E S &T Europäische 8,30 a • D 6323 E

Sicherheit
&Technik 10/2017
Europäische Sicherheit · Strategie & Technik
Österreich a 9,20 · Benelux a 9,30 · Schweiz sFr. 16,00

CH-47 Chinook

Hohe Erwartungen an Deutschland Gefechtssimulationszentrum Heer Heron 1 im MINUSMA-Einsatz

Die Sicherheitspolitik wird in der neuen Ein realistisches Lagebild für die Übungs- Erfahrungen nach zehn Monaten
Legislaturperiode eine größere Rolle spielen. truppe dank moderner IT Einsatzbetrieb in Mali

Im Interview: Almut Wieland-Karimi,

Direktorin Zentrum für Internationale Friedenseinsätze

iApps 353
Po l i t i k · S t r e i t k rä ft e · W i r t s c h a ft · Te c h n i k
100 Jahre Verteidigungs- und Sicherheitselektronik unter einem Dach.

www.hensoldt.net
Kommentar

Visionen aktualisieren und erneuern

Claude Juncker, der Chef der EU-Kommission, hat aufhorchen lassen: Er hat vor dem Europäischen Par-
lament einen Lagebericht über den Zustand der EU gegeben und das mit einem visionären Entwurf für
die Zukunft verbunden. Visionen sollen zum Nachdenken – oder auch Vordenken – anregen. Aber nach
seiner Rede wurden weitgehend Bedenken formuliert.
Der Präsident der EU-Kommission hat einen anderen Blick auf die Lage in Europa als viele der nationalen
Politiker. Juncker denkt europäisch. Er hat die Interessen der EU als Ganzes im Blick. Die meisten nationa-
len Politiker argumentieren naturgemäß national.
Aber in vielen Bereichen rufen wir nach europäischen Lösungen: In der Sicherheitspolitik, in der Wirt-
schaftspolitik, in dem, was wir immer noch Innere Sicherheit nennen, fordern wir mehr Gemeinsam-
keiten in Europa. Immer wieder beklagen wir, dass auf der europäischen Ebene die Zusammenarbeit zu
wünschen übrig lässt.
Juncker schlägt beispielsweise vor, für die Sicherung der Außengrenzen der EU den Schengen-Raum
auszuweiten. Wenn die gesamte EU ein Rechtsraum wäre, wären einige Regelungen leichter, genau die,
deren Fehlen wir bei in der Flüchtlingskrise, aber auch jedem Terroranschlag beklagen. Juncker hat deut-
lich gesagt, dass es für die Umsetzung dieses Vorschlags sich in einigen Ländern einiges ändern muss.
Ob das gelingt, ist fraglich. Aber man braucht ein ehrgeiziges Ziel, um darauf hinarbeiten zu können.
Die EU hat in der Vergangenheit immer wieder beschlossene Voraussetzungen für Maßnahmen nicht
ernst genommen. Dadurch sind später Probleme entstanden. Das betraf vor allem die Zulassung einiger
Länder in den Euro-Verbund.
So müssen bei der Sicherung der EU-Außengrenzen die Voraussetzungen für den Betritt zu einem grö-
ßeren Schengen-Raum noch einmal klar definiert werden. Wer dann Probleme hat, diese einzuhalten,
kann die Hilfe der EU erbitten.
Wir erleben täglich, wie wichtig es ist, dass die Außengrenzen überall mit dem gleichen Standard und in
gleicher Weise gesichert werden. Das ist auch entscheidend für die Akzeptanz der EU bei den Bürgern.
Wie leicht es ist, mit der Forderung der Abschottung der nationalen Grenzen populistisch Punkte zu
sammeln, haben wir in Deutschland in den letzten Wochen im Wahlkampf erlebt.
Der Vorschlag ist nicht neu: Als vor zwei Jahren Griechenland Probleme hatte, seine Grenzen wirksam
gegen Flüchtlinge zu sichern, schlug Bundesinnenminister Thomas de Maizière eine europäische Küsten-
wache vor.
Juncker muss seine Ideen weiter ausbuchstabieren und vor allem auch weiter, umfassender begründen.
Es muss immer wieder deutlich gemacht werden, wie wichtig die EU als ein politischer und wirtschaft-
licher Raum ist. Die Gründung der EU nach dem Zweiten Weltkrieg entsprach damals dem dringenden
Wunsch, dass durch die enge Zusammenarbeit der zunächst sechs Mitglieder der Europäischen Wirt-
schaftsgemeinschaft ein Raum geschaffen wird, in dem das gewaltsame Austragen von Konflikten nicht
mehr möglich ist.
Das hat funktioniert. Es gab in dieser Region keine gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die Länder in
der EU sind alle politisch relativ stabil. Auch der Wirtschaftsraum ist so gestaltet, dass die Unterschiede
deutlich geringer sind als in anderen Weltregionen. Nicht umsonst ist die EU mit dem Friedensnobelpreis
ausgezeichnet worden.
Juncker knüpft an diese Erfolgsgeschichte an. Natürlich gab es seither einige Rückschläge. Aber es
gilt: Die EU ist heute trotz aller kritischen Entwicklungen weiter als vor all den Entscheidungen, vor der
Einführung des Euro. Wo stünde dieses Europa, wenn es den Euro und die anderen Instrumente der Zu-
sammenarbeit nicht gäbe?
Natürlich ist die seit einiger Zeit schwelende Krise des Euro noch nicht ausgestanden. Gerade hier ist es
wichtig, dass die EU auf der Einhaltung der getroffenen Vereinbarungen besteht. Wie sähe die Wirt-
schaftslage im EU-Europa aus, wenn es den Euro nicht gäbe? Auch bei der von Juncker angeregten
Erweiterung des Euro-Bereichs müssen die Bedingungen stimmen und eingehalten werden.
Das gilt ebenso im Bereich der Sicherheitspolitik. Hier läuft die Diskussion in den vergangenen Jahren
recht vordergründig ab. Immer wieder debattiert die EU über die Instrumente, die man braucht, um die
Sicherheitspolitik gemeinsam gestalten zu können. Die Zusammenarbeit soll Synergien schaffen, mit de-
nen man Personal und Material sparen, also die nationalen Haushalte entlasten kann.
Es fehlt in diesem Bereich an der konzeptionellen Diskussion. Der Versuch, gemeinsame Interessen zu
entwickeln, muss vorangetrieben werden. Denn nur bei gemeinsamen Interessen können gemeinsam
entwickelte Instrumente auch wirksam eingesetzt werden.
Juncker hat die Visionen, die die Gründerväter für Europa hatten, aktualisiert und erneuert. Er nutzt die
Stunde, da mit Großbritannien ein Mitglied von der Stange geht, um mit den anderen den Zusammen-
schluss zu erneuern und zu vertiefen. Am Tag nach dem Brexit soll eine Gipfelkonferenz den Zeitplan
beschließen. Wagen wir die Vision, überwinden wir Bedenken! Rolf Clement

3
 Inhalt
Seite 21 Seite 27
(Foto: MoD Russia)

(Foto: PIZ Heer)

Eindämmung des Bürgerkrieges Bestandsaufnahme
Von auswärtigen Mächten garantierte „Deeskalationszonen“ Die Trendwenden greifen: Generalleutnant Jörg Vollmer
sollen die syrische Bevölkerung schützen. über die Ausrüstungsplanung des Heeres

SICHERHEIT & POLITIK E S&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER

10 Herausforderungen für die Sicherheitspolitik in der 40 Das System Heer – Ausbildung im Heer
nächsten Legislaturperiode Christian Märkl
Almut Möller
46 Moderne Ausbildungstechnik
14 Vorwärts, Resilienz! Autorenteam
Vorschläge zum Resilienzausbau in Deutschland
Michael Hanisch
49 Moderne Ausbildung führt zum Erfolg
Das Gefechtssimulationszentrum Heer
17 Nachhaltig Frieden schaffen Martin Baumeister
Interview mit der ZIF-Direktorin Almut Wieland-Karimi

RÜSTUNG & TECHNOLOGIE

20 Die UNO baut Bereitschaftsverbände für Missionen auf
Rolf Clement 51 AARGM
HARM-Nachfolger verspricht deutlichen Leistungszuwachs
Stefan Nitschke
21 Deeskalationszonen in Syrien
Künftige Einflusszonen externer Mächte bilden sich heraus
Martin Pabst 55 Plattformungebundene Nachtsehfähigkeit der Bundeswehr
Henning Reimann
24 Russland verstehen – geht das?
Eine Vorschau auf den GSP-Sicherheitsdialog in Berlin 62 Generation X
Kersten Lahl Technologische Trends für zukünftige Kampfflugzeuge
Ulrich Renn

BUNDESWEHR & STREITKRÄFTE INTERNATIONAL

74 CH-47 Chinook
Ein Jahrhundertsystem
27 Bestandsaufnahme Sidney E. Dean
Jörg Vollmer

79 Kommandomörser 2.0
32 Die Einsatzlogistik der Luftwaffe im Wandel Waldemar Geiger
Konzeptionelle Herausforderungen für die Weiterentwicklung
Michael Mittelstädt
WIRTSCHAFT & INDUSTRIE
37 Einsatz Heron 1 bei MINUSMA
Erfahrungen nach zehn Monaten Einsatzbetrieb 84 5. KSK Rüstungssymposium
Roland Runge Waldemar Geiger

4 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 Seite 55 Seite 62
(Foto: Bundeswehr)

(Grafik: DARPA)
Plattformungebundene Nachtsichtfähigkeit Generation X
Bestmögliche Auftragserfüllung bei Nacht und Die Überlegungen für Kampfflugzeuge der Zukunft haben
eingeschränkter Sicht ist das Ziel. begonnen. Was sind die technologischen Herausforderungen?

RUBRIKEN
3 Kommentar
6 Umschau
25 Impressum
26 Berliner Prisma
54 Blick nach Amerika
70 Informationen – Nachrichten – Neuigkeiten aus aller Welt
73 IT News & Trends
78 Fraunhofer INT: Neue Technologien
81 Unternehmen & Personen
87 Bücher
88 Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V.
90 Gastkommentar
(Grafik: mawibo media)

„Die neue Bundesregierung wird in der Außen-

und Sicherheitspolitik mit einer anspruchs-
vollen europäischen und internationalen
Agenda konfrontiert sein. In den Koalitionsver-
handlungen muss das Feld eine zentrale Rolle
spielen. Hier braucht es konkrete Vereinba-
rungen jenseits von Grundsatzbekenntnissen,
damit Berlin dem Handlungsdruck und den
Erwartungen an Deutschland in den kommen-
den Jahren Rechnung tragen kann.“

Almut Möller: Herausforderun-

gen für die Sicherheitspolitik in
der nächsten Legislaturperiode,
Seite 10

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 5

 Umschau
Deutsch-norwegische U-Boot- Besatzungen mit einer Investition von 260 relevante thermische und sichtbare Daten
Kooperation Mio. Euro gefördert werden. Damit sollen zu erfassen. Mit der FLIR Duo Pro R können
Verteidigungsministerin Ursula von der neue Unterkunftsgebäude und Hafenanla- Anwender im Flug zwischen dem Wärme-
Leyen und ihre norwegische Amtskollegin gen gebaut und die Anzahl der Dienstpos- bild- und dem Videokameramodus hin- und
Ine Erikson Söreide haben bei einem Trup- ten in Eckernförde auf ca. 3.000 erweitert herwechseln. Das System zeichnet Raw-Vi-
penbesuch des 1. U-Bootgeschwaders in werden.  (ds) deo und Standbilder auf zwei microSD-Kar-
ten auf und ermöglicht für die einfachere
(Foto: PIZ/M)

Drohnen-Kamera mit dualem Integration die Live-Ausgabe des digitalen

Sensor
FLIR hat jetzt ein Dual-Sensor-Wärmebild-
und Kartierungssystem für kommerzielle
Drohnen vorgestellt. Mit einem thermi-
schen, radiometrischen Sensor bietet FLIR
Duo Pro R professionellen Drohnenanwen-
dern die Reichweite und die Bilddetails, die
sie benötigen, um in einem einzigen Flug
Eckernförde die geplante deutsch-norwe-
(Foto: FLIR)
Video-Streams über Mikro-HDMI und ana-
loge Videoausgänge. (wb)
Luftraumüberwachung
mit Passivradar
HENSOLDT hat ein neues mobiles Passiv-
radar entwickelt, das mit dem vernetzten
Einsatz mehrerer Sensoren (Clustering)
arbeitet. Das System wurde bereits in ver-

gische U-Boot-Kooperation bekräftigt und schiedenen realitätsnahen Einsatzszena-

den Vertragsabschluss 2019 zugesichert. rien mehrerer europäischer Streitkräfte,
Norwegen will vier U-Boote und Deutsch- u.a. in gebirgigen Regionen mit großer
land zwei U-Boote in einem gemeinsamen Radarabschattung erprobt. Dabei konnte
Rüstungsprojekt beschaffen. Die U-Boote

(Foto: HENSOLDT)
sollen auf Basis der deutschen U-Boote
Klasse 212A gemeinsam entwickelt, be-
schafft und genutzt werden. Zudem soll
der U-Boot-Standort Eckernförde auch mit
Blick auf die gemeinsame Nutzung der
Boote und gemeinsame Ausbildung der

Tankflugzeug A330 MRTT „New Standard“

Am 7. September 2017 hatte der erste neue französische Airbus A330 MRTT „New
Standard“ seinen Jungfernflug in Madrid. Mit der beabsichtigten Beschaffung von
zwölf dieser Tanker ist Frankreich nach Großbritannien (14) der zweitgrößte Auf-
traggeber. „New Standard“ bedeutet, dass neben den ohnehin in der zivilen Grund-
version der A330 vorgenommenen Struktur- und Avionikmodifikationen weitere
Zusatzfähigkeiten wie z.B. elektronische Aufklärung oder Luftraumüberwachung
dem militärischen Nutzer angeboten werden können. Von der Auslieferung der ers-
ten Maschine 2018 und zweiten 2019 werden auch die am European Air Transport
Command beteiligten Nationen profitieren und insgesamt der europäische Bedarf an
Transport- und Luftbetankungskapazitäten weiter gedeckt werden.  (ur) die Luftlage mit Reichweiten bis zu 200 km
präzise erfasst und abgebildet werden. Das
(Foto: Airbus Military)

Passivradar arbeitet als reiner Empfänger

und verarbeitet Signalechos von Fremdsen-
dern wie z.B. Rundfunk- und Fernsehsen-
dern, die bis zu zehn Milliarden Mal schwä-
cher sind als die ursprünglichen Signale. Zur
Zielbeleuchtung werden die Signalechos
von bereits vorhandenen Fremdsendern
benutzt. Das System ortet die Ziele mittels
Auswertung der am Ziel reflektierten Sig-
nale.  (ds)

Schiffsautomationssystem
Callosum
Rolls-Royce hat das Schiffsautomations-
system Callosum von MTU mit der neuen
Equipment Health Monitoring-Funktion
(EHM) weiterentwickelt. Mit der System-
erweiterung gibt Collosum in Echtzeit
Aufschluss darüber, wie es dem Schiff
und seinem Antrieb geht. Mit Callosum
und seiner neuen Fähigkeit zum EHM hat

6 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 (Grafik: Rolls-Royce)
Rolls-Royce bzw. MTU ein Automations-
system der Zukunft geschaffen. Callo-
SPEXER 2000 im Test
Bei Demonstrationen hat das SPEXER 2000 3D-Radar von HENSOLDT seine Detekti-
onsfähigkeiten von asymmetrischen Bedrohungen unter realen Einsatzbedingungen
nachgewiesen. Bei der Vorführung auf dem Übungsplatz Putlos bei Fehmarn hat das
Radar an Bord des US-Zerstörers USS „James E. Williams“ als bewegte Plattform den
realen Beschuss von Land aus durch sehr tieffliegende Milan-Panzerabwehrraketen
in Rekordzeit präzise detektiert. Die zweite Demonstration fand auf einem anderen
Übungsplatz statt. Dabei wurden Drohnen in Entfernungen von 100 m bis zu 5 km
entdeckt. Das SPEXER 2000 ist für die Bodenüberwachung optimiert. Es kann kleine
und langsame Objekte, aber auch schnelle Objekte wie Lenkflugkörper orten und ist
damit für die Frühwarnung vor asymmetrischen Angriffen geeignet. (gwh)

(Foto: HENSOLDT)
sum nutzt modernste Analysemethoden
und das maschinelle Lernen aufgrund
von digital erhobenen Messdaten, um
Schäden vorzubeugen und die Wartung
entsprechend anzupassen. Die EHM-Er-
weiterung für Callosum erfüllt bereits heu-
te die zukünftigen Anforderungen moder-
ner Seestreitkräfte.  (ds)

Bodenstartgeräte
Rheinmetall liefert mobile Bodenstartgerä-
te (Mobile Air Start Units, MSU) an eine der
größten Fluggesellschaften für den Einsatz
auf US-amerikanischen Flugplätzen. Seit
(Foto: Rheinmetall)

1996 hat sich die Baureihe MSU 200 im
Betrieb bewährt. Mit Bodenstartgeräten
erhalten Flugzeuge komprimierte Luft für
den Start ihrer Haupttriebwerke und den
Betrieb der Klimaanlagen für den Fall, dass
das eigene Hilfstriebwerk ausgefallen ist.
Die MSU 200 – angetrieben von einer Gas-
turbine – stellt einen Luftmassenstrom bis
zu 1,5 kg/s (MSU 400: 3 kg/s) für den Start
von zivilen und militärische Flugzeugen
zur Verfügung. Über 1.100 Einheiten der
bination aus Security Laptops (mit vs-top
und cyber-top) und der Cloudlösung Bdri-
ve. Damit können Mitarbeiter geschützt
vor Datendiebstahl im Team arbeiten.
Security Laptops bieten getrennte Com-
partments. Eines davon dient zum Ab-
rufen und Bearbeiten sensibler Daten. In
diesem Compartment erfolgt auch der si-
chere Datenaustausch mit der Cloudlösung
Bdrive. Die Festplatte ist zuverlässig ver-
schlüsselt. Das vs-top ist vom BSI zugelas-
sen für die Geheimstufen Verschlusssache
– Nur für den Dienstgebrauch, NATO und
EU Restricted. (gwh)
Systembetreuung P-3C Orion
Deutschland und Norwegen haben nun
den Vertrag mit der ESG über die Sys-
tembetreuung ihrer Seefernaufklärer P-3
Orion verlängert. Während Airbus für die
Einsatzbereitschaft der Luftfahrzeuge ver-
antwortlich ist, werden die Computer der
Einsatzunterstützungsanlage durch die
ESG betreut. Die Verantwortung beider
Firmen umfasst die Instandsetzung und
Wartung, logistische Betreuung und Ob-
soleszenz-Management. (gwh)
Entscheidung zum MALE RPAS
Die Co-Contracting Group (CCG), die aus
den Unternehmen Airbus, Dassault und Le-
(Foto: Preylowski)

Bodenstartgeräte von Rheinmetall sind in Seit elf Jahren betreut die ESG gemeinsam
über vierzig Ländern im Einsatz.  (gwh) mit Airbus die acht P-3C ORION des Ma-
rinefliegergeschwaders 3 „Graf Zeppelin“
Systemlösung für Hochsichere
(Foto: Milborne One)

Cloud & Clients

Wie Unternehmensdaten gesichert wer-
den können, zeigt der IT-Spezialist genua
auf der it-sa in Nürnberg mit einer Kom-
(Foto: genua)

onardo besteht, hat nach zehnmonatiger

Arbeit ein erstes Ergebnis für das Projekt
in Nordholz und seit zwei Jahren sechs eines European MALE RPAS (Medium Al-
norwegische P-3 auf der Insel Andøya. titude Long Endurance Remotely Piloted

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 7

Umschau

(Foto: BPol)
H145M mit HForce
Ende August hat eine H145M von Airbus Helicopters einen ersten Flug mit dem kom-
pletten HForce-Waffensystem durchgeführt. HForce ist ein modulares Waffensystem,
mit dem es möglich wird, den Hubschrauber mit allen ballistischen und gelenkten
Waffen auszurüsten, also lasergelenkte Flugkörper, Kanonen, Maschinengewehre,
ungelenkte Raketen. Eine entsprechende Qualifizierung des Systems zur Nutzung
in der H145M ist für 2018 vorgesehen. Der nächste Schritt hin zur Qualifikation ist
eine Schieß-Kampagne, die in Ungarn durchgeführt wird. Danach finden Versuche
mit Lenkflugkörpern in Schweden statt. Der Erstkunde der H145M mit HForce wird
Serbien sein, das neun H145M in Auftrag gab, davon vier Kampfhubschrauber mit
HForce.  (pp) zei Super Puma landen kann. Zudem gibt
es Raum für Container, um spezielle Missi-
(Foto: Airbus)

onsmodule aufzunehmen und flexibel auf

Herausforderungen reagieren zu können.
Da von den Einsatzschiffen bereits
zwei im Juni 2017 außer Dienst gestellt
worden sind und das dritte 2018 folgen
soll, besteht Ersatzbedarf. Die neuen Schif-
fe sollen ab Dezember 2018 in Dienst ge-
stellt werden.  (gwh)

CANDL Kommunikation
von Patria
Patria liefert kompakte CANDL (Compact
Airborne Networking Data Link) Terminals
für Datenlinks von Luftfahrzeugen und leis-
tungsstarke Verstärker (High Power Ampli-
fier, HPA) an Airbus Defence and Space.
(Foto: Patria)
(Foto: Peli)

Aircraft System) vorgelegt. Diesem Ergeb-

nis konnten die an dem Vorhaben betei-
ligten Nationen (Deutschland, Frankreich,
Italien und Spanien) zustimmen, sodass
nunmehr die grundsätzliche Konfiguration
und der Antrieb feststehen. Es wurde ein
Antrieb durch zwei Turboprops gewählt.
Damit könnte das RPAS am Ende mögli-
cherweise aussehen wie der „Talarion“ von
Airbus, der allerdings noch mit Strahltrieb-
werken geplant war (siehe Modellfoto
von der ILA 2012). Der nächste Schritt der
Entwicklung ist eine Systems Requirement
Review (SRR).  (pp)
Schlagfester Schutzkoffer
speziell für Drohnen
Die Peli Air Schutzkoffer sind für den si-
cheren Transport von Drohnen geeignet.
Der ausgeschäumte Innenraum wird für
verschiedene Drohnenmodelle angebo-
ten und bietet Platz für Ersatzakkus und
Zubehör. Einige Drohnen können in Lan-
deposition transportiert werden. Mit dem
Schaumstoffeinsatz Pick N Pluck kann
der Innenraum nach Bedarf mit wenigen
Griffen angepasst werden. Mit mehre-
ren Schaumstoffeinsätzen kann derselbe
Koffer für verschiedene Drohnen verwen-
det werden, indem nur der angepasste
Schaumstoffeinsatz ausgewechselt wird.
Die harte Außenhaut schützt vor Stößen
und verhindert Beschädigungen an den fi-
ligranen Bauteilen der Drohne.  (gwh)
Einsatzschiffe für die
Bundespolizei
In der Fassmer-Werft ist das erste von drei
neuen Einsatzschiffen der Bundespolizei
auf Kiel gelegt worden. Mit dem Einschla-
gen der Schiffsnummer hat Bundesinnen-
minister Thomas de Maizière dem Schiff
sein unverwechselbares Kennzeichnen ge-
geben. Bei den Neubauten handelt es sich
um drei 86 m lange Schiffe, die eine Brut-
toraumzahl von 1980 besitzen. Sie haben
ein Hubschrauberlandedeck, auf dem auch
der größte Hubschrauber der Bundespoli-
CANDL ermöglicht die Rekonfigurierung
von Netzwerken in Kombination mit hoher
Reichweite, wie sie in netzwerksgestütz-
ten Operationen und beim Einsatz von
bemannten und unbemannten Plattfor-
men benötigt werden. Für einen einzel-
nen Datenlink mit hoher Zuverlässigkeit in
einem Netz mit mehreren Knoten liefert
CANDL acht Mbps. Damit kann es als Ba-
sis für C², dynamische Kommunikation im
Netzwerk, Video- und Sprachübertragung
eingesetzt werden. CANDL ermöglicht
weitreichende Luft-Luft- und Luft-Bo-
den-Netzwerke.  (gwh)
Doppelstruktur Galileo
Mit der Anerkennung durch das Galileo
Security Accreditation Board für die beiden
Galileo Bodenstationen und die Datenver-
bindung zwischen beiden hat das Galileo
Bodenkontrollsystem einen wichtigen Mei-
lenstein erreicht. Mit der Inbetriebnahme
der Verbindung zwischen den Standorten
Oberpfaffenhofen und Fucino (Italien) kön-
nen alle Telemetriedaten der Galileo-Satelli-

8 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 Online-Dienst

(Foto: Airbus DS)

Bezeichnung S42 für Ägypten fertiggestellt
und an den Nutzer übergeben worden.
Das erste U-Boot S41 wurde der ägypti-
schen Marine Ende 2016 übergeben. Die
weiteren zwei U-Boote sollen bis 2021
ICHE
ausgeliefert worden. Der Gesamtwert des
DER VIERZEHNTÄGLDIENST
Bauauftrags liegt über einer Milliarde Eu-
E-MAIL-BRANCH EN
grund-
Insider- und Hinter

(Foto: tkMS)
ten und die Betriebsdaten zur Absicherung
ushalt,
informationen zu Ha
der Kommunikation zwischen den Satel-
liten und den Bodenstationen zwischen ffung für
den beiden Zentren ausgetauscht werden. Rüstung und Bescha
schaft,
Das Europäische Navigationssystem Gali- Entscheider in Wirt
altung
leo stellt Positions-, Navigations- und Zeit- Streitkräften, Verw
dienste bereit. Die zurzeit verfügbaren 18
Satelliten werden im Dezember 2017 um und Politik.
weitere vier ergänzt. Bei OHB sind noch 19/201 7 – 18.
Septem ber 2017
21. Jahrga ng
vierze hntägl ich

acht Satelliten in Produktion, die die Funk- ro. Die ägyptischen U-Boote gehören zum wwi mail-s ervice

tionsfähigkeit des Galileo-Systems sicher- Typ 209/1400, eine Exportversion mit kon-
stellen sollen.  (gwh) ventionellem diesel-elektrischem Antrieb. der BWI
die Rolle
Gefechtsfeld und
Die 61 m langen U-Boote verfügen über Das neue digitale
amt für Ausrüst
ung, Informationstec
hnik und Nutzung
geladen. Über 400
der Bundes-
Teilnehmer
g hatten das Bundes

U-Boot für Ägypten

ber 2017 nach Koblenz Cyber- und Informa
tions-

acht Torpedorohre und einen Vorrat von

Zur 13. IT-Tagun e.V. am 7. Septem
und AFCEA Bonn IT-Sicherheit sowie der BWI in der
militä-
wehr (BAAINBw) mm zu den Themen zum Engagement
antes Vortragsprogra einen Ausblick
hörten ein interess BWI GmbH, gab
Meister, CEO der
technik. Ulrich
rischen IT.

Bei thyssenkrupp Marine Systems in Kiel 14 Torpedos und Flugkörpern. Die Höchst- Im Fokus der Veransta
heit der Bundesw
ltung stand die digitale
ehr. Dr. Katrin Suder,
der Verteidigung
Sicher-
Staatssekretärin
(BMVg), referierte
im
in
Bundesministerium ng, die der Cy-

ist das zweite von vier U-Booten mit der geschwindigkeit liegt bei 38 km/h.  (gwh)
die immense Bedeutu
ihrem Vortrag über fung des
weise bei der Bekämp

/ Anneken)
ber-Sicherheit - beispiels - zukommt. Digitalisierung sei
nalen Terrorism us ganz
internatio ehr und stehe
ma der Bundesw
ein aktuelles Top-The ngsministerin

(Foto: Bundeswehr
von Bundesv erteidigu
oben auf der Agenda
betonte Suder.
Ursula von der Leyen, von Bundeswehr,
Neuausrichtung
Bestandteil dieser die Besetzung der
drei
sei nicht zuletzt In-
BMVg und BWI Ludwig Leinhos,
mit Generalleutnant Aufgabe
Führungsposten (CIR), Klaus Hardy als gesamtstaatliche
Informationsraum Cybersicherheit Klaus Vitt, Staats-
spekteur Cyber- und und Informationstech- bezog sich auch
sleiter Cyber- Ebenso wie Suder auf die Wich-
Mühleck, Abteilung der der Ge- inisterium des Innern,
Ulrich Meister, Vorsitzen sekretär im Bundesm von BMI,
nik im BMVg, sowie Mit direktem Be- higen Zusammenarbeit gesamt-
CEO der BWI GmbH. tigkeit einer engmasc

Umfassendes Sensorportfolio
sei eine
1 schäftsführung und
die Chancen der Digitalisierung
für
BMVg und Bundesw ehr: Cybersicherheit
komme auch der
zug zur BWI hob Suder e Umsetzung kön- , betonte er. Dabei
hervor. Die gelungen staatliche Aufgabe Bund eine wich-
die Bundeswehr Verwaltu ng erheb- der IT-Konso lidierung
Organisation und BWI im Rahmen
ne die Effizienz von sei jedoch, dass die Bun-
Vorauss etzung tige Rolle zu. Vortrag an
lich steigern. Die ender Zahl gewinne
n appellierte in seinem

HENSOLDT präsentierte auf der DSEI Sensortechnologien in den Bereichen Radar, alisten in ausreich Klaus Hardy Mühleck IT, um die Einsatzfä
-
deswehr IT-Spezi verliere, so die Unterstützung der
r Arbeitgeber sei, eine ganzheitliche stellen. Heraus-
kann. Wer kein attraktive Zusammenarbeit mit der Wirt- ehr jederzeit sicherzu
Eine enge higkeit der Bundesw Fortsetzung Seite
2
Staatssekretärin. um Risiken besser bei-
hinaus unerlässlich, forderungen stelle

t 19/2 017
schaft sei darüber AFCEA-S
Elektronische Kampfführung, Optronik und Situationsbewusstsein. Im Bereich der managen zu können.

Industrie
Systeme
und
pez

Kompon
ial Inhalt
enten für• Koblenzer IT-Tagung
die

Freund-Feind-Erkennung zeigte HENSOLDT erstmals Teile seiner Mode-5-fähigen

militärisc
SFC und AITC (g) Für he Op
Zusammenarbeit
ge-
zieltes Stö- Frequenz
rungßerd bietet en •erha Aus der Industrieerationsführung
Als Teil der ren Vereinba em sink lten. Au-
Anbieter von
weh rwi rtsc haf

ffzelle
(c) SFC Energy AG, AITC die EFOY s t i mPro
be-
Brennsto dige Ene t der notwen-
f undswehr
mobilen Hybrid- m t e r den Behör- rgieb • edarBunde

Systeme, die zusammen mit Leonardo für 230 Mio. Euro für mehr als 450 britische
stationären und in laufendenFreq und kommen damit der
hat ei- uenz n an. Zur Rau
slösungen, und Industrie
en
kontrakte wich m- und Ge-
Stromversorgung hat tsan
und Vertriebsver-D+Sden- die „Smg hoherAirb us
Effizienz und Ser-spruch. Das und NATO
ne Partners chafts- Sicherun art Respon- gleic hen • EU im
d IT Conceptssive Jamming die AITC-Ing eni-Gerät integ
einbarung mit Advance vicequalität
gie entw
wurden
“-Tec COM INT-
hnolo- in der Instal- Aufk läru
rierte
sen. Im Rahmen icke erten stem SMA ngssy- ational
Inc (AITC) geschlos

Flugzeuge geliefert werden. Zum Messeprogramm gehörten auch das Flugsiche-

in eure vonlt.SFC-Exp Integriert ffzel-RTscout • Intern
verkauft und wartet ein System der Brennsto
z.B. die
der Vereinbarung neration lation undneue Wartungr Ge- ausfahrb
nutzt
Brennstoffzellen für elektron tennert. mit
und qualifizie are An-
AITC die EFOY Pro len ausgebil detisch
elle für Vertei-Aufklärun
g werden e
se.com ßergewö
und kann • Personen
als netzferne Stromqu kund www.SFC-Defen in Se- hnliche Res au-
in Testumgebungen enbruchteilen om erzielen. ultate
digungssysteme TCInc.c

rungsradar ASR, das Schiffsradar TRS-4D, das zurzeit in die neuen Fregatten der
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. etwa für räte sind
und Trainingsstationen kannt und IED er- in verschie Ge-
mit schm Streitkrä denen
Bandbre aler ften und
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quenz des u die Fre- tionen
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Deutschen Marine und in die LCS der U.S. Navy eingerüstet wird, sowie MILDS, der
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Flugkörperwarnsensor für Hubschrauber und Flugzeuge. Das Drohnenabwehrsystem

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 Gütern sensib Damit ist
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für ren
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Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 9

 SICHERH EIT & P O LITI K

Herausforderungen für die Sicherheits-

politik in der nächsten Legislaturperiode
Almut Möller

Die neue Bundesregierung wird in der Außen- und Sicherheitspolitik mit einer anspruchsvollen europäi-
schen und internationalen Agenda konfrontiert sein. In den Koalitionsverhandlungen muss das Feld eine
zentrale Rolle spielen. Hier braucht es konkrete Vereinbarungen jenseits von Grundsatzbekenntnissen,
damit Berlin dem Handlungsdruck und den Erwartungen an Deutschland in den kommenden Jahren
Rechnung tragen kann. In den Koalitionsverhandlungen dürften noch kontroverse Debatten um die Ziele
und Ressourcen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik und die Weiterentwicklung der europäischen
Fähigkeiten anstehen.

V
(Foto: MSC)

ier Jahre können eine Ewigkeit sein.
Den Amtsantritt der letzten Bun-
desregierung markierte Ende 2013
rückblickend die Ruhe vor dem Sturm. Zwar
wurden schon zu Jahresbeginn 2014 rhe-
torisch kraftvolle Akzente zur deutschen
Außen- und Sicherheitspolitik gesetzt. An-
gestoßen durch den damaligen Bundes-
präsidenten Joachim Gauck griffen sowohl
Verteidigungsministerin Ursula von der
Leyen als auch Außenminister Frank-Wal-
ter Steinmeier im Rahmen der Münchner
Sicherheitskonferenz im Januar 2014 des-
sen Forderung nach einer stärkeren Verant-
wortung Deutschlands für regionale und
globale Entwicklungen auf.
Dass sich die sicherheitspolitische Lage in
Europa jedoch schon innerhalb weniger
Wochen derartig dramatisch verändern
und Berlin auf völlig neue Weise in die
Pflicht nehmen würde, hatte vermutlich
zu diesem Zeitpunkt keiner der Redner im
Sinn. Im März 2014 annektierte die Russi-
sche Föderation in einem völkerrechtswid-
rigen Akt die Krim und stellte damit die
bisherige europäische Sicherheitsordnung
in Frage. Außen- und sicherheitspolitisch
durchlebte die damalige Bundesregierung
in den darauffolgenden Jahren einen per-
manenten Krisenmodus: die Konfrontation
mit Moskau, der Krieg in der Ukraine und
Au to ri n
Almut Möller ist Senior Policy Fellow
und Leiterin des Berliner Büros des
European Council on Foreign Re-
lations (ECFR), einer europäischen
Denkfabrik mit Büros in sieben eu-
ropäischen Hauptstädten, darunter
Paris, Warschau und London.
Der damalige Bundespräsident
Joachim Gauck forderte auf der
Münchner Sicherheitskonferenz
2014 die Übernahme von mehr Ver-
antwortung Deutschlands für regi-
onale und globale Entwicklungen.
die Herausforderungen hybrider Krieg-
führung, Terroranschläge in Europa und
die Ausbreitung des Islamischen Staates,
Flüchtlingsbewegungen bisher beispiello-
sen Ausmaßes, die zu erheblichen Verwer-
fungen in Deutschland und Europa führten,
das Ringen mit Teheran um eine Lösung im
Atomstreit, ein Präsident in Washington,
der die transatlantische Lastenverteilung in
Frage stellt und der zu einer tiefen Verun-
sicherung im transatlantischen Verhältnis
geführt hat, die Auseinandersetzungen mit
der Türkei Recep Tayyib Erdoğans, die bis
in die deutsche Innenpolitik hineinreichen,
weiter die Verwundbarkeiten kritischer Inf-
rastruktur, zuletzt die Zuspitzung der Krise
um das Atomprogramm Nordkoreas – die
Liste ließe sich verlängern. Bei all diesen
Themen ist Deutschland Akteur, Schau-
platz, gefragt wie nie zuvor.
Wenn jetzt die neue Bundesregierung
ihr Amt antritt, ist die „neue Verantwor-
tung“ für die Entwicklungen in der Welt
inzwischen grundsätzlich Konsens, wenn
auch mit unterschiedlichen Akzentuierun-
gen bezüglich der Ziele und Instrumente
deutscher Außen- und Sicherheitspolitik.
Die Agenda von München ist aber damit
längst noch nicht abgearbeitet. Während
man unter Deutschlands Partnern in den
vergangenen Jahren mit großem Interesse
sowohl den Review-Prozess des Auswärti-
gen Amtes – einen Konsultations- und Dis-
kussionsprozess unter dem Titel „Außen-
politik weiter denken“ – als auch den Weiß-
buch-Prozess zur Sicherheitspolitik verfolgt
hat, wird von der neuen Bundesregierung
absehbar nun weniger „Nachdenken“ und
noch mehr „Handeln“ erwartet. Wird eine
künftige Bundesregierung die Erwartun-
gen tatsächlich einlösen können, dauerhaft
deutlich größere Ressourcen für deutsche
und europäische Sicherheit aufzubringen?
Gleichzeitig wird von Berlin auch erwartet,
sich mit Ideen und Konzepten der zuneh-
menden Schwächung der westlichen Insti-
tutionen entgegenzustellen. Deutschland
hat hier viel zu verlieren, ist es doch als Ex-
portmacht wie kaum ein anderes Land auf
eine regelbasierte globale Ordnung mit of-
fenen Märkten angewiesen. Wie aber sol-
len sich die Europäer neu aufstellen ange-
sichts der Sicherheitsbedrohungen in und
um Europa herum, gepaart mit einer neuen
Unberechenbarkeit der Ziele US-amerikani-
scher Außen- und Sicherheitspolitik?

10 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 SICHERHEIT & P O LITI K 

Die Rolle der EU neu

(Foto: NATO)
gestalten
Für Berlin lag das Augenmerk in den ver-
gangenen Jahren vor allem auf der Schwä-
che und schwindenden Strahlkraft der
Europäischen Union. Mit dem Referendum
zum „Brexit“, dem Austritt Großbritanni-
ens aus der EU, wurde im Jahr 2016 auf
einmal greifbar, was bis zu diesem Zeit-
punkt undenkbar schien: dass die EU nicht
etwa weiter an Mitgliedern gewinnt und
sich somit dauerhaft als Ordnungsmodell
für den europäischen Kontinent nach dem
Ende der Blockkonfrontation durchsetzt,
sondern dass sie stattdessen schrumpft –
und vielleicht sogar implodiert. Dabei be-
zog der Schock in Berlin sich nicht in ers-
ter Linie auf den Austritt der Briten, den Am 25. Mai 2017 trafen sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel
man irgendwie erwartet und einkalkuliert zu einem NATO-Sondertreffen. Auch die Kanzlerin – im Bild mit NATO-
hatte. Tiefe Sorge bereitete vielmehr die Generalsekretär Jens Stoltenberg – hatte auf beschwichtigende Worte
Perspektive, dass es zu einem Dominoef- des US-Präsidenten gehofft.
fekt kommen könnte und weitere Staaten
die zu diesem Zeitpunkt tief zerstrittene prognostizierte, dass weitere EU-Länder der Europäer längst genüsslich für die ei-
Union verlassen könnten. In diese Wun- diesem Beispiel bald folgen würden. Die genen Ziele nutzten.
de streute dann ausgerechnet der neue Vereinigten Staaten stellten damit vor aller Wer diese Art von Freunden hat, braucht
US-Präsident Salz. Wenige Tage vor seiner Weltöffentlichkeit das Ordnungsmodell Eu- keine Feinde, mag man sich im Kanzleramt
Amtseinführung im Januar 2017 gratulierte ropäische Union in Frage, und das zu einem und am Werderschen Markt gesagt haben.
Trump in einem langen Interview in einer Zeitpunkt, zu dem die Union sichtlich um Mit einem Schlag gerieten sowohl deren
deutschen Boulevard-Zeitung im Plauder- den Zusammenhalt kämpfte und Mächte europäischer als auch transatlantischer
ton den Briten zu ihrem klugen Schritt und wie Russland und China die Selbstzweifel Pfeiler ins Wanken. Und in Berlin erkannte

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neue Technologien auf den Prüfstand und überführen sie in konkrete Lösungen für die Bundeswehr-IT: von der
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„Bundeswehr-Cloud“ bis zur sicheren virtuellen Desktop-Infrastruktur. Als IT-Systemhaus der Bundeswehr verstehen
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wir Ihre Herausforderungen in allen Bereichen und haben die passenden Lösungen schon parat – von der IT-
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Beratung über die Umsetzung bis hin zum sicheren Betrieb innovativer Lösungen.
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 SICHERHEIT & P O LITI K
man jetzt in bedrohlicher Klarheit, wieviel
Deutschland zu verlieren hat, wenn sowohl
die EU als auch die transatlantische Allianz
ihre Selbstverständlichkeit verlieren. „Ich
denke, wir Europäer haben unser Schicksal
selber in der Hand“, so Angela Merkel nach
den Informationen des Bundespresseamts
in einer Pressekonferenz im Januar 2017
anlässlich des Besuchs des neuseeländi-
schen Premierministers, angesprochen auf
die Prognose Donald Trumps zum Zerfall
der EU. „Ich werde mich weiter dafür ein-
setzen, dass die 27 Mitgliedstaaten intensiv
und vor allen Dingen auch zukunftsgerich-
tet zusammenarbeiten”.
In all ihrer Schlichtheit zeigt diese Botschaft
eine klare strategische Entscheidung. In
Berlin weiß man aus den letzten Begeg-
nungen und jüngsten Entwicklungen so-
wohl in Großbritannien als auch in den
USA, dass die Beziehungen derzeit durch
Unberechenbarkeit, gar Unzuverlässigkeit,
gekennzeichnet sind, und dass vor allem
mit Washington grundsätzliche Unterschie-
de im Blick auf europäische und globale
Fragen bestehen. Und gleichzeitig weiß
man um die eigene vergleichsweise große
Gestaltungskraft innerhalb der Europäi-
schen Union. Berlin hat seitdem einiges
daran gesetzt, dem Eindruck entgegen zu
wirken, dass die EU ein Auslaufmodell ist.
Deutsch-französische
Zugmaschine erneuert
Ein wesentlicher Ausdruck des Bekenntnis-
ses Berlins zur Zukunft der EU sind dabei
auch die neuen Initiativen zur Stärkung der
sicherheitspolitischen Handlungsfähigkeit
der EU. Hier haben Berlin und Paris bereits
im Herbst 2016 die Initiative ergriffen und
die anderen Mitgliedstaaten für eine He-
bung des sicherheitspolitischen Potentials,
das in mehr Kooperation im EU-Rahmen
liegt, mobilisiert. Diese Debatte fokussiert
sich gegenwärtige vor allem auf das Instru-
ment der Ständigen Strukturierten Zusam-
menarbeit, das auf einen Ausbau der eu-
ropäischen Verteidigungsfähigkeit abzielt
und mehr Kohärenz in der europäischen
Sicherheitspolitik schaffen soll.
Auch hinsichtlich der Zusammenarbeit
zwischen EU und NATO ist in den vergan-
genen Monaten auf Seiten der EU eine
neue Ernsthaftigkeit zu spüren. Wer sich
mit EU-Sicherheits- und Verteidigungs-
politik beschäftigt, hat zugegeben schon
viele derartige Initiativen erlebt. Die dra-
matische Zuspitzung des sicherheitspoliti-
schen Umfelds der EU-Staaten, verbunden
mit den Fragezeichen an die USA Donald
Trumps, spricht jedoch dafür, dass es tat-
sächlich eine neue Ernsthaftigkeit für den
Ausbau der europäischen Sicherheitspoli-
12 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Der EU-Gipfel Ende Juni 2017 ist mit konkreten Ergebnissen, insbesondere
der Verteidigungszusammenarbeit, zu Ende gegangen.
tik gibt. Dreh- und Angelpunkt ist hier die
deutsch-französische Kooperation, an die
sich seit der Wahl von Emmanuel Macron
zum Präsidenten zu Recht hohe Erwartun-
gen richten. Die Ankündigung von Paris
und Berlin im Juli 2017, den Bau eines ge-
meinsamen Kampfflugzeugs vorantreiben
zu wollen, haben die Verteidigungsexper-
ten und Frankreich-Kenner Claudia Major
und Christian Mölling als „Paukenschlag“
bezeichnet. Zugleich ist dieses Projekt auch
eine klare Reaktion auf die Verunsicherung
in den Beziehungen zu Großbritannien und
den USA.
Die neue Bundesregierung wird nun die
Aufgabe haben, dieses neue Bekenntnis
zur EU als Sicherheitsakteur voranzutrei-
ben und mit den notwenigen finanziellen,
konzeptionellen und politischen Ressour-
cen zu festigen. Dazu gehört auch, sich mit
London darüber zu verständigen, wie eine
konstruktive Zusammenarbeit nach dem
Austritt des Landes aus der EU aussehen
kann. Großbritannien verfügt im europä-
ischen Vergleich über erhebliche Ressour-
cen, die der EU verloren gingen, und hat
umgekehrt ein Interesse an einer künfti-
gen sicherheitspolitischen Einbindung in
die EU. Es erscheint aus taktischen Erwä-
gungen für beide Seiten momentan kein
guter Zeitpunkt, sich über diese Zukunfts-
fragen zu beugen. Im Vordergrund stehen
gegenwärtig die Verhandlungen über die
Abwicklung der britischen Mitgliedschaft.
Es wäre jedoch ratsam, wenn sich die neue
Bundesregierung angesichts der drängen-
den Probleme dieses Themas zügig an-
nimmt und sichtbar Brücken in Richtung
London baut.
Es geht bei den jüngsten Sicherheitsini-
tiativen im EU-Rahmen jedoch nicht nur
um konkrete Projekte – so wichtig diese
auch sind, um die europäischen Ambiti-
onen sichtbar und glaubwürdig zu unter-
mauern. Vielmehr müssen die Europäer
für sich ausbuchstabieren, welche spezi-
fischen Anforderungen an ihre europäi-
sche Sicherheits- und Verteidigungspolitik
bestehen, welche Ziele sie verfolgen und
welche Konsequenzen dies für die Wahl
der Mittel und Ressourcen hat. Hierzu
(Foto: Bundesregierung)
ist in gewisser Weise eine intellektuelle
Emanzipation von den Konzepten der
„Pax Americana“ notwendig, die die
EU-Mitglieder bisher noch zu wenig ge-
meinsam vollzogen haben – eine Debatte,
die sowohl zwischen den EU-Mitgliedern
als auch zwischen den unterschiedlichen
parteipolitischen Strömungen auch in
Deutschland Konfliktlinien konturieren
wird. Dieser Kontroverse, die sich zuletzt
auch im deutschen Bundestagswahl-
kampf etwa entlang des „Zwei-Prozent-
Ziels“ für die Verteidigungsausgaben an-
gedeutet hat, werden die Europäer jedoch
nicht ausweichen können, wenn sie ernst
machen wollen mit dem Projekt einer „Si-
cherheitsunion“.
Für Berlin muss damit jetzt die bessere Aus-
stattung der Instrumente der Sicherheits-
politik hoch auf der Agenda der Koalitions-
verhandlungen stehen. Dies gilt weiterhin
für die Ausstattung der Bundeswehr, aber
in gleicher Priorität auch für die personel-
len und materiellen Ressourcen der zivilen
Pfeiler deutscher Sicherheitspolitik. Dazu
gehört die Ausrüstung von Organisationen
wie dem Technischen Hilfswerk wie auch
die Rekrutierung von einer größeren Zahl
an Militär- und Wahlbeobachtern.
Muss die EU „amerikafrei“
operieren können?
Gleichzeitig gilt es, den Kurs der vergan-
genen Bundesregierung fortzusetzen, sich
mit ehrgeizigen Initiativen in die NATO ein-
zubringen und weiter zu versuchen, mit
Gleichgesinnten in der US-Administration
auf das Weiße Haus einzuwirken, sich wie-
der unmissverständlich zur NATO und zum
Bündnisfall zu bekennen. Sollte dies nicht
gelingen, kommt auf die neue Bundesre-
gierung und ihre europäischen Partner eine
gigantische Aufgabe zu, die nicht weniger
ist als eine grundlegende Neuaufstellung
der europäischen Sicherheitsarchitektur.
Schließlich wird es für die künftige Bun-
desregierung auch darauf ankommen, sich
offen für neue Allianzen zu zeigen. Wenn
Washington sich anschickt, die Welt zum
Nullsummenspiel zu erklären, in der das

Recht des Stärkeren gilt, hat Berlin ein Inte-
resse daran, über den EU-Rahmen hinaus
weiter an Allianzen zu arbeiten, die diesem
Weltbild nachdrücklich das Bekenntnis zu
Kooperation, Multilateralismus, Menschen-
rechten und einer regelbasierten Ordnung
entgegensetzen. Deutschland hat gute
Voraussetzungen für eine solche Rolle, die
der Politikwissenschaftler Jan Techau in sei-
nem Buch „Führungsmacht Deutschland:
Strategie ohne Angst und Anmaßung“ vor
kurzem als „dienende Führung“ konzipiert
hat.
Was zum Antritt der letzten Bundesregie-
rung im Jahr 2013 bereits in der Luft lag und
sich in den Reden auf der Münchner Sicher-
heitskonferenz abbildete, ist 2017 Realität
deutscher Außen- und Sicherheitspolitik:
„Die Welt ist aus den Fugen geraten“, so
der damalige Außenminister Frank-Walter
Steinmeier. Deutschland und Europa sehen
sich nicht nur mit einer großen Anzahl von
Krisen und Konflikten konfrontiert, die ihre
Interessen direkt betreffen, sondern auch
mit einer neuen Qualität von Bedrohungen
und Unsicherheiten. Selbst der transatlan-
tische Pfeiler der europäischen Sicherheits-
architektur wankt inzwischen – wo wenn
nicht dort kann man dann überhaupt noch
Gewissheit und Berechenbarkeit finden?
Aus deutscher Sicht am ehesten noch in
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der Europäischen Union, in die die Bundes-
regierung zuletzt wieder zurecht verstärkt
investiert hat, dies aber mit noch größe-
rer Risikobereitschaft tun muss, um die EU
dauerhaft aus ihrer tiefen inneren Krise he-
rauszuführen.
Jenseits der konkreten und akuten Krisen-
fälle, die ihre Aufmerksamkeit im Tagesge-
schäft verlangen, muss die Politik vor allem
auch die strukturellen Fragen der Verschie-
bungen im internationalen System im Blick
halten, um deutsche und europäische Si-
cherheitsinteressen neu zu vermessen und
durchzusetzen. Dazu gehört auch – oder
insbesondere –, offen, sensibel und recht-
zeitig aus neu sich ergebende Interessen,
z.B. bei der Beschaffung von Rohstoffen,
politische Konsequenzen zu ziehen. Für
diese Art der vorausschauenden Analyse
braucht es ausreichend Personal und Ex-
pertise.
Umfragen zeigen immer wieder, dass es
für die Menschen in Deutschland leichter
ist, eine stärkere außen- und sicherheits-
politische Rolle ihres Landes zu akzeptie-
ren, wenn diese fest in den europäischen
Rahmen eingebettet ist. Es ist vermutlich
über die Erfahrung des „nie wieder allein“
hinaus auch die Assoziation von der EU
als Friedensgemeinschaft, die diese Ein-
stellung in der Bevölkerung prägt. Die
.............................
PETER NEUMANN MARINE 2018
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SICHERHEIT & P O LITI K 
Friedensgemeinschaft aber muss jetzt ler-
nen, sich unter erschwerten Bedingungen
zu behaupten. Inwieweit dies die Zustim-
mungswerte zu europäischer Kooperati-
on in der Sicherheitspolitik zum Negativen
verändert, wird sich erst noch zeigen. Es
ist dabei nicht nur aus demokratischen
Erwägungen geboten, sich jetzt für in-
formierte öffentliche Debatten zu außen-
und sicherheitspolitischen Fragestellun-
gen einzusetzen. Diese hat zuletzt auch
im Bundestagswahlkampf zu wenig statt-
gefunden – dabei gab es doch genügend
Diskussionsstoff auch jenseits des plaka-
tiven Zwei-Prozent-Ziels, über das wenn
überhaupt nur grobschlächtig debattiert
wurde. Deutschland braucht eine Debat-
tenkultur, die mit seiner gewachsenen
internationalen Rolle Schritt halten kann.
Diese wäre auch ein wichtiger Beitrag zur
Stärkung der Resilienz einer Gesellschaft
gegenüber politischer Propaganda, die
gerade in hybrider Kriegführung eine
Renaissance erfährt. Für die Politik heißt
das, die Anstrengungen zu verstärken, mit
den Menschen in Deutschland zu Fragen
der Außen- und Sicherheitspolitik ins Ge-
spräch zu kommen. Den neugewählten
Abgeordneten des Deutschen Bundestags
kommt hier eine besondere Rolle und Ver-
antwortung zu. L
Die Deutsche Marine ist welt-
weit im Einsatz und leistet national
wie international ihren Beitrag
zur maritimen Sicherheit.
Der international renommierte
Seefotograf Peter Neumann hat die
Boote und Schiffe der Marine in
spektakulären Bildern einge-
fangen. Die Aufnahmen der Fregatten,
Tender, Korvetten und Einsatz-
gruppenversorger zeigen den
spannenden Alltag der Deutschen
Marine hautnah.
 SICHERHEIT & P O LITI K

Vorwärts, Resilienz!
Vorschläge zum Resilienzausbau in Deutschland
Michael Hanisch

Im Weißbuch der Bundesregierung 2016 ist der Begriff der Resilienz erstmalig in einem strategisch-sicher-
heitspolitischen Dokument in Deutschland prominent aufgeführt. Darin wird der Krisenfestigkeit gegen-
über heutigen und zukünftigen Gefahren und Bedrohungen sogar eine derart herausgehobene Bedeutung
beigemessen, dass deren Förderung zu den fünf wichtigsten nationalen Gestaltungsfeldern deutscher
Sicherheitspolitik zählt. Doch trotz dieses klaren Bekenntnisses zum Resilienzausbau in Deutschland fehlt
es seit der Veröffentlichung des Weißbuchs (noch) an substanziellen Fortschritten. Ein auf breiter Partizipa-
tion ausgerichteter Prozess, der in einer Art „Nationalem Aktionsplan Resilienzstärkung“ mündet, umfas-
sende Investitionen sowie die gezielte Förderung gesamtgesellschaftlichen Engagements könnten hierfür
die richtigen Weichen stellen.

A
(Foto: Bundeswehr)

ls das Weißbuch der Bundesregie- ist als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu

rung im Juli 2016 veröffentlicht
wurde, überraschte es wenig, dass
man darin dem Aufbau von gesamtstaat-
licher wie gesamtgesellschaftlicher Resili-
enz eine zentrale Rolle für die Sicherheit
Deutschlands zuschrieb. Denn die Forde-
rung folgte einer einfachen Erkenntnis:
Offene Gesellschaften bleiben trotz best-
möglicher Schutzmaßnahmen angesichts
eines unverändert komplexen und dyna-
mischen Sicherheitsumfeldes verwund-
bar. Insofern ist die Stärkung der eigenen
Krisenfestigkeit, das heißt, das effektive
Umgehen, Verkraften und Anpassen an
unvermeidliche Störungen wie etwa Um-
weltkatastrophen, Terroranschläge oder
Propaganda ein elementarer Baustein für
eine umfassende, gesamtstaatliche Sicher-
heitsvorsorge. Auch wenn das Weißbuch
2016 einige Leitlinien für die Resilienzstär-
kung enthält, wie etwa die Weiterentwick-
lung bestehender (Infra-)Strukturen und
Verfahren oder den Ausbau von Kapazitä-
ten zur frühzeitigen und präventiven Iden-
tifizierung von Verwundbarkeiten, so gibt
das Dokument jedoch nur sehr generische
Antworten darauf, wie der Ausbau einer
Gesamtresilienz künftig vonstattengehen
soll. Dies ist aufgrund der Ansiedlung des
Weißbuchs auf der strategischen Ebene
Au to r
Oberstleutnant i.G. Michael Ha-
nisch ist Persönlicher Referent des
Präsidenten der Bundesakademie für
Sicherheitspolitik. Der Autor gibt sei-
ne persönliche Meinung wieder.
Die Bundesministerin der Vertei-
digung, Ursula von der Leyen, bei
der Vorstellung des neuen Weiß-
buches 2016 in der Bundespresse-
konferenz.
nachvollziehbar; in der Konsequenz man-
gelt es daher bislang allerdings an konkre-
ten beziehungsweise substanziellen Fol-
geschritten. Klar ist nur: Resilienzbildung
verstehen, die eines vernetzten Zusam-
menwirkens von Staat, Wirtschaft, Wis-
senschaft und Gesellschaft bedarf. Welche
Maßnahmen könnten also ergriffen wer-
den und welche Rahmenbedingungen soll-
ten gegeben sein, um den Resilienzaufbau
in Deutschland weiter voranzubringen?
Maßnahmen zur Weiter-
entwicklung des Resilienz-
ausbaus in Deutschland
Die bereits im Weißbuch 2016 unterstriche-
ne Komplexität des Auf- und Ausbaus von
Resilienz macht es zuallererst erforderlich,
die verschiedenen Expertisen, Perspektiven
und Erfordernisse aus Staat, Wirtschaft,
Wissenschaft und Gesellschaft zur Förde-
rung von Resilienz koordiniert zusammen-
zutragen. Dazu würde aber auch gehören,
diesbezügliche Erfahrungen und Initiati-
ven auf internationaler Ebene wie etwa in
NATO oder EU sowie von Partnerstaaten
(beispielsweise Israel) einzubeziehen. Vor-
stellbar wäre dafür ein angeleitetes, auf
breiten Dialog und inklusive Teilhabe aus-
gelegtes Verfahren, vergleichbar mit den
unterschiedlichen Partizipationsphasen im
letzten Weißbuchprozess oder den Pro-
zessen Review 2014 und PeaceLab 2016
seitens des Auswärtigen Amtes. Allein
dem Partizipationsprozess selbst käme be-
reits eine enorm wichtige Bedeutung mit
Blick auf den weiteren Resilienzausbau in
Deutschland zu. Zwei wesentliche Gründe
sprechen dafür. Erstens erlaubt der Dialog
zwischen allen Akteuren ein gemeinsames
Verständnis davon zu entwickeln, welche
unterschiedlichen Verwundbarkeiten exis-

14 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


tieren und welches (akzeptable) Risikoni-
veau sich daraus für Staat, Wirtschaft und
Gesellschaft ergibt. Dies könnte wiederum
zu einer breiteren Akzeptanz der Notwen-
digkeit der Resilienzförderung in Deutsch-
land beitragen und gleichzeitig ermögli-
chen, dass der im Weißbuch eingeforderte
gesamtstaatliche und gesamtgesellschaft-
liche Ansatz bereits von Beginn an auf ei-
nem stabilen Fundament stünde. Zweitens
böten Debatten zum weiteren Ausbau von
Resilienz in Deutschland die Möglichkeit,
eine der häufigsten auftretenden Kritiken
gegenüber Resilienz zu entkräften. Dem-
nach handele es sich bei dem Konzept im
Prinzip nicht mehr als um alten Wein in
neuen Schläuchen. Die Kritik basiert auf
der Tatsache, dass es auch bevor der Begriff
Resilienz in den letzten Jahren gerade im Si-
cherheitsumfeld prominent wurde, bereits
Konzepte gab, die darauf abzielten, sich
bestmöglich auf Krisenfälle vorzubereiten
und diese so unbeschadet wie möglich zu
überstehen.
In der Folge können durchaus Strukturen
und Instrumente existieren, die bereits re-
silienzfördernd sind beziehungsweise ein
hohes Maß an Resilienz bieten, ohne dass
diese allerdings (bisher) so benannt wer-
den. Dies trifft für Deutschland besonders
im Bereich des Bevölkerungsschutzes und
der Katastrophenhilfe zu. So tragen bei-
spielsweise die 2009 erlassene „Nationale
Strategie zum Schutz Kritischer Infrastruk-
tur“ (KRITIS-Strategie) als auch die erst im
Sommer 2016 neu erlassene „Konzeption
Zivile Verteidigung“ bereits effektiv zu Kri-
senprävention und Krisenmanagement in
Deutschland bei. Doch letztlich bilden die
damit verbundenen Fähigkeiten nur einen
ganz spezifischen Bereich von Resilienz ab.
Es gibt aber weitaus mehr Formen von Kri-
senfestigkeit, etwa eine robuste Wirtschaft
oder die psychische Bewältigungskompe-
tenz von Individuen oder Kollektiven, die
einer Extremsituation ausgesetzt waren.
Insofern ließe sich in den Debatten gemein-
sam erörtern, inwieweit bereits bestehen-
de Aktivitäten und Projekte im Kontext von
Resilienzförderung einzuordnen sind, wie
diese gegebenenfalls noch besser mitein-
ander verknüpft werden können und wo,
basierend auf der gemeinsamen Analyse
von Verwundbarkeiten und Risiken, noch
besonderer Ausbaubedarf besteht. Damit
können künftige Resilienz-Initiativen einen
wirklichen Mehrwert für die umfassende
Sicherheitsvorsorge leisten. Idealerweise
münden die Ergebnisse des Dialog- und
(Foto: mawibo media)
Partizipationsprozesses in einem Doku-
ment, das den strategischen Rahmen für
den Resilienzausbau in Deutschland setzt
sowie konkrete Schritte zu dessen Reali-
sierung benennt. Um diesem Anspruch
gerecht zu werden, sollte diese Art „Natio-
naler Aktionsplan Resilienzstärkung“ min-
destens folgende vier Aspekte beinhalten:
Ein Rahmenmodell schaffen
Erstens braucht es ein einheitliches Ver-
ständnis zu Resilienz. Aufbauend auf den
bereits im Weißbuch 2016 gemachten
Grundzügen wäre zum einen detailliert zu
beschreiben, was konkret unter Krisenfes-
tigkeit in der Praxis verstanden wird. Das
bedeutet grundlegende Eigenschaften
und Fähigkeiten zu definieren, die Resilienz
im Kern ausmachen wie etwa Robustheit,
Flexibilität oder Inklusivität. Diese wären
Grundvoraussetzung, um überhaupt ge-
zielte Maßnahmen zur Resilienzförderung
entwickeln oder auch die (gewünschte)
Ausprägung von Resilienz bestimmen zu
können. Zum anderen ist auszubuchsta-
bieren, woraus sich denn die im Weiß-
buch 2016 angesprochene Gesamtresili-
enz Deutschlands genau zusammensetzt.
Aufgrund der zu erwartenden Vielzahl an
Bereichen in Staat, Wirtschaft und Gesell-
schaft, in denen Resilienz(-ausbau) eine
entscheidende Rolle spielt, wäre die Ent-
wicklung eines Resilienz-Rahmenmodells
hilfreich. Darin würden die einzelnen Berei-
che in Kategorien zusammengewfasst so-
wie wesentliche Anforderungen, die es da-
bei zu erfüllen gibt, benannt. Am Beispiel
für den Katastrophenschutz könnte dies
lauten, dass neben der Erbringung staat-
licher und unternehmerischer Vorsorge-
und Bewältigungsmaßnahmen auch eine
gesellschaftliche Selbsthilfe erforderlich ist.
Priorisieren und Ziele setzen
Zweitens muss Klarheit über die Ziele des
Resilienzausbaus in Deutschland gewon-
nen werden. Hier würde es sich anbieten,
diese bezogen auf die jeweiligen Katego-
rien im Resilienz-Rahmenmodell wie etwa
Cyber oder Gesellschaft zu formulieren.
Aufgrund begrenzter Ressourcen und
Kapazitäten zur Resilienzstärkung wird
allerdings auch die Notwendigkeit beste-
hen, abzustimmen, wer oder was beson-
ders verwundbar ist und wessen Resilienz
eine höhere Relevanz beziehungsweise
eine kritische Größe für die gesamtge-
sellschaftliche Sicherheit hat. Das können
bestimmte Personen- oder Berufsgruppen
(wie Polizei-, Feuerwehr- und medizinisches
Personal) oder auch sensible Infrastruktur
(IT-Netzwerke) sein. Dies erfordert im Um-
kehrschluss, Schwerpunkte zur Stärkung
von Krisenfestigkeit auf jeweils kurz-, mit-
tel- und langfristiger Perspektive zu setzen.
Derartige Prioritätensetzungen bergen
jedoch eine hohe politische Brisanz und
bedürfen daher auch der Entscheidung
auf höchster politischer Ebene. Zur Erör-
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
SICHERHEIT & P O LITI K 
terung und Vorbereitung derartiger, im
umfassenden Sicherheitsverständnis zu
verortenden Entscheidungen, könnte ein
neuer interministerieller Ausschuss beim
Bundessicherheitsrat eingerichtet werden,
der zugleich die Funktion übernimmt, die
Beiträge der Ressorts zu den verschiede-
nen Maßnahmen der Resilienzförderung
aufeinander abzustimmen. In Ergänzung
dazu würde auch die Einrichtung eines
Bundesbeirats für Resilienzförderung beim
Bundeskanzleramt Sinn machen. Mit Ver-
tretern aus allen relevanten staatlichen und
gesellschaftlichen Bereichen könnte dieser
als beratendes Gremium zu allen Fragen
rund um den Resilienzausbau fungieren.
Konkrete Projekt entwerfen
Drittens braucht es einen Katalog mit
konkreten Maßnahmen und Initiativen
zum Resilienzausbau in Deutschland, der
sich idealerweise aus den Kategorien des
Resilienz-Rahmenmodells sowie den po-
litischen Zielvorgaben ableitet. Für jede
einzelne Maßnahme wäre dabei zum ei-
nen festzusetzen, welcher Akteur grund-
sätzlich verantwortlich für die Umsetzung
ist und wie die anderen Akteure dazu
beitragen sollen. Zum anderen sind die
Strategien, Instrumente und Werkzeuge
auf politischer, sozialer, technischer oder
wirtschaftlicher Ebene zu bestimmen, mit
denen letztlich die Resilienzförderung um-
gesetzt wird. Um hierbei dem Anspruch
von nachhaltiger Resilienzbildung als ge-
samtgesellschaftliche Aufgabe gerecht
zu werden, sollte eine Balance zwischen
Top-down- und Bottom-up-Maßnahmen
gefunden werden, die eine echte Verant-
wortungsteilung zwischen dem Staat auf
der einen und Wirtschaft, Wissenschaft
und Gesellschaft auf der anderen Seite
ermöglicht. Ein Beispiel für einen solchen
Bottom-up-Ansatz könnte zum Beispiel
darin bestehen, Resilienzpartnerschaften
auf lokaler oder kommunaler Ebene –
etwa in einem Ballungszentrum oder in
einer Großstadt – zu etablieren. Die über
derartige Pilotprojekte im Kleinen ge-
wonnenen Erfahrungen zur Vernetzung
zwischen den Akteuren und des gemein-
samen, effektiven Handelns im Falle von
Störungen ließen sich dann auf andere
Regionen übertragen, sodass ein schritt-
weiser Resilienzaufbau von unten nach
oben stattfindet.
Indikatoren definieren um Ergebnis-
se zu evaluieren
Und schließlich viertens bedarf es nationa-
ler Resilienz-Indikatoren. Denn nur wenn
klar ist, wie eine spezifische Krisenfestig-
keit gemessen werden kann, lässt sich auch
feststellen, zu welchem Maß diese bereits
15
(Foto: BBK)
Mit der Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes, kurz
Warn-App NINA, kann man wichtige Warnmeldungen des Bevölkerungs-
schutzes für unterschiedliche Gefahrenlagen wie zum Beispiel Gefahr-
stoffausbreitung oder einem Großbrand erhalten.
existiert, wie wirksam Maßnahmen zu de-
ren Förderung sind und inwieweit politi-
sche Zielvorgaben erreicht wurden.
Rahmenbedingungen für
den weiteren Resilienzaus-
bau in Deutschland
Damit Resilienzstärkung in Deutschland er-
folgreich sein kann, müssen zudem zwei
wesentliche Rahmenbedingungen Berück-
sichtigung finden. Erstens, Resilienzbildung
kostet Geld. Denn egal welcher Resilienz-
grad auf politischer, sozialer, technischer
oder wirtschaftlicher Ebene bereits in
Deutschland in den verschiedensten Be-
reichen existieren mag, ohne zusätzliche
Investitionen wird sich dieser in Zukunft
kaum halten geschweige denn verbessern
lassen. Gerade mit Blick auf die Festigkeit
gegenüber neueren, hybriden Verwund-
barkeiten wie etwa durch Cyber-Angriffe
oder Propaganda/Propagandakampagnen
in sozialen Onlinemedien gibt es noch viel
Verbesserungsbedarf. Doch damit nicht
genug. Auch in personelle Kapazitäten und
die stärkere Vernetzung zwischen staatli-
chen, wirtschaftlichen und gesellschaftli-
chen Akteuren muss zwingend investiert
werden. So brauchen permanente oder ad
hoc zu besetzende Strukturen wie etwa
Krisenstäbe auf allen Ebenen im angemes-
senen Umfang Personal, regelmäßiges Trai-
ning sowie den Zugang zu erforderlichen
Informationen.
Zweitens, Resilienzbildung erfordert ech-
tes gesamtgesellschaftliches Engagement.
Grundsätzlich hat der privatwirtschaftliche
Sektor ein Eigeninteresse daran, die Stör-
16 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
und Ausfallanfälligkeit seiner Dienst- oder
Serviceleistungen zu minimieren. Doch die
primär unter wirtschaftlichen Gesichts-
punkten laufenden Planungen müssen
nicht immer zwingend mit gesamtstaatli-
chen Resilienzzielen übereinstimmen. Da
letztere allerdings ohne eine umfassende
Einbindung und intensive Abstimmung mit
der Industrie nur schwer erreichbar sind,
sollte der Staat einerseits an die Eigenver-
antwortung der Wirtschaft zu ihrem un-
verzichtbaren, gesamtgesellschaftlichen
Beitrag für nationale Resilienzförderung
appellieren, andererseits aber auch kon-
krete Auflagen und Anforderungen hier-
für formulieren. Ein gutes Beispiel hierfür
sind die „Nationale Strategie zum Schutz
Kritischer Infrastrukturen“ sowie das „Rah-
menkonzept Risiko- und Krisenmanage-
ment Betreiber Kritischer Infrastrukturen“.
Denkbar wäre darüber hinaus auch, staat-
licherseits Anreize für die Unterstützung
der Wirtschaft, etwa durch gezielte Förde-
rungsprogramme, zu schaffen.
Weitaus herausfordernder wird sich die
Förderung einer stärkeren Bereitschaft zur
(Eigen-) Beteiligung der Bürger am Resili-
enzausbau gestalten. Bezeichnend hierfür
war die von Veralberung geprägte Diskus-
sion um das Vorhalten von Notfall-Vorräten
zur Eigenversorgung, die sich bei der Ver-
öffentlichung der neuen „Konzeption Zivile
Verteidigung“ im Sommer 2016 entfachte.
Doch die Krisenfestigkeit jedes einzelnen
Bürgers, sei es gegenüber Propaganda,
Fake News oder Terroranschlägen, bildet
letztlich einen wichtigen Baustein für die
angestrebte gesellschaftliche Gesamtresi-
lienz. Hierfür Verständnis und letztlich die
Bereitschaft zur aktiven Mitgestaltung in
der breiten Öffentlichkeit zu erzeugen, wird
einiges an Aufklärungs- und auch Überzeu-
gungsarbeit erfordern. Eine Informations-
kampagne zur Bedeutung von Resilienz
sowie speziell zur Rolle und Verantwortung
der Bürger erscheint sinnvoll – etwa in Zu-
sammenarbeit mit medialen Partnern und
gesellschaftlichen Multiplikatoren. Zentral
für deren Erfolg wäre eine Gestaltung, die
erstens den gedanklichen Sprung von einer
nach größtmöglicher Unverwundbarkeit
strebenden Gesellschaft hin zur Förderung
der Festigkeit gegenüber unvermeidlichen
Krisen zu leisten vermag und die zweitens
dieses komplexe Thema zugänglich vermit-
telt ohne zugleich – Stichwort Duck and
Cover – in der zu erwartenden humoristi-
schen Begleitung durch traditionelle und
soziale Onlinemedien unterzugehen.
Fazit
Auch wenn im Weißbuch 2016 die stra-
tegischen Eckpunkte für den Auf- und
Ausbau von Resilienz in Deutschland ge-
setzt wurden, fehlt es derzeit noch an ei-
nem zielgerichteten Folgeprozess sowie
an wichtigen Rahmenbedingungen zur
praktischen Umsetzung der politischen
Absicht. Dieser notwendige Folgeprozess
könnte mit einem auf breiten Dialog und
Teilhabe ausgerichteten Verfahren ange-
stoßen werden. Dadurch ließen sich die
bereits vorhandenen Erfahrungen und un-
terschiedlichen Erwartungen in Bezug auf
die Weiterentwicklung der Resilienzförde-
rung aus Staat, Wirtschaft, Wissenschaft
und Gesellschaft zusammentragen. Gleich-
zeitig ermöglicht dieses Vorgehen, dass
nachhaltige Resilienzförderung von Beginn
an als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
vorgangetrieben und geleistet wird. Am
Ende des umfangreichen Dialog- und Par-
tizipationsprozesses sollte ein strategisches
Rahmendokument stehen, das als Leitlinie
für die künftige Umsetzung und Weiter-
entwicklung von Resilienzförderung in
Deutschland dient. Für einen solchen „Na-
tionalen Aktionsplan Resilienzstärkung“
braucht es vor allem ein einheitliches Ver-
ständnis zu Resilienz, klar formulierte Ziele
und Prioritäten deutscher Resilienzpolitik,
einen Katalog konkreter Maßnahmen und
Initiativen zur Resilienzförderung sowie na-
tionale Resilienz-Indikatoren, mittels derer
sich die Ausprägungsgrade der jeweiligen
Krisenfestigkeit ermitteln lassen. Gelingt es
darüber hinaus, ausreichend Mittel zur Re-
silienzstärkung bereitzustellen sowie ech-
tes gesamtgesellschaftliches Engagement
zu fördern, dann kommt der Resilienzaus-
bau in Deutschland einen großen Schritt
vorwärts. L
 SICHERHEIT & P O LITI K 

Nachhaltig Frieden schaffen

Interview mit der ZIF-Direktorin Almut Wieland-Karimi

Friedenseinsätze sind ein wichtiges Werkzeug bei der internationalen wir verteidigen und weitergeben wollen,
denen wir unter anderem 70 Jahre Frieden
Krisenprävention und des Konfliktmanagements. Sie sollen Gewalt in Mitteleuropa verdanken.
verhindern, ausgehandelte Waffenruhen sichern und damit einen Bei-
ES&T: Es wird viel von Friedenseinsätzen
trag leisten, nachhaltig Frieden zu schaffen. und vom vernetzten Ansatz gesprochen.
Was ist damit gemeint?

G
egenwärtig sind 800 Beobachter
der Organisation für Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa OSZE.
30 davon kommen aus Deutschland. Aus-
gesucht und ausgebildet werden deutsche
Beobachter vom Zentrum für Internati-
onale Friedenseinsätze ZIF. Das ZIF ist in
Deutschland der zentrale Ansprechpartner
für Zivilpersonal, das in internationalen
Friedens- und auch Wahlbeobachtungs-
missionen eingesetzt werden soll. Das ZIF
feierte in diesem Jahr sein 15-jähriges Be-
stehen. Aus diesem Anlass sprach Jürgen
Rahmig mit der ZIF-Direktorin Dr. Almut
Wieland-Karimi.
ES&T: Immer wieder wird gefordert,
Deutschland solle bei internationalen Mis-
sionen und Friedenseinsätzen noch mehr
Verantwortung übernehmen, vor allem
auch im zivilen Bereich. Vieles ist derzeit
in Bewegung, die Konflikte selbst haben
sich verändert. Ist Deutschland darauf ein-
gestellt?
Wieland-Karimi: Da gibt es natürlich ganz
verschiedene Aspekte. Unser Mutterhaus,
also das Auswärtige Amt, hat bei einer Um-
frage eruiert, was in der deutschen Außen-
politik anders gemacht oder worauf das
Hauptaugenmerk gelenkt werden muss.
Dabei haben sich drei Themenbereiche
herauskristallisiert: einmal Europa mit dem
Fokus auf der Europäischen Union. Dann
weltpolitische Ordnungsmodelle. Die welt-
politische Ordnung verschiebt sich zurzeit.
Die US-Amerikaner fallen mehr oder weni-
ger aus. Es entstehen mehr Regionalmäch-
te, und es gibt mehr Krisen. Krisen und
Konflikte schließlich sind der dritte große
Themenbereich. Was kann man in anderen
Ländern zum Konfliktmanagement beitra-
gen? Deutschland hat durch die Flücht-
lingskrise verstanden, dass wir das alles
nicht nur aus idealistischen Zwecken tun,
sondern auch, um Regionen zu stabilisie-
ren, damit die dort lebenden Menschen gar
nicht erst zur Flucht gezwungen werden.
Und es gibt natürlich auch die Werte, die
(Foto: BMI)
Wieland-Karimi: Wenn wir in einem an-
deren Land in einen Friedenseinsatz gehen,
spielen Soldaten eine bestimmte Rolle.
Unter anderem müssen sie, auch mit Waf-
fengewalt, erst einmal die Ruhe herstellen.
Dann müssen sie Soldaten der dortigen Re-
gierung ausbilden. Daneben müssen dann
auch einheimische Polizisten ausgebildet
werden. Und schließlich gibt es die zivilen
Expertinnen und Experten. Diese Gruppe
wird immer wichtiger, weil sie diejenigen
sind, die die begonnenen Prozesse dann
auch nachhalten müssen. Und um es mit
ein paar konkreten Zahlen anschaulicher
zu machen: Aktuell sind etwa 3.500 Bun-
deswehrangehörige, ca. 230 Polizisten und
150 zivile Experten an Auslandseinsätzen
beteiligt. Das ist mit Vernetzung gemeint.
ES&T: Was ist ein ziviler Experte und was
muss er können?
Wieland-Karimi: Ziviler Experte oder Ex-
pertin in Friedenseinsätzen ist inzwischen
eigentlich eine eigene Berufsgruppe. Das
Spektrum ist vielfältig und weit gefasst:
vom Human Rights Officer für die UNO

im Südsudan, dem Political Advisor der

EU-Mission in Afghanistan bis zum Election
Expert in Haiti.
Unsere größte Mission ist derzeit die Be-
obachtungsmission in der Ostukraine. Da-
für suchen wir permanent Monitore, also
Beobachter. Das ist eine herausfordernde
Aufgabe. Man muss Russischkenntnisse
und idealerweise auch militärische Kennt-
nisse haben. Wer einen Waffenstillstand
beobachtet, muss auch die eingesetzten
Waffen auseinanderhalten können. Im
Durchschnitt wird dort etwa 1.000 Mal am
Tag der Waffenstillstand gebrochen. Einige
dieser Spezialisten kommen aus unserem
Expertenpool. Dieser umfasst mittlerweile
etwa 1.600 Personen. Wir hatten am An-
fang, als das ZIF gegründet wurde und der
Expertenpool entstanden ist, noch sehr
breit aufgestellte Profile. Das waren Leute,
die gut Englisch konnten und die Politikwis-
Aktuell sind mehr als 200 Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei, senschaften studiert hatten. Die brauchen
der Polizeien der Länder, des Bundeskriminalamtes und der Bundeszoll- wir natürlich immer noch, aber inzwischen
verwaltung in internationalen Missionen im Einsatz. sind ganz spezielle Kenntnisse hinzuge-

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 17

 SICHERHEIT & P O LITI K
(Foto: MINUSMA)
Auch Soldaten aus Bangladesch
nehmen an der Friedensmission
MINUSMA in Mali teil.
kommen. Wir brauchen beispielsweise
auch Leute, die Satellitenbilder auswerten
können, Verwaltungsfachkräfte, die in der
Lage sind, solche Missionen mit aufzubau-
en, und Ingenieure und Logistiker.
ES&T: Und was ist ein Peacekeeper?
Wieland-Karimi: Im vergangenen Jahr
gab es etwa 160.000 Kriegstote und fast
genauso viele Peacekeeper. Das heißt:
Weltweit sind derzeit etwa 160.000 Men-
schen in Kriseneinsätzen unterwegs. Das
sind Soldaten als Peacekeeper, Polizisten
und zivile Experten in mehr als 70 verschie-
denen Einsatzländern. Von diesen sind
3.300 Deutsche. Das sind unsere Soldaten
hauptsächlich in Mali, in Afghanistan und
im Kosovo, dann einige deutsche Polizisten
in Ausbildungsmissionen und 160 deut-
sche zivile Experten in Einsätzen. Das ist
noch ausbaufähig.
ES&T: Das ZIF gibt es seit 15 Jahren. Sie lei-
ten es seit 2009. Was hat sich in dieser Zeit
verändert, seit der Zeit, als dieses Zentrum
aufgebaut wurde?
Wieland-Karimi: Die Art der Konflikte
hat sich vor allem im Vergleich zur Zeit des
Kalten Krieges völlig verändert. Heute gibt
es in Konflikten wie in Syrien oder Libyen
staatliche wie nichtstaatliche Akteure, in-
ternationale Akteure und terroristische
Gruppen und Organisation wie beispiels-
weise den sogenannten IS. Die Konflikte
sind viel komplexer und damit viel unüber-
schaubarer geworden. Das hat zur Folge,
18 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
dass die Mandate für solche Friedensein-
sätze immer länger werden. Es gibt Mis-
sionen, in denen den Peacekeepern bis zu
50 Aufgaben gegeben werden – und das
teilweise über Jahre und Jahrzehnte.
ES&T: Einen Konflikt zu beenden, ist die ei-
ne Sache. Aber damit beginnt doch erst die
eigentliche Arbeit eines Friedenseinsatzes.
Wieland-Karimi: Am wichtigsten ist im-
mer der Schutz der Zivilbevölkerung. Dann
müssen natürlich auch entsprechende In-
stitutionen aufgebaut und die Rechte der
Menschen gefördert werden. Eine weitere
Herausforderung: Durch die heutige Kom-
munikation und die Medien erfahren wir
Dinge sehr schnell. Gleichzeitig verlieren
wir aber die Aufmerksamkeit für länger
anhaltende und notwendige Prozesse. Es
ist schwierig zu erklären, warum sich die
Deutschen seit 15 Jahren in Afghanistan
engagieren und dort noch immer kein Frie-
den herrscht. Statistisch gesehen ist dazu
viel Geduld über zwei oder sogar drei oder
vier Generationen notwendig. Wenn das
so lange dauert, lässt die öffentliche Un-
terstützung nach und auch die politische
Aufmerksamkeit. Das macht es dann noch
einmal schwieriger.
 
ES&T: Wir alle wissen, dass es am besten
ist, wenn es gar nicht erst zum Ausbruch
eines bewaffneten Konfliktes kommt.
Stichwort Konfliktprävention. Man hat al-
lerdings den Eindruck, dass präventiv viel
zu wenig getan wird.
Wieland-Karimi: Alle sprechen von Kon-
flikt- und Krisenprävention. Natürlich ist
das das ökonomisch Sinnvollste. Es kommt
gar nicht erst zu so vielen Kriegstoten und
Kriegszerstörungen. Gleichzeitig ist das na-
türlich politisch unheimlich schwierig um-
zusetzen. Der neue UN-Generalsekretär
António Guterres hat – nach seiner Agenda
gefragt – gesagt: Prävention, Prävention,
Prävention. Da stellt sich die Frage: Wie
geht das am besten? Aus meiner Sicht gibt
es ein konkretes Instrument, und das ist die
Friedensmediation. Dazu werden richtig
gut ausgebildete Leute benötigt, die aus-
gezeichnet verhandeln können. Natürlich
gibt es Diplomaten, die verhandeln kön-
nen. Aber es ist etwas anderes, wenn ich
zwischen Kriegs- und Konfliktparteien und
unterschiedlichsten Ebenen verhandeln
muss. Allen geht es um Machtbeteiligung,
um Zugang zu ökonomischen Vorteilen
und um die eigene Sicherheit. Es geht aber
auch um die Ängste der Menschen und
ihre Bedürfnisse in der jeweiligen Situati-
on. Der Friedensmediator muss schauen,
wo sich Interessen irgendwie decken oder
übereinander schieben lassen. Da gelingen
dann doch immer wieder Verständigungs-
prozesse. Das sind also Leute, die Schlim-
meres verhindern. Und das wiederum muss
in die Medien.
ES&T: Ein Beispiel?
Wieland-Karimi: Eine der schönsten Er-
folgsgeschichten für Leute wie uns ist der
Friedensschluss in Kolumbien gewesen.
Der war wahnsinnig schwierig zu vermit-
teln. Man muss sich vorstellen: Nach fünf
Jahrzehnten hat man es geschafft, den
Krieg zu beenden. Nach der ersten Missi-
onsphase, die primär der Entwaffnung der
ehemaligen Rebellen diente, wird nun das
Hauptaugenmerk darauf liegen, wie die
ehemaligen Kämpferinnen und Kämpfer
in die Gesellschaft integriert werden kön-
nen und wie man mit dieser gewalttätigen
Vergangenheit umgeht. Auch wir haben
einige unserer Experten in Kolumbien, die
diesen Prozess weiter begleiten werden.
Auch der Papst verwies in seiner letzten
Reise in das Land, dass es für die kolumbi-
anische Gesellschaft noch ein langer Weg
sein wird, Vergebung und Versöhnung zu
erreichen; aber das Land ist auf einem gu-
ten Weg dahin.
ES&T: Konflikte kennen keine Grenzen
mehr und sind vielschichtig. Das heißt, es
kämpfen Soldaten, Milizen, Ausländer und
sie arbeiten zusammen mit Kriminellen,
betreiben Waffenhandel und schmuggeln
Drogen. Konflikte verselbstständigen sich,
weil viele davon profitieren, und die interna-
tionale Gemeinschaft scheint überfordert.
Wieland-Karimi: Es gibt natürlich die Kon-
flikt- oder Kriegsprofiteure. Hinzu kommt,
dass Konflikte nicht mehr an Grenzen halt
machen. Denken wir nur an die internati-
onale Organisierte Kriminalität und an den
Drogen- und Waffenhandel. Wer ist dafür
zuständig? Wir haben keine Weltpolizei. Es
gibt natürlich die Vereinten Nationen, die
sicherlich auch zu Recht von vielen kritisiert
werden. Aber ich kann nur sagen, die Ver-
einten Nationen sind lediglich so gut oder
schlecht wie ihre 194 Mitgliedstaaten es zu-
lassen. Einer ihrer finanzkräftigsten Mitglied-
staaten und größten Einzahler ist Deutsch-
land. Es ist politisch gewollt und sicherlich
auch sinnvoll, dies weiter mit personellen
Ressourcen für Friedenseinsätze zu unter-
mauern. Das gilt sowohl für Soldaten und
Polizisten, aber auch für Zivilexperten. Das
ZIF beispielsweise wird sich in der Zukunft
verstärkt für geeignete deutsche Kandida-
ten für die UN engagieren. Und unsere Po-
lizei wäre auch ein richtiger Exportschlager.
Da könnte und müsste mehr getan werden.
ES&T: Was sollte getan werden?
Wieland-Karimi: Wir bräuchten Polizisten

in einer Art von Pool. Dort müssten sie spe-
ziell für solche Einsätze ausgebildet wer-
den. Von dort aus könnten sie dann auch
rekrutiert werden. Ein solcher Pool muss
mittel- und langfristig aufgebaut werden.
Wenn wir unser Engagement in interna-
tionalen Einsätzen tatsächlich ausbauen
wollen, müssen wir Leute mit den entspre-
chenden Kenntnissen suchen. Das fängt
mit den Sprachkenntnissen an, und dazu
gehört – wie bei den Polizisten – natürlich
die Bereitschaft, auch in Konfliktstaaten zu
arbeiten. Das ist ein anderes Anforderungs-
profil, als wenn jemand in seinem Wohnort
eingesetzt bleiben will. Es gibt inzwischen
einen eigenen Bundestagsbeschluss zu
Polizeimissionen. Wir begrüßen, dass ein
Fachbereich für internationale polizeiliche
Zusammenarbeit an der Deutschen Hoch-
schule der Polizei eingerichtet wird. Außer-
dem wird jetzt jährlich in einer Parlaments-
debatte über unser deutsches Polizeien-
gagement berichtet. Davon erhofft man
sich, dass es die politische Unterstützung
aufwerten wird. Wir vom ZIF fragen uns
angesichts früherer Erfahrungen allerdings,
ob diese Ansätze auch umzusetzen sind.
Zugleich bleiben die Herausforderungen
des deutschen Föderalismus und gewisse
personelle Engpässe leider bestehen, so-
dass Deutschland nach wie vor keine grö-
BEI JEDER MISSION.
Das HForce „Plug-and-Play“-System ermöglicht Ihnen, Ihre H145M ohne großen Aufwand mit den
unterschiedlichsten Waffen auszurüsten – Luft-Luft, Luft-Boden, Raketen oder Lenkwaffen. Damit
bietet sie ein größeres Einsatzspektrum als praktisch jeder andere Kampfhubschrauber auf der Welt.
Zuverlässig, erschwinglich und einfach zu installieren: Mit HForce ist Ihre H145M nicht länger nur
ein Militärhubschrauber – sondern mehrere. 
Vielseitigkeit. We make it fly.
ßeren Polizeikontingente in Auslandsein-
sätze entsendet.
ES&T: Interventionen haben in den vergan-
genen zehn bis 20 Jahren die wenigsten Kon-
flikte beenden können. Im Gegenteil sogar?
Wieland-Karimi: Wenn man sich den
Schaden von Interventionen im Irak oder
in Libyen anschaut, dann ist das mehr als
bitter. Wir haben uns – aus meiner Sicht
zum Glück – nicht daran beteiligt. Das neh-
men die Libyer natürlich wahr. Unsere Inter-
ventionserfahrungen sind unter dem Strich
nicht gut. Es stellt sich die Frage: Was lernen
wir daraus, wenn wir uns jetzt in einem
Land wie Mali so stark engagieren? Das ist
eine wichtige Frage, die in der Tagespolitik
oft untergeht. Wir engagieren uns in Mali
natürlich wegen der Migration. Wir haben
in Mali viele zivile Experten im Einsatz, so-
wohl bei der UN-Mission MINUSMA (in-
ternationale Stabilisierungsmission in Mali)
und bei der zivilen Unterstützungsmission
EUCAP in Mali. Das ist eine Rechtsstaats-
mission. Wenn das alles ineinander greift, ist
das sicherlich ein guter Weg. In Mali geht es
schlicht darum, Schlimmeres zu verhindern.
ES&T: Wie geht es in der Ukraine weiter?
Wieland-Karimi: Wie es weitergeht,
hängt von Wladimir Putin ab, von der
SICHERHEIT & P O LITI K 
russischen Regierung und davon, wie
sich unsere westliche, europäische Politik
entwickelt. Der Konflikt kann zu einem
eingefrorenen Konflikt werden, oder es
gibt eine Art von neuem Kalten Krieg,
auch mit weiteren Akteuren, oder es gibt
gar einen offenen Krieg. Deutschland und
die Bundeskanzlerin Angela Merkel ha-
ben in dem Konflikt viel Verantwortung
übernommen. Es bleibt abzuwarten, wie
sich der Konflikt weiterentwickeln wird;
auf lokaler Ebene können diese oft ih-
re eigenen Dynamiken entwickeln. Der
jüngste Resolutionsvorstoß Russlands
und die Offenheit für eine mögliche Blau-
helmtruppe bringt zumindest etwas Be-
wegung in den stockenden Prozess – bei
all den Herausforderungen, über die im
Detail nachgedacht werden muss. Eine
solche UN-Mission wäre nur unter be-
stimmten Voraussetzungen ein sinnvolles
Instrument. Ein besonders schwieriger
Knackpunkt hierbei ist die Frage nach den
Parteien, die bei diesen Verhandlungen
am Tisch sitzen werden oder sollen. Die
implizite Anerkennung der Separatisten
und ihre politische Aufwertung wäre ein
durchaus delikater Schritt.
Das Interview führte Jürgen Rahmig
vom Reutlinger General-Anzeiger
für Europäische Sicherheit & Technik.
FLY
WE MAKE IT
 SICHERHEIT & P O LITI K
Die UNO baut Bereitschaftsverbände
für Missionen auf
E
inen kleinen Glascontainer überreich-
te Bundesverteidigungsministerin Ur-
sula von der Leyen dem zuständigen
UN-Vertreter Jean-Pierre Lacroix als Symbol
für ein stärkeres Engagement Deutschlands
in der UNO. Bereits seit zwei Jahrzehnten hat
sich die Bundesrepublik an den sogenannte
Stand-by-Arrangements für Friedensmissio-
nen der UNO beteiligt. Die lang schon vor-
handene Idee nahm 1992 Fahrt auf, als der
damalige UN-Generalsekretär Butros Butros
Ghali seine „Agenda für den Frieden“ vor-
gelegt hat. Darin schlug er vor, bestimmte
Kontingente schon vorsorglich den UN zu
assignieren, damit sie schnell eingesetzt
werden könnten. Ein UN-Materiallager
wurde in Brindisi aufgebaut. Der damalige
Untergeneralsekretär für die Friedensmissio-
nen, der deutsche Generalleutnant Manfred
Eisele, baute dieses Instrument mit auf.
Als die UNO das erste Mal darauf zurück-
greifen wollte, endete der Versuch in einem
Desaster. Als der Sicherheitsrat 1994 eine
UN-Blauhelmtruppe zur Beendigung des
brutalen Bürgerkriegs in Ruanda beschloss,
fand sich kein Land, das seine Zusagen
auch einlöste. Denn jeder konkrete Einsatz
musste nochmals von den Entsendestaaten
bestätigt werden. Es war eine der schwär-
zesten Stunden der UNO, dass das damals
nicht gelingen konnte.
1998 hat Deutschland militärisches Material
und Personal in das Stand-By-Arrangement
gemeldet. Aber dieses Instrument wurde
kaum genutzt. 2015 hat die UNO an die
Stelle des bisherigen Arrangements ein
„Peacekeeping Capabilities Readiness Sys-
tem“ gesetzt. Damit sollen militärische und
zivile Fähigkeiten bereit gestellt werden. Die
Bundesrepublik Deutschland hat dieses Sys-
tem von Anfang an unterstützt. In diesem
System werden die Beiträge der Nationen
nach Qualität, Umfang und Verfügbarkeit
festgehalten.
Seit 2016 ist Deutschland dabei. Das Techni-
sche Hilfswerk hat seine „Standing Enginee-
ring Capacity“ angemeldet. Es soll die UNO
beim Aufbau und Betrieb von UN-Missio-
nen unterstützen. Es waren im vergangenen
Jahr die ersten zivilen Komponenten, die in
dieses System eingeworben wurden.
Ursula von der Leyen machte nun in der
UN-Stadt Bonn in Anwesenheit des Ober-
bürgermeisters Ashok Sridharan die weitere
Zusagen. Offiziell ist der Beitrag eines Lan-
des geheim. Die Bundesregierung hat Stabs-
personal und bis zu 75 Militärbeobachter
20 Europäische Sicherheit & Technik
(Foto: Bundeswehr)
angemeldet, ebenso ein Feldjägerbataillon
mit bis zu fünf Einheiten, ein maritimes Ex-
pertenteam und eine Aufklärungskompa-
nie, Elemente des Lufttransports, der Ope-
rativen Kommunikation, des Minenräumens
und der Sanitätsversorgung.
Darüberhinaus bietet die Bundesrepublik
sogenannte „in-mission trainings an, mit
denen Personal, das in den Hauptquartieren
schon in laufenden Missionen eingesetzt
ist, ausgebildet werden kann. Verbände
anderer Staaten, die in solche Missionen ge-
schickt werden sollen, will die Bundeswehr
in ihren Heimatländern ausbilden. Von ei-
nem ersten Einsatz berichtete die Ministerin Symbolische Übergabe deutscher Beiträ-
in Bonn: „Ein solches Team war kürzlich in ge zur Stärkung des UN-Peacekeeping
Ägypten, um ein Training zum Schutz vor durch die Bundesministerin der Verteidi-
Sprengfallen und Minen durchzuführen.“ In gung Ursula von der Leyen an die Verein-
Guinea soll der nächste Ausbildungseinsatz ten Nationen, vertreten durch den Under
erfolgen. Secretary General for Peacekeeping Ope-
Fünf voll ausgestattete Führungscontainer rations (USG), Jean-Pierre Lacroix
für künftige Missionen werden ebenfalls (im Bild links im Alten Rathaus in Bonn,
aus Deutschland kommend in Brindisi sta- am 7. September 2017). Rechts im Bild
tioniert. Diese „Start-up-kids“ werden dazu der Gastgeber, Bonns Oberbürgermeister
dienen, dass UN-Verbände schnell ihre Füh- Ashok Sridharan.
rungs- und Handlungsfähigkeit erreichen
können. scher Elemente bei internationalen Missionen
81 UN-Mitgliedstaaten haben schon entspre- ist. Ob dies die UNO tatsächlich in die Lage
chende Angebote unterbreitet. Deutschland versetzt, schneller handlungsfähig zu sein,
ist nun auch dabei – mit militärischen und wird die Zukunft zeigen. Denn es bleibt da-
zivilen Mitteln, entsprechend dem vernetzten bei: Jeder Staat muss jeden einzelnen Einsatz
Einsatz, der Grundlage der Beteiligung deut- genehmigen.  (rc)
Reservisten-Vizepräsident verhöhnt Innere Führung
Eigentlich soll der Verband der Reservisten in der Bundeswehr Beiträge zur sicherheitspolitischen
Diskussion in Deutschland und zur Rekrutierung und Ausbildung von Reservisten für die Bundeswehr
leisten. Immer wieder wird dies gelähmt durch unterschiedlich gelagerte Verbindungen in die rechte
Szene der Bundesrepublik. Der Reservistenverband schon vor vielen Jahren beschlossen, dass sich eine
Mitgliedschaft in der rechtsextremen NPD und im Verband der Ex-Soldaten ausschließt. Es wurden auch
schon über fünf Dutzend erkannte Rechtsextremisten aus dem Verband ausgeschlossen.
Dennoch kommt es immer wieder zu Ereignissen, die zumindest in Teilen eine gedankliche Nähe zu
rechtem Gedankengut nahelegen. So wurden im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den
mutmaßlichen Rechtsextremisten Marco A., der in der Bundeswehr gedient hat, bei einer Razzia
in Mecklenburg-Vorpommern nach einem Bericht des Norddeutschen Rundfunks die Wohnungen
und Geschäftsräume von sechs Männern durchsucht, die Mitglieder der Landesverbandes Mecklen-
burg-Vorpommern sind.
Für Aufsehen hinter den Kulissen sorgte ein wiederum anders gelagerter Vorfall. In einem Beitrag für
das Verbandsmagazin Loyal regte der Vizepräsidenten des Reservistenverbandes, Stefan Knoll, an,
das Prinzip der Inneren Führung, das er als „wahren Wortbrei“ bezeichnet, durch eine Konzeption des
„inneren Gefüges“ zu ersetzen, ein Begriff, den er selbst als „ein in der Wehrmacht üblicher Begriff,
unter der man seinerzeit die Stimmungslage der Truppe verstand“ bezeichnet. Dass das Prinzip der
Inneren Führung etwas völlig anderes ausmacht, lässt Knoll außer Acht. Knoll gibt in seiner Vita auf
der Internetseite des Reservistenverbandes unter der Überschrift „Militärische Verwendungen“ an:
„Leiter Weiterentwicklung Lehre an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg“. Dass er das
allenfalls als Reservist macht, steht nicht in der Vita.
Der Präsident des Reservistenverbandes, der CDU-Bundestagsabgeordnete Oswin Veith, hat sich von
den Äußerungen seines Stellvertreters distanziert. „Der Namensartikel des Vizepräsidenten Dr. Knoll ent-
spricht weder der Meinung des Reservistenverbandes, noch der des Präsidiums und am wenigsten der des
Präsidenten“, teilt der Bundesgeschäftsführer Dierk-Joachim Fell mit. Es sei ein „bedauerlicher Fehler“,
dass der Artikel mit dem Zusatz „Vizepräsident“ erschienen sei. Knoll ist jedoch noch im Amt. Von der
Führungsakademie lag bei Redaktionsschluss noch keine Stellungnahme vor.  (rc)
 SICHERHEIT & P O LITI K 

Deeskalationszonen in Syrien
Künftige Einflusszonen externer Mächte bilden sich heraus

Martin Pabst

Der lange erhoffte landesweite Waffenstillstand für Syrien und ein sich mit rund 35 christlichen, jesidischen, ara-
bischen und turkmenischen Kampfgrup-
rasch anschließender nationaler Reformprozess haben sich als Chimä- pen die Syrischen Demokratischen Kräfte
ren herausgestellt. Nun sollen territorial eingegrenzte und von exter- (SDF). Ein 2012 mit der syrischen Regie-
rung getroffenes Stillhalteabkommen hat
nen Mächten garantierte Deeskalationszonen den Krieg eindämmen es ermöglicht, im Norden ein autonomes
und die Lage bedrängter Zivilisten verbessern. Naturgemäß kristalli- Gebiet Rojava zu errichten, das aus drei
kurdischen Kantonen (Afrin, Kobane,
sieren sich dabei künftige Einflusszonen ausländischer Mächte heraus. Cizîrê) besteht. Das durch die Kriegser-
eignisse entstehende Vakuum wird dazu

D
er Mitte 2011 ausgebrochene Krieg
in Syrien entwickelte sich zum stra-
tegischen Patt. Manchmal war die
Regierungsseite im Vorteil, manchmal die
Rebellen. Doch keine Partei war stark ge-
(Grafiken: mawibo media)
lokale Verteidigungsmilizen sowie rund
50 in- und ausländische Unterstützungs-
milizen wie z.B. die schiitisch-libanesische
Hisbollah.
genutzt, nach Möglichkeit ein zusam-
menhängendes kurdisches Territorium zu
erkämpfen.
Mit der Gründung und Expansion des
dschihadistischen Islamischen Staats (IS)

nug, die andere zu besiegen. Dies traf auch

für die externen Unterstützer zu, die im-
mer stärker in das Geschehen eingriffen.
Ob Russland und Iran auf Regierungsseite
oder Saudi-Arabien, Katar, die Türkei und
die USA auf Rebellenseite: Je stärker die
einen Unterstützer Einfluss nahmen, desto
energischer hielten die anderen dagegen.
So ist die Lage immer unübersichtlicher
geworden. Von der im Juli 2011 als Ge-
genkraft zur syrischen Armee gegründeten
Freien Syrischen Armee sind nur locker ver-
bundene Rumpfeinheiten geblieben. Die
Rebellen haben sich in rund 50 Bündnisse
aufgespalten. Zählt man die einzelnen im
steten Fluss befindlichen Kampfgruppen,
kommt man auf viele Hunderte. Die einen
sind eher säkular ausgerichtet, die anderen
mehr oder weniger deutlich islamistisch.
Zudem gibt es auch viele andere Unter-
scheidungsmerkmale wie z.B. die jeweilige
lokale Verwurzelung, die tribale Affinität,
die Loyalität zu gewissen Führern, die
Steuerung durch bestimmte externe Un- Die unterschiedlichen Teile Syriens werden von den verschiedensten
terstützer. Auch im Regierungslager kämp- Gruppen kontrolliert.
fen nicht nur die syrische Armee und die
Republikanische Garde, sondern auch ein Auf beiden Seiten tauchten Militärberater kam 2013 ein weiterer mächtiger Akteur
Dutzend Sondereinheiten von Polizei und und auch reguläre Soldaten von Unterstüt- hinzu. Er komplizierte die Lage auf dop-
Geheimdiensten, die vom Iran trainierten zungsmächten auf, so türkische, britische pelte Weise: Zum einen passte er wie die
paramilitärischen National Defence Forces, und US-Militärs auf Rebellenseite, iranische PKK-Kurden nicht in das Schema Regierung
Revolutionsgardisten und russische Solda- versus Rebellen. Die Terrororganisation be-
Au to r ten auf Regierungsseite. trachtet prinzipiell jeden Akteur, der sich ihr
Geschickt zwischen den Fronten posi- nicht unterwirft, als Feind. Zum anderen
Dr. Martin Pabst leitet das tionierte sich die zur PKK-Organisation führte das Erscheinen des IS zur tendenziel-
Büro Forschung & Politikberatung gehörende Partei der Demokratischen len Verschmelzung der Kriege in Syrien und
in München. Union (PYD) linksgerichteter Kurden. Ih- im Irak. Denn der IS betreibt die Abschaf-
re Volksbefreiungseinheiten (YPG) und fung des bestehenden Staatensystems und
Freien Fraueneinheiten (YJA STAR) bilden dessen Ersatz durch ein Kalifat.

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 21

 SICHERHEIT & P O LITI K
Eine Wende: die russische
Militärintervention
Mit seiner am 30. September 2015 be-
gonnenen Militärintervention verfolgte
Russland eigene Interessen. Es will seinen
aus dem Kalten Krieg stammenden Flot-
tenstützpunkt Tartus am Mittelmeer ver-
teidigen und weitere Militärbasen errich-
ten, moderne Waffensysteme für künfti-
ge Exporte im Einsatz demonstrieren, die
Rückzahlung syrischer Milliardenschulden
absichern, einen vom Westen betriebenen
Regimewechsel verhindern und Dschiha-
disten möglichst außerhalb seines eigenen
Staatsgebiets bekämpfen.
Der Stellvertretende Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für
Syrien, Ramzy Ezzeldin Ramzy, bei Gesprächen im Kreml
Doch brachte die Militärintervention auch
eine Wende im Kriegsgeschehen. Durch
das erstmalige direkte Eingreifen einer
Großmacht bestand die Chance für eine
von außen durchgesetzte Beendigung des
Krieges. Denn Russland strebt keine „Pax
Moskovita“ an. Das eingesetzte Kräfte-
dispositiv ist begrenzt. Staatspräsident
Wladimir Putin darf keine hohen mensch-
lichen Verluste wie einst in Afghanistan
riskieren. Angesichts der wirtschaftlichen
Probleme kann er auch keine inflationären
Kriegskosten in Kauf nehmen. Von An-
fang an hat er betont, dass Russland als
verantwortungsvolle, kooperationsbereite
Ordnungsmacht auftreten wolle, um den
Krieg zu beenden. Dies könnte sich für
22 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Russland in politischem Kapital auszahlen,
z.B. beim angestrebten Sanktionsabbau.
In der ausgehenden Obama-Ära näherten
sich die USA und Russland in Bezug auf Sy-
rien an. Am 30. Oktober 2015 konstituierte
sich in Wien unter Führung Russlands und
der USA eine International Syria Support
Group (ISSG) von 20 Staaten einschließlich
der regionalen Gegenspieler Saudi-Arabien
und Iran.
Die ISSG einigte sich auf einen Fahrplan zur
Konfliktlösung, und am 18. Dezember 2015
beschloss der UN-Sicherheitsrat einstimmig
die Resolution 2254. Sie unterstützt einen
landesweiten Waffenstillstand, Verhand-
lungen zur Bildung einer Übergangsre-
(Foto: Russ.MoD)
gierung binnen sechs Monaten sowie die
Abhaltung freier und fairer Wahlen binnen
18 Monaten unter Aufsicht der UNO und
auf der Grundlage einer neuen Verfassung.
Im Februar 2016 einigte sich die ISSG über
eine Waffenruhe und übte entsprechenden
Druck auf die Konfliktparteien aus. Davon
ausgenommen sind die dschihadistischen
Organisationen IS und al-Nusra-Front (ein
Teil des al-Qaida-Netzwerks), die weiter
bekämpft werden.
Am 14. März wurden die Genfer Friedens-
verhandlungen wieder aufgenommen.
Doch zeigte sich bald, dass der landesweite
Waffenstillstand brüchig und viele Konflikt-
akteure noch nicht friedenswillig waren.
Auch war keine effektive internationale
Stabilisierungsmission in Sicht. Schließlich
wurde noch die Schlacht um Aleppo aus-
gekämpft. Die syrische Regierung und ihre
russischen und iranischen Unterstützer lie-
ßen es sich nicht nehmen, diesen wichtigen
Etappensieg noch einzufahren. Wie auch
immer man zu dem russisch/iranischen
Vorgehen stehen mag: Die Landkarte des
Krieges wurde durch den Fall von Ostalep-
po und das freie Geleit für verbliebene Re-
bellen nach Idlib übersichtlicher, eine extern
durchgesetzte Konfliktlösung einfacher.
Seit der russischen Militärintervention, der
nachfolgenden Stationierung von S300/
S400-Luftabwehrsystemen und dem Fall
von Ostaleppo ist die im Westen immer
wieder diskutierte Entmachtung von Staats-
präsident Baschar al-Assad nicht mehr re-
alistisch. Andererseits ist die Assad-Regie-
rung weit davon entfernt, wieder die Kont-
rolle über ganz Syrien zu gewinnen. Daran
sind die externen Akteure auch kaum in-
teressiert, nicht einmal Assad-Unterstützer
wie Russland.
Zunehmend setzt sich der Gedanke durch,
dass ein landesweiter Waffenstillstand nicht
realistisch ist. Zunächst sollen regionale Waf-
fenstillstände geschlossen werden, die von
auswärtigen Mächten garantiert werden.
Ein solches Vorgehen hatte bereits 2015 ei-
ne Studie der US-Denkfabrik Rand Corpora-
tion empfohlen (A Peace Plan for Syria). Als
Garantiemächte sah sie im Norden die Tür-
kei und die USA, im Westen Russland und
den Iran, im Süden Jordanien vor. Das vom
IS zurückzuerobernde Gebiet sollte nicht an
die syrische Regierung fallen, sondern bis
auf Weiteres von der Anti-IS-Allianz verwal-
tet und kontrolliert werden.
Nach dem Fall von Ostaleppo erklärten
Russland, die Türkei und der Iran am 20.
Dezember 2016 in Moskau, vereinte neue
Waffenstillstandsversuche starten zu wol-
len, und boten sich als Garantiemächte an.
Die vom UN-Sicherheitsrat unterstützte
Initiative mündete im Januar 2017 in Frie-
densgespräche in Astana (Kasachstan) un-
ter Teilnahme der syrischen Regierung und
diverser Oppositionsgruppen. Westliche
Staaten waren nicht eingeladen. Im Mai
wurde die Schaffung von vier Deeskalati-
onszonen vereinbart:
1. Idlib (inklusive dem Nordosten der La-
takia-, dem Westen der Aleppo- und dem
Norden der Hama-Provinz),
2. die Enklaven Rastan und Talbiseh im Nor-
den der Provinz Homs,
3. Ostghouta bei Damaskus,
4. Teile der Provinzen Dar‘a und Kuneitra
im Süden.
Nach einem „sofortigen Ende der Gewalt“
sollten die humanitäre Versorgung, die
Wiederaufnahme staatlicher Dienstleistun-
gen und die Rückkehr von Flüchtlingen ein-

geleitet werden. 2,5 Millionen Zivilisten in
den vier Zonen würden von dem Abkom-
men profitieren. Russland, die Türkei und
der Iran erklärten sich bereit, Soldaten zur
Überwachung zu entsenden. Der Kampf
gegen IS und Hai’at Tahrir asch-Scham
(HTS, ein von der früheren al-Nusra-Front
formiertes neues Bündnis) sollte, wenn nö-
tig, auch in den Deeskalationszonen wei-
tergehen.
Zunächst wurde das Astana-Abkommen
als großer Erfolg gefeiert. Die Kampfhand-
lungen nahmen in den vier Zonen in der
Tat ab, doch zeigte sich bald, dass die Um-
setzung noch nicht anlaufen konnte. Die
konkreten Grenzen der Zonen und das
Kontrollregime waren noch nicht definiert,
die Zustimmung mancher kämpfender
Gruppen fehlte noch und Interessenkon-
flikte zwischen den drei Garantiemächten
machten sich bemerkbar.
Bruchstellen in der 2015 zwischen Russland
und dem Iran geschmiedeten Allianz wur-
den offenbar. Bekanntlich ist Russland um
ein gutes Verhältnis mit Israel bemüht und
stimmt seine Flugbewegungen mit dessen
Luftwaffe ab. Auch hat Russland den von
Saudi-Arabien angeführten arabischen
Golfstaaten Avancen gemacht, die eben-
falls entschiedene Gegner des Iran sind.
Schließlich ist Moskau offen für partielle
Kooperationen mit den USA.
So handelten die Russen im Juli in Kairo das
Kontrollregime für Ost-Ghouta in direkten
Verhandlungen mit Rebellengruppen oh-
ne iranische Mitwirkung aus und nahmen
dabei wahrscheinlich saudische Vermitt-
lung in Anspruch. Im Oktober wird König
Salman in Moskau erwartet. Anfang Juli
vereinbarten US-Präsident Donald Trump
und der russische Präsident Wladimir Putin
am Rande des G20-Gipfels eine territorial
erweiterte Deeskalationszone in den Re-
gionen Kuneitra, Dar‘a und as-Suwaida.
Russische Soldaten sollen in Koordination
mit dem jordanischen und US-Militär die Si-
cherheit garantieren. Beobachtungstürme
und Checkpoints werden von russischen
Militärpolizisten bemannt. Iranische Solda-
ten und Hisbollah-Kämpfer sollen sich nicht
weiter als 40 Kilometer der israelisch-sy-
rischen Demarkationslinie am Golan bzw.
der Grenze zu Jordanien nähern dürfen.
Die Abkommen waren Signale, dass sich
Moskau nicht auf eine Seite festlegen und
der iranischen Expansion Grenzen setzen
will.
Doch ist das Astana-Format nicht tot: Am
15. September einigten sich Russland, der
Iran und die Türkei in der kasachischen
Hauptstadt über die Grenzen der Deeska-
lationszone Idlib nebst angrenzenden
Gebieten. Wo und welche Einheiten der
drei Staaten stationiert werden, wird noch
verhandelt. In früheren Diskussionen war
erwogen worden, die Türken im Nordwes-
ten, die Iraner im Südosten und die Russen
dazwischen zu positionieren.
Bilden sich externe
Einflusszonen heraus?
Nach dem Scheitern des syrienweiten Waf-
fenstillstands- und Friedensplans haben die
externen Mächte faktische Einflusszonen
in Syrien etabliert. Die nun vereinbarten
Deeskalationszonen werden diese Ent-
Die derzeitige Schutzzonen sollen noch erweitert werden
wicklung vorantreiben und legitimieren.
Gemäß der arabischen Zeitung „Asharq
al-Awsat“ bestehen folgende offizielle
oder inoffizielle Militärbasen:
• Russland: Tartus (Marine; seit 1971) und
Khmeimin (Luftwaffe; beide an der
Mittelmeerküste), Afrin (nordwestliches
Kurdengebiet),
• Iran: Flughafen Damaskus, Azzan-Berge
(südlich der Stadt Aleppo),
• USA: Kobane, Rmeilan und Hassahkah
(kurdische Kantone Kobane und Cizîrê),
• Großbritannien: Al-Tanf (am Dreiländer-
eck Syrien/Jordanien/Irak; hier befinden
sich auch US-Militärs),
• Türkei: Al-Ra‘i, Dscharabulus, Scheikh-
Aqil-Berg westlich von Al-Bab, Tel Rifat
(alle in Nordsyrien zwischen den kurdi-
schen Kantonen Afrin und Kobane).
Es kristallisieren sich fünf Einflusszonen
heraus: eine russische im Nordwesten/
Westen, eine türkische im Norden, eine
US-amerikanische im Nordosten/Osten
(in Verbindung mit den YPG-Kurden) und
eine US-amerikanisch/britische im Süden/
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
SICHERHEIT & P O LITI K 
Südosten (in Verbindung mit Jordanien un-
ter Berücksichtigung israelischer und sau-
discher Interessen). Der mit den syrischen
Regierungskräften verbündete Iran könnte
eine von Damaskus bzw. Homs über Tad-
mor/Palmyra nach Deir-ez-Zor am Euphrat
verlaufende Achse zu seiner Einflusszone
machen.
Syrisch/iranische Kräfte führen gerade
einen Angriff gegen den noch teilweise
vom IS gehaltenen Verkehrsknotenpunkt
Deir-ez-Zor. Sollte es ihnen gelingen, hier
der Anti-IS-Allianz zuvorzukommen, wäre
ein wichtiger Baustein für den von Tehe-
ran angestrebten strategischen Korridor
Mittelmeer/Libanon – Syrien – Irak – Iran
gewonnen.
Einflusszonen externer Großmächte kön-
nen zur Beendigung des Kriegs und dem
Wiederaufbau beitragen. Konflikte zwi-
schen diesen Mächten sind freilich nicht
ausgeschlossen. Insbesondere die sensible
kurdische Frage kann Spannungen pro-
vozieren. Eine von den USA enttäuschte
PYD/YPG könnte sich in Richtung Russland
oder Iran umorientieren. Zu beiden Staaten
pflegt man passable Beziehungen.
Auch besteht die Gefahr, dass ausländische
Einflusszonen die spätere territoriale Desin-
tegration Syriens präjudizieren. Die syrische
Regierung unter Präsident Assad spielt in
diesen Überlegungen externer Mächte kei-
ne Rolle. Manche Stimmen sehen in einer
Landteilung das Allheilmittel zur Lösung
der Konflikte im Land. Doch hat sich im-
mer wieder gezeigt, dass neue Staaten und
neue Grenzen auch neue Probleme schaf-
fen.  L
23
 SICHERHEIT & P O LITI K

Russland verstehen – geht das?

Eine Vorschau auf den GSP-Sicherheitsdialog in Berlin
Kersten Lahl

Es ist ein Vierteljahrhundert her, als Francis Fukuyama von dem „Ende der Geschichte“ sprach. Viele Euro-
päer glaubten ihm gern, denn es klang allzu verlockend: Nach den schlimmen Erfahrungen zweier Welt-
kriege und den riskanten Dekaden eines Kalten Krieges nun eine Zukunft ohne totalitär-ideologischen
Wettstreit, also eine quasi paradiesische Welt der Friedfertigkeit und des alternativlosen Durchbruchs von
Freiheit und Demokratie.

H eute wissen wir es besser. „Die Geschichte“ lebt weiter.

Und leider ist es – wie früher – eine Geschichte der Krisen
und Konflikte, eine Geschichte voller Gewalt und Terror,
eine Geschichte auch neuer Asymmetrien und geopolitischer
Machtkämpfe. Kurz: eine Welt in Unordnung.
Es gibt viele Ursachen für diese unerfreuliche Entwicklung.
Eine davon betrifft die russische Politik und unser Verhältnis zu
diesem eurasischen Land, das zugleich das größte der Erde ist.
Spätestens seit der Krim-Annexion und dem unverhohlenen
Eingreifen in der Ostukraine erleben wir einen Paradigmen-
wechsel. Wir fragen uns: Wie konnte es zu dieser dramatischen
Eintrübung des beidseitigen Verhältnisses kommen? Haben wir
in unserer Euphorie nach dem Fall der Mauer wichtige Signale
übersehen und gar gravierende Fehler gemacht? Oder gibt es
doch so etwas wie eine aggressiv-neoimperiale Grundhaltung,
die zwar als defensiv begründet wird, aber für Nachbarn un-
annehmbar ist? Wie sehr leidet Russland unter dem Verlust
des Weltmachtstatus´? Welches ist eigentlich seine langfristige
Agenda?
Ein Blick auf Russland heute ist jedenfalls irritierend:
• Zum ersten entwickelt sich innenpolitisch ein klarer Trend
zu Zentralisierung und nationalen Ideologien. Das zeigt sich
nicht zuletzt in einer rigiden Einschüchterung unliebsamer
Kritiker und in der gezielten Verfolgung derjenigen, die sich
für demokratische und menschenrechtliche Werte einzuset-
zen wagen.
• Zum zweiten ist die russische Wirtschaft als desolat, einseitig
abhängig von Rohstoffeinnahmen und innovationsarm zu
bewerten – also perspektivlos. Der weltpolitische Ambitions-
level des Landes steht in krassem Widerspruch zu den realen
volkswirtschaftlichen Kennziffern. Die traditionelle „ökono-
mische Verspätung“ Russlands hält an und wächst.
• Zum dritten aber leistet sich Russland trotz leerer Kassen
eine beachtliche konventionelle und nukleare Streitmacht.
Großübungen, die seltsam aus der Zeit zu fallen scheinen,
garnieren ein betont militärisches Auftreten, insbesondere
gegenüber seinem „nahen Ausland“.
• Und viertens erleben wir eine fatal an die Vergangenheit
erinnernde Außenpolitik auf der Grundlage überkommener
Nullsummenspiele. Es ist schwer erkennbar, ob es sich um ei-
ne Reaktion auf Einkreisungsängste gegenüber dem Westen
oder um eine expansive Philosophie handelt. Jedenfalls lautet
die offenkundige Maxime: im Grundsatz Stärke vor Recht.
Diese brisante Mischung verhindert auch die Lösung drängen-
der Aufgaben in Europa wie auch global. Ganz im Gegenteil:
Nicht nur das erneute Drehen an der Rüstungsspirale macht

24 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


besorgt. Auch das Risiko einer brandge-
fährlichen Konfrontation, ausgelöst durch
gewollte oder auch ungewollte Eskalatio-
nen etwa im Baltikum oder auch im Nahen
Osten, wächst erheblich. Und der Westen
steht damit erneut vor der Frage, ob und
wie sich Entspannung und Abschreckung
erfolgreich austarieren lassen.
Natürlich sind die Differenzen mit Russ-
land nicht für alle unsere Probleme ur-
sächlich. Aber zugleich: Ein Lösungsan-
satz würde die Lage auf vielen Feldern
deutlich entschärfen und eine Vorsorge
erleichtern. Und genau diese Erkenntnis
verlangt nach einer so umfassenden wie
ehrlichen Analyse, wie wir eigentlich in
diesen misslichen Konflikt mit Russland
geraten sind und welche Chancen sich
eröffnen, ihm zu entkommen.
Zwei Schritte zu einer pragmatischen Ant-
wort drängen sich auf:
• Erstens geht es darum, die Politik Prä-
sident Putins zu verstehen. Was treibt
ihn, was sind seine Ziele, welchen in-
nen- wie außenpolitischen Zwängen
fühlt er sich unterworfen, wo besitzt
er Handlungsspielraum? Und vor al-
lem: Gibt es einen zu erneuernden
Bestand an gemeinsamen sicherheits-
politischen Interessen, dessen Akti-
vierung den Schlüssel bilden könnte
beim Verbessern der gegenwärtig so
fruchtlosen wie risikoschürenden Be-
ziehungen?
• Erst wenn dieser Schritt erfolgt ist,
lohnt sich zweitens die Suche nach
einer westlichen Strategie gegenüber
Russland. Es geht also um ein politi-
sches Konzept, das unsere eigenen
Kerninteressen und Wertvorstellungen
wahrt, zugleich aber das Eis aufzu-
tauen vermag. Das wird absehbar nur
gelingen, wenn beide Seiten für sich
echte Win-win-Situationen erkennen.
Eigentlich, so sollte man meinen, dürf-
te das nicht unmöglich sein.
In dem 2. GSP-Sicherheitsdialog in Ber-
lin, den die Gesellschaft für Sicherheits-
politik gemeinsam mit der Europäischen
Sicherheit & Technik und der Bundesaka-
demie für Sicherheitspolitik veranstaltet,
sollen genau diese beiden Schritte the-
matisiert werden. Das Ergebnis kann die
Welt nicht dramatisch verändern, aber
zumindest ein paar hilfreiche Erkenntnis-
se schaffen. Die Zukunft Europas ist jede
Mühe wert.
Generalleutnant a.D. Kersten Lahl war
bis 2011 Präsident der Bundesakade-
mie für Sicherheitspolitik, seit 2012 ist
er Vizepräsident der Gesellschaft für
Sicherheitspolitik (GSP) und leitet das
Forum München der Deutschen Atlan-
tischen Gesellschaft.
Impressum
Europäische Sicherheit & Technik
Europäische Sicherheit · Strategie & Technik
66. Jahrgang · ISSN 2193-746X
Herausgeber
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Fotos Titel: Boeing, Erling Eikli, GefSimZBw, Luftwaffe/Heyn
Nach der Wahl
Wolfgang Labuhn

Die nächste Bundesregierung wird es mit zung.“ Ein wichtiger Punkt bei den anste- Koblenz fortgesetzt wurde, sollen nun un-
Blick auf die Bundeswehr einfacher ha- henden Koalitionsverhandlungen dürfte ter Beteiligung von Soldaten aller Dienst-
ben als die bisherige, wie immer die neue im Bereich Sicherheit und Verteidigung grade, zivilen Mitarbeitern und externen
Koalition zusammengesetzt sein mag. die Einlösung der NATO-Vereinbarung Fachleuten Themen erörtert werden, die
Denn die neue Sicherheitslage in Euro- sein, die Verteidigungsausgaben bis 2024 das Landeskommando Rheinland-Pfalz in
pa angesichts des Verhaltens Russlands auf 2 Prozent des jeweiligen nationalen die Fragen kleidete: „Welche Bedeutung
gegenüber der Ukraine veranlasste die Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Bun- hat Tradition für die Identität der Bundes-
Große Koalition aus Union wehr als Institution und für
(Foto: Bundeswehr)

und SPD bereits zu einer die Angehörigen der Bun-

Kehrtwende in der deut- deswehr? Wie wirkt sich das
schen Verteidigungspolitik; Selbstverständnis der Bun-
die Weichen sind damit deswehr auf ihr Traditions-
gestellt. Der Verteidigungs- verständnis aus?“ Antworten
haushalt wurde deutlich darauf wird es allerdings erst
angehoben, die Bundes- in der kommenden Legisla-
wehr soll wieder personell turperiode geben.
wachsen und besser aus- Ob es dann – und nach einem
gestattet werden als in den britischen EU-Austritt – auch
zurückliegenden Jahren. Im weitere Schritte in Richtung
Rüstungsbereich wurden EU-Armee geben wird, bleibt
zahlreiche Grundsatzent- abzuwarten.
scheidungen getroffen, die ✱
nun nach der Wahl umge- Die Kanzlerin hat sich ausdrücklich zum neuen sicher- Die binationale militärische
setzt werden müssen (u.a. heitspolitischen Kurs Deutschlands bekannt. Kooperation Deutschlands
2. Los Korvette K130, MKS mit EU- und NATO-Partnern
180, TLVS, Aufklärungsdrohne MQ-4C deskanzlerin Merkel hält sich gegenüber wird unterdessen weiter ausgebaut, ins-
Triton, bewaffnungsfähige Drohne He- potenziellen Koalitionspartnern alle Op- besondere mit den Niederlanden. Ge-
ron TP, schwerer Transporthubschrau- tionen offen. Sie erinnerte gegenüber neralinspekteur Volker Wieker und sein
ber). Gegenüber dem Deutschen Bun- dem Bundeswehrverband zwar an die niederländischer Amtskollege Tom M.
deswehrverband hatte sich Bundes- Beschlüsse des NATO-Gipfels von Wales Middendorp unterzeichneten am 29.
kanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der 2014, die „seinerzeit von der gesamten August auf Schloss Gemert bei Eindho-
Bundestagswahl ausdrücklich zum neuen Bundesregierung mitgetragen“ worden ven die technische Vereinbarung für das
sicherheitspolitischen Kurs Deutschlands seien, kündigte aber nur an, die Vertei- Projekt Apollo, das nun auch eine enge
bekannt, aber auch darauf hingewiesen, digungsausgaben bis 2024 „schrittweise Zusammenarbeit in der bodengebun-
dass die Bundeswehr noch vor einem in Richtung zwei Prozent des Bruttoin- denen Luftverteidigung vorsieht. Inner-
langen Modernisierungsprozess stehe. landsprodukts erhöhen“ zu wollen. Die halb der NATO werden Deutschland und
Aber wird er auch künftig von Verteidi- Diskussion ist eröffnet. die Niederlande damit in diesem Bereich
gungsministerin Ursula von der Leyen ✱ Rahmennationen, die ihre bilaterale Zu-
(CDU) gesteuert werden, sollte Angela Das betrifft auch die Überarbeitung der sammenarbeit mit sechs Teilprojekten
Merkel Bundeskanzlerin bleiben? Die Mi- „Richtlinien zum Traditionsverständnis intensivieren. U.a. steht Red Apollo für
nisterin habe in den vergangenen Jahren und zur Traditionspflege in der Bundes- die Einrichtung einer binationalen Air &
außerordentlich viel bewegt, meinte die wehr“ aus dem Jahre 1982, die von der Missile Defence Academy (BAMDA). Blue
Kanzlerin und nannte als Beispiele das Verteidigungsministerin als Konsequenz Apollo widmet sich der Abstimmung bei
Weißbuch 2016 sowie die Trendwenden aus dem Fall des rechtsextremen Ober- Beschaffungsvorhaben, Yellow Apollo
beim Personal, Material und bei den Fi- leutnants Franco A. angeordnet wurde, bezeichnet die Aufstellung einer gemein-
nanzen, die Ursula von der Leyen zielstre- gegen den wegen der „Vorbereitung samen Air & Missile Defence Task Force.
big herbeigeführt habe. Auf die Frage, einer schweren staatsgefährdenden Das Teilprojekt Green Apollo sieht be-
ob die Ministerin weiterhin ihr „vollstes Straftat“ ermittelt wird. In seiner Einheit, reits zum 1. April 2018 die Unterstellung
Vertrauen“ habe, antwortete die Kanz- dem Jägerbataillon 291 im französischen der Flugabwehrraketengruppe 61 unter
lerin allerdings ausweichend. Als in den Illkirch, und später auch in anderen Ka- niederländisches Kommando vor. Die
letzten Monaten kritikwürdige Vorfälle sernen, waren Wehrmachtsdevotionali- deutsche Einheit wird aber weiterhin im
in der Bundeswehr bekannt geworden en entdeckt worden. Mit einer Serie von schleswig-holsteinischen Panker/Toden-
seien, habe Ursula von der Leyen darauf Workshops, die am 17. August an der dorf stationiert bleiben.
aufmerksam gemacht und konsequent Führungsakademie der Bundeswehr in Dem Projekt Apollo sollen sich in der Zu-
zur raschen Aufklärung beigetragen: Hamburg eingeleitet und am 11./12. Sep- kunft weitere Kooperationspartner an-
„Dabei hat sie meine volle Unterstüt- tember am Zentrum Innere Führung in schließen können.
 B UND E S WEH R & S TR EITK R ÄF TE I NTER N ATI O N A L 

Bestandsaufnahme
Jörg Vollmer

Nach den Ereignissen 2014 in der Ukraine hat in Europa und in der NATO ein Prozess des Umdenkens statt-
gefunden, der wieder klar in den Vordergrund gerückt hat, dass Streitkräfte zur Landes- und Bündnisvertei-
digung fähig sein müssen. Vor diesem Hintergrund wurde deutlich, dass auch Deutschland die nach rund
25 Jahren des Schrumpfens zum Teil deutlich hervortretenden Defizite in der personellen und materiellen
Einsatzbereitschaft seiner Streitkräfte schnellstmöglich schließen muss. Mit den durch die Bundesregie-
rung eingeleiteten Trendwenden Personal, Material und Finanzen wurde dieser Weg konsequent einge-
schlagen.

D
er Verteidigungshaushalt verzeich-
net nach dem aktuellen Eckwerte-
beschluss der Bundesregierung bis
2021 ein Anwachsen auf rund 42 Milliar-
den Euro. Damit ist die Grundlage dafür
gelegt, sich den sicherheitspolitischen He-
rausforderungen mit modernen und leis-
tungsfähigen Streitkräften zu stellen. Diese
zeichnen sich durch einen hochqualifizier-
ten Personalkörper aus. Sie können aus
soliden und belastbaren Strukturen heraus
agieren. Sie verfügen über Waffensysteme,
Großgerät und Ausrüstung, die auf dem
neuesten Stand der Technik sind und damit
die Soldatinnen und Soldaten bestmöglich
unterstützen und den größtmöglichen
Schutz gewährleisten.
Daraus leitet sich die Notwendigkeit ab,
das Deutsche Heer für kommende Her-
ausforderungen noch moderner, durch-
haltefähiger, robuster und reaktionsfähi-
ger aufzustellen. Dabei besteht die we-
sentliche Herausforderung darin, die Auf-
träge im Rahmen der Bündnisverteidigung
ebenso mit Personal und Fähigkeiten zu
hinterlegen, wie die laufenden Stabilisie-
rungseinsätze.
Wir nehmen diese Herausforderungen
mit aller gebotenen Ernsthaftigkeit an,
wie der Blick ins litauische Rukla zeigt. Im
Februar 2017 haben wir als erste Rahmen-
nation Kräfte im Rahmen von „Enhanced
Forward Presence“ nach Litauen verlegt
und mittlerweile durch das zweite Kon-
tingent ablösen lassen. Kernauftrag unse-
rer Kräfte in Litauen ist es, einen Beitrag
zur Verteidigungsfähigkeit der NATO vor
Ort zu leisten. Wir senden mit dieser Prä-
senz ein starkes Zeichen an Russland und
Au to r
Generalleutnant Jörg Vollmer ist
seit Juli 2015 Inspekteur des Heeres.
(Fotos: Bundeswehr)
unterstreichen zugleich unsere uneinge-
schränkte Bündnissolidarität.
Glaubhafte Abschreckung ist jedoch nur
möglich, wenn Streitkräfte gut ausge-
bildet und ausgestattet sind und sie dies
auch nach außen sichtbar nachweisen. Die
Entscheidungen zur Erhöhung der Stück-
zahlen des Kampfpanzers Leopard 2 und
des Gepanzerten Transportkraftfahrzeug
Boxer (GTK Boxer), zur Beschaffung des
Brückenlegers Leguan und auch zur Re-
aktivierung des Minenverlegesystems 85
stehen beispielhaft für viele weitere Vorha-
ben, die eingeleitet worden sind, um diese
Voraussetzung zu erfüllen. In der gerade
vergangenen Legislaturperiode wurden
Rüstungsprojekte mit einem Gesamtvolu-
men von rund 16 Milliarden Euro bewilligt.
In der Legislaturperiode davor waren es ge-
rade einmal sechs Milliarden Euro.
Nun gilt es, die Umsetzung der politischen
Entscheidungen eng zu begleiten, ggf.
nachzusteuern und kreativ alle Möglich-
keiten zu nutzen, um die Materialumfän-
ge und Bevorratungshöhen für Munition
weiter zu erhöhen. Dies gilt auch für die
persönliche Ausrüstung unserer Soldatin-
nen und Soldaten. Aufbauend auf den
vorhandenen Strukturen und dem bisher
Erreichten kommt es heute darauf an, die
Weichen dafür zu stellen, dass das Deut-
sche Heer auch morgen und übermorgen
die ihm ins Lastenheft geschriebenen Auf-
träge professionell mit noch deutlicher ver-
besserter Qualität erfüllen kann. Das heißt,
wir müssen mit den technologischen Inno-
vationen Schritt halten und die wechsel-
seitigen Abhängigkeiten berücksichtigen.
Auf dem Weg zur Modernisierung ist aber
selten Qualität unser Problem, sondern viel
zu häufig mangelnde Quantität und die
zeitnahe Verfügbarkeit. Oder anders for-
muliert: Quantität wird noch eine geraume
Zeit die neue Qualität sein. Die Aufsplitte-
rung von Zuläufen erschwert Einsatz und
Ausbildung gleichermaßen; daher muss
der Beschaffung von Material in einem
Zuge mehr Beachtung geschenkt werden.
Hier müssen Prozesse und Verfahren be-
schleunigt werden.
Plan HEER
Die Konzeptionellen Grundlagen für die
Bundeswehr, insbesondere die Konzepti-
on der Bundeswehr (KdB) und das Fähig-
keitsprofil, werden derzeit neu erstellt und
geben künftig die Forderungen an das
Handlungs- und Leistungsvermögen der
Bundeswehr vor. Das Fähigkeitsprofil wird
parallel erarbeitet und operationalisiert im
Kern die Nationale Zielvorgabe und legt die
Nationale Ambition fest. Das ist der ent-
scheidende Moment und auch die Mög-
lichkeit, um unsere Überlegungen, wie
Landstreitkräfte gegen derzeitige Bedro-
hungen aufgestellt sein und wie sie künftig
kämpfen müssen, in das Fähigkeitsprofil
einzubringen. Es geht bei den Arbeiten am
Fähigkeitsprofil jetzt darum, die vielen indi-

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 27

 B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL
viduellen, auf allen Ebenen entstandenen
oder entstehenden Fäden und losen Enden
zu einem starken Geflecht zu verweben.
Wir sehen uns dabei als Taktgeber für die
Landstreitkräfte, denn das Heer allein kann
auf einem modernen Gefechtsfeld nicht
bestehen. Verbände des Heeres können
nur im Verbund mit Fähigkeiten anderer
Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche
erfolgreich eingesetzt werden. Unser Fokus
liegt dabei ganz klar auf den Fähigkeiten,
die wir für den Kampf gegen einen gleich-
wertigen Gegner in einem Bündnisverteidi-
gungsszenario benötigen. Unser „concept
of operations“ sieht vor, dass wir bis 2027
eine schlagkräftige mechanisierte Division
vorrangig mit dem bereits projektierten
Gerät vollständig ausrüsten. Bis 2032 gilt
es parallel dazu, in einer Mischung aus die-
sen Projekten, aber bereits auch unter Hin-
zuziehung von Zukunftstechnologie, zwei
weitere Divisionen in den Zustand „4.0“ zu
bringen. Ein bis 2020 aufzustellender Test-
und Versuchsverband soll, als Transmissi-
onsriemen, dazu die Grundlagen erproben
und wichtige Erkenntnisse für den weiteren
Weg erbringen.
Im Folgenden sollen nun ausgewählte
Großvorhaben des Heeres in den Fähig-
keitsdomänen Führung, Aufklärung, Wir-
kung und Unterstützung hervorgehoben
werden, erste Schritte auf dem Weg zur
Realisierung des zuvor skizzierten Plans.
Fähigkeitsdomäne Führung
Um den Anforderungen an eine moder-
ne, vernetzte und komplexe Operations-
führung – joint and combined – zu genü-
gen, benötigt das Deutsche Heer einen
Insgesamt drei Systeme und ein
Ausbildungssystem der Luftge-
stützten Unbemannten Nahaufklä-
rungsausstattung Next Generati-
on werden in den nächsten Jahren
in die Truppe kommen.
hochmobilen, modernen, resilienten und
zukunftsorientierten Kommunikationsver-
bund. Ziel ist es stets, eine Informations-
und Führungsüberlegenheit bruchfrei in
eine Wirkungsüberlegenheit umzusetzen.
Die Realisierung dieses Vorhabens erfolgt
mit den zentralen Projekten „Mobile Takti-
sche Kommunikation (MoTaKo)“ und „Mo-
bile Taktische Informationsverarbeitung
(MoTIV)“. Gemeinsam ermöglichen MoTa-
Ko und MoTIV erstmalig einen durchgängi-
gen Kommunikationsverbund auf mobiler
taktischer Ebene.
MoTaKo umfasst die Beschaffung, Integ-
ration, Regeneration, Nutzung und den
Betrieb aller Kommunikationsmittel zur
vollständigen Ausstattung der Waffen-
systeme und Fahrzeuge (Plattformen) in
landbasierten Operationen. Die derzeitig
abgestimmte Planung sieht eine Vorberei-
tung der Einrüstung beginnend ab 2020,
dabei natürlich auch in den Test- und Ver-
suchsverband, sowie die Ausstattung der
Verbände von 2023 bis 2035 vor. MoTIV
umfasst die Bereitstellung von skalierten
IT-Services für die mobilen Elemente bis auf
die unterste taktische Ebene und schließt
die für die Informationsverarbeitung benö-
tigten Endgeräte ein. Darüber hinaus sieht
MoTIV die Ausstattung aller Plattformen
mit einem einheitlichen Anzeige- und Be-
diengerät vor.
Die Realisierung dieser beiden Projekte und
damit der Aufbau einer zukunftsorientier-
ten, auf die Optimierung der taktischen
Abläufe zielenden Architektur leistet auch
einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der
deutschen Führungsrolle bei der Aufstel-
lung multinational nutzbarer Kräftepakete
im Rahmen des Framework Nations Con-
cept (FNC) der NATO.
Fähigkeitsdomäne
Aufklärung
Aufklärung ist noch stärker als bisher der
Schlüssel zur Entscheidungsfindung auf
allen Führungsebenen und muss über die
Fähigkeit verfügen, Aufklärungsergebnisse
schnell zu verarbeiten, zu analysieren und
bruchfrei so bereitzustellen, dass diese un-
mittelbar in Wirkung umgesetzt werden
kann. Wenngleich das Deutsche Heer hier
– insbesondere durch das Engagement in
Afghanistan – bereits große Fortschritte
erzielt hat, muss noch viel Arbeit geleistet
werden, um eine umfassende, zielgerich-
tete Koordinierung aller Kräfte und Mittel,
basierend auf einem gemeinsamen Lage-
bild, zu erreichen. Derzeit wird die Fähigkeit
zur luftgestützten abbildenden Aufklärung
mittlerer Reichweite für bodengebundene
Operationen durch die UAS Kleinflugge-
rät für Zielortung (KZO) und Luftgestützte
Unbemannte Nahaufklärungs-Ausstat-

tung (LUNA) abgedeckt. Beide Systeme
erreichen 2020 ihr Nutzungsdauerende.
Eine weiterentwickelte Fähigkeit (bis zu
10 Stunden Aufklärungszeit bei bis zu
100 km Reichweite) soll ab 2020 mit dem
Schließen der Fähigkeitslücke „Abbildende
Aufklärung in mittlerer Reichweite für bo-
dengebundene Operationen“ (AAmRbO)
realisiert werden. Bis zur vollständigen Re-
alisierung werden in einer Übergangsphase
bis mindestens 2025 parallel nutzungsdau-
erverlängernde Maßnahmen für das UAS
LUNA notwendig sein. Die Beschaffung
der Luftgestützten Unbemannten Nah-
aufklärungsausstattung Next Generation/
Bundeswehr (LUNA NG/B) gehört zu den
eingangs beschriebenen, zum Ende der Le-
gislaturperiode erfolgreich zum Abschluss
gebrachten Vorhaben. Drei taktische und
ein Ausbildungssystem werden ab 2019
zulaufen.
Fähigkeitsdomäne Wirkung
In den letzten Jahren führte die zivile tech-
nische Entwicklung insbesondere bei den
sogenannten Unmanned Aerial Systems
(UAS) zu einer neuen Qualität der Bedro-
hung aus der Luft. Dieses marktverfüg-
bare, kostengünstige, einfach bedienbare
sowie für Jedermann verfügbare neue
Bedrohungspotential ist äußerst flexibel
einsetzbar und deckt ein breites Bedro-
hungsspektrum von der Aufklärung bis zur
Wirkung ab. Daraus abgeleitet ergibt sich
für das Heer eine zusätzliche Lücke bei der
Befähigung zur unmittelbaren Abwehr von
und zum Schutz gegen UAS vor allem be-
gleitend im beweglich geführten Gefecht.
Diese spezifische Lücke soll durch Fähig-
keiten im Rahmen der Beschaffung des
Projekts Nah- und Nächstbereichsschutz in
Verantwortung der Luftwaffe geschlossen
werden. Dabei wird der Einsatz neuer Tech-
B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL 
nologien in einem systemischen Ansatz den Schutz eigener Kräfte der VJTF 2023
von der Sensorik, über die Identifikation sicherzustellen sowie die Fähigkeitslücke
bis zum Einsatz verschiedener Effektoren ab 2026 vollständig zu schließen. Wichtig
(z.B. Laser, letale und nichtletale Wirkmit- ist, dass unabhängig von organisatorischen
tel oder elektromagnetische Impulswaffen) Zuständigkeiten zusammen mit der Luft-
Im Februar 2017 haben wir als erste Rahmennation Kräfte im Rahmen
von „Enhanced Forward Presence“ nach Litauen verlegt.
angestrebt. Das Heer wird im Rahmen des waffe gemeinsame Lösungen entwickelt
Selbstschutzes gegen Angriffe aus der Luft, werden und im ganzheitlichen Ansatz die
im neu definierten Gestaltungsfeld „qua- Fähigkeiten zur Abwehr der Bedrohung aus
lifizierte Fliegerabwehr“ eine ergänzende der Luft bereitgestellt werden.
Fähigkeit zur Abwehr der Bedrohung aus Mit der Realisierung des Schützenpanzers
der Luft im Rahmen beweglich geführter Puma – in der Zielkonfiguration – steht
Operationen einbringen. Unter bewusstem ein „Technologiesprung“ bevor. Vor dem
Verzicht auf Vernetzung und auf Einbet- Hintergrund der heute noch nicht erreich-
tung in die Flugabwehr der Luftwaffe, sol- ten vollen Einsatzreife des Schützenpan-
len durch einen Rückgriff auf schnell ver- zer Puma und der von Deutschland ein-
fügbare MOTS (Military of the shelf)-Pro- gegangen internationalen Verpflichtung
dukte im Schwerpunkt ein geeignetes einer durchgängigen Bereitstellung von
Trägerfahrzeug und ein leistungsfähiger Ef- mindestens vier einsatzfähigen Panzer-
fektor systemintegriert und in den Kampf- grenadierbataillonen für die geforderten
truppenbataillonen des Heeres eingeführt High Readiness Forces (HRF) muss der seit
werden. Quantitativ gilt es als Zwischenziel, über 40 Jahren bewährte Schützenpanzer
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dernisierungen in der Vergangenheit ist

der Schützenpanzer Marder nach wie vor
für den Einsatz im gesamten Spektrum ge-
eignet.

Das zweite Los mit 131 Stück GTK Boxer A2 in der Variante Gruppen-
transportfahrzeug ist im Zulauf.
Marder als Hauptwaffensystem der Panzer-
grenadiertruppe jedoch noch bis mindes-
tens 2025 genutzt werden. Die Deutsche
Panzergrenadiertruppe wird daher 225
Schützenpanzer Marder produktverbes-
sert in der Nutzung halten. Schwerpunkt
der Produktverbesserung ist der Ersatz des
Wärmebildgeräts und des Nachtsicht-Fahr-
geräts des Kraftfahrers. Zusätzlich steht
die Adaption des neuen Panzerabwehrsys-
tems MELLS auf Schützenpanzer Marder
kurz vor dem Abschluss, um das betagte
Lenkflugkörpersystems Milan
C M abzulösen.
Y CM MY
Mit diesen Verbesserungen und den Mo-
Fähigkeitsdomäne
Unterstützung
Das Gepanzerte Transport-Kraftfahrzeug
GTK Boxer ist ein gutes Beispiel für die
Umsetzung des Plattform- und Flottenge-
dankens und des Wirkens im Systemver-
bund. Als geschütztes 8 x 8-Radfahrzeug
erfüllt es Führungs-, Unterstützungs- und
Transportaufgaben. Der modulare Aufbau
(Fahrmodul/Missionsmodul) lässt eine Viel-
zahl unterschiedlicher Funktionalitäten auf
derselben Fahrzeugbasis zu. In einem ers-
ten Los mit 272 Stück wurden 190 Grup-
pentransport- und Führungsfahrzeuge, 72
schwere geschützte Sanitätskraftfahrzeu-
ge und 10 Fahrschulfahrzeuge eingeführt.
Das zweite Los mit 131 Stück GTK Boxer
A2 in der Variante Gruppentransportfahr-
zeug ist im Zulauf. Die Auslieferung ist für
Ende 2017 bis 2020 vorgesehen. Weitere
Beispiele für den GTK Boxer als eine Stan-
dardplattform des Deutschen Heeres sind
denkbar. Hierzu sind Planungen angewie-
CY sen
CMY und
K zum Teil abgeschlossen, wie das
„Joint Fire Support Team schwer“ oder

Ein Flugkörper für alle Fälle

“Fire +forget” plus “man in the loop” Fähigkeit
durch Glasfaserverbindung zwischen Schütze und Flugkörper
liefert
• Höchste Präzision im Ziel
• Möglichkeiten zum Bekämpfen verdeckter Ziele
• Möglichkeiten zur Missionsänderung und Abbruch Fischbachstrasse 16
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 die Initiative „Steigerung von Wirkung
und Durchsetzungsfähigkeit der waffen-
trägergebundenen taktischen Feuerunter-
stützung der Jägertruppe“. Absicht ist es,
mit dieser Initiative die modernste Schieß-
technologie des Schützenpanzers Puma in
die bewährte Plattform des GTK Boxer zu
integrieren und ggf. multinational zu be-
schaffen.
Neben den beschriebenen Großvorhaben
liegt unser Augenmerk vor allem auch
darauf, dass die durch die Trendwenden
angeschobene Modernisierung sich auch Die modernste Schießtechnologie des Schützenpanzers Puma soll in die
direkt und unmittelbar für unsere Soldatin- bewährte Plattform des GTK Boxer integriert werden.
nen und Soldaten auswirkt. Die deutliche
Verbesserung der Ausstattung mit Kampf- Parlament gebilligt. Diese werden sich mit- bestehen sollen. Einige der in diesem Pa-
bekleidung und moderner persönlicher telfristig positiv auf die Einsatzbereitschaft pier dargelegten Ideen und Anforderungen
Ausstattung, wie dem Kampfbekleidungs- des Deutschen Heeres auswirken. Es gilt wurden schon angesprochen, werden ak-
satz Streitkräfte, Modularer Ballistischer nun, den Blick auf die Zukunft zu werfen tuell vertieft oder planerisch umgesetzt.
Schutzausstattung, dem Kampfschuhsys- und das Heer entsprechend auszurichten. Die materielle Modernisierung, die das
tem oder Nachtsichtbrillen ist die Folge. Die Dazu hat das Kommando Heer zwei The- Deutsche Heer für die zukünftigen und
Planungen für die Umsetzungen laufen auf senpapiere herausgegeben: „Digitalisie- vielfältigen Anforderungen, insbesondere
Hochtouren. rung von Landoperationen“ und „Wie aber auch wieder für die Landes- und Bünd-
kämpfen Landstreitkräfte künftig?“ Diese nisverteidigung, in seiner Gesamtheit noch
Ausblick Thesenpapiere sollen ein Schlaglicht auf reaktionsfähiger, robuster, interoperabler,
Fragestellungen und Fähigkeitsforde- flexibler und zuverlässiger machen wird,
Die oben dargestellten Projekte sind einige rungen werfen, die sich ergeben, wenn ist angelaufen. Mit bewährter älterer, aber
wichtige Beispiele aus der Ausrüstungspla- multinational eingebundene deutsche auch mit modernster Technik ausgestattet,
nung des Deutschen Heeres. Allein in die- Landstreitkräfte in einem sich weiterentwi- wird das Deutsche Heer in der Lage sein,
sem Jahr wurden 18 Großvorhaben mit be- ckelnden und verändernden Umfeld auch über das gesamte Spektrum der Aufgaben,
sonderer Relevanz für das Heer durch das künftig erfolgreich im Einsatz und Gefecht effektiv operieren zu können. L

Rad oder Kette?

Der Auftrag entscheidet!

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Die Einsatzlogistik der Luftwaffe

im Wandel
Konzeptionelle Herausforderungen für die Weiterentwicklung
Michael Mittelstädt

„Fest steht, dass die klassischen, exklusiven Stärken der Luftwaffe bei Partnern in multinationalen Programmen
erfordern maßgeschneiderte logistische
einer größeren Gewichtung der Landes- und Bündnisverteidigung Lösungen für jedes Waffensystem. Eine
umso deutlicher erkennbar werden: schnell verlegbar, über große Vielzahl neuer Waffensysteme ist in den
nächsten Jahren in den logistischen Betrieb
Entfernungen einsetzbar, gut skalierbar und damit hervorragend ge- zu übernehmen, oftmals in neuer multinati-
eignet, politische Signale der De- oder Eskalation senden zu können.“ onaler Organisation und mit ungewohnten
neuen logistischen Konzepten. Dabei wird
(Generalleutnant Karl Müllner, Inspekteur der Luftwaffe) sicherzustellen sein, dass industriell oder
durch die Logistik von Partnernationen be-

I
n der Einsatzlogistik der Luftwaffe sind
als Wirkverbund – in dieser Form seit
2013 – die drei Bereiche (Säulen) Orga-
stimmte neue logistische Lösungen mög-
(Kommando Luftwaffe – Abt 4, Luftwaf- lichst bruchfrei und schnittstellenarm an
fentruppenkommando – Ustg 1/Ustg 2 und das Logistische System Bundeswehr ange-
Zentrum Luftoperationen – A4) und die bunden werden und nur im Ausnahmefall
produktbezogen logistische Insellösungen
(Fotos/Grafik: Bundeswehr)
geschaffen werden. Ein einheitliches logis-
tisches Konzept als Blaupause für alle flie-
genden Waffensysteme gibt es aber nicht
und wird es auch zukünftig nicht geben.

Logistik für die Luftwaffe –

Triebwerksinspektion an der A400M: Die Waffensysteme der Luftwaffe
unterscheiden sich stark hinsichtlich ihrer Einsatzbedingungen, ihres
Alters und Betreuungsaufwandes – logistische Lösungen von der Stange
gibt es nicht.
nische Verbandslogistik, Waffensystemun-
terstützung und Technische Ausbildung
zusammengefasst. Hierarchisch umfasst
der Wirkverbund zwei Führungsebenen
Au to r
Oberst i.G. Dipl.-Ing. Michael
Mittelstädt war bis September 2017
Unterabteilungsleiter 4 I und Abtei-
lungsleiter 4 Unterstützung (i.V.) im
Kommando Luftwaffe.
Verbandsebene. Die fachliche Führung im
Wirkverbund obliegt dem Abteilungsleiter
4 im Kommando Luftwaffe.
Produkt des Wirkverbundes Einsatzlogistik
sind einsatzbereite logistische Kräfte sowie
Einsatzbereitschaft und Einsatzfähigkeit
der fliegenden und bodengebundenen
Waffensysteme der Luftwaffe. Dabei gilt es
insbesondere, den spezifischen Besonder-
heiten fliegender Waffensysteme gerecht
zu werden. Individuelle Einsatzkonzepte
sowie die essenzielle Zusammenarbeit mit
der systembetreuenden Industrie oder
erheblich mehr als
Luftfahrzeugtechnik
Einsatzreife, Einsatzfähigkeit und Einsatz-
bereitschaft sind bei Luftfahrzeugen und
der zu deren Betrieb erforderlichen Zu-
satzausrüstung unter dem Aspekt der
Lufttüchtigkeit untrennbar verbunden
und erfordern es, das Aufgabenportfolio
der Einsatzlogistik der Luftwaffe entspre-
chend breit zu fassen. Es reicht von der
Mitwirkung in der Beschaffung und Wei-
terentwicklung von Waffensystemen über
die nutzungsbegleitende Teilhabe an den
Integrierten Projektteams bis hin zu den
klassischen logistischen Aufgaben wie In-
standsetzung, dem Bereitstellen von Trans-
port- und Unterbringungskapazitäten, der
Versorgung mit allen Einzel- und Mengen-
verbrauchsgütern für Mensch und Material
und logistischen Sonderaufgaben. Dabei ist
die Luftwaffe immer Bedarfsträger, nach
vielen Umgliederungen der Logistik der
Bundeswehr in den letzten Jahren aber
nur noch selten Herrscher des Verfahrens
und selbst im Einsatzverband nur selten
allein handlungsfähig. Die Einsatzlogistik
der Luftwaffe ist inzwischen tief integ-
rierter Teil des komplexen, mitunter recht
fragmentiert wirkenden logistischen Sys-
tems der Bundeswehr und steht in einem

32 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

REFERENCE
 B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL
Luftwaffenpioniere des Objektschutzregiments im Einsatz: der Schwenk-
lader bei Bodenbegradigungsarbeiten
engen Beziehungs- und Leistungsgeflecht
mit zahlreichen anderen Akteuren in und
außerhalb der Bundeswehr.
Zusammenarbeit mit der
Streitkräftebasis und anderen
Partnern – untrennbar
verbunden, aber …
Der Schwerpunkt der Weiterentwicklung
der Logistik in der Bundeswehr lag in den
letzten Jahren auf der Zentralisierung von
technischen und logistischen Leistungen
und Fähigkeiten in anderen Organisations-
bereichen, namentlich in der Streitkräfte-
basis, im Bundesamt für Ausrüstung, Infor-
mationstechnik und Nutzung (BAAINBw)
und im Bundesamt für Infrastruktur und
Dienstleistungen. Hinsichtlich der logisti-
schen Folgeversorgung (z. B. Ersatzteile,
Munition, POL), aber auch logistischer
Grundleistungen (z. B. Unterkunft, Feldla-
gerbetrieb, Landmobilität) ist die Luftwaf-
fe heute weitgehend abhängig von Leis-
tungserbringung durch die Basislogistik der
Streitkräftebasis, die ihrerseits vor großen
qualitativen und quantitativen Herausfor-
derungen steht. Die Luftwaffe steht da-
bei mit ihren spezifischen Forderungen in
Konkurrenz zu den ebenfalls spezifischen
Forderungen der Land- und Seestreitkräf-
te. Dieses Dilemma ist vom Grundbetrieb
über Bündnisverteidigung bis in die Lan-
desverteidigung nur durch die Abstützung
auf umfangreiche Leistungen von Industrie
und gewerblicher Logistik lösbar. Multina-
tionale Logistik hat für die Luftwaffe noch
Potenzial, ist aber bis auf Weiteres in der
Umsetzung oft schwierig, speziell im Gel-
tungsbereich des Luftrechtes. Ob und wie
eine logistische Leistungserbringung durch
andere Nationen nach deutschem Recht
überhaupt möglich ist, ist oft eine komple-
xe Frage. Standards für die multinationale
34 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Zusammenarbeit und multinationale Lö-
sungen bleiben absehbar ein Dauerthema.
Erfahrungsgemäß wird auch kaum eine
andere Nation bereit sein, ohne Gegenleis-
tung die logistischen Defizite der Bundes-
wehr oder der Luftwaffe zu beheben.
Moderne Flächenluftfahrzeuge sind, das
ist eine manchmal übersehene Selbst-
verständlichkeit, in und außerhalb von
Deutschland abhängig von funktionsfähi-
gen und im Betrieb robusten Flugplätzen.
Kernbestandteile einer Deployed Operating Base (DOB) und derzeitige
Aufteilung der Kräftesteller in der Bundeswehr
Einsatzflugplätze waren in Deutschland
einige Jahre zunehmend Ausbildungsflug-
plätze, werden aber jetzt wieder verstärkt
zu eigenständig „zu ertüchtigenden“ ein-
satzwichtigen Großobjekten jenseits der
Waffensysteme. Aufbau, Betrieb eines mi-
litärischen Einsatzflugplatzes (Main Opera-
ting Base, MOB, oder Deployed Operating
Base, DOB, jeweils mit und ohne Funktio-
nen als Airport of Embarkation oder Debar-
kation) außerhalb und innerhalb Deutsch-
lands sowie ggf. die Wiederherstellung
nach Schadensereignissen erfordern kom-
plexe Fähigkeiten, die über die Logistik der
Luftwaffe und die Luftwaffe hinausgehen.
In Zukunft: Deutschland als
Operationsbasis nicht aus den
Augen verlieren!
Die möglichen Rahmenbedingungen für
den Einsatz von Luftkriegsmitteln sind heu-
te vielfältiger denn je. Es gilt planerisch, den
Einsatz von Luftfahrzeugen mit erheblich
höheren Sortie-Raten als im Grundbetrieb
und als bei bisherigen Einsätzen im Rah-
men des internationalen Krisen- und Kon-
fliktmanagements zu ermöglichen. Dabei
müssen Einsätze vom Heimatstützpunkt
(MOB) aus genauso logistisch unterstütz-
bar sein wie von Verlegeflugplätzen (DOB)
im Bündnisgebiet oder außerhalb des
Bündnisgebietes. Zugleich müssen Luft-
kriegsoperationen zukünftig auch wieder
in großem Maßstab und mit Aufnahme zu-
sätzlicher alliierter Luftstreitkräfte von den
Heimatflugplätzen (MOB) in Deutschland
durchführbar sein.
Die Flugabwehrraketen-Kräfte müssen so-
wohl in einem weit vorgeschobenen Ein-
satzraum operieren und logistisch versorgt
werden können, wie auch an einem Schutz-
objekt im Inland. Dabei rückt auch die
Betrachtung von Deutschland als Opera-
tionsbasis und möglichem Einsatzraum für
Luftstreitkräfte neben der zu erhaltenden
360-Grad-Einsatzfähigkeit wieder mehr in
den Fokus. Vor dem Hintergrund der heute
absehbaren Sicherheitslage ist daher kon-
zeptionell zu prüfen, welche Lösungen aus
der Zeit vor 1989 heute und zukünftig wie-
der sinnvoll sein können. In der Regel aber

Der Mehrzweckhubschrauber H145M (Light Utility Helicopter Special
Operations Forces) ist ein gelungenes Beispiel für eine leistungsbasierte
Kooperation zwischen Luftwaffe und Industrie.
werden damalige Ansätze nicht eins zu eins
in die heutige Situation mit den heutigen
Rahmenbedingungen übertragbar sein.
… die Stärkung der logisti-
schen Eigenbefähigung ist
unverzichtbar!
Luftfahrzeuge sind meist sehr teuer, aber
bei Schäden selten ohne umfangreiche
Maßnahmen zu bergen und in rückwär-
tige Instandsetzungseinrichtungen abzu-
schieben. Dieses bestimmt unverändert die
erforderlichen verlegefähigen Fähigkeiten
der Einsatzlogistik Luftwaffe.
Luftkriegsmittel sind konzeptionell schnell
reaktionsfähige, flexible und in ihrem An-
satz skalierbare Kräfte und Mittel der ers-
ten Stunde. Anders als die Landstreitkräfte
muss die Luftwaffe ihre Einsätze daher
unmittelbar aus dem Grundbetrieb star-
ten können und damit für den Aufmarsch
anderer Kräfte Zeit und Bewegungsfreiheit
gewinnen und halten können. Der vermut-
Bergung eines Hubschraubers
CH-53 im Rahmen der Bergeübung
„Elephant Recovery“
lich fließende Übergang vom Grundbetrieb
über Maßnahmen im Rahmen der Bünd-
nissolidarität hin zur Bündnis- und im Ext-
remfall Landesverteidigung muss durch die
Einsatzlogistik der Luftwaffe bruch- und
verzögerungsfrei sowie robust unterstützt
werden können. Dazu gehört auch die Fä-
higkeit zur vereinfachten Materialerhaltung
Taktisches Flugkörperschießen mit Patriot auf Kreta
im Einsatz und zu einsatzoptimierten lo-
gistischen Sonderverfahren. Hierzu laufen
auch im Rahmen des Projektes Weiterent-
wicklung des Logistischen Systems Bundes-
wehr Untersuchungen und Planungen für
sogenannte Technische Kampfeinsatzver-
fahren (TKEV). Zu diesen zählen u.a. Hot
Refuelling, Hot Rearming und Aircraft Batt-
le Damage Repair (ABDR)/Expedient Repair
von Luftfahrzeugen, um diese schnell für
den Kampfeinsatz wieder verfügbar zu
machen oder an einen sicheren Instand-
setzungsstandort überführen zu können.
Auch die Fähigkeiten der Verbände zur
Bergung von Luftfahrzeugen gewinnen
wieder an Bedeutung.
Absicht und Ziel ist die Stärkung und Hö-
herqualifizierung der organischen Logistik
in den Einsatzverbänden der Luftwaffe
bei fortgesetzter und fortzuentwickelnder
Abstützung auf die Basislogistik und Indus-
trie. Das logistische Personal in den Einsatz-
verbänden muss hierbei mit Augenmaß
quantitativ verstärkt werden, das fachliche
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
Know-how des technischen Personales der
Verbände ist noch besser zu nutzen und
fortzuentwickeln. Aktuelle materielle Lü-
cken bei Ersatz- und Austauschteilen sowie
Bodendienst-und Peripheriegerät müssen
geschlossen werden, um reaktionsschnell,
flexibel und durchhaltefähig zu sein bzw. zu
werden. Die Schnittstellen zur gewerblichen
Wirtschaft bedürfen dabei jetzt und zukünf-
tig der besonderen Aufmerksamkeit.
Fähigkeiten, die die Einsatzlogistik der Luft-
waffe früher besaß, müssen in den nächs-
ten Jahren neu konzipiert, neu geschaffen
und auch neu gelernt werden. Dabei ist,
das ist so neu, immer die internationale In-
teroperabilität zu verbessern und die Fähig-
keit zu multinationaler Logistik im NATO-
und EU-Rahmen zu stärken. Bei der Suche
nach Lösungen auf Ansätze der 1980er
Jahre zurückzugreifen, ist hierbei vor dem
Hintergrund teilweise deutlich anderer
heutiger Rahmenbedingungen (Stichworte
sind u.a. demografische Entwicklung und
Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern, eu-
ropäischer Binnenmarkt, EU-Freizügigkeit)
kein valider Lösungsansatz.
Synergie für beide Seiten:
Performance Based Logistics
Performance Based Logistics (PBL) ist im
Grundansatz ein auf Verantwortungs-
übertragung mit präzisen Leistungsvor-
gaben ausgerichtetes Outsourcing von
logistischen Leistungen, verbunden mit
sogenannten Incentives für den Auftrag-
nehmer. Alliierte und auch zivile Luft-
fahrtunternehmen haben damit bereits
Erfahrungen gesammelt,und es ist so et-
was wie State of the Art, aber kein Wun-
dermittel für alle logistischen Situationen
und Probleme. PBL ist in der militärischen
Luftfahrtstrategie gefordert, die Luftwaf-
fe und die Bundeswehr beschreiten hier
aktuell Neuland. Der Trend bei der Luft-
35
 B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL

fahrzeuglogistik der Bundeswehr zeigt
bei neuen Waffensystemen auch in Rich-
tung PBL. Die Einsatzlogistik der Luftwaf-
fe geht diesen Weg mit. Das Outsourcing
von logistischen Leistungen in klassischer
Form oder als PBL findet seine Grenze
aber dort, wo die sichere externe Leis-
tungserbringung bzw. die bruchfreie
Übernahme von logistischen Leistun-
gen durch die Kräfte der Einsatzlogistik
jenseits des Grundbetriebes nicht mehr
gewährleistet werden kann oder Abhän-
gigkeiten und Lösungen entstehen, die
bereits in hybriden Szenarien durch einen
Gegner für einsatzbereitschaftsgefähr-
dende Unterbrechungen und Störungen
ausgenützt werden können.
Nach 60 Jahren
Ende der Kampfpilotenausbildung in den USA
Luftkriegsfähigkeit ist auch immer Techno-
logiewettstreit, also ggf. schnelles Wettrüs-
ten. Der Betrieb von komplexen fliegenden
Waffensystemen und das operationelle
Flottenmanagement sind nur mit fundier-
ter technischer Kompetenz leistbar. Gerade
bei den vielfältigen und weiter zunehmen-
den Verflechtungen der Einsatzlogistik der
Luftwaffe kommt es zukünftig unverändert
darauf an, Forderungen an Externe präzise
und fachgerecht formulieren zu können. Es
gilt daher, ein nach Art, Umfang und Ver-
ortung sicherlich zu überdenkendes, aber
hinreichendes technisches und logistisches
Know-how für die Beurteilungs-, Entschei-
dungs- und Forderungsfähigkeit der Luft-
waffe zu erhalten.
Ohne IT (fast) kein Sortie!
Die bei Luftfahrzeugen und Luftfahrtgerät
traditionell enge Verzahnung der Einsatzlo-
gistik Luftwaffe mit der Industrie u.a. und
die hohe Abhängigkeit von der logistischen
IT-Unterstützung z.B. für die rechtlich ge-
forderte Bauzustandsüberwachung schaf-
fen auch Verwundbarkeiten, denen durch
entsprechend resiliente Schnittstellen und
Prozesse entgegengewirkt werden muss.
Die ausreichende Härtung von SASPF ge-
gen Cyber-Angriffe ist für die operationel-
le Bewegungsfreiheit der Luftwaffe und
die Handlungsfähigkeit der Einsatzlogistik
Luftwaffe Mission essential. Der Wunsch
nach maximaler Transparenz, Kostendruck
und Sicherheitsaspekte schaffen Zielkon-
flikte, die es zu bewältigen gilt. Hier müssen
auch die Industrie und andere Akteure des
Logistischen Systems Bundeswehr ihren
Beitrag leisten.

Als am 17. August 2017 eine F-16 und ein Tornado auf dem Flugplatz Holloman AFB, Zusammenfassung
Neumexiko, zu einem Ausbildungsflug abhoben, hatte dieser Flug hohen Symbolcha-
rakter. Dieser wurde dadurch unterstrichen, dass der amerikanische 54th Fighter Group Der Wirkverbund Einsatzlogistik hat sich in
Commander und der deutsche Kommandeur Taktisches Ausbildungskommandos der seiner grundsätzlichen Konzeption und in
Luftwaffe bei diesem gemeinsamen Flug die Cockpits getauscht hatten. Die Geschichte seiner Abgrenzung zu anderen Akteuren
einer erfolgreichen und effektiven Ausbildung von Flugzeugführern und später auch im Logistischen System der Bundeswehr
Waffensystemoffizieren hatte mit diesem Flug ein Ende gefunden. Als vor 60 Jah- bewährt, muss aber an übergeordnete Ent-
ren, im August 1957, der erste wicklungen, wie sie sich derzeit aus den
(Foto: USAF)

Lehrgang mit 15 Luftfahrzeug- Vorgaben zur Rekonstitution der Fähigkeit

führern für die Ausbildung auf zur Landes- und Bündnisverteidigung, aber
dem Kampfflugzeug Republic auch aus der Weiterentwicklung der we-
F-84 Thunderstreak bei der sentlichen Partner der Luftwaffenlogistik
USAF in Luke AFB, Arizona, und dem Zulauf neuer Waffensysteme er-
begann, war der Grundstein geben, angepasst werden.
für die jahrzehntelange Aus- Schlüsselhandlungsfelder sind für die Ein-
bildung von deutschen Besat- satzlogistik Luftwaffe in den nächsten Jah-
zungen auf Kampfflugzeugen ren
in unterschiedlichsten Organi- • die qualitative und quantitative Stärkung
sations- und Ausbildungsfor- der Verbandslogistik in den Bereichen
Dieser Formationsflug symbolisiert nach men in den USA gelegt. Ab Personal, Material und Ausbildung,
60 Jahren das Ende der Ausbildung von Ende 1958 wurden regelmäßi- • Erhalt von technischem und logisti-
deutschen Kampfbesatzungen in den USA. ge Lehrgänge bei der 4510th schem Know-how für den Eigenbetrieb
Combat Crew Training Wing in sowie für die Luftwaffe als Bedarfsträ-
Luke AFB durchgeführt. In den nachfolgenden sechs Jahren bis 1964 wurden rund 830 ger und Forderer,
Flugzeugführer in Luke auf dem ersten Jagdbomber F-84F der neuen Luftwaffe fit für • das Beherrschen und Optimieren der
den Einsatz in Europa gemacht. Schnittstellen (prozessoral und IT-tech-
Mit der Einführung der Lockheed F-104 Starfighter wurde 1964 ein neues Ausbil- nisch) im Waffensystemmanagement
dungskapitel in Luke AFB aufgeschlagen. 19 Jahre später waren in der 2. Deutschen und im Supply Chain Management zur
Luftwaffenausbildungsstaffel F-104 USA (2. DtLwAusbStff F-104 USA) 1.868 Flug- Basislogistik, zum Bereich BAAINBw
zeugführer auf der F-104G Starfighter für die Luftwaffe und Marine ausgebildet und zur systembetreuenden Industrie,
worden. Bereits vor 1983 musste mit der Beschaffung der RF-4 E Phantom (1971) und • Schaffen ausreichender Resilienz unmit-
später der F-4F Phantom die Ausbildung in Luke reduziert werden und fand stattdes- telbar unterstützender industrieller und
sen in Shaw AFB/Bergström AFB respektive George AFB/Holloman AFB statt. Als 2004 gewerblicher Logistik,
die F-4F-Ausbildung in Holloman beendet wurde, lief bereits seit 1996 die Schulung • Umsetzung und Weiterverfolgung der
auf dem Waffensystem Tornado. Inklusive aller unterschiedlichen Lehrgänge haben bei SASPF für die nächsten Jahre beab-
bis zur Auflösung des Fliegerischen Ausbildungszentrums der Luftwaffe ca. 1.200 sichtigten Verbesserungsmaßnahmen
Teilnehmer eine Ausbildung auf Tornado in Holloman AFB erhalten. Unberührt davon sowie
bleibt die Grundlagenausbildung bei Euro NATO Joint Jet Pilot Training in Sheppard • Sicherstellen einer leistungsfähigen lo-
AFB und bei der 2. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel Pensacola NAS sowie gistischen Führung in der Einsatzlogistik
3. Deutschen Luftwaffenausbildungsstaffel USA in Goodyear.  (ur) Luftwaffe vom Grundbetrieb bis in die
Landesverteidigung. L

36 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL 

Einsatz Heron 1 bei MINUSMA

Erfahrungen nach zehn Monaten Einsatzbetrieb

Roland Runge

b beim Anflug auf den Flughafen
der Hauptstadt Bamako oder bei
der Ankunft in Gao, wer Mali zum
ersten Mal aus der Luft sieht, dem fällt die
intensive rötliche Färbung des eisenhaltigen
Bodens auf. Im Südwesten oft von grüner
Vegetation unterbrochen, im Osten nur
gelegentlich von gelblichem Buschwerk
bedeckt. Beim ersten Schritt aus dem Flug-
zeug schlägt einem die ungewohnte Hitze
entgegen. Am Fuße der Treppe des Rollfel-
des ankommend, blickt man zum einen auf
beschädigte lokale Infrastruktur und zum
anderen auf große militärische Feldlager.
Spätestens jetzt wird jedem Neuankömm-
ling klar, man ist nicht mehr in Europa –
hier in Mali ist vieles nicht wie zu Hause.
Bereits seit 2013 unterstützt Deutschland
die Bemühungen der internationalen Ge-
meinschaft, das seit 2012 durch einen
Bürgerkrieg zerrüttete Mali zu stabilisie-
ren. Inzwischen unterstützen bis zu 1.000
Soldatinnen und Soldaten des deutschen
Einsatzkontingentes den aktuellen Einsatz
der UN-Mission MINUSMA (Mission mul-
tidimensionelle integrée des Nations Unies
pour la Stabilisation au Mali). Weitere hel-
fen bei der dringend erforderlichen Ver-
besserung der Ausbildung der malischen
Streitkräfte im Rahmen EUTM (European
Training Mission in Mali). Es handelt sich
bei MINUSMA um eine multidimensio-
nale integrierte Stabilisierungsmission,
weil Polizisten und vor allem Zivilpersonal
ebenfalls einen wesentlichen Anteil dieser
Mission stellen.
Vorbereitungen
Die Luftwaffe hat im Rahmen der Missi-
on MINUSMA neben dem Schutz des
Lagers Camp Castor durch Kräfte des
Objektschutzregimentes die Aufgabe
übernommen, die Fähigkeit des fernge-
steuerten Luftfahrzeuges Heron 1 für die
Unterstützung der UN-Mission in Mali
bereitzustellen. Das BMVg begann bereits
Au to r
Oberstleutnant Roland Runge
ist Dezernatsleiter im Luftwaffen-
truppenkommando.
Ein Heron 1 in seinem Transportcontainer
im November 2015 mit den notwendigen
Planungen. Seit 2010 wird mit diesem
Waffensystem in Mazar-e Sharif/Afgha-
nistan durch luftgestützte Überwachung
und Aufklärung ein von allen Verbünde-
ten hochgeschätzter Beitrag zum Schutz
der Kräfte am Boden geleistet. Für MI-
NUSMA mussten zusätzliche Systeme und
Personal generiert werden. Heron 1 sollte
in Form eines kleinen Staffeläquivalentes
mit militärischen Operateuren und ziviler
technischer Komponente in das deutsche
Einsatzkontingent MINUSMA integriert
werden. Das Erreichen einer Erstbefähi-
gung wurde zum 1. November 2016, die
volle Einsatzbereitschaft ab dem 1. Febru-
ar 2017 angewiesen.
Wer die Komplexität der Planungsabläufe
in der Bundeswehr und die Abstimmungs-
erfordernisse mit den Vereinten Nationen
kennt, kann einschätzen, wie ambitioniert
dieser Zeitplan war. Dieser Plan war nur
umsetzbar, da vertraglich auf die in Af-
ghanistan bewährte technische und lo-
gistische Unterstützung der Firma Airbus
Defence and Space Airborne Solutions
(ADAS) zurückgegriffen werden konn-
te. Hinzu kam aber auch die erhebliche
Entfernung von über 4.300 km Luftlinie
von Deutschland zum Binnenland Mali,
welches primär mit Seetransport über
(Fotos: Luftwaffe/Heyn)
Dakar im Senegal zu erreichen ist. Auch
luftverlastbares Großgerät kann nicht
direkt nach Gao geflogen werden, da
Großflugzeuge wie die An-124 oder der
Airbus A310 nicht auf dem Flughafen Gao
landen können. Es muss vielmehr per Stra-
ßentransport von Bamako aus über 1.200
km Entfernung auf meist stark beschädig-
ten Straßen und unter latenter Bedrohung
nach Gao gebracht werden.
Parallel zur Sicherstellung der materiellen
Einsatzbereitschaft war es nicht nur erfor-
derlich, die infrastrukturellen Voraussetzun-
gen für die Aufnahme des Flugbetriebs in
Gao zu schaffen, sondern auch den beste-
henden Personalkörper, der bisher Heron 1
im Einsatz in Afghanistan bediente, nahezu
zu verdoppeln. Nur so würde der geplante
Flugbetrieb von bis zu zwölf Stunden an
sechs Tagen pro Woche realisierbar sein,
ohne das Personal durch zu hohe Einsatz-
belastung über Gebühr zu strapazieren.
Der kurzfristige Personalaufwuchs in Staf-
felstärke stellte angesichts der laufenden
Einsatzverpflichtungen und Dauereinsatz-
aufgaben eine erhebliche Herausforderung
dar, die durch die flexible Nutzung der ver-
fügbaren personellen Ressourcen bewäl-
tigt werden konnte. Nach Abschluss der
noch bis September 2017 laufenden aktu-
ellen Ausbildungsgänge wurden seit April

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 37

 B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL
Ein Beispiel für die in Gao geschaffene Betriebsinfrastruktur
2016 jeweils 30 neue Piloten (RPA-Führer,
Remotely Piloted Aircraft) und Waffensys-
tem-Operateure/Sensorbediener auf He-
ron 1 ausgebildet.
Zur Sicherstellung der infrastrukturellen Vo-
raussetzungen im Camp Castor wurden ca.
9.000 m² Abstellfläche für Heron 1 mit Be-
ton ausgegossen sowie Leerrohre für das
notwendige Leitungsnetz und die Kanali-
sation geschaffen. Mittlerweile stehen ca.
600 m² Hallenkapazität und zusätzlich 570
m² geschützte Arbeitsbereiche zur Verfü-
gung, um sowohl dem Personal der Luft-
waffe als auch dem technisch-logistischen
Personal der Firma ADAS die notwendigen
infrastrukturellen Voraussetzungen für die
reibungslose Auftragserfüllung zu bieten.
Der Heron 1 im Anflug auf die Lateritbahn
Neben den Abstellflächen waren vor allem
die Start- und Landebahn sowie die Rollwe-
ge zu betrachten. Auch diese sind in Gao
von spezieller Qualität und nicht mit Flug-
betriebsflächen in Deutschland oder auch
Mazar-e Sharif vergleichbar. Der Flugplatz
Gao besitzt zwei Start- und Landebahnen.
Die Hauptbahn aus Asphalt ist so verwit-
38 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
tert, dass die Vereinten Nationen seit 2015
eine vollständige Sanierung planen. Die
zweite Start- und Landebahn besteht aus
Laterit, einem eisenhaltigen schotterähnli-
chen Gestein, das für den Flugbetrieb re-
gelmäßig gewalzt werden muss und keine
feste Oberfläche aufweist.
Wegen der starken Verwitterung wur-
de anfangs beschlossen, den Flugbetrieb
ausschließlich auf der Lateritbahn durch-
zuführen. Nach drei Wochen nahmen die
Schäden an den Propellern jedoch massiv
zu. Der grobkörnige Laterit wurde durch
den Sog des Propellers aufgewirbelt und
erzeugte dort teils erhebliche Schäden, was
in der Folge zu Versorgungsengpässen bei
der kurzfristigen Nachführung neuer Pro-
peller führte. Daher wurde entschieden,
trotz der Verwitterung der Oberfläche auf
die Hauptbahn auszuweichen. Letztlich
stellte sich heraus, dass der Betrieb auf der
sanierungsbedürftigen primären Start- und
Landebahn weniger Risiken für den Flugbe-
trieb mit sich brachte als ursprünglich an-
genommen. Beschädigungen an der Zelle
und den Propellern reduzierten sich durch
diese Maßnahme auf ein Minimum. Die Sa-
nierung der festen Start- und Landebahn
soll im Oktober 2017 beginnen und nach
Abschluss auch Flugbetrieb mit größeren
Transportflugzeugen in Gao erlauben.
Flugbetrieb mit einem ferngesteuerten
Luftfahrzeug hängt jedoch nicht nur von
der verfügbaren Infrastruktur sowie den
materiellen und personellen Ressourcen
ab. Er ist nur möglich, wenn die Luftraum-
ordnung und die prozeduralen und re-
gulativen Voraussetzungen diesen mit
Zustimmung der zuständigen Behörden
und unter Beachtung der Vorgaben der
vorläufigen Verkehrszulassung des Heron
1 auch zulassen. Daher wurden in den
Wochen vor Beginn des Erstflugbetriebs
intensive Abstimmungsgespräche mit den
Verantwortlichen der UN-Mission und
dem französischen Militär durchgeführt,
um den sicheren Flugbetrieb mit Heron 1
innerhalb der Flugverbotszone im Osten
Malis zu ermöglichen. Seitdem werden
die genutzten Lufträume spätestens am
Vortag zuerst mit dem Hauptquartier der
UN-Mission in Bamako und im Anschluss
mit dem für die Luftraumordnung in Mali
zuständigen französischen Kommando in
Lyon abgestimmt.
Die Zusammenarbeit mit den Vereinten
Nationen stellte in der Folge nicht nur im
Rahmen der Erfüllung des militärischen
Auftrags eine weitere Herausforderung
dar. Während sich der Ablauf der Auf-
tragserteilung noch grob mit bekannten
Verfahren vergleichen lässt, die auch bei
NATO-Einsätzen genutzt werden, so ist der
bürokratische Aufwand vor, während und
nach dem Flug wesentlich umfangreicher
und sehr arbeitsintensiv.
Heron 1 untersteht aufgrund seiner Bedeu-
tung für die Mission direkt dem Force Com-
mander und wird neben anderen luft- und
bodengestützten Sensoren durch seinen
Stab im FHQ (Force Headquarter) beauf-
tragt. Im FHQ werden die Anfragen aus
den unterstellten Sektoren priorisiert und
die jeweils am besten geeigneten Aufklä-
rungsmittel auswählt. Der Kontingentfüh-
rer des deutschen Einsatzkontingentes MI-
NUSMA hat dabei die Möglichkeit, Heron
1 nach Zustimmung durch die UN unter na-
tionalem Vorbehalt einzusetzen oder eine
Mission, die nicht dem Bundestagsmandat
entspricht, abzulehnen.
Beginn des
Einsatzflugbetriebs
Trotz vielfältiger Herausforderungen konn-
te durch die enge und im Endergebnis
sehr kooperative Zusammenarbeit der
beteiligten deutschen Dienststellen und

der Vereinten Nationen, einschließlich der
Unterstützung durch unsere französischen
Partner, der Zeitplan eingehalten und der
operationelle Erstflug am 1. November 2016
erfolgreich durchgeführt werden. Während
die Reichweite der für den Betrieb notwen-
digen Datenanbindung in den ersten Mo-
naten noch durch die Line of Sight (quasi-
optische Sicht) auf etwa 250 km begrenzt
war, kann Heron 1 seit Erreichen der vol-
len Einsatzbereitschaft am 1. Februar 2017
mithilfe einer Satellitendatenverbindung im
gesamten Zuständigkeitsbereich MINUSMA
eingesetzt werden. Dies entspricht einem
Einsatzradius von etwa 900 km.
Ausgerüstet ist Heron 1 mit einer elekt-
ro-optischen Tageslicht- und einer Infrarot-
videokamera, die jeweils eine stufenlose
Zoomfunktion besitzen. Zusätzlich steht
eine Videokamera mit Teleobjektiv zur Ver-
fügung. Das Video wird über eine Datenan-
bindung direkt an eine Empfangsantenne
oder per Satellit ins Camp Castor übertra-
gen. Zusätzlich besteht im Nahbereich des
Heron 1 die Möglichkeit, das Video über
ein Remote Video Terminal (ROVER) direkt
an Kräfte am Boden zu übermitteln.
Der Heron 1 wird in Mali für folgende Auf-
gaben eingesetzt:
• Aufklärung und Überwachung bei Tag
und Nacht,
• Aufklären von bewaffneten und terro-
ristischen Kräfte und deren Aktivitäten,
• Beiträge zum Lagebild, Zielauswahl und
Zielanalyse,
• Unterstützung von Bodentruppen der
Vereinten Nationen,
• Konvoi-Begleitung,
• Unterstützen bei Katastrophen,
• Unterstützen von UN-Polizei und zivilen
UN-Organisationen.
Der wesentliche Teil des Erfolgs eines Auf-
klärungssystems hängt vor allem von der
Qualität der Auswerteprodukte ab. Um
das bereits stark in Auslandseinsätzen
eingesetzte Auswertepersonal zu entlas-
ten, entschied sich die Luftwaffe, Neuland
zu betreten. Die Auswertung sollte nicht
mehr wie in Mazar-e Sharif vor Ort durch-
geführt werden, sondern die Videodaten
im Reach-Back-Verfahren über eine Satel-
litenverbindung von Gao zum Luftwaffen-
geschwaders 51 „Immelmann“ in Jagel/
Schleswig-Holstein in nahezu Echtzeit
gesendet und im Heimatstandort ausge-
wertet werden. Unterstützt werden die
Fachleute in Deutschland durch einen bel-
gischen Verbindungsoffizier vor Ort in Gao,
der einen Mission Report (ähnlich wie ein
Tagebuch) verfasst und diesen direkt nach
Ende der Mission zur gezielten Auswertung
nach Jagel übermittelt.
Inzwischen unterstützt Heron 1 an sechs
Tagen pro Woche mit durchschnittlich
B UND E S WEHR & S TREITKRÄF TE I NTERN ATI O N AL 
zwölf Stunden Flugbetrieb am Tag die
Mission MINUSMA. Von Anfang an wur-
de das Aufklärungssystem aufgrund seiner
Zuverlässigkeit und langen Flugzeit über
dem Einsatzgebiet hoch geschätzt. Beson-
ders die Zusammenarbeit mit europäischen
oder NATO-Partnerländern zeigt sich für al-
le Seiten als fruchtbar und sehr gewinnbrin-
gend. Da eine Vielzahl von UN-Mitglied-
staaten deren Missionen unterstützen, ist
es auch erforderlich, mit Truppenteilen aus
Ländern zusammenzuarbeiten, die weder
über kompatible technische Ausrüstungen
noch die erforderliche Ausbildung verfü-
gen. Dies betrifft z.B. Systeme, die einen
direkten Empfang von Videodaten nicht
erlauben oder Funkgeräte, die mit den im
Ein Eindruck von der Qualität der Hauptlandebahn
Heron 1-Einsatz genutzten Systemen nicht
ohne Weiteres kommunizieren können. In
diesen Fällen ist es notwendig, technische
Alternativen zu finden und, wenn möglich,
vor Ort Ausbildung mit den zu unterstüt-
zenden Kräften zu betreiben.
Die klimatischen Bedingungen in Mali stel-
len für jedes technische System eine beson-
dere Herausforderung dar. Maximaltem-
peraturen mit Spitzenwerten von jenseits
50 °C im Mai werden von den auftreten-
den Gewittern während der Regenzeit von
Juli bis September sprichwörtlich in den
Schatten gestellt. Im Zuge dieser Gewitter,
die einen Durchmesser von mehreren hun-
dert Kilometern erreichen können und be-
eindruckende und wahrhaftig sehenswerte
elektrische Entladungen mit sich bringen,
kommt es zu Staubstürmen mit Windge-
schwindigkeiten von über 90 km/h mit an-
schließendem Starkregen, der das gesamte
Lager flutet und die Betonflächen unter-
spült. Diese am Boden äußerst unangeneh-
men Wettererscheinungen schränken den
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
Flugbetrieb in der Regenzeit erheblich ein
und erfordern einen kontinuierlichen en-
gen Kontakt mit dem Wetterberater vor
Ort und dem verantwortlichen Einsatz-
offizier (Mission Commander), um das
Luftfahrzeug entweder noch kurzfristig
zurückzurufen oder in sicherer Entfernung
weit außerhalb der Bewegungsachse des
Gewitters in einer Warteschleife abwarten
zu lassen, bis eine sichere Landung wieder
möglich ist. Neben den Einschränkungen
für den Flugbetrieb stellen die hohen Tem-
peraturen, der Staub und die hohen Wind-
geschwindigkeiten eine erhebliche Her-
ausforderung für das Luftfahrzeug, seine
Subsysteme, die technische Peripherie am
Boden und nicht zuletzt auch für das ein-
gesetzte Personal dar. Obwohl temporär
ähnlich hohe Temperaturen oder Belas-
tungen durch Staub auch in Afghanistan
vorkommen, wirken die Bedingungen in
Mali gerade auf die moderne Technik und
die Menschen noch erheblich stärker ein.
Resümee
Als erstes Fazit nach zehn Monaten
UN-Einsatz in Mali lässt sich zusammen-
fassend feststellen, dass das ferngesteu-
erte Luftfahrzeug Heron 1 ausgesprochen
wertvolle Beiträge zur Verbesserung des
Lagebildes im FHQ in Bamako liefert und
im Rahmen der direkten Unterstützung
von Kräften am Boden die Sicherheit der
unterstützten Truppenteile wesentlich
erhöht. Der Einsatz mit Heron 1 in Mali
bleibt aufgrund des beschriebenen Um-
felds auch in Zukunft sehr fordernd, er
liefert aber einen Baustein, der als Teil von
MINUSMA dazu beiträgt, Mali langfristig
zu stabilisieren.  
39
 ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER
Das System Heer
Ausbildung im Heer
Christian Märkl
Die Kernkompetenz des Heeres ist die Fähigkeit, im Kampf in Landoperationen zu bestehen.
Das aktuelle sicherheitspolitische Umfeld verdeutlicht, dass dies die Basis zum Erfolg, auch in
künftigen Einsätzen aller Art, bleibt.
P rofessionalität, moderne Ausstat-
tung und ein leistungsfähiges Fer-
tigkeitsspektrum der Soldatinnen
und Soldaten des Heeres sind die Voraus-
setzung für Flexibilität und Wirksamkeit
im Einsatz. Militärpolitische Forderungen
nach kürzeren Reaktionszeiten bedingen
schnell verfügbare, einsatzbereite Kräfte
für alle Operationsarten und Intensitäten.
Ausbildung im Heer
allgemein
Im Kern geht es künftig um einen Aus-
bildungsstand – einschließlich moderner
Ausrüstung, der mit kürzester Vorberei-
tungszeit die denkbaren und für das Heer
wahrscheinlichen Einsatzszenarien ab-
deckt. Dazu gliedert sich die Ausbildung
grundsätzlich in die beiden Bereiche In-
dividualausbildung und Teamausbildung.
Individualausbildung
Die Individualausbildung stellt die Qualifi-
kation einer Einzelperson mit Blick auf die
Anforderungen einer Verwendungsreihe
oder eines zu besetzenden Dienstpostens
sicher. Sie unterteilt sich in die lehrgangs-
gebundene Ausbildung an Ausbildungs-
einrichtungen und die Individualausbil-
dung in Verantwortung der Truppe.
Teamausbildung
Die Teamausbildung baut dann weiterfüh-
rend auf den Inhalten und Qualifikationen
der Individualausbildung auf. Als allgemein-
Au to r
Oberstleutnant Christian Märkl
ist im Amt für Heeresentwicklung
Einsatzstabsoffizier im Dezernat
Fähigkeitsmanagement/Aus-
bildungsressourcen in der Gruppe
Grundlagen/Ausbildung.
40 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
militärische und militärfachliche Aus- und
Weiterbildung soll die Teamausbildung die
Teileinheiten, Einheiten und Verbände des
Heeres dazu qualifizieren, die gemäß Auf-
tragslage geforderte Einsatzbefähigung zu
erlangen, zu erhalten und zu verbessern.
Hier steht also das reibungslose und sich
ergänzende Zusammenspiel der indivi-
duell für ihren jeweiligen Dienstposten
vorbereiteten Soldatinnen und Soldaten
im Vordergrund. Planung, Vorbereitung,
Durchführung und Nachbereitung der
Teamausbildung finden dabei grundsätz-
lich in Verantwortung der Einheiten und
Verbände des Heeres und ihrer jeweiligen
Truppenführer statt.
Truppenausbildung im Heer
Neben der an zahlreichen Ausbildungs-
einrichtungen angebotenen, hochwer-
tigen lehrgangsgebundenen Individual-
ausbildung hat die Truppenausbildung
im Heer einen besonderen Stellenwert.
Der Kern der Truppenausbildung ist die
Teamausbildung. Zur Führung von Ope-
rationen verbundener Kräfte müssen
die Truppengattungen in der Lage sein,
ihren Teilbeitrag im Zusammenwirken
untereinander sowie mit den anderen
militärischen Organisationsbereichen
und multinationalen Partnern zu leisten.
Die Zusammenführung dieser Teilbeiträ-
ge fördert die Kohäsion und gipfelt in
der Befähigung, unabhängig von einem
konkreten Einsatzauftrag, für die Durch-
führung von Einsätzen im gesamten Auf-
gabenspektrum der Bundeswehr bereit-
zustehen. Vereinfacht dargestellt sind im
Rahmen der Truppenausbildung durch
die Truppe die Laufbahnausbildung der
Mannschaften, die Inübunghaltung der
Fertigkeiten und Fähigkeiten einzelner
Soldatinnen und Soldaten als Individu-
alausbildung und die Teamausbildung
sicherzustellen. Sie schließt die Weiter-
bildung auf den entsprechenden Ebenen
ein. Das Zusammenführen von Planung,
Organisation und Durchführung von In-
dividual- und Teamausbildung unter Be-
rücksichtigung aller Auflagen und Res-
sourcen kennzeichnet hierbei die Trup-
penausbildung.
Ausbildung im Heer heute
Ausbildungsorganisation und
-infrastruktur im HEER2011
Um alle Aspekte der Ausbildung abzude-
cken und die Soldatinnen und Soldaten des
Heeres auf ihre Aufgaben vorzubereiten,
steht eine vielfältige und leistungsfähige
Ausbildungsorganisation und -infrastruktur
im gesamten Heer bereit. Der Inspekteur
des Heeres ist für die Einsatzbereitschaft
des Heeres und somit auch für den Aus-
bildungsstand verantwortlich. In seinem
Auftrag nimmt das Kommando Heer (Kdo
H) alle Aufgaben hinsichtlich Zielsetzung,
Planung, Steuerung und Kontrolle der
Ausbildung im Heer wahr und gibt damit
die Grundlinien vor. Das Amt für Heeres-
entwicklung (AHEntwg) verantwortet im
Rahmen seiner Zuständigkeit die Weiter-
entwicklung der Ausbildung im Heer.
Das Ausbildungskommando (Ausb-
Kdo) verantwortet die Fachaufgabe Ausbil-
dung im Heer und führt truppendienstlich
alle Ausbildungseinrichtungen des Heeres.
Das sind die Schulen, Ausbildungszentren
und die zentralen Ausbildungseinrichtun-
gen des Heeres. Das AusbKdo ist zuständig
für die lehrgangsgebundene Individualaus-
bildung, die inhaltlichen Vorgaben für die
Truppenausbildung (die Truppengattun-
gen, verortet im AHEntwg, erstellen die
truppengattungsspezifischen Inhalte), die
streitkräfte- bzw. bundeswehrgemeinsame
Ausbildung im Heer und die Ausbildung an
den zentralen Ausbildungseinrichtungen
mit und ohne konkreten Einsatzbezug.
Weiterhin ist das AusbKdo verantwortlich
für die Planung und Steuerung der Führer-
aus- und -fortbildung im Deutschen Heer,
sowohl an der Offizier- und Unteroffizier-
schule als auch an den Ausbildungszent-

ren. Die Verantwortung für die Planung,
Organisation und Durchführung der Trup-
penausbildung liegt dagegen in der Hand
der jeweiligen Truppenführer.
Internationale
Ausbildungskooperation
Das wesentliche Interesse des Deutschen
Heeres in der internationalen Zusammen-
arbeit besteht in einem quantitativen und
qualitativen Wertzuwachs. Dieser kann
sich durch höhere Einsatzbereitschaft, Fä-
higkeitszuwächse bzw. den Erhalt von Fä-
higkeiten bei zeitgleicher Einsparung von
Ressourcen sowie eine bessere Ausbildungs-
qualität ausdrücken. Nur ein wechselseitiger
Wertzuwachs stärkt die Partnerschaft und
das gegenseitige Vertrauen. Die Effektivität
in Einsätzen wird durch die Qualität der ein-
gesetzten Kräfte und deren Fähigkeiten be-
stimmt. Je ausgeprägter deren Modularität
und Interoperabilität ist, desto leichter ist die
Einbindung in multinationale Einsatzstruk-
turen. Internationale Ausbildungskoopera-
tionen zielen daher auf ein gemeinsames
operatives Verständnis sowie die Harmoni-
sierung von Einsatzgrundsätzen und Verfah-
ren ab. Da die Einbindung internationaler
Partner grundsätzlich zu einer quantitativen
Entlastung eigener Kräfte im Einsatz führt,
liegt es im Interesse des Deutschen Heeres,
Partnernationen zur Durchführung gemein-
samer Einsätze zu befähigen. Gemeinsame
Ausbildung entlastet, wenn sie zu einem ef-
Die Übungs- und Ausbildungseinrichtungen im HEER2011
Die Übungs- und Ausbildungseinrichtungen im HEER2011
ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER 
fizienteren Einsatz der Ausbildungsorganisa-
tion und -ressourcen führt. Sie wird auch an-
gestrebt, wenn dadurch eine qualitativ hö-
herwertige Aus- und Weiterbildung möglich
ist. Insgesamt haben Aufwandsreduzierung
und Synergie das Ziel, die bislang national
geprägten Fähigkeitsentwicklungen zu
harmonisieren und Ressourcen zu sparen,
die dann für andere Aufgaben freigesetzt
werden.
Die Einsatz- und Ausbildungs-
systematik des Heeres
Die Einsatz- und Ausbildungssystematik
des Heeres zielt in erster Linie darauf ab,
alle Verbände des Heeres einschließlich der
Brigadestäbe unter den aktuellen Rahmen-
bedingungen regelmäßig und ganzheitlich
auszubilden, um diese Kräfte schnell für
alle potenziellen Einsätze verfügbar zu ma-
chen. In zweiter Linie ist sie ein Ordnungs-
mittel, um alle verfügbaren Ressourcen,
wie Zeit, Ausbildungseinrichtungen oder
Material einzuplanen, zu steuern und pri-
orisiert zuweisen zu können. Sie gibt daher
für den Verband einen Anhalt für einen ide-
altypischen Ausbildungszyklus vor, der mit
einem Einsatz, einer einsatzgleichen Ver-
pflichtung oder einer Phase des Erhalts des
Ausbildungsstandes abgeschlossen wird.
Unter Berücksichtigung des tatsächlichen
Ausbildungsstandes ist die Ebene des Zu-
ges (der Kampftruppen) (Ausbildungsstufe
C) mindestens der Einstieg in einen neuen
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
Ausbildungszyklus. Personalveränderun-
gen, Wiederholungsausbildung im Rah-
men der Inübunghaltung, der thematische
Wechsel innerhalb einer Operationsart (z.B.
Angriff über ein Gewässer zu Angriff im ur-
banen Gelände) oder aber der Wechsel der
Operationsart sind Beispiele, die einen Ein-
stieg mit einer niedrigeren Ausbildungsstu-
fe, A bzw. B (Team/Besatzung bzw. Gruppe),
im Einzelfall notwendig machen können.
Ausbildungsziel der Bataillone/Regimenter
der Panzertruppen und der Infanterie ist das
Erreichen der Ausbildungsstufe E (Verband).
Nachfolgend wird die stufenweise Aus-
bildung der Einsatz- und Ausbildungssys-
tematik (EinsAusbSys) im Detail erläutert.
Die Teileinheiten, Einheiten und Verbände
sind im Rahmen der jeweiligen truppengat-
tungsspezifischen Rolle so auszubilden, dass
das Zusammenwirken innerhalb der Teilein-
heiten beherrscht wird. Das bedeutet, dass
Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten bis
zum Beherrschen der allgemeinen Aufga-
ben in Landoperationen und der befohle-
nen Operationsart zu wiederholen und zu
vertiefen sind. In Abhängigkeit vom Ausbil-
dungsstand sollte auf der Ebene Zug bereits
auch das Zusammenwirken von Kampftrup-
pe mit Kräften der Kampf-, Führungs- und
Einsatzunterstützung geübt werden.
Ab der Einheitsebene ist das Zusammen-
wirken mit Kräften/Mitteln anderer mi-
litärischer Organisationsbereiche in die
Ausbildung einzubeziehen, um die Einsatz-
Grafik: AHEntwg
41
 Marketing-Report: Saab International Deutschland GmbH
Live Training – eine multinationale
Herausforderung
Die Sicherheitslage in Europa und der
Welt ist aktuell unsicherer denn je. Mi-
litärbündnisse wie die NATO sind immer
stärker gefordert, das Hoheitsgebiet und
die geopolitischen Interessen seiner Mit-
glieder zu schützen.
Dieser Schutz ist nur durch gemeinsames
Handeln und gegenseitiges Einstehen zu
erreichen. Jeder mandatierte Auslands-
einsatz der Bundeswehr wird im Zuge
eines multinationalen Einsatzverbandes
bewältigt, rein national ausgestaltete
Missionen finden nicht statt.
Diese multinationalen Aufgaben können
die Bundeswehr und ihre Partner nur be-
wältigen, wenn sie die entsprechenden
operativen und praktischen Abläufe ge-
meinsam üben und trainieren.
Stationäres laserbasiertes Training
Die meisten europäischen Länder, insbe-
sondere die NATO-Mitgliedsstaaten, haben
bereits vor mehr als 20 Jahren begonnen,
Live-Trainingsanlagen zu installieren, die das
lasergestützte Üben im Systemverbund mit
Orientierung auf die Landesverteidigung
gewährleisten sollten.
Die zwischenzeitlich eingegangen Mis-
sionsverpflichtungen steigerten die
Anforderungen an die lasergestützten
Trainingsanlagen stetig, in dem militäri-
sche Einheiten anderer Nationen in die
Übungsszenarien einzubinden waren.
Mobilität
Die Bundeswehr betreibt mit dem Gefechts-
übungszentrum des Heeres (GefÜbZH) eine
der weltweit größten und modernsten laser-
gestützten Trainingsanlagen für militärische
Landoperationen. Die dafür erforderliche
technische Ausstattung wird zum Großteil
(Grafik/Foto: Saab)
durch das Systemhaus Saab bereitgestellt.
Ausgestattet sind neben dem GefÜbZH
auch die Truppe, unter anderem mit mehr
als 2.000 Rüstsätzen BT-46 zur Fahrzeugin-
strumentierung.
Die durch die Bundeswehr verwendete In-
frastruktur und Ausstattung gewährleistet
einen Übungs- und Trainingsbetrieb inner-
halb des GefÜbZH auch mit Teilnehmern
aus anderen Nationen.
Nunmehr steht auch die Bundeswehr vor
der Herausforderung, die verwendete Si-
mulationsausstattung mobil fortzuentwik-
keln, um auch in anderen Partnerländern
mit dem vollständigen Leistungsumfang
trainieren zu können.
42 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Alexander Heil
Interoperabilität
Als führender Anbieter für Live-Trainingslö-
sungen in Europa arbeitet Saab seit vielen
Jahren vertrauensvoll mit allen NATO-Mit-
gliedstaaten zusammen, um multinationa-
le Übungsvorhaben unter Einbeziehung
unterschiedlicher Ausstattungsstandards
zu ermöglichen.
Alle heutigen und zukünftig realistisch
denkbaren militärischen Operationen der
Bundeswehr werden in einer multinatio-
nalen Struktur organisiert und absolviert.
Dieser Ansatz verlangt, dass die eingebun-
denen Nationen die gemeinsamen Ope-
rationen durch Live Simulationsübungen
vorbereiten.
Hierzu ist es unerlässlich, dass die betroffe-
nen Streitkräfte einheitliche und gemein-
same Standards hinsichtlich ihrer laserba-
sierten Übungsausstattung sowie deren
Programmierung sicherstellen.
Interoperability User Community
Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit
und Abstimmung der lasergestützten Trai-
ningssysteme wurde bereits frühzeitig von
einer Reihe von Ländern erkannt. Begin-
nend im Jahre 2008 stimmen sich bis heute
regelmäßig insgesamt 14 Länder aus Euro-
pa und darüber hinaus ab, um gemeinsa-
me Standards zu setzen und zu entwickeln.
Die Kernbotschaft dieser Zusammenarbeit
ist, dass man im Einsatz nur gemeinsam
erfolgreich bestehen kann, wenn dieser
vorher auch gemeinsam vorbereitet und
trainiert wird.
Auch die NATO bringt sich in die Zusam-
menarbeit und Entwicklung der laserge-
stützten Ausbildung mit starkem Engage-
ment ein.
Realistische Simulation durch
gemeinsame Lasercodestandards
Zu den gemeinsamen Arbeitsfeldern der
IUC-Gruppe gehören neben der Interope-
rabilität der Systeme auch die Entwicklung
der Standards für den Übertragungscode
OSAG 2.0 und die entsprechenden Schnitt-
stellen. Durch diesen Standard wird die Re-
alitätsnähe der Simulation verbessert und
systemisch etabliert. Heute ist der OSAG
2.0 Code als der SISO-Standard anerkannt
und zugelassen.
Dieser Standard ermöglicht die exakt rea-
litätsgetreue Darstellung der Letalität, der
Verwundungen sowie die Wirkungsweise
der eingesetzten Effektoren und Systeme
ohne Einschränkungen.
Alle Armeen können
interoperabel sein
Insbesondere für Nationen, die ihre Streitkräf-
te heute noch nicht in multinationale Übung-
en einbinden können, hat Saab ein System
zur mobilen Instrumentierung entwickelt.
Das System MANPACK 300 kann einfach
und nahtlos die von den IUC-Nationen ge-
nutzte Simulationstechnik verbinden und
in einem Netzwerk nutzbar machen.
Das MANPACK-System ist tragbar und
kann gleichzeitig bis zu 300 Systemein-
heiten (Soldaten oder Fahrzeuge) in einem
Funkradius von mindestens vier Kilometern
verarbeiten.
Da das MANPACK auch mobil eingesetzt
werden kann, können die instrumentier-
ten Übungen ebenfalls mobil ausgelegt
werden und sind nicht an eine begrenzte
Umgebung gebunden.
Saab bietet das MANPACK 300 zum Kauf,
aber auch als Mietservice an.
Saab International
Deutschland GmbH
Jägerstr. 59
DE-10117 Berlin
Tel. +49 (0)30 40899660-0

befähigung zu erreichen. Der Abschluss
und zugleich Ausbildungshöhepunkt die-
ser Ausbildungsstufe D ist die Nutzung
der Übungszentren Kompanie (ÜbZ Kp)
(Schießübungszentrum Panzertruppen/
Übungszentrum Infanterie).
Die Einsatzbefähigung des Verbandes ist
durch den Truppenführer grundsätzlich
im Zuge einer mehrtägigen Gefechts-
übung in Einsatzgliederung, möglichst
im Gefechtsübungszentrum Heer (Gef-
ÜbZH) zu überprüfen. Zur Vorbereitung
des Stabes auf die Gefechtsübung im
GefÜbZH ist zusätzlich ein Durchgang in
einem Ausbildungsstützpunkt SIRA-Ba-
taillon (AusbStp SIRA-Btl) vorzusehen.
Anschließend folgt der Einsatz oder das
Halten des Ausbildungsstandes für einen
bestimmten Zeitraum.
Die übrigen Truppengattungen bilden
so aus, dass die Aufgaben zur ebenen-
gerechten, truppengattungsspezifischen
Unterstützung der Panzertruppen/Infan-
terie und die allgemeinen Aufgaben in
Landoperationen beherrscht werden.
Zusammenfassend gilt, dass taktische
Schwerpunktsetzungen auf der jeweili-
gen Führungsebene sowie der zielgerich-
tete Fähigkeitsaufwuchs und -erhalt die
zweckmäßig gewählte Ausbildungsstufe
bestimmen und diese auf der Zeitachse in
einem Zyklus mehrfach gewechselt wer-
den kann und muss.
Zukünftige Ausbildung
im Heer
Während die Soldatinnen und Soldaten
des Heeres seit vielen Jahren in zahlrei-
chen Einsätzen ihr Können und ihren sehr
guten Ausbildungsstand unter Beweis
stellen, gilt es selbstverständlich sicherzu-
stellen, dass das Heer seine Männer und
Frauen bestmöglich auch auf die kom-
menden Herausforderungen vorbereitet.
Dazu ist es erforderlich, in einer großen
Bandbreite von Handlungsfeldern die Ini-
ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER 
tiative zu ergreifen. Auf einige dieser As-
pekte wird im Folgenden eingegangen.
Eine der wesentlichen Herausforderun-
gen der nächsten Jahre im Bereich der
Personalgewinnung ist der Wettbewerb
mit dem zivilen Arbeitsmarkt. Es gilt,
den qualifizierten und geeigneten Nach-
wuchs zur Regeneration zu werben und
langfristig an das Heer zu binden. Um
den Erwartungen des Nachwuchses nach
qualitativ hochwertiger und attraktiver
Ausbildung gerecht zu werden, kommt
es auch darauf an, eine moderne, erleb-
nis- und abwechslungsreiche, den Anfor-
derungen jedes einzelnen Dienstpostens
entsprechende Ausbildung zu gestalten.
Darüber hinaus kann die zivile Anerken-
nung von in der Bundeswehr vermittelten
Qualifikationen ebenfalls deutlich zur At-
traktivität beitragen. Hier gilt es, neben
den altbekannten „Klassikern“, wie zum
Beispiel Führerscheine auch umfangrei-
chere und hochwertigere Ausbildungen
auf eine zivile Zertifizierbarkeit hin zu un-
tersuchen und weiterzuentwickeln. Erste
Ansätze und Fortschritte wurden hier
bereits gemacht. Auch wenn durch die
deutlich verlängerten Verpflichtungszei-
ten der Mannschaftssoldaten und die da-
durch verlängerte Nutzbarkeit einzelner
Ausbildungen insgesamt Ausbildungs-
aufwand gespart wird, so zeigt sich ge-
rade in der Führeraus- und Weiterbildung
auf allen Ebenen, dass die hier zur Verfü-
gung stehende Ausbildungszeit in Relati-
on zu den zu vermittelnden Fertigkeiten
und Kompetenzen in ein immer ungüns-
tigeres Verhältnis zu geraten droht. Dies
begründet sich vor allem durch immer
komplexer werdende Ausrüstung und
Verfahren (z.B. durch die fortschreitende
Digitalisierung des Gefechtsfeldes) und
zusätzliche Faktoren, wie die engere Ein-
bindung in ein multinationales Trainings-
und Einsatzumfeld oder die Implementie-
rung der EU-Arbeitszeitrichtlinie. Hier be-
darf es zum einen einer ständigen Über-
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
prüfung, in welchem Abschnitt welche
Fertigkeiten und Kompetenzen vermittelt
werden können bzw. als Voraussetzung
für Folgeabschnitte vermittelt werden
müssen. Es bedarf also einer ständigen
Beantwortung der Fragen „Was muss
wann und wie ausgebildet werden?“
und „Was kann alles gleichzeitig ausge-
bildet werden?“. Darüber hinaus muss
aber auch ein weiterer, oft vernachläs-
sigter Aspekt mehr in den Fokus gerückt
werden. Es ist die Frage „Was muss nicht
mehr ausgebildet werden?“, das heißt,
welche Fertigkeiten sind durch neue Ver-
fahren und Technologien obsolet gewor-
den und wo kann daher die Ausbildung
entfrachtet werden.
Das erforderliche Bildungsniveau in den
unterschiedlichen Laufbahnen, sowie
die bereits vorhandenen sozialen, medi-
alen und technischen Kompetenzen der
Auszubildenden und nicht zuletzt deren
körperliche und psychische Belastbarkeit
werden erheblichen Einfluss darauf ha-
ben, wie das Ausbildungsumfeld und die
Ausbildungsstruktur im Deutschen Heer
gestaltet sein müssen. Diese Faktoren de-
finieren maßgeblich die Abholpunkte für
eine erfolgreiche Ausbildung und Qualifi-
kation unserer Soldatinnen und Soldaten.
Ein Beispiel wie die inhärente IT-Affinität
der heutigen Generation an Auszubil-
denden angesprochen werden kann, ist
das Projekt Virtuelle Taktische Ausbil-
dungsplattform (ViTA). Hier werden auf
der Basis von technisch fortschrittlichen
„Serious Games“ der Truppe Simulato-
ren für Verfahrenstraining auf Gruppen-
und Zugebene zur Verfügung gestellt.
Die Herkunft der technischen Plattform
aus dem zivilen Spielesektor stellt dabei
zum einen die schnelle Einarbeitung der
Auszubildenden in die Bedienung und
zweitens die hohe Akzeptanz des Ausbil-
dungsmittels sicher.
Auch die Möglichkeiten der Ausbil-
dungseinrichtungen des Heeres müssen
43
 ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER
beständig an neue Ausbildungsbedürf-
nisse angepasst und zukunftssicher ge-
macht werden. Ein Leuchtturmprojekt
in dieser Hinsicht stellt die Fähigkeits-
erweiterung des GefÜbZH mit dem im
Bau befindlichen urbanen Ballungsraum
Schnöggersburg und die damit verbun-
dene Modernisierung der gesamten Sys-
temtechnik dar. Hier ergeben sich für das
Deutsche Heer in dieser Qualität völlig
neue und zukunftsgerichtete Ausbil-
dungsmöglichkeiten.
Für den Bereich der Ausbildung wird
unter den Aspekten des „lebenslangen
Lernens“ und der Fähigkeit des Einzelnen
zum eigenständigen Handeln (im Sinne
der Auftragstaktik) die verstärkte Hinwen-
dung zur kompetenzorientierten Ausbil-
dung massiv an Bedeutung gewinnen.
Dies wird den Soldatinnen und Soldaten
des Heeres das Rüstzeug vermitteln, um
auch auf neue und komplexe Herausfor-
derungen flexibel, zielgerichtet und hand-
lungssicher zu reagieren. Dabei steht das
Prinzip der „vollständigen Handlung“ im
Zentrum des Lernprozesses. Hier geht es
darum, den Auszubildenden in der kon-
kreten Lernsituation den kompletten Zy-
klus aus den Phasen Informieren, Planen,
Entscheiden, Durchführen, Kontrollieren/
Bewerten und Reflektieren durchlaufen
zu lassen. Dadurch wandelt sich auch
die Rolle des Ausbilders vom reinen Wis-
sensvermittler hin zur Rolle als Modera-
tor und „Lernbegleiter“. Aber auch der
Auszubildende wird verstärkt gefordert,
aktiv und selbstständig den Lernprozess
mitzugestalten. Dies bedingt aber auch
eine gesteigerte Fehlertoleranz, um Frei-
räume im Lernprozess zu ermöglichen.
Das Heer kann hierbei in vielen Bereichen
der Ausbildung auf bereits in diesem Sinne
strukturierte Ausbildungsmethoden und
die damit verbundenen, gewonnenen Er-
fahrungen zurückgreifen.
Zusammenfassung
Die qualitativ hochwertige und an die Er-
fordernisse der Aufträge angepasste Aus-
bildung im Deutschen Heer war und ist der
Garant für das Bestehen der Soldatinnen
und Soldaten in ihren Einsatzaufträgen. Hier
zeigt sich schon seit vielen Jahren, dass die
Ausbildungsorganisation und -infrastruk-
tur des Heeres den Erfordernissen mehr
als gerecht wird. Damit dies aber auch in
Zukunft sichergestellt werden kann, ist ein
kontinuierlicher und vielschichtiger Anpas-
sungsprozess im Zusammenspiel zwischen
Kdo H – AHEntwg – AusbKdo und tatkräfti-
gen Führern auf allen Ebenen in der Truppe
erforderlich. Hier ist das Heer zukunftssi-
cher und gut aufgestellt.  Mit Blick auf den Ausbildungsauftrag meines Kommandos zur Herstellung und Un-
44 Europäische Sicherheit & Technik
Nachgefragt:
Kurzinterview mit dem Kommandeur
des Ausbildungskommandos,
Generalmajor Dipl.Kfm. (univ)
Norbert Wagner
ES&T: Welche Entwicklungen sind für die Ausbil-
dung des Heeres und insbesondere die Führeraus-
bildung vor dem Hintergrund sicherheitspolitischer
Veränderungen sowie Anpassungen der Bundes-
wehr zu erwarten?
Wagner: Deutschland ist aktuell an über 15 Aus-
landseinsätzen beteiligt und ein weiterhin starkes
Engagement der Bundesrepublik Deutschland
weltweit und damit zwangsläufig auch der Bun-
deswehr ist zu erwarten. Auf diese Anforderungen stellen sich die Streitkräfte und
das Heer als Träger der Landoperationen im Besonderen frühzeitig ein.
Die „Trendwende Personal“ ist seit letztem Jahr eingeleitet. Sie zielt darauf ab, die
Bundeswehr personell aufzustocken. Natürlich bringt das Herausforderungen – spe-
ziell für die Ausbildung des erhöhten Einstellungsumfanges, weil zwar teilweise das
zusätzliche Personal bereits da ist, die dafür ebenfalls zu erhöhenden Ausbildungska-
pazitäten aber noch im Anpassungsprozess sind.
ES&T: Werden sich Veränderungen auch auf Auftrag und Organisation des Ausbil-
dungskommandos auswirken?
Wagner: Ja, natürlich. Die Ausbildungsorganisation des Heeres ist in einem perma-
nenten Weiterentwicklungsprozess.
ES&T: Welche Entwicklungen sind hinsichtlich der Ausbildungsmittel zu erwarten?
Wagner: Computergestützte Ausbildung wie Simulation, Fernausbildung oder Lern-
programme wird auch in der Ausbildung des Heeres noch mehr an Bedeutung
gewinnen. Die zeitnahe Beschaffung bedarfsgerechter und technisch aktueller Hard-
ware sowie das Erstellen geeigneter Lerninhalte werden damit elementar. Deshalb
werden unter anderem ab 2019 über 10.000 mobile Endgeräte und ca. 450 interak-
tive digitale Tafeln an alle Ausbildungseinrichtungen des Heeres ausgeliefert.
Die Einführung neuer Waffen, Waffensysteme sowie Ausrüstung und deren Einbin-
dung in die bestehende Simulationslandschaft wird stets auch unter Berücksichtigung
neuer technischer Entwicklungen kontinuierlich vorangetrieben. Mit der Anwendung
von Serious Games kann die rasante Entwicklung der Spieleindustrie und die Be-
geisterung der damit aufgewachsenen jungen Soldaten für die virtuelle Simulation
auf der untersten infanteristischen taktischen Ebene bin hin zur Ausbildungsstufe
Kompanie genutzt werden. Dies wird noch gesteigert durch die Einführung neuer
Simulationstechnik wie der Virtual und Augmented Reality sowie den Ausbau der
Vernetzung verschiedener Simulationssysteme, soweit dies zweckmäßig ist.
Um Bataillons- und höhere Stäbe zukunftsfähig in Führungs- und Stabsübungen
auszubilden, werden die konstruktiven Simulationssysteme mit Schnittstellen zu den
Führungsinformationssystemen erweitert. Damit werden die Voraussetzungen für
streitkräftegemeinsame und multinationale Ausbildungen und Übungen unter den
Bedingungen vernetzter Operationsführung im gesamten Aufgaben- und Intensi-
tätsspektrum geschaffen.
ES&T: Welche Rolle spielt die zunehmende Digitalisierung zukünftig für die Ausbil-
dung in Ihrem Kommandobereich?
Wagner: Schon heute ergänzt moderne Technik sehr effektiv die Ausbildung. Folge-
richtig wird die Digitalisierung für uns weiter an Bedeutung gewinnen.
Mindestens den gleichen Stellenwert wie die Beschaffung moderner Technik hat
jedoch die Erarbeitung methodisch-didaktischer Konzepte zum effektiven und effi-
zienten Einsatz dieser Mittel. Für den Erfolg der Digitalisierung müssen die Ausbilder
diesem Denkansatz entsprechend aufgestellt werden. Ziel ist die Symbiose zwischen
Digitalisierung und praktischer Ausbildung.
terstützung der Einsatzbereitschaft des Deutschen Heeres lautet die Devise: Noch
mehr handlungsorientierte Ausbildung bei noch intensiverer Nutzung geeigneter,
moderner und bedarfsgerechter Technologie.
Die Fragen stellte Dietmar Klos.
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 ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER
Moderne Ausbildungstechnik
Autorenteam
Von damals bis heute vereinfacht die zunehmende Technologisierung
der Welt unseren Alltag in vielen Bereichen. So ergeben sich auch in der
Bildungslandschaft branchenübergreifend vielfältige Neuerungen.
D ie Transformation der Lernwelt vom
klassischen formalen Lernen in ge-
füllten Klassenräumen und Hörsälen
hin zu individuellem orts- und zeitunabhän-
gigem Lernen ist eine von vielen Entwick-
lungen, auf die bereits mit heutiger Technik
Moderne Ausbildungstechnik (MAT) im Heer
reagiert wird.
Moderne Ausbildungstechnik wie bei-
spielsweise Lern-Management-Systeme
(LMS) für Onlinekurse, digitale Lernpro-
gramme, Fernunterrichte am Computer
und auch Apps auf mobilen Endgeräten
sind eine Auswahl von vielen Antworten
auf diesen Wandel. Im heutigen Informa-
tionszeitalter, in welchem das benötigte
Wissen in der Regel nicht mehr als zwei
Klicks im Internet entfernt ist, geht es in vie-
len Bereichen weniger um die Vermittlung
vollumfänglichen Wissens, als vielmehr um
die Entwicklung von Kompetenzen zur Lö-
sung umfangreicher Problemstellungen an
Ort und Stelle (kompetenzorientierte Aus-
bildung). Moderne Ausbildungstechnik
Au to r e n
Autoren aus dem Ausbildungs-
kommando Dezernat II 3
46 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
„Technik ist die Anstrengung, An-
strengungen zu ersparen.“ (Balta-
sar Gracián y Morales, 1601-1658,
spanischer Jesuit, Moralphilosoph
und Schriftsteller)
versucht dabei nicht die klassische Ausbil-
dung in der Gruppe im Klassenzimmer zu
ersetzen, sondern vielmehr diese Form der
Ausbildung zu ergänzen.
Um dieser Entwicklung der Lern- und Aus-
unterstehen dem Dezernat hierzu fachlich
zusätzlich sieben Autorenteams und acht
Fachmedienzentren mit Programmierern,
Grafikern, Kamerateams, Mediengestal-
tern, Fotografen und Webdesignern zur
bildungslandschaft auch beim Heer Rech- Umsetzung technischer Projekte, welche
durch ein weiteres Sachgebiet „Autoren-
(Foto, Grafiken: AusbKdo Dez II 3)
organisation“ geführt werden.
Fernausbildung
Die Möglichkeit der Verknüpfung der
Präsenzausbildung mit dem moderierten
Lernen in der Distanz, der Fernausbildung,
ist eine moderne implementierte Ausbil-
dungsform in den Streitkräften, die derzeit
immer mehr in die Nähe der vielfältigen
Varianten der zivilen Welt im E-Learning
rückt. Kleine ergänzende Module zur Prä-
senzausbildung, reine Onlinekurse und
Webinare werden zunehmend auch in die
Ausbildung einbezogen.
Die integrierte Technologiegestützte
Ausbildungsplattform der Bundeswehr
(iTAPBw), eine browsergestützte Lern-
und Kommunikationsplattform, bietet
nung zu tragen, arbeitet das Dezernat II 3 bereits schon heute die Möglichkeit, ko-
im Ausbildungskommando an der Integra- operative Lehr- und Lernmethoden zu
tion dieser modernen Ausbildungstechnik unterstützen.
in die Ausbildungslandschaft der Soldatin- Sie besteht aus mehreren funktionalen
nen und Soldaten. Komponenten, z.B. einer Community Fer-
Ziel ist hierbei die Ergänzung der umfang- nausbildung, einem LMS, einem virtuellen
reichen Truppenausbildung durch flexibel Klassenzimmer und einer Plattform zur
einsetzbare Techniklösungen. So können Bereitstellung von digitalen Inhalten für
Ausbilder entlastet, Kosten gespart und die die Fernausbildung. Weiterhin kann man
Zeit an Schulungseinrichtungen effizienter das Web Based Training der Bundeswehr,
genutzt werden. Der Auftrag des Dezer- ein Lerntagebuch, ein Terminfindungstool
nates II 3 ergibt sich aus dieser Zielsetzung und ein Tool zum gemeinsamen Er- und
und konzentriert sich dabei im Schwer- Bearbeiten von Texten nutzen.
punkt auf die Unterstützung der unterstell- Seit Kurzem wird auch auf der iTAPBw
ten Ausbildungseinrichtungen des Heeres. im Internet (gespiegelte iTAPBw Intranet)
Darüber hinaus richtet sich das Angebot Distanzausbildung, insbesondere für Re-
aber an alle Soldatinnen und Soldaten, servisten außerhalb des Wehrdienstes, an-
die selbst Ausbildung durchführen. Hierzu geboten. Erste lehrgangsbezogene Aus-
stehen dem Dezernat Sachgebiete mit den bildungen der Reserveoffizieranwärter
Kernfähigkeiten „Fernausbildung“, „Mo- außerhalb des Wehrdienstes sind durch
derne Ausbildungstechnik“ und „Digitale die Offizierschule des Heeres (OSH) und
Ausbildungshilfsmittel“ zur Verfügung, Ausbildung im Rahmen von Truppenaus-
auf welche im Folgenden näher einge- bildung des nichtaktiven Panzergrenadier-
gangen wird. Im nachgeordneten Bereich bataillons 908 erfolgreich gestartet.

Die technologiegestützte Ausbildung und
vor allem deren Nutzungsgrad zur effizi-
enteren Ressourcennutzung sind nicht nur
an die derzeit und zukünftig verfügbare
moderne Ausbildungstechnik gebunden,
sondern vor allem an das Nutzen-Können.
Einer zeitgerechten und fachlich guten Aus-
bildung an moderner Ausbildungstechnik
und deren stetiger Nutzung kommt somit
ein hoher Stellenwert zu. Genauso wichtig
ist allerdings auch das Nutzen-Wollen, ins-
besondere durch die Ausbilder. Diese Aus-
bilder müssen von Anfang an mitgenom-
men werden. Der bewährte Leitsatz: „Der
Technologieeinsatz folgt dem Konzept und
nicht umgekehrt“ gilt unverändert in der
Ausbildung.
Das Dezernat II 3 im Ausbildungskommando hat ein Onlineumfrage-
portal eingerichtet.
Im Mittelpunkt stehen aber immer die
Auszubildenden. Dabei kommt es darauf
an, deren vorhandene Selbstlernfähigkeit
und Medienkompetenz gewinnbringend
einzubinden und zu nutzen. Darüber hin-
aus müssen wir zusätzliche Forderungen
an den Auszubildenden in Bezug auf seine
Selbstlernbereitschaft, selbstständige In-
formationsbeschaffung und Weiterbildung
während und außerhalb der Dienstzeit stel-
len.
Moderne
Ausbildungstechnik
Mitte 2015 beginnend wurde im Rahmen
des Beschaffungsprozesses der Bundes-
wehr mit dem Projekt „Moderne Ausbil-
dungstechnik für Ausbildungseinrichtun-
gen der Bundeswehr“ (MAT AusbEinr Bw)
in einer ersten Ausbaustufe an der OSH
eine IT-gestützte Lehre mit einem IT-ge-
stützten Lernen eingeführt. Mit fast 1.000
mobilen Endgeräten (Notebooks) für Schü-
ler und Lehrer sowie 55 interaktiven digi-
ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER 
talen Tafeln (Smartboards) in den Hörsälen
wurde die Ausbildungsumgebung und Me-
thodik/Didaktik massiv verändert. Die Basis
des E-Learnings an der OSH bildet ein LMS,
welches eine zeitgemäße Bereitstellung
der Lehrinhalte für den Ausbilder und der
Lerninhalte für den Lehrgangsteilnehmer
ermöglicht.
Ein Blick in die Zukunft zeigt: Die digitale
Transformation wird mit der zweiten Aus-
baustufe an allen anderen Ausbildungsein-
richtungen des Heeres fortgesetzt. Dazu sol-
len ab 2019 über 10.000 mobile Endgeräte
für Lehrer und Schüler und ca. 450 interak-
tive digitale Tafeln an alle Ausbildungsein-
richtungen des Heeres ausgeliefert werden.
Ziel ist es, dass alle Lehrgangsteilnehmer
mit ihrem mobilen Endgerät vom Hörsaal
und den Unterkünften aus Zugriff auf al-
le relevanten Informationen erhalten und
dass die Möglichkeit einer Vernetzung mit
anderen Lernenden sowie mit den Lehrkräf-
ten besteht. Dabei kann man auf sämtliche
ausbildungsrelevanten Inhalte zugreifen,
unabhängig davon, ob diese sich auf zen-
tralen Servern wie z.B. der iTAPBw oder im
lokalen Ausbildungsnetz der Ausbildungs-
einrichtungen befinden.
Die Entwicklung und Nutzung kleiner mo-
dulartiger Lernprogramme, sogenannte
Lern-Nuggets, maximal zehn Minuten lang,
YouTube-ähnlich, für zwischendurch, bei-
spielsweise der Ablauf einer Geländeorien-
tierung, sind auf dem Vormarsch. Der Trend
geht inzwischen sogar hin zu kleinsten Wis-
sens-Nuggets, denn manchmal braucht je-
mand nur eine kurze Information und keine
Lerneinheit. Ein schneller Zugang zu punkt-
genauem, projektbezogenem, tagesaktuel-
lem Wissen ist ein wichtiger Indikator für die
Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz in einer
Wissensgesellschaft.
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
Ausbildungshilfsmittel
Der Auftrag des Sachgebietes „Digitale
Ausbildungshilfsmittel“ (DigAHM) ist die
Bereitstellung von digitalen Inhalten. Da-
hinter verbergen sich alle (Ausbildungs-)
Inhalte, die in digitaler Form bereitgestellt
werden. Dazu gehören digitalisierte Inhalte
(einzelne Dokumente, Bilder, Audios, Gra-
fiken usw.), digitale Ausbildungshilfsmittel
(Lernprogramme, Unterrichtshilfen, Modu-
le) und Videoausbildungsfilme.
DigAHM sollen die Ausbilder unterstützen,
das Ausbildungsziel schneller und in einer
noch besseren Qualität zu erreichen. Bis-
lang finden hier meist umfangreiche digita-
le Unterrichtshilfen (DUH) Anwendung, in
denen verschiedene Themen als Präsenta-
tion medial aufbereitet sind, z.B. durch Prä-
sentationsfolien, 3D-Animationen, Videos
oder Grafiken. Diese kann der Ausbilder
individuell zusammenstellen und vor allem
für seine theoretischen Ausbildungsanteile
nutzen. Hierfür stehen ihm Beamer oder
auch die zuvor genannten Smartboards
zur Verfügung. Durch die fortlaufende
Implementierung der LMS in der Ausbil-
dung verlagert sich der Schwerpunkt von
dieser klassischen DUH aber mehr auf die
Bereitstellung kleinerer themenbezogener
Medienpakete, Videoclips, Programme
und mobiler Apps, die dem Ausbilder eine
noch höhere Flexibilität ermöglichen sollen.
Das bestehende Angebot an digitalen
Lernprogrammen deckt für den Lernenden
bereits eine Vielzahl von Themengebieten
ab. Der Fundus reicht von Lerninhalten zur
Dienstbesprechung über die Wehrdiszipli-
narordnung bis hin zum sicheren Umgang
mit Handwaffen. Dieses Angebot wird
fortlaufend erweitert. Dabei geht es zu-
nehmend mehr um die Bereitstellung on-
linebasierter Anwendungen, um dadurch
in der Zukunft die Voraussetzung für noch
mehr Ortsunabhängigkeit im Selbstlernen
zu schaffen (über Intranet/Internet). Daher
werden kleinere, separat nutzbare Module
für schnellere und einfachere Zugriffsmög-
lichkeiten avisiert.
Bestehende Programme werden auch mit
Blick auf kompetenzorientiertes Ausbilden
und den zunehmenden Fokus auf selbstor-
ganisiertes Lernen angepasst.
Über handelsübliche Smartphones und
Tablets abrufbare mobile Apps, wie die in
Quizform erstellte App Wehrrecht werden
im Heer aktuell eingeführt. An weiteren
Themen, wie einer App zum Thema Mili-
tärgeschichte, wird zurzeit gearbeitet.
Das Angebot an unterstützenden Tools für
die Ausbildung wird ebenfalls ständig er-
weitert. Hierzu zählen z.B. die Datenbank
Militärische Symbole, in welcher taktische
Zeichen recherchiert und erstellt werden
47
können, Onlinetests zu verschiedenen
Ausbildungsthemen oder animierte Schalt-
pläne, in welchen komplexe (zumeist tech-
nische) Sachverhalte interaktiv dargestellt
und erklärt werden können.
DigAHM können das Lehren und Lernen
deutlich flexibler gestalten und auch Spaß
machen. Dazu sind jedoch Ideen gefragt.
Der Bedarf an DigAHM wird in der Regel
von den Ausbildungseinrichtungen des
Heeres ermittelt, kann aber auch durch
jeden Angehörigen des Heeres auf dem
Dienstweg angemeldet werden. Durch
das Sachgebiet AHM werden alle Bedarfe
erfasst, bewertet und priorisiert. Umge-
setzt werden diese Projekte durch die be-
stehende Autorenorganisation des Heeres
oder durch zivile Auftragnehmer. Alle zur Über handelsübliche Smartphones und Tablets lassen sich die mobilen
Verfügung stehenden digitalen Inhalte sind Apps abrufen.
in der jeweils aktuellen Version über das
Intranet für jeden Soldaten abrufbar. die Ausbildung zur Verfügung stehen. Bei- für den Schutz der militärischen Daten er-
In naher Zukunft soll das Repertoire der spielgebend ist hier die Technik der Virtual arbeitet werden, da mit eingestuften Daten
Ausbildungshilfsmittel aber noch deutlich und Augmented Reality (VR, AR). Hier wird auf mobilen Endgeräten gleichzeitig viele
ergänzt werden. Mit der Erstellung You- entweder eine komplette virtuelle Realität Gefahren einhergehen.
Tube-ähnlicher Erklärvideos, Lern-Apps dargestellt, wie sie aus Computerspielen Um aktuelle und vor allem zukünftige
für mobile Endgeräte und onlinebasierter bekannt ist, oder virtuelle Bestandteile in Trends in der Ausbildungslandschaft auf-
Anwendungen zum orts- und zeitunab- das reale Bild/Sichtfeld eingefügt. So kön- nehmen und für die Ausbildung im Heer
hängigen Selbstlernen, auch außerhalb nen beispielsweise komplexe Truppenbe- integrieren zu können, nimmt das Aus-
militärischer Anlagen, soll das zukünftige wegungen von Großverbänden unmittel- bildungskommando regelmäßig an in-
Angebot den aktuellen Entwicklungen bar im Gelände dargestellt werden, ohne ternationalen Themenkongressen und
Rechnung tragen. Beispielgebend stehen dass diese tatsächlich stattfinden müssen. Fachmessen teil. Ziel ist dabei immer die
hierfür schon heute professionelle mobile Ausreichend sind hierfür mobile Endgeräte Ausrichtung der Ausbildung an neuesten
Filmstudios bereit. wie Tablets und Smartphones oder spezi- Standards. So wird auch in Zukunft sicher-
elle VR-Brillen. An solchen Projekten wird gestellt, dass sich die Anstrengungen des
Ziele/Ausblick bereits im Heer gearbeitet. Ausbildungskommandos an branchen-
In Zukunft sollen die Möglichkeiten des übergreifenden und wissenschaftlichen
Technologiegestützte Ausbildung oder orts- und zeitunabhängigen Lernens noch Entwicklungen orientieren. Egal ob diese
auch moderne Ausbildungstechniken sind weiter ausgebaut werden. Denkbar wäre in neuen Lern-Management-Systemen,
bereits ein integraler Bestandteil der Trup- hier die Ausstattung aller Soldaten mit ent- kompetenzorientierten Lernprogrammen
penausbildung und werden in der Zukunft sprechenden mobilen Endgeräten oder so- zum Handlungstraining, Onlinekursen oder
weiter an Bedeutung gewinnen. Mit vor- gar die Nutzung der bereits vorhandenen moderner Ausbildungstechnik münden, im
anschreitender Technologisierung werden privaten Endgeräte der Soldaten. Hierfür Fokus wird dabei immer die Verbesserung
auch zunehmend neue Möglichkeiten für müssen allerdings noch genaue Konzepte der Ausbildung des Soldaten stehen. L

IT-Report
Wehrtechnischer Report · 1/2017 · D 46 892 Neue Broschüre
2017
IT-Report 2017
IT-Report 2017

Cyber als Antrieb strukt

ureller
Veränderungen in der
Bundeswehr
Gruppenkomm IT-Report 2017

Wearables und unikation mittels

Themen:
(Foto: BMVg)

Klaus Hardy Mühleck

Die Digitalisierung ist

in allen Bereichen des
Smart Devices
gesellschaftlic Oscar Bertin,
Lebens angekommen und IT-Report 2017hen Armin Leopold,

mando Cyber-
treibt Veränderungsprozesse Gerhard A. Schwarz
Geschwindigkeit voran. in rasanter und Gunnar Teege

Aufstellung Komsraum
Sie ist zum Motor der Transformatio Nachdem Mobile

• Abteilung CIT
zu einer „Digitalen Gesellschaft“ n hin Computing als
geworden. Informationste allen Händen anerkannte Technik
chnik ist, wird das Potenzia bei der persönlic

und Information
(IT) ist nicht länger nur l als „Dual Use“-Te hen Informationsvers
ein Werkzeug, um Geschäftsproz im militärischen orgung in
unterstützen, sondern esse zu Umfeld gemeint, chnologie, damit
bildet die synergetische immer deutliche ist die parallele
Grundlage dafür, r erkennbar. Verwendung
innovative Geschäftsmod
elle umzusetzen sowie
waltungsabläufe und Organisations Prozesse, Ver- (KdoCIR)
Dorothee Frank
formen neu zu gestalten. und Informationsraum

• KdoCIR
Kommandos Cyber-
demonstriert
Bundeswehr, Erprobung der
werden. Dabei
nspekteur der
Gruppen-
Aufstellung des kommunikation Fokus, wie mittels stand
im
die feierliche und den Generali Ludwig über Mobile Computing
Am 5. April fand Ursula von der
Leyen
ist Generalleutnant VoIP auf Smartpho auf der Basis von ,

A Inspekteur CIR Consumer- oder

ungsministerin nes im
zialgeräten (Smartpho Spe-
e statt. Der neue
uf Informationen kann Einsatz in Zivil
weltweit damit zu einer durch Verteidig e). in einer nes), die klassi-
************************************ auf der Hardthöh
**************************

**************************

und in Echtzeit zugegriffen Aufgabe der gesamt-

Volker Wieker, (beide Luftwaff Großstadt sche militärische
wer- staatlichen Sicherheitsvorsorg damit Zukunftsperspekt
General Michael Vetter ergänzt, alternativ
Funkkommunikation
den. Durch den exponenziell e gewor- und beherrscht iven gestaltet Brigadegeneral
zuneh- den. werden können. Die Stellvertreter auch ersetzt werden
menden Grad der Vernetzung Leinhos, sein gilt selbstverst
ändlich könnte.
rücken Die Chancen und Risiken Bundeswehr hat diese Herausforderung die Grenze – das m. Und soweit Die weitere
Abteilung CIT im BMVg reale und virtuelle Welt
Kabel“, betonte

• Die HERKULES Zukunft

immer näher talisierung der Digi- angenommen. Miniaturisierung,
erfordern neue Wege Die Strategien, Planun- 100 Kilometer auch für den Cyber-Raurechtlichen Klä- gleichzeitiger bei
zusammen. Damit eröffnen im gen sowie die organisatorischen das hat und als Konse- noch Erweiterung des
sich weit- Umgang Kommando, Leyen und führte es darüber hinaus
D
reichende Chancen für Staat, mit Innovation, Agilität Aus- neue von der „Der wir ohnehin in sungsspektrums Erfas-
und wirkungen werden ieses be- aus: stehen durch Sensoren
Wirtschaft im folgenden Artikel neben den Gegebenheiten rungsbedarf gibt, n der Verarbeitu bzw.
und Gesellschaft. Neue
Möglichkeiten dargestellt. gleichberechtigt - quenz dieser nsraum ist eine mit den zuständige ngs- und Ausgabem
Planungen KdoCIR der Kommunikation, des
Wissen und der innovativen
Zugangs zu „Die sichere und gesicherte
freie Nutzung des Cyber-
sowie
onsbereichen
en Organisati
stehenden militärisch spiegele die Cyber-
entstehe,
und Informatio
eigene sicherheits
politische Domäne
Land, Luft, See
engem Austausch
und Ressorts.“
Dieses notwendig
e Selbst-
auf den Cyber-Rau -
m
lichkeiten, eröffnet
neue
Entwicklung sogenannt Potenziale zur
ög-
Gestaltung und In- Cyber-Sicherheit Informationstechnik geworden – neben verständnis auch also tragbarer, er „Wearables“,
von Zusammenarbeit in
allen Bereichen formationsraums ist elementare Bedeutung von ergebe sich zwangsläur, am Körper befindliche
führen zu völlig neuen Modellen mes für die Bundes- auszudehnen omnipräsenter r
und des Cyber-Rau der Bundesweh
Die HERKULES Zukunft sozialer
Voraussetzung staatlichen
und Cyber-Sicherheit ist die IT-Sicherheit fig aus dem Auftrag
„Smart Devices“.

• Taktische Kommunikation
Interaktion und Betätigungsfelder seine
privaten Handelns in unserer im Cyber-Raum auf Datenebene der sein Gebiet und
n für glo- Deutschland, im
Forschung und Entwicklung. balisierten Welt. Die ver- und auf die auch Hearables
Frank)

wachsende netzten bzw. vernetzbaren Bürger zu schützen zu

Digitalisierung birgt umgekehrt und sämtliche Lebensbereiche onstechnischen Systeme,
informati- Bedrohungen
auch Weißbuch definierten
(Foto: Dorothee

Sichere Architektur Risiken. Cyber-Attacken

reits heute Einfluss auf
nehmen be-
unseren Alltag.
durchdringende Digitalisierung
ihrer fortschreitenden Vernetzung
mit Bundeswehr ergänzt um
aus Sicht der
den Anteil der
IT-Systeme, die über Datenschnittstelle
reagieren zu können.
„Als sechster
Inspekteur der
Bun-
Auf Grund der
Kopfhörer-
Miniaturisierung
und Mikrochip-
Komponen
von
ten konnten im
Die Sicherheit im Umgang
mit Informa- von Individuen, Organisationen verfügen, ansonsten aber n Sie, General Leinhos, Segment Wearables -
tionstechnik und die Nutzung und Staaten prägt in einzigartiger von öffentlich deswehr werden IT, Militärisch es den vergangen in
Taktische Datenlinks ber- und Informationsraum
des Cy-
Weise die Chancen unserer
zugänglichen Netzen und
dem Inter- die Aufgaben
Cyber,
Geoinformations- nannte Hearables
en zwei Jahren soge-

• Digitalisierung in der Bundeswehr

es werden net separiert sind. Dies entwickelt werden.
mehr und mehr zu einer wart und Zukunft. Sie macht
Gegen- zu erreichen, Nachrichtenwesen, Kommunikation Es handelt sich
strategischen hierbei um kabellose
Herausforderung. Innere Gesellschaft und Wirtschaft
Staat, ist Ziel der gesamtstaatlichen
Sicher- wesen und Operative die Ohrhörer, die
führen“, beschrieb
st)

und äußere meist

jedoch heitsvorsorge aller Ressorts, aus einer Hand Signale von einem über Bluetooth-
(Foto: InSapphoWeTru

Taktische Kommunikation Sicherheit lassen sich nicht

scharf voneinander abgrenzen.
mehr trenn-
Cyber-
zugleich besonders verwundbar
Cyberangriffe und erfordert
für
unmit-
mations- und Kommunikationst
(IKT) Service Provider, der
der Infor-
echnik Ministerin den
werden Ihrem
Aufbau. „Bereits
Kommando rund
im Juli
13.500
zivile
mittelt bekommen
neben Fitness-Tra
Smart Device
ver-
und in vielen Fällen
Sicherheit und Cyber-Verteidigun telbare Gefahrenabwehr. Betreiber von Soldaten sowie cker-ähnlichen
“ kritischer Infrastruktur (KRITIS), Soldatinnen und
L
g sind r un- ren auch ein zusätzliche Senso-
Weißbuch 2016 der IT- und Mitarbeite
Digitalisierung in der Bundeswehr Autor:
Klaus Hardy Mühleck ist
Sicherheitsindustrie, der
Forschung und jedes einzelnen
akademischen
Nutzers.
Mitarbeiterinnen
terstellt sein.
Diese kommen
aus den
der Streit-
aufende Forschung
logie (F&T)-Unt
- und Techno-
ersuchungen Ausrüstung, Informatio
dium eingebaut
haben.
s Speicherme-
Start-up-Unternehme Vor allem von
Leiter der Resilienz. Des Weiteren gewinnen Dabei fallen innere und unterschie dlichsten Ecken der Universität
neue der
bei Nutzung
der
nstechnik und
Hearables n werden diese
äußere Sicher- einechen, Bundeswe hr Mün- Alternative Bundeswehr betrachten
Abteilung Cyber- und Informations- Kom- heit nirgends so sie alle gilt es, speziell für Sportaktiv
petenzen in Bereichen wie eng zusammen wie im kräfte und für im Auftrag des ten und itä-
Cognitive Computing technik (CIT) im BMVg und
Chief Information Officer
Ressort
(Ressort-
puting, Big Data, Software
Cyber-Sicherheit, Internet
Cloud-Com- Cyber-Raum.
Engineering,
Daher ist Cyber-Sicherheit
– besonders bei Kritischen
Infrastruktu-Aufstellungsappell am 5.
April 2017 auf der Hardthöh
e in Bonn Heimat in der Bundesweh
r zu schaffen.“
Autoren:
Bundesamtes
für auf Basis
n zur Funkkomm
von Wearables
phones und zeigen
unikation Wegen zum Musikhören entwickelt
und Smart- der Lage im
diese durch einen Ohr zeichnen sich
.
CIO). Opera-
of Things ren – eine er ist ein neuer Standort BonnOTL Dipl.-Infor Effektivitätsgewinn Wege für einen aus und hohen Tragekomf
sowie IT-Architekturen
zunehmend an und bedarf
gesamtstaatliche Aufgabe Weltraum – und hr.“ KdoCIR am m. Gerhard A. in der „Letzten sind sehr stabil ort
Bedeutung. Sie sind wichtige intelligenterer gemeinsamer Verteidigungsmi- für die Bundeswe Schwarz
neu- vom BAAINBw Meile“ auf. meisten werden zu tragen. Die
Treiber, Lösungen als wehr wider, betonte Leyen bei ihrer tionsraum Operationsraum müsse die KdoCIR wird in
Bonn an einem Dr. Gunnar Teege, sowie Prof.
Die prinzipielle als Erweiterun
die bislang im Rahmen der von der wirken Das den Smart Devices g zu
************************************ nisterin Ursula In diesem Standort direkt
neben Oscar Bertin n Vorteile von

84 Seiten
6 Zukunft ebenso genutzt. Allgemein
des Appells. „Denken Bundeswehr in (angemieteten) und Armin
es Leopold vom bile Computing Mo- betrachtet
Rede während Dimen- en ft des Bundesamt in einem militärische , sind Hearables
ubschrauber in wie in den anderen defensi- der neuen Liegenscha Technische Institut für
stechnik Informatik der Universi- Szenario konnten n Wearable- innovative
wir an den MedEvac-H ohne dass er können, Information in umfangreichen Produkte in der
abhebt, Dies schließe
neben Sicherheit in der tät der Bundesweh Untersuchungen ersten Re-
Mali, der nicht sen sionen. Maßnahm en ein. für Heimat finden. Anfangs noch r München unter Berücksich alisierungsphase
und sind
angeschlos gung ti- nicht vollständig meist noch
an ein SAP-Progr
amm ven auch offensive Bundeswehr an- (BSI) seine nnschaft von
260 technischer und
operationeller ausgereift. Stetig
wir unsere neuen die Netze der mit einer Anfangsma zwischen 2021 Aspekte in den den zusätzliche wer-
wurde. Oder nehmen F125. Durch die „Wenn

€ 14,80
wir uns auch die dann letzten zwei Funktionen entwickelt
Reihe werden, dürfen Dienstposten, von 700 bis 800
Jahren und
in die Hearables
Fregatten der Auto- gegriffen “, betonte von der Leyen.
weitgehenden bis 2023 die Sollgröße soll. In dem mi- integriert.
Einführung einer Schiffen verteidigen auf andere staatliche In- n einnehmen
wir bei diesen „Bei Attacken im Rah- Dienstposte nsbereich werden
mation können auf fast die Hälfte können wir immer In den litärischen Organisatio dieses Jahres et-
die Besatzungsstärke moder- stitutionen tätig werden. ab dem 1. Juli 63
sind somit dank men der Amtshilfe die Lage klar, hier beginnend s
reduzieren. Es higere Schiffe n (DP) Militärische
nsätzen ist wa 5.500 Dienstposte
ner Technik leistungsfä Euro- Auslandsei die Bundestagsmandate

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trotz kleinerer Bord bestimmen
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48 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER 

Das Gefechtssimulationszentrum Heer

Moderne Ausbildung führt zum Erfolg
Martin Baumeister

1997 wurde in Wildflecken das Gefechtssimulationszentrum Heer (GefSimZH) gegründet. Mit modernster
IT-gestützter Simulationstechnik werden hier im Rahmen von Übungen die Operationen der eigenen und
gegnerischen Parteien simuliert, um für die Übungstruppe (Brigaden, Divisionen und Korpsstäbe) ein mög-
lichst realistisches Lagebild der Faktoren Kräfte, Zeit, Raum und Informationen entstehen zu lassen.

A ufgrund der dem

Zentrum zur Ver-
fügung stehenden
modernen technischen
Möglichkeiten wurde der
Wappen des Gefechtssimulationszentrums Heer

tet das GefSimZH in

Zusammenarbeit mit
dem Amt für Heeres-
Auftrag des GefSimZH entwicklung ständig an
immer wieder erweitert. der Weiterentwicklung
Es geht nicht mehr nur al- der Simulationssyste-
lein darum, der Übungs- me. Zusätzlich werden
truppe eine Möglichkeit durch Infrastrukturmaß-
der Simulation an die Hand nahmen wie zusätzlicher
zu geben. Das Zentrum un- Gefechtsstandgebäude, ei-
terstützt die übenden Trup- nem neuen Briefinggebäude
penteile in der Planung, Vorberei- und durch die Erhöhung der Un-
tung, Durchführung und Auswertung
arbeiten. In allen drei Bereichen steht der
Auftrag im Vordergrund, dem Übung-
struppenteil ein optimales Umfeld in der
Vorbereitung, Durchführung und Nachbe-
reitung der CAX zu bieten.
Die Simulation im Rahmen von Übungen ist
kein Allheilmittel, aber eine hervorragende
Ergänzung zur klassischen Übung im Ge-
lände, vor allem dann, wenn Großverbände
beteiligt sind.
Die Fähigkeiten der Simulationssysteme
KORA (Korpsrahmen-Simulationsmodell)

(Grafiken/Fotos: GefSimZH)
von streitkräftegemeinsamen und multi-
nationalen rechnergestützten Übungen
(Computer-assisted Exercise, CAX). Der
Truppenführer der Übungstruppe legt den
Übungszweck und die Übungsziele fest, er
bleibt gesamtverantwortlich und bewertet
das Übungsergebnis.
Zu den durch das GefSimZH zu erbrin-
genden Unterstützungsleistungen zählen
die kompetente Beratung zur Planung der
Übungsphasen, die zielgerichtete Leitungs-
und Übungsorganisation sowie die Maß-
nahmen zur Übungssteuerung und die
Sicherstellung einer zweckmäßigen und
optimierten Nutzung eines geeigneten Si-
mulationssystems. Darüber hinaus erfolgt
die Bereitstellung einer hervorragend ge-
eigneten Infrastruktur (Unterkünfte, Auf-
bauplätze für Gefechtsstände, Briefingsaal Das Herzstück der Simulation – die Server des
etc.) sowie die Unterstützung der Übungs- Gefechtssimulationszentrums
truppe im Bereich Informationstechnik,
Einrichtung der Führungs- und Informati- terkunftskapazität die Rahmenbedingun- und SIRA (Simulationssystem zur Unter-
onssysteme mit moderner Hard- und Soft- gen für die übende Truppe auch zukünftig stützung von Rahmenübungen) zur Abbil-
ware und Netzwerktechnik. weiter optimiert. dung der Operationsarten in allen Intensi-
Um die Simulationssysteme auf dem neu- täten haben ein Qualitätsniveau erreicht,
esten Stand der Technik zu halten, arbei- Die Übungen das auch im internationalen Maßstab mit
an der Spitze liegt. Auch hinsichtlich der
Au to r Um diesem Auftrag gerecht werden zu Forderungen an eine streitkräftegemeinsa-
können, hat das Zentrum einen Perso- me (joint) und multinationale (combined)
Hauptmann Martin Baumeister nalumfang von rund 150 Soldatinnen, Übungsfähigkeit sind die Simulationssyste-
ist Angehöriger des Gefechts- Soldaten, zivilen Mitarbeiterinnen und me zukunftsorientiert ausgerichtet.
simulationszentrums Heer. Mitarbeitern, die in den drei Bereichen Der Nutzung von Simulation auf Großver-
Stab, Übung und Übungsunterstützung bandsebene ist heutzutage mehr denn je

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 49

 ES&T SPEZIAL: AUSBILDUNG UND SIMULATION IM HEER

Battle Space 3 (VBS3) ist eine Simulation

zum Üben des taktischen Vorgehens des
Leiter Einzelschützen, einer Gruppe bis hin zur
Größe eines verstärkten Zuges. In diesem
Simulationssystem ist es beispielsweise
Stab Übungen Übungs- möglich, den Einzelschützen und später
unterstützung
die ganze Gruppe auf ein Gruppenge-
fechtsschießen vorzubereiten und das in
S1 Übungs- Übungs- Übungs- System- einem simulierten Umfeld, welches dem
vorbereitung durchführung auswertung unterstützung der realen Schießbahn entspricht. Dieses
S2 Übungsangebot wird derzeit weiter aus-
Führungs- Geoinforma-
Kampf Kampf tionssimulation
gebaut mit dem Ziel, zukünftig auch im
unterstützung
S3 Kampf- Kampf- Kompanierahmen üben zu können. Der
Luftwaffe Simulation
unterstützung unterstützung angrenzende Truppenübungsplatz Wild-
Einsatz- IT-Betrieb flecken bietet zusätzlich die Möglichkeit,
Sanität Unterstützung
S4 unterstützung
nach der Ausbildung und Übung mit VBS3
Aufkärung ZMZ Medien die Ausbildung im realen Gelände und im
KLR scharfen Schuss fortzusetzen.
Heeresflieger ViTA

Zusammenfassung
Das Gefechtssimulationszentrum des Heeres stellt den Rahmen für die
übende Truppe bereit. Durch Übungen wird die Einsatzbereit-
schaft hergestellt und aufrechterhalten.
in die Übungsvorhaben integriert. Ein de- FüInfoSys permanent mit Positionsdaten Im Kern geht es um die Verbesserung der
taillierter gedachter Verlauf bei einer CAX von den simulierten eigenen und gegne- Fähigkeiten der Führer, ihrer Stäbe und
ist kontraproduktiv. Das Unerwartete ist rischen Einheiten. Dies macht ein realitäts- auch des einzelnen Soldaten, um Opera-
bei heutigen komplexen Operationen das nahes Üben der Gefechtsstände möglich. tionen erfolgreich führen zu können. Die

Bild links: Aufbau des Gefechtsstandes der Gebirgsjägerbrigade 23; Bild rechts: Der Einzelschütze in der
Simulation Virtual Battle Space 3

Normale. Daher ist es empfehlenswert, die
Führung einer Operation unter realistischen
Gesichtspunkten und über einen längeren
Zeitraum hinweg, auch unter 24/7-Bedin-
gungen, bei gleichzeitiger Planung einer
Folgeoperation zu üben.
Zum Beüben und Ausbilden von mit Füh-
rungsinformationssystemen Heer (FüInfo-
SysH) ausgestatteten Großverbänden ge-
hört selbstverständlich die Kopplung der
eigenen Simulationssysteme des Gefechts-
simulationszentrums mit dem FüInfoSysH.
So wird sichergestellt, dass die Führungs-
prozesse, Informationsflüsse und Entschei-
dungsprozesse mitverfolgt, dokumentiert
und systematisch ausgewertet werden
können. Zudem füttert die Simulation die
Die hohe Übungsauslastung des Zent-
rums durch die Brigaden, Divisionen und
Korps zeigt, dass die Truppenführer von
dem Konzept Gefechtssimulationszentrum
Heer überzeugt sind. Das Übungsspektrum
reicht von Stabilisierungsoperationen und
Übungen zur Vorbereitung für den Aus-
landseinsatz über Übungen der Landes-
und Bündnisverteidigung bis hin zur Übung
des Kommandos Territoriale Aufgaben der
Bundeswehr im Katastropheneinsatz eines
Hochwasserszenarios.
Aber nicht nur Großverbände können am
GefSimZH üben. Für die Ebene Einzel-
schütze bis zur Ebene Zug steht dem Zen-
trum ein hochmodernes virtuelles 3D-Si-
mulationssystem zur Verfügung. Virtual
jeweilige Übung im Sinne des Leitenden
bestmöglich zu unterstützen, ist unser
Anliegen. Ein umfassender Servicegedan-
ke ist das Leitmotiv des Gefechtssimulati-
onszentrums Heer.
Es bietet mit seiner Infrastruktur am Stand-
ort Wildflecken, in Verbindung mit der
durch das Zentrum vorgehaltenen Fach-
kompetenz und modernen Technik, auch
zukünftig ideale Voraussetzungen zur
erfolgreichen Durchführung von compu-
tergestützten Übungen aller Art. Diese in
seinen Möglichkeiten als Gesamtkonzept
einmalige Einrichtung des Heeres ist auch
international anerkannt und zieht immer
wieder internationale Delegationen aus al-
ler Welt nach Wildflecken. L

50 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


AARGM
HARM-Nachfolger verspricht deutlichen Leistungszuwachs
(Foto: Orbital ATK)
Stefan Nitschke
D as derzeit durch einige NATO-Staa-
ten genutzte Waffensystem HARM
wird in den kommenden Jahren
durch ein Anti-Radar-Waffensystem der
vierten Generation als Nachfolger abgelöst.
Reale Risiken
Die physische Bekämpfung von boden-
gebundenen Luftverteidigungssystemen
des Gegners durch spezialisierte Luft-Bo-
den-Lenkflugkörper bleibt nur wenigen
NATO-Mitgliedstaaten vorbehalten. Bis-
lang verfügen nur Deutschland, Italien
und die USA über hierfür spezialisierte
Kampfflugzeuge.
Die Bekämpfung erfolgt entweder durch
elektronische Gegenmaßnahmen (Elec-
tronic Countermeasures, ECM), wobei
Kampfflugzeuge ein breites Spektrum der
Frequenzbänder der gegnerischen Über-
wachungs-, Zielerfassung- und Zielverfol-
gungsradarsysteme mit sehr hohen Aus-
gangsleistungen auf große Entfernungen
stören, oder mittels spezialisierter Luft-Bo-
den-Lenkflugkörper (Hard Kill). Die Nieder-
haltung der gegnerischen Luftverteidigung
– kurz SEAD/DEAD (Suppression/Destructi-
on of Enemy Air Defences) – steht praktisch
immer am Anfang von offensiven Luftope-
rationen, wobei eine weitgehende Degra-
dierung der gegnerischen Fähigkeiten zur
Erstellung der Luftlage und zur Führung
von Luftverteidigung ausgeübt werden
kann. Dieser Umstand beweist, dass SEAD/
DEAD eine strategische Fähigkeit darstellt.
Spätestens der erste Golfkrieg 1990/91
hatte gezeigt, wie der Einsatz von Mitteln
der elektronischen Täuschung und Störung
sowie umfangreicher Waffeneinsatz dazu
führen können, den Gegner in seinen Fä-
higkeiten zur aktiven Luftverteidigung zu
lähmen, obwohl der Großteil seiner zivi-
len und militärischen Ressourcen physisch
noch intakt war. Seither kennzeichnen sol-
che Luftverteidigungssysteme den Trend
zu Modularisierung und offener Architek-
tur, wodurch eine breitflächige Vernetzung
Au to r
Stefan Nitschke, PhD, ist unabhän-
giger Autor mit dem Schwerpunkt
Sicherheits- und Verteidigungspolitik.
R Ü S TUNG & TEC H N O LOG I E 
Verschuss von AARGM vom Kampfflugzeug E/A-18G Growler der U.S. Navy
von unterschiedlichen Komponenten der
Luftverteidigung ermöglicht wird. Solche
Systeme werden im englischen Sprachge-
brauch als Integrated Air Defence Systems
(IADS) bezeichnet.
Von HARM zu AARGM
Das US-amerikanische Unternehmen Or-
bital ATK stellt nach umfangreichen Test-
reihen mit dem Lenkflugkörpersystem
AARGM (Advanced Anti-Radiation Guided
Missile) unter Beweis, dass damit herkömm-
liche und zukünftige Luftverteidigungssys-
teme sowohl an Land als auch auf See ef-
fektiv bekämpft werden können. Der Lenk-
flugkörper AARGM befindet sich seit 2012
in der Serienfertigung. Hierbei handelt es
sich um Komponenten für die Umrüstung
von bislang eingeführten HARM-Lenkflug-
körpern. Das Konzept AARGM überzeugte
künftige Nutzer wie die U.S. Navy und die
italienische Luftwaffe, sodass im Rahmen
einer gemeinsamen Beschaffungsinitiative
nunmehr die ersten Serienflugkörper in die
operationelle Nutzung gelangen. Die U.S.
Navy erhält auch Flugkörper für umfassen-
des Training ihrer Piloten.
Besonders die U.S. Navy vermeldete über
einen Zeitraum von mehr als 50 Jahren
einen hohen Bedarf an Waffensystemen,
die zur Niederhaltung (Neutralisierung)
von bodengestützten Radarsystemen ein-
gesetzt werden können. In diesem Zeit-
raum wurden mehrere Waffensysteme
beschafft, darunter AGM-78 Standard Mis-
sile, AGM-45 Shrike, AGM-88 High Speed
Anti-Radiation Missile (HARM) und aktuell
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
AGM-88E AARGM. „Diese Waffensyste-
me wurden entwickelt, um Bedrohungen
zu minimieren“, sagte Orbital ATK gegen-
über unserer Schwesterzeitschrift ESD im
Juli dieses Jahres und führte weiter aus:
„Wenn Bedrohungen entstehen, werden
Systeme benötigt, um diese zu bekämp-
fen.“
Orbital ATK bekräftigt, dass die Entwick-
lung von AARGM eine Folge der Erkennt-
nisse aus den Konflikten im Kosovo (1999),
im Irak (2003-2011) und möglicherweise
auch in Libyen (2014) darstellt. Einsatzer-
fahrungen aus dem Jahr 1999 belegen,
dass die seinerzeit verfügbare Version des
Waffensystems HARM nur die eigentliche
Quelle der gegnerischen Radaremission an-
steuerte, während kurzzeitig abgeschaltete
und im Stand-by-Modus arbeitende Radar-
systeme der Luftverteidigung sowie davon
räumlich getrennte Führungssysteme weit-
gehend intakt blieben. Waren konventio-
nelle Tarnmaßnahmen der gegnerischen
Luftverteidigung seinerzeit eher auf eng
begrenzte Spektralbereiche beschränkt,
hatte sich die simultane Beeinflussbarkeit
verschiedenartiger Signaturen zur Täu-
schung von Sensoren in Anti-Radar-Waf-
fensystemen seither verstärkt, auch wenn
viele dieser Tarn- und Täuschmaßnahmen
in Konkurrenz zu immer intelligenteren
Schutz- und Härtungsverfahren auf der
Sensorseite stehen werden. Dieser Trend
setzt sich auch in der Zukunft fort.
Das Joint Air Power Competence Centre
(JAPCC) in Kalkar (Niederrhein) warnt vor
einer weiter voranschreitenden Robustheit
moderner IADS. Nur solche Systeme sind
51
  RÜS TUNG & TECHN O LOGI E
in der Lage, als Stand-alone-Systeme oder
eingebunden als Komponenten einer ver-
netzten Luftverteidigungsarchitektur zu
agieren. Das Luftlagebild wird in diesem
Fall durch verschiedene und weiträumig
verteilte Sensoren bereitgestellt. „Systeme
dieser Art können sogar mit luftgestützten
Plattformen im Sinne eines zentralisierten
C2 (Command & Control) zusammenge-
bunden werden, was deren Bekämpfung
erschwert“, sagt das JAPCC.
AARGM ist dank seiner verbesserten Fähig-
keiten in der Lage, diese Unsicherheiten zu
überwinden. Die U.S. Navy als erster Nutzer
(Foto: Orbital ATK)
Integration einer AARGM an einer F/A-18C/D Hornet
dieses neuen Waffensystems glaubt, dass
diese neue Technologie dazu führen wird,
Piloten bei der Bekämpfung von modernen
bodengebundenen IDAS effektiver zu un-
terstützen als jemals zuvor. In Anbetracht
der vielfältigen Verteidigungstaktiken des
Gegners (Shutdown Tactics, GPS-Jamming,
aktive und passive Täuschkörper, Frequenz-
sprungverfahren) gibt es Hinweise darauf,
dass AARGM bessere Ergebnisse erzielen
wird als AGM-88B Plus Block IIB/IIIB in der
Vergangenheit.
Orbital ATK verweist auf den Tatbestand,
dass unter den AARGM-Komponenten
für AGM-88B ein neuartiger Multi-Mo-
de-Suchkopf verwendet wird, der den
bisher genutzten passiven Radarsuchkopf
ersetzt. Dieser umfasst einen breitbandi-
gen passiven ARH-Sensor (Anti-Radia-
tion Homing), der kombiniert mit einem
aktiven Millimeterwellenradar-Sensor für
den Endanflug und einer verbesserten
GPS-unterstützten Inertialnavigationsein-
heit (Selective Availability Anti-Spoofing
Module, SAASM) solche Radarsysteme
des Gegners entdecken und identifizieren
kann, die sich der Ortung durch Shutdown
Tactics zu entziehen versuchen. Orbital
ATK unterstreicht, dass der ARH-Sensor
die Schlüsselkomponente darstellt. Dieser
gewährleistet die Weitergabe von Zielinfor-
52 Europäische Sicherheit & Technik
mationen des entdeckten Bodenziels an die
Steuer- und Verarbeitungseinheit im Lenk-
flugkörper. Des Weiteren verweist Orbital
ATK auf die Möglichkeit, solche Informati-
onen mit digitalen Geländeinformationen
zu verknüpfen, um die GPS-Koordinaten zu
erhalten, die erforderlich sind, um eine prä-
zise Bekämpfung zu gewährleisten. „Dies
ist dann von Bedeutung, wenn der Gegner
Shutdown Tactics anwendet, um die Po-
sition seiner Luftverteidigungssysteme zu
verschleiern“, sagt Orbital ATK.
„Nachdem das feindliche Bodenradar
abgeschaltet ist, stellen die GPS-Positi-
onsdaten dem aktiven Millimeterwel-
lenradar-Sensor die Koordinaten für den
präzisen Endanflug des Flugkörpers zur
Verfügung, sodass das Bodenradar, Start-
einrichtungen für Abwehrflugkörper oder
weiteres Gerät entdeckt werden können.“
Im August informierte der Hersteller, dass
AARGM ein Software-Update Block 1 er-
hält. Somit wird die Präzision des Lenkflug-
körpers gegen moderne Luftverteidigungs-
systeme nochmals verbessert. „Unser Ziel
ist es, die (Piloten) zu schützen und mit
AARGM Ziele noch schneller, sicherer und
Die Robustheit heutiger ARH-Such-
köpfe gegenüber Gegenmaßnah-
men mechanischer, elektrischer,
infrarotmäßiger und elektronischer
Art ist in den letzten Jahren nahezu
verdoppelt worden. Dennoch lassen
sich heute Tendenzen bei neuarti-
gen Störmitteln erkennen, die, wie
beispielsweise Mikrowellenwaffen
oder Hochenergie-Laser (HEL), die
aufwändige Lenk- und Zündelekt-
ronik von Anti-Radar-Waffensyste-
men empfindlich stören oder außer
Funktion setzen können. Durch die-
sen Umstand dürfte die Bekämp-
fung der gegnerischen Luftvertei-
digung in zukünftigen Szenarien
komplexer werden.
präziser zu bekämpfen“, sagte der Vizeprä-
sident und Geschäftsführer der Defense
Electronic Systems-Sparte von Orbital ATK,
Cary Ralston.
Orbital ATK zeigt sich zufrieden mit den
Ergebnissen der Anfang dieses Jahres ge-
meinsam mit der U.S. Navy abgeschlosse-
nen AARGM-Tests. Bei einer Kampagne
im vergangenen Jahr traf AARGM zwölf
von zwölf Bodenzielen. Die Tests erbrach-
ten den Nachweis, dass sich AARGM auch
gegen bewegte Ziele auf See und gegen
bodengebundene IADS in schwierigem
Terrain durchzusetzen vermag.
Alles ist möglich
Orbital ATK zufolge wird AARGM im Wege
des FMS-Prozesses (Foreign Military Sales)
verbündeten Staaten bereitgestellt werden
können. Der Hersteller ergänzt, dass po-
tenzielle Nutzerstaaten zunächst eine offi-
zielle Anfrage als Letter of Request bei der
US-Regierung stellen, um eingestufte In-
formationen über die Leistungsfähigkeiten
des Waffensystems zu erhalten. Nach der
Einschätzung durch ein hierfür verantwort-
liches Komitee (US Governments Exception
to National Disclosure Policy, ENDP) erfolgt
dann die Weitergabe von Informationen,
die zur Entscheidungsfindung im künftigen
Nutzerstaat führen können.
Infolge des „steigenden Bedarfs in Europa“,
so NATO-Quellen im vergangenen Jahr,
verweist Orbital ATK auf die italienische
Luftwaffe als „Partner für die Zusammen-
arbeit bei der Entwicklung von AARGM.“
Erste Lieferungen an Italien, so das Penta-
gon in einer Bekanntmachung vom 26.
September 2016, enthielten Komponenten
für die Umrüstung von 19 HARM-Lenkflug-
körpern. Im kommenden Jahr sollen italie-
nische Tornado ECR mit AARGM über eine
Grundbefähigung verfügen.
Auch die deutsche Luftwaffe hat einen
entsprechenden Bedarf angemeldet und
AARGM als Lösung für die Modernisierung
ihrer HARM-Lenkflugkörper ausgewählt.
Erste Lieferungen von Umrüstbauteilen für
die Konversion von AGM-88B auf AGM-
88E werden für das Jahr 2020 erwartet, so
das Bundesministerium der Verteidigung.
Beobachter hatten im Februar dieses Jah-
res jedoch davor gewarnt, dass eine „Ver-
schleppung der Beschaffungsentschei-
dung“ dazu führen könnte, die über Jahr-
zehnte entwickelte SEAD/DEAD-Fähigkeit
der Luftwaffe zu verlieren.
Bei der Stärkung von Kapazitäten für SEAD/
DEAD wird die deutsche Luftwaffe techno-
logisch Schritt halten müssen mit den jetzt
auf den Weg gebrachten Beschaffungen
der Italiener. Deutschland als Rahmen-
nation in der NATO-Initiative „Delivering

Lenkflugkörper AGM-88B HARM bei der Luftwaffe
Fire-Power from Land, Air and Sea“ benö-
tigt eine auf zukünftige Bedrohungen zu-
geschnittene SEAD/DEAD-Fähigkeit. Dies
ist mit Blick auf das Fehlen entsprechender
Kapazitäten bei einigen weiteren wichtigen
NATO-Partnern (z. B. Großbritannien) eine
unabdingbare Voraussetzung dafür, dass
schon jetzt bestehende Fähigkeitslücken im
Bündnis geschlossen werden können.
Aus NATO-Quellen geht hervor, dass
AARGM auch Polen als Bewaffnungsop-
tion für dessen Kampfflugzeuge des Typs
F-16 C/D Block 52+ angeboten worden ist.
Eine vor Kurzem beim polnischen Vertei-
digungsministerium herausgegebene Ver-
lautbarung verweist auf die Dringlichkeit ei-
ner weiteren Modernisierung von Luft-Bo-
den-Waffensystemen bei den polnischen
Luftstreitkräften und knüpft an offizielle
4. Oktober 1957 – Start des ersten Raumsatelliten Sputnik 1
Mitte der 1950er Jahre ließen die USA
(Foto: NASA)
und die Sowjetunion erkennen, dass sie
sich mit der Raumfahrt beschäftigen woll-
ten. In beiden Staaten hatte die Raketen-
technik einen steigenden Stellenwert,
verstärkt aber in der Sowjetunion, die be-
absichtigte, mit Interkontinentalraketen
der Überlegenheit der amerikanischen
Bomberflotte zu begegnen. So startete
bereits am 15. Mai 1957 ein Vorfahr der
Sojus-Rakete auf dem späteren Welt-
raumbahnhof Baikonur. Eine Explosion
nach 90 Sekunden beendete den Flug.
Doch bereits wenige Monate nach die-
sem Misserfolg startete eine zweistufige
etwa 30 Meter hohe Interkontinentalrakete R-7 mit einem Sa-
telliten an Bord, der den Namen „Sputnik“ erhielt, was so viel
wie Begleiter oder Weggefährte bedeutete. Der kugelförmige
Sputnik hatte einen Durchmesser von 58 Zentimetern und ein
Gewicht von 83,6 Kilogramm. Im Satelliten befanden sich ein
Thermometer und ein Sender, der 21 Tage aktiv war. Sputnik
brauchte für eine Erdumkreisung auf seiner Umlaufbahn anfangs
96 Minuten. Nach 92 Tagen verglühte er, nachdem er in tiefere
Schichten der Erdatmosphäre eingetreten war. Es war aber vor
allem das piepsende Signal das die Menschen in aller Welt in den
Bann zog und das sich den damals Lebenden eingeprägt hat.
Jeder hatte damals verstanden, dass ein neues Kapitel der Ge-
RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 
cherzustellen, dass die Trägerplattform mit
AARGM kommunizieren und (Ziel-)Infor-
mation verarbeitet werden können.“ Der
Hersteller verweist jedoch auf die Notwen-
digkeit, Plattformen, die bisher nicht für
(Foto: PIZ Luftwaffe)
HARM qualifiziert wurden, mit einer ergän-
zenden Maßnahme zu dem OFP-Update zu
belegen. Diese dient der Verifizierung von
Funktionen für den sicheren Abgang vom
Trägerflugzeug. Der Hersteller lässt offen,
dass auch das von Italien, Norwegen und
den Niederlanden beschaffte Kampfflug-
Aussagen von Vertretern der polnischen zeug F-35 mit AARGM ausgerüstet werden
Luftwaffe an, wonach ein Bedarf für SEAD/ kann. Dieser Flugzeugtyp kann AARGM in
DEAD-Kapazitäten „bereits am Ende die- dessen Waffenschacht laden, „derzeit gibt
ses Jahrzehnts entstehen wird“. In der Ver- es hierfür keinerlei Planungen“, bekräftigt
gangenheit wurden Jagdbomber des Typs Orbital ATK.
Su-22M4 mit Anti-Radar-Lenkflugkörpern Mit AARGM-ER (Extended Range) bietet
des älteren Typs Ch-25MP aus sowjetischer Orbital ATK eine weitere Option, unter
Produktion ausgestattet. anderem für die F-35. Aus Dokumenten
Beim Übergang von HARM zu AARGM zur Beschaffungsplanung von AARGM-ER
ist von Bedeutung, dass bei vielen einge- im Zeitraum 2016-2018 geht hervor, dass
setzten Luftfahrzeugen der europäischen die U.S. Navy Pläne entworfen hat, diese
NATO-Partner – Tornado, Eurofighter Ty- Rüststufe für die Modelle A und C zu be-
phoon, F-16 C/D Blk52+ oder EF-18M – kei- schaffen. Orbital ATK sagt, dass die ER-Va-
ne größeren Modifizierungen erforderlich riante die Einsatzreichweite der derzeitigen
sind, um die neue Fähigkeit zu erhalten. AARGM (150 km) verdoppeln wird. Eine
Trägerflugzeuge, die schon zuvor mit erste Einsatzbereitschaft, im englischen
HARM ausgerüstet waren, so Orbital ATK, Sprachgebrauch als Initial Operational Ca-
sollten lediglich ein „Operational Flight pability oder kurz IOC bezeichnet, wird für
Programme (OFP) Upgrade erhalten, um si- das Jahr 2023 angestrebt. L
schichte aufgeschlagen wurde: das
der Raumfahrt. Doch das Ereignis
hatte zwei Aspekte. Für die Sow-
jetunion war es ein Triumph, der
zumindest zu diesem Zeitpunkt die
Überlegenheit der Sowjettechnik
unter Beweis stellte, was der da-
malige Parteichef Nikita Chruscht-
schow weidlich zur Propaganda
nutzte. Für die USA war Sputnik
ein Schock. Zwar gab es dort auch
Pläne für Satelliten, nun sah man
sich aber vom Klassenfeind über-
holt, und das vor den Augen der
Welt. Schlimmer noch: Auch die
Überlegenheit der amerikanischen Interkontinentalraketen war
zumindest in Frage gestellt. Schon zwei Monate später versuch-
ten die USA, die Schmach durch den Start eines eigenen Sa-
telliten auszugleichen. Dies aber misslang gründlich, denn die
Vanguard-Rakete verglühte noch auf der Startrampe von Cape
Canaveral. Erst am 31. Januar 1958 gelang einem US-Team, zu
dem auch Wernher von Braun gehörte, der Start einer „Jupiter
C“ mit dem Satelliten „Explorer 1“ an Bord. Und die Entwicklung
ging weiter: bemannte Raumflüge, Mondlandung, Nutzung des
Weltraums für Forschung, Kommunikation und Navigation.
Vieles, was heute unverzichtbar scheint, wäre ohne Raumfahrt
nicht möglich. (pp)
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 53
 Blick nach Amerika

jede Firma erhält 900 Millionen Dollar. Die die gegenwärtige Standardwaffe M-4 im
zu planende Waffe trägt die Bezeichnung NATO-Standardkaliber 5,56 mm nicht stark
Long-Range Stand-Off Missile (LRSO). genug sei, um gegnerische Schusswesten
Diese weitreichende Abstandswaffe soll zu durchdringen. Folglich kommen im
sowohl durch den noch zu entwickelnden Rahmen des Wettbewerbs ausschließlich
Fernbomber B-21 „Raider“, sowie durch Waffen im Kaliber 7,62 mm in Betracht.
Modernisierung des US-Atomarsenals ältere Bomber (B-52, B-2) eingesetzt wer- Aus den vorgelegten Angeboten will die
nimmt Form an: Die U.S. Air Force beauf- den. Im Vergleich zum heute eingesetzten Army bis zu acht Firmen in die engere
tragte am 21. August die Firmen Boeing AGM-86B Marschflugkörper wird die neue Auswahl nehmen; jede dieser acht Firmen
und Northrop Grumman, Pläne für eine Waffe verbesserte Stealth-Eigenschaften wird sieben Sturmgewehre zur Erprobung
neue bodengestützte atomare Interkonti- und Reichweiten aufweisen und somit vorlegen. Die Schießversuche werden aus-
nentalrakete zu entwerfen. Die neue Ra-
(Foto: USAF)
kete soll die 1970 eingeführte Minuteman
III-Rakete ablösen. Nach Abschluss der
Entwicklungsarbeit wird die Air Force den
Beschaffungsauftrag an einen der beiden
Bewerber erteilen. Die geplante Beschaf-
fung von 400 neuen Raketen wird zwanzig
Jahre dauern und insgesamt 85 Milliarden
Dollar kosten. Die Air Force betont, dass
dies immer noch preiswerter wäre als die
Sanierung des aktuellen Minuteman-Be-
standes. Ferner verspricht die Einführung
einer auf neuester Technologie beruhen-
den Rakete eine beträchtliche Leistungs-
steigerung, insbesondere hinsichtlich der
Überwindung moderner gegnerischer Ab-
wehrsysteme.
Die Entwicklungsaufträge an Boeing und
Northrop Grumman haben einen Wert von
349 beziehungsweise 328 Millionen Dollar
und eine Laufzeit von 36 Monaten. Im Ver-
lauf dieser Zeit wird die Air Force auch ei-
nige noch ausstehende Details hinsichtlich
der geforderten Eigenschaften des neuen
Systems beschließen. Beispielsweise steht
noch infrage, ob eine mobile Führungszen-
trale für die neuen Raketen entwickelt wer-
den soll (die eigentlichen Raketen werden
auf jeden Fall wie die Minuteman III in un-
terirdischen Silos disloziert). Der vollwerti-
ge Entwicklungs- und Beschaffungsauftrag
soll 2021 an eine der beiden Firmen ver- Eine derzeit laufende begrenzte Sanierung der Minuteman III-Raketen
geben werden. Die Einführung des neuen soll deren Einsatzfähigkeit bis zirka 2040 gewährleisten.
Waffensystems (Initial Operational Capa-
bility) wird gegen Ende der 2020er Jahre bessere Aussichten haben, gegnerische schließlich Munition der Variante M80A1
erwartet. Eine derzeit laufende begrenzte Flugabwehrsysteme zu überwinden. Auch Enhanced Performance Round (EPR) ver-
Sanierung der Minuteman III-Raketen soll die Zielgenauigkeit soll verbessert werden. wenden. Diese Munition wird nicht als pan-
deren Einsatzfähigkeit bis zirka 2040 ge- Die Einführung von LRSO ist Ende der zerbrechend eingestuft, wurde allerdings
währleisten. 2020er Jahre geplant. Die Beschaffung von durch die Army gezielt entwickelt, um ei-
Am 23. August folgte die Meldung, dass 1.000 Marschflugkörpern wird 25 Milliar- ne verstärkte Penetrationswirkung gegen
die Firmen Lockheed Martin und Raytheon den Dollar kosten. Die Hälfte der Waffen soll gehärtete Ziele zu bewirken. Auch die ef-
den Auftrag für die Konzept- und Techno- mit atomaren Sprengköpfen ausgestattet fektive Wirkreichweite der Munition wurde
logieentwicklung für einen neuen atoma- werden. Die übrigen Einheiten werden zu gegenüber herkömmlicher 7,62-mm-Mu-
ren Marschflugkörper erhalten haben. Der Übungszwecken und als Reserve gehalten. nition gesteigert.
Auftrag hat eine Laufzeit von fünf Jahren; Um für das ICSR-Programm in Betracht zu
Infanterie braucht stärkere Waffen: kommen, muss ein Sturmgewehr einen
Au to r Die U.S. Army leitete am 4. August einen Lauf zwischen 16 und 20 Zoll Länge haben
Sidney E. Dean ist Präsident Wettbewerb ein, um ein leistungsstärke- und ohne Magazin maximal zwölf Pfund
der Transatlantic Euro-American res Sturmgewehr zu finden. Die vorläufige wiegen. Nach Abschluss des Vergleichs-
Multimedia LLC. Bezeichnung des geplanten Beschaffungs- wettbewerbs will die Army vorerst einen
projekts lautet Interim Combat Service Rifle Auftrag für die Beschaffung von 50.000
(ICSR). Die Ausschreibung stellt fest, dass Gewehren vergeben.

54 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 

Plattformungebundene
Nachtsehfähigkeit der Bundeswehr
Henning Reimann

Die Einsatz- und Gefechtsrealität erfordert, dass Tag und Nacht und unter allen Sichtbedingungen
beobachtet und gekämpft werden können muss. Hinzu kommen die besonderen Anforderungen des
Kampfes in Bewegung sowohl auf- als auch abgesessen. Diese Realität ist nicht neu.

Akteure – symmetrische wie asymmetrische geben, wurde im Sommer 2015 durch

„Ich wollte, es wäre Nacht, …“ – ebenfalls in die Lage versetzt, bei Nacht
(Arthur Wellesley Duke of Wel- und eingeschränkter Sicht zu operieren.
lington, britischer Feldmarschall, Der Anspruch der Bundeswehr ist somit
während der Schlacht von Water- folgerichtig, durch eine im Umfang an-
loo 1815) gemessene sowie qualitativ hochwertige
Nachtsehbefähigung einen höheren Ein-
den Abteilungsleiter Planung im BMVg
die Erstellung des Konzeptes „Plattform-
ungebundene Nachtsehfähigkeit der
Bundeswehr“ (KonzNachtSehFäBw) be-
auftragt. In diesem Konzept, das seit Sep-
tember 2016 in Kraft ist, wurde erstmals

D
satzwert gegenüber einem potenziellen ein umfassendes streitkräftegemeinsa-
urch die Einführung von Nachtseh-
(Foto: Bundeswehr)

optiken – zunächst insbesondere auf

Gefechtsfahrzeugen – wurde die
Nacht buchstäblich zum Tag gemacht und
damit der Schutz der Dunkelheit aufgeho-
ben. Der im Eingangszitat und dem Du-
ke of Wellington zugesprochene Wunsch
nach diesem Schutz der Nacht, der wohl
zum Abbruch der Schlacht von Waterloo
geführt hätte, ist so schon lange nicht mehr
existent.
Dies gilt selbstverständlich auch für ab-
gesessene Kräfte, für die es ebenfalls seit
vielen Jahren tragbare bzw. an Waffen
adaptierbare Nachtsehgeräte gibt. Unter
Nachtsehgeräten werden alle technischen
Mittel verstanden, die Bewegen, Beobach-
ten und Wirken bei eingeschränkter Sicht
erleichtern. Allerdings haben die vergan-
genen Jahre durch Einsatzerfordernisse
und technologische Fortschritte zu einem
deutlich erhöhten Bedarf und einer an-
spruchsvolleren Forderungslage an diese
Geräte geführt.
Der Bedarf an derartigen Geräten in mo-
dernen Streitkräften ist unstrittig, um den
Bedingungen des „24-Stunden-Einsatz-
tages“ gerecht zu werden und die unter- Gegner zu erzielen, der dann bewusst in mes Verständnis zur Nachtsehfähigkeit
schiedlichsten Aufträge unter nahezu allen der Operationsführung genutzt werden beschrieben, welches den bedarfserklä-
Sichtbedingungen erfüllen zu können. Dies kann. Die Herausforderung besteht nicht renden Bezugs- und Ordnungsrahmen
vor allem auch deshalb, da die weltweite nur in der qualitativ besseren Ausstattung, für die Arbeit im Integrierten Planungs-
und zum Teil auch kostengünstige Verfüg- um einem Gegner technisch überlegen zu prozess (IPP) bzw. im Customer Product
barkeit derartiger Technologie gegnerische sein, sondern insbesondere auch darin, Management novelliert (CPM nov.) setzt.
quantitativ ausreichend Nachtsehgeräte Es bildet damit die Basis für die Ableitung
Au to r zur Verfügung zu haben – vor dem Hin- von Bedarfen in Qualität und Quantität
tergrund der Forderungen an derartige zum Erreichen einer aufgabenorientier-
Oberstleutnant i.G. Henning Geräte gepaart mit den zum Teil erheb- ten Ausstattung und ist somit das Mittel,
Reimann ist Referent in der lichen Stückkosten eine Gratwanderung. um aus einer potenziellen Gratwande-
Abteilung Planung des BMVg. Um dieser Gratwanderung einen geeig- rung auf einen sicheren Pfad zur Zieler-
neten Bezugs- und Ordnungsrahmen zu reichung zu gelangen.

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 55

 Marketing-Report: TELEFUNKEN RACOMS
Modernste, einsatzerprobte Nachtsehsysteme für
den querschnittlichen Einsatz in der Bundeswehr
Die Durchführung von militärischen Opera-
tionen im kompletten Einsatzspektrum, in
allen Einsatzräumen und zu jeder Tageszeit,
ist eine essentielle Anforderung an die heu-
tigen Streitkräfte. Einsätze bei Nacht, insbe-
sondere gegen technologisch gut ausgerüs-
tete Gegner, stellen den Schwerpunkt der
weltweiten taktischen Operationen dar und
werden durch moderne Nachtsehtechnik
ermöglicht. Gerade in diesem Bereich gehen
die Anforderungen weit über das reine „Se-
hen“ bei Nacht hinaus. Die Befähigungen
zur Zielaufklärung und -identifizierung, zum
hochpräzisen Wirken und zur räumlichen
56 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Wahrnehmung, werden gleichermaßen
gefordert, wie auch die Befähigung zur auf-
und abgesessenen taktischen Bewegung
und zum Führen von Fahrzeugen bei Nacht.
XACT Familie
TELEFUNKEN RACOMS legt mit der Rest-
lichtverstärkerbrille XACT nv33 und dem
Restlichtverstärkermonokular XACT nv32
den Grundstein einer neuen und leichten
Generation von Nachtsehgeräten, die auch
auf die künftigen Anforderungen moder-
ner Streitkräfte ausgelegt sind.
Ergänzt wird die XACT-Familie durch mo-
nokulare Wärmebildbeobachtungs- und
-zielgeräte.
Bezeichnend für die XACT-Familie sind
kleine, leichte und widerstandsfähige
Systeme, die den Nutzer durch ihre hohe
Leistungsfähigkeit und einfache Bedien-
barkeit für den querschnittlichen Einsatz
überzeugen.
Die Geräte der XACT-Familie sind einsatzer-
probte und -bewährte Systeme, die bereits
weltweit bei Streit- und Spezialkräften so-
wie Polizei genutzt werden. Die XACT nv33
konnte sich mehrfach in deutschen Aus-
schreibung gegen alle Konkurrenz-Modelle
durchsetzen. Im Juni 2017 wurde deshalb
die Beschaffung von über 4.000 Systemen
für die deutsche Bundeswehr (Infanterie)
vereinbart.
Physikalische Dimensionen
Die XACT nv33 Restlichtverstärkerbrille ist
momentan die leistungsfähigste, binoku-
lare und marktverfügbare Brille in dieser
Größenordnung. Mit einem Gewicht un-
ter 450 Gramm ist die XACT nv33 bis zu
30% leichter als vergleichbare Konkurrenz-
modelle. Dieser Gewichtsunterschied hat
erheblichen Einfluss auf den Tragekomfort
und ermöglicht dem Benutzer eine längere
und schmerzfreie Einsatzzeit.
Einhergehend mit dem niedrigeren Ge-
wicht geht die Reduzierung der Größe.
Das XACT nv33 ist mit seinen kompakten
Abmaßen auch um 25% kleiner als die Pro-
dukte der Wettbewerber. Die geringeren
Abmaße verbessern den Tragekomfort, er-
leichtern die Handhabung und verringern
den Einfluss von schnellen und hastigen
Bewegungen auf den Festsitz am Kopf.
Dadurch steigert die XACT nv33 deutlich
die Einsatzbereitschaft der Benutzer ge-
genüber anderen Modellen.
Technologischer Vorsprung
Als einer der wenigen Hersteller weltweit
verwendet TELEFUNKEN RACOMS bei der
Herstellung der XACT-Serie Restlichtver-
stärkerröhren mit einem 16 Millimeter Ra-
dius, im Vergleich zu 18 Millimeter-Röhren
anderer Nachtsehsysteme. Die Verwen-
dung der kleineren Röhren ermöglicht die
kompakte und leichte Bauweise. Der ten-

Durchsicht der XACT nv33 mit integrierter Lagedatendarstellung.
denzielle niedrigere Lichteinfall der kleine-
ren Röhren, wird durch den Einsatz höchst-
wertigster Materialien und modernster
Technologien ausgeglichen.
Einsatzbereiche
Die XACT nv33 ist aufgrund ihrer Leis-
tungsfähigkeit und des niedrigen Ge-
wichts, querschnittlich und flächende-
ckend in den Streitkräften einsatzbar. Die
Eignung zum Führen von Kraftfahrzeu-
gen hat das System mehrfach in offiziel-
len Überprüfungen bereits bewiesen und
wird in diesem Zuge als Nachfolgemodell
für den militärischen Kraftfahrer der Bun-
deswehr gesehen. Zudem ist die Brille für
den Fallschirmsprungeinsatz geeignet und
kann aufgrund der Tauchtiefe von bis zu
25 Metern auch für maritime Operationen
genutzt werden.
Datendisplay und Battle
Management System (BMS)
TELEFUNKEN RACOMS, im Konzernver-
bund mit ELBIT SYSTEMS, ist der weltweit
führende Hersteller von Head-Up Displays
(HUD) und Helmet Mounted Displays
(HMD), mit über 90% Markanteil im militä-
rischen Marktsegment, inklusive F-35 Joint
Strike Fighter Helmen und Hubschrauber
Head-Up Displays.
Erfahrung, Technologievorsprung und Ver-
ständnis für eine effektive Lösung digitale
Daten auf abbildenden Oberflächen dar-
stellen zu können, ist der Erfolgsschlüssel
für eine effektive „Mensch-Maschine”
Schnittstelle. Die Datendisplay-Lösungen
unserer Nachtsichtgeräte für Landanwen-
dungen, basieren auf dieser Technologie
und sind eine konsequente Weiterentwick-
lung von den bewährten und bereits einge-
führten Datendisplays bei Helikopter- und
Flugzeugbesatzungen. Die Anwendung
von Datendisplays bei fliegenden Besat-
zungen ist in militärischeren Szenarien zu
einem unerlässlichen Standard gereift. Die
Datendisplay-Lösungen der XACT nv33
basieren auf all diesen Erfahrungen und
Größenvergleich: 18 mm Röhre (links) zu 16 mm Photonis Intense Röhre
(rechts)
vereint zugleich die neuesten Fähigkeiten
in Bezug auf den Einsatz am Boden.
Allgemeine Navigations- und Orientie-
rungssymbole (GPS-Eigenposition, mag-
netisch Nord, Peilung und Bewegungsrich-
tung bzw. Blickrichtung usw.) sind direkt im
Okular des Nutzers sichtbar. Diese Navigati-
onsfunktion ist vollständig unabhängig von
externen Daten. Durch diese Fähigkeiten
wird eine Desorientierung von Einsatzkräf-
ten, beim Marschieren, Fahren oder Fliegen
bei Nacht oder Tag vermieden. Alle die da-
für benötigten Daten stellen die Datendis-
play Systeme bereits zur Verfügung.
In Verbindung mit einem Battle Manage-
ment System werden alle Missions- und
Navigationsdaten, einschließlich der
Wegpunkte, Meldungslinien, Ablauflini-
en, Routen, Marschwege, Checkpoints
etc. über das Datendisplay direkt im Oku-
Oktober 2015 · Europäische Sicherheit & Technik
Mai 2017
lar der XACT nv33 dargestellt. Missions-
Updates und neue Lageeinspielungen
können somit in Echtzeit aktualisiert dar-
gestellt werden.
Die wesentliche Kampfwertsteigerung be-
steht darin, dass der Nutzer die Nachtsicht-
brillen nicht mehr deaktivieren bzw. hoch-
klappen muss, um sich auf einer externen
Lagekarte mithilfe einer zusätzliche Leucht-
quelle oder auf einem externen selbst-
leuchtenden Computer-Display orientieren
zu müssen. Dadurch wird ein enormer Zeit-
vorteil erreicht und eine Eigenaufklärung
vermieden, darüber hinaus werden keine
zusätzlichen Eyepieces, Tablets oder Karten
zum Navigieren benötigt.
TELEFUNKEN RACOMS bietet mit der
XACT nv33 ein modulares Nachtsehsys-
tem modernster Technologie für den quer-
schnittlichen Einsatz inklusive Abdeckung
zukünftiger Anforderungen.
Sebastian Bauer
TELEFUNKEN Radio Communication
Systems GmbH & Co. KG
Sales & Marketing
Eberhard-Finckh-Strasse 55
89075 Ulm / Germany
Phone: +49 (0) 731 1553-423
Fax: +49 (0) 731 1553-10 111
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3
  RÜS TUNG & TECHN O LOGI E

Rational und Aufbau wesentliche Ordnungskriterium, an dem Teilbereiche „Beobachten“, „Bewegen“

des Konzeptes
Auslöser für die Beauftragung des Konzep-
tes waren neben den erheblichen quanti-
tativen Defiziten im Bereich der abgeses-
senen Nachtsehfähigkeit insbesondere
Unklarheiten in der Bedarfserklärung bzw.
-ermittlung. Im Konzept sollten Einsat-
zerfahrungen berücksichtigt werden, es
sollte nach vorne gerichtet sein und keine
rückwärtsgewandte Begründung für den
Istzustand oder aktuelle Beschaffungs-
projekte liefern. Nicht betrachtet werden
im Konzept – der Name deutet es bereits
an – Nachtsehgeräte, die einer fahrenden,
fliegenden oder seegehenden Plattform
zugeordnet sind; damit fallen Nachtseh-
geräte wie z.B. Fahrer-Bildverstärkerbrillen kann und soll das KonzNachtSehFäBw kei-
des Schützenpanzers Marder, das Wär-
mebildgerät des Kampfpanzers Leopard
2 oder das Nachtsehgerät für den Piloten
des Kampfhubschraubers Tiger nicht in die
Betrachtung des Konzeptes.
Die Erarbeitung des Konzeptes erfolgte
unter breiter Beteiligung aller betroffenen
Organisationsbereiche unter Federfüh-
rung des Planungsamtes der Bundeswehr
und enger Begleitung durch die Abteilung
(Grafiken: Autor)
sich die Forderungslage von Nachtseh-
geräten orientieren soll. Dabei wurde die
grundsätzliche Systematik der Stufen 1 bis schreibt die jeweils zu erbringende Haupt-
4 unmittelbar übernommen.
Je höher die BefSt, desto höher sind die
Anforderungen an das Gerät und umso
höher und differenzierter werden die ge-
forderten technischen Spezifikationen.
Dies ist vornehmlich für Nachtsehgeräte
der Spezialkräfte von Relevanz, da durch
die unterschiedlichen Aufgaben eine hö-
here Variabilität gefordert werden muss.
Allerdings beschränkt sich dies auf eine
vergleichsweise geringe Zahl von Nutzern,
so dass sich der quantitative Effekt und
damit auch die Kosten relativieren.
Als konzeptionelles Grundlagendokument
ne konkreten Mengengerüste beschreiben.
Es schafft vielmehr durch die Zuordnung
von Organisationselementen (Truppengat-
tungen, Dienstteilbereiche, Aufgaben- und
Verwendungsbereiche etc.) zu den jewei-
ligen BefSt, eine streitkräftegemeinsame
Grundlage für zukünftige qualitative und
quantitative Ableitungen.
Im Hinblick auf die Zuordnung der BefSt
zu Organisationselementen war im Ver-
und „Wirken“.
Die Zuordnung zu den Teilbereichen be-
aufgabe eines Nachtsehgerätes, wobei
es in der Natur der Sache liegt, dass es
fließende Übergänge und Überschneidun-
gen zwischen den Teilbereichen gibt.
Der Teilbereich Beobachten umfasst alle
Fähigkeitsbeiträge, die mit der visuellen
Wahrnehmung von Objekten bzw. Perso-
nen im gesamten Reichweitenspektrum
zusammenhängen (Entdecken – Erkennen
– Identifizieren).
Im Verständnis des Konzeptes beinhaltet
der Teilbereich Bewegen alle Fähigkeits-
beiträge, die zur Bewegung bei einge-
schränkter Sicht, auf- und abgesessen,
unter Nutzung plattformungebundener
Nachtsehgeräte dienen.
Im Teilbereich Wirken werden alle Fä-
higkeitsbeiträge zusammengefasst, die
hauptsächlich zur Wirkungserbringung im
Rahmen der Auftragserfüllung notwendig
sind. Dabei bezieht sich das Wirken nicht
ausschließlich auf die Wirkung mit Hand-
waffen, sondern beispielsweise auch auf
die Leistungserbringung von Unterstüt-
zungskräften.
Vor diesen Rahmen-

bedingungen war
Befähigungs- Zuordnung die o.g. angepasste
stufen Zuordnung der Befä-
higungsstufen erfor-
4 Spezialkräfte der Bundeswehr derlich, und es wird
gewährleistet, dass
3 Spezialisierte Kräfte (spezlKr) und Kräfte, die zur Erfüllung ihres bestimmte Kräfte un-
truppengattungsspezifischen Auftrages im Bereich Nachtsehfähigkeit abhängig von ihrer
Zuordnung im Konz-
eine mit den spezlKr vergleichbare Befähigung benötigen
HaWaBw aufgaben-
und auftragsgerecht
2 Kräfte, die in ihrer Hauptaufgabe abgesessen eingesetzt sind, und mit den erforderlichen
Unterstützungskräfte, die eine unmittelbare Unterstützungsleistung für Nachsehgeräten aus-
diese Kräfte erbringen gestattet werden kön-
nen.
Beispielhaft seien hier
1 Kräfte, die allgemeine Aufgaben in Landoperationen wahrnehmen Aufklärungskräf te
oder Kräfte im Be-
reich Streitkräftege-
Befähigungsstufen meinsame Taktische
Feuerunterstützung
Planung des BMVg. Als eine wesentliche gleich zum KonzHaWaBw eine teilweise genannt, die im Vergleich zum KonzHa-
Auflage wurde das Handwaffenkonzept abweichende Einteilung aufgrund der WaBw aufgrund ihres Hauptauftrages im
der Bundeswehr (KonzHaWaBw) als Be- signifikant höheren Komplexität des Un- KonzNachtSehFäBw einer höheren Befähi-
zugsdokument und Orientierungsmaß- tersuchungsgegenstandes „Nachtsehen“ gungsstufen zugeordnet wurden.
stab vorgegeben, da es zwischen dem erforderlich. Diese angepasste Zuordnung Ähnlich wie bereits im KonzHaWaBw
System Handwaffe, das neben der Waffe wurde einvernehmlich mit allen militäri- verankert, wurden Nachtsehgeräte un-
an sich u.a. auch Zieleinrichtungen bein- schen Organisationsbereichen festgelegt. terschiedlichen Reichweitenbereichen
haltet, und Nachtsehgeräten erhebliche Neben den Befähigungsstufen ist ein zugeordnet. Die im KonzNachtSehFäBw
Schnittmengen gibt. weiterer wichtiger Kern des Konzeptes jeweiligen Werte für Kurzbereichs-, Mit-
Neben der Struktur des KonzNachtS- die auf der Basis Führung – Aufklärung telbereichs-, Weitbereichs-, Fernbereichs-
ehFäBw, die sich am KonzHaWaBw ori- – Wirkung – Unterstützung vorgenom- und Erweiterte Fernbereichsnachtsehgerä-
entiert, sind insbesondere die in diesem mene Kategorisierung der plattformun- te stellen dabei einen Anhalt dar und sind
angelegten Befähigungsstufen (BefSt) das gebundenen Nachtsehfähigkeit in die drei nicht als strikte Abgrenzung zu verstehen.

58 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


Sie beziehen sich nicht auf die maximale,
sondern vielmehr auf die Mindestreich-
weite der jeweiligen Gerätekategorie, mit
der ein Auftrag erfolgreich durchgeführt
werden kann.
Im Hinblick auf hohe Reichweiten ist da-
bei zu beachten, dass aufgrund von phy-
sikalischen und technologischen Eigen-
heiten diese nur durch hohe materielle
Güte erreicht werden können. Zugleich
ist zu berücksichtigen, dass mit dem
Vorteil der hohen Reichweite der Nach-
teil des Informationsverlustes gegenüber
Objekten im Nahbereich einhergeht. In-
Reichweitenbereiche
sofern gilt es bei Forderungen im Hinblick
auf Reichweiten diesen Effekt sorgfältig
zu bewerten. Im Rahmen der technolo-
gischen Weiterentwicklung ist anzustre-
ben, dass zukünftige Nachtsehgeräte
eine hohe Qualität in der Abbildung von
Objekten auf allen Entfernungen bei
gleichzeitig hoher Reichweite erreichen.
Das Konzept verfolgt auch das Ziel, die
Ausstattungsvielfalt durch Zusammenfas-
sung mehrerer Funktionalitäten in einem
Gerät zu reduzieren. Hier ist einerseits die
Kombination verschiedener Technologien
zum Nachtsehen selbst gemeint (Restlicht-
verstärker, Infrarot, Gated Viewing, Long
Wave Infrared, Mid Wave Infrared, Short
Wave Infrared etc.), aber auch die Mög-
lichkeit, unterschiedliche Funktionen in ei-
nem Gerät zu vereinen, u.a. GPS, magne-
tischer Kompass, Geländeinformationen,
Laserzielmarkierer, Farbsehen, Foto- und
Videofunktionen. Bereits heute sind eine
ganze Reihe dieser Funktionalitäten in
marktverfügbaren Produkten kombiniert.
Jedoch ist es technisch noch nicht immer
möglich, alle potenziellen Verwendungs-
zwecke in einem Gerät zu vereinen, da
Nachtsehgeräte in der Regel zum Erfüllen
eines vorab bestimmten Zwecks (Beob-
achten, Bewegen, Wirken) optimiert sind
und letztlich auch Aspekte wie beispiels-
weise Größe, Gewicht, Energieverbrauch
usw. eine Rolle spielen.
Sowohl in den Kapiteln „Allgemeine funk-
tionale Forderungen“, „Spezielle Forde-
rungen“ sowie im Kapitel „Zukunfts- und
Fähigkeitsentwicklung“ werden diesbe-
züglich entsprechende Forderungen for-
muliert, um zum einen die angestrebte
Variantenreduzierung zu erreichen und
zum anderen technologisch überlegene
Nachtsehgeräte beschaffen zu können.
Das Themenfeld Nachtsehfähigkeit ist –
das hat spätestens die Erstellung des Konz-
NachtSehFäBw gezeigt – komplex. Tech-
nologische Entwicklungen, die Vielzahl
von Anbietern von Nachtsehtechnologie
auf dem Markt und nicht zuletzt die For-
derungen der Nutzer aus allen militärischen
Organisationsbereichen an plattform-
ungebundene Nachtsehgeräte tragen zu
dieser Komplexität bei. Das Konzept leistet
hier einen Beitrag, um diese Komplexität
zu begrenzen und damit handhabbarer
zu machen. Darüber hinaus wurde eine
organisatorische Maßnahme im Konzept
angelegt: die Einrichtung der „Ständigen
Arbeitsgruppe Nachtsehfähigkeit der Bun-
deswehr“ im Planungsamt Bundeswehr.
Ihr kommt eine wichtige koordinierende
Funktion zu. Sie ist kein Ersatz für die Arbeit
der Integrierten Projektteams, sondern viel-
mehr Instrument der streitkräftegemeinsa-
men Weiterentwicklung. In der Arbeits-
gruppe tagen regelmäßig Bedarfsträger,
künftige Nutzer und Bedarfsdecker, um
das Schließen von Fähigkeitslücken anzu-
stoßen und im Weiteren abzustimmen.
Durch dieses Fachgremium können Bedar-
fe und Forderungen auch mit Unterstüt-
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 
zung des technischen Know-how aus dem
Bundesamt für Ausrüstung, Informations-
technik und Nutzung der Bundeswehr be-
reits sehr früh harmonisiert werden. Durch
den unmittelbaren Einstieg auf der Ebene
Planungsamt der Bundeswehr kann erheb-
lich Zeit im Prozess eingespart werden, wie
bereits erste positive Ergebnisse der Arbeit
der Ständigen Arbeitsgruppe zeigen.
So ist das im Mai 2017 ministeriell gebil-
ligte Vorhaben einer querschnittlichen
Bildverstärkerbrille für die Streitkräfte ein
eindrucksvolles Beispiel dafür, wie unter
Beachtung des Konzeptes sowohl eine
Reduzierung der Vielfalt erfolgt und die
enorme quantitative Lücke zielgerichtet re-
duziert werden kann.
Fazit
Letztlich verfolgt das KonzNachtSehFäBw
das übergeordnete Ziel einer qualitativ wie
auch quantitativ bedarfsgerechten und
aufgabenorientierten Ausstattung mit
Nachtsehgeräten, die eine bestmögliche
Auftragserfüllung bei Nacht und einge-
schränkter Sicht erlaubt und – wo immer
möglich – die heutige zum Teil vorhandene
Ausstattungsvielfalt reduziert.
Mit diesen Zielen kann es durchaus ein-
hergehen, dass zugunsten von höheren
Quantitäten bei der Beschaffung auf be-
stimmte Forderungen in den unteren Be-
fähigungsstufen verzichtet wird, um damit
dem gebotenen wirtschaftlichen Handeln
Rechnung zu tragen.
Für dieses Ziel setzt das Konzept den Rah-
men, um im Hinblick auf Definitionen, For-
derungen etc. die Erstellung von Initiativen
und CPM-Dokumenten zu erleichtern. Es
richtet sich im Schwerpunkt an die Initia-
tivsteller und an die Bearbeiter im IPP bzw.
CPM (nov.), wobei durch die Etablierung
der Ständigen Arbeitsgruppe gerade auch
Fähigkeitslücken frühzeitiger zentral er-
kannt werden sollen. Letzteres ist durch-
aus gewollt, da auf diese Weise neben
der beschriebenen Zeitersparnis auch die
Vorgaben des KonzNachtSehFäBw besser
verfolgt werden können und ein unmittel-
barer Abgleich zwischen Bedarfsträger, Be-
darfsdecker und Nutzer stattfinden kann.
Insgesamt liegt mit dem KonzNachtSeh-
FäBw erstmals ein umfassend abgestimm-
tes konzeptionelles Rahmendokument
vor, das neben der präzisen Definition von
Begriffen im Zusammenhang mit Nacht-
sehen, einer Abgrenzung zu plattformge-
bundenen Nachsehgeräten, der Berück-
sichtigung des Zusammenhanges zum
System Handwaffe auch Aspekte der Zu-
kunftsentwicklung beschreibt, um eine
zielgerichtetere Beschaffung von Nacht-
sehgeräten zu ermöglichen.  
59
 Marketing-Report: AIM INFRAROT-MODULE GmbH

Plattformungebundene IR-Sensorik
für Aufklärung und Wirkung
Dr. Wolfgang Cabanski, Sprecher der Geschäftsführung
der AIM INFRAROT-MODULE GmbH

Sensoren zur frühzeitigen, abstandsfähigen Detektion und Identifika- Mond zustande kommt. BiV-Geräte sind
sehr klein, leicht und kostengünstig und
tion von Bedrohungen bei Tag, Nacht und erschwerter Sicht sind un- liefern große Sehfelder bei gleichzeitig gu-
erlässlich für den Schutz und die präzise Wirkung unserer Streitkräfte. ter räumlicher Auflösung. Sie lassen sich
am Helm integrieren und ermöglichen
Der Artikel liefert eine kurze Zusammenfassung aktueller Entwicklun-
dem Soldaten gute Sicht auf kurze Ent-
gen im Bereich der Infrarot-Sensoren. fernungen, um sich im Dunkeln zu orien-
tieren, zu bewegen und im Nahbereich zu
wirken. Die in der Bundeswehr verfügbare
Wärmebildgeräte (WBG) Identifikation eines Kampfpanzers eine BiV-Technologie stößt in Einsätzen aller-
typische Aufgabe war, müssen heute dings oft an ihre Grenzen, wenn unsere
Unter den bildgebenden Aufklärungssen- Kombattanten verlässlich von Nicht- Soldaten ohne Streulicht größerer Städte
soren sind WBG der Goldstandard. Sie Kombattanten unterschieden werden, auf völlige Dunkelheit stoßen. Deutlich
kommen völlig ohne Restlicht aus, denn z.B. an feinen Details ihrer Waffe. Dies bessere BiV-Geräte gibt es nur in den USA,
sie „sehen“ die Strahlung, die alle Objek- erfordert eine weit höhere Auflösung, deren Export wird aber durch ITAR-Regeln
te selbst passiv aussenden. Sie erlauben so letztlich ein High-Definition-Wärmebild verhindert.
nicht nur das Sehen bei Nacht, sondern ins- – wie beim heimischen Fernseher – in der Im kurzwelligen Infrarot bei ca. 1,8 µm Wel-
besondere auch eine besonders wirksame Hand des Truppenführers oder Scharf- lenlänge (SWIR) wird es bei Nacht selbst
Enttarnung von Menschen und Materiali- schützen. AIM entwickelt hierfür z.B. ohne Mondschein nicht dunkel, sondern
en, da sich die Abgabe von Wärmestrah- einen 1024x768-HD-IR-Detektoren mit eine natürliche Strahlungsquelle sorgt für
lung nur schwer verhindern lässt. Aktuelle deutlich verkleinerten Pixeln in extrem eine schwache Beleuchtung, man spricht
Entwicklungen zielen auf: kompakter Bauweise von ca. 5 x 6 x 6 cm3 vom Night- oder Air-Glow-Effekt. Dieser
• Reduktion von Größe, Gewicht und und weitere HD-IR-Detektoren. Spektralbereich ermöglicht neuartige BiV-
Stromverbrauch (engl. SWaP für Si- Geräte. Wenn man den Spektralbereich bis
ze, Weight and Power). Dies ist be- Geräte im kurzwelligen ca. 2,5 µm erweitert, kann man im Grenz-
sonders wichtig für den abgesessenen Infrarot (SWIR) fall völliger Dunkelheit bereits passive, ther-
Einsatz, der den Soldaten stets zu viel mische Strahlung der Szene nutzen. Die
Gewicht aufbürdet. Wichtig ist dies aber Die Bundeswehr nutzt neben WBGs auch Detektoren können mit sehr geringer Käl-
auch immer dann, wenn IR-Detektoren Bildverstärkergeräte (BiV), die nicht passiv teleistung von nur ca. zwei Watt betrieben
in engen Bauräumen zu integrieren, z.B. sehen wie ein WBG, sondern vorhande- werden und ermöglichen so sehr kleine,
bei Fluggeräten, oder, wenn die Wär- ne Restbeleuchtung verstärken, die z.  B. leichte und wenig Energie verbrauchende
meabfuhr schwierig ist. Kernelemente durch entfernte Lichtquellen oder den Geräte.
sind weniger tief gekühlte Diese neuartigen Geräte bieten zahl-
(Fotos: AIM)

IR-Detektorchips und an- reiche Vorteile, die in den folgenden

gepasste, extrem kompak- Bildern gezeigt werden. Man kann
te Kühler. Das neue AIM- z.B.:
WBG HuntIR Mk2 steht – Personen anhand verfügba-
kurz vor der Einführung rer Bilder viel besser identifizieren
in die Bundeswehr, als als im üblichen Wärmebild, denn
kompaktes, leichtes und der Seheindruck ist – solange eine
energiesparendes Wär- schwache Beleuchtung vorhanden
mebildziel- und Beobach- ist – dem sichtbaren Bereich ähnlich,
tungsgerät mittlerer und – getarnte Bedrohungen wie
weiter Reichweite oder Scharfschützen anhand ihrer Wär-
für Unterstützungswaffen mestrahlung enttarnen,
wie das schwere .50 Ma- – deutlich besser durch Dunst und
schinengewehr. Nebel sehen als im Sichtbaren,
• Höhere Auflösung. Die – durch Glas sehen, was ist im
Anforderungen an Opt- „richtigen“ Infrarotspektrum ober-
roniken sind im asymme- halb 3 µm Wellenlänge unmöglich
trischen Einsatz deutlich ist und von Gegnern zur Tarnung
höher geworden. Anders Enttarnung eines Scharfschützen als heller hinter Scheiben genutzt wird oder
als im Kalten Krieg, als die (warmer) Fleck im roten Kreis am Waldrand der Wirkung eigener Scharfschützen

60 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


Sicht durch Nebel, unten links eSWIR, rechts im sicht-
baren Spektrum
gegen Bedrohungen hinter Glas bei Nacht
im Wege steht,
– die üblichen taktischen Laser direkt se- transparente Störquellen hindurchsehen.
hen, z.B. ob man von einem Laser-Entfer-
nungsmesser (bei ca. 1,5 µm Wellenlänge)
Person ist hinter Autoscheibe sichtbar, geht nicht im
„normalen“ WBG.
angemessen wird, oder wo der Spot eines
Designator-Lasers zur präzisen Lenkung ei-
ner Munition wirklich liegt.
AIM hat im Rahmen einer F&T-Studie für
die Bundeswehr einen Demonstrator ent-
wickelt. Die neuartigen Fähigkeiten werden
extrem positiv aufgenommen. Derzeit ent-
wickelt AIM im Rahmen einer Folgestudie
ein deutlich kompakteres, leichteres und
kostengünstigeres Gerät, um diese neue
Klasse von Ziel- und Aufklärungsgeräten
auch in Größe, Gewicht und Preis deutlich
unterhalb eingeführter WBG anbieten zu
können. Demonstratoren werden Ende
2017 verfügbar.
Gated-Viewing-Geräte
Höchste Identifikationsleistung bei einge-
schränkter Sicht liefern neuartige Gated-
Viewing-Geräte. Diese beleuchten das Ziel
mit einem augensicheren Laser bei 1,5 µm
Wellenlänge und sammeln dessen reflek-
tierte Strahlung
ausschließlich in
einem frei wähl-
baren Zeitfenster
„Gate“ nach dem
Laserpuls. Beginn
und Ende die-
ses Zeitfensters
definieren einen
bestimmten Ent-
fernungsbereich,
den man betrach-
tet. Laserreflexe,
die von Objekten
vor oder hinter
diesem Entfer-
nungsbereich
stammen, werden unterdrückt. Man kann
so z. B. durch Rauch oder andere, teilweise
Der SWIR Spektralbereich bietet den Vor-
teil, dass man die Laser in üblichen BiV-Ge-
Laser-Entfernungsmesser ist sichtbar an Quelle,
Ziel und der Strahl als solcher.
räten nicht sehen kann, d.h. man verrät sei-
ne Position trotz der aktiven Beleuchtung
nicht. AIM entwickelt derzeit einen Feldde-
monstrator für ein SWIR-Gated-Viewing-
Gerät zur Erprobung dieser Technologie.
Zweifarben- und Zwei-
band-Geräte
Bislang eingeführte Wärmebildgeräte nut-
zen die seit Mitte der 1970er Jahre ent-
wickelten IR-Technologien der ersten und
zweiten Generation. Jetzt steht die drit-
te Generation der IR-Detektoren auf der
Schwelle zur Einführung. Die Besonderheit
dieser „3rd Gen“ ist das Farbensehen im
Infraroten. Analog zu dem Farbempfinden
des Auges im visuellen Spektrum werden
hier verschiedene Spektralbereiche im In-
fraroten individuell ausgewertet. Man
spricht von Zweifarben-Detektoren, wenn
ein Spektralband wie z.B. der 3-5 -µm-
Bereich in zwei Hälften aufgeteilt wird und
Oktober 2015 · Europäische Sicherheit & Technik
Mai 2017
deren Signalstärken in jedem Bildpunkt
zeitgleich aber individuell nachgewiesen
werden. Bei der Kombination verschie-
dener Spektralbereiche wie z.B. 3-5 µm
(MWIR) und 8-10 µm (LWIR) spricht man
von Zweiband-Detektoren.
Die 3rd Gen ermöglicht Wärmebildgeräte,
die bei allen Wetterbedingungen bestmög-
liche Sicht und maximale Reichweiteleis-
tungen bieten.
Neben einer verbesserten Aufklärungs-
leistung für den Menschen als Beobachter
liefert 3rd Gen wichtige, völlig neuartige
Möglichkeiten für das maschinengestützte
Auswerten von Signaturen.
Für 3rd-Gen-Detektoren braucht man
stets in jedem Pixel 2 unterschiedlich IR-
empfindliche Schichten übereinander.
Dies erfordert die Fähigkeit, die Materi-
alien sozusagen in einzelnen Atomlagen
individuell, kontrolliert und ohne Durch-
mischung abzuscheiden. Seit 2007 wird
dafür im Rahmen von F&T-Studien eine
Technologie auf Basis der sogenannten
Molekularstrahl-Epitaxie (MBE) für das
industriell verfügbare Materialsystem Hg-
CdTe (CMT) entwickelt. Das primäre Ziel
dieser MBE-Studien war, CMT-Schichten
auf großflächigen kostengünstigen 100
-mm-Standard-Substraten herstellen zu
können. Bislang kommen extrem teure,
ca. Streichholzschachtel-kleine exotische
Substrate zum Einsatz. Die MBE von „ein-
farbigen“ 3-5-µm-Schichten auf GaAs
wird bei AIM inzwischen beherrscht und
wurde bereits in die Serienfertigung trans-
feriert. Mit diesem Know-how wurde jetzt
das nächste Ziel angegangen, eben auch
Zwei-/farben-/band-Detektoren herzu-
stellen.
AIM INFRAROT-MODULE GmbH,
Theresienstrasse 2, 74072 Heilbronn,
Phone +49 7131 6212 930,
www.aim-ir.com
61
3
 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E

Generation X
Technologische Trends für zukünftige Kampfflugzeuge
Ulrich Renn

Auf beiden Seiten des Atlantiks gibt es erste Überlegungen für die Entwicklung einer neuen Generation von
Kampfflugzeugen. In Europa haben Frankreich und Deutschland vereinbart, gemeinsam einen Nachfolger
für die Rafale und den Eurofighter zu entwickeln. In den Vereinigten Staaten beginnt man darüber nachzu-
denken, was auf die F-22 Raptor und die F-35 Litening II folgen könnte.

E
(Fotomontage: ES&T)

s ist heute allgemein üblich, die F-22

und die F-35 als fünfte Generation zu
bezeichnen. Rafale und Eurofighter
werden dagegen einer früheren Genera-
tion zugerechnet (4+). Dies unterstreicht,
dass die Entwicklung der jeweiligen Nach-
folgesysteme von unterschiedlichen Aus-
gangspunkten ausgeht und demzufolge
auch an unterschiedlichen Punkten enden
könnte. Es ist also nicht sicher, dass das
„X“ auf beiden Seiten des Atlantiks für die
gleiche Zahl steht und die jeweils nächste
Generation von Kampfflugzeugen gleiche
Eigenschaften aufweisen wird. Von den
hier angesprochenen Technologien kann
jedoch erwartet werden, dass sie einen
erkennbaren Einfluss auch auf die europäi-
sche Nachfolgegeneration haben werden.

Geringere Signaturen
Konstruktive Maßnahmen zur Verringe-
rung der Signaturen von Kampfflugzeu-
gen (kurz: Stealth) gehören neben der Fu-
sion von Sensordaten und der Vernetzung
zu den bestimmenden Merkmalen von
Kampfflugzeugen der fünften Generation.
Grundsätzlich zielt Stealth auf die Verringe-
rung aller taktisch relevanten Signaturen.
Die Mehrheit der Maßnahmen richtet sich
jedoch auf die Verringerung der Radarsi-
gnatur. Dies wird damit begründet, dass
Radarsensoren aufgrund ihrer besonderen
Eigenschaften (mit Abstand größte Erfas-
sungsreichweite, sehr präzise, dreidimensi-
onale Zielerfassung und -verfolgung, gerin-
ge Beeinflussung durch Wettererscheinun-
gen) die Sensoren der Wahl für die weiträu-
mige Luftraumüberwachung sowie für den
Einsatz fliegender oder bodengebundener
Waffensysteme gegen Luftziele sind.
Ein wirksamer Schutz vor (frühzeitiger)
Erfassung durch Radar bringt folglich er-
hebliche taktische Vorteile mit sich. Ein
gleichwertiger Schutz gegen die Erfassung
der übrigen Signaturen würde, wenn über-
haupt machbar, ebenfalls sehr aufwändi-
Für den Eurofighter, die Rafale, die F-22 und die F-35 sollen
Nachfolgesysteme entwickelt werden.
ge technische Maßnahmen erfordern und
wegen der geringeren Reichweite und Prä-
zision der entsprechenden Sensoren eine
geringere taktische Bedeutung haben.
1975 entwickelte Denys Overholser, Inge-
nieur bei den Lockheed Skunk Works, ein
Programm, das es erlaubte, eine Flugzeug-
zelle zu entwerfen, die aus ebenen Flächen
und geraden Kanten zusammengesetzt
war und einen im Vergleich zu konventio-
nellen Entwürfen sehr geringen Radarquer-
schnitt besaß. Die Wirkung der Form der
Flugzeugzelle konnte dann noch durch den
Einsatz von radarabsorbierendem Material
(Radar-absorbent Material, RAM) unter-
stützt werden. Die hauptsächliche Wirkung
geht jedoch von der Form aus. Overholser
nennt als die vier Prinzipien von Stealth:
Form, Form, Form und Material.
Fortschritte bei der Erforschung der mathe-
matischen und physikalischen Grundlagen
von Stealth sowie die Verfügbarkeit immer
leistungsfähigerer Computer ermöglichten
es, die Wirksamkeit von Form-Stealth wei-
ter zu erhöhen und gleichzeitig auf eine ex-
treme Formgebung (wie z.B. bei der F-117)
zu verzichten. Allerdings gilt weiterhin, dass
Flugzeugzellen, die einen sehr geringen
Radarquerschnitt aufweisen, auf anderen
Gebieten Einschränkungen mit sich brin-
gen können.
Auch bei der Entwicklung radarenergieab-
sorbierender oder -zerstreuender Anstri-
che, Beschichtungen und Strukturen sind
große Fortschritte erzielt worden. Zum
einen ist es gelungen, die Widerstandsfä-
higkeit von RAM gegen die Beanspruchun-
gen, denen es im Flugbetrieb ausgesetzt
ist, zu steigern. Zum anderen zeichnen sich
durch die Verwendung sogenannter Me-
tamaterialien weiterführende Perspektiven
ab, deren Möglichkeiten und Grenzen erst
in Umrissen erkennbar werden.
Active Frequency Selective Surface Material
(AFSS) besteht im Kern aus einer extrem
dünnen und für das Aufbringen auf der
Außenhaut eines Flugzeugs hinreichend
flexiblen Schicht aus Halbleitern, die es er-
laubt, auf einfallende elektromagnetische
Strahlung so gezielt zu antworten, dass

62 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


Die B-2 Spirit, Idealform eines Stealth-Flugzeugs
das ursprüngliche Signal wirkungslos wird.
Andere Metamaterialien, die sich aber in
einem noch früheren Stadium der Entwick-
lung befinden, könnten es ermöglichen,
auch die IR- und optischen Signaturen ei-
nes Flugzeugs zu reduzieren oder ganz zu
verbergen.
Als ideales Stealth-Flugzeug wird ein für
Geschwindigkeiten unterhalb der Schall-
grenze ausgelegtes Nurflügelflugzeug
angesehen wie die B-2 oder die B-21. Ein
derartiges Design ist jedoch kaum mit den
Anforderungen an moderne Jagdbomber
und Jagdflugzeuge vereinbar. F-35 und
F-22 weisen daher größere Ähnlichkeiten
mit ihren konventionellen Vorgängern
auf als z.B. die B-2. Dennoch wird beiden
nachgesagt, dass sie Kampfflugzeugen
der vierten Generation im Luftkampf im
Nahbereich unterlegen seien. Unabhängig
davon, in welchem Maße dies zutreffen
könnte, verdeutlicht es doch, dass hohe
aerodynamische Leistungsfähigkeit und
ein möglichst geringer Radarquerschnitt
in Konkurrenz stehen. Stealth-Flugzeuge
entfalten ihre beste Wirkung dort, wo das
Vermeiden einer frühzeitigen Erfassung
durch gegnerisches Radar wichtiger ist als
hohe Agilität, d.h. im Luftkampf auf große
Entfernung und bei der Überwindung inte-
grierter Luftverteidigungssysteme.
Die hohe Agilität von Jagdflugzeugen und
Jagdbombern bedingt auch (relativ) kleine
Flugzeugzellen. Konventionelle Entwürfe
kompensieren dies dadurch, dass der weit-
aus größte Teil der Bewaffnung und ein
nicht unerheblicher Teil des Treibstoffs als
Außenlasten mitgeführt werden. Außen-
lasten und Stealth sind jedoch unvereinbar,
was negative Folgen für die Anzahl der
während eines Einsatzes bekämpfbaren
Ziele oder den Einsatzradius hat, die nur
durch taktisch/operative Maßnahmen aus-
geglichen werden können. Der in diesem
Kontext angedachte Einsatz von sogenann-
ten „Arsenal-Flugzeugen“, die zusätzliche
Waffen tragen sollen, und der zur operati-
ven Routine gehörige Einsatz von Tankern
werfen jedoch neue Probleme auf, solange
diese Flugzeuge nicht genauso schwer ent-
(Foto: Northrop Grumman)
deckbar sind wie das Stealth-Kampfflug-
zeug, das sie unterstützten sollen.
Eine weitere Einschränkung der Wirksam-
keit von Stealth ergibt sich aus der elekt-
Die F-117A Nighthawk, das erste konsequent auf Stealth ausgelegte
Kampfflugzeug
ronische Signatur von Kampfflugzeugen.
Funk und Radar, deren zumindest zeitweili-
ger Gebrauch für viele Arten von Einsätzen
weiterhin unabdingbar bleiben wird, sind
prinzipiell „nicht-stealthy“. Die Verbreitung
von Passivsensoren, die Emissionen orten
können, nimmt zu und die Qualität dieser
Sensoren wird weiter verbessert werden.
Es wird daher versucht, die elektronische
Signatur durch die Entwicklung von Funk
und Radar mit geringer Entdeckungswahr-
scheinlichkeit (Low Probability of Intercept,
LPI) zu verringern.
Der Einsatz von LPI-Techniken wie agilen
Wellenformen, adaptivem Management
der Sendeleistung oder (scheinbar) zufällig
gestalteten Suchmustern wird insbesonde-
re durch die Entwicklung von AESA-Anten-
nen (Active Electronically Scanned Array)
begünstigt. Allerdings können Fortschritte
bei der Verminderung der elektronischen
Signaturen durch gleichwertige Fortschrit-
te bei elektronischen Unterstützungsmaß-
nahmen (Electronic Support Measures,
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 
ESM), insbesondere elektronischer Aufklä-
rung, wieder ausgeglichen werden.
In ähnlicher Weise wird Stealth auch durch
die Weiterentwicklung der Radartechno-
logie herausgefordert. Die Flexibilität der
AESA-Antenne, die heute installierbaren
hohen Rechenleistungen und die dadurch
entstehende Leistungssteigerung langwel-
liger Radare sowie sehr leistungsfähige
neue Algorithmen für die Bearbeitung,
insbesondere Filterung, von Radarsigna-
len führen dazu, dass auch Objekte mit
sehr geringen Radarsignaturen in taktisch
nutzbaren Entfernungen mit ausreichend
großer Genauigkeit entdeckt und verfolgt
werden können. Daher räumen auch die
Befürworter von Stealth ein, dass die Über-
lebensfähigkeit eines Kampfflugzeugs in
(Foto: U.S. Air Force)
hochgradig bedrohten Lufträumen zukünf-
tig nur dann sichergestellt werden kann,
wenn Stealth durch Taktik, elektronische
Aufklärung und elektronischen Kampf (Elo-
Ka) unterstützt wird.
Intelligenter elektronischer
Kampf
Seit dem Zweiten Weltkrieg ist der elekt-
ronische Kampf eine wesentliche Begleit-
erscheinung von Luftoperationen. Er ist
durch einen permanenten, immer kom-
plexer und aufwändiger werdenden Wett-
streit zwischen Maßnahmen und Gegen-
maßnahmen gekennzeichnet, in dem mal
die Mittel zur Ortung eines Luftziels und
mal der Schutz vor Entdeckung die Ober-
hand haben. Der sogenannte kognitive
EloKa steht für die neueste Runde in die-
sem Wettstreit, die gerade erst begonnen
hat. Sein Gegenstück ist die kognitive Ra-
dartechnologie, bei der, (sehr stark) verein-
facht ausgedrückt, Radarsysteme „lernen“,
63
(Foto: Lockheed Martin)
 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E
Die F-35 Litening II bei einem Erprobungsflug mit Außenlasten
(Foto: Boeing)
Auch die ehrwürdige B-52 wird als Option für ein „Arsenal-Flugzeug“
betrachtet.
sehr kleine Ziele auch dort zu finden, wo
herkömmliche Radare nur Festziele oder
Störsignale sehen.
Heute werden elektronische Gegenmaß-
nahmen auf der Grundlage von durch
elektronische Aufklärung gewonnene Da-
ten im Labor entwickelt und dann in Pro-
gramme für die Selbstschutzanlagen von
Kampflugzeugen umgesetzt. Aufgrund
der Flexibilität der AESA-Antennen sowie
der Leistungsfähigkeit moderner Signal-
prozessoren wird es jedoch möglich, die
Arbeitsweise von Radaren innerhalb be-
stimmter Grenzen in schneller Folge ad
hoc zu verändern. Dies führt dazu, dass der
Selbstschutz von Kampflugzeugen, sei es
Stealth, EloKa oder (wahrscheinlicher) eine
Mischung aus beiden, auf vorher nicht an-
getroffene Bedrohungsformen gewisser-
maßen vor Ort und in Echtzeit zielgerichtet
reagieren können muss.
64 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Der Bereich des elektromagnetischen
Spektrums, in dem Stealth wirkt, wird aber
bereits bei der Konstruktion des Flugzeugs
entschieden und kann, wenn überhaupt,
nur durch aufwändige und langwierige
konstruktive Maßnahmen verändert wer-
den. Auch die heutige EloKa-Wirkungs-
kette (Aufklärung – Entwicklung – Pro-
grammierung – Einsatz) ist nicht agil ge-
nug, um extrem rapiden Veränderungen
der elektronischen Bedrohung folgen zu
können. Daher soll der heutige program-
mierte zum kognitiven EloKa weiterentwi-
ckelt werden. Kognitiver EloKa beruht auf
einer Form maschinellen Lernens, die das
Lernverhalten von Lebewesen auf elekt-
ronische Systeme überträgt. Die dafür
erforderliche Software nutzt Theoreme
aus der Wahrscheinlichkeitstheorie, um
Computer ähnlich wie Lebewesen an Er-
fahrungen lernen zu lassen, die aus einem
Strom kontinuierlicher Reize (oder Daten)
gewonnen werden.
Bezogen auf EloKa bedeutet dies, dass
über ein Netzwerk von Aufklärungs-
sensoren kontinuierlich große Mengen
an Daten über möglichst viele Arten der
elektronischen Bedrohung gewonnen
werden müssen. Anhand dieses Stroms
von Bedrohungsdaten werden fortlaufend
Wahrscheinlichkeiten für die Wirksamkeit
von Gegenmaßnahmen gegen bestimmte
Klassen von Emittern ermittelt. Dies versetzt
kognitiv arbeitende Selbstschutzsysteme in
die Lage, neu auftretende, unbekannte Be-
drohungen durch Vergleich mit bekannten
zu klassifizieren und Gegenmaßnahmen
anzuwenden, die nach ihrer bisherigen
„Erfahrung“ eine möglichst hohe Erfolgs-
wahrscheinlichkeit haben. Die Reaktion
der Selbstschutzsysteme mag beim ersten
Kontakt mit einer neuen Bedrohung noch
nicht optimal sein, verbessert sich aber mit
jeder weiteren Iteration.
Gesteigerte Wirkung
Die Wirksamkeit eines Kampfflugzeugs be-
ruht zum einen auf der Leistungsfähigkeit
des Flugzeugs selbst, die ausreichen muss,
um sich gegen gegnerische Kampfflugzeu-
ge und Luftverteidigungssysteme durch-
zusetzen, das beabsichtigte Zielgebiet zu
erreichen und möglichst unbeschädigt zu-
rückzukehren. Zum anderen beruht sie auf
der Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger
Bewaffnung, die eine Vielzahl verschieden-
artiger Ziele mit hoher Wahrscheinlichkeit,
zu vertretbaren Kosten und mit möglichst
geringen Nebenwirkungen zerstören oder
zumindest neutralisieren können soll.
Forderungen nach gesteigerter aerody-
namischer Leistungsfähigkeit zukünftiger
Kampfflugzeuge, die wesentlich über das
mit der vierten Generation erreichte Niveau
hinausgehen, finden sich kaum und zurzeit
machen neuartige aerodynamische Kon-
zepte keine Schlagzeilen. Eine Ausnahme
bildet Supercruise. Die bei einigen Flug-
zeugen der Generationen 4+ und 5 (z.B.
Eurofighter und F-35) bereits realisierte Fä-
higkeit, in bestimmten, widerstandsarmen
Konfigurationen ohne (andauernden) Ge-
brauch des Nachbrenners mit Überschall-
geschwindigkeit fliegen zu können, wird
auch für zukünftige Kampfflugzeuge als
sehr wichtig angesehen. Supercruise er-
höht das für Luftkämpfe nutzbare Energie-
niveau, verringert die Zeit, die einem geg-
nerischen System zur Bekämpfung bleibt,
und erhöht das kinetische Potenzial der
mitgeführten Bewaffnung. Neben einer
möglichst widerstandsarmen Flugzeug-
zelle verlangt Supercruise vor allem sehr
schubstarke Triebwerke, die zum Erhalt der
notwendigen Reichweite oder Ausdauer
gleichzeitig, wenn auch nicht notwendi-
gerweise während des Überschallfluges,
einen möglichst günstigen Treibstoffver-
brauch haben.
Dies wird von Triebwerken mit variablem
Nebenstromverhältnis (Adaptive Cycle En-

(Foto: USAF)
gines, ACE) erwartet. Triebwerke mit vor-
gegebenem Nebenstromverhältnis sind
entweder auf hohen Schub (Turbojet – mili-
tärisch) oder günstigen Treibstoffverbrauch Eine AC-130 der USAF. Flugzeuge diese Typs könnten als erste mit einem
(Turbofan – zivil) optimiert. ACE verfügen Laser als Primärbewaffnung ausgerüstet werden.
über einen regelbaren Nebenstrom, der es

(Foto: Russ. MoD)

ihnen erlaubt, phasenweise eher wie ein
Turbojet oder eher wie ein Turbofan zu ar-
beiten. Neuartige Werkstoffe wie z.B. Cera-
mic Matrix Composites und der 3D-Druck
als neues Mittel zur Fertigung komplexer
Bauteile bieten zudem die Möglichkeit, die
Arbeitstemperatur der Triebwerke und da-
mit ihre Effizienz weiter zu steigern.
Mehrere Triebwerkshersteller, darunter
auch MTU Aero Engines, befassen sich
bereits mit ACE. GE Aviation hat im Zuge
zweier bereits seit 2006 laufender For-
schungsprogramme des US-Verteidigungs-
ministeriums ein Triebwerk entwickelt, das
20 Prozent mehr Schub und ein Viertel
Treibstoffeinsparung liefern soll. Dies lässt
sich in verbesserte Missionsleistungen wie
35 Prozent mehr Reichweite oder 50 Pro-
zent längere Verweildauer im Einsatzgebiet
übersetzen. Ein derartiger Zuwachs an Leis-
tung, ohne den Zwang mehr Treibstoff in
der Flugzeugzelle unterbringen zu müssen,
ermöglicht eine erhebliche Steigerung der
Wirksamkeit von Kampfflugzeugen ein- Die zum russischen Radarsystem Nebo-M gehörende AESA-Antenne.
schließlich zukünftiger Stealth-Flugzeuge Dem Gesamtsystem wird zugetraut, dass es auch Stealth-Flugzeuge
in der Größenklasse der F-35. entdecken kann.
Darüber hinaus entwickelt man auch Trieb-
werke, die sich für extreme Anwendungen ten. So werden z.B. hohe Präzision und bis über 100 kW und erste einsatzfähige
wie Operationen im Hyperschallbereich skalierbare Wirkung zur Vermeidung von Lösungen könnten bereits 2022 zur Verfü-
oder im Übergang von Luft- und Weltraum Kollateralschäden auch weiterhin zu den gung stehen.
eignen (z.B. die u.a. auch von der EASA wesentlichen Eigenschaften von Luft-Bo- Angesichts schwer zu erfüllender Anfor-
geförderten Synergistic Air-Breathing Ro- den-Waffen zählen. Die größere Aufmerk- derungen an knappe Ressourcen wie das
cket Engine, SABRE). Es ist jedoch nicht sehr samkeit, die heute (wieder) der Möglichkeit Volumen der Flugzeugzelle, die Energie-
wahrscheinlich, dass derartige Entwicklun- von Operationen in hochgradig bedrohten versorgung oder die Kühlung dürfte die
gen angesichts der zahlreichen noch zu Lufträumen entgegengebracht wird, wird Integration in kleinere Kampfflugzeuge
überwindenden technischen Herausforde- aber u.a. dazu führen, dass Abstandsfähig- zunächst nur als Außenlast möglich sein.
rungen bereits in der nächsten Generation keit wieder mehr in den Blickpunkt gerät. Dies gilt nicht für größere Flugzeuge. Die
von Kampfflugzeugen zur Anwendung Abstandswaffen mit hoher Reichweite AC-130 soll nach erfolgreichem Abschluss
kommen werden, auch wenn in den USA bieten die Möglichkeit, stark verteidigte der laufenden Versuche mit einer Variante
hin und wieder Vorstellungen zu einer Hy- Ziele auch mit Nicht-Stealth-Flugzeugen des High Energy Liquid Laser Area Defense
personic Global Strike Force auftauchen. In anzugreifen. Darüber hinaus eignen sie System (HELLADS) von General Atomics
der näheren Zukunft wird Hyperschall wohl sich auch dazu, etwaige Einschränkungen das erste Flugzeug werden, das mit einer
eher bei Flugkörpern als bei Kampfflugzeu- der Reichweite von Stealth-Jagdbombern internen Laserwaffe ausgestattet werden
gen realisiert werden. zu überwinden. kann.
Während der vergangenen zwei Jahr- Eine wirkliche Neuerung auf dem Gebiet Ein Vorteil von Laserwaffen besteht darin,
zehnte wurden westliche Kampflugzeuge der Flugzeugbewaffnung wäre die Integ- dass sie unsichtbar und geräuschlos sind
überwiegend in asymmetrischen Konflik- ration von Lasern. Mehrere amerikanische und somit keine Hinweise auf das feuern-
ten eingesetzt. Die aus diesen Szenarien Hersteller arbeiten an Hochleistungslasern, de Flugzeug liefern. Vor allem aber verfü-
abgeleiteten Forderungen an die Bewaff- die von fliegenden Plattformen gegen Luft- gen sie über einen Munitionsvorrat, der
nung sind nicht so speziell, dass sie nicht oder Bodenziele eingesetzt werden sollen. grundsätzlich nur durch die Fähigkeit des
auch in anderen Szenarien Bestand hät- Die angestrebte Leistung reicht von 60 kW Flugzeugs, Energie zu erzeugen, begrenzt

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 65

 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E
(Foto: USAF)
wird. Vereinfacht ausgedrückt könnte so
die Luftbetankung eines Kampflugzeugs
gleichzeitig auch seinen Waffenvorrat
wieder auffüllen. Laser bieten daher be-
sondere Vorteile, wenn viele Ziele in kurzer
Folge zu möglichst geringen Kosten be-
kämpft werden sollen. Eine sehr attraktive
Fähigkeit, wenn es darum geht, kleineren
Stealth-Flugzeugen ein „tieferes Arsenal“
zu geben oder ein bei Präzisionswaffen
häufig beklagtes grobes Missverhältnis
zwischen dem Preis der Waffe und dem
Wert des Ziels zu vermeiden.
Einen von einem sich sehr schnell bewe-
genden Kampfflugzeug abgefeuerten La-
ser längere Zeit auf einen Punkt an einem
manövrierenden Ziel zu fokussieren, stellt
sehr hohe Anforderungen an alle daran
beteiligten Komponenten. Je nachdem
wie gut es gelingt, die damit verbundenen
technischen Herausforderungen zu meis-
tern, kann dies dazu führen, dass das feu-
ernde Flugzeug zu nachteiligem taktischen
Verhalten gezwungen wird, das z.B. beim
Abfeuern einer (Fire-and-Forget-) Lenkwaf-
fe nicht erforderlich wäre. Die Praxistaug-
lichkeit von Laserwaffen hängt also nicht
zuletzt davon ab, ob es in Zukunft gelingt,
die im Ziel auftreffende Energie so weit
zu steigern, dass auch widerstandsfähige
Strukturen nach möglichst kurzer Zeit zer-
stört werden können.
Fusion von Sensordaten und
Vernetzung
Wie bereits erwähnt, sind die Fusion von
Sensordaten und die Vernetzung des ein-
zelnen Flugzeugs mit anderen Teilnehmern
an einem taktisch/operativen Netzwerk
typisch für Kampfflugzeuge der fünften
Generation. Die F-35 setzt neue Maßstä-
be bei der Vielfalt und Anzahl der an Bord
verfügbaren Sensoren sowie beim Grad
der Fusion der von diesen Sensoren gelie-
ferten Daten. Gleichzeitig verfügt sie über
die Fähigkeit, ihre Sensordaten an andere
Teilnehmer eines Netzwerks zu senden und
Daten von externen Quellen in die Darstel-
lung des an Bord generierten Lagebildes
einzubeziehen, um so die Besatzungen mit
möglichst umfassender und bruchfreier
Kenntnis über ihre Gesamtsituation auszu-
statten.
Ziel (zumindest der US-Streitkräfte) ist es,
ein Netzwerk zu schaffen, das alle in ei-
nem Einsatzgebiet operierenden Kräfte
über die Grenzen von Systemen, Domä-
nen und Führungsebenen hinweg mit In-
formationen für ein gemeinsames Lagebild
versorgt. Angesichts eines möglichen Um-
felds aus hunderten oder sogar tausenden
von Akteuren und Sensoren, das in der
Lage sein wird, ungeheure Datenmengen
66 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Die Sensoren des EOTS (Electro-Optical Targeting System) der F-35
zu erzeugen, wird es darauf ankommen,
Algorithmen zu entwickeln, die die richti-
gen Daten im richtigen Detaillierungsgrad
zum richtigen Empfänger lenken, und die
es ermöglichen, diese Daten vor Ort so zu
fusionieren, dass sie als verlässliche Ent-
scheidungsgrundlagen dienen können.
Bezogen auf das in einem solchen Umfeld
funktionierende einzelne Kampfflugzeug
bedeutet dies hohe Rechenleistungen an
Bord, große Bandbreiten und Datenüber-
tragungsraten und auch eine weiter stei-
gende Komplexität der Systemsoftware.
Gleichzeitig wirft die Abhängigkeit der Leis-
tung eines Kampflugzeugs von quasi stän-
diger Kommunikation mit seinem Umfeld
auch die Frage nach seinen elektronischen
Signaturen auf. Flugzeuge mit sonst gerin-
gen Signaturen benötigen LPI-Kommuni-
kationsmittel, wenn sie diesen taktischen
Vorteil nicht verlieren sollen. Der Multi-
function Advanced Data Link (MADL) der
F-35 gilt als schwer entdeckbar, eignet sich
aber nur für den Gebrauch innerhalb einer
taktischen Formation und nicht zur Kom-
munikation mit dem erweiterten operativen
Umfeld. Für letzteren Zweck verwendet die
F-35 zurzeit noch Link 16, der hinsichtlich
seiner Entdeckbarkeit nicht optimal ist.
Gleich auf welcher technischen Lösung
die Datenverbindungen aufbauen, sie
müssen widerstandsfähig gegen Maßnah-
men des EloKa und gegen Cyber-Angriffe
sein. Realistischerweise wird diese Wider-
standsfähigkeit nicht in einem einzigen für
längere Zeiträume wirksamen Satz von
Maßnahmen bestehen können, sondern
einen beständigen Wettstreit mit den sich
weiterentwickelnden offensiven Möglich-
keiten erfordern. Dies kann bedeuten, dass
zukünftige Kampfflugzeuge in Situationen,
in denen kein ausreichender Schutz der Da-
tenverbindungen möglich ist, auch in der
Lage sein müssen, mit guter Aussicht auf
Erfolg, autonom, d.h. ohne die Unterstüt-
zung des taktisch/operativen Netzwerks,
zu operieren.
Optimierung der Mensch-
Maschine-Schnittstelle
Die F-35 zeichnet sich dadurch aus, dass sie
mittels eigener Sensoren und durch Feeds
aus taktisch/operativen Netzwerken in der
Lage ist, große Mengen an Informatio-
nen über vielfältige Aspekte der Lage im
gesamten Raum um das Flugzeug herum
weiträumig zu erfassen. Die Frage, wie
eine derartig detaillierte dreidimensionale
Lage, der Besatzung mithilfe der bisher vor-
wiegend zweidimensionalen Anzeigen im
Cockpit dargestellt werden kann, ist noch
nicht vollständig gelöst. Die Hoffnung, dass
komplexe Lageinformation an Bord eines
zukünftigen Kampfflugzeugs so aufberei-
tet und dargestellt werden könnten, dass
der Umfang mit ihnen ähnlich intuitiv sein
könnte wie der „Blick aus dem Cockpit“,
wird sich ohne erhebliche weitere Fort-
schritte bei Helmvisieren und auch Head-
down-Displays nur schwer erfüllen lassen.
In jedem Fall müssen die Besatzungen,
wenn sie die Vorteile ihres stark erweiter-
ten Lagebilds nutzen sollen, einen noch
größeren Teil ihrer Arbeitsleistung auf den
Umgang mit Information verwenden als
bisher. Dies gilt umso mehr, wenn auch
noch die Führung unbemannter Formati-
onsmitglieder übernommen werden soll.
Um es (vor allem bei Einsitzern) trotzdem
nicht zu einer Überlastung kommen zu
lassen, werden mehr und mehr Systeme

entwickelt werden, die die Besatzungen
von Aufgaben der Führung des eigenen
Flugzeugs entlasten sollen.
Die Defence Advanced Projects Research
Agency (DARPA) erforscht unter der Be-
zeichnung Aircrew Labour In-Cockpit Au-
tomation System (ALIAS) ein modulares
System von Automatisierungs- und Assis-
tenzsystemen, das an konkrete Flugzeug-
typen (auch bereits eingeführte) und Auf-
gabenstellungen angepasst werden und
fliegerische Aufgaben vom Start bis zur
Landung übernehmen kann, einschließ-
lich der Bewältigung von Notsituationen.
Endpunkt dieser Entwicklung könnte ein
vollwertiger, im Rahmen der durch den
Flugzeugkommandanten erteilten Aufträ-
ge autonom agierender maschineller Ko-
pilot sein.
Wenn aber das zukünftige Kampfflugzeug
ohnehin überwiegend maschinell geflogen
werden wird, stellt sich umso mehr die Fra-
ge, ob es denn nicht besser ein Remotely
Piloted Aircraft (RPA) sein sollte. Zwar be-
steht auch hier die Herausforderung, die
Mensch-Maschine-Schnittstelle so zu ge-
stalten, dass ein Fernbediener auch in kom-
plexen Lagen ein Lagebewusstsein aufbau-
en kann, das es ihm erlaubt, Kampfaufträ-
ge erfolgreich und sicher durchzuführen.
Aber die dafür zu entwickelnden Lösungen
unterliegen nicht den unter Umständen
sehr gravierenden Anforderungen, die sich
aus dem relativ geringen Volumen einer
Flugzeugzelle, dem an Bord begrenzten
Angebot an Energie oder Kühlung und der
erforderlichen Widerstandskraft gegen
Umwelteinflüsse ergeben.
Allerdings bedeutet die räumliche Tren-
nung von Flugzeug und Besatzung, dass
das vom taktisch/operativen Netzwerk zu
bewältigende Volumen an Informationen
zunehmen wird. Denn alles, was eine Be-
satzung unmittelbar vor Ort wahrnimmt
oder tut, muss im Falle der Fernbedienung
ebenfalls in Datenströme umgewandelt
und übertragen werden. Je größer der An-
teil der RPA an der gesamten Flotte, desto
höher die Anforderungen an Bandbreite
und Datenübertragungsraten. Allerdings
können verbesserte Algorithmen zur Kom-
primierung von Daten und vor allem höhe-
re Autonomie der unbemannten Systeme
hier Erleichterung schaffen.
Die höhere Abhängigkeit einer RPA-Flotte
von der Leistung des taktisch/operativen
Netzwerks verschärft auch die Frage nach
dessen Widerstandsfähigkeit gegen EloKa
und Cyber-Angriffe. Die heutige Gene-
ration von RPA wurde noch nie in einem
feindlichen elektronischen Umfeld einge-
setzt und folglich gibt es keine Erfahrungen
hinsichtlich der in einem solchen Fall zu er-
wartenden Einschränkungen. Aber die Fä-
higkeit zum autonomen Einsatz wäre auch
unter diesen Bedingungen ein notwendi-
ges letztes Mittel, um Handlungsfähigkeit
sicherzustellen.
Die Vorstellungen davon, was als ein au-
tonomes unbemanntes (Waffen-) System
angesehen werden soll, gehen (noch) stark
auseinander. Nach einer aus einem Positi-
onspapier des britischen Verteidigungsmi-
nisteriums stammenden, sehr anspruchs-
vollen Definition, soll ein autonomes Sys-
tem „… die Absicht und die Anweisungen
einer übergeordneten Führung …“ verste-
hen und in entsprechende Handlungen
umsetzen können. Es leuchtet ein, dass
derartige Ansprüche, die an Auftragstaktik
Beispiel für einen weiterentwickelten Arbeitsplatz für RPA-Bediener
erinnern, nur auf Basis eines sehr hohen
Niveaus von künstlicher Intelligenz (KI) re-
alisiert werden könnten, d.h. durch lern-
fähige Systeme, die sich Lösungen für die
mit einem Auftrag verbundenen Aufgaben
selbstständig erarbeiten können.
Es gibt Entwicklungen auf dem Gebiet
unbemannter Luftfahrzeuge, die ohne ei-
nen auch durch KI ermöglichten Grad an
Autonomie, der deutlich über dem der
heutigen RPA liegt, nicht realisierbar wä-
ren. Unbemannte Kampfflugzeuge wie
Dassaults nEUROn, BAEs Taranis oder Nor-
throp Grummans X-47B (bzw. ihre serien-
reifen Nachfolger) sollen offensive Einsätze
in hochgradig bedrohten Lufträumen flie-
gen, wo ein mehr oder minder permanen-
ter kontrollierender Einfluss von außen aus
den oben genannten Gründen nicht wün-
schenswert oder nicht möglich ist. Dabei
sollen sie sich taktisch geschickter verhalten
als die heutigen Langstreckenmarschflug-
körper, da sie nicht nur ein Ziel bekämpfen,
sondern auch heil zurückkehren sollen.
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 
Auch wenn bemannte und unbemann-
te Systeme als Team operieren, ist kaum
vorstellbar, dass die unbemannten Mitglie-
der des Teams wie RPA geführt werden.
Vielmehr wird die Leistungsfähigkeit des
Teams auch davon abhängen, wie gut die
unbemannten Luftfahrzeuge die wenigen
menschlichen Teammitglieder durch intel-
ligentes autonomes Verhalten unterstüt-
zen können. Noch stärker ist der Trend zu
mehr Autonomie bei den Versuchen zum
Einsatz von unbemannten Kleinstluftfahr-
zeugen in Schwärmen erkennbar. Analog
zu tierischem Verhalten sollen sich diese
Schwärme selbst organisieren und dazu
auch Aufträge an einzelne Schwarmmit-
(Foto: General Atomics)
glieder (also von Maschine an Maschine)
geben können.
Die vorherrschende Meinung zum Einsatz
unbemannter Waffensysteme verlangt
aus rechtlichen wie ethischen Gründen
eine entscheidende Rolle des Menschen
bei Planung, Durchführung und Kontrolle
des Einsatzes – insbesondere, wenn es um
den Gebrauch von Waffengewalt gegen
Menschen geht. Allerdings sind die Um-
risse der rechtlichen und ethischen Gren-
zen nur schwer zu erkennen, weil es z.B.
schwer fällt zu unterscheiden, wann das
unbemannte System den menschlichen
Entscheidungsträger nur unterstützt oder
wann es eigenständig eine Entscheidung
über Leben und Tod fällt. Eine weitere
Schwierigkeit liegt darin, dass die Entwick-
lung von KI erst begonnen hat und dass
noch nicht klar erkennbar ist, welches Ni-
veau ihre Leistungsfähigkeit erreichen wird.
Dessen ungeachtet halten viele Menschen
KI für potentiell gefährlich, und einflussrei-
che Persönlichkeiten aus Wissenschaft und
67
(Grafik: Luftwaffe)
 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E
Grafische Darstellung eines taktisch/operativen Netzwerks
Technik wie Stephen Hawking, Elon Musk
und Steve Wozniak haben bereits ein Ver-
bot der Entwicklung von autonomen Waf-
fensystemen mit künstlicher Intelligenz
gefordert.
Komplexität und
Verfügbarkeit
Die Kampfflugzeuge der Generationen
4+ und 5 sind in aller Regel mehrrollen-
fähig. Dies ist die Folge einer kontinuier-
lichen technischen Entwicklung, die darin
besteht, dass Kampfflugzeuge durch aus
taktischer Sicht für erforderlich gehaltene
neue, leistungsfähigere Systemkomponen-
ten immer komplexer und dadurch teuer
werden. Der höhere Preis verringert die
möglichen Beschaffungsumfänge und
konzentriert dadurch eine gleichzeitig stei-
gende Anzahl von Einsatzaufgaben auf
(Grafik: DARPA)
eine sinkende Zahl von Flugzeugen. Dies
führt wiederum zu Forderungen nach ge-
steigerter Leistungsfähigkeit, die zu höhe-
rer Komplexität, höheren Preisen und wei-
ter absinkenden Stückzahlen führt.
Besonders deutlich wird das Komplexitäts-
problem heute bei der Waffensystemsoft-
ware. Nahezu alle Komponenten moderner
fliegender Waffensysteme werden durch
Software kontrolliert. Der enorme Umfang
und der hohe Grad der Integration der
Software, durch den nahezu alles mit allem
in Beziehung steht, sind mit dafür verant-
wortlich, dass sich der Zeitbedarf und die
Kosten für Entwicklung und Beschaffung
trotz des erklärten Willens der Beteiligten
bisher nicht verringern lassen.
68 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
Auch Wartung und Instandhaltung sind
durch die Komplexität der Kampfflugzeu-
ge und den hohen Aufwand, den gerade
sehr fortschrittliche Geräte oder Materiali-
en (wie z.B. RAM) erfordern können, teu-
rer und zeitaufwändiger geworden. Viele
Kampfflugzeuge der Generationen 4+ und
5 haben daher Verfügbarkeitsraten, die ei-
nen Flugbetrieb mit einer vergleichbaren
Intensität wie bei früheren Generationen
nicht zulassen. Geringe Verfügbarkeit be-
deutet aber im Grundbetrieb ein verringer-
tes Niveau der Ausbildung und im Einsatz
eine verringerte Gesamtleistung der Flotte.
Es ist daher konsequent, dass Forderun-
gen aufkommen, die Spirale zunehmen-
der Komplexität zu durchbrechen und das
Kampfflugzeug der Zukunft einfacher und
nicht komplexer zu gestalten, um so Be-
schaffungsumfänge und Verfügbarkeit der
Das Gremlin-Project der DARPA dient der Erprobung von Manned-Un-
manned Teaming.
Generation X wieder auf das Niveau der
vierten oder noch früherer Generationen
zu bringen. Ähnliche Ansätze und „gute
Vorsätze“ hat es von Seiten der westlichen
Luftstreitkräfte und der Luftfahrtindustrie
schon früher gegeben, erfolgreiche Umset-
zung jedoch nicht.
Aktuelle Vorstellungen, wie es gelingen
könnte, die große Menge an Aufgaben
und Funktionen, die moderne Kampfflug-
zeuge abdecken sollen, auf mehr als eine
Plattform zu verteilen und die einzelne
Plattform dadurch weniger komplex zu
gestalten, beruhen auf dem verbundenen
Einsatz von bemannten und unbemannten
Systemen. Unbemannte Plattformen, die
sehr spezifisch auf eine geringe Bandbreite
von Funktionen ausgelegt werden und de-
ren Eigenschaften auch nicht von den mit
ihnen zusammenwirkenden bemannten
Kampflugzeugen dupliziert werden, könn-
ten zu kostengünstigeren Kampfflugzeug-
flotten führen. Wenn man davon ausgeht,
dass die Generation X ohnehin als Teil eines
taktisch/operativen Netzwerks eingesetzt
werden soll, würde eine solche Lösung kei-
ne Minderung der Gesamtleistung bedeu-
ten. Allerdings wären dann die Vollständig-
keit und Integrität des Netzwerks sowie ei-
ne hohe Widerstandskraft in den Bereichen
EloKa und Cyber unabdingbare Vorausset-
zungen für die Auftragserfüllung.
Fazit
Der zeitliche Horizont für die Einführung
einer neuen Generation von Kampfflug-
zeugen dürfte nach den Erfahrungen mit
aktuellen Vorhaben (beiderseits des At-
lantiks) in jedem Fall (deutlich) jenseits von
2035 liegen. Welche der heute erkennba-
ren technologischen Trends sich dann wie
stark auswirken könnten, ist nicht leicht zu
beurteilen. Natürlich wird sich ein klareres
Bild ergeben, wenn die spezifischen Forde-
rungen der französischen und deutschen

Mögliche Elemente des Future Combat Air System
Luftstreitkräfte vorliegen, aber auch dieser
Zeitpunkt ist noch Jahre entfernt. Hier kann
daher nur ein grober Umriss gezeichnet
werden – etwa im Sinne der Abwägung
eines „eher dies als das“.
Ungeachtet der Tatsache, dass eine geringe
Radarsignatur in jedem Fall einen erheb-
lichen taktischen Vorteil bedeutet, wird
Stealth auch in den USA nicht mehr so sehr
als Conditio sine qua non gesehen, wie
dies die „Werbung“ für die weitere Ver-
breitung der fünften Generation erwarten
ließe. Wenn man davon ausgeht, dass die
Überlebensfähigkeit von Kampflugzeugen
– zumindest in den anspruchsvollsten Sze-
narien – zukünftig von einem Selbstschutz
abhängt, der äußerst anpassungs- und re-
aktionsfähig ist, dann bedeutet dies auch,
dass Stealth nur noch eine gewisse Grund-
leistung für den Schutz von Kampfflugzeu-
gen erbringen kann. Folglich stellt sich die
Frage, welche Formen von Stealth welche
Kompromisse bei anderen wesentlichen
Leistungsmerkmalen aufwiegen kön-
nen und ob ein flexibler, von vornherein
leichter an die Wechselfälle des ständigen
Wettstreits zwischen Maßnahmen und Ge-
genmaßnahmen anpassbarer Selbstschutz
wie der kognitive EloKa nicht doch die leis-
tungsfähigere Lösung wäre.
Kognitiver Selbstschutz klingt ein wenig
nach Science-Fiction und seine Zukunft
wird auch dadurch beeinflusst werden,
welche Leistungsfähigkeit die KI erreichen
wird und welcher Freiraum ihr eingeräumt
werden kann und soll. Aber es handelt sich
„nur“ um ein primär nichtletales Subsys-
tem, das wie auch andere Assistenzsys-
teme bis hin zum maschinellen Kopiloten
bessere Chancen hat, nicht von Einschrän-
kungen des Gebrauchs von KI betroffen
zu sein als ein autonomes Waffensystem.
Zudem unterliegt der Bereich der Assis-
tenzsysteme schon heute der schwierigen
Trennung zwischen bloßer Unterstützung
der menschlichen Besatzung und eigen-
ständiger maschineller Entscheidung.
Dass zukünftige Kampfflugzeuge über
weiter leistungsgesteigerte Triebwerke
verfügen werden, kann als sicher gelten.
Supercruise und hohe Agilität sind eine
Grundlage für offensive wie auch defen-
sive Leistungsfähigkeit und werden das
Design deutlicher prägen als z.B. Stealth.
Hyperschall dagegen wird für die nächste
Generation kaum eine Rolle spielen.
Gleiches gilt für den Laser als Primärbe-
waffnung von Kampfflugzeugen. Wenn es
nicht in absehbarer Zeit möglich wird, die
Leistung, die ein in einem Kampfflugzeug
installierter Laser im Ziel entfalten kann,
auf Werte zu steigern, die deutlich jenseits
denen von aktuellen Lasern liegen, dann
wird der Laser die Bordkanone und den
Lenkflugkörper vorerst nicht verdrängen.
Die Fusion von Sensordaten und die Ver-
netzung sind dagegen heute schon bedeu-
tende Fähigkeiten und werden es auch in
Zukunft sein. Wie man alle Lageinforma-
tionen, die zukünftig einer Flugzeugbesat-
zung inner- oder außerhalb des Cockpits
zugänglich gemacht werden könnten, in-
tuitiv oder leicht interpretierbar anzeigen
könnte, ist schwer vorstellbar, und es ist
leicht möglich, dass das Angebot noch für
längere Zeit die Darstellungsmöglichkeiten
übertreffen wird. Der Nutzen eines zukünf-
tigen umfassenden taktisch/operativen
Netzwerks wird davon abhängen, wie gut
es gelingt, es gegen EloKa und Cyber-An-
griffe zu schützen. Wegen der entschei-
denden Wirkung, die auf allen Ebenen von
Informationsdominanz ausgehen kann,
kann man erwarten, dass es auf den Fel-
dern Sensortechnologie, EloKa und Cyber
zu einem sehr intensiven Wettrüsten kom-
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 
(Foto: Luftwaffe)
men wird, das den Wettstreit um Anzahl
und Qualität von fliegenden Plattformen
übertreffen könnte.
Die Militärische Luftfahrtstrategie des Bun-
desverteidigungsministeriums sieht alle ak-
tuellen und zukünftigen fliegenden Waffen-
systeme der Bundeswehr als Elemente eines
Systems von Systemen, des Future Combat
Air Systems (FCAS). Die konzeptionelle Aus-
legung des FCAS wäre daher grundsätzlich
geeignet, die Verringerung der Komplexität
zukünftiger Kampfflugzeuge durch Ver-
teilung ihrer Funktionen auf ein Netzwerk
weniger komplexer bemannter und unbe-
mannter Plattformen zu unterstützen. Ob
es dazu kommen könnte, wird auch davon
abhängen, wie die Überlebensfähigkeit
taktisch/operativer Netzwerke sowie die
Möglichkeit und Notwendigkeit der Verrin-
gerung der elektronischen Signaturen von
Kampfflugzeugen eingeschätzt werden.
Wenn man die Fähigkeit zum zumindest
zeitweiligen Einsatz ohne die Unterstüt-
zung des Netzwerks für zwingend erfor-
derlich gehalten wird, kann auf eine Aus-
stattung des einzelnen Kampfflugzeugs
mit allen für den unabhängigen Einsatz
erforderlichen Fähigkeiten nicht verzichtet
werden. Ein solches Flugzeug hätte ange-
sichts der zu erwartenden Auswirkungen
des technischen Fortschritts auf die dann
erforderliche große Zahl und Subsysteme
eher eine höhere als niedrigere Komplexität
als die heutige Generation. Wenn man aber
an komplexen Hochleistungskampfflug-
zeugen festhalten muss, dürften sich Hoff-
nungen auf geringere Lebenszykluskosten,
nicht weiter absinkende Beschaffungsum-
fänge und eine höhere Verfügbarkeit, die
wieder eine allen Ansprüchen gerecht wer-
dende Intensität des Ausbildungs- und Ein-
satzflugbetriebs erlauben, kaum erfüllen
lassen. L
69
 INFORMATIONEN · NACHRICHTEN · NEUIGKEITEN …
(Foto: DARPA)
Konvoischutz gegen Drohnen
Die Defense Advanced Research Projects
Agency (DARPA), die Forschungsbehörde des
Pentagon, sucht nach einem Schutzsystem
für Konvois gegen Angriffe mit unbemannten
Fluggeräten (Unmanned Aerial Systems, UAS).
Dynetics, Saab und SRC wurden mit der Ent-
wicklung eines Abwehrsystems beauftragt.
(Foto: Russian Defence)
Als Abschluss ist eine Feldvorführung mit an-
spruchsvollen Bedrohungen vorgesehen. Er-
wartet werden neue Ideen für Sensoren und
für die Neutralisierung der Drohnen in einem
kostengünstigen System, das leicht und klein
ist. Es soll in ein Netzwerk eingebunden wer-
den und die zivile Umgebung wenig beein-
trächtigen. In drei bis vier Jahren soll das Sys-
tem seine Fähigkeiten beim Schutz von Land-
fahrzeugen oder Schiffen gegen Angriffe von
mehreren kleinen UAS nachweisen. (gwh)
Kooperation im Marineschiffbau
Frankreichs Verteidigungsministerin Florence
Parly will die Marineschiffbauindustrie in
Frankreich stärken und zum führenden An-
bieter von Überwasserschiffen (Marineschiffe
und kommerzielle Schiffe) in Europa und der
Welt ausbauen. Dabei soll Frankreich mit Ita-
lien im Marineschiffbau kooperieren, indem
die staatseigene französiche Naval Group
(vormals DCNS) mit der zivilen Werft STX in
Saint-Nazaire, die groß genug ist, um Flug-
zeugträger zu bauen und dem italienischen
Schiffbaukonzern Fincantieri eng zusammen-
arbeiten. Mit Fincantieri kooperiert die Naval
Group bereits bei der Entwicklung und Bau
(Foto: RTD)
der FREMM-Fregatten. Die entsprechenden
Vereinbarungen bzw. Agreements sollen im
Oktober 2017 unterzeichnet werden. (ds)
Saudische UAV
Saudi Arabiens King Adulaziz City for Sci-
ence and Technology (KACST) hat den Um-
bau eines bemannten Flugzeuges zu einem
unbemannten (Unmanned Aerial Vehicle,
UAV) Fluggerät abgeschlossen. Der Präsi-
dent der KACST, ein saudischer Prinz, teilte
(Foto: KACST)
70 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
dies am 17. Juli mit. Für den Umbau genutzt
wurde das slowenische leichte Sport- und
Übungsflugzeug Pipistrel Virus, ein moder-
nes zweisitziges Ultraleichtflugzeug in Kunst-
stoffbauweise, dessen Entwicklung im Jahre
1997 begann. Der Jungfernflug fand 1999
statt, ein Jahr später begann die Serienpro-
duktion. Als Antrieb kommt der  Rotax 912
UL  mit 80 PS zum Einsatz. Drei Flugzeuge
wurden umgebaut und erhielten den Na-
men „Al-Nawras“. Als Leistung wird eine
30-stündige Flugdauer angegeben. (pp)
Türkei beschafft S-400
Die Türkei beschafft das russische Raketenab-
wehrsystem S-400. Die Anzahlungen seien
bereits erfolgt, verkündetet der türkische Prä-
sident Erdogan. Das mobile, allwetterfähige
Flugabwehrsystem zählt zu den moderns-
ten Abwehrsystemen der Welt. Es dient der
Bekämpfung von Kampfflugzeugen, Cruise
Missiles, Kurz- und Mittelstrecken-Raketen
sowie Aufklärungsflugzeugen in großen Hö-
hen. Die Reichweite beträgt bis zu 400 km.
Der Höhenbereich erstreckt sich von weni-
gen Metern über dem Boden bis zu Höhen
von 27 km. Die Rüstungs-zusammenarbeit
(Foto: RAAF)
des NATO-Staates Türkei mit Russland hat
in der NATO zu Befremden geführt. (ds)
Hybrid-Antrieb
Im Rahmen der PEA-Studie (Programme Etu-
des Amont) der französischen Beschaffungs-
behörde DGA zur Identifizierung von kosten-
günstigen technischen Lösungen, hat Renault
Trucks Defense (RTD) auf der Plattform des
Véhicule de l’avant blindé (VAB) einen paral-
lelen Hybrid-Antrieb realisiert. Nach drei Test-
jahren und über 5.000 Test-Kilometern wur-
de der Demonstrator vorgestellt. Bei diesem
Antrieb wirken ein Elektro- und ein Verbren-
nungsmotor auf ein gemeinsames Getriebe.
Der Elektromotor kann als Generator betrie-
ben werden und Energie an einen internen
Akku oder externe Verbraucher abgeben.
Die Leistung der Motoren kann nach Bedarf
gelenkt werden. Damit sind geräuscharme
Schleichfahrt, Alarmstart (Booster mode),
Akku-Laden, Energieabgabe und betriebs-
stoffsparende Fahrweise möglich. (gwh)
Neuer Kampfhubschrauber
Das russische Verteidigungsministerium hat
das Konstruktionsbüro Mil Moskau von Rus-
sian Helicopters mit der Entwicklung eines
Konzepts für einen neuen Hochgeschwin-
digkeits-Kampfhubschraubers beauftragt. Es
sind zwei Jahre für die Arbeiten vorgesehen,
die auf dem deutlich weiterentwickelten
Muster Mi-24 basieren werden, der die Be-
zeichnung Mi-24LL PSV (Perspective Speedy
Helicopter) erhalten hat. Diese Version hat
stärkere Triebwerke von Klimow und neue
Rotorblätter. Er flog bereits am 23. Dezem-
ber 2015 zum ersten Mal. Bei Flugversuchen
im vergangenen Jahr wurde eine Geschwin-
digkeit von 405 km/h erreicht. Derzeit verfü-
gen die russischen Landstreitkräfte über drei
Typen von Kampfhubschraubern: Kamow
Ka-52, Mil Mi-28 und Mil Mi-24/35. (pp)
„Growler“ komplett
Die Royal Australian Air Force (RAAF) hat am
7. Juli ihre letzte Boeing EA-18G „Growler“
übernommen. 2013 war die Beschaffung von
12 Exemplaren des Kampfflugzeuges für die
Elektronische Kampfführung (Auftragswert
von 1,14 Mrd. US-Dollar) eingeleitet worden.
Die erste EA-18G flog bei Boeing zum ersten
Mal im Juli 2015, die ersten beiden Flugzeuge
trafen im folgenden Februar in Australien ein.
Seither haben die Growler Waffeneinsätze
durchgeführt, gemeinsame Übungen mit
F/A-18F der RAAF und EA-18G der U.S. Navy
geflogen sowie an der Exercise Talisman Sa-
ber teilgenommen. Die Initial Operating Ca-
pability soll 2018, die Full Operating Capabili-
ty 2022 erreicht werden. Neben den USA ist
Australien der einzige Nutzer der EA-18G. (pp)
Gehärtetes Smartphone
Caterpillar hat seine gehärteten Smartphones
überarbeitet und auf der IFA in Berlin ausge-
stellt. Die Cat-Telefone sind für extreme Be-
dingungen konzipiert. Stürze aus 1,8 Metern
Höhe und Wasser können dem Gerät wenig
anhaben. Ein starker Akku lässt auch die Ener-
 … AUS ALLER WELT

gieabgabe an andere Verbraucher zu. Mit Ak-

ku-Kapazitäten bis 5.000 mAh sind Sprech-
zeiten bis 38 Stunden möglich. Das Gerät
ist gegen Staub und Wasser geschützt und
hält eine Stunde in zwei Metern Wassertiefe
durch. Über das mit Gorillaglas geschützte
Display können auch unter Wasser Funkti-
onen ausgeführt werden. Das Spitzenmodell
Cat S60 hat eine Wärmebildkamera, die sogar

(Foto: Trotzki)
Rauch durchdringen kann. Mit der MSX-Tech-
nologie von FLIR können Wärmebilder und
Zeitrafferaufnahmen erstellt werden. (gwh)

Elektromagnetische Kanone Pilatus beendet Produktion der PC-6

im Test
Zeitgleich mit der elektromagnetischen Schie-
nenkanone (ElectroMagnetic Railgun, EMR)
von BAE Systems hat der Demonstrator 10 MJ
EMR von General Atomics das Testzentrum
in Utah erreicht. Die 10 MJ EMR kann auf
stationären und mobilen Plattformen einge-
setzt werden. Sie hat in dritter Generation
ein neues gepulstes Antriebssystem erhalten
(Foto: General Atomics)
Das Schweizer Luftfahrtunternehmen Pilatus gab am 28. August bekannt, zu Beginn des
Jahres 2019 die Produktion des einmotorigen Mehrzweckflugzeugs PC-6 einzustellen. Den
Nutzern wurde zugesichert, mindestens weitere 20 Jahre Unterstützung zu ermöglichen.
Bis Mitte 2018 werden noch Aufträge angenommen. Das Muster machte am 4. Mai 1059
seinen Erstflug als PC-6 „Porter“ mit einem Kolbenmotor. Am 2. Mai 1961 folgte die mit ei-
ner Propellerturbine ausgestattete PC-6 „Turbo Porter“. Das Flugzeug mit guten Kurzstart-
und Kurzlandefähigkeiten kann sieben Passagiere aufnehmen, bei enger Bestuhlung zehn.
Bei Pilatus in der Schweiz wurden 500 Flugzeuge hergestellt, bei Fairchild-Hiller in den USA
100. Weltweit gibt es noch 16 Nutzer, im Foto: PC-6 des österreichischen Bundesheeres. (pp)

seinen Heimathafen Portsmouth eingelau-
fen. Der Flugzeugträger ist das größte und
teuerste (ca. 8 Milliarden Dollar) Schiff, das
jemals für die Royal Navy in England gebaut
wurde. Von Portsmouth aus führt der Träger
den zweiten Teil seiner See-Erprobung durch.
Dazu gehört insbesondere die Erprobung des
Flugbetriebs. Der Träger soll ab 2018 mit 44
Kampfflugzeugen vom Typ F-35B Lightning
II (STOVL) und ca. 12 Hubschraubern vom
(Foto: U.S. Navy)
die Luftwaffe hat von 1956 bis 1961 192 T-
33A erhalten (zum Teil kostenlos). Eine ge-
ringe Zahl war bis 1976 im Gebrauch. (pp)
Tomahawk Cruise Missiles
Die U.S. Navy hat mit dem US-Rüstungskon-
zern Raytheon einen Vertrag über die Liefe-
rung von 4.000 Tomahawk Block IV-Cruise
Missiles geschlossen. Damit sollen die Kreuzer

Typ Merlin ausgerüstet werden. 2022 soll die

und kann besser auf das Ziel ausgerichtet
werden. Entwicklungsziel waren die Reduzie-
rung von Größe und Gewicht, Verdoppelung
der Energiedichte und ein leistungsfähigeres
Projektil. Das System besteht aus dem Hoch-
energiecontainer, dem 10 MJ-Werfer, dem
Überschallprojektil und der Feuerleitelektro-
nik. In Tests haben die Komponenten des Pro-
(Foto: Archiv)
„Queen Elizabeth“ voll einsatzfähig sein. (ds)
Die letzten T-33
Als letzter militärischer Nutzer hat die Fuerza
Aérea Boliviana (FAB) am 31. Juli ihre letzten
vier Trainingsflugzeuge Lockheed AT/T-33
„Shooting Star“ außer Dienst gestellt. 1973

jektils ihre Funktionsfähigkeit bei Beschleuni-
gungen über 30.000 g nachgewiesen. (gwh)
HMS „Queen Elizabeth“
Der neue Flugzeugträger HMS „Queen Eli-
zabeth“ (65.000 t) der Royal Navy hat sei-
ne Bauwerft Rosyth-Dockyards verlassen,
den ersten Teil seiner See-Erprobung in der
Nordsee abgeschlossen und ist danach in
(Foto: MoD UK)
hatte die FAB zunächst 18 von Canadair
gebaute T-33 von der Royal Canadian Air
und Zerstörer der U.S. Navy ausgerüstet wer-
den. Die neuen Cruise Missiles sollen bis 2050
zur Hauptbewaffnung auf den Überwas-
sereinheiten zählen. Die Cruise Missiles Block
IV sollen nicht nur für den Beschuss von Zielen
an Land eingesetzt werden können, sondern
sie können u.a. durch Variationen des Ziel-
kopfes auch als „Long Range Anti Ship Missile“
zur Bekämpfung von Schiffszielen dienen. In
den letzten Jahrzehnten hat die U.S. Navy bei

Force übernommen, 1985 kamen noch ein-
mal 18 T-33SC aus dem Bestand von Frank-
reichs Armée de l’Air hinzu. Ende der 1990er
Jahre wurden die damals noch im Bestand
befindlichen T-33 in Kanada modernisiert.
Der aus der F-80C abgeleitete Trainer flog
am 22. März 1948 zum ersten Mal. Fast
6.600 Exemplare wurden insgesamt gebaut
und von rund 40 Staaten genutzt. Auch
ihren vielfältigen Einsätzen ca. 2.200 Cruise
Missiles gegen Landziele abgefeuert. (ds)
MQ-9A fliegt in Frankreich
Das unbemannte Fluggerät (Unmanned
Aerial Vehicle, UAV) MQ-9A „Reaper“ von
General Atomics Aeronautical Systems Inc.
(GA-ASI) hat in Frankreich am 4. Juli seinen
ersten Flug von einem südlich von Cognac

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 71

 INFORMATIONEN · NACHRICHTEN · NEUIGKEITEN …
(Foto: Armée de l’Air
gelegenen Militärflugplatz aus durchgeführt.
Der Flug dauerte fünf Stunden und zehn Mi-
nuten und wurde von Turboprop-Trainern
des Typs Socata TB 30 „Epsilon“ begleitet.
Frankreichs Armée de L’Air verfügt über
sechs Reaper, von denen fünf (unbewaff-
net) in Niger im Einsatz sind und seit Janu-
ar 2014 15.000 Flugstunden absolviert ha-
(Foto: BAE-Systems)
ben. Bis 2019 wird die Armée de l’Air über
12 Reaper verfügen. Frankreich ist neben
Großbritannien und Italien in Europa Nutzer
der MQ-9A. Spanien hat MQ-9A in Auftrag
gegeben, die Niederlande stehen davor. (pp)
Verlegbare Gefechtssimulation
Das britische Verteidigungsministerium hat
Saab beauftragt, für weitere drei Jahre ein
verlegbares Gefechtssimulationssystem (De-
ployable Tactical Engagement Simulation,
(Foto: Saab)
DTES) bereitzustellen und zu betreiben. Die
British Army nutzt das DTES für die Ausbil-
dung von Kampfgruppen in ausländischen
Standorten. Das System simuliert die Wirkung
von direktem und indirektem Feuer, verfolgt
die Bewegungen von Soldaten und Fahrzeu-
gen und sammelt Daten für die Nachbespre-
chung der Gefechtsübung. Damit kann der
Einsatzwert von Truppenteilen beurteilt wer-
den, bevor sie in den Einsatz geschickt wer-
den. Saab liefert die Infrastruktur, die Instru-
mentierung und das Unterstützungspersonal
als Komplettpaket, das binnen weniger Wo-
chen weltweit verlegt werden kann. (gwh)
(Foto: patria)
Südkorea rüstet auf
Nach den nordkoreanischen Raketen- und
Wasserstoffbombentests intensiviert Südko-
rea seine Verteidigungsanstrengungen. Un-
mittelbar nach den Tests führten Südkoreas
Seestreitkräfte ein umfangreiches Manöver
mit Scharfschießen im Gelben Meer durch.
Zudem wurden die zwischen Südkorea und
den USA 1970/2012 vereinbarten Rüstungs-
72 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
beschränkungen in der Raketen-entwicklung
gelockert bzw. aufgehoben. Jetzt dürfen die
südkoreanischen Raketen ihre Reichweite
von 300 km auf 800 km steigern. Der Ge-
fechtskopf der Raketen darf über 500 kg
hinausgehen. Die Stationierung von THAAD-
Raketenabwehrsystemen wird beschleunigt
und erweitert und die geplante Beschaffung
von F-35 (Joint Strike Fighter)-Kampfflug-
zeugen soll zügig umgesetzt werden. (ds)
EMRG-Geschütz wird erprobt
Die Entwicklung des EMRG (Electromagnetic
Rail Gun) für die U.S. Navy ist soweit fort-
geschritten, dass es in einer „field demons-
tration“ erprobt werden kann. Das Geschütz
(Foto: HAL)
verschießt Projektile, die mit elektro-magne-
tischer Energie binnen zehn Millisekunden auf
eine Mündungsgeschwindigkeit von Null auf
ca. 7,5 Mach beschleunigt werden. Die Reich-
weite beträgt über 100 sm. Ein Projektil wird
mit 32 Megajoule Energieleistung abgefeu-
ert. Die beim Einschlag freigesetzte Energie
entspricht der Zerstörungskraft eines Cruise
Missiles. Die Kadenz beträgt 10 Schuss/Pro-
jektile pro Minute. Ein Projektil kostet 25.000
Dollar. Mittelfristig will die U.S. Navy das Ge-
schütz auf den Zerstörern der „Zumwalt“-
Klasse und langfristig auf den Zerstörern
der „Arleigh Burke“-Klasse einrüsten. (ds)
Mörser im Container
Patria zeigte auf der DSEI den turmgestützten
NEMO-Mörser, der in einen Standard-See-
container integriert und damit für land- bzw.
seebewegliche Plattformen nutzbar gemacht
(Grafik: Damen)
wurde. Der 120-mm-Mörser ist ferngesteu-
ert und kann dank der Depression von -3
Grad Ziele im direkten Anrichten bekämpfen.
Durch die Integration in einen Seecontainer
ist das System flexibel. Abgesetzt kann es für
den Feldschutz eingesetzt werden. Auf Lkw
kann der Mörser Konvois mobil schützen oder
an Gefechtsschwerpunkte verlagert werden.
Bei Schiffen ist die Ausstattung mit „Schiffs-
artillerie“ möglich. Bei der Überprüfung der
Leistungsfähigkeit des Mörsers kam es auf
funktionierende Schnittstellen zwischen Con-
tainer und Geschütz an, es wurde auch auf
8x8 Sisu ETP E13 Gelände-Lkw getestet. (gwh)
Serienfertigung beginnt
Im Werk Bangalore von Hindustan Aero-
nautics Ltd. (HAL) wurde in Anwesenheit
des zuständigen Ministers der Bau der Vor-
serie (15 Maschinen) des Light Combat He-
licopter (LCH) begonnen. Der von zwei Gas-
turbinen angetriebene Hubschrauber wird
eine Abflugmasse von 5,8 t haben. In dem
schlanken Rumpf sind die Sitze für den Pi-
loten und den Waffensytem-Operateur in
Tandemform angeordnet. Der Hubschrauber
hat unter der Rumpfspitze eine 20-mm-Ka-
none, er kann ungelenkte 70-mm-Raketen
und gelenkte Flugkörper einsetzen. Er ist
auf extremes Wetter und auf die Höhen
des Himalaya vorbereitet. Das indische Heer
soll 114 Exemplare dieses Musters erhal-
ten, die indische Luftwaffe 65. Der Erstflug
des LCH fand am 29. März 2010 statt. (pp)
Korvetten für Mexiko
Die mexikanische Marine beschafft sechs
Korvetten vom Typ Damen Sigma 10514
(Long Range Patrol Vessel). Die Korvetten
werden in Modulen/Segmenten von Damen
Shipyards Group (Niederlande) gebaut und in
Mexiko (4) und Niederlande (2) zusammen-
gesetzt. Korvetten vom Typ Damen Sigma
sind bereits an Marokko und Indonesien
geliefert worden. Die 105,10 m langen Kor-
vetten Sigma 10514 verdrängen ca. 2.365 t,
CODOE-Antrieb (27,5 MW); Geschwindig-
keit: 28 kn, Reichweite: 4.000 sm/18 kn, Be-
satzung: 100 + 20 Personen, Bewaffnung:
1 x 76-mm-Geschütz, Schiff-Schiff-FK, 12
Mira VL SAM FK, 2 x 20-mm-Geschütz, 6
x Torpedorohre, Hull-mounted-Sonar. (ds)
Wie disruptiv muss eine gute
Innovation tatsächlich sein?
Frank Hornbach, Executive Architect Innovation und Technologieberatung BWI GmbH
W er sich mit Themen wie Inno-
vation oder in einer klassischen
Betrachtung mit Modernisie-
rung beziehungsweise Weiterentwicklung
auseinandersetzt, der kommt eher früher
als später mit dem Hype-Begriff Disrupti-
on in Berührung, der sich unter anderem
mit Zerstörung, Bruch oder Unterbrechung
übersetzen lässt. Anders ausgedrückt: Es
ist heutzutage schwer, an diesem nahezu
omnipräsenten Ausdruck vorbeizukommen.
Je nach Sichtweise hat Disruption viel-
leicht schon das Potenzial für das Wort
oder Unwort des Jahres. Das Spektrum
der Interpretation und Deutung ist viel-
fältig. Es reicht von „Teil einer evolutio-
nären Entwicklung“ über „Leitmotiv des
Handelns“ bis hin zu „Schreckgespenst“,
denn es heißt auch: „disrupt, or be dis-
rupted“, was etwas martialisch auch mit
„zerstöre oder werde zerstört“ übersetzt
werden kann.
In der Strategischen Leitlinie Digitalisie-
rung für den Geschäftsbereich des BMVg
ist die Erschließung disruptiver Innovatio-
nen als eine Kernaufgabe im Rahmen der
aktiven Gestaltung der Digitalisierung
festgelegt. Der Cyber Innovation Hub der
Bundeswehr prägt eine erste Umsetzung
dieses Ansatzes.
Nicht jede Innovation ist disruptiv
Aber was steckt denn nun hinter die-
ser viel zitierten Disruption? Nähern wir
uns dem Begriff zunächst mithilfe einer
Definition. Bei Wikipedia heißt es bei-
spielsweise: „Eine disruptive Technologie
ist eine Innovation, die eine bestehende
Technologie, ein bestehendes Produkt
oder eine bestehende Dienstleistung
möglicherweise vollständig verdrängt.“
Mit dieser Definition ist die Internet-En-
zyklopädie sogar noch recht vorsichtig
unterwegs. Streng genommen kann sich
der beschriebene Verdrängungseffekt
auch auf weitere Bereiche erstrecken, die
sich infolge eines Technologiesprungs mit
verändern. Und dann sind wir schnell bei
größeren Themen wie Geschäftsfeldern,
Märkten und Wirtschaft bis hin zu Politik,
Gesellschaft und Kulturen; man denke
hier auch an geschichtliche Ereignisse.
Innovation ist ein Prozess,
kein einmaliges Ereignis
Disruption ist keine Erfindung der Neuzeit
und schon gar nicht des digitalen Zeital-
ters. Wir erleben nur die möglichen Aus-
wirkungen schneller, intensiver und auch
unmittelbarer. Und: Nicht jede Innovation
ist zugleich immer disruptiv oder hat das
Potenzial dazu, auch wenn dies heutzutage
gern so dargestellt wird.
Bereits 1911 hat der österreichische Nati-
onalökonom und Politiker Joseph Schum-
peter eine bis heute anerkannte Definition
formuliert: „Innovation is the process of
finding the economic applications of in-
ventions.” Es geht also um den (fortwäh-
renden) Prozess, wirtschaftlich sinnvolle
Anwendungsfälle und Nutzungsmöglich-
keiten von Erfindungen zu suchen.
Daraus lassen sich drei wesentliche Er-
kenntnisse ableiten, die für ein aktives Inno-
vationsmanagement wichtig sind. Erstens:
Innovation ist kein (einmaliger) Zustand,
sondern ein fortwährender Prozess. Zwei-
tens: Erfindungen sind noch keine Innovati-
on. Drittens: Eine Erfindung wird erst dann
zur Innovation, wenn es eine wirtschaftli-
che Verwendung und damit eine konkrete
Wertschöpfung gibt.
Der Wettbewerbsdruck in Wirtschaft und
Industrie ist heutzutage sicherlich enorm,
überzeugende Innovationen zu finden
und zu etablieren, die tatsächlich das Zeug
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik
zur Disruption haben. Die erfolgreichen
Beispiele sind jedoch eher die Ausnahme
als die Regel, denn so viele Uber, Apple,
Airbnb, Google oder Amazon gibt es eben
doch nicht. Der weitaus größte Anteil an
Innovation in der alltäglichen Praxis findet
sich tatsächlich im Bereich der Modernisie-
rung bzw. Erneuerung. Und damit sind wir
dann doch tendenziell wieder im besagten
Bereich der eher klassischen (technologi-
schen) Weiterentwicklung – ohne mit die-
ser Einschränkung die Qualität, den Nutzen
und Mehrwert jeder einzelnen Neuerung
infrage stellen zu wollen.
Innovationsmanagement als Treiber
für wertschöpfende Veränderungen
Für Unternehmen und Organisationen
kann sich in der heutigen Zeit gar nicht
mehr die Frage stellen, ob ein aktives In-
novationsmanagement erforderlich ist, um
erfolgreich zu sein und auch langfristig zu
bleiben. Es stellt sich eigentlich nur die Fra-
ge des „Wie“.
Als IT-Systemhaus von Bundeswehr und
Bund schickt sich daher auch die BWI an,
konkrete Antworten darauf zu finden. Da-
für baut die BWI ein eigenes Innovations-
management (IMM) auf. Fest verankert in
der Strategie und Struktur des Unterneh-
mens nimmt sich das IMM großen Aufga-
ben an: Es gilt, relevante Trends, Techno-
logien und Innovationsideen sowie deren
Potenziale frühzeitig zu erkennen und in
konkrete und spürbare Wertschöpfung
für die Kunden und Nutzer in Form neuer
oder verbesserter Services umzuwandeln.
Ob es dabei auch „disruptiv“ zugehen
wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall aber
wird die BWI ihre Rolle als Innovationstrei-
ber für das IT-System der Bundeswehr und
als Partner für andere Bundesressorts aktiv
wahrnehmen und gestalten.
73
  RÜS TUNG & TECHN O LOGI E
CH-47 Chinook
Ein Jahrhundertsystem
Sidney E. Dean
Der mittelschwere Transporthubschrauber CH-47 Chinook wurde vor
beinahe sechs Jahrzehnten in Dienst gestellt. Die Firma Boeing rüstet
den Hubschrauber laufend mit neuer Technologie auf, die gewährleis-
ten soll, dass die CH-47 letztendlich auf 100 Dienstjahre kommt.
D
ie Entwicklung der CH-47 durch
Boeing begann 1957. Die US Army
suchte einen neuen Hubschrauber,
der sowohl intern einen Infanterietrupp
und extern ein Feldgeschütz transportie-
ren konnte. Vorgesehene Hauptaufgabe
des neuen Helikopters war die Gefechts-
(Fotos: U.S. Army)
CH-47F mit Schneekufen beim Trainingseinsatz in den Bergen Alaskas
feldverlegung von Truppen, Artillerie und
Nachschub einschließlich Munition. Die
erste Serienmaschine wurde im August
1962 unter der Typenbezeichnung CH-47A
ausgeliefert. Der Zuname „Chinook“ folgte
der gängigen Praxis, Army-Hubschrauber
nach Indianerstämmen zu benennen.
Die A-Variante der CH-47 war mit zwei Ly-
coming T-55-L-5 Turboshaft-Motoren (je-
weils 2.200 PS) ausgestattet. Die Reichweite
betrug 370 km, unter Einsatzbedingungen
Au to r
Sidney E. Dean ist Präsident der
Euro-American Multimedia LLC.
74 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
betrug die Nutzlast 4.500 kg. Intern konn-
ten 44 Infanteristen mit Kampfausrüstung
transportiert werden. Die Chinook wurde
ab 1965 im Verlauf des Vietnamkrieges
intensiv als taktisches Transportflugzeug
sowie zur Bergung abgeschossener Piloten
oder abgeschnittener Truppen sowie zur
Verwundetenevakuierung eingesetzt. Auf-
grund der hohen Fassungskapazität erhielt
der Helikopter zu dieser Zeit den Spitzna-
men „Fröhlicher Grüner Riese“ (Jolly Green
Giant).
Bereits 1966 beziehungsweise 1967 wur-
den die Varianten CH-47B und CH-47C
eingeführt. Die B-Variante wies dank eines
stärkeren Triebwerks (Lycoming T-55-L-7-C,
2.800 PS), eines aerodynamisch optimier-
ten Rumpfs und asymmetrisch ausgelegter
Rotorblätter verbesserte Flugeigenschaften
auf. Die interne beziehungsweise externe
Nutzlastkapazität stieg auf 7.230 bzw.
9.090 kg. An der Heckluke konnte ein Ge-
stell für Tränengas- und Napalmbehälter
angebracht werden, um Bombeneinsätze
gegen feindliche Bunker durchzuführen.
Die C-Variante wurde in einer Grundausfüh-
rung und in der Super C-Konfiguration aus-
geliefert. Dank eines stärkeren Triebwerks
(Lycoming T55-L-11, 3.850 PS) betrug die
interne und externe Nutzlastkapazität der
Super C 8.680 beziehungsweise 10.320
kg. Dieser Typ wurde vor allem zur Bergung
abgeschossener Flugzeuge eingesetzt. Im
Verlauf eines Evakuierungsflugs gegen
Kriegsende soll ein Super C-Hubschrauber
147 Flüchtlinge auf einmal transportiert
haben. Die Herstellung der C-Varianten er-
folgte bis 1980.
CH-47D/MH-47E
Ab 1975 begann Boeing die als CH-47D
bezeichnete nächste Hubschraubergenera-
tion zu entwerfen. Letztendlich entstanden
die meisten Chinook D durch Umbau älte-
rer CH-47. Zwischen 1982 und 1994 wur-
den sämtliche A-, B- und C-Helikopter (ins-
gesamt 472 Einheiten) auf den Stand CH-
47D nachgerüstet. Der Bau neuer CH-47D
erfolgte bis 2002. Die D-Variante wurde im
Golfkrieg 1991-1992 sowie ab 2001/2003
in Afghanistan und im Irak eingesetzt. Die
Fähigkeit, 33 (in Ausnahmefällen 55) Infan-
teristen oder eine Haubitze samt Bedie-
nungsmannschaft und Munition in Berg-
stellungen zu transportieren, erwies sich in
Afghanistan als besonders wertvoll.
Die D-Variante weist folgende Verbesse-
rungen auf: Verbundstoffrotorblätter, ein
leistungsgesteigertes elektrisches System,
ein modulares Hydrauliksystem, moder-
nisierte Avionik- und Kommunikations-
ausstattung und ein stärkeres Triebwerk
(ursprünglich zwei Lycoming T-55L-712
Triebwerke mit jeweils 3.750 PS, später
zwei T-55L-714 Triebwerke mit je 4.000
PS). Die externe Lastenkapazität beträgt
11.800 kg. Die Spitzengeschwindigkeit be-
trägt 315 km/h, die Reichweite 740 km und
die Dienstgipfelhöhe 5.640 m.
Die Variante MH-47E entspricht der D-Aus-
führung, wurde aber gezielt auf die Be-
dürfnisse der Spezialkräfte ausgerichtet.
Die E-Variante kann binnen fünfeinhalb
Stunden bei Nacht und widrigem Wetter
in niedriger Höhe 1.100 km zurücklegen.
Zwischen 1991 und 1996 wurden 26 Ein-
heiten hergestellt, zumeist durch Umbau
existierender CH-47C; die Indienststellung
erfolgte 1993. Sie werden durch das 160.
Heeresfliegerregiment der Army Spezial-
kräfte (160th SOAR) zwecks verdeckter
Infiltration und Exfiltration von Spezialkräf-
ten und Agenten sowie für Rettungs- und
Bergungseinsätze verwendet.
Zu der Sonderausrüstung zählen: größere,
gegen Infanteriewaffen gehärtete Treib-
stofftanks, Luftbetankungsvorrichtung,
zwei Lycoming T-55L-714-Triebwerke,
Fast Rope Abseilvorrichtung, eine exter-
ne Hebewinde für die Personenbergung,
integrierte digitale Cockpitsysteme (die
D-Ausführung verfügt in der Standardkon- Transport zum Einsatz von U.S. Navy-Spezialkräften mit einem
figuration über analoge Cockpitanzeigen), 11-Meter-RHIB-Schnellboot durch eine CH-57 der U.S. Army
Forward Looking Infra-Red (FLIR)-Senso-
ren, APQ-174B Terrain Following/Terrain
Avoidance (TF/TA)/Multi-Mode Radar, leis-
tungsstärkere Avionik-, Navigations- und
Kommunikationssysteme, M134 Miniguns
als Bordwaffen.

CH-47F/MH-47G
Seit 2006 wird die D-Variante bei der U.S.
Army durch die CH-47F abgelöst. Hierzu
wurden 2006 bis 2014 300 der 425 im In-
ventar befindlichen D-Modelle modifiziert
und auf den F-Stand gebracht. Zusätzlich
baut Boeing von Grund auf neue CH-47F.
Die U.S. Army will bis Ende 2018 die ver-
bleibenden D-Modelle ausmustern und die
CH-47F-Flotte auf 473 Einheiten ausbauen.
Zu den Verbesserungen zählen: ein neube-
arbeitetes, vibrationsreduziertes Flugwerk,
zwei Lycoming/Honeywell T55-GA-714A- Einsatztransport irakischer Soldaten durch Chinook-Hubschrauber
Triebwerke (jeweils 4.800 PS), 6.100 m der U.S. Army
Dienstgipfelhöhe, digitale Cockpitanzeigen
und -instrumente (gläserne Pilotenkanzel),
das Common Avionics Architecture System
CAAS (umfasst verbesserte Avionik und
Digitalanzeigen, neue Navigations- und
Kommunikationsausrüstung und neue
Führungssoftware), GPS- und INS-Naviga-
tion, das Digital Automatic Flight Control
System (DAFCS), das den Flugbetrieb (ins-
besondere den Schwebeflug) bei vermin-
derter Sicht begünstigt und das Landen in
einem Sandsturm ermöglicht. Der ballisti-
sche Schutz gegen Handfeuerwaffen wur-
de am Unterboden sowie seitlich verstärkt,
aber durch Verwendung neuer Materialien
um 40 Prozent leichter gemacht. In Kampf-
zonen eingesetzte CH-47 werden mit dem
Advanced Threat InfraRed CounterMeasu-
res (ATIRCM)-System ausgerüstet. ATIRCM
ortet anfliegende Lenkwaffen per Infra-
rotsensoren und stört das Zielerfassungs-
system der feindlichen Raketen mit einem Humanitäre Hilfe nach einer Flutkatastrophe in Pakistan 2010
Laserstrahl. Düppel- und Infrarottäusch-
körperwerfer gehören zur serienmäßigen MH-47E wurden zwischenzeitlich zu der stofftanks mit dem doppelten Fassungs-
Eigenschutzausstattung. G-Konfiguration aufgerüstet. Zusätzlich vermögen der F-Version, Einsatzreichwei-
Die Spezialkräfteausführung der F-Variante baut Boeing seit 2014 neue MH-47G. Ih- te (ohne Luftbetankung) von 1.380 km,
trägt die Bezeichnung MH-47G. Sämtliche re zusätzliche Ausstattung umfasst: Treib- Fähigkeit zur Luftbetankung, verdeckter

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 75

 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E
Indien hat fünfzehn CH-47F bestellt. Hier üben indische Soldaten
zusammen mit einer U.S. Army-Einheit.
Abgasbereich, um die Infrarotsignatur der
Triebwerke zu minimieren, eine Bodenluke
mit Abseilvorrichtung. Der geplante Endbe-
stand umfasst 69 Einheiten.
Internationale Betreiber
Die CH-47-Baureihe ist einer der belieb-
testen Helikoptertypen. Seit 1962 wurden
mehr als 1.200 Einheiten weltweit ausge-
liefert. Die US-Streitkräfte stellen naturge-
geben den Hauptabnehmer, doch wurden
CH-47 in insgesamt 23 Nationen expor-
tiert, zumeist für den Einsatz bei taktischen
Transportgeschwadern des Heeres. In 19
dieser Länder werden die Hubschrauber
noch eingesetzt. Hierzu zählen sieben NA-
TO-Partner:
Griechenland: ein Heeresfliegerbataillon
mit 15 CH-47SD. Weitere 15 D werden der-
zeit aus U.S. Army-Beständen überstellt,
Italien: zwei Heeresfliegerstaffeln mit 14
CH-47C und 16 ICH-47F, Option für wei-
tere ICH-47F,
Kanada: eine taktische Transportstaffel
der Luftwaffe mit 15 CH-47F (als CH-147F),
Niederlande: eine schwere Transportstaf-
fel der Luftwaffe; laufende Ablösung der
CH-47D durch CH-47F mit einem geplan-
ten Endstand von 20 Einheiten,
Spanien: ein Heeresfliegerbataillon mit 17
CH-47D,
Türkei: aktuelle Beschaffung von elf CH-
47F bis 2020 und
Vereinigtes Königreich: drei „RAF Chinook“-
Staffeln der Royal Air Force, darunter eine
Staffel, die auf Unterstützung der Spezial-
kräfte ausgerichtet ist. Insgesamt 38 Hub-
schrauber der Variante CH-47D (RAF-Desi-
gnation: HC4), 14 vom Typ CH-47F (HC6),
sowie acht MH-47G (HC5) für Spezialein-
sätze. Somit besitzt London innerhalb der
76 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
NATO die größte Chinook-Flotte außerhalb
der USA.
Außerhalb der NATO besitzt Japan die
größte CH-47-Flotte. Die 58 Einheiten des
japanischen Heeres beruhen auf der CH-
47D. Sie wurden in Lizenz durch Kawasaki
gefertigt und tragen die Bezeichnung CH-
47J beziehungsweise CH-47JA.
Sonderausführungen
Für den Exportmarkt liefert Boeing auch
Sonderausführungen der Hauptvarianten,
die gezielt auf die Forderungen internatio-
naler Abnehmer abgestimmt sind. Hierzu
Beim „Pinnacle”-Flugmanöver setzt der Pilot lediglich mit dem Heckfahr-
werk auf, um Soldaten auf engstem Raum abzusetzen.
gehören die ICH-47D und ICH-47F Inter-
national Chinook-Varianten, die durch
AgustaWestland in Italien für die eigenen
Streitkräfte sowie für den Export im Mittel-
meerraum gebaut werden. Die serienmä-
ßige Cockpitausstattung, Avionik und Ei-
genschutzausrüstung wird teilweise durch
europäische Systeme ersetzt.
Bereits die Mitte der 1990er Jahre in die
Niederlande exportierten CH-47D waren
dank einer digitalen Cockpitausstattung
und eines Bendix-Wetterradarsystems leis-
tungsfähiger als die damaligen D-Modelle
der U.S. Army. Auch die jüngst ausgeliefer-
ten CH-47F NL wurden für die Niederlande
gesondert ausgerüstet, unter anderem mit
dem Honeywell Advanced Cockpit Ma-
nagement System ACMS (Block 6) an Stelle
von CAAS (Honeywell bemüht sich derzeit
um die europäische Luftfahrtzertifizierung
des ACMS). Die CH-47F NL werden ferner
ausgerüstet, um auch für Spezialeinsätze
verwendbar zu sein. Zur relevanten Aus-
stattung gehören: ein- und ausbaubare
zusätzliche Robertson Treibstofftanks, Fil-
ter zum Schutz der Triebwerke vor Sand,
Wescam FLIR-Sensoren mit Laserzielsucher,
das Terma CHASE-Eigenschutzsystem
(Chinook Aircraft Survivability Equipment)
gegen Luft-Luft- und Flugabwehrraketen,
Fast-Rope-Vorrichtung und Bergungswin-
de, modularer Ballistikschutz (Permali/
Plasan) für die Pilotenkanzel und den Pas-
sagierraum, Bendix Wetterradar. Ferner
wurden Vorrichtungen für künftig einzu-
führende Ausrüstung vorab vorbereitet;
unter anderem sollen Cockpitdaten künf-
tig auf der Sichtscheibe des Pilotenhelms
angezeigt werden. Sämtliche Modifikatio-
nen werden bereits ab Werk durch Boeing
installiert.
Gezielt für den deutschen und den israeli-
schen Markt wirbt Boeing gegenwärtig für
die neue CH-47F-ER-Konfiguration (Exten-
ded Range) mit 1.000 km Reichweite und
 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 

Light Tactical Vehicle) zu ermöglichen.

Mehrere Innovationen sollen diese Leis-
tungssteigerung gewährleisten. Alleine
die neuen (ursprünglich für den Aufklä-
rungshubschrauber RH-66 entwickelten)
ACRB-Verbundstoffrotorblätter (Advanced

(Foto: Japanische Streitkräfte)

Chinook Rotor Blade) sollen zusätzlich 680
kg Nutzlastkapazität bewirken. Das Active
Parallel Actuator System (APAS) sorgt für
eine effizienzsteigernde Kraftverteilung
zwischen den Rotoren; durch Be- und Ent-
ladung entstehende Veränderungen der
Gewichtsverlagerung im Hubschrauber
Japans CH-47J wird auf Grundlage der CH-47D durch die Firma Kawasaki werden automatisch ausgeglichen. Die drei
hergestellt. Treibstoffzellen in jeder Fahrwerksgondel
werden zu einer großen Zelle zusammen-
einer Dienstgipfelhöhe von 6.100 m. Das der im Dienst befindliche Flugzeugbestand gelegt; der Wegfall der Ausrüstung zum
mit CAAS und DAFCS ausgestattete Flug- nachgerüstet. Der Entwurf des Rumpfs Transfer von Treibstoff zwischen den Zel-
zeug entspricht zwar nicht der vollwertigen wird geprüft, um die Aufnahmekapazität len spart 90 kg Gewicht ein und steigert
G-Variante der U.S. Army, wurde jedoch für zusätzliche Betriebs- und Einsatzsyste- geringfügig die Treibstoffkapazität. Drei
gezielt ausgerichtet, sowohl herkömmliche me zu bestimmen. In diesem Kontext wird Generatoren 60 kVA steigern die Bord-
Transportaufgaben wie SAR sowie Einsätze auch erwogen, die verlängerten Bug- und stromproduktion. Der Rumpf wird an Bug
zur Unterstützung der Spezialkräfte durch- Hecksegmente des MH-47G-Hubschrau- und Heck sowie an den tragenden Teilen
zuführen. bers künftig auch auf der CH-47F zu ver- verstärkt. Sämtliche F- und G-Maschinen
wenden. Dies würde unter anderem die sollen nach 2023 auf den Block 2-Stand
Zukunftspläne serienmäßige Führung eines Multimodus- nachgerüstet werden.
radars ermöglichen. Anfang der 2030er Jahre soll die nächste
Die zwischenzeitlich elf Jahre alte Auch die nächste blockmäßige Nachrüs- Chinook-Generation (eventuell als CH-47F
CH-47F-Konfiguration wird derzeit mit tung wird vorbereitet. Der Auftrag zur Block 3) eingeführt werden. Potenzielle
mehreren getrennt entwickelten Technolo- Herstellung der ersten drei CH-47F Block Attribute wären: Aus dem FATE-Entwick-
gien nachgerüstet. Das Improved Vibration 2-Versuchsflugzeuge (Block II Engineering lungsprogramms (Future Affordable Turbi-
Control System IVCS der Firma Lords wird Manufacturing and Development Phase) ne Engine) des Pentagons hervorgehende
seit 2016 ab Werk in neue CH-47F instal- wurde im Juli dieses Jahres an Boeing er- Triebwerke mit 6.000 PS, ein leistungsge-
liert. Das Cargo-On/Off-Loading-System teilt. Die Flugerprobung beginnt 2019. Die steigertes Getriebe und ein gestreckter
(COOLS) installiert Rollschienen auf einer Bewilligung der Vorserienproduktion wird Rumpf mit einem größeren Nutzlastvolu-
Seite der Bodenplatten des Nutzlastraums, 2021 erwartet; die Einführung soll 2023 men sowie Raum für neue Betriebssyste-
um das Be- und Entladen palletierter Fracht erfolgen. Block 2 soll bessere Leistungs- me. Noch über Block 3 hinaus soll ständige
zu beschleunigen. Die Bodenplatten kön- parameter in sogenannten High-Hot-Sze- Modernisierung bewirken, dass Leistungs-
nen binnen Minuten umgedreht werden, narien (Flugeinsätze in mehr als 6.000 m parameter wie Steigflug, Flugreichweite,
um Passagiere an Bord zu nehmen. Zusätz- Höhe bei mehr als 35 Grad Lufttempe- Nutzlast und Eigenschutzfähigkeit laufend
lich bietet der neue Boden auch erhöhten ratur) bieten. Auch die Nutzlastkapazität der aktuellen Einsatz- und Bedrohungslage
ballistischen Schutz. COOLS wird bereits ab der Block 2-Ausführung wird um 1.800 angepasst werden. Hierdurch soll der Hub-
Werk auf allen neugebauten CH-47F Hub- kg gesteigert, um den externen Transport schraubertyp CH-47 bis in die 2060er Jahre
schraubern eingebaut; gleichzeitig wird des neuen JLTV-Geländefahrzeugs (Joint einsetzbar sein. L

D 46 892
Neue Broschüre
II ShortDot Dual CC
MIT TLER REPORT VERL AG · WEHRTECHNISCHER REPORT · 5/2016 · HANDWAFFEN UND K AMPFMIT TEL

5/2016

Handwaffen und Kampfmittel Effektoren

Die Pistole – Faustpfand

für
mehr Feuerkraft
Themen: Jan-Phillipp Weisswange
Letzin

Die Pistole hat in den

Foto: Bundeswehr/Matthias

letzten

• Grundlagen
Jahren erheblich an Bedeutung Soldatensysteme
gewonnen. Das spiegelt

der Zukunf t
InfanteristBesch
sich auch in zahlreichen
en
affungsplanung

Handwaffen und
Neubeschaffungen wider.

Sachstand und

• Effektoren I n Streitkräften dient zwar

die Lang-
waffe – und hier meist
das Sturmge-
wehr – als Primärbewaffnu Thorsten Unger Modernization

Kampfmittel
zwischen gewinnt die
ng, aber in-
zu einem Soldier
Pistole als zu- Überlegungen Bedrohungen
auf
nehmend querschnittliche mit den ersten Fülle an neuen
Sekundär- begann die NATO die steigende auf dem
bewaffnung oder neudeutsch
„Back- Vor über 25 Jahren nspektrum und lung insbesondere
up-Waffe“ an Bedeutung. zukünftige Aufgabe technische Entwick

• Sensoren
märwaffe im Feuerkampf
Fällt die Pri-
Programme. Das auch die enorme
aus, kann ein aber nicht zuletzt eichlich.
geübter Schütze den Gegner
der ganzen Welt, Schritt unausw
mit der Pis- e machten diesen
tole zumindest kurzfristig
niederhalten. Informa tionstechnologi
eumann)

Zudem lässt sich die Kurzwaffe Gebiet der

in be- mit Schalldämpfern und
engten Umgebungen wie optischen Visie-
(Foto: Bundeswehr/N

in Fahrzeu- rungen. Gerade letztere

gen, an Bord von Schiffen gewinnen mehr
oder im ur- yste-
an Bedeutung, da sich die von Soldatens
1-8x24 PM II ShortDot Dual CC
D ie Entwicklung
banen Gelände schneller

• Soldatensysteme
Pistole
bringen und einsetzen
in Anschlag Verbindung mit Nachtsichtbrillen so in bis heute war
ra-
als eine Lang- besser men von damals är.
Foto: Jan-P. Weisswange

waffe. Weiterhin erfüllen nutzen lässt. se sogar revolution

Pistolen spe- sant und stellenwei prung
• Beleuchtetes Absehen in der 1. Bildebene zielle Zwecke, vor allem
in Verbindung
Für den Polizisten hingegen
die Pistole in der Regel die stellt Definitiv stellt
sie einen Quantens
isch eingesetzt
en Kräf-
Primärwaffe für die infanterist -
in Zukunft leistungsfä
Foto: NATO/SHAPE

• Rotpunkt in der 2. Bildebene te dar. Um auch

Soldatensysteme
zur
hige und moderne konti-
stellen, wird daher
arallaxefreier CC-Modus im Nahbereich Die Glock 17 Gen 4 dient
in der Verfügung zu
Optimieru ng und Wei-
Bundeswehr als P9A1 nuierlich an der ten
unter anderem der bereits eingeführ
tierbarr Höhen- und Seitenschnellverstellung bei den Kampfschwimm
ern . terentwicklung
.
Systeme gearbeitet

132 Seiten
dar. In besonderen Lagen
weise bei Sicherungsaufg
– beispiels- rungsstufe –
aben, beim Erste Realisie
Objektschutz oder beim tem
Vorgehen ge- das Basissys
gen Gewalt- oder Amoktäter zu-
– bildet Anzahl und Intensität
wiederum die Langwaffe Die ständig in insätze der Bun-
al CC prä- sowohl einenRotpunkt in der 2. Bildebene, als auch ein be- in Gestalt

Herausgegeben in Zusammenarbeit mit dem

einer Maschinenpisto
le oder eines nehmenden AuslandseEntwicklung und
die
er 8-fach leuchtetes Absehen in der 1. Bildebene. Dies kombiniert die Sturmgewehrs (selbst in
Mitteleuropa deswehr forcierten t der
Systems Infanteris
mit steigender Tendenz
zu beobach- Beschaffung des Ziel war
x24 PM II Vorteile eines Reflexvisiers mit denen eines konventionellen ten) die Primärwaffe. als Basissystem.
Zukunft (IdZ) den
Einsatz resultieren
es, den aus dem wenn
ene hat, Zielfernrohres, so dass eine ideale Lösung für kurze und mitt-

Förderkreis Deutsches Heer e.V. (FKH)

zu decken, auch
Familiengedanke und Bedarf schnell len
in den funktiona
Dual CC lere Distanzen geschaffen wurde. Modularität Einschränkungen
in Kauf genommen
Bereichen zeitweilig
Trotz unterschiedlicher Das System besteht
Konzeptionen werden mussten. fügbaren
lässt sich nicht von der aus marktver

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Hand weisen, überwiegend von
Spanische Soldaten im
Boardingeinsatz dass der Pistole sowohl aus Beistellungen
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Das Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische
Trendanalysen berichtet über neue Technologien
Cognitive Computing
Anfang des Jahres 2011 erregte ein
Computerprogramm mit Namen Wat-
son mediales Aufsehen, als es die bei-
den besten Spieler in der Quizshow Jeo-
pardy! besiegte. Die Technologie, die in
diesem Programm zum Einsatz kommt,
wird als Cognitive Computing bezeich-
net. Dieser Begriff tauchte etwa Anfang
der 1990er Jahre zum ersten Mal in der
wissenschaftlichen Literatur auf, hat
seitdem aber einen Bedeutungswandel
erlebt und ist nach wie vor nicht ein-
deutig definiert. Im Kern geht es jedoch
immer darum, den Prozess der menschli-
chen Kognition oder Informationsverar-
beitung in einem Computer abzubilden.
Die darauf basierenden Technologieent-
wicklungen werden mittelfristig auch
unseren beruflichen Alltag verändern.
Oft wird die Technologie des Cognitive
Computing zum Themenfeld der kogniti-
ven Informatik gezählt. Dabei handelt es
sich um ein interdisziplinäres Forschungs-
gebiet aus Kognitions-, Computer- und
Informationswissenschaften, welches er-
forscht, wie die internen Informationsver-
arbeitungsprozesse des Gehirns organisiert
sind, um auf dieser Basis einen theoreti-
schen Rahmen für diese zu erarbeiten. Das
übergeordnete Ziel dieser Anstrengungen
ist es letztlich, das menschliche Gehirn
sowohl in Hard- als auch dazugehöriger
Software nachzubilden. Im Unterschied
dazu zielt Cognitive Computing jedoch
eher darauf ab, die Kooperation zwischen
Menschen und Computern zu verbessern
und eine Art Assistenzsysteme für spezi-
fische Anwendungsfelder zu entwickeln.
Insofern können solche Systeme auch den
Smart Machines zugerechnet werden. Ziel
des Cognitive Computing ist letztlich, Wis-
sen zu erschließen, indem es den Prozess
der menschlichen Informationsverarbei-
tung nachzubilden versucht. Getrieben
wird diese Entwicklung vor allem durch
die immense Zunahme an verfügbaren Da-
ten, von denen schätzungsweise etwa 80
Prozent unstrukturiert in Form von Texten,
Bildern oder auch Audiodateien vorlie-
gen. Von diesen riesigen Datenmengen
kann nur ein Bruchteil von Menschen zur
Kenntnis genommen werden; der Rest
78 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
bleibt zusammen mit dem in ihm enthal-
tenen Wissen unbearbeitet.
Kognitive Systeme verfügen ähnlich wie der
menschliche Verstand über folgende Kernei-
genschaften. Das ist zunächst die Fähigkeit,
Informationen aller Art in einen Kontext
zu setzen. Da sich viele Wortbedeutungen
erst aus einem solchen Kontext erschließen
lassen, sollen diese Systeme somit in die La-
ge versetzt werden, natürliche Sprache, ob
geschrieben oder gesprochen, mit all ihren
Mehrdeutigkeiten zu verstehen. So hat bei-
spielsweise der Begriff „Zelle“ im biologi-
schen Kontext eine ganz andere Bedeutung
als im Mobilfunkbereich. Diese als Kontextua-
lität bezeichnete Eigenschaft betrifft nicht nur
das Verständnis von strukturierten, sondern
vor allem auch von unstrukturierten Daten
(vor allem Text, zunehmend aber auch Bilder,
Videos und Audiodateien) aus einer Vielzahl
von unterschiedlichen Quellen. Ermöglicht
wird dies z.B. durch entsprechende Fort-
schritte im Bereich der Computerlinguistik,
aber auch der Bilderkennung.
Eine weitere wichtige Fähigkeit ist die, aus
Erfahrungen lernen zu können und sich
somit einem sich ständig (beispielsweise
aufgrund neuer Daten) ändernden Umfeld
anpassen zu können. Daher wird diese
Fähigkeit auch als Adaptivität bezeichnet.
Dies wird durch Algorithmen aus dem Be-
reich des maschinellen Lernens ermöglicht,
die in den letzten Jahren erheblich weiter-
entwickelt und verbessert wurden. Kog-
nitive Systeme wie beispielsweise Watson
besitzen ferner die Fähigkeit, Hypothesen
aus den erschlossenen Daten generieren
zu können. Ferner wird angestrebt, dass
solche Systeme auf einfache und natürli-
che Art und Weise mit dem Nutzer intera-
gieren können. Dabei sollen kognitive Sys-
teme Menschen bei der Entscheidungsfin-
dung unterstützen, indem sie ihm helfen,
sehr große Datensätze zu erschließen und
daraus Wissen zu generieren. Dies ist ver-
mutlich auch der wesentliche Unterschied
zur künstlichen Intelligenz, bei der ange-
strebt wird, dem Menschen Entscheidun-
gen abzunehmen.
Eines der wichtigsten wissenschaftlichen
Anwendungsfelder für Cognitive Compu-
ting ist derzeit die Medizin. Zur Erzeugung
neuen Wissens werden hier nicht nur wis-
senschaftliche Publikationen genutzt,
sondern auch Daten aus dem Bereich der
Genomsequenzierung, Screeningdaten
und Daten anderer medizinischer oder bio-
chemischer Experimente. Mittels Cogniti-
ve Computing ist es möglich, diese soge-
nannten Datensilos nicht nur miteinander
zu verknüpfen, sondern auf dieser Basis
auch Hypothesen zu generieren, die dann
überprüft werden können. Auf diese Wei-
se ist es beispielsweise gelungen, für den
Stoffwechsel wichtige Enzyme zu identi-
fizieren. Ein weiterer Anwendungsfall be-
fasste sich damit, für bereits entwickelte
Medikamente neue mögliche Indikationen
zu identifizieren. Solche Systeme werden
aber nicht nur in der medizinischen For-
schung, sondern auch im klinischen Alltag
eingesetzt, um zu einer evidenz- und da-
tenbasierten Entscheidung über die pas-
sende Therapie zu gelangen.
Weitere Anwendungen finden sich bei-
spielsweise im Bereich der Cyber-Sicherheit
oder der Analyse von Kundenbeschwer-
den. Flankiert werden diese Projekte durch
medienwirksame Einsätze des Computer-
programms Watson. So wurde das Pro-
gramm beispielsweise in der Filmindustrie
genutzt, um einen Kinotrailer für einen
neuen Film zu erstellen.
Insgesamt sollen kognitive Systeme also
dazu beitragen, mit der zunehmenden
Komplexität in vielen Bereichen von Ge-
sellschaft, Wirtschaft, Technologie und
Wissenschaft, die mit immer größeren
als Basis für Entscheidungsfindungen zur
Verfügung stehenden Datenvolumen
verbunden ist, umgehen und diese nut-
zen zu können. Dabei wird es zunächst
darum gehen, entsprechende Systeme
für jeweils spezielle Wissens- und Anwen-
dungsdomänen zu entwickeln. Das ultima-
tive Ziel wären jedoch Anwendungen, die
ähnlich domänenübergreifend arbeiten
können wie der Mensch. Solche Systeme
könnten Entscheidungsfindungsprozesse
im großen Maße unterstützen. Ob man
in diesem Kontext allerdings gleich vom
Beginn einer neuen Ära sprechen kann,
sei dahingestellt.
Dr. Marcus John
 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E 

Kommandomörser 2.0
Waldemar Geiger

Für Disruption bzw. disruptive Technologien gibt es keine einheitliche Definition. Bekannt aus der Tech-Szene
des Sillicon Valley wird diese Begrifflichkeit häufig auf Technologien angewendet, sobald diese das Potenzial
besitzen, etablierte Produkte in ihrem Segment zu revolutionieren. Durch Digitalisierung ursprünglich analo-
ger Produkte werden diese beispielsweise in die Lage versetzt, ein erheblich höheres Potenzial zu entfalten.
Nichts anderes verspricht die Integration eines elektronischen Richtmittels für den Kommandomörser.

D
(Foto: Waldemar Geiger)

er Kommandomörser an sich ist sehr

einfach erklärt. Ein Rohr mit Boden-
stück und eine 60-mm-Mörserpa-
trone bilden das gesamte Waffensystem.
Gezielt wird mittels Ausrichtung des Rohres
in Zielrichtung per Hand. Die Neigung des
Rohres und Anzahl der Treibladungsringe
an der Patrone bestimmen die Entfernung,
die die abgefeuerte Patrone zurücklegt. Zie-
le lassen sich so bis zu einer Entfernung von
ca. 1.500 m effektiv und vergleichsweise
schnell bekämpfen. Auf Distanzen jenseits
der 500 m birgt die grobe Ausrichtung des
Rohres per Hand Fehlerquellen für die Ziel-
genauigkeit der Waffe. Selbst geübte Mör-
sertrupps benötigen dann mehrere Schüs-
se, um die Wirkung ins Ziel zu bringen. Mit
erhöhtem Stressfaktor (z.B. Erschöpfung,
Feindbeschuss, erhöhtem Puls durch kör-
perliche Anstrengung) wächst sowohl die
benötigte Munitionsmenge als auch der
Zeitbedarf für die Zielbekämpfung. Die Recheneinheit mit Sendefunktion inklusive der Stromeinheit sind im
Tragegurt integriert. Die Sensoreinheit ist für den Transport einklapp-
Elektronisches Richtmittel bar und wird vor dem Schießen ausgeklappt. Für eine hinreichend hohe
GRAM Genauigkeit ist ein Mindestabstand von 20 cm zwischen Rohr und Sen-
sor notwendig.
Hier setzt Hirtenbergers auf der DSEI prä-
sentiertes elektronisches Richtmittel an. Bei te wird ebenfalls gesteigert, da die höhere der Schütze waren exponiert und konnten
nur 900 g Gewicht kombiniert das GRAM Treffergenauigkeit die Bekämpfung weiter somit vom Feind aufgeklärt und in letzter
(Grid Aiming Device) mehrere Lagesenso- entfernter Ziele zulässt. Konsequenz auch bekämpft werden. Mit
ren für die Lagebestimmung des Rohres im Hirtenbergers neuem System entfällt die-
Raum und eine kabellose Schnittstelle für Disruption ser Faktor. Eine Exposition einer deutlich
die Kommunikation mit der Recheneinheit. geringeren Körpersignatur zur Ziellage-
Am Rohr mittels einer Schelle befestigt, er- Höhere Bekämpfungsgeschwindigkeit und ermittlung mittels klassischer Hilfsmittel
möglichen die integrierten Lagesensoren gesteigerte Präzision alleine machen den (Doppelfernrohr, Karte und Kompass) oder
eine deutlich genauere Bestimmung der Kommandomörser zwar besser, aber für moderner Beobachtungsmittel wie einem
Seiten- und Höhenneigung des Rohres, die Einstufung der Technologie als disruptiv Laserentfernungsmesser reicht nun für den
als dies mittels klassischer Libellen erreicht reicht dies nicht aus. Zum 2.0 wird der Einsatz des Waffensystems aus. Schütze
werden kann. Kommandomörser dadurch, dass eine di- und Waffe können hinter einer Deckung
Die präzise Ausrichtung des Rohres als der rekte Sichtverbindung des Mörserschützen verbleiben.
treibende Faktor für die Zielgenauigkeit zum Ziel nicht mehr notwendig ist. Damit ist das Potenzial des GRAM jedoch
des Kommandomörsers wird somit merk- Was sich nach wenig anhört, birgt in der noch nicht erschöpft. Da der Einsatz der
lich verbessert und bedingt auch einen ge- Tat aber das größte Potenzial dieser Tech- Waffe nun nicht mehr von der Flucht des
ringeren Zeitbedarf und Munitionsansatz nik. Eine direkte Sichtverbindung bedeu- zielenden Auges, des Mörsers und dem Ziel
für die Zielbekämpfung. Schützenbedingte tet in erster Linie Gefahr. Für den Einsatz abhängt, sind auch weitere Einsatzverfah-
Fehlschüsse entfallen, die damit verbunde- des Kommandomörsers mussten bis jetzt ren für das System denkbar. Der Komman-
nen Kollateralschäden werden soweit wie Ziel, Rohr und Schütze in eine Flucht ge- domörser ist nicht mehr auf das direkte
möglich vermieden. Die effektive Reichwei- bracht werden. Sowohl Mörser als auch Richten limitiert, das GRAM befähigt den

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 79

 RÜS TUNG & TECHN O LOGI E

Kommandomörser zum indirekten Richten. aufweist. Der Hersteller arbeitet daran, wicklungspotenzial aufweist. So ist Hirten-
Während der in einen Infanteriezug ein- diese Patrone mittels der hauseigenen berger derzeit unter anderem damit be-
gegliederte Mörsertrupp sich beispiels- ConFrag Technologie (kontrollierte Frag- schäftigt, das System Elektronisches Richt-
weise noch auf dem Marsch befindet und mentierung) hinsichtlich der Wirkung noch mittel (Beobachtungsmittel in Kombination
infanteristisch korrekt das sich bietende weiter zu optimieren. Bei gleichbleibendem mit Datenfunk, ballistischem Rechner und
Gelände als Deckung ausnutzt, hat ein zur Gewicht wird davon ausgegangen, dass ei- elektronischem Richtmittel) ergänzend als
Überwachung eingesetzter Scharfschüt- ne Wirkungssteigerung (Letalität) von mehr vollwertigen Handlungs- und Verfahrens-
zentrupp eine potenzielle Flankenbedro-

(Foto: Hirtenberger Defence Systems)

hung aufgeklärt. Mittels seines Laserent-
fernungsmessers und des eigenen GPS
ermittelt der Trupp in wenigen Sekunden
die genaue Position des Zieles. Da sich das
Ziel außerhalb der Reichweite des Scharf-
schützen befindet oder der Scharfschütze
seine Stellung durch direkte Bekämpfung
des Zieles nicht preisgeben will, kann der
Scharfschütze die feindliche Position mit-
tels Daten- oder Sprechfunk direkt an den
Mörsertrupp übertragen. Während der
Richt- und Ladeschütze die Waffe inner-
halb weniger Sekunden zum Einsatz vor-
bereiten, verarbeitet der Truppführer die
Zielmeldung mittels der Recheneinheit zu
einem Feuerkommando (Richtungswinkel,
Erhöhung des Rohres und Anzahl der Treib-
ladungsringe) für seinen Trupp. Nur wenige
Sekunden nach Anforderung des Mörser-
feuers durch den Scharfschützen verlässt
die erste Patrone das Mörserrohr.
Fehlschüsse sind bei sachgerechter Bedie-
nung des Systems nur noch durch externe Das System Elektronisches Richtmittel befähigt den Kommandomörser
Faktoren (z.B. Wetter) möglich. Im besten zum indirekten Richten und besteht aus einem datenfunkfähigen Beob-
Fall, also der Nutzung von Datenfunk und achtungsmittel, einem Ballistikrechner und dem GRAM.
dem Vorhandensein eines idealen Einsatz-
wetters (Windstille in allen Höhenschich- als 50 Prozent erreicht wird. Die Qualifizie- trainer und Simulator für die Life-Simulati-
ten), ist der ganze Prozesse in zwei bis drei rung der Patrone soll Unternehmensanga- on für den Verbund Beobachter (Zugführer
Minuten abgeschlossen, und alle Beteilig- ben nach Ende 2017 abgeschlossen sein. Infanterie, Scharfschütze, Kommandosol-
ten können sicher ihrem ursprünglichen Eine einfache Rechnung lässt das Poten- dat, STF-Beobachter oder Truppführer
Auftrag nachgehen. zial des Systems erahnen: Bezogen auf Mörser) und Kommandomörsertrupp zu
die aktuelle Truppbewaffnung mit einem entwickeln. Die Fähigkeiten der dafür not-
Interoperabilität und weitere Kommandomörser trägt der Mörsertrupp wendigen Kommunikation zwischen den
Leistungspotenziale ca. 30 kg an Gewicht (Kommandomörser einzelnen Elementen sind bereits imple-
ca. 10 kg und 10 Patronen à 1,79 kg). Mit mentiert. Gearbeitet wird an einer Mög-
Der Charme des Systems liegt in seiner der neuen Kombination wären es nur 24 lichkeit der Darstellung simulierter Treffer
Add-On-Fähigkeit. Der Nutzer entscheidet, kg (Kommandomörser, Richtmittel und 10 im Zielgebiet. Dies könnte sowohl über
ob er den Kommandomörser klassisch oder Patronen à1,25 kg). Neben der Gewichtsre- pyrotechnische Mittel oder mittels einer
digitalisiert nutzen will, indem er das Richt- duzierung verspricht man sich eine um 50 Virtual-Reality-/Augmented-Reality-Brille
mittel an den Mörser schnallt oder eben Prozent höhere Wirkung (letale Wirkung für den Schießenden (Beobachter oder
nicht. Die Grundfunktionalität des Mörsers gegenüber eine Standard-HE-Patrone 60 Mörsertrupp) erreicht werden.
ist davon in keiner Weise betroffen. mm) bei deutlich gesteigerter Präzision,
Da jegliche 60-mm-Munition mittels ei- Ersttrefferwahrscheinlichkeit und Bekämp- Fazit
ner Integration der jeweiligen ballistischen fungsgeschwindigkeit, ohne dabei Einbu-
Daten in den Ballistik-Rechner abgebildet ßen in der Reichweite zu haben. Mit dem GRAM könnte Hirtenberger ein
werden kann, können bereits eingeführte großer Wurf gelungen sein. Während sich
Kommandomörser, auch bei Nutzern von Verfahrens- und die Mitbewerber auf die Optimierung von
Munition anderer Hersteller, sehr einfach Handhabungstrainer für Munition (hinsichtlich Gewichtsreduzie-
kampfwertgesteigert werden. rung, Wirkung, Zielgenauigkeit und Lenk-
Kommandomörser
Das volle Potenzial bezogen auf Gewichts- fähigkeit) sowie die Integration und Auto-
reduzierung bei gleichbleibender Wirkung Die nächsten Entwicklungsschritte sind matisierung von großkalibrigen Mörsern in
entfaltet das System bei der Nutzung der bereits angestoßen. Ein Vertreter des Un- moderne Plattformen konzentrieren, hat
hauseigenen Commando Munition (60 ternehmens zeigte auf der DSEI auf, dass das österreichische Systemhaus für Mörser
MM CDO), welche eine gleichwertige Wir- das elektronische Richtmittel neben der einen Weg gefunden, die Leistungsfähig-
kung wie die klassische 60-mm-Spreng-Pa- primären Funktion der Leistungssteigerung keit des weitverbreiteten 60-mm-Mörsers
trone bei ca. 30 Prozent weniger Gewicht des Kommandomörsers noch weiteres Ent- schnell und unkompliziert zu steigern. L

80 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

Unternehmen & Personen
Personalkarussell bei
Heckler & Koch
Heckler & Koch hat
(Foto: Heckler & Koch)
seinen Vorstandsvor-
sitzenden Norbert
Scheuch (Foto) abge-
löst. Er war erst Ende
2015 dazu ernannt
worden und hatte
den Mehrheitseigen-
tümer Andreas Heeschen abgelöst, der sich
in den Aufsichtsrat zurückgezogen hatte.
Scheuch hatte bei Amtsantritt die Vorgabe
gemacht, nur noch Aufträge aus stabilen
demokratischen, nichtkorrupten Staaten
(NATO oder NATO-Partnerländer) anzu-
nehmen. Scheuchs Neuausrichtung will
das Unternehmen nach seinem Ausschei-
den fortführen. Kürzlich hat sich das Un-
ternehmen von seinem Leiter der Abteilung
Produktstrategie getrennt, der u.a. für das
in die Kritik geratene Sturmgewehr G36
der Bundeswehr verantwortlich war. Der-
zeit bemüht sich Heckler & Koch um den
Nachfolgeauftrag des G36. Als Nachfolger
oder Testgeländen. Als Teil der Vereinba-
rung bietet AITC die EFOY Pro Brennstoffzel-
le in laufenden und kommenden Behörden-
und Industriekontrakten an. Zur Sicherung
hoher Effizienz und Servicequalität wurden
die AITC-Ingenieure von SFC-Experten in der
Installation und Wartung der Brennstoffzel-
len ausgebildet und qualifiziert.  (wb)
ESG auch zukünftig für ZEBEL
verantwortlich
Die ESG Elektroniksystem- und Logis-
tik-GmbH ist auch zukünftig für die Zent-
rale Bundeswehr Ersatzteil Logistik (ZEBEL)
mit integriertem Materialmanagement für
die nichtautarken Bundeseigenen Lager
der Bundeswehr (naBELBw) verantwortlich.
Ende August unterzeichneten der Vizeprä-
sident des BAAINBw, Armin Schmidt-Fran-
ke, und der CEO der ESG, Kai Horten, den
neuen ZEBEL-Vertrag.  (wb)
Wolfgang Rudischhauser
neuer Vizepräsident der BAKS
Im August 2017
den Auswärtigen Dienst ein. Nach Statio-
nen in der Abteilung Wirtschaft und Ent-
wicklungspolitik, in der Abteilung Vereinte
Nationen und der Abrüstungsabteilung war
er von 2004 bis 2007 Leiter der Arbeitsein-
heit für die Internationale Atomenergie-Or-
ganisation im Auswärtigen Amt und dort
eng in die Verhandlungen zum iranischen
Nuklearprogramm involviert. Von 2007
bis 2014 war Rudischhauser bei der EU in
Brüssel tätig, zunächst als Berater für Abrüs-
tung und Nichtverbreitungsthemen im
EU-Ratssekretariat, dann als Referent und
Terrorismuskoordinator an der Ständigen
Vertretung Deutschlands bei der EU. Von
2011 bis 2014 war er als Angehöriger des
Europäischen Auswärtigen Diensts Ständi-
ger Vorsitzender der Arbeitsgruppe Nicht-
verbreitung von Massenvernichtungswaffen
des EU-Rates.  (wb)
Stellenstreichung beim
Marineschiffbau
Nach einem Ergebniseinbruch der Sparte
Industrial Solutions will thyssenkrupp bis zu

(Foto: BAKS)
für Scheuch soll vorerst das Vorstandsmit- hat Wolfgang Ru- 1.000 Stellen in Deutschland streichen. Das
glied Wolfgang Hesse, der bislang für den dischhauser (58) trifft vor allem den Marineschiffbau. Ins-
Finanzbereich zuständig war, das Unter- das Amt des Vi- gesamt sollen in den nächsten drei Jahren
nehmen führen.  (ds) zepräsidenten der global ca. 1.500 Stellen abgebaut werden.
Bundesakademie So soll auch der Standort Emden von thys-
US-Partnerschafts- und Vertriebs- für Sicherheitspo- senkrupp Marine Systems (tkMS) mit 220
vereinbarung unterzeichnet litik angetreten. Mitarbeitern geschlossen werden; ihnen
SFC Energy AG hat eine Partnerschafts- Der Diplomat war sollen Arbeitsplätze an anderen Standor-
und Vertriebsvereinbarung mit Advanced zuvor Leiter des ten angeboten werden. Hintergrund sei ein
IT Concepts Inc. (AITC), Winter Springs, FL, Zentrums für die enormer Wettbewerbsdruck, insbesondere
USA geschlossen. Im Rahmen der Vereinba- Nichtverbreitung im Marineschiffbau, erklärte Peter Feldhaus,
rung verkauft und wartet AITC die EFOY Pro von Nuklearwaf- Chef der Sparte Industrial Solutions. Ziel sei
Brennstoffzellen als zuverlässige netzferne fen der NATO in Brüssel. Nach dem Studi- es, die Kosten in den kommenden drei Jah-
Stromquelle für Verteidigungssysteme in um der Volkswirtschaftslehre in Mainz, Paris ren um bis zu 200 Mio. Euro pro Jahr zu sen-
Testumgebungen, z.B. Trainingsstationen und Göttingen trat Rudischhauser 1988 in ken. 2016/17 war der operative Gewinn der
Sparte von 283 Mio. Euro im Vergleich zum
Vorjahr auf 48 Mio. Euro deutlich gesunken.
Vier herausragende Abschlussarbeiten Obwohl das Unternehmen derzeit bei Neu-
Zum zehnten Mal ist 2017 der mit insgesamt 18.000 Euro dotierte AFCEA Bonn e.V. aufträgen die Talsohle durchschritten habe,
Studienpreis vergeben worden. In einer Auswahl aus sechzehn von den jeweiligen seien die Strukturen dennoch überdimensi-
Hochschulen ausgewählten und vorgeschlagenen Arbeiten wurden vier Arbeiten oniert.  (ds)
prämiert. Der erste Preis im Jubiläumsjahr des AFCEA Studienpreises geht in einer
Höhe von 6.000 Euro an Marcel Antzek von der Universität der Bundeswehr Mün- Balz Villiger neuer
chen (Betreuerin Prof. Dr. Gabi Dreo Rodosek, Fakultät für Informatik). AFCEA Bonn RUAG-Vizepräsident
e.V. hat aufgrund der gleichwertig hohen Qualität drei zweite Preise vergeben: Einen Seit 1. Septem-
(Foto: RUAG)

mit 4.000 Euro dotierten zweiten Preis erhält Alexander Haffm von der Hochschule ber ist Balz Villi-
Bonn-Rhein-Sieg (Betreuer Prof. Dr. Alexander Asteroth, Fachbereich Informatik) für ger Vizepräsident
seine Masterarbeit „Hierarchical Training of Local Surrogate Models for Evolutionary Marketing und
Optimization of Streamlined 2D Shapes“. Einen weiteren zweiten Preis erhält Olaf Kommunikation
Lambert, Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (Betreuer Prof. Dr. Hans Helmuth Schäfer, bei RUAG Defen-
Fachbereicht Elektrotechnik, Maschinenbau, Technikjournalismus (EMT)) für seine ce. Gleichzeitig ist
Masterarbeit „Adaption und Implementierung von systeminhärenten HF-Charakteri- er in das Leitungs-
sierungsmethoden für ein nach dem SDR-Prinzip arbeitendes Empfangsmodul für ein team der RUAG
Phased-Array Radar“. Sergio Valmorisco Sierra von der Universität Bonn (Betreuerin Defence berufen
Jun.-Prof. Dr.-Ing. Delphine Reinhardt, Institut für Informatik) erhält für seine Mas- worden. Villiger
terarbeit „Privacy-Aware Next Location Prediction Using Local Data Preprocessing“ kam 2013 aus dem
ebenfalls einen zweiten Preis.  (wb) zentralen IT-Bereich des Konzerns zu RUAG
Defence als Führungskraft in den Bereich

Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 81

Unternehmen & Personen
Marketing und Kommunikation. Nun ist er
gleichzeitig zuständig für die Koordination
des Absatzes und die Pflege der Kundenbe-
ziehungen.  (gwh)
FN Herstal in Großbritannien
Mit der Umbenennung von Manroy En-
gineering in FNH UK Ltd. hat FN Herstal
den Erwerb und die Integration in den Kon-
zern weitgehend abgeschlossen. Seit dem
Erwerb des britischen Maschinenwaffen-
herstellers vor drei Jahren hat die Herstal
Gruppe das Produktprogramm der Neuer-
werbung mit FN Herstal abgeglichen und
die Produktionsanlagen modernisiert. Damit
wurde das Produktionsspektrum erweitert
und FNH UK in die Lage versetzt, das ge-
samte FN Herstal-Portfolio mit FN SCAR
Sturmgewehren, FN MINIMI Mk3 leichten
Maschinengewehren und luft-, land- und
seegestützten Waffensystemen auf dem
britischen Markt anzubieten. (gwh)
Alistair Dibisceglia Leiter
Global Leasing bei MTU
Zum 1. Septem-
(Foto: MTU)
ber 2017 hat Alis-
tair Dibisceglia als
Vice President die
Leitung des Be-
reichs Global Lea-
sing bei der MTU
Maintenance Lea-
se Services B.V. in
Amsterdam über-
nommen. Dibi-
sceglia ist nun für
die kaufmännischen und technischen Be-
lange des Unternehmens verantwortlich. Er
wird das Leistungsportfolio für Leasingkun-
den weiter ausbauen und das technische
Asset-Management im Einklang mit der
Unternehmensstrategie erweitern.  (gwh
Positionspapier
Sicherheitspolitik
Der Bundesverband der Deutschen Indust-
rie e.V. (BDI) hat ein Positionspapier „Für ei-
ne moderne Sicherheitspolitik“ mit Hand-
lungsempfehlungen der deutschen Indust-
rie herausgegeben. Die weltweiten Risiko-,
Bedrohungs- und Konfliktszenarien haben
sich in den vergangenen Jahren stark ge-
wandelt, die Sicherheitslage hat sich deut-
lich erkennbar verschärft. Unabhängig von
ihrer geografischen Verortung ergibt sich
ein unmittelbarer Einfluss auf die Sicherheit
Deutschlands und auf die geschäftlichen
Aktivitäten deutscher Unternehmen, so der
BDI. Sie erfordern ganzheitliche, ressort-
übergreifende und langfristige Antworten
im Sinne eines „umfassenden Sicherheits-
begriffs“ als Voraussetzung für Rahmen-
82 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017
bedingungen, in denen sich Kultur, Handel
und Wirtschaft überhaupt erst entwickeln
können. Deutsche Industrieunternehmen
quer durch alle Branchen können durch ih-
re internationale Vernetzung, ihre Expertise
auf globalen Märkten und Ortskenntnisse
einen wichtigen Beitrag für die Sicherheit
leisten. Diese Stärken der deutschen In-
dustrie sollten durch die Politik intensiver
genutzt werden. Der BDI benennt neun
Handlungsfelder, in denen sowohl die Re-
gierung mit ihren Behörden als auch die
Industrie agieren müssen, um gemeinsam
die Basis für die nationale Sicherheit auszu-
bauen und zu stärken.
Handlungsfelder:
1. Investitionen in Sicherheit,
2. Wirtschaftsschutz,
3. Cyber-Sicherheit,
4. Sicherheits- und Verteidigungsindustrie,
5. Rüstungsexportkontrolle,
6. Europäische Zusammenarbeit,
7. Sicherheitsforschung,
8. Bundessicherheitsrat,
9. Gesamtgesellschaftliche
Sicherheitspolitik.(gwh)
EuroAvionics von HENSOLDT
übernommen
Nach Vorliegen aller rechtlichen Vorausset-
zungen ist der im Mai 2017 unterschrie-
bene Kaufvertrag, mit dem HENSOLDT
die Mehrheitsbeteiligung bei EuroAvionics
übernimmt, in Kraft getreten. Damit wird
der Anbieter von Avionik-Systemen für
Hubschrauber und Drohnen in das Sen-
sorhaus integriert. Von der Übernahme
verspricht sich HENSOLDT neuen Schub
für sein Avionik-Geschäft. Für Produkte
wie Flugmanagementsysteme, Avionik-
computer und Autopilotsysteme, vor allem
für Drohnen, betreibt das Unternehmen
neben dem Hauptsitz in Pforzheim Toch-
tergesellschaften in UK, den USA und der
Schweiz.  (gwh)
Umsatz- und Erlöszuwachs
bei BAE Systems
Im ersten Halbjahr 2017 konnte BAE Sys-
tems den Umsatz auf 10,6 Mrd. Euro (plus
vier Prozent inflationsbereinigt) steigern.
Der Erlös stieg um 100 Mio. Euro auf
1.041 Mio. Mit neuen Aufträgen in Höhe
von 11,8 Mrd. Euro stieg der Auftragsbe-
stand auf 46,9 Mrd. Das bedeutet eine
Auslastung für etwa viereinhalb Jahre.
Erratum
In der letzten Ausgabe ist auf der Seite 122 irrtümlich ein Bild, das den neuen Ge-
schäftsführer der Firma genua, Mathias Ochs, zeigt, in den Beitrag der Firma Diehl
Defence gerutscht. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. 
Zu den Umsatzträgern gehört der Euro-
fighter Typhoon mit der Erstauslieferung
nach Oman. Die wichtigsten Neuaufträge
betreffen die Fregatte Type 26 und das
sechste U-Boot der „Astute“-Klasse. Mit
Blick auf einen stabilen Dollarkurs und die
absehbaren Steigerungen der Militärhaus-
halte erwartet BAE Systems eine Ergeb-
nissteigerung für 2017, die sich in einer
fünf bis zehn Prozent höheren Dividende
niederschlagen soll. 2016 lag diese bei 44
Cent pro Aktie.  (gwh)
Blohm + Voss auf Jahre
gerettet
(Foto: Hansestadt Hamburg)
Nach vielen Jah-
ren ohne Neu-
aufträge, nach
Stellenstreichun-
gen und Lohnkür-
zungen blickt die
traditionelle Mari-
newerft Blohm +
Voss in Hamburg
wieder zuversicht-
lich in die Zukunft.
Grund ist ein Milliardenauftrag zum Bau
von fünf Korvetten vom Typ K130 (2.Los)
für die Deutsche Marine. Für Bohm + Voss
ist es der erste Schiffneubauauftrag seit
zehn Jahren. Der Bauvertrag wurde an ein
Konsortium norddeutscher Werften verge-
ben. Dazu gehören: ThyssenKrupp Marine
Systems/tkMS, die Bremer Lürssen-Werft,
zu der Blohm + Voss gehört und Ger-
man Naval Yards in Kiel. Lürssen, die den
Schwerpunkt der Produktion tragen wird,
will die Fertigung auf die Standorte Wol-
gast und Hamburg verteilen. Wolgast soll
den Rumpfbau und Hamburg den Zusam-
menbau und die Ausrüstung der Korvetten
übernehmen, während tkMS für die Konst-
ruktion verantwortlich sein soll, die vorwie-
gend in Hamburg und Kiel erfolgen wird.
Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch
(parteilos) geht davon aus, dass der größte
Teil des zwei Milliarden Euro schweren Auf-
trags nach Hamburg vergeben wird. „Der
neue Auftrag ist ein entscheidender Schritt
zur Sicherung von Blohm + Voss.“  (ds)
EDA-Datenblätter neu
aufgelegt
Die Europäische Verteidigungsagentur in-
formiert über wesentliche Elemente ihrer
Arbeit in Datenblättern (fact sheets). Die
(wb)
 ĞƌůŝŶͬ>ŽŶĚŽŶ͕ϭϰƚŚ^ĞƉƚĞŵďĞ
WZ^^Z>^

LJďĞƌͲ^ĞĐƵƌŝƚLJ ŽƵŶĐŝů 'ĞƌŵĂŶLJ ĂŶĚ ƐƚŽŶŝĂŶ ĞĨĞŶĐĞ /ŶĚƵƐƚƌLJ ƐƐŽĐŝĂƚŝŽŶ ƐŝŐŶ ĐŽŽƉĞƌĂƚŝŽŶ ĂŐƌĞĞ
Datenblätter zu verschiedenen Themen gischen Planübung EU CYBRID 2017 teil- potenziellen Angriffen geschützt sind.
ĂŐƌĞĞŝŶŐƵƉŽŶĨŽƐƚĞƌŝŶŐƚƌĂŶƐŶĂƚŝŽŶĂůĐŽŽƉĞƌĂƚŝŽŶŝŶƚŚĞĂƌĞĂŽĨĐLJďĞƌƐĞĐƵƌŝƚLJƚŽŐĞƚŚĞƌ
sind nach Überarbeitung neu heraus- genommen. Die Übung wurde vom NATO Mit der einheitlichen Sicherheitsplattform
 gegeben worden und können auf der Center of Excellence Cooperative Cyber bekommen Unternehmen eine einfach zu
EDA-Homepage heruntergeladen werden.
LJďĞƌͲƚŚƌĞĂƚƐ ŵĞŶĂĐĞ
Hierzu gehören Ăůů ƐƚĂƚĞƐ͕
die Datenblätter Ca-
Defense (COE CCD) und der Europäischen
zum ĞŶƚĞƌƉƌŝƐĞƐ ĂŶĚ ŝŶĚŝǀŝĚƵĂůƐ
Verteidigungsagentur ĞƋƵĂůůLJ͘bedienende
EDA gemeinsam dŚĞƌĞĨŽƌĞ͕
sich
Sicherheitslösung, mit der
Daten innerhalbƚƌĂŶƐŶĂƚŝŽŶĂů
der gesamten IT-Inf-ĐŽŽƉĞƌĂƚŝŽ
ďĞĐŽŵĞŝŶĞǀŝƚĂďůĞĨŽƌŝŵƉƌŽǀŝŶŐƐĞĐƵƌŝƚLJŝŶĐLJďĞƌͲƐƉĂĐĞǁŚĞƌĞƐƚĂƚĞďŽƌĚĞƌƐĂƌĞŶŽƚǀĂůŝĚ͘
pability Development Plan, zum Vorberei- angelegt. Im COE CCD haben die Minis- rastruktur bequem verwalten und sichern
tungsprogramm für die Verteidigungsfor- ter den Umgang mit den Folgen eines lassen. Sie lässt sich problemlos in füh-
 schung, zur Satellitenkommunikation und Cyber-Angriffs erfahren. Lageerkennung, rende Cloud-Service-Provider integrieren
ŐĂŝŶƐƚ ƚŚŝƐ ďĂĐŬŐƌŽƵŶĚ͕ ƚŚĞ LJďĞƌͲ^ĞĐƵƌŝƚLJ
zum Ausbildungsprogramm für europäi- Mechanismen zur Krisenbewältigung und und ermöglicht es so, starke Schutzmaß-
sche Lufttransportverfahren.  (gwh) strategische Kommunikation waren zent- nahmen für alle Cloud-Anwendungen zu
ŽƵŶĐŝů 'ĞƌŵĂŶLJ ĂŶĚ ƚŚĞ ƐƚŽŶŝĂŶ rale ĞĨĞŶĐĞ
Bestandteile der Übung, die auch die etablieren. (wb)
/ŶĚƵƐƚƌLJ ƐƐŽĐŝĂƚŝŽŶ ;/Ϳ ŚĂǀĞ ƐŝŐŶĞĚ Ă
Scott Ermeti Präsident Inter- Zusammenarbeit zwischen NATO und EU
national Business bei Pelican ƚŚ zum Thema hat. Die Cyber-Abwehr ge- Kooperationsvereinbarung
ĐŽŽƉĞƌĂƚŝŽŶ ĂŐƌĞĞŵĞŶƚ
Die Pelican Grup- ŽŶ ϭϯ  ^ĞƉƚĞŵďĞƌ
hört zu den hochpriorisierten Aufgaben Der Cyber-Sicher-

(Foto: Cyber-Sicherheitsrat)
(Foto: Pelican)

ϮϬϭϳǁŚŝĐŚŝƐƚŽĨŽƐƚĞƌĞdžĐŚĂŶŐĞŽĨŝŶĨŽƌŵĂƚŝŽŶ
pe hat Scott bei EU und NATO.  (gwh) heitsrat Deutsch-
Ermeti zum Prä- land e.V. und die
ĂƐǁĞůůĂƐ ŵƵƚƵĂů
sidenten für ĂĐƚŝŽŶƐĨŽƌƉƌŽŵŽƚŝŶŐĐLJďĞƌͲ
in- Joint Venture von Rheinmetall Estonian Defence
ƐĞĐƵƌŝƚLJ ŶŽƚ ŽŶůLJ ŝŶ 'ĞƌŵĂŶLJ ĂŶĚ ƐƚŽŶŝĂ͕
ternationale
gaben ernannt.
Auf- und ďƵƚ
Rohde & Schwarz
Rheinmetall und Rohde & Schwarz haben
Industry Associa-
tion (EDIA) haben
ĂůƐŽŝŶƵƌŽƉĞŐĞŶĞƌĂůůLJ͘
Er verantwortet den Gründungsvertrag für die Joint Ven- am 13. September
 die internationa-
len Anteile der
ture-Gesellschaft unterschrieben, mit der
sich die beiden Technologieunternehmen
2017 eine Koope-
rationsvereinba-
“The ƐƚŽŶŝĂŶ
Pelican GruppeĞĨĞŶĐĞ /ŶĚƵƐƚƌLJ ƐƐŽĐŝĂƚŝŽŶ um die Großvorhaben „Mobile taktische rung unterzeich-
(außer biothermi- Kommunikation (MoTaKo)“ und „Mobi- net. Diese soll
ďƌŝŶŐƐ ƚŽŐĞƚŚĞƌ
schen Produkten)
ĞŶŽƌŵŽƵƐ ŬŶŽǁͲŚŽǁ ŽĨ Ăůů
ler taktischer Informationsverbund (Mo- den Informations-
ƌĞůĞǀĂŶƚĂƌĞĂƐƌĞůĂƚĞĚƚŽĐLJďĞƌͲƐĞĐƵƌŝƚLJ͘tĞĂƌĞ
hinsichtlich Umsatz, Vertrieb, Produktion TIV)“ der Bundeswehr bewerben wollen. austausch sowie gemeinsame Unterneh-
und Verteilung in mehr als 100 Ländern Die Gründung des Joint Ventures steht mungen für eine starke Cyber-Sicherheit
happy that we can now profit from eachnoch
weltweit. Ermeti war zunächst im nationa-
other’s
unter dem Vorbehalt der kartell- nicht nur in Deutschland, sondern auch
experiences andtätig,
len Vertrieb insights”, saidPe- WŚŝůŝƉƉ
bevor er als erster rechtlichenǀ͘
Überprüfung. Rheinmetall hält in Estland und der EU insgesamt fördern.
lican-Mitarbeiter außerhalb der USA das 74,9 Prozent der Anteile an der neuen Ge- „Die EDIA führt tiefgreifendes, umfas-
^ĂůĚĞƌŶ͕ europäische
WƌĞƐŝĚĞŶƚ ŽĨ ƚŚĞ
Hauptquartier LJďĞƌͲ^ĞĐƵƌŝƚLJ
in Barcelona sellschaft, die übrigen 25,1 Prozent liegen sendes Knowhow aller für Cyber-Sicher-
ŽƵŶĐŝů 'ĞƌŵĂŶLJ͘ “Also, Estonia can be
aufgebaut hat. Dieses steht heute für 30 bei Rohde & Schwarz.  (wb) heit relevanten Bereiche zusammen. Wir
Prozent des Gruppenumsatzes.  (gwh) freuen uns sehr, voneinander im Hinblick
ĐŽŶƐŝĚĞƌĞĚ Ă ƌŽůĞ ŵŽĚĞů ƌĞŐĂƌĚŝŶŐ ƚŚĞForschungszentrum
Nationales auf unsere jeweiligen Erfahrungswer-
ĂĚǀĂŶĐĞŵĞŶƚŽĨĚŝŐŝƚĂůƚƌĂŶƐĨŽƌŵĂƚŝŽŶƚŽŐĞƚŚĞƌ
Jürgen Wienes neuer Geschäfts- für angewandte Cybersicherheit  te und Einblicke profitieren zu können“,
führer der Airbus Bank Das Darmstädter Center for Research in sagte Philipp v. Saldern, Präsident des Cy-
ǁŝƚŚ Ă ŚŝŐŚ ůĞǀĞů ŽĨ ĐLJďĞƌͲƐĞĐƵƌŝƚLJ͘Security
Mit Wirkung ƐƚŽŶŝĂ
and Privacy (CRISP) wird zu ei- ber-Sicherheitsrat Deutschland e.V.  (wb)
(Foto: Airbus)

ŚŽƐƚŝŶŐ ƚŚĞ EdK ŽŽƉĞƌĂƚŝǀĞ LJďĞƌ ĞĨĞŶĐĞ

zum 1. Septem- nem auf Dauer angelegten Nationalen
ber 2017 wurde Forschungszentrum für angewandte Cy- WEW weitet integrierte
ĞŶƚƌĞ ŽĨ džĐĞůůĞŶĐĞ
Jürgen Wienes ĂŶĚ ĞŵƉŚĂƐŝƐŝŶŐ ĚŝŐŝƚĂů Dies vereinbarten die an Logistikdienste aus
bersicherheit.
ŝƐƐƵĞƐ ĚƵƌŝŶŐ ŝƚƐ ĐƵƌƌĞŶƚ WƌĞƐŝĚĞŶĐLJCRISP
vom Aufsichts-
rat des Unter-
ŽĨ beteiligten
ƚŚĞ Organisationen Fraun- Mit
hofer-Gesellschaft, Technische Universität
der Inbetriebnahme des erneuerten
und erweiterten Betriebsgeländes in Wei-
ŽƵŶĐŝů ŽĨ ƚŚĞ ƵƌŽƉĞĂŶ
nehmens zum hŶŝŽŶ ŐŝǀĞ ƉƌŽŽĨ
DarmstadtŽĨ und Hochschule Darmstadt. tefeld hat WEW Container Systems GmbH
this.”  der Airbus Bank
Geschäftsführer Das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF) und das Hessische
den Umfang an logistischen Dienstleistun-
gen für Einsatz und Umbau von Tank-Con-
 GmbH bestellt. Ministerium für Wissenschaft und Kunst tainern ausgeweitet. Der Leistungsum-
/ŶŐǀĂƌWćƌŶĂŵćĞ͕KŽĨ
Er übernimmt
innerhalb der
/͕ŶŽƚĞĚƚŚĂƚ ƚŚĞ
(HMWK) sagten die Unterstützung und
Förderung des neuen Zentrums zu.  (wb)
fang schließt jetzt die Betreuung vor Ort
im Einsatzgebiet, Überholung, Umbau
ĐŽůůĂďŽƌĂƚŝŽŶďĞƚǁĞĞŶƐƚŽŶŝĂĂŶĚ'ĞƌŵĂŶLJŝŶ
Geschäftsführung den Bereich Marktfolge und Leistungssteigerung und die Versor-
von Franz Plesser, der zum Ende September Thales baut Sicherheitsplattform gung mit Ersatzteilen für militärische und
ĐLJďĞƌ ƐĞĐƵƌŝƚLJ ŚĂƐ Ă ůŽƚ ŽĨ ƉŽƚĞŶƚŝĂů͘
2017 aus der Geschäftsführung der Airbus aus“BŽƚŚ zivile Kunden ein. WEW liefert Tank-Con-
ƐƚŽŶŝĂĂŶĚ'ĞƌŵĂŶLJĂƌĞŝŵƉŽƌƚĂŶƚŝŶĨůƵĞŶĐĞƌƐ
Bank GmbH ausscheidet. Jürgen Wienes Thales, ein Unternehmen im Bereich tainersysteme für militärische und zivile
wird zusammen mit Geschäftsführer Christi- kritischer Informationssysteme, Cyber- Kunden aus den Bereichen Logistik und
ŽŶ ƵƌŽƉĞĂŶ
an UnrathĐLJďĞƌ
(Sprecher ƚĞĐŚŶŽůŽŐLJ
der Geschäftsführung)ĚĞǀĞůŽƉŵĞŶƚ
sicherheit und Datenschutz, macht es Chemie für Transport und Lagerung von
ĂŶĚ ĐLJďĞƌ ƐĞĐƵƌŝƚLJ͕ ƐŽ
die Geschäftsführung ƚŚĞ Bank
der Airbus ĐŽŽƉĞƌĂƚŝŽŶ
Gm- ǁŝůů einfach, ihre Daten in Mul- Gasen und Flüssigkeiten – von Trinkwasser
Unternehmen
bH bilden, so Harald Wilhelm, CFO Airbus ti-Cloud-Umgebungen zu verwalten und bis zu toxischen Chemikalien. Die Cont-
ŚŽƉĞĨƵůůLJundŚĂǀĞ Ă ƉŽƐŝƚŝǀĞ
Vorsitzender ŝŶĨůƵĞŶĐĞ
des Aufsichtsrats der Air- zuŽŶ ƚŚĞ
sichern – unter Einhaltung aller Compli- ainer sind für raue Transportaufgaben
ǁŚŽůĞ ƵƌŽƉĞĂŶ
bus Bank GmbH. ĐLJďĞƌ
(wb) ƐĞĐƵƌŝƚLJ ĂŶĚ ance-Regeln.
ĚĞĨĞŶĐĞ Mit erweiterten Funktionen ausgelegt. Nach Angaben von WEW kann
im Bereich Verschlüsselung, Tokenisierung durch den Werksservice die Lebensdauer
ƐĞĐƚŽƌ,” said
Übung WćƌŶĂŵćĞ͘
von EDA und COE CCD und Key Management &ƌŽŵůĞĨƚƚŽƌŝŐŚƚ͗/ŶŐǀĂƌWćƌŶĂŵćĞ͕WŚŝůŝƉƉǀ͘^ĂůĚĞƌŶ
sorgt die Plattform der Tanks um 30 Monate bis fünf Jahre,
 Die Verteidigungsminister der EU-Länder dafür, dass vertrauliche Daten auf Servern, mit Umbau und Generalüberholung um
haben anlässlich ihrer Tagung Anfang in Rechenzentren, der Cloud, Big-Data- weitere zehn bis zwanzig Jahre verlängert
 September in Tallinn/Estland an der strate- und Container-Umgebungen sicher vor werden. (gwh)
ďŽƵƚƚŚĞLJďĞƌ^ĞĐƵƌŝƚLJŽƵŶĐŝů'ĞƌŵĂŶLJ
/ŶƵŐƵƐƚϮϬϭϮ͕ƚŚĞLJďĞƌͲ^ĞĐƵƌŝƚLJŽƵŶĐŝů'ĞƌŵĂŶLJǁĂƐƐĞƚƵƉďLJĂŐƌŽƵƉŽĨƌĞƉƵƚĂďůĞŝŶĚŝǀŝĚƵĂůƐ͘dŚĞĞƌůŝŶͲďĂƐĞĚĂƐƐŽĐŝĂƚŝŽŶ͕
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 83
ƉŽůŝƚŝĐĂůůLJŶĞƵƚƌĂů͕ĂŝŵƐƚŽĂĚǀŝƐĞďƵƐŝŶĞƐƐĞƐ͕ŐŽǀĞƌŶŵĞŶƚĂŐĞŶĐŝĞƐĂŶĚƉŽůŝĐLJŵĂŬĞƌƐŽŶŝƐƐƵĞƐƌĞůĂƚŝŶŐƚŽĐLJďĞƌƐĞĐƵƌŝƚLJĂŶĚƚŽƐƚƌ
ƚŚĞĨŝŐŚƚĂŐĂŝŶƐƚĐLJďĞƌĐƌŝŵĞ͘DĞŵďĞƌƐŽĨƚŚĞĂƐƐŽĐŝĂƚŝŽŶŝŶĐůƵĚĞůĂƌŐĞĂŶĚŵĞĚŝƵŵͲƐŝnjĞĚĐŽŵƉĂŶŝĞƐ͕ŽƉĞƌĂƚŽƌƐŽĨĐƌŝƚŝĐĂůŝŶĨƌĂƐƚƌƵĐ
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  W I RT SCH AF T & I ND US T R I E

5. KSK Rüstungssymposium
Waldemar Geiger

Nun zum fünften Mal in Folge, in diesem Jahr jedoch zum ersten Mal neuartiger Ausrüstung für Spezialkräfte.
Der Kommandosoldat als Hauptelement
unter der Leitung von Brigadegeneral Alexander Sollfrank, dem neuen des KSK muss jederzeit und an jedem Ort
Kommandeur des Kommandos Spezialkräfte (KSK), wurde Anfang der Welt die an ihn gestellten Anforderun-
gen erfolgreich meistern können. Spezielle
September das KSK Rüstungssymposium durchgeführt. Ausrüstung erlaubt es dem Kommandosol-
daten, seinen Kampfwert unter anderem in

B
ei militärischen und polizeilichen
Spezialkräften im deutschsprachi-
gen Europa von Anfang an etabliert,
fand das Symposium auch dieses Jahr
(Fotos: Waldemar Geiger)
reges Interesse der Fachbesucher. Be-
schaffer, Nutzer und Industrie nutzten die
dreitägige Veranstaltung für einen regen
Erfahrungsaustausch eingeführter und
den Punkten Wirkung, Mobilität, Schutz,
Aufklärung und Kommunikation zu stei-
gern. Hervorzuheben ist, dass der Punkt
Schutz bei Spezialkräften im Gegensatz zu
herkömmlichen Streitkräften nur in speziel-
len Lagen durch „Dickblech“ erreicht wird.

Zu einem großen Teil wird Schutz eben

auch durch überlegene Taktiken und Mobi-
lität, unterstützt durch altbewährte Grund-
sätze wie beispielsweise Tarnung, erreicht.
Nicht nur für konventionelle Streitkräfte,
sondern auch für Spezialkräfte bedeutet
die aktuelle Bedrohungsanalyse der NATO
und Bundeswehr die Notwendigkeit für ei-
ne ständige Evaluierung der bestehenden
Struktur und Ausstattung. Ob im Syrien-
oder Ukrainekonflikt oder in Einsätzen auf
dem afrikanischen Kontinent demonst-
rieren gerade die russischen, aber auch
westliche Streitkräfte die herausragende
Bedeutung von Spezialkräften in der hy-
briden Kriegführung. Neben der Wirkung
gewinnt auch die Mobilität in solchen Sze-
narios immer mehr an Bedeutung.

Vielseitige Hausmesse
Das Quad Center Diederich stellte sein umfangreiches Spezialfahrzeug-
angebot vor, darunter der Polaris MV 850, ausgerüstet mit einer Wie gewohnt wurde das Symposium auch
40-mm-Granatmaschinenwaffe. Die Lafette ist 360 Grad schwenkbar, dieses Jahr durch eine begleitende und
elektrisch höhenverstellbar und lässt sich während der Fahrt arretieren. immer größer werdende Fachmesse kom-
plettiert.
Rainer Diederich stellte in diesem Jahr ne-
ben dem Polaris MRZR4 zum ersten Mal
den Polaris DAGOR aus. Der Polaris MV
850, ein mit einer Hecker & Koch (HK)
40-mm-Granatmaschinenwaffe (GraMa-
Wa) ausgerüsteter Quad, sorgte für reges
Interesse bei den Fachbesuchern und ist ne-
ben Spezialkräften sicherlich auch für die
GraMaWa-Trupps der leichten Fallschirm-
und Gebirgsjägertruppe interessant.
Deventure, ein in den Niederlanden an-
gesiedelter Fahrzeughersteller für Spezial-
kräfte, stellte sein Air Transportable Tactical
Vehicle (ATTV) aus. Im Gegensatz zu vielen
anderen Systemen wurde beim ATTV nicht
auf eine bestehende Fahrzeugplattform
zurückgegriffen. Der ATTV wurde von
Das ATTV ist eine Eigenentwicklung von Deventure für die niederländischen Grund auf gemäß den Anforderungen der
Spezialkräfte und hat sich bereits in Mali bewährt. niederländischen Spezialkräfte konstruiert

84 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017


Bild links: Der Saab Barracuda Special Operations Tactical Suit (SOTACS) reduziert die
Körpersignatur um bis zu 70 Prozent.
Bild rechts: Der Lindnerhof Taktik Boarding-Satz für maritime Einsätze verfügt in der
hier gezeigten Spezialkräfte-Ausführung über keine Signalfarben.
und hat sich bereits unter anderem in Mali
bewährt. Es lässt sich modular auf die bal-
listische Schutzklasse Level 1 hochrüsten
und besticht dank seiner Allradlenkung mit
einem Wendekreis von 9,5 m.
Handwaffenseitig haben dieses Jahr neben
den militärischen Waffenherstellern Beret-
ta Defense, B&T, Glock, C.G. Haenel, HK,
Rheinmetall und SIG SAUER auch Proof
Research, in Deutschland durch IEA-Mil-
Optics vertretener Hersteller von Car-
bon-Rohren, ihr Waffensortiment ausge-
stellt. Glock präsentierte die Generation
5 der Glock 17. Große Beachtung fanden
auch Sturmgewehre wie das HK237 von
Heckler & Koch sowie das SIG SAUER MCX
(9“) im Sonderkaliber .300 Blackout. Für
den Einsatz mit Signaturdämpfern opti-
miert, können diese bereits aus sehr kurzen
Rohren eine sehr respektable ballistische
Leistung erreichen.
Komplettiert wurde die Wirkungsfraktion
durch schultergestützte Waffen, Munition
und 60-mm-Kommandomörser aus dem
Hause Eurospike, Diehl Defence, Hirtenber-
ger, Junghans Microtec, Saab International
Deutschland und MBDA. Auch Rheinmetall
wartete mit seiner umfangreichen Muniti-
onsproduktpalette auf.
Der bei MBDA zu besichtigende Kleinflug-
körper Enforcer ließ sich in einem Simulator
mittels einer Virtual-Reality-Brille schießen, die Erwartungen an den Suchkopf, der den
Flugkörper jeweils mittig
in die Zielscheibe lenk-
te. Bei einem der Treffer
kam ein neues, leichtes
Carbon-Startrohr zum
Einsatz, das von MBDA
Italien entwickelt wur-
de. MBDA plant in den
kommenden Jahren in
die Qualifikation des
Kleinflugkörpers und an-
schließend in die Serien-
vorbereitung einzustei-
gen. Der Enforcer ist als
präziser, leichter und vor
allem auch kostengüns-
tiger Kleinflugkörper für
den Einsatz bei Infanterie
und Spezialkräften vor-
gesehen. Er ist bei Tag
und Nacht einsetzbar,
eignet sich zur Bekämp-
fung unterschiedlicher
statischer und bewegli-
cher Ziele und kann von
einem einzelnen Solda-
ten transportiert und
bedient werden. Der
Multi-Effekt-Gefechts-
kopf ermöglicht Wirkung
gegen ungepanzerte,
leicht gepanzerte Ziele,
wird durch MBDA eigenfinanziert zu einer einfache Infrastruktur sowie Ziele hinter
Produktfamilie entwickelt. Im Zentrum der Deckung. Durch seine Kompatibilität mit
Entwicklung steht die Befähigung des En- der Abschusseinrichtung des Wirkmittels
forcer zum Einsatz als Boden-Boden-Wirk- 90 (WiMi 90) unterstützt er den Standardi-
mittel für Infanterie und Spezialkräfte. sierungsansatz innerhalb der Bundeswehr
MBDA hat den Kleinflugkörper im Rahmen im Bereich der Hand- und Schulterwaffen.
IEA-Mil-Optics zeigte das Proof 308 mit 20-Zoll-Carbon-Lauf, Steiner
Optik, AI-Schaft und dem RAPTAR-S, einem von Wilcox entwickelten
Ziellaser mit integriertem Entfernungsmesser und Ballistik-Rechner. Der
RAPTAR-S wurde unter anderem durch das KSK zur Kampfwertsteige-
rung des G29 beschafft. Das Gesamtgewicht liegt unter fünf Kilogramm
ohne Zielfernrohr.
der Entwicklungsarbeiten bereits mehrmals Darüber hinaus wird die Entwicklung ei-
erfolgreich getestet. Bei Versuchen auf dem ner Luft-Boden-Version untersucht. Dafür
Gelände der Wehrtechnischen Dienstelle wurde ein Semi-Aktiver-Lasersuchkopf
91 (WTD 91) konnte das multinationale (SAL) entwickelt und bereits erfolgreich ge-
Enforcer-Team mit gelenkten Schüssen auf schossen. MBDA verfolgt die Absicht, den
1.000 bis 2.000 m mehrere sehr genaue Enforcer zukünftig so auch für den Einsatz
Treffer erzielen. Diese Tests bestätigten u.a. mittels taktischen UAV bzw. leichten Un-
terstützungshubschraubern bereitszustel-
Oktober 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 85
 WI RTSCHAF T & I ND US TR I E

Dual CC wurde durch die Bundeswehr erst

Das Scharfschützengewehr Spezialkräfte G29 im Kaliber .338 Lapua
Magnum ist eine Kombination des Haenel RS9 und der Steiner M5Xi 5 –
25 Optik.
len. Hierzu wird der Flugkörper, basierend
auf der Infanterievariante, geringfügig
angepasst, was durch die Modularität des
Designs mit geringem Aufwand zu reali-
sieren ist. Im Gegensatz zu lasergelenkten
70-mm-Raketen hätte der Enforcer den
Vorteil einer deutlich höheren Reichweite
und der Fähigkeit, Ziele auch bei hohen
Winkeln jenseits der Flugachse des Luftfahr-
zeugs (beispielsweise drei Uhr in Flugrich-
tung) treffgenau bekämpfen zu können. Zu
diesem Zwecke bekommt der Flugkörper ei-
ne Vorabinformation der Zielposition in Re-
lation zur eigenen Lage und Flugrichtung.
Die moderne Lenk- und Navigationseinheit
richtet den Flugkörper nach Abschuss auf
das Ziel aus. Die finale Führung übernimmt
der SAL-Suchkopf in Verbindung mit der La-
serbeleuchtung des Zieles durch das Luft-
fahrzeug bzw. Bodenkräfte.
Optiken, Nachtsichttechnik, Laser-Licht-Mo-
dule und Feuerleitvisiere waren bei AIM,
IEA-Mil-Optics, Harris, Hensoldt, Minox,
Rheinmetall, Steiner, Thales und Vectronix
(zu Safran) zu begutachten. Telefunken stell-
te neben unterschiedlichen Nachtsichtmit-
teln auch eine breite Palette an Kommunika-
tionsmitteln, darunter das neue HRM 8000
aus. Erstmalig war auch das Dragon Eye, ein
ungekühltes optisch/thermales Beobach-
tungs- und Zielgerät für unterschiedlichste
Türme und Waffenstationen, zu sehen.
Schmidt & Bender präsentierte die neue Pa-
trol-Optik. Das S&B 1-8x24 PM II Short Dot
wenige Tage zuvor als Anteil Optik für die
Patrouillenvariante des G28 ausgewählt.
Persönliche Schutzausstattung und Beklei-
dung waren unter anderem bei Blücher,
BSST, Carinthia, Clawgear, Haix, Hexonia,
Mehler, Meindl, Saab Barracuda, Scandic
Outdoor, Schuberth (seit Mitte 2017 Ver-
treter für Wiley X Schutzbrillen in Deutsch-
land) und SSZ zu sehen. Lindenerhof Taktik
wartete mit der Spezialkräfteausführung
seines neuen Bordingsatzes für maritime
Einsätze auf. Neben einer breiten Palette an
Schutzhelmen und -brillen konnte auf dem
Stand von Revision auch ein ausgeklügeltes
Energie-Managementsystem für Infanteris-
ten besichtigt werden.
Gedankenaustausch
und Demo-Day
Der im letzten Jahr erstmalig veranstaltete
Demo-Day hat sich bewährt und ermög-
lichte auch in diesem Jahr wieder eine
dynamische Behandlung der diskutierten
und ausgestellten Ausrüstung und Tech-
nologien.
Mehrere Workshops befassten sich mit
Thematiken wie Persönliche Ausrüstung/
ABC und Medizin, Waffen/Optik/Muniti-
on, Mobilität, Simulation sowie Führungs-
unterstützung. L

Studiengesellschaft
der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik mbH

German Association for Defence Technology
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86 Europäische Sicherheit & Technik · Oktober 2017

Bücher
Ein Beitrag zur Tradition
unserer Bundeswehr
Viktor Toyka: Dienst in Zeiten des Wan-
dels. Erinnerungen aus 40 Jahren als Ma-
rineoffizier; Miles-Verlag, Berlin 2017; 295
Seiten, 19,80 €; ISBN 978-3-945861-57-8
Vierzig Jahre sind histo-
risch ein kurzer Zeitraum
– aber sie umreißen ein
ganzes Berufsleben. In
einer Zeit, in der immer
wieder von der „eigenen
Tradition der Bundes-
wehr“ – in Ab- und Aus-
grenzung zur deutschen
Militärgeschichte, insbe-
sondere der Wehrmacht
– gesprochen wird, ist
es bedeutsam und hilfreich, Informationen aus
dem inneren Leben und „Erleben“ unserer Bun-
deswehr in unterschiedlichen Einheiten und Stä-
ben, das Ministerium eingeschlossen, aufnehmen
zu können. Als Marineoffizier war Viktor Toyka
vierzig Jahre aktiv Mitwirkender von seiner Aus-
bildung als Offizieranwärter der Crew IV/66 in
Glückstadt im April 1966 bis zur Mitgestaltung
der neu eingerichteten Streitkäftebasis Anfang
der 2000er Jahre und der Umgestaltung der
Ausbildung für den General-/Admiralstabsdienst
an der Führungsakademie der Bundeswehr bis
2006. Es ist ein persönliches Buch, aber keine Au-
tobiographie. Es ist ein sachliches Buch, aber kein
Sachbuch. Fangen Sie einfach an zu lesen und Sie
werden weiterlesen. Es ist spannend. Die Umge-
bung, in der er handelt, wird plastisch erfahrbar.
Vor 65 Jahren:Auf dem Eniwetok-Atoll im Südpazifik zünden die USA
ihre erste Wasserstoffbombe
Am 31. Oktober 1952 führten die USA im
Rahmen der „Operation Ivy“ den ersten Test
mit einer Wasserstoffbombe durch. Mit einer
aus den Messdaten ermittelten Sprengkraft
von 10,4 Megatonnen TNT-Äquivalent war
„Ivy Mike“ – so der Codename des Explosi-
onskörpers – wesentlich stärker als erwartet.
77 Prozent der Sprengkraft stammten dabei
aus der Spaltung des Uran-Mantels durch
die schnellen Neutronen aus der Kernfusion.
Der Befehl zur Entwicklung der Wasserstoff-
bombe war von Präsident Harry S. Truman
im Januar 1950 unter dem Eindruck des er-
sten sowjetischen Atomtests von 1949 erteilt
worden. Die Entwicklungsarbeiten erfolgten
im Los Alamos Laboratory, teilweise mit
theoretisch-physikalischer Unterstützung
amerikanischer Universitäten. Bei ersten Te-
stexplosionen auf dem Eniwetok-Atoll 1951
wurde bestätigt, dass eine thermonukleare
Seine eigene Persönlichkeits­entwicklung vom Of-
fizieranwärter der Crew zum Flottillenadmiral darf
man miterleben. Die einzelnen Etappen auf der
„Gorch Fock“, dem Schulschiff „Deutschland“,
an der Marineschule Mürwik und der Marineun-
teroffizierschule in Plön sind Erlebnisberichte,
in denen auch Licht und Schatten der gelebten
Menschenführung in der Heranbildung des Offi-
ziernachwuchses erkennbar werden. Drei wich-
tige Themenfelder werden als zentrale Elemente
seines Berufslebens auf mehreren Führungsebe-
nen und in unterschiedlichen Funktionen erlebbar
und nachvollziehbar. die taktische und operative
Ausbildung, intensives, realistisches Üben im na-
tionalen und multinationalen Rahmen; der Auf-
bau und die Weiterentwicklung der maritimen
Fähigkeiten der Marine, konzeptionell, strukturell
und organisatorisch – immer in einem (zu) engen
Budgetrahmen; und insbesondere die Führung
in und von Streitkräften – für den Autor immer
getragen von der unauflöslichen Verknüpfung
des Beherrschens der Technik mit der gelebten
Menschenführung, mit dem Zusammenhalt einer
Mannschaft, die sich ihrer professionellen Auf-
gabe stellt, wobei die klare und offene Kommu-
nikation zwischen allen Ebenen und Bereichen
zwingend dazugehören. Mit seinen Einsätzen
auf verschiedenen U-Booten und auf Zerstörern,
seiner Admiralstabsausbildung an der Führungs-
akademie, mehreren Stationen im Führungsstab
der Marine und beim Generalinspekteur Admiral
Dieter Wellershof sowie seinem Einsatz als Kom-
mandeur eines Fregattengeschwaders wurde er
ein wesentlicher Träger des Aufbaus des 1995 neu
aufgestellten Führungszentrums der Bundeswehr.
Nach einer intensiven Zeit als Leiter der Opera-
tionsabteilung im Flottenkommando hat er sich
Reaktion nicht nur eine theoretische Vor-
stellung, sondern real erreichbar war. Von
mehreren möglichen Fusionsbrennstoffen
wurde wegen seiner leichteren theoretischen
Berechenbarkeit tiefgekühltes, Deuterium
gewählt. Das Entwicklungsergebnis war eine
komplexe, 62 Tonnen schwere Apparatur –
noch längst keine im Ganzen transportable
„Bombe“. Der Sprengsatz war 6,19 Meter
hoch und maß 2,03 Meter im Durchmesser.
Ort des Versuchs war die Insel Elugelab im
Eniwetok-Atoll im damaligen Treuhandgebiet
Pazifische Inseln, wo schon 1948 und 1951
amerikanische Nuklearwaffen getestet wor-
den waren. Die Insel – weniger als ein Qua-
dratkilometer groß – verschwand durch die
Wucht der Explosion vollständig. Nahezu alle
Pflanzen und Bäume auf den benachbarten
Inseln in mehr als 20 Kilometer Entfernung
waren durch die starke Hitze verbrannt.(gm)
im Streitkräfteamt der Aufgabe gestellt, als Teil
der „Reform von Grund auf“ am zügigen Aufbau
der neuen Streitkräftebasis mitzuwirken. Seine
letzte Station als stellvertretender Kommandeur
der Führungsakademie brachte ihn zurück in
die Ausbildung, wo er intensiv die Modernisie-
rung der Generalstabs-/Admiralstabsausbildung
mitgestaltete, die am 1. Oktober 2004 mit dem
Start des ersten Lehrgangs „Generalstabs-/Ad-
miralstabsdienst Streitkräfte“ verwirklicht wurde.
Zum Wesen des Vorgesetzten zog er aus eigenem
Erleben am Ende den „sicheren“ Schluss: „So sind
wir gute Vorgesetzte oder schlechte – einen Mit-
telweg gibt es nicht“.  (Klaus Olshausen)
Flugbetriebsstoffe
Eilhard Jantzen, Knut Meier: Flugbe-
triebsstoffe in der deutschen Luftfahrt
– Von den Anfängen bis zur Gegenwart;
Bernard & Graefe in der Mönch Verlags-
gesellschaft, Bad Neuenahr-Ahrweiler
2016; 468 Seiten, 49,00 €; ISBN 978-3-
7637-6131-9
Das vorliegende Buch ist
Band 36 der Reihe „Die
deutsche Luftfahrt“. Es
beschreibt in zehn chro-
nologisch angeordneten
Kapiteln die Entwicklung
der Betriebsstoffe (Flug-
kraftstoffe, Flugschmier-
stoffe, Hydraulikflüssig-
keiten) in Deutschland
in den ersten 125 Jahren
seit dem Beginn der
Luftfahrt. Dies erfolgt vor einer Beschreibung des
politischen, wirtschaftlichen und militärischen
Umfeldes, das die Entwicklung der Flugbetriebs-
stoffe beeinflusste. In den Kapiteln werden die Be-
triebsstoffe behandelt, es wird auf deren Art, Zu-
sammensetzung und Eigenschaften eingegangen.
Schwerpunkte bilden dabei die beiden Weltkriege
mit ihren Forderungen nach extremen Mengen
an Treibstoffen, die ein rohstoffarmes Land wie
Deutschland nur durch alternative Stoffe, weitge-
hend basierend auf Kohle, erfüllen konnte. Dazu
mussten die erforderlichen großtechnischen An-
lagen geschaffen werden. Die Autoren zeigen die
unterschiedliche Entwicklung in den beiden deut-
schen Staaten nach dem Krieg auf und behandeln
die Ölkrisen der 1970er Jahre. Ausführlich befasst
man sich auch mit der Logistik der Betriebsstoffe,
die beim Transport von Fässern auf Seglern begin-
nt und bei den heutigen Supertankern endet. In
dem Buch erfährt der Leser auch, dass die erste
Luftbetankung 1930 in Deutschland erfolgte. Auch
wenn der Titel des Buches auf ein recht schmales
Feld verweist, so bieten die Verfasser jedoch ein
breites Bild Technikgeschichte vor dem Hinter-
grund der sich wandelnden Welt.  (pp)
Europäische Sicherheit & Technik 87
 Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V.

Landesbereich V
Baden-Württemberg

(Foto: Staatsministerium Baden-Württemberg)

Landesbereich
Die Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP)
hat sich in den 65 Jahren seit ihrer Grün-
dung zu einem wirkungsvollen Instrument
sicherheitspolitischer Öffentlichkeitsarbeit
entwickelt. Sie rückt als Mediator zwischen
Politik und Gesellschaft Fragen der Außen-,
Sicherheits- und Verteidigungspolitik in das
Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger.
Daneben ist die GSP ein verlässlicher Part-
ner der Bundeswehr. Die besondere Be-
rücksichtigung der deutschen Streitkräfte
in der Informationsarbeit gehört zum sat-
zungsgemäßen Auftrag der Gesellschaft.
Vor diesem Hintergrund hat sich über die
Jahrzehnte eine vielfältige Zusammen-
arbeit von GSP und Bundeswehr entwi-
ckelt. Einerseits fördern Dienststellen der
Bundeswehr in der Informationsarbeit die
Aktivitäten der GSP im Rahmen ihrer Mög-
lichkeiten (Zentrale Dienstvorschrift A 600-
1), andererseits können die Aktivitäten der
GSP die Öffentlichkeitsarbeit der Bundes-
wehr organisatorisch, inhaltlich und finan-
ziell erheblich entlasten. In der Vergangen-
heit wurde davon auch im Landesbereich
V – Baden-Württemberg bestmöglicher
Gebrauch gemacht.
Zur Zusammenarbeit gehört auch die
Kontaktpflege, etwa durch Einladung der
Sektionsleiter der GSP zu truppeninternen
Veranstaltungen wie Übungen, Festver-
anstaltungen, Verabschiedungen, Großer
Zapfenstreich, Feierliche Gelöbnisse, etc.
Es sei daher gestattet, dass in diesem peri-
odischen Beitrag einmal zwei Veranstaltun-
gen der Bundeswehr in den Mittelpunkt
gerückt werden, die im Rahmen der Kon-
taktpflege unter Beteiligung von GSP-Re-
präsentanten stattfanden.
Zehn Jahre Landeskommando
Baden-Württemberg
Das zehnjährige Bestehen des Landeskom-
mandos Baden-Württemberg (LKdo BW)
würdigten Vertreter der Behörden des Bun-
des und des Landes, der Wirtschaft, der
Industrie, des Konsularischen Korps, der
Bundeswehr, der befreundeten Streitkräfte,
der Kirchen, der Schulen, der Universitäten
sowie der Hilfsorganisationen und Verbän-
de am 13. Februar 2017 mit einem Festakt
in der Theodor-Heuss-Kaserne in Stuttgart.
Oberst Christian Walkling, Kommandeur des Landeskommandos
Baden-Württemberg
Der Staatssekretär im Ministerium für
Inneres, Digitalisierung und Migration,
Martin Jäger, gratulierte dem Komman-
deur, Oberst Christian Walkling, und den
Soldaten sowie den zivilen Mitarbeitern
des Landeskommandos zur erfolgreichen
Arbeit in den vergangenen zehn Jahren
und überbrachte in seinem Grußwort
den Dank der Landesregierung an die
Bundeswehr für die traditionell vertrau-
ensvolle, verlässliche und gute Zusam-
menarbeit.
In seinem Vortrag stellte der Komman-
deur LKdo BW mit der Geschichte, der
eingenommenen Struktur, den erfolg-
reich durchgeführten Aufträgen und
Truppenübungen die vielfältigen Auf-
gaben des Kommandos dar. Das Auf-
gabenspektrum umfasst u. a. auch die
Durchführung von sicherheitspolitischen
Informationsveranstaltungen.
Mit diesen Hochwertveranstaltungen
und einer zeitaktuellen Themenauswahl
wurden in den vergangenen zehn Jah-
ren über 5.500 Gäste erreicht. Dieses
Ergebnis ist für den Kommandeur sehr
erfreulich und für den Mitveranstalter
GSP Landsbereich V, der bei den Winter-
vorträgen Unterstützung leisten konnte,
eine unverzichtbare Grundlage bei Um-
setzung der GSP-Zielsetzungen.
Wir wünschen dem Landeskommando
Baden-Württemberg viel Erfolg bei allen
kommenden Aufgaben. Dem Komman-
deur, Oberst Christian Walkling, danken
wir für die nachhaltige Unterstützung
und freuen uns auf die Fortsetzung die-
ser erfolgreichen Zusammenarbeit.
Stauffenberg-Gedenkver-
anstaltung am 20. Juli 2017
in Ulm
Der Befehlshaber des Multinationalen
Kommandos Operative Führung, Gene-
ralleutnant Richard Roßmanith, begrüßte
die anwesenden Gäste in der Wilhelms-
burg-Kaserne in Ulm zum Gedenkappell
anlässlich des 20. Juli 1944 und dankte
für die Bereitschaft, sich zusammen mit
Soldaten der Bundeswehr derer zu erin-
nern, die nicht nur Befehl und Gehorsam
kannten, sondern im Widerstand gegen
ein verbrecherisches Regime ihrem Ge-
wissen den Vorrang gaben. Besonders
herzlich wurde GenMaj a.D. Berthold
Graf Schenk von Stauffenberg willkom-
men geheißen.
Es ist das dritte Mal, dass diese Gedenk-
veranstaltung in der Wilhelmsburg-Ka-

Seite Europäische Sicherheit & Technik · Monat

88 Europäische Sicherheit & Technik · September 2017

serne durchgeführt wird. Der mit der
Auflösung der 10. Panzerdivision in Sig-
maringen von General Schneiderhan ver-
folgte Gedanke, dem Gedenken an den
militärischen Widerstand im 3. Reich und
insbesondere an Oberst Graf Stauffen-
berg auch künftig in Schwaben und in
der Bundeswehr einen Platz zu erhalten,
ist nun wiederholt Realität geworden. Es
ist damit noch nicht von einer Tradition zu
sprechen, aber es wurde in Ulm ein Ort
und eine würdige Gelegenheit für dieses
Gedenken gefunden, welches sich offen-
sichtlich auf Dauer etablieren kann.
General Roßmanith: „Wir gedenken
heute des militärischen Widerstands von
Oberst Claus Schenk Graf von Stauffen-
berg gegen das nationalsozialistische Un-
recht und damit eines Offiziers der Wehr-
macht. Auch wenn es hier offensichtlich
ist, so wird damit auch klar, dass mit dem
Gedenken an den Widerstand wir die Er-
innerung an die Wehrmacht nicht tilgen
können. Das eine bedingt das andere.
Wir können aber daraus lernen.
Dabei sind es vor allem zwei Lehren, die
angesichts des heutigen Tages von be-
sonderer Bedeutung sind:
Erstens dass militärische Tüchtigkeit von
dem verbrecherischen Zusammenhang,
dem sie diente, zu unterscheiden ist und
zweitens einzusehen, dass diese Tüchtig-
keit nichts wert ist, wenn sie sich miss-
brauchen lässt. Generalmajor Henning
von Treskow, Generaloberst Erich Hoep-
ner und Oberst Graf Stauffenberg waren
sich dessen bewusst geworden. ‚Es ist
Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derje-
nige allerdings, der etwas zu tun wagt,
(Foto: Unbekannt, gemeinfrei)
zu fallen’ wie Dieter Bonhoeffer dies so
treffend zum Ausdruck gebracht hat.
Dieses Vorbild würde aber zu den Solda-
ten der Bundeswehr gar nicht sprechen,
wenn von der Wehrmacht geschwiegen
würde. Die Wehrmacht ist geradezu die
Projektionsfläche, auf der das Selbst-
verständnis der Bundeswehr entwickelt
wurde und vor der es auch heute noch
verstanden werden sollte. Es ist eine Fikti-
on, so zu tun, als wäre die Bundeswehr aus
dem Nichts entstanden und könnte allein
aus sich heraus eine Tradition begründen.
Eine Stunde Null gab es für die Bundes-
wehr so wenig wie für den Nachkriegs-
staat und die Nachkriegsgesellschaft. Aus
der Auseinandersetzung mit und letztlich
der aktiven und bewussten Vertreibung
der Gespenster der Vergangenheit, nicht
aus der Leugnung der unseligen Vergan-
genheit beziehen unser Staat und unsere
Gesellschaft bis heute Selbstbehauptungs-
willen und moralische Energie.
Und nicht anders kann es für die Bundes-
Claus Schenk Graf von Stauffen- wehr sein. Der Punkt, der letztlich Iden-
berg (1907-1944) tität begründet, ist Teil einer unteilbaren,
aber von tiefen Brüchen gekennzeichne-
muss sich bewusst sein, dass er wohl als ten Geschichte. Gerade deswegen muss
Verräter in die deutsche Geschichte ein- sie präsent bleiben. Vielleicht auch in
gehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, Form eines ausgestellten Wehrmachts-
dann wäre er ein Verräter vor dem eige- helms oder der Fotografie eines ehema-
nen Gewissen.’ So hat Oberst Graf Stauf- ligen Bundeskanzlers in Wehrmachtsuni-
fenberg dies zum Ausdruck gebracht. Wir form. Und dieser Zusammenhang gibt
gedenken seiner für diese Umkehr und der dem Gedenken an Oberst Graf Stauffen-
Hinwendung zum Widerstand. berg seine besondere Bedeutung.“
Sein Vorbild für die Bundeswehr besteht in Verfasser: Jochen Griesinger
der Mahnung, gottlose und sittenwidrige Landesvorsitzender V
Befehle zu verweigern und gegebenen- In eigener redaktioneller
falls dem entgleisten Staat ‚in die Speichen Verantwortung

Gesellschaft für Sicherheitspolitik e.V.

5 3 1 1 1 B o n n , W e n z e l g a s s e 4 2 , Te l . : ( 0 2 2 8 ) 6 5 2 5 5 6 . E - M a i l : g e s c h a e f t s s t e l l e @ g s p - S i p o . d e

Sicherheitspolitische Öffentlichkeitsarbeit für Jedermann Gliederung/Kontakt

Die GSP widmet sich als unabhängiger und überparteilicher Verein mit ihren rund Die GSP gliedert sich in 7 Landesbereiche und 2 selbstständige Sektionen,
100 Sektionen, unterstützt von über 6.000 Mitgliedern, der Vermittlung sicherheits- die direkt dem Vorstand unterstellt sind. Sie errreichen sie wie folgt:
politischen Verständnisses in der Bevölkerung.
Landesbereich Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und
Veranstaltungsangebot Hamburg (Tel.: 04331/696174)
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Landesbereich Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland (Tel.: 02255/4258)
Die GSP ist wegen ihrer besonders förderungswürdigen satzungsgemäßen Aufgaben
durch Freistellungsbescheid des Finanzamtes Bonn-Innenstadt Steuernummer Landesbereich Baden-Württemberg (Tel.: 0711/605555)
205/5764/0498, als gemeinnützig und spendenfähig anerkannt worden. Landesbereich Bayern (Tel.: 08239/7114)
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September 2017 · Europäische Sicherheit & Technik 89

Gast-Kommentar
Gefahr von innen, Gefahr von außen
Deutschland hat gewählt. Nun wird erst son-
diert, dann konkret verhandelt – bis ein Koa-
litionsvertrag steht, den noch Parteitage oder
Mitgliederentscheide absegnen müssen, bevor
er schlussendlich unterzeichnet wird. Die (ver-
mutlich) vier Jahre einer nächsten Bundesregie-
rung werden schwierige Jahre. Das gilt auch für
die Innere wie die Äußere Sicherheit dieses Lan-
des. Die Republik ist bedroht – im Fadenkreuz
des Terrors. In der Welt der Globalisierung sind
auch die Gefahren und Risiken global.
 Selten war die Sicherheit der freien, westli-
chen Welt über einen derart langen Zeitraum
so gefährdet wie seit dem Aufkommen des
islamistischen Terrorismus. Erst al-Qaida, dann
die Terrormilizen des sogenannten Islamischen
Staates, die in den Armutsquartieren zahlrei-
cher Länder ein nahezu unerschöpfliches Reser-
voir an Kämpfern finden. Je ungebildeter, umso
besser lassen sich die jungen Männer (und Frau-
en) fanatisieren und radikalisieren, die sich dem
IS anschließen oder in dessen Namen Attentate
verüben. In Paris, in Brüssel, in Nizza, in Berlin,
auch in der fränkischen Provinz von Ansbach.
 Damit ist man sehr nah bei den Menschen, bei
den Wählern, bei der Normalfamilie, die kaum
annehmen müssen, dass sich in ihre Kleinstadt
ein IS-infizierter Krieger verirren kann. Aber
doch: Er kann. Gerade in einem Ort wie Ans-
bach, wo ein Islamist im Sommer vergangenen
Jahres bei einem Sprengstoffanschlag auf ein
Musikfestival zwölf Menschen verletzte, wird
wie unter einem Brennglas deutlich, dass Innere
und Äußere Sicherheit nicht mehr zu trennen
sind, sondern zusammengehören. Allein der
Fall des Weihnachtsmarktattentäters Anis Amri
zeigte die Mängel und Fehler deutscher Sicher-
heitsbehörden schonungslos auf. Vorratsdaten-
speicherung, automatische Gesichtsfelderken-
nung, Abgleich von Sozialdaten, Unterbindung
von Doppel- und Dreifachidentitäten. All dieses
soll oder könnte künftig helfen, Attentate zu
verhindern, bevor sie verübt werden.  wo die Bundeswehr in Litauen eine multinatio-
 Und schon stritten die Parteien im abgelaufe-
nen Bundestagswahlkampf über den Einsatz
der Bundeswehr im Inneren. Die Union könnte
sich eine solche Weiterung des Einsatzspek-
trums deutscher Streitkräfte gut vorstellen,
wenn die Länder bei einer extremen Sicher-
heitslage im Zuge von Amtshilfe anfragen,
weil sie es mit den eigenen Kräften nicht mehr
schaffen. Objektschutz, Abriegelung von Ver-
kehrsknotenpunkten, Einsatz von ABC-Kräften,
solche Sachen. SPD, Linke und Grüne sehen
darin ein Einfallstor, den Auftrag der Bundes-
wehr weiter zu dehnen. Tatsächlich haben die
Väter des Grundgesetzes mit den Erfahrungen
aus der Weimarer Republik und der Zeit von
Nazi-Deutschland die Kompetenzen für Innere
90 Europäische Sicherheit & Technik · September 2017
und Äußere Sicherheit bewusst getrennt. Und
dabei sollte es auch bleiben. Die Polizei sorgt
für die Sicherheit im Inneren, die Bundeswehr
bleibt im Kern zuständig für die Verteidigung
der nationalen Grenzen und des Bündnisgebie-
tes der NATO.
 Dabei ist heute schon absehbar, dass die inter-
nationalen Aufträge und weltweiten Einsätze
der Bundeswehr zunehmen und nicht abneh-
men werden. In der Welt der globalisierten
Gefahren und Risiken bleibt die Verteidigungs-
allianz der Nato die Restrisikoversicherung des
Westens gegen Bedrohungen und mögliche
Angriffe von außen. Am Beispiel des Baltikums
lässt sich mühelos herleiten, dass vor allem
der Beistandspakt der NATO die Menschen in
Estland, Lettland und Litauen ruhiger schlafen
lässt. Vor den territorialen Ambitionen des
übermächtigen Nachbarn Russland ist in der
Region niemand wirklich sicher, wie der Land-
raub der zur Ukraine gehörenden Halbinsel
Krim gezeigt hat. Seither hält Russland im Os-
ten der Ukraine einen hybriden, also offiziell nie
erklärten Krieg, am Laufen. Im September gar
feierte Moskau an der Grenze zum Baltikum
ein Großmanöver mit bis zu 100 000 russischen
und weißrussischen Soldaten mit dem vielsa-
genden Titel „Sapad 2017“ (deutsch: Westen).
Westlich von Russland und Weißrussland liegt
das Baltikum. Der russische Präsident Wladimir
Putin ist zwar kein Hasardeur, sondern ein
ebenso rationaler wie kalter Machtpolitiker, der
sich als einstiger KGB-Agent auch auf die Kunst
der Destabilisierung versteht. Aber man könnte
an einer Landzunge des Baltikums doch einmal
zündeln, wenn die Gemengelage günstig ist.
Nicht ohne Grund hatte Verteidigungsministerin
Ursula von der Leyen vor dem NATO-Gipfel von
Wales 2014 gesagt: „Wenn der Westen das Bal-
tikum im Stich lässt, ist die NATO tot.“ Deutsche
Streitkräfte sind Teil der in der NATO verabre-
deten Verstärkung an der Ostflanke der Allianz,
nale Kampftruppe führt. Die NATO ist nicht tot.
Sie lebt trotz aller Gefahren und Unsicherheiten,
auch wenn ihr Einsatz in Afghanistan auch nach
bald 17 Jahren dem Land keine umfassende
und andauernde Sicherheit gebracht hat.
 Gefahren von innen, Gefahren von außen. Die
Welt des 21. Jahrhunderts bleibt eine Welt im
Umbruch. Jede Bundesregierung muss sich da-
zu für die Sicherheit nach innen wie nach außen
optimal aufstellen und Streitkräfte wie Polizei
dafür ausrüsten. Das ist Herausforderung genug
für eine nächste Bundesregierung, unabhängig
davon, was die politische Mengenlehre nach
Koalitionsverhandlungen ergeben wird.             
Holger Möhle ist Berliner Korrespondent
des Bonner General-Anzeigers.
 31. Sicherheitspolitische
und Wehrtechnische Tagung
am 7./8. Dezember 2017 in Bonn

Donnerstag, 7. Dezember 2017

12.00 Begrüßung

12.15 Armament programmes of OCCAR, current portfolio (Vortrag in Englisch)

Director OCCAR-EA Arturo Alfonso Meirino, Organisation Conjointe de Coopération en Matière d’Armement

13.15 Das BAAINBw in neuer Struktur – Aufgabenschwerpunkte 2018 und Umsetzung Trendwende Material
Vizepräsident Armin Schmidt-Franke, Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik
und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw)

14.15 Aktuelle Herausforderungen des Organisationsbereiches IUD

Ministerialdirektorin Alice Greyer-Wieninger, BMVg, Abteilungsleiterin Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen

15.45 IT-Sicherheit für Deutschland – die Rolle des BMI, rechtliche Grundlagen,
Koordination der Akteure und Perspektiven
Ministerialdirektor Peter Batt, Bundesministerium des Innern, Abteilungsleiter IT

16.45 Aktuelle und mittelfristige planerische Herausforderungen

Generalleutnant Erhard Bühler, BMVg, Abteilungsleiter Planung

18.00 Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Europäischen Union –

Bestandsaufnahme und Perspektiven
Stellvertretender Direktor Dr. Christian Mölling, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP)

Freitag, 8. Dezember 2017

9.00 Die Bundeswehr im Cyber- und Informationsraum – Strukturen, Fähigkeiten, Perspektiven

Brigadegeneral Dr. Michael Färber, BMVg, Abteilung CIT, Unterabteilungsleiter CIT I

10.30 Die Streitkräftebasis – entscheidender Akteur in Heimatschutz und Bündnisverteidigung

Generalleutnant Martin Schelleis, Kommando Streitkräftebasis, Inspekteur der Streitkräftebasis

11.30 Aktuelle Herausforderungen und Handlungsfelder der NATO

Generalleutnant Hans-Werner Wiermann, Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO und der EU

12.30 Aufgaben und Herausforderungen des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

vor dem Hintergrund der Trendwenden Personal und Material
Generalstabsarzt Dr. Stephan Schoeps, Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr,
Stellvertreter des Inspekteurs des Sanitätsdienstes der Bundeswehr

13.30 Tagungsende

TAGUNGSORT Hilton Bonn · Berliner Freiheit 2 · 53111 Bonn · Tel.: 0228 / 72 69-0 · Fax: 0228 / 72 69-710
Email: info.bonn@hilton.com · Internet: www.hilton.de/bonn

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