Luftraums durch Vögel und Verfügung und werden als solche gespeichert. So lassen sich
reduzieren, wird der Vogelzug über Radarsignale erfasst und Flugzeuge führt regelmäßig zu Kollisionen (Vogelschlag), die Fortbewegungsrichtung und Geschwindigkeit interpretieren.
visualisiert, so dass spezifische Warnungen ausgegeben wer- eine erhebliche Gefahr für die Besatzungen, die Luftfahrzeuge Arkona ist ein (proprietäres und) sehr effizientes Binärdaten-
den können. Mit einem Machine Learning Algorithmus soll und die Bevölkerung darstellen. Um das Vogelschlagrisiko zu format, welches im bestehenden Vogelschlagwarnsystem
die Qualität dieser Vogelzugwarnungen und die Unterstützung reduzieren, werden in der Bundeswehr Warnungen bei erhöh- bereits zur Übertragung von Radardaten eingesetzt wird.
der Berater und Beraterinnen in ihrer Arbeit verbessert werden. ten Vogelpopulationen im Luftraum ausgegeben, sogenannte
BIRDTAMs (Bird Notice(s) to Airmen/ Air Missions). Diese Anhand der automatisch archivierten BIRDTAMs, werden
Warnungen werden durch BeraterInnen mit Hilfe einer eigenen die (Arkona) Rohdaten durch das Modell automatisch klassifi-
Vogelzugvisualisierungs-Software (VoVis) erstellt, die den ziert. Das beste Modell erreicht derzeit eine Genauigkeit von
Vogelzug anhand von primären Radardaten aus dem militä- 80,6 % und berücksichtigt neben den primären Radardaten,
rischen und zivilen Radarnetz graphisch visualisieren kann. welche mit einer Convolutional Neuronale Network (CNN)-
Architektur trainiert wurden auch die Faktoren Wind und
Die Radarechos bieten Echtzeit-Informationen über Lage Jahreszeit.
und Höhe von potentiellen Vogelaufkommen. Um aus der Fülle
von Radarechos, die Benötigten zu identifizieren und darin Neben der Weiterentwicklung des Machine Learning Algo-
Muster von Vogelzug zu erkennen, ist derzeit noch die langjährige rithmus wird an einer Modernisierung der Vogelzugvisuali-
Erfahrung der zuständigen Mitarbeitenden des Zentrums für sierungs-Software gearbeitet, um eine weitere Reduzierung
Geoinformationswesen der Bundeswehr (ZGeoBw) für die Er- des Vogelschlagrisikos im militärischen Flugbetrieb durch
stellung der BIRDTAMs nötig. verbesserte Warnungen der Luftfahrzeugbesatzungen zu
­erreichen.

Abb. 1: Kranichzug Abb. 2: Berater bei der Einschätzung der Radardatenlage von VoVis Abb. 3: Radardatenlage in VoVis vom 11. 11. 2016 (Herbstzug)
Forschungsaktivitäten 2021 138 139

ORR Dr. Stefan Polanski ORR Rolf Thiele der Feuerfront abschätzen. Beide Größen bestimmen die Feuer­ des bestehenden GeoInfo-Verfahrens durch Entwicklung und
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
Euskirchen Euskirchen intensität, die als fünfstufiges Maß für den Bekämpfungsaufwand Bereitstellung einer räumlich weltweit aufgelösten Waldbrand-
ZGeoBwChdSt@Bundeswehr.org ZGeoBwChdSt@Bundeswehr.org ausgegeben wird (Stufe 1 = sehr geringe, Stufe 5 = sehr hohe Vorhersage-App mit modularen Erweiterungsoptionen.
Intensität).
Als Grundlage dienen die Rohdaten des Global Wildfire Infor-
Auf den Routineclustern des Deutschen Meteorologischen mation System (GWIS) der Europäischen Kommission, die als
Rechenzentrums (DMRZ) werden aktuell einmal täglich Wald- WMS-Dienst an eine thematische Webanwendung im Bundes-
Vorhersage der Waldbrandgefährdung für Infrastruktur und Personal brandwarnstufen für jede geographische Koordinate ausge- wehr Intranet angebunden werden. Unter Berücksichtigung der
der Bundeswehr in Grundbetrieb, Ausbildung und Einsatz wählter Einsatzräume auf der Basis von Eingabefeldern des aktuell weiterentwickelten Anforderungen an das optimierte
numerischen Wettervorhersagemodells des DWD (ICON) voll- FWI-GeoInfo-Verfahren durch die verschiedenen Bedarfsträger
automatisiert berechnet. Daraus werden im nächsten Schritt in den militärischen Organisationsbereichen soll in einem
Waldbrände gefährden nicht nur das Leben, die Gesundheit Das Sachgebiet Atmosphärische Umwelteinflüsse im Dezernat für den aktuellen Tag um 12:00 UTC und den darauffolgenden ersten Schritt die weltweite FWI-Vorhersage bis zu neun Tage
und die Infrastruktur der Zivilbevölkerung, sondern auch Atmosphärenphysik des Zentrums für Geoinformationswesen Tag um 12:00 UTC Karten der Waldbrandgefahr (Brandintensi- im Voraus in dieser Webanwendung dargestellt werden. Ein
militärische Dislozierungen, Installationen und Aufträge im der Bundeswehr (ZGeoBw) ist für die Bereitstellung des opera- tät und Zündbereitschaft) erstellt. Für den Balkan werden die erster Demonstrator wurde bereits entwickelt. Die konkrete
betroffenen Gebiet. Daher ist eine genaue Vorhersage und tionellen GeoInfo-Verfahrens zur Analyse und Vorhersage der Karten während der Waldbrandsaison von März bis November Überführung des optimierten Verfahrens in die operationelle
rechtzeitige Warnung vor einem potenziellen Waldbrand- Waldbrandgefährdung von Infrastruktur und Personal der im GeoInfo-Portal veröffentlicht. Nutzung erfolgt in Forschungs- und Entwicklungsprojekten
risiko auch für militärische Entscheider essenziell, um die Bundeswehr in Grundbetrieb, Ausbildung und Einsatz fach- des ZGeoBw als Ressortforschungseinrichtung des Bundes.
konkrete Einsatzplanung und -durchführung entsprechend lich zuständig. Seit mehreren Jahren wird dafür der weltweit Im täglichen Routinebetrieb können die so durch das Dezer­-
der aktuellen Gefahrenlage anpassen zu können. anerkannte und vielfach genutzte Berechnungsalgorithmus nat Atmosphärenphysik aufbereiteten Daten in der GeoInfo-
des kanadischen Fire Weather Index (FWI) verwendet. Beratung und hier insbesondere für den Warndienst der
Meteorologischen Vorhersagezentrale verwendet werden.
Der FWI beruht auf Mittagswerten der Lufttemperatur, der Auf der Grundlage dieser Warninformationen können militä­
­relativen Luftfeuchte, der Windgeschwindigkeit und der rische Entscheider konkrete Maßnahmen zum Eigenschutz
24-stündigen Niederschlagsmenge. Zudem wird im FWI-­ von militärischen Liegenschaften und des Personals ergreifen.
Algorithmus auch der Feuchtegehalt der abgestorbenen
Pflanzenmasse des Waldes und – sofern vorhanden – eine Im Zuge der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung
winterliche Schneedecke berücksichtigt. Die dem FWI zu- und schnell wachsenden Möglichkeiten der Digitalisierung
grundeliegende Referenzbaumart ist Kiefernbestand mit von Diensten und Informationen wurde im Rahmen der kon-
­Nadelstreuauflage auf einer Rohhumusdecke. Aus der Sätti- tinuierlichen Verfahrenspflege und Qualitätssicherung ein
gungsfeuchte der oberen Bodenschichten sowie aus der Streu- konkreter Optimierungsbedarf des Verfahrens erkannt. Das
feuchte und Windgeschwindigkeit lassen sich das dynamische erste Ziel der weiteren Verfahrensoptimierung besteht in einer
Angebot brennbarer Biomasse und die Laufgeschwindigkeit vollständig automatisierten und onlinegestützten Neufassung

Abb. 1: Kartendarstellung der Waldbrandgefahr auf dem Balkan für den Abb. 2: Module des neu geplanten GeoInfo-Verfahrens zur weltweiten
aktuellen Tag (5. 8. 2021, 12.00 UTC, links) und den darauffolgenden Tag Waldbrandgefährdung im Rahmen einer Webanwendung im Intranet Bw
(6. 8. 2021, 12.00 UTC, rechts) (Quelle: GeoInfo-Portal Bw)
141

5
Forschung Cyber / Informationstechnik

Wehrtechnische Forschung im Bereich der Cyber- und Infor- Dabei soll möglichst viel zivile Technologie verwendet w
­ erden,
mationstechnologien orientiert sich einerseits an zivilen die für den späteren militärischen Einsatz wo erforderlich
und disruptiven Innovationen wie Künstlicher Intelligenz, angepasst wird. Eine übergreifende Automatisierung in allen
andererseits sind die spezifischen Gegebenheiten zukünfti- wehrtechnischen Forschungsbereichen wird hierbei sichtbar.
ger Konflikte zu berücksichtigen, die zunehmend „hybrid“
­geführt werden.

Es werden hier einige Beispiele aus dem breiten Spektrum


an Forschungsaktivitäten vorgestellt. Diese reichen von
­internationalen Aktivitäten bis hin zu ganz speziellen IT-­
Sicherheitsaufgaben, beleuchten unterschiedlichste An­
wendungen der Künstlichen Intelligenz und untersuchen
Herausforderungen von hybriden Konflikten.
Forschungsaktivitäten 2021 142 143

Dr. Volker Krebs Matthias Kopp Im Rahmen der Demonstration 2021 bei der WTD 61 in Sensoren zum Einsatz. Der zentrale mobile Leitstand zur
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung Atos Information Technology GmbH
der Bundeswehr (BAAINBw) München Manching wurde gezeigt, wie durch eine automatisierte Auf- Planung und Steuerung der Missionen sowie zur Lagebearbei-
Koblenz
de-info@atos.net klärung von Drohnen, die mittels einer Schwarmsteuerung tung wurde in einem mobilen militärischen Gefechtstand
BAAINBwPosteingang@bundeswehr.org
zentral geplant und gesteuert werden, ein digitales Lagebild ­integriert und dessen Arbeitsfähigkeit in der Bewegung gezeigt.
des Gefechtsfelds erzeugt werden kann. Die Routen für die
Aufklärungsdrohnen werden abhängig von dem Geschehen Die digitale Informationsübertragung und taktische Kollabo-
am Boden berechnet, wobei zwischen taktischen „High-Level“- ration (Audio, Video, Daten) innerhalb des hochdynamischen
ErzUntGlas – Erzeugung eines gläsernen Gefechtsfeldes zur Unterstützung Befehlen wie Angriffs-, Rundum- oder Verteidigungsszena- Szenarios wurde durch ein robustes, leistungsfähiges Mobile
dynamischer Operationen rien unterschieden werden kann (Abb. 1). Ad-hoc Netzwerk (MANET) im UHF- und S-Band auf Basis von
Software Defined Radio (SDR) Funksystemen ermöglicht. Dabei
Die automatisierte Erkennung und Identifizierung von Ob- kamen mehrere sogenannte Mobile Kommunikationsknoten
Während aktuell im Rahmen der Digitalisierung land­ Bis 2023 soll taktisches Teaming zwischen Soldatinnen bzw. jekten im bildgebenden Sensor (IR / VIS), z. B. Fahrzeuge und zur Kommunikation aller Komponenten zum Einsatz. Hierbei
basierter Operationen (D-LBO) die Basis zur vernetzten Soldaten und unbemannten fliegenden Systemen an realen Personen, erfolgt dabei durch die Unterstützung von in den konnte auch die Live-Übertragung der Videostreams aus der
Operationsführung realisiert wird, wurde in der Forschungs- Szenarien zusammen mit dem Heer unter Einsatzbedingun- Drohnen integrierten KI-Bausteinen, so dass diese Informatio- Drohnensensorik über das MANET der taktischen Funkgeräte
studie „ErzUntGlas“ (Erzeugung eines gläsernen Gefechts- gen gezeigt werden. Während es für den Nutzer von solchen nen lokal in der Drohne verarbeitet und als ereignisgesteuerte in Bewegung demonstriert werden.
feldes zur Unterstützung dynamischer Operationen) die Systemen eine ergonomische Herausforderung sein wird, ist Nachricht nahezu in Echtzeit in das Lagebild überführt werden.
­Automatisierung auf dem zukünftigen Gefechtsfeld in es technisch der Schritt in die Automatisierung von Prozessen Die direkte Übertragung der Lageinformationen in ein Füh- Beim späteren Einsatz von bis zu 16 unbemannten Systemen im
­einer Live-Demonstration vorgeführt. mit Hilfe von unterschiedlichsten Arten von künstlicher rungssystem des Heeres wurde über eine Anbindung von Einsatz besteht dann die Herausforderung darin, den Bediener
­Intelligenz. Sitaware Frontline medienbruchfrei nachgewiesen (Abb. 2). bei der Verifikation der Ergebnisse intelligent zu unterstützen
und laufend ein aggregiertes Gesamtbild zu erzeugen für ein
Neben den menschlichen Nutzern eines solchen Systems Durch die offene Architektur des Systems ErzUntGlas auf Basis gläsernes Gefechtsfeld.
(Infanteristen, Besatzungen von Gefechtsfahrzeugen, Gefechts- der Trusted Service Mesh (TSM), bietet das System eine flexible
stände) werden die unbemannten Systeme integriert, die Möglichkeit zur Anbindung weiterer Softwareapplikationen und Bis 2023 werden unter Einbindung von Soldatinnen und Solda-
sowohl als Kommunikationsdrohnen zur Verbesserung der Software definierter Systeme, z.B. Führungssystemen, Sensor- ten als Nutzer und in Koordination mit den Entwicklungen bei
physikalischen Verbindung als auch für die automatisierte To-Shooter, Joint-Fire Support, Kommunikationssystemen etc. D-LBO der operative Mehrwert des Systems unter Einsatzbe-
Aufklärung verwendet werden. (Abb. 3). dingungen weiter optimiert und in iterativen Schritten bis zum
Reifegrad TRL 6 weiterentwickelt. Anschließend ist eine Reali-
Was momentan noch spezialisierte Luftbildauswerter durch- Neben einer verbesserten automatisierten Aufklärung wurde sierung des Zielsystems im Rahmen eines Projekts geplant.
führen, wird zukünftig ein Deep-Learning Mechanismus in auch demonstriert, wie ein Bekämpfungsprozess deutlich
jeder Aufklärungsdrohne übernehmen und eine Vorklassifi- beschleunigt werden kann. Dazu wurde der vollständige Sensor-
kation vornehmen. to-Shooter Cycle mit Einbindung des Systems Fireweaver vor-
geführt. Dabei kamen wiederum Drohnen als autonom wirkende

Abb. 1: Beispielhafte Missionsplanung für eine Gebietsaufklärung Abb. 2: Sitaware Frontline (Quelle: Atos GmbH) Abb. 3: Sensor-To-Shooter System (Quelle: Atos GmbH)
durch einen Drohnenschwarm (Quelle: Atos GmbH)
Forschungsaktivitäten 2021 144 145

TORR Dipl.-Ing. Florian Johannes Wörner Dipl.-Ing. Robert Koch Dipl.-Ing. Ewald Hedrich
Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
und Elektronik (WTD 81) Erlangen Erlangen
Greding
info@iis.fraunhofer.de info@iis.fraunhofer.de
WTD81posteingang@bundeswehr.org

Moderne Kurzwellen-Kommunikation Er beschreibt Verfahren bis 48 kHz Bandbreite und 240 kbit/s Zur Unterstützung der WTD bei der Vermessung, Bewertung
Datenrate. Darauf folgend wurden auch Aktivitäten für eine und Auswahl zukünftiger Funkgeräte für die Bundeswehr
NATO-Standardisierung begonnen. In Ausarbeitung oder Verab- wurde auf Grundlage der beobachteten Frequenzbelegungen
schiedung befinden sich dabei momentan die STANAGs 5069 ein stochastisches Kanalbelegungsmodell entwickelt. Es besitzt
Die Kommunikation über Kurzwelle rüstet sich für die An- Die bisherige, klassische Kommunikation über die Kurzwelle (48 kHz Breitband Physical Layer), 4539-H (Multi-Träger-Bünde- die empirisch ermittelten, statistischen Eigenschaften einer
forderungen moderner, digitalisierter Streitkräfte. So könnte erfolgt typischerweise in Kanälen von nur 3 kHz Bandbreite. lung), 4203 (Geräteanforderungen) und 5066 (Data Link Layer). möglichen Kurzwellen-Belegung und kann diese auf einem
man die technische Entwicklung der letzten Jahre im Bereich Dies ist, und bleibt, ausreichend für analoge oder digitale Sprache definierten Frequenzband wiedergeben. Damit ist es möglich,
der Wellenformen und Funkgeräte zusammenfassen. Neue und die Übermittelung wichtiger Einzelmeldungen. Um dem Im Rahmen mehrjähriger Messungen wurde die Verfügbar- HF-Kanalsimulatoren zu bauen, die im Labor zwischen kom-
breitbandige Übertragungsverfahren wurden von der Indus- allgemeinen Trend der Streitkräfte hin zur Vernetzung aller keit von Kurzwellen-Kanälen untersucht. Dazu wurde an ver- munizierende Funkteilnehmer geschaltet werden können, um
trie entwickelt, in zahlreichen Feldtests erprobt und mittler- Ebenen und Entwicklung eines großflächigen, gemeinsamen schiedenen Empfangsstandorten innerhalb Deutschlands die so deren Übertragungen durch die Simulation von belegten
weile auch teilweise in der NATO standardisiert. Lagebildes zu entsprechen, mussten sich jedoch auch die Leis- tatsächliche Belegung des Frequenzbandes ausgewertet. Die Kanälen beeinflussen zu können. Durch Beobachtung und
tungsparameter der Kurzwellen-Funkgeräte und ihrer Wellen- Ergebnisse zeigten durchgehend eine niedrige Auslastung. Vergleich des Verhaltens können somit die Fähigkeiten der
formen grundlegend verbessern. Von daher erscheinen nun auch Auch wenn sich dies zukünftig mit dem Aufkommen neuer neuen Verfahren zur automatischen Kanal- und Bandbreiten-
nach und nach die nächsten Gerätegenerationen auf dem Markt, breitbandiger Funkgeräte ändern sollte, so bleibt eine zweite wahl (Automatic Link Establishment – ALE) bewertet werden.
die den Bedarf an größeren Bandbreiten und höheren Daten- wichtige Erkenntnis bestehen: Es finden sich fast durchgängig
raten zu decken versprechen. freie Frequenzblöcke im relevanten Spektrum, die sich durch Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bei den regula-
einen frequenz-agilen und zeitlich dynamischen Zugriff nutzen torischen Grundlagen zur dynamischen Nutzung der knappen
Zusammen mit der WTD 81 und dem BAAINBw hat das Fraun- ließen. Dadurch wäre eine breitbandige Kommunikation mit Frequenzressourcen noch einige Herausforderungen zu meistern
hofer IIS diese Entwicklung in den letzten Jahren begleitet und hoher Datenrate möglich. Der Fokus weiterführender Diskus- sind. Die technische Nutzbarkeit der Kurzwelle mit breitbandigen
Untersuchungen bezüglich der Verfügbarkeit von Frequenzen sionen sollte daher nicht auf der technischen Nutzbarkeit der Systemen für hohe Datenraten befindet sich aber bereits auf
und der Nutzbarkeit von breitbandigen Übertragungsverfahren Frequenzen liegen – die Funktechnik scheint ausgereift und einem guten Weg.
durchgeführt. verfügbar –, sondern in der Realisierung gemeinsamer Rahmen-
bedingungen zur effektiven und dynamischen Nutzung des
Die Standardisierung breitbandiger Verfahren begann mit der sehr kleinen Frequenzbereichs in der Kurzwelle.
Erweiterung des MIL-STD-188-110 zu nunmehr Revision D.

Kubernetes

Abb. 1: Messung der tatsächlichen Frequenzbelegung und Auswertung der Abb. 2: Standorte für die Langzeit-Messung und Auswertung der tatsäch­ Abb. 3: Spektrogramm und Wasserfalldiagramm der durch das Modell Abb. 4: Diagramm einer modellierten Kanalbelegung unterschiedlicher Band-
statistischen Kanalbelegung der Kurzwelle über unterschiedliche Frequenz- lichen Frequenzbelegung der Kurzwelle. Ausgewählt wurden Greding / WTD erzeugten, künstlichen Kanalbelegungen und Überlagerung mit einem breite (schwarz) über Zeit und Frequenz und daraus resultierend die zu finden­
abschnitte und längere Zeiträume an mehreren Standorten 81 (ländlich), Eckernförde / WTD 71 (Küste, ruhig) sowie Erlangen (städtisch), breitbandigen Funksignal den Zeit-Bandbreiten-Fenster für eine ALE-fähige Wellenform (grün) für die
Nürnberg, (städtisch) und Ilmenau (ländlich) / jeweils FhG IIS spätere Untersuchung im Labor und Bewertung der Leistungsfähigkeit
Forschungsaktivitäten 2021 146 147

Prof. Dr. Ulrich Schade Dr. Felix Govaers etc. der Klasse „bedenklich“ zugeordnet oder als „unbedenklich“ Autoencoder genutzt werden kann. Ein Autoencoder stellt
Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informationsverarbeitung
und Ergonomie FKIE und Ergonomie FKIE klassifiziert werden. Werden Beiträge geändert und Klassifikato- aus der internen Repräsentation etwa eines Textes, die für die
Wachtberg Wachtberg
ren getäuscht, ohne dass ein Mensch der Täuschung unterliegen Klassifikation genutzt wird, die ursprüngliche Eingabe wieder
kontakt@fkie.fraunhofer.de kontakt@fkie.fraunhofer.de
würde, bezeichnet man die Änderung als „utility-preserving“. her. Beim Training einer entsprechenden KI sind zwei Kosten-
Das ist das Kennzeichen adversarialer Angriffe. Sollen Änderun- funktionen zu minimieren, die der Klassifikation und die des
gen im Text erfolgen, können für ihre Generierung linguistische Autoencodings. Dabei wird sichergestellt, dass die Klassifika-
Kenntnisse, etwa aus dem Bereich der Leseforschung, heran- tionsfunktion der Anwendung eine vorgegebene Schwelle, bei-
Adversariale Angriffe gegen textverarbeitende Künstliche Intelligenz (KI) gezogen werden. spielsweise 95 %, nicht unterschreitet, aber das Autoencoding
trotzdem gute Ergebnisse liefert. Adversariale Angriffe werden
Abb. 1 zeigt solche Änderungen auf der Zeichenebene, wobei gegen die Kategorisierungsfunktion der Anwendung geführt und
der Zielsatz unter den Änderungen anders klassifiziert wird. lösen falsche Kategorisierungen aus. Da aber die Anwendung
Bei einer hybriden Kriegsführung ändern sich Angriffe Militärische Operationen sind immer mit Aspekten von Tarnen Unter den Änderungen wird das jeweils geänderte Wort für das auch als Autoencoder genutzt werden kann, lässt sich zu jeder
und Abwehrmöglichkeiten. Dies trifft auch für die KI zu, und Täuschen verbunden. Bei klassischen Operationen können System weniger kenntlich. Es wird damit für die Klassifikation Kategorisierung, die die Anwendung vornimmt, auch das zuge-
die zur Erkennung, zur Aufklärung und zur Abwehr von KI-Verfahren eingesetzt werden, um Tarn- und Täuschungs- weniger oder gar nicht herangezogen. Im Beispiel wird in dem hörige Ergebnis des Autoencoders auswerten. Bei adversarialen
Angriffen eingesetzt werden kann. Im Beitrag werden versuchen entgegenzuwirken. Im Gegenzug kann ein Gegner Satz „Some of the protesters vandalized a store.“ das Wort „pro- Angriffen nimmt der Fehler des Autoencoders zu, was für die
­adversariale Angriffe gegen KI, im Beispiel gegen textver­ versuchen, nicht nur die menschliche Aufklärung, sondern testers“ verändert, was die Klassifikation (Was für ein Ereignis Entdeckung des Angriffs genutzt wird.
arbeitende KI, beschrieben, deren Generierung erläutert auch die eingesetzten KI-Systeme zu täuschen. Bei der hybriden beschreibt der Satz?) von „Violent Demonstration“ zu „Mob
und eine Möglichkeit zur Erkennung dieser Angriffe Kriegsführung muss aber manchmal ein anderer Ansatz ge- Violence“ ändert. Wird dagegen eine Manipulation an „van­
­vorgestellt. wählt werden. Eine Beeinflussungskampagne in den Sozialen dalized“ durchgeführt, ergibt sich die Klassifikation „Peace De-
Medien muss für die Personen der Zielgruppe zwar nicht als monstration“. Alle Manipulationen sind von der Art, dass ein
Beeinflussung erkennbar sein, aber verbreitete Texte und Bilder Mensch das Wort weiterhin erkennt. Neben solchen Änderun-
müssen für diese lesbar bzw. erkennbar sein. Gleichzeitig sollen gen können Texte auch mit Zusätzen (sogenannten sprachlichen
KI-Verfahren getäuscht werden, die als Filter die Verbreitung Ornamenten) erweitert werden, die nicht zu der eigentlichen
unterbinden. Hier kommen die adversarialen Angriffe ins Spiel. Aussage beitragen.
Texte und Bilder sind bei adversarialen Angriffen so verändert,
dass KI-Verfahren getäuscht werden, der Inhalt der Bilder und Abb. 2 verdeutlicht dies mit Relativsätzen, deren Einfügung
Texte für einen menschlichen Betrachter bzw. Leser aber ebenfalls zu der Fehlklassifikation „Peace Demonstration“
unbeeinträchtigt bleibt. führt.

KI-Verfahren operieren oft als Klassifikatoren. In Bezug auf die Adversariale Angriffe können über eine Art Trick erkannt
sozialen Medien können Beiträge etwa wegen „Fake News“, werden: Ein Klassifikator lässt sich so trainieren, dass er nicht
„Hate Speech“, „Angriff auf die demokratische Grundordnung“ nur Bilder, Texte etc. korrekt klassifiziert, sondern auch als

Kubernetes

Abb. 1: Die Klassifikation hängt an den Wörtern „protesters“ und „vandalized“. Durch Modifikationen Abb. 2: Durch „sprachlichen Ornamente“, also durch zusätzliche Wörter oder Nebensätze, die
sind sie für die KI nicht mehr oder weniger gut erkennbar, sodass sich die Klassifikation ändert die Semantik der Aussage nicht ändern, wird die Klassifikation in eine andere Richtung gelenkt
Forschungsaktivitäten 2021 148 149

TORR Dipl.-Ing. Stefan Kolm Dipl.-Ing. Thomas Kuhn Als Hardware-Plattform wurde das UltraZed-SOM-Board (Em- In einer einfachen C oder einer Python-Anwendung im
Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie HTV Halbleiter-Test & Vertriebs-GmbH
und Elektronik (WTD 81) Bensheim bedded System On Modul, SOM) mit einem Zynq UltraScale+ ­Linux Betriebssystem PetaLinux konnten die Daten dann aus
Greding
info@HTV-GmbH.de MPSoC-FPGA (Multiprocessor System on a Chip, MPSoC) der der universellen Testumgebung an den jeweiligen Algorithmus
wtd81210@bundeswehr.org
Firma Xilinx gewählt (vgl. Abb. 1). übertragen werden.

Damit einzelne Bereiche sich in der FPGA-Logik nicht gegen- Partielle Rekonfiguration wurde eingesetzt, um im laufenden
seitig beeinflussen können (z. B. in einem Flugzeug die Steuerung Betrieb unterschiedliche Algorithmen in den FPGA laden und
Design informationssicherer Field Programmable Gate Arrays (FPGAs) der Beleuchtung und des Triebwerks), wurden Mechanismen testen zu können. In der Entwicklungsumgebung Vivado kön-
zur physikalischen Trennung der einzelnen Bereiche unter- nen über einen speziellen PR-Wizard Bereiche für die partielle
sucht. Es konnte gezeigt werden, dass über den Isolation Design Rekonfiguration in der FPGA-Logik reserviert und passende
Flow (IDF) des FPGA-Herstellers Xilinx ein Verfahren angeboten partielle Bitströme erzeugt werden. Diese können anschließend
Die Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie Im Einzelnen wurden Krypto-Algorithmen aus der Bibliothek wird, das eine physikalische Trennung (engl. fence) unterschied- mit dem FPGA-Manager in PetaLinux in den FPGA geladen
und Elektronik (WTD 81) hat mit der Fa. HTV Halbleiter-Test Botan in eine VHDL-Hardwarebeschreibungssprache (VHDL: licher Daten bzw. Algorithmen ermöglicht (vgl. Abb. 2). werden. Mit der Anwendung Bootgen ist darüber hinaus auch
& Vertriebs-GmbH FPGAs (Field Programmable Gate Arrays) Very High Speed Integrated Circuit Hardware Description eine verschlüsselte Übertragung von Bitströmen möglich.
analysiert, um die Funktionalität der sicheren Kryptobiblio- Language) implementiert und deren fehlerfreie Funktionsweise Zukünftig wird dies immer wichtiger, um FPGAs im Betrieb mit
thek Botan (eine sog. Secure Sockets Layer Bibliothek) auf evaluiert. Die Funktionsweise der Algorithmen umfasst die partieller Rekonfiguration umzuladen und eine gleichzeitige Die Erzeugung von Algorithmen für die FPGA-Logik erfolgte
einem Prozessor vom Typ Zynq UltraScale+ umzusetzen. Verschlüsselung, Authentifikation und Erzeugung von sog. Nutzung unterschiedlicher Anwendungen zu ermöglichen. mit der Programmiersprache VHDL und Vivado sowie dem
Hashwerten. Die realisierten Algorithmen konnten erfolgreich Software Development Kit (SDK) von Xilinx. Die simulierten
in ein spezielles Protokoll (TLS 1.3) integriert werden, das auf Für die Entwicklung kryptographischer Algorithmen oder Signale eines VHDL-Algorithmus zeigt beispielhaft Abb. 4.
einem FPGA vom Typ Zynq UltraScale+ MPSoC in Betrieb Protokolle werden fehlerfreie Testdaten (Testvektoren) benö-
genommen wurde. tigt. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik Auf dem UltraZed-SOM Board wurde das TLS 1.3 Protokoll
(BSI) begleitet und evaluiert dafür Botan. Es ist für viele Einsatz- erfolgreich umgesetzt und davon einige Algorithmen zur Be-
FPGAs sind integrierte Schaltkreise der Digitaltechnik und szenarien und Anwendungen mit erhöhtem Sicherheitsbedarf schleunigung in die FPGA-Logik ausgelagert. Unter anderem
kommen in vielen Gebieten der digitalen Elektronik zum Einsatz. (z. B. VS-NfD) geeignet. wurden AES-256-GCM, AES-128-CCM (vgl. Abb. 5) und SHA-3
Aufgrund ihrer hohen Flexibilität und Parallelität werden sie in VHDL erfolgreich implementiert.
gerne als Co-Prozessoren für CPUs (z. B. zur Berechnung krypto- Für die Evaluation der Algorithmen wurde in Zusammen-
graphischer Algorithmen) eingesetzt, um deren Performanz zu hang mit der Umsetzung einer universellen Testumgebung
beschleunigen. Auch als programmierbare Logik-Bausteine in der auch eine universelle Schnittstelle entwickelt. Mit deren Hilfe
Informationstechnik gewinnen sie immer stärker an Bedeutung. können die für die FPGA-Logik entwickelten kryptographi-
Aus diesem Grund haben die beiden großen CPU-Hersteller schen Algorithmen leicht an das Prozessorsystem angeschlossen
(Intel und AMD) in den vergangenen Jahren die beiden markt- werden (vgl. Abb. 3).
führenden FPGA-Hersteller (Xilinx und Altera) aufgekauft.

Abb. 1: UltraZed SOM Abb. 2: Isolation Design Flow (IDF) Abb. 3: Block-Design – Anschluss des Abb. 4: Signalanalyse im Waveform-Window (Vivado von Xilinx) Abb. 5: AES-CCM – Beispiel zum Ablaufplan eines
VHDL-Algorithmus über die universelle Schnittstelle kryptographischen Algorithmus
(cipher_interface) an das Prozessorsystem (ZYNQ)
151

6
Anhang
Adressen und Kontakte 152 153

Bundesministerium Bundesamt für Ausrüstung, Informations- Wehrtechnische Dienststelle Wehrwissenschaftliches Institut


der Verteidigung technik und Nutzung der Bundeswehr für Schutz- und Sondertechnik für Schutztechnologien – ABC-Schutz
Postfach 13 28 (BAAINBw) (WTD 52) (WIS)
53003 Bonn Ferdinand-Sauerbruch-Straße 1 Oberjettenberg Humboldtstraße 100
Internet: www.bmvg.de 56073 Koblenz 83458 Schneizlreuth 29633 Munster
Tel.: +49 (0) 261 / 400 - 0 Tel.: +49 (0) 86 51 / 76 82 - 10 01 Tel.: +49 (0) 51 92 / 136 - 201
Abteilung Ausrüstung - A III 5 Fax: +49 (0) 261 / 400 - 3866 Fax: +49 (0) 86 51 / 16 00 Fax: +49 (0) 51 92 / 136 - 355
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 1 41 66 E-Mail: E-Mail: WTD52posteingang@bundeswehr.org E-Mail: WISPosteingang@bundeswehr.org
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 4 41 75 BAAINBwPosteingang@bundeswehr.org Internet: www.baainbw.de/wtd52 Internet: www.baainbw.de/wis
E-Mail: BMVgAIII5@bmvg.bund.de Internet: www.baainbw.de
Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge Wehrwissenschaftliches Institut
Abteilung Ausrüstung - A III 6 Helmut-Schmidt-Universität / und Luftfahrtgerät der Bundeswehr für Werk- und Betriebsstoffe
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 1 41 80 Universität der Bundeswehr Hamburg (WTD 61) (WIWeB)
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 4 41 89 Postfach 70 08 22 Flugplatz Institutsweg 1
E-Mail: BMVgAIII6@bmvg.bund.de 22008 Hamburg 85077 Manching 85435 Erding
Tel.: +49 (0) 40 / 65 41 - 1 Tel.: +49 (0) 84 59 / 80 - 1 Tel.: +49 (0) 81 22 / 95 90 - 0
Abteilung Cyber / Informationstechnik Fax: +49 (0) 40 / 65 41 - 28 69 Fax: +49 (0) 84 59 / 80 - 20 22 Fax: +49 (0) 81 22 / 95 90 - 39 02
- CIT I 2 E-Mail: forschung@hsu-hh.de E-Mail: WTD61posteingang@bundeswehr.org E-Mail: WIWeB@bundeswehr.org
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 2 61 22 Internet: www.hsu-hh.de Internet: www.baainbw.de/wtd61 Internet: www.baainbw.de/wiweb
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 3 35 61 21
E-Mail: BMVgCITI2@bmvg.bund.de Universität der Bundeswehr München Wehrtechnische Dienststelle
Werner-Heisenberg-Weg 39 für Schiffe und Marinewaffen,
Abteilung Führung Streitkräfte – FüSK III 3 85579 Neubiberg Maritime Technologie und Forschung
Tel.: +49 (0) 30 / 2004 - 2 48 38 Tel.: +49 (0) 89 / 60 04 - 0 (WTD 71)
Fax: +49 (0) 30 / 2004 - 18 03 68 13 Fax: +49 (0) 89 / 60 04 - 35 60 Berliner Straße 115
E-Mail: BMVgFueSKIII3@bmvg.bund.de E-Mail: info@unibw.de 24340 Eckernförde
Internet: www.unibw.de Tel.: +49 (0) 43 51 / 467 - 0
Abteilung Führung Streitkräfte – FüSK San 1 Fax: +49 (0) 43 51 / 467 - 120
Tel.: +49 (0) 30 / 20 04 - 2 48 54 E-Mail: WTD71posteingang@bundeswehr.org
fax: +49 (0) 30 / 20 04 - 8 97 00 Internet: www.baainbw.de/wtd71
E-Mail: BMVgFueSKSan1@bmvg.bund.de
Wehrtechnische Dienststelle
Abteilung Personal - P I 5 für Informationstechnologie und Elektronik
Tel.: +49 (0) 30 / 18 24 - 2 31 57 (WTD 81)
Fax: +49 (0) 30 / 18 24 - 8 95 40 Bergstraße 18
E-Mail: BMVgPI5@bmvg.bund.de 91171 Greding
Tel.: +49 (0) 84 63 / 652 - 0
Abteilung Personal - P III 5 Fax: +49 (0) 84 63 / 652 - 607
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 1 33 51 E-Mail: WTD81posteingang@bundeswehr.org
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 4 35 30 Internet: www.baainbw.de/wtd81
E-Mail: BMVgPIII5@bmvg.bund.de
Wehrtechnische Dienststelle
für Waffen und Munition
(WTD 91)
Am Schießplatz
49716 Meppen
Tel.: +49 (0) 59 31 / 43 - 0
Fax: +49 (0) 59 31 / 43 - 20 91
E-Mail:
WTD91posteingang@bundeswehr.org
Internet: www.baainbw.de/wtd91
Adressen und Kontakte 154 155

Zentrum für Geoinformationswesen Schifffahrtmedizinisches Institut Bundeswehrkrankenhaus Hamburg


der Bundeswehr der Marine Lesserstraße 180
Frauenberger Straße 250 Kopperpahler Allee 120 22049 Hamburg
53879 Euskirchen 24119 Kronshagen Tel.: +49 (0) 40 / 69 47 - 0
Tel.: +49 (0) 22 51 / 953 - 50 00 Tel.: +49 (0) 431 / 54 09 - 17 01 Fax: +49 (0) 40 / 69 47 - 1 06 29
Fax: +49 (0) 22 51 / 953 - 50 55 Fax: +49 (0) 431 / 54 09 - 17 78 E-Mail: BwKrhsHamburg@bundeswehr.org
E-Mail: ZGeoBwChdSt@bundeswehr.org E-Mail: SchiffMedInstM@bundeswehr.org Internet: https://hamburg.bwkrankenhaus.de
Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation
Bundeswehrkrankenhaus Ulm
Zentrum für Militärgeschichte und ­ Institut für Präventivmedizin Oberer Eselsberg 40
Sozialwissenschaften der Bundeswehr der Bundeswehr, Abteilung A 89081 Ulm
Zeppelinstraße 127/128 Aktienstraße 87 Tel.: +49 (0) 731 / 17 10 - 24 00
14471 Potsdam 56626 Andernach Fax: +49 (0) 731 / 17 10 - 24 03
Tel.: +49 (0) 331 / 97 14 - 501 Dienstort: E-Mail: BwKrhsUlm@bundeswehr.org
Fax: +49 (0) 331 / 97 14 - 507 Andernacher Straße 100 Internet: https://ulm.bwkrankenhaus.de
E-Mail: ZMSBwZentralesManagement 56070 Koblenz
@bundeswehr.org Tel.: +49 (0) 261 / 896 - 7 70 01 Bundeswehrkrankenhaus Westerstede
Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation Fax: +49 (0) 261 / 896 - 7 70 99 Lange Straße 38
E-Mail: InstPraevMedBw@bundeswehr.org 26655 Westerstede
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation Tel.: +49 (0) 44 / 88 50 – 0
Neuherbergstraße 11 Fax: +49 (0) 261 / 896 - 1 31 99
80937 München Deutsch-Französisches E-Mail: BwKrhsWesterstede@bundeswehr.org
Tel.: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 39 82 Forschungsinstitut Saint-Louis Internet: https://westerstede.bwkrankenhaus.de
Fax: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 39 83 Postfach 1260
E-Mail: 79547 Weil am Rhein Streitkräfteamt
InstitutfuerMikrobiologie@bundeswehr.org 5, rue du Général Cassagnou Pascalstraße 10 s
Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation F-68300 Saint-Louis 53125 Bonn
Tel.: +33 (0) 389 / 69 50 - 00 Tel.: +49 (0) 228 / 55 04 – 60 30
Institut für Pharmakologie und Toxikologie Fax: +33 (0) 389 / 69 50 - 02 Fax: +49 (0) 228 / 55 04 – 61 09
der Bundeswehr E-Mail: isl@isl.eu E-Mail: skachdst@bundeswehr.org
Neuherbergstraße 11 Internet: www.isl.eu Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation
80937 München
Tel.: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 29 26 Psychotraumazentrum der Bundeswehr
Fax: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 23 33 Im Bundeswehrkrankenhaus Berlin
E-Mail: Scharnhorststraße 13
InstitutfuerPharmakologieundToxikologie 10115 Berlin
@bundeswehr.org Tel.: +49 (0) 30 / 28 41 - 22 89
Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation Fax: +49 (0) 30 / 28 41 - 10 43
E-Mail: BwKrhsBerlin@bundeswehr.org
Institut für Radiobiologie der Bundeswehr Internet: www.berlin.bwkrankenhaus.de
in Verbindung mit der Universität Ulm
Neuherbergstraße 11 Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
80937 München Rübenacher Straße 170
Tel.: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 22 51 56072 Koblenz
Fax: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 22 55 Tel: +49 (0) 261 / 281 - 89
E-Mail: Fax: +49 (0) 261 / 281 - 26 69
InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org E-Mail: BwZKrhsKoblenz@bundeswehr.org
Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation Internet: https://koblenz.bwkrankenhaus.de

Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin Bundeswehrkrankenhaus Berlin


der Luftwaffe Scharnhorststraße 13
Flughafenstraße 1 10115 Berlin
51147 Köln Tel.: +49 (0) 30 / 28 41 - 2 289
Tel.: +49 (0) 22 03 / 9 08 - 16 10 Fax: +49 (0) 30 / 28 41 - 10 43
Fax: +49 (0) 22 03 / 9 08 - 16 14 E-Mail: BwKrhsBerlin@bundeswehr.org
E-Mail: Internet: https://berlin.bwkrankenhaus.de
zentrlurmedlwpresseoea@bundeswehr.org
Internet: www.bundeswehr.de/de/organisation
Adressen und Kontakte 156 157

Fraunhofer-Leistungsbereich Fraunhofer-Institut für Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Verteidigung, Vorbeugung und Integrierte Schaltungen IIS Programmkoordination Sicherheitsforschung Einrichtung für Raumflugbetrieb und
Sicherheit VVS Am Wolfsmantel 33 (PK-S) Astronautentraining DLR RB
Fraunhoferstraße 1 91058 Erlangen Linder Höhe Oberpfaffenhofen
76131 Karlsruhe Tel: +49 (0) 91 31 / 776 - 0 51147 Köln 82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 721 / 60 91 - 210 Fax: +49 (0) 91 31 / 776 - 20 19 Tel.: +49 (0) 2203 / 601 - 40 31 Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 27 00
Fax: +49 (0) 721 / 60 91 - 413 E-Mail: info@iis.fraunhofer.de Fax: +49 (0) 2203 / 673 - 40 33 Fax: +49 (0) 22 03 / 673 40 33
E-Mail: info@iosb.fraunhofer.de Internet: www.iis.fraunhofer.de E-Mail: info-pks@dlr.de E-Mail: info-pks@dlr.de
Internet: www.vvs.fraunhofer.de Internet: www.dlr.de/sicherheit Internet: www.dlr.de/rb
Fraunhofer-Institut für
Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich- Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Kurzzeitdynamik, Technische Trendanalysen INT Institut für Technische Physik DLR TP
Ernst-Mach-Institut, EMI Postfach 14 91 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Pfaffenwaldring 38-40
Ernst-Zermelo-Straße 4 53864 Euskirchen Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik 70569 Stuttgart
79104 Freiburg Tel.: +49 (0) 22 51 / 18 - 0 DLR FA Tel.: +49 (0) 711 / 68 62 - 773
Tel.: +49 (0) 761 / 27 14 - 101 Fax: +49 (0) 22 51 / 18 - 277 Lilienthalplatz 7 Fax: +49 (0) 711 / 68 62 - 788
Fax: +49 (0) 761 / 27 14 - 316 E-Mail: info@int.fraunhofer.de 38108 Braunschweig E-Mail: info-pks@dlr.de
E-Mail: info@emi.fraunhofer.de Internet: www.int.fraunhofer.de Tel.: +49 (0) 531 / 295 - 23 00 Internet: www.dlr.de/tp
Internet: www.emi.fraunhofer.de Fax: +49 (0) 531 / 295 - 28 75
Fraunhofer-Institut für E-Mail: info-pks@dlr.de
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Internet: www.dlr.de/fa
Hochfrequenzphysik und Bildauswertung IOSB
Radartechnik FHR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Fraunhoferstraße 20 Standort Karlsruhe Institut für Flugführung DLR FL
53343 Wachtberg Fraunhoferstraße 1 Lilienthalplatz 7
Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 - 227 76131 Karlsruhe 38108 Braunschweig
Fax: +49 (0) 228 / 94 35 - 627 Tel.: +49 (0) 721 / 60 91 - 210 Tel.: +49 (0) 531 / 295 - 25 00
E-Mail: info@fhr.fraunhofer.de Fax: +49 (0) 721 / 60 91 - 413 Fax: +49 (0) 531 / 295 - 25 50
Internet: www.fhr.fraunhofer.de E-Mail: info-pks@dlr.de
Standort Ettlingen Internet: www.dlr.de/fl
Fraunhofer-Institut für Gutleuthausstraße 1
Kommunikation, Informations- 76275 Ettlingen Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
verarbeitung und Ergonomie Tel.: +49 (0) 7243 / 992 - 131 Institut für Hochfrequenztechnik und
FKIE Fax: +49 (0) 7243 / 992 - 299 Radarsysteme DLR HR
Fraunhoferstraße 20 Oberpfaffenhofen
53343 Wachtberg E-Mail: info@iosb.fraunhofer.de 82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 - 103 Internet: www.iosb.fraunhofer.de Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 23 05
Fax: +49 (0) 228 / 94 35 - 685 Fax: +49 (0) 81 53 / 28 11 35
E-Mail: kontakt@fkie.fraunhofer.de E-Mail: info-pks@dlr.de
Internet: www.fkie.fraunhofer.de Internet: www.dlr.de/hr

Fraunhofer-Institut für Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt


Angewandte Festkörperphysik Institut für Kommunikation und Navigation DLR KN
IAF Oberpfaffenhofen
Tullastraße 72 82234 Weßling
79108 Freiburg Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 28 11
Tel.: +49 (0) 761 / 51 59 - 458 Fax: +49 (0) 81 53 / 28 14 42
Fax: +49 (0) 761 / 51 59 - 714 58 E-Mail: info-pks@dlr.de
E-Mail: info@iaf.fraunhofer.de Internet: www.dlr.de/kn
Internet: www.iaf.fraunhofer.de
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Fraunhofer-Institut für Institut für Methodik der Fernerkundung DLR MF
Chemische Technologie ICT Oberpfaffenhofen
Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7 82234 Weßling
76327 Pfinztal Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 26 68
Tel.: +49 (0) 721 / 46 40 - 123 Fax: +49 (0) 81 53 / 28 13 37
Fax: +49 (0) 721 / 46 40 - 442 E-Mail: info-pks@dlr.de
E-Mail: info@ict.fraunhofer.de Internet: www.dlr.de/imf
Internet: www.ict.fraunhofer.de
Impressum 158

HERAUSGEBER
Bundesministerium der Verteidigung
Unterabteilung A III
Fontainengraben 150
53123 Bonn

INHALTLICHE BETREUUNG
Fraunhofer INT, Euskirchen

GESTALTUNG UND REALISATION


Konzeptbüro Schneider, Erftstadt

DRUCK
Warlich Druck Meckenheim GmbH, Meckenheim

STAND
Mai 2022

FOTOS

Seite
© Bundeswehr / Carsten Borgmeier; Jane Schmidt; DLR, Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen
Marc Jeffrey Hinnemann; Michel Baldus 01 DLR, Institut für Kommunikation und Navigation, Oberpfaffenhofen
© Bundeswehr / Marco Dorow 08 DLR, Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
© Bundeswehr / Jana Neumann; Andrea Bienert 09 DLR, Institut für Methodik der Fernerkundung, Oberpfaffenhofen
© Bundeswehr / Maximilian Schulz 10 DLR, Institut für Technische Physik, Stuttgart
© Bundeswehr / Sascha Sent; Christian Timmig 11 DLR, Raumflugbetrieb und Astronautentraining, Weßling
Fraunhofer EMI, Freiburg i. Br.
© IBM 66 Fraunhofer FHR, Wachtberg
© Commonwealth of Australia 2020 68 Fraunhofer FKIE, Wachtberg
© Polaris Raumflugzeuge GmbH, Bremen 88 Fraunhofer IAF, Freiburg i. Br.
© AeroDesignWorks GmbH, Köln 90 Fraunhofer ICT, Pfinztal
© National Defense Medical College of the Japan Self Defense Forces Fraunhofer IIS, Erlangen
Saitama, Japan 107 Fraunhofer INT, Euskirchen
© Central Readiness Force of the Japan Ground Self Defense Force Fraunhofer IOSB, Karlsruhe, Ettlingen
Tokyo, Japan 107 HTV Halbleiter-Test & Vertriebs-GmbH, Bensheim
© www.drks.de / Studien-ID: DRKS00021591 114 Helmut-Schmidt-Universität, Hamburg
© NATO 128 Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München
© Bundeswehr / Martin Rippl 129 Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr, München
© Bilddatenbank der Bundeswehr 131 Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr, Koblenz
© GeoInfo-Portal Bw 138 Institut für Radiobiologie der Bundeswehr, München
© Atos GmbH 142-143 Kommando Heer, Strausberg
Psychotraumazentrum der Bundeswehr, Berlin
Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine, Kronshagen
1. Ubootgeschwader Sanitätsdienst, Eckernförde Streitkräfteamt, Hamburg
Atos Information Technology GmbH, München Universität der Bundeswehr München, Neubiberg
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, WIS, Munster
Koblenz WIWeB, Erding
Bundesministerium der Verteidigung, Bonn WTD 52, Schneizlreuth
Bundeswehrkrankenhaus Berlin WTD 61, Manching
Bundeswehrkrankenhaus Hamburg WTD 71, Kiel
Bundeswehrkrankenhaus Ulm WTD 81, Greding
Bundeswehrkrankenhaus Westerstede WTD 91, Meppen
Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr , Euskirchen
Deutsch-Französisches Forschungsinstitut, Saint-Louis Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
DLR, Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik, Braunschweig Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr,
DLR, Institut für Flugführung, Braunschweig Potsdam

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