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Wehrwissenschaftliche Forschung

Jahresbericht 2017

2017 – Jahresbericht Wehrwissenschaftliche Forschung


Wehrwissenschaftliche Forschung für deutsche Streitkräfte

Bundesministerium der Verteidigung


Wehrwissenschaftliche Forschung
Jahresbericht 2017
Wehrwissenschaftliche Forschung für deutsche Streitkräfte
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Vorwort 6 7

Ministerialdirigent Ralf Schnurr

Unterabteilungsleiter A II und Forschungsbeauftragter


Bundesministerium der Verteidigung

Wehrwissenschaftliche Forschung für die Streitkräfte

Mit den Trendwenden Personal, Material und Für beides, weltweite Einsätze und Verteidigung Mit den daraus resultierenden Anforderungen
Finanzen wird die Bundeswehr für neue Heraus- auf dem europäischen Kontinent, benötigt die wird kontinuierlich auch die strategische Aus-
forderungen aufgestellt. Die Modernisierung und Bundeswehr – ob in der Luft, auf dem Land, im richtung der wehrwissenschaftlichen Forschung
Beschaffung von Rüstungsgütern ist ein Schwer- Wasser oder im Cyberraum – die sachgerechte und Technologie überprüft und angepasst.
punkt des Verteidigungsministeriums. Zugleich Ausrüstung, um ihren Auftrag erfolgreich zu
steht das Thema Landes- und Bündnisverteidi- erfüllen und dabei das Leben ihrer Soldatinnen Mit dieser Ausgabe stellen die Forschungsbereiche
gung – auch mit Blick auf sich schnell ändernde und Soldaten zu schützen. des Bundesministeriums der Verteidigung ausge-
Einsatzbedingungen – verstärkt im Fokus. wählte Beiträge aus den Bereichen
Angesichts der begrenzten Vorhersehbarkeit – der Wehrtechnischen Forschung,
künftiger Herausforderungen muss die Bundes- – der Wehrmedizinischen und Wehrpsycholo-
wehr auch zukünftig über ein breites Spektrum gischen Forschung,
an Fähigkeiten verfügen, um die Aufgaben der – der Militärgeschichtlichen und Sozialwissen-
Landes- und Bündnisverteidigung sowie Inter- schaftlichen Forschung,
nationale Konfliktverhütung und Krisenbewälti- – der Geowissenschaftlichen Forschung und
gung angemessen wahrnehmen zu können. – der Cyber / Informationstechnischen
Forschung vor.

Ralf Schnurr
Inhalt 8 9

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Vorwort 06 Wehrwissenschaftliche Forschung für deutsche Streitkräfte 52 Fähigkeitsentwicklung und Streitkräfteplanung im Kontext
multinationaler Zusammenarbeit
54 Weiterentwicklung der anforderungsbezogenen Förderung der körperlichen
Teil 1 13 Wehrtechnische Forschung Leistungsfähigkeit (KLF) von Soldatinnen und Soldaten im Heer
56 Nutzung von Stahlfaserbeton im Einsatz
14 Analysen zur Sicherheit bei der Laseranwendung 58 Sichere Satellitenkommunikation für die Bundeswehr
16 DVB-S2 basierte Passiv-Radar-Abbildung 60 Softwaregestützte Brückenklassifizierung und Modernisierung der Vorgaben
18 Millimeterwellen Radar für den abstandsaktiven Schutz für Behelfsbrücken der Bundeswehr
20 Virtual Reality und Augmented Reality in der Bundeswehr – 62 Numerische Simulationen von Gasentladungen in Überschallströmungen
Einsatz mit dem Soldaten im Mittelpunkt 64 Detaillierte Strömungsuntersuchungen in einem modernen Triebwerks-
22 KI-Forschung im Sicherheitskontext einlaufsystem
24 Einsatzmöglichkeiten des Cognitive Computing für die Technologiefrühaufklärung 66 Alternative Neutronendetektion zum Schutz von Einsatzpersonal
26 Forschungsstudie: „UAS-Wechselwirkungsuntersuchungen CW und LPM“ 68 Hyperspektrale IR-Spektroskopie zur Realisierung eines abstandsfähigen
28 Flexible elektronische Gegenmaßnahmen und Jammer-Fähigkeiten Raumschutzes
30 Modellierung, Simulation und Charakterisierung des Abbrandverhaltens 70 Wirkung improvisierter Brandbeschleuniger auf Kohlenstofffaser-
komplex geformter Treibladungspulver verstärkte Kunststoffe (CFK)
32 Counter-UAS: Bildbasierte UAV-Entdeckung und -Erkennung 72 Telemonitoring mittels Smart Textiles im Bereich des ABC-Schutzes –
34 Unterstützung von Joint ISR durch Coalition Shared Data mobPhysioLab®
36 Rotortechnologien für den militärischen Einsatz 74 Pilotprojekt zur dezentralen additiven Fertigung von Ersatzteilen
38 Anforderungsanalyse bei Operateuren unbemannter Luftfahrzeugsysteme 76 Erweitertes Szenenverstehen durch Nutzung hyperspektraler Kameradaten
40 Einsatz flugdynamischer Simulationen in der Analyse von Flugkörperbedrohungen 78 Verbesserung der Leistungsfähigkeit durch optimierte Arbeitsplatzgestaltung
42 STAR-C: Das transportable Laser Ranging System des DLR zur Orbitvermessung 80 Mode N – Ein terrestrisches Navigationssystem zur Modernisierung
von Weltraumschrott der konventionellen Flug-Funknavigation
44 Eurofighter Airbrake – eine Demonstration faserverbundgerechter Bauweisen 82 Kooperierende Identifizierung unter Wasser mittels IFS
46 Entwicklung von Metamaterial-Antennen für Projektilanwendungen 84 Bispektrale Detektoren für den nahen und mittleren Infrarotbereich
48 Automatische Detektion von Meeressäugern in akustischen und optischen (SWIR/MWIR)
Aufnahmen 86 Voraussage der ballistischen Stabilität von Treibladungspulvern mit
50 Biodosimetrie für elektromagnetische Felder Hilfe der Infrarot-Spektroskopie
Inhalt 10 11

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Teil 2 89 Wehrmedizinische und Wehrpsychologische Forschung Teil 4 113 Geowissenschaftliche Forschung

90 Der Nachweis des Rizins 114 Vorhersage von Vogelkonzentrationen im Luftraum – Erhöhung der
92 Hautdetektor für Nervenkampfstoffe und Pestizide Flugsicherheit während Auslandseinsätzen der Bundeswehr
94 Körperliche Anforderungen im Rahmen der Schießausbildung – Entwicklung 116 Entwicklung eines Verfahrens zur Berechnung der Infrarot-Transmission
einer Messmethode zur Erfassung der Fingerkraft 118 Geländebefahrbarkeit unter Berücksichtigung der Bodenfeuchte
96 Genetische Biomarker für Strahlenexposition in Schilddrüsenkarzinomen einer
ukrainischen post-Tschernobyl Patientenkohorte
98 Hirnstrukturelle und physiologische Veränderungen im Rahmen psychischer Teil 5 121 Forschung Cyber / Informationstechnik
Traumatisierungen
100 Muskuläre Beanspruchung der Hals-, Nacken- und Schultermuskulatur 122 Hochautonome Systeme und gläserne Gefechtsfelder
durch Beschleunigungskräfte und ihre Beeinflussung durch ein spezifisches 124 Rapid Prototyping für Software Defined Radio Technologien
Trainingsprogramm – Untersuchungen in der Humanzentrifuge
102 Möglicher Einsatz von Flavonolen zur Reduktion des oxidativen Stresses
bei Hyperoxie-exponierten Soldaten und Patienten? Teil 6 127 Anhang
104 Optimierung taktischer Atemtechniken für die Bewältigung psychischer
Einsatzbelastungen 128 Adressen und Kontakte
134 Impressum

Teil 3 107 Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaftliche Forschung

108 Der Sanitätsdienst schreibt Geschichte


110 Einstellungen der Deutschen zur Bündnisverteidigung – ausgewählte Ergebnisse
der ZMSBw-Bevölkerungsbefragung 2017
13

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Wehrtechnische Forschung

Wehrtechnische Forschung und Technologie (F&T) steht am Die Durchführung Wehrtechnischer F&T in Deutschland
Startpunkt einer Wertschöpfungskette, an deren Ende zeit- erfolgt
und auftragsgerecht die erforderliche Ausrüstung für die – in bundeswehreigenen Wehrwissenschaftlichen und
Bundeswehr zur Verfügung stehen soll. Wehrtechnischen Dienststellen,
– im Rahmen einer anteiligen Grundfinanzierung bei der
Das erforderliche breite Fähigkeitsspektrum der Bundeswehr Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten
bedingt eine intensive Beobachtung und Erschließung aller Forschung e. V. (FhG) und dem Deutschen Zentrum für
für wehrtechnische Anwendungen relevanten natur- und Luft- und Raumfahrt e. V. (DLR) sowie dem Deutsch-
ingenieurwissenschaftlichen Felder. Französischen Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL)
und
Wehrtechnische F&T-Aktivitäten stellen die für Ausrüstungs- – im Rahmen einer projektfinanzierten Forschung durch
entscheidungen erforderliche Analyse- und Bewertungsfähig- die Vergabe von F&T-Aufträgen und Zuwendungen an
keit bereit, d. h. sie greifen Erkenntnisse der zivilen Forschung Dritte, d. h. an Industrie und Wirtschaft, Universitäten
auf, analysieren technologische Entwicklungen hinsichtlich und Hochschulen und außeruniversitäre Forschungs-
ihrer zukünftigen militärischen Verwendbarkeit bzw. ihres Be- einrichtungen.
drohungspotenzials, identifizieren strategische Interessenfelder
für die Weiterentwicklung der Fähigkeiten der Bundeswehr In den nachfolgenden Artikeln werden Beispiele von
und treiben relevante Zukunftstechnologien zeitgerecht bis wehrtechnischen F&T-Aktivitäten des Jahres 2017 aus
zur Produktnähe voran. Eine eigene technologische Souverä- diesen drei Durchführungsebenen dargestellt.
nität ist auf dem Gebiet nationaler verteidungsindustrieller
Schlüsseltechnologien zu erhalten und auszubauen.
Forschungsaktivitäten 2017 14 15

Dr. Jens Osterholz M. Sc. Wolfgang Niklas Dr.-Ing. Alexander Stolz Dr. Matthias Wickert
Fraunhofer-Institut für Kurzzeit­dynamik, Fraunhofer-Institut für Kurzzeit­dynamik, Fraunhofer-Institut für Kurzzeit­dynamik, Fraunhofer-Institut für Kurzzeit­dynamik,
Ernst-Mach-Institut, EMI Ernst-Mach-Institut, EMI Ernst-Mach-Institut, EMI Ernst-Mach-Institut, EMI
Freiburg Freiburg Freiburg Freiburg

info@emi.fraunhofer.de info@emi.fraunhofer.de info@emi.fraunhofer.de info@emi.fraunhofer.de

Analysen zur Sicherheit bei der Laseranwendung denen UAVs von Terrormilizen auch eingesetzt wurden, um Einfluss von lokalen Dichteschwankungen in der Atmosphäre
Sprengsätze durch die Luft zu verbringen. betrachtet werden. Für die Berücksichtigung derartiger
Einflussgrößen erfolgt ein enger Austausch innerhalb von
Für eine mögliche Nutzung eines Lasereffektors in derartigen Arbeitsgruppen mit Forschungsinstituten, die entsprechende
Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach- Laser hoher Leistung erlauben die Einwirkung mit einem Einsatzszenarien ist es notwendig, genau zu analysieren, welche Vorgänge bei der Propagation der Laserstrahlausbreitung in
Institut, EMI führt Analysen zur Sicherheit für Anwendungen starken lokalen thermischen Energieeintrag, wie es in der indus- Phänomene für eine sichere Anwendung berücksichtigt werden der Atmosphäre erforschen.
durch, bei denen die Einwirkung mit einem intensiven triellen Materialbearbeitung beispielsweise bei laserbasiertem müssen und wie sie quantitativ für eine Risikobewertung zu
Laserstrahl auf Abstand erfolgt. Fraunhofer nutzt seine Trennen oder Schweißen genutzt wird. Darüber hinaus erlauben beschreiben sind. Hierfür entwickelt Fraunhofer EMI für die Nach der Erstellung des Softwaretools kann dieses ähnlich
Möglichkeiten, die Laserwirkung auch für hohe Leistungen es die Eigenschaften der Laserstrahlung aber auch die Energie Bundeswehr ein Sicherheitsanalysetool, mit dem Gefährdungs- wie frühere Software-Lösungen des Fraunhofer EMI für
unter Laborbedingungen untersuchen zu können sowie sehr gut gerichtet über große Entfernungen mit hoher Präzision bereiche bei der Laseranwendung identifiziert und entsprechen- risikobasierte Szenaranalysen der Bundeswehr zur Verfügung
seine Expertise zur Konzeption risikobasierter Analysen auf ein Objekt übertragen zu können. de Schutzmaßnahmen vorbereitet werden können. gestellt werden.
und deren Überführung in Softwaretools.
Elektrisch betriebene Festkörperlaser werden beispielsweise Wesentliche Voraussetzung für die sichere Identifizierung
bereits seit einigen Jahren von Streitkräften anderer Staaten der relevanten Gefährdungsbereiche ist ein detailliertes Ver-
eingesetzt, um Sprengfallen auf Abstand zu neutralisieren. ständnis der zeitlichen Abläufe bei der Laserwirkung und
Die Anwendung des Lasers bietet dort den Vorteil, dass die resultierender Reflexionsphänomene. Dazu werden am EMI
Entschärfung aus einer sicheren Entfernung durchgeführt die Erkenntnisse aus Laborversuchen und Computersimu-
werden kann, ohne dass sich Soldaten in die unmittelbare lationen zunächst in Engineering-Modelle überführt und
Nähe der Explosivstoffladung begeben müssen. anschließend in dem Sicherheits-Analysetool implementiert.

Bei den nationalen Untersuchungen zu dem Potential von Neben den Effekten wie Reflexion und Streuung beim Auf-
Lasereffektoren, zu deren wehrtechnischer Realisierung bereits treffen des Laserstrahls an der Oberfläche des Materials müssen
bei verschiedenen Firmen Arbeiten erfolgen, wird insbesondere die physikalischen Effekte bei der Propagation des Laserstrahls
auch die Abwehr von Drohnen (UAVs) in militärischen Szena- durch die Atmosphäre berücksichtigt werden. Hierzu muss
rien betrachtet. Hier wurde bereits von Fällen berichtet, bei neben der Streuung und Absorption gegebenenfalls auch der

Abbildungen: Laborversuche, Computersimulationen und Applikationsmodelle zur Laser-Material-Wechselwirkung am Fraunhofer Ernst-Mach-Institut


Forschungsaktivitäten 2017 16 17

Dr. Diego Cristallini Iole Pisciottano schwieriger als bei herkömmlichen Sendern. Ein entscheiden- DVB-S2-Signale gleichzeitig in horizontaler und vertikaler
Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR
Wachtberg Wachtberg der Nachteil von DVB-S2 gestützten Passiv-Radaren ist jedoch Polarisation sowie in beiden Bändern, Low- und High-Band,
info@fhr.fraunhofer.de info@fhr.fraunhofer.de die sehr niedrige spektrale Leistungsdichte am Empfänger, zu demodulieren. Dies ermöglicht einen vollpolarimetrischen
welche u. a. den Einsatz von Antennen mit hohem Gewinn Betrieb des Systems.
sowie eine lange Integrationszeit in der Signalverarbeitung
erforderlich machen. Für die passive Zielabbildung stellt die Im Rahmen des von der EDA (Kat. B) geförderten Projektes
lange Integrationszeit jedoch keinen wesentlichen Nachteil MAPIS (Multichannel passive ISAR imaging for military appli-
DVB-S2 basierte Passiv-Radar-Abbildung dar, da diese für ISAR-Verfahren ohnehin erforderlich ist, um cations) wurden 2017 Feldversuche mit SABBIA durchgeführt.
eine hohe Auflösung in der Cross-Range zu erreichen. Während der Versuche wurde das Militärschiff Porpora (Abb. 2)
vermessen und als ISAR-Image abgebildet (siehe Abb. 3). Die
Das Fraunhofer FHR hat das Experimentalsystem SABBIA ent- gegebene bistatische Geometrie und die Ausrichtung des Schif-
Die Identifizierung von nicht kooperativen Zielen mit mili- In der Verteidigungstechnologie gewinnen passive Radarsys- wickelt, um die passive Radarabbildung für nicht kooperative fes ermöglichten die Abbildung des Ziels aus der sogenannten
tärischer Relevanz erfordert zunehmend eine zuverlässige teme zunehmend an Bedeutung. Neben den konventionellen Flugziele sowie maritime Ziele zu ermöglichen. Hierzu werden Top-View (Vogelperspektive). Das Schiff befindet sich hier in
sowie hoch aufgelöste Abbildung dieser Ziele. Der passive Aufklärungssystemen der Luftfahrt wurden in den vergange- die von geostationären Satelliten ausgesendeten DVB-S2- einer einzigen Entfernungszelle, da aufgrund der geringen
Radarbetrieb gewährleistet dabei eine unauffällige Überwa- nen Jahren einige neue Verfahren zur Aufklärung entwickelt. Signale, wie z. B. die des Satelliten ASTRA 19.2°E, verarbeitet. Signalbandbreite keine höhere Entfernungsauflösung erzielt
chung. Das am Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik Dazu zählen unter anderem auch die passiven bildgebenden Der Aufbau von SABBIA basiert auf zwei baugleichen Emp- werden konnte. Jedoch kann die sogenannte Cross-Range-
und Radartechnik FHR entwickelte System SABBIA nutzt die Radarverfahren wie SAR und ISAR, die einen hohen Stellen- fangseinheiten, wie in Abb. 1 zu sehen ist. Es handelt sich hierbei Richtung (in Abb. 3 als Doppler-Achse dargestellt) gut abge-
von Satelliten gesendeten Signale (DVB-S2) zur Abbildung wert besitzen. Die instantane Bandbreite solcher Radare wird um die sogenannte Referenzeinheit, die zur Akquirierung des bildet werden. Hieraus kann die Größe des Ziels abgeleitet
nicht kooperativer Ziele. Dabei erzielt SABBIA eine Auflösung in der Regel von der Rundfunkstation bzw. von der Wellen- direkten Satellitensignals dient, und die Trackingeinheit, die werden. Diese Information ist für die Detektion und Klassifi-
von unter 2 m und ermöglicht zudem den Betrieb mit unter- länge der Sender abhängig. Sender im VHF- und UKW-Bereich zur Rezeption des Zielechos verwendet wird. Beide Empfangs- zierung des Ziels von essenzieller Bedeutung.
schiedlichen orthogonalen Polarisationen. schränken die Bandbreite des Systems stark ein. signale werden nach der Analog-Digital-Wandlung mit Hilfe
von High-Speed-Datenrekordern aufgezeichnet.
Im Gegensatz dazu ermöglichen digitale Fernsehsatelliten
(DVB-S2), die im Ku-Band betrieben werden, die Verwendung Die Empfangseinheit besteht aus einer 85 cm Offset-Antenne,
einer höheren Bandbreite. Hierdurch können Entfernungs- einem am FHR eigens entwickelten Antennenhorn sowie einem
auflösungen von wenigen Metern erzielt werden, welche eine speziellen Quattro-LNB. Dieser weist eine geringe Rauschzahl
wichtige Voraussetzung für bildgebende Verfahren darstellen. auf und besitzt zudem einen internen Low-Phase-Noise-Oszil-
Darüber hinaus bietet die Verwendung von DVB-S2 für mili- lator sowie einen externen 10 MHz Referenzeingang.
tärische Anwendungen zwei wesentliche Vorteile. Zum einen
besitzen DVB-S2-Signale eine hohe Ausleuchtung und stehen Beide Empfangseinheiten sind mit einer GPS-IMU (Inertial
somit länderübergreifend zur Verfügung. Zudem gestaltet sich Measurement Unit) ausgestattet, um präzise Lage- und Aus-
eine Abschaltung der Satelliten im Fall eines Krieges weitaus richtungsinformationen zu erhalten. Der LNB ist in der Lage

Abb. 1: Das SABBIA-System im Einsatz Abb. 2: Das Militärschiff Porpora Abb. 3: DVB-S2-basiertes ISAR-Bild von Porpora [dB]
Forschungsaktivitäten 2017 18 19

Dr. Michael Caris Volker Port Im Rahmen des Forschungsvorhabens DUSIM (Dual Use 2016 und 2017 wurden zusätzliche Versuche in der Zentrifugen-
Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHR
Wachtberg Wachtberg Sensorik im mittleren Entfernungsbereich) wurde ein vier- anlage der WTD 91 in Meppen durchgeführt. Hier wurden ver-
info@fhr.fraunhofer.de info@fhr.fraunhofer.de kanaliges Radarsystem für den abstandsaktiven Schutz im schiedene Bedrohungen reproduzierbar auf einer Kreisbahn
Überwachungsbereich zwischen 8 m und 250 m entwickelt. bewegt, von der ein Teilabschnitt tangential durch das Radar
Es arbeitet bei einer Frequenz von 94 GHz und emittiert eine beleuchtet wurde. Ohne aufwendige Schussversuche können
geringe Leistung von 100 mW, welche den Sensor für nicht auf diese Weise wiederholt die unterschiedlichen Radarsigna-
kooperative Truppen schwer entdeckbar macht und zudem turen der Geschosse sehr kostengünstig und mit geringem
Millimeterwellen Radar für den abstandsaktiven Schutz auch im Nahbereich (≥ 2 m) ungefährlich für Personen ist. Zeitaufwand untersucht werden. Die Vielzahl der Messdaten
erlaubt darüber hinaus statistische Aussagen über die betrach-
Das frequenzmodulierte Dauerstrich-Signal (FMCW) mit einer teten Objekte. Die Abbildung 4 zeigt einen Ausschnitt aus
Bandbreite von 1 GHz sorgt für eine hohe Abstandsauflösung einer typischen Zentrifugenmessung.
Das Fraunhofer Institut für Hochfrequenzphysik und Panzerabwehrhandwaffen sind heute auf dem Weltmarkt von 15 cm. Herzstück des DUSIM-Radarfrontends ist die hoch-
Radartechnik (FHR) befasst sich mit grundlegender und in großer Zahl verfügbar. Die hohe Durchschlagkraft dieser stabile Signalaufbereitung, die eine lineare Frequenzrampe im Die erfolgreichen Messungen zeigen, dass das DUSIM-Radar
anwendungsorientierter Forschung auf dem Gebiet der Munition in Kombination mit einer nahezu hemisphärischen Bereich um 15,7 GHz erzeugt, die im Anschluss versechsfacht zum Einsatz in einem abstandsaktiven Schutzsystem geeignet
elektromagnetischen Sensorik. Es werden Konzepte, Bedrohungslage führen dazu, dass ein angemessener Schutz, und verstärkt wird. Mit dem vierkanaligen Empfangssystem ist. Im Bereich der Signalverarbeitung, z. B. Lokalisation und
Verfahren und Systeme, insbesondere im Radarbereich, insbesondere für leichte Fahrzeuge, mit herkömmlichen bal- ist der Sensor in der Lage, eine präzise Ortsablage des heran- Klassifikation der Objekte, ist Verbesserungspotenzial vorhan-
entwickelt. Der hier beschriebene Radarsensor DUSIM listischen Schutztechnologien kaum realisierbar ist. Vielmehr nahenden Geschosses zu liefern; dafür wird das Monopuls- den. Durch eine Steigerung der Ausgangsleistung (auf derzeit
ist zur Einbindung in ein abstandsaktives Schutzsystem werden aktive Schutzsysteme benötigt, die ein anfliegendes verfahren eingesetzt. Mit Hilfe des Dopplereffektes können realistische 1 W) könnte außerdem der Abdeckungsbereich
vorgesehen. Geschoss rechtzeitig erkennen und vor dem Eintreten der ferner Geschwindigkeit und Flugrichtung der Bedrohung er- des Radars noch erhöht werden.
regulären Wirkung bekämpfen. Die Leistungsfähigkeit eines mittelt werden. Die unmittelbare Erstellung eines Flug-Tracks
solchen Systems hängt von mehreren Faktoren ab: Zuver- nach erfolgreicher Detektion ist die wesentliche Grundlage
lässigkeit der Detektion, Güte der Klassifikation und der 3D- für eine gezielte und zeitlich exakte Gegenmaßnahme. Eine
Ortung, Verarbeitungszeit der Messdaten sowie Einleitung möglichst eindeutige Klassifikation sorgt dabei für eine geringe
einer geeigneten Gegenmaßnahme. Eine Schlüsselrolle kommt Falschalarmrate. Das in der Abbildung 1 dargestellte Frontend
dabei dem Sensor zu, der die anfliegende Bedrohung detek- hat eine Größe von 200 x 180 x 230 mm³ und eine Masse von
tiert, Rückschlüsse auf deren Beschaffenheit zu lässt und ca. 3 kg.
Daten liefert, die eine hochgenaue Bestimmung der Flugpara-
meter erlauben, welche dann der Feuerleitung in Echtzeit zur Das System wurde in mehreren Messkampagnen unter reali-
Verfügung gestellt werden. Aufgrund der Allwettertauglichkeit tätsnahen Bedingungen erfolgreich getestet. Dabei wurden
und der Möglichkeit Staub- und Sandwolken zu durchdringen sowohl Versuche mit kleinkalibrigen Geschossen als auch mit
bietet die Radartechnologie gegenüber anderen Sensoren panzerbrechender Munition durchgeführt. Die Ergebnisse
(z. B. elektrooptisch oder infrarot) einige Vorteile. sind beispielhaft in den Abbildungen 2 und 3 zusehen.

Abb. 1: DUSIM – Vierkanaliges Radar-Frontend mit einer Abb. 2: Geschossbahn eines kleinkalibrigen Projektils Abb. 3: Ausschnitt der Geschossbahn einer RPG. Abb. 4: Trajektorie eines Flugkörpers in der Zentrifugenanlage
Ausgangsleistung von 100 mW bei 94 GHz (MG3 7,62 x 51 mm) Raketenbug und -heck (finne) sind unterscheidbar auf der WTD 91 in Meppen. Es sind zwei Streuzentren auf dem
Zielobjekt sowie weitere Streuzentren mit geringerer Geschwin-
digkeit von der Zentrifuge selbst zu erkennen
Forschungsaktivitäten 2017 20 21

Dr. Thomas Alexander ihn stärker in das Geschehen ein als die traditionelle Simulation. dungen bieten sich VR/AR-Systeme als Ergänzung bestehender
Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation,
Informations­verarbeitung und Ergonomie FKIE Im Falle der Augmented Realty (AR) wird die Realität durch Systeme an, um die Gesamtleistungsfähigkeit zu steigern.
Wachtberg
konsistent eingefügte, virtuelle Elemente ergänzt. Beide Ver-
kontakt@fkie.fraunhofer.de
fahren erlauben es, Erfahrungen in einer vollständigen Hand- In Ausbildung und Training können VR-Systeme beispiels-
lung wie in der Realität zu sammeln und so eine sichere und weise zur Vorbereitung von Live-Übungen eingesetzt werden.
zuverlässige Handlungsweise zu erlernen. Dabei werden vorab Übungsinhalte in den Einheiten vermittelt,
um in der Folge eine effizientere Ausnutzung der Live-Übung
Virtual Reality und Augmented Reality in der Bundeswehr – Einsatz mit Waren hierzu im letzten Jahrzehnt noch komplexe mono- zu ermöglichen. Dies wird ergänzt durch Feedback-Funktionen
dem Soldaten im Mittelpunkt lithische Systeme erforderlich, kann dies heute mit relativ für eine erweiterte Übungsnachbereitung.
geringem Aufwand realisiert werden. Besonders die Entwick-
lung im Entertainmentbereich hat dazu geführt, dass ent- AR-Systeme können darüber hinaus z. B. zur Leistungsstei-
Verfahren der Virtual und Augmented Reality (VR/AR) er- Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) beschreiben sprechende Displays heute breit verfügbar sind. gerung des Soldaten durch eine Aufmerksamkeitslenkung
möglichen eine realistische Darstellung synthetischer Szenen. heute breit verfügbare Technologien zur besonders realistischen eingesetzt werden: Positionen eigener und weiterer Kräfte,
Sie sind aktuell verfügbar und leistungsfähig. Trotz ihres Darstellung und natürlich Interaktion mit computergene- Für eine sinnvolle Anwendung von VR in der Bundeswehr be- aufgeklärte Gefahren und weitere relevante Informationen
Potenzials für viele Anwendungen müssen ihre Einsatzmög- rierten, virtuellen Simulationsinhalten. Für die Bundeswehr ginnt eine gesamtheitliche Betrachtung mit einer Spezifikation werden konsistent in das Sichtfeld eingeblendet und das Situa-
lichkeiten und -grenzen analysiert und konkretisiert werden. ergeben sich viele Anwendungsmöglichkeiten. Von zentraler des militärischen Nutzungskontexts. Hieraus ergeben sich tionsbewusstsein wird so erhöht. Dabei ist die Informations-
Durch eine ergonomische Gestaltung mit dem Soldaten im Bedeutung für eine effektive und effiziente Nutzung ist dabei funktionale und technische Anforderungen an die Gestaltung menge sinnvoll zu reduzieren, damit keine Ablenkung vom
Mittelpunkt kann ihr Potenzial ausgeschöpft werden. stets die gesamtheitliche, ergonomische Gestaltung der je- des VR/AR-Systems. Weitere Anforderungen ergeben sich aus eigentlichen Auftrag erfolgt.
weiligen Lösung. den Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Benutzer.
Zusammengenommen betrifft dies u. a. Bildqualität, Auflösung Ähnliches gilt für die oben genannten weiteren Anwendungs-
Die charakteristische, enge Einbindung des Benutzers ist und Latenzzeiten des Systems ebenso wie die erlebte Bean- bereiche.
einerseits förderlich, da auf diese Weise eine Immersion oder spruchung, das Präsenzempfinden und Symptome der Simu-
ein subjektives Präsenzgefühl erreicht wird. Andererseits latorkrankheit. Um diese zu untersuchen, müssen sowohl die Die Berücksichtigung ergonomischer Faktoren in einer frühen
können dadurch auch negative Effekte wie Kopfschmerzen, Software (Multimodalität, Darstellung etc.) als auch die Hard- Entwicklungsphase der neuen VR/AR-Technologie leistet
Übelkeit und Simulatorkrankheit hervorgerufen werden. ware des Systems (Interaktionsgeräte, Displays etc.) berück- hierzu zentrale Beiträge. Dies ermöglicht schließlich zukünftig
Am Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Informations- sichtigt werden. einen sinnvollen und zielgerichteten Einsatz für die Bundes-
verarbeitung und Ergonomie FKIE werden diese unterschied- wehr.
lichen Facetten bereits seit langem experimentell untersucht. Mögliche Anwendungsbereiche in der Bundeswehr wurden
in Ausbildung und Training, Leistungssteigerung des Soldaten
Durch Displaytechnologien wie Head-Mounted-Displays bei seinem Einsatz, Steuerung teilautonomer Systeme und Tele-
oder Projektionsräume wird dem Benutzer ein „Eintauchen“ präsenz, Telemaintenance sowie zur technischen Gestaltung
in die Simulation ermöglicht: Er ist dort präsent. Dies bindet geplanter Systeme identifiziert. In den meisten dieser Anwen-

Abb. 1: Lagedarstellung auf dem Elektronischen Sandkasten (ElSa) Abb. 2: Augmented Reality in einem Experiment (2015) Abb. 3: Durchsicht Head-Mounted Display mit dargestellten Abb. 4: Einsatz eines HMDs zur virtuellen Exploration eines Gebiets (2017)
des FKIE (1999) Zusatzinformationen (2016)
Forschungsaktivitäten 2017 22 23

Prof. Dr. Ulrich Schade Prof. Dr. Frank Kurth die relevanten Merkmale findet. Ein Beispiel einer solchen Vokabular, komplexe syntaktische Strukturen und insbeson-
Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation,
Informations­verarbeitung und Ergonomie FKIE Informations­verarbeitung und Ergonomie FKIE „Deep Learning“-Anwendung bildet die Vorselektion und dere ein Akzent beim Sprechenden zu Fehlleistungen führen.
Wachtberg Wachtberg
Klassifikation demodulierter Funksignaldaten, wie sie am Insti- Für eine Sprachsteuerung, also eine Anwendung, die sehr gut
kontakt@fkie.fraunhofer.de kontakt@fkie.fraunhofer.de
tut erforscht werden. mit KI-Methoden realisiert werden kann, bedeutet das, dass
ein festgelegtes Vokabular und eine festgelegte syntaktische
Ist dagegen bekannt, welche der Merkmale bei der klassifi- Form die Nachteile ausgleichen müssen, die von Gefechtslärm
zierenden Zuordnung relevant sind, kann der Klassifikator mit und anderen starken Hintergrundgeräuschen ausgehen.
KI-Forschung im Sicherheitskontext einfacheren Mitteln des Maschinellen Lernens entwickelt
werden. Für die Bestimmung der Sprache, in der ein Text Der Erfolg von KI-Verfahren hängt immer von der Relevanz
geschrieben wurde, können etwa die verwendeten Wörter als der Merkmale und Daten ab, die ausgewertet werden. Dabei
Merkmale dienen, zur Analyse von „Social Media“-Beiträgen sind die Verfahren nicht flexibel gegenüber Änderungen.
Der Beitrag bietet eine Sicht auf KI, die unterschiedliche „Künstliche Intelligenz“ (KI) ist eine Bezeichnung, die häufig können (und sollten) auch Metadaten (Zeitpunkt der Veröf- Ein Fahrzeug, das auf deutschen Autobahnen das autonome
Varianten von KI differenziert. Diese Varianten werden mit missverstanden wird. Wenn wir derzeit „KI“ sagen, sprechen fentlichung, Follower-Struktur des Senders etc.) als Merkmale Fahren gelernt hat, wird im Kreisverkehr von Swindon (UK)
Verweisen auf aktuelle, Bundeswehr bezogene Forschung wir zumeist von „Deep Learning“-Anwendungen, da diese, genutzt werden. Entsprechende Verfahren waren Thema des scheitern, und ein System, das Bedrohungen der eigenen
im Fraunhofer-Institut für Kommuni­kation, Informations­ etwa durch den Erfolg beim Go, im Zusammenhang mit dem von FKIE im September 2017 ausgerichteten AFCEA Zukunfts- Kräfte erkennt, wird eine Bedrohung dann übersehen, wenn
verarbeitung und Ergonomie FKIE illustriert. Darüber hinaus autonomen Fahren oder auch in Form der „Intelligenten und Technologieforums „Automatisierte Meinungsbeeinflus- diese neu und unbekannt ist und in den Merkmalen, über
werden die Grenzen von KI-Anwendungen angerissen. Persönlichen Assistenten“ wie Siri oder Alexa, die öffentliche sung – Manipulation in offenen Medien“. die die Erkennung zuvor erfolgte, signifikant abweicht. Die
Diskussion bestimmen. Adaption der Verfahren über das Lernen ist dabei für manche
Sind dem Entwickler zudem auch die Zusammenhänge zwi- Anwendungen zu langsam und bedarf vieler nach der Ände-
Grundsätzlich können KI-Anwendungen als Kategorisierungen schen den Merkmalen und der Zuordnung bekannt, lässt sich rung geltender Datensätze.
bzw. Klassifikatoren angesehen werden. Ein Klassifikator ver- dieses Wissen mit einer regelbasierten KI abbilden. So analysiert
arbeitet einen Input und liefert dazu eine Ausgabe, zu einem eine Fregatte den sie umgebenden Luftraum und die sich darin
Bild etwa den Namen einer abgebildeten Person oder zu einem befindlichen Objekte, um über ein komplexes Regelwerk zu
Text die Sprache, in der dieser geschrieben ist. Deep Learning bestimmen, ob ein Objekt eine Bedrohung darstellt, die dann
ist als Klassifikator ein sehr mächtiges Mittel aus der Familie dem Operateur angezeigt wird.
der sogenannten „Neuronalen Netze“, wobei die gewünschte
Zuordnung auf der Grundlage eines Korpus von Beispielen Generell ist anzumerken, dass KI-Anwendungen sehr gut im
erlernt wird. Die Auswahl des Korpus sowie das Lernen selbst Bereich der Bild-Analyse und vielfach auch im Bereich der
sind aufwändig. Generell gilt: Sind dem Entwickler die Merk- Sprachanalyse genutzt werden können, wie am FKIE durch
male unbekannt, auf deren Grundlage ein Algorithmus die die Entwicklung von Methoden zur robusten Sprecherklassi-
klassifizierende Zuordnung korrekt durchführen könnte, ist fikation für Einsatzszenarien gezeigt werden konnte. Unter-
die Nutzung von Deep Learning anzuraten, da dieses Verfahren suchungen etwa zu Siri zeigen aber, dass ungewöhnliches

Abb. 1: Metainformation bei der „Social Media“-Analyse: Visualisierung Abb. 2: Mittels regelbasierter KI erstelltes Lagebild für Fregatten Abb. 3: Einsatz von KI im Bereich robuster Sprecherklassifikation
von Kommunikationsbeziehungen zwischen Abgeordneten des letzten (Quelle: © Fraunhofer FKIE) (Quelle: © Fraunhofer FKIE)
Bundestags (Quelle: © Fraunhofer FKIE)
Forschungsaktivitäten 2017 24 25

Dr. Marcus John soll, diese enorme Wissensbasis mit Hilfe IT gestützter Verfahren forderung dar, dass Informationen und Texte aus sehr unter-
Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische
Trendanalysen INT zu erschließen und zu analysieren. Das zu entwickelnde System schiedlichen Wissensdomänen verarbeitet werden sollen,
Euskirchen
KATI – das Akronym steht für Knowledge Analytics for Technol- welche ihr jeweils eigenes Vokabular besitzen.
info@int.fraunhofer.de
ogy & Innovation – soll die Wissenschaftler des Fraunhofer INT
bei verschiedenen Aufgaben im Rahmen der Technologiefrüh- Daher ging zunächst es darum, die unterschiedlichen Informa-
erkennung unterstützen. Dazu zählen neben einer effizienteren tionsquellen, die genutzt werden sollen, in einer geeigneten
Recherche und der effektiven Identifikation von Schlüssel- Datenstruktur zu speichern. Hierbei kommt eine sogenannte
Einsatzmöglichkeiten des Cognitive Computing publikationen auch weiterführende Analysen. Diese betreffen Graphdatenbank zum Einsatz, welche besonders gut geeignet
für die Technologiefrühaufklärung neben diversen inhaltlichen Aspekten eines Themenfelds auch ist, um die vernetzten bibliographischen Daten wissenschaft-
Fragen nach künftigen Entwicklungen und die Analyse der licher Publikationen und Patente effizient zu verarbeiten.
Akteure, um beispielsweise geeignete Ansprech- oder Koope- Diese Datenbank wird mittels einer effizienten Suche für die
Für die Technologiefrühaufklärung müssen eine Vielzahl an Das Fraunhofer INT unterstützt die F&T-Planungsprozesse rationspartner identifizieren zu können. wissenschaftliche Literaturrecherche erschlossen. Parallel
Informationen in Form von Texten und Daten zur Kenntnis innerhalb der Bundeswehr seit mehr als 40 Jahren, indem es dazu werden diverse Metriken berechnet, welche die Wissen-
genommen werden. Aktuelle Entwicklungen im Bereich des im Rahmen der Technologiefrühaufklärung einen Überblick Um dieses Ziel zu erreichen, wurde im Rahmen dieses Pro- schaftler des Fraunhofer INT bei verschiedenen Recherche- und
Cognitive Computing bieten zunehmend die Möglichkeit, über aktuelle Entwicklungen im Bereich von Naturwissen- jektes ein Softwarepaket für das Fraunhofer INT beschafft. Analyseaufgaben unterstützen sollen. Neben der Analyse der
diesen Prozess mittels IT-gestützter Verfahren zu unterstützen schaft und Technik erarbeitet und diese hinsichtlich ihrer lang- Mit Hilfe dieser Software sollen künftig Verfahren des Cogni- Akteure (vgl. Abbildung 2), lag der Schwerpunkt zunächst
und effizienter zu gestalten. Hierzu wird am Fraunhofer-Insti- fristigen Relevanz für die Bundeswehr analysiert. Hierfür ist tive Computing für die Technologiefrühaufklärung nutzbar auf der Identifikation von Schlüsselpublikationen (vgl. Abbil-
tut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen INT es nötig, möglichst alle relevanten Wissenschaftsbereiche und gemacht werden. Darunter versteht man den Versuch, mittels dung 3).
ein entsprechendes Assistenzsystem entwickelt. Technologiefelder kontinuierlich zu beobachten, um möglichst Software die menschliche Erkenntnisfähigkeit (Kognition)
frühzeitig neue Themen und Technologien zu identifizieren. zu simulieren. Hierbei kommen Techniken aus verschiedenen Auf diese Weise wurde ein analysierendes System entwickelt,
Ferner ist es notwendig, diese Themen kontinuierlich weiter Bereichen der Informatik zum Einsatz. Verfahren aus der welches künftig die Grundlage für ein lernendes System bilden
zu beobachten, um beispielsweise mögliche Durchbrüche in Computerlinguistik werden beispielsweise genutzt, um Texte soll (vgl. Abbildung 1).
einem Forschungsfeld zu registrieren. Die Ergebnisse dieses inhaltlich zu erschließen und zu analysieren. Ergänzt werden
Technologiefrühaufklärungsprozesses werden seit Jahren regel- diese durch Algorithmen aus den Bereichen Data-Mining,
mäßig vom Fraunhofer INT im Rahmen der Wehrtechnischen maschinelles Lernen und Big Data. Diese sind dafür gedacht,
Vorausschau für das BMVg adäquat aufbereitet. große Textmengen zu clustern, darin Muster zu erkennen,
diese zu klassifizieren und Anomalien zu detektieren.
Wissenschaftliche Publikationen, Patente und relevante Inter-
netseiten bilden die Wissensbasis für diesen Prozess. Dabei Um ein solches System jedoch für die Technologiefrühauf-
wächst allein die Zahl der Publikationen um mehr als 2,6 Milli- klärung nutzen zu können, müssen erhebliche Anpassungen
onen pro Jahr. Im Rahmen des hier vorgestellten Projektes an dem System vorgenommen werden. Neben der schieren
wird ein Assistenzsystem entwickelt, welches es ermöglichen Datenmenge stellt hierbei besonders die Tatsache eine Heraus-

Abb. 1: Skizze des geplanten Aufbaus des Systems Abb. 2: Darstellung der Publikationsaktivtäten auf Länderebene. Abb. 3: Dieser Scatter-Plot zeigt auf der X-Achse die disziplinäre Breite der
Solche Darstellungen dienen dazu, die relevanten Akteure in einem zitierten Arbeiten einer wissenschaftlichen Publikation. Auf der Y-Achse ist
Themenfeld zu identifizieren die disziplinäre Breite der zitierenden Arbeiten aufgetragen. Eine solche
Darstellung ist nützlich, um Schlüsselpublikationen zu identifizieren
Forschungsaktivitäten 2017 26 27

M. Sc. Marian Lanzrath Dipl. Ing. Christian Adami Dr. rer. nat. habil. Michael Suhrke TRDir Dr. Martin Schaarschmidt
Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Wehrwissenschaftlichen Instituts für Schutztechnologien –
Trendanalysen INT Trendanalysen INT Trendanalysen INT ABC-Schutz (WIS)
Euskirchen Euskirchen Euskirchen Munster

info@int.fraunhofer.de info@int.fraunhofer.de info@int.fraunhofer.de WISPosteingang@bundeswehr.org

Forschungsstudie: „UAS-Wechselwirkungsuntersuchungen CW und LPM“ licht den Einsatz von UAS in diversen Bedrohungsszenarien. wurden im Nachgang auf Strukturen und Gemeinsamkeiten
Um Ansätze für geeignete Gegenmaßnahmen zu untersuchen, analysiert.
wurden im Rahmen des vom Wehrwissenschaftlichen Insti-
tuts für Schutztechnologien – ABC-Schutz (WIS) initiierten Die ausgewählten UAS zeigten Verwundbarkeiten gegen-
Unbemannte Flugsysteme (UAS) der LSS-Klasse (Low, Der Markt für unbemannte Fluggeräte (UAS – Unmanned Forschungsvorhabens „UAS-Wechselwirkungsuntersuchungen über gepulsten Mikrowellensignalen niedriger Leistung (LPM)
Small, Slow) stellen aufgrund ihrer Aufklärungs- und Aircraft System) mit mehreren Rotoren (z. B. Quadcopter) hat CW und LPM“ am Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaft- und Dauerstrichsignalen (CW) im gesamten untersuchten
Zuladungsfähigkeit (z. B. Explosivkörper) eine Bedrohung in den letzten Jahren einen massiven Aufschwung erfahren. lich-Technische Trendanalysen INT eine Auswahl von 11 ver- Frequenzbereich, wie in Abb. 3 ersichtlich. Die ermittelten
für militärische und zivile Einrichtungen dar. Ihre Neu- Gerade Produkte in der Gewichtsklasse unter zwanzig Kilo- schiedenen UAS im Labor hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit Empfindlichkeitsschwellen, also diejenigen elektrischen Feld-
tralisierung mit konventionellen Wirkmitteln erfordert gramm Abfluggewicht haben Einzug in den Massenmarkt gegen elektromagnetische Störsignale untersucht (Abb. 1). stärkewerte, bei denen ein Absturz des Systems verursacht
erheblichen Aufwand. Effektoren auf Basis von Quellen gefunden. Man spricht hier von SUA (Small Unmanned Air- Die Elektronik der vorwiegend für den zivilen Markt entwi- wurde, hingen von der Polarisation des elektromagnetischen
starker elektromagnetischer Strahlung (HPEM) sind eine craft, kleines unbemanntes Fluggerät) oder, in militärischen ckelten Systeme ist nur für die im öffentlichen Raum zulässige Feldes, den Signalparametern (Puls-Pause Verhältnis) sowie
mögliche Alternative. Kategorien, von Nano- oder Micro-UAS. Privatpersonen, elektromagnetische Hintergrundbelastung ausgelegt. Techni- der Frequenz ab. Auf Grundlage dieser Informationen können
Medienschaffende, Industriebetriebe, aber auch Behörden sche Wirksysteme, welche elektromagnetische Felder oberhalb erste Ansätze für die Auslegung eines Wirksystems erarbeitet
schätzen insbesondere die Bilderfassung aus der Luft. Zudem dieses gesetzlichen Schutzrahmens erzeugen können, stellen werden. Bei den Tests mit Dauerstrichsignalen wurden die
hat die Beherrschbarkeit für den ungeübten Benutzer in den eine gute Option für die Unterbindung unbefugten Gebrauchs niedrigsten Störschwellen ermittelt, für ein mobiles Wirkmittel
letzten Jahren stetig zugenommen. Automatiken übernehmen von UAS dar. mit hoher Reichweite sind jedoch gepulste Mikrowellensignale
die Einhaltung von Flughöhe und Position sowie die Kollisions- aufgrund des niedrigeren Energiebedarfs und der höheren
vermeidung mit der Umgebung. Bei schwacher Batterieleistung Für die Untersuchungen der UAS im Labor gegen Exposition Ausgangsleistung bei gleicher Baugröße interessanter. Ent-
oder Abriss der Steuerverbindung kehren die UAS eigenständig, durch Störfelder wurde ein Prüfstand mit Videoüberwachung sprechend ausgelegte mobile Wirksysteme mit militärisch
gestützt durch Satellitennavigationssysteme, zum Startpunkt sowie ein System zur Auswertung der Rotordrehzahlen auf relevanten Wirkreichweiten werden zur Zeit am WIS auf ihre
zurück. Basis von Reflektionslichtschranken entwickelt, einen Einblick Wirksamkeit gegenüber UAS untersucht (Abb. 4).
gibt Abb. 2. So konnten im Rahmen der Tests Fehler in den
Die Kombination aus hoher Zugänglichkeit für den Laien, Betriebsabläufen des Flugsystems über einen weiten Bereich an
Transportfähigkeit nicht unerheblicher Lasten sowie der hohen einzeln angesteuerten Störfrequenzen akkurat erfasst werden.
Bewegungsfreiheit durch Erschließung des Luftraums ermög- Die daraus gewonnenen Empfindlichkeitsprofile der Geräte

Abb. 1: Testaufbau im Labor des Fraunhofer INT Abb. 2: Drehzahlüberwachungseinrichtung für Labortests Abb. 3: Wechselwirkungsergebnisse aller UAS für höchste Abb. 4: Untersuchung eines mobilen Wirksystems hoher Reichweite unter
(Quelle: https://openclipart.org) Fehlerklasse Freifeldbedingungen am WIS
Forschungsaktivitäten 2017 28 29

PD Dr. Rüdiger Quay Dr. Erdin Ture z. B. Schalter und Empfangsschaltungen – um Störsender-Archi- Verstärkung und hoher Linearität über das volle Anwendungs-
Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
Freiburg Freiburg tekturen zu verwirklichen, welche eine ständige Anpassung an band.
info@iaf.fraunhofer.de info@iaf.fraunhofer.de die Bedrohungen ermöglichen, idealerweise rein durch Software.
Die Forschung in diesem Artikel fußt auf einer Kooperation u. a. Mit solchen und weiteren Komponenten kann das Stören von
der Fraunhofer-Institute IAF und FKIE mit der WTD81, Hensoldt RC-IED-kontrollierten Sprengsätzen verfügbar gemacht werden
sowie United Monolithic Semiconductors (UMS). und zwar in Architekturen, die die schnellen Veränderungen
bei RC-IEDs berücksichtigen. Dieses Vorgehen ist der Schlüssel
Flexible elektronische Gegenmaßnahmen und Jammer-Fähigkeiten Als ein Beispiel für solche neuen Komponenten zeigt Abb. 1 zur Schaffung von flexiblen Lösungen im sich rasch entwi-
einen sogenannten Powerbarren, einen Transistor, der zur ckelnden Markt der mobilen Anwendungen zum Schutz von
kompakten Leistungserzeugung zwischen 10 MHz und 6 GHz Streitkräften in Bewegung. Diese Schutzmaßnahmen schließen
genutzt werden kann. Solche Powerbarren müssen an die die Entwicklungen bei einfachen Bedrohungen genauso ein
Durch die starke Zunahme und konstante Veränderung Die effiziente Erzeugung hoher Pegel linearer Mikrowellen- Impedanz von 50 Ohm angepasst werden, was durch die An- wie die Entwicklungen bei den neueren Mobilfunknetzten der
elektromagnetischer Bedrohungen ist es notwendig, sehr leistung ist von grundsätzlicher Bedeutung für die Fähigkeiten pass-Schaltungen um das Gehäuse (im Zentrum der Abb. 1) 3. (UMTS), 4. (LTE) und der ab 2020 neuen 5. Generation (5G),
flexible Lösungen zur Bekämpfung von z. B. ferngesteuer- und den Schutz unserer Streitkräfte. Im elektromagnetischen herum erreicht wird. Diese Notwendigkeit der Anpassung während alte Standards wie GSM weiterhin aktiv bleiben.
ten improvisierten Sprengfallen (RC-IEDs) zu erarbeiten. Spektrum zwischen 1 MHz und mindestens 6 GHz liegen eine steht eigentlich im Widerspruch zu dem geforderten Betrieb Dazu zeigt Abb. 3 ein Beispiel für eine neue Generation eines
Lineare Galliumnitrid-Leistungsverstärker ermöglichen Vielzahl der zivilen und militärischen Funkanwendungen sowie über hohe Bandbreiten, da die Anpassung ein frequenzselek- flexiblen Leistungsverstärkermoduls, das die Möglichkeiten
neue flexible Architekturen, welche softwaredefiniertes eine große Zahl drahtloser Datenlinks, welche einfach beschafft tiver Prozess ist. Idealerweise sollte für software-bestimmte der mobilen Kommunikation zum Schutz unserer Streitkräfte
Stören dieser Bedrohungen bei ausreichenden Leistungs- und genutzt werden können, um improvisierte Sprengfallen Lösungen daher auf eine hartverdrahtete Frequenzanpassung mit sich ändernden Szenarien erfüllen kann.
pegeln ermöglichen. zu zünden. Ferner nimmt die Zahl der Bedrohungen weiter zu, verzichtet werden. Aus diesem Grund werden neue Konzepte
so dass dieser Schutz schnell in die Feldanwendung gebracht für Breitbandkomponenten benötigt, und jedes Filtern sollte
werden muss, z. B. um einfache Drohnen (UAVs) abzuwehren. vermieden werden. Weiterhin steht der Breitbandbetreib in
Der Schlüssel liegt hier in einem flexiblen Ausbringen des einem Wechselverhältnis zu einem effizienten Betrieb.
Schutzes über die Frequenzen. Weitgehend software-definierte
Störsender sind dabei die Schlüsselvision bei sich schnell Die Versorgung mit elektrischer Leistung ist in jedem mobilen
ändernden militärischen Szenarien. Jedoch sind Hochfre- Einsatz begrenzt, sei es durch die Generatoren oder die ver-
quenzkomponenten nicht standardmäßig für Bandbreiten fügbare Batteriekapazität. Ferner führt die flexible Leistungs-
über mehrere Dekaden verfügbar und können daher nicht erzeugung auch immer zur Generation von harmonischen
so einfach flexibilisiert werden. Frequenzen, welche ohne zusätzliche Filterung unterdrückt
müssen, ohne die Effizienz zu verschlechtern. Solch ein in-
Jüngste Forschungsergebnisse auf der Basis von Galliumnitrid- tegrierter linearer GaN-Verstärker für hohe Verstärkung in
Halbleitern können dazu genutzt werden, um Leistungsver- mehreren Stufen ist in Abb. 2 gezeigt, wieder integriert in ein
stärker und andere Schlüsselkomponenten zu realisieren – wie Gehäuse. Dieser Treiber liefert breitbandige Signale mit guter

Abb. 1: Typischer GaN Halbleiter-Transistor im Gehäuse in der Abb. 2: Integrierte lineare Galliumnitrid-Schaltung Abb. 3: Demonstratormodul eines neuartigen Leistungsverstärkers
Mitte als Kern der Hochfrequenzleis-tungserzeugung großer Bandbreite
Forschungsaktivitäten 2017 30 31

Sebastian Wurster Thomas S. Fischer eines TLP-Korns gewonnen werden. Die mit Hilfe des ICCA genutzt werden. Der ICCA ist dabei voll parallelisiert imple-
Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT
Pfinztal Pfinztal simulierten Daten werden anschließend genutzt, um den mentiert und erlaubt so hochauflösende Simulationen bei
info@ict.fraunhofer.de info@ict.fraunhofer.de Abbrand eines Treibladungspulvers z. B. in einer Waffe oder einem Minimum an Berechnungszeit. Das Softwaretool „Pulver-
in einer Druckbombe zu simulieren. abbrand“ ermöglicht neben der Simulation des Abbrandes
von extrudierbaren TLP mit komplexer Querschnittgeometrie
Zur innenballistischen Beschreibung komplex geformter TLP auch eine Animation der Geometrieänderung. Es ist damit
ist es jedoch nicht nur nötig, die Geometrieänderung während neben dem Einsatz in Forschung und Entwicklung auch her-
Modellierung, Simulation und Charakterisierung des Abbrandverhaltens des Abbrandes genau zu kennen, sondern auch die druckab- vorragend für die Aus- und Weiterbildung geeignet.
komplex geformter Treibladungspulver hängige lineare Abbrandgeschwindigkeit, d.h. die Regressions-
geschwindigkeit der Abbrandoberfläche. Um diese zu ermitteln, Das Softwaretool „Pulverabbrand“ ist dabei Teil einer innen-
wird ein Druckaufbaumodell für den Abbrand in einer ballis- ballistischen Softwarefamilie, die am Fraunhofer EMI und
Treibladungspulver sind als Rohrwaffenantriebe unver- Um Treibladungspulver (TLP) während der Entwicklung und tischen Bombe auf Basis des ICCA zum Fitten experimenteller ICT entwickelt und gepflegt wird. Diese umfasst u. a. den
zichtbarer Bestandteil bestehender und zukünftiger Rohr- Auslegung modellieren, simulieren und charakterisieren zu Lebhaftigkeitsdaten verwendet. Dabei können auch beliebige ICT Thermodynamik-Code, die EMI Innenballistik-Codes
waffensysteme der Bundeswehr. Am Fraunhofer-Institut können, muss die Geometrieänderung des TLP während des andere Effekte, wie Wärmeverluste, druckabhängige thermody- SimIB-0D und 1D sowie die Projektierungs- und Analyse­
für Chemische Technologie ICT wird an Algorithmen und Abbrandes durch eine sogenannte Formfunktion beschrieben namische Parameter oder eine Anzündbeiladung berücksichtigt software „Ballistisches Analyse und Auslegungstool“ des
Methoden geforscht sowie Softwaretools entwickelt, die werden. Durch z. B. produktionsbedingte Geometrieschwan- werden. Durch diese Simulationsgestützte Druckbombenaus- ICT. Die einzelnen Programme sind dabei zum Teil durch
die Modellierung, Simulation sowie Charakterisierung kungen irregulär geformte TLP können jedoch mit den bisher wertung (SDA) genannte Methode kann das Abbrandverhalten entsprechende Schnittstellen miteinander verknüpft und
komplex geformter Treibladungspulver ermöglichen. gebräuchlichen Modellen und Methoden nicht oder nur sehr auch für komplexe TLP-Geometrien charakterisiert und eine erleichtern so die programmübergreifende Arbeit für einen
eingeschränkt simuliert bzw. charakterisiert werden. Zudem präzise Messung der Abbrandgeschwindigkeit mit nur einem zeit- und kostenreduzierenden Design- und Entwicklungs-
versprechen neue Produktionstechnologien wie z. B. der Bruchteil der bisher notwendigen Probenmenge und Kosten prozess neuer Rohrwaffenantriebe.
3D-Druck in Zukunft die Möglichkeit, komplex geformte TLP durchgeführt werden. So wurde z. B. anhand des TLP JA2 de-
herstellen zu können, die mit den bisher gebräuchlichen monstriert, dass eine vollständige Abbrandcharakterisierung
Methoden nicht beschrieben bzw. ausgelegt werden können. mit nur 3 TLP Körnern (ca. 4,5 g) pro Versuch möglich ist.

Am Fraunhofer ICT wurde daher der sogenannte „ICT-Cellular- Um dieses Know-How für den öffentlichen Auftraggeber und
Combustion-Algorithm“ (ICCA) entwickelt, der die Simulation die wehrtechnische Industrie zugänglich und nutzbar zu
der Formfunktion auch für beliebig geformte Festtreibstoffe machen, wird im Auftrag der WTD 91 GF 410 daran gearbeitet,
ermöglicht. Der ICCA diskretisiert die TLP-Geometrie auf einem die Algorithmen in Anwendersoftware zu implementieren.
Gitter und beschreibt die Geometrieänderung mit Hilfe eines So wird z. B. der ICCA-2D zusammen mit dem Druckaufbau-
auf zellulären Automaten basierenden Algorithmus. Die geo- modell für die ballistische Bombe in das sogenannte Soft-
metrischen Eingabedaten für die ICCA Simulationen können waretool „Pulverabbrand“ implementiert. Die dabei simulierte
dabei u. a. direkt aus computertomographischen Aufnahmen 3D Formfunktion kann anschließend zur Antriebsauslegung

Abb. 1: Visualisierung des Abbrandverlaufes mit Hilfe des Abb. 2: Analytische und numerische Formfunktion im Vergleich Abb. 3: Computertomographischer TLP-Querschnitt Abb. 4: Graphische Benutzeroberfläche des Softwaretools
ICT-Cellular-Combustion-Algorithm zur Validierung des ICCA mit produktionsbedingten Geometrieschwankungen „Pulverabbrand“
Forschungsaktivitäten 2017 32 33

Dr. Ilja Kaufmann Dr.-Ing. Markus Müller vielen Situationen auf eine Funk- und GPS-Verbindung ver- sondern auch Streulicht von Nebel oder Staub aus dem Vor-
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik
und Bildauswertung IOSB und Bildauswertung IOSB zichten können (vision-based drone navigation). Eine solche dergrund ausgeblendet. Im Ergebnis erhält man eine nahezu
Ettlingen Karlsruhe
Drohne startet ihre Operation z.B. mittels Schaltuhr aus einer perfekt segmentierte Zielobjektsignatur. Damit bieten sich
info@iosb.fraunhofer.de info@iosb.fraunhofer.de
Deckung heraus, um zur Erfüllung ihrer Mission dann den Möglichkeiten zur automatischen Klassifikation und Bela-
Flugweg zu wählen, der vorab gespeichert und kontinuierlich dungsbeurteilung an.
mit aktuellen Videodaten abgeglichen wird. Rein funkbasierte
Detektionssysteme würden ein solches UAS nicht auffassen. Ein Laserdopplervibrometer beleuchtet das Zielobjekt mit
Counter-UAS: Bildbasierte UAV-Entdeckung und -Erkennung einem kontinuierlichen Laserstrahl. Die Bewegungen einer
Das Fraunhofer FKIE und das Fraunhofer IOSB sind beim in Operation befindlichen Drohne modulieren aufgrund des
F&T-Vorhaben „Abwehr von UAS“ des BAAINBw mit Ar- Doppler-Effekts eine schwache Frequenzverschiebung auf das
beiten zur Sensorfusion, Sensordatenauswertung und Laser- reflektierte Laserlicht. Aus der Modulation können auch die
Die Bundeswehr muss sich zunehmend mit der Bedrohung Kleine ferngesteuerte und zunehmend autonome Fluggeräte, dopplervibrometrie beteiligt. Das IOSB hat ferner mit eigenen Objektvibrationen ermittelt werden. Anhand des Vibrations-
durch kleine unbemannte Fluggeräte auseinandersetzen. sogenannte „Drohnen“ oder UAV (Unmanned Aerial Vehicles), Forschungsmitteln das Laborsystem „MODEAS“ (MOdulares spektrums lassen sich Informationen, wie z. B. Drohnentyp
Vor der Gegenmaßnahme steht die Detektion, und hierfür sind zum Massenphänomen geworden. Die DFS (Deutsche DrohnenErfassungs- und AssistenzSystem) aufgesetzt, bei und Beladungszustand, jedoch insbesondere auch Unterscheid-
erweist sich ein multisensorieller Ansatz als unerlässlich. Flugsicherung GmbH) schätzt, dass 2016 400.000 und 2017 dem eine komplette Erfassungskette inkl. Zielobjekttracking barkeiten (Drohne vs. Vogel) gewinnen.
Mit der Entwicklung und Vernetzung aktiver und passiver weitere 600.000 Drohnen allein in Deutschland verkauft Ende 2017 fertiggestellt werden konnte.
optronischer Sensorik trägt das Fraunhofer-Institut für wurden. Diese Geräte werden privat, industriell und behördlich Mit „MODEAS“ hat das IOSB ein Laborsystem zur Entwick-
Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB zusam- genutzt. Es ist evident, dass auch eine unerwünschte Nutzung Die Forschungsgebiete des Fraunhofer IOSB decken den ge- lung und zum Test eigener und fremder Sensorik sowie von
men mit anderen Instituten zur Lösung dieser Aufgaben- zunehmen wird. So kann insbesondere davon ausgegangen samten optischen Wellenlängenbereich (UV bis thermisches Sensordatenauswerteverfahren entwickelt. Hochauflösende
stellung bei. werden, dass es in aktuellen und zukünftigen Einsätzen der Infrarot) ab. Es werden sowohl passive, als auch aktive Sensor- visuell-optische Rundumkameras gewährleisten bei diesem
Bundeswehr zum verstärkten gegnerischen Gebrauch von lösungen entwickelt, untersucht und bewertet. Abgesehen von System eine Detektionsreichweite von bis zu 500 m zur Ver-
Kleinstdrohnen gegen die eigenen Kräfte kommen wird. visuell-optischen (VIS) und IR-Sensoren, werden verschiedene folgung von UAV-Trajektorien. Daten einer nachgeführten
aktive Lasersensoren mittelfristig eine wichtige Rolle bei der Kamera mit Teleoptik und weiterer Sensoren ermöglichen
Bevor eine Drohne wirkungsvoll bekämpft werden kann, muss Drohnendetektion und -erkennung spielen. Zwei dieser die Zielobjektklassifikation.
sie rechtzeitig und zuverlässig entdeckt und erkannt werden. Systeme sollen hier kurz angerissen werden: Gated Viewing
Zur Bewältigung dieser Aufgaben müssen zukunftsfähige und Laservibrometrie.
Systeme multisensorisch operieren und auch neuartige Sensorik
nutzen. Ein Beispiel soll das verdeutlichen: heute sind Kleinst- Beim Gated Viewing wird ein Kamerasensor für einen extrem
drohnen verfügbar, die in gewissem Umfang selbstständig kurzen, exakt definierten Zeitraum aktiviert. Damit wird nur
Hindernisse umfliegen können (automatic obstacle avoidance). jenes Licht eines ausgesandten Laserpulses erfasst, das aus
Schon bald werden Systeme massenhaft verfügbar sein, die einem gewünschten Entfernungsintervall zurückgestreut
sich autonom durch Wälder schlängeln können und die in wurde. Somit wird nicht nur ein störender Bildhintergrund,

Abb. 1: Gated Viewing: Anhand der Lichtlaufzeit können Hintergrund und Abb. 2: Das mit einem Laservibrometer aus der Distanz erfasste Abb. 3: MODEAS: Detektion und Tracking auf Daten visueller Rundumsichtkameras zur
Sichthindernisse physikalisch ausgeblendet werden Schwingungsspektrum eines Objektes im Luftraum liefert Informationen Einweisung nachgeführter hochauflösender Sensoren
zu dessen Klassifizierung
Forschungsaktivitäten 2017 34 35

Barbara Essendorfer, M.A. Das CSD-Konzept bietet hier einen Ansatz. Es basiert auf der Das Konzept wurde in einem spiralförmigen Ansatz entwickelt
Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik
und Bildauswertung IOSB STANAG 4559 und verbundenen STANAGs (NATO Standardi- und von unterschiedlichen Anbietern implementiert. Zur Über-
Karlsruhe
zation Agreements), Prozessbeschreibungen und Doktrinen prüfung wurden die Ergebnisse mehrfach in Interoperabili-
info@iosb.fraunhofer.de
(siehe Abb. 1) und wurde in mehrjährigen multinationalen tätsübungen, wie der MAJIIC (2) (Multi-intelligence All-source
Projekten entwickelt. Die Ergebnisse wurden in die Standards ISR Interoperability Coalition) und der Unified Vision Übungs-
und Vorschriften zurückgeführt. reihe getestet. Dies führte mit dazu, dass das CSD-Konzept in
mehreren Ländern und der NATO operationalisiert wurde.
Unterstützung von Joint ISR durch Coalition Shared Data Ausgangspunkt war die Verteilung statischer, abgeschlossener
Daten wie Bilder, Videoclips und Berichte im Verbund. Dieser Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
Aspekt wurde später um die Verteilung von Streamingdaten Bildauswertung IOSB hat Systeme und Dienste für CSD ent-
(z. B. Videos, Tracks) erweitert. Heute können auch Daten, die wickelt und fokussiert seine Forschung in diesem Bereich
Informationsüberlegenheit ist ein Schlüsselfaktor für die Die Globalisierung hat in den letzten Jahrzehnten komplexe in kollaborativen Geschäftsprozessen erzeugt werden, verteilt nun auf die Verbesserung des Konzepts sowie auf Aspekte des
Aufrechterhaltung der Sicherheit einer Nation. Sensoren wirtschaftliche und soziologische Abhängigkeiten geschaffen. werden. Dabei bearbeiten mehrere Stellen ein Datenelement Daten- und Informationsmanagements. Um die Verwendung
und Informationssysteme erzeugen große Datenmengen. Die Art der Konflikte hat sich verändert und die Nationen (z. B. eine Aufgabe, eine Anforderung) innerhalb eines klar de- des Konzepts in Missionen, welche verschiedene Sicherheits-
Die Herausforderung ist es, relevante Informationen zeit- werden mit einer Vielzahl neuer Bedrohungsszenarien kon- finierten Prozesses (AIntP-14) gemeinsam. Das Konzept ba- domänen verbinden, zu ermöglichen und mehrstufige Sicher-
gerecht bereitzustellen. Das Coalition Shared Data (CSD) frontiert. Informationsüberlegenheit ist eine Frage der Fähig- siert auf einem Netzwerk physisch verteilter Standorte, die heit in einem operationellen Umfeld zu erreichen, werden
-Konzept ermöglicht durch standardisierte und abgestimm- keit, zeitgerecht relevante Informationen zu erhalten und die über die verfügbare Netzwerkinfrastruktur verbunden sind zusätzliche Schnittstellen und Dienste entwickelt. Gemeinsam
te Dienste ein entsprechendes effizientes Informations- richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Die Weiterentwicklung von (siehe Abb. 2). Die in den Standorten erzeugten Informationen mit der Industrie werden die Konzepte derzeit im Rahmen
management. Plattformen, Sensor- und Netzwerktechnologien sowie der Aus- werden mit Metadaten beschrieben. Die Metadaten werden von Missionen der Bundeswehr (z. B. MINUSMA) in den Ein-
bau von Speicherkapazität ermöglicht es, große Datenmengen unter Verwendung geeigneter Synchronisationsprotokolle an satz gebracht.
zu erzeugen, zu speichern und Informationen in nahezu Echt- teilnehmende Standorte verteilt. Die tatsächlichen Informati-
zeit zu teilen. Sowohl Angreifer als Verteidiger können entfernt onen (Dateien) können bei Bedarf abgerufen werden. So wird Wir danken dem BAAINBw L5.4 und unseren nationalen
agieren und sich über Zeit und Raum vernetzen. ein übergreifendes (globales) Informationsbewusstsein im ge- und internationalen Projektpartnern für die Unterstützung
samten Netzwerk mit reduziertem Netzwerkverkehr erreicht. unserer Arbeit.
Um diese neuen Fähigkeiten in komplexen streitkräfteüber- Um bedarfsgerechte Informationsnutzung weiter zu unter-
greifenden multinationalen Einsatzszenarien zu nutzen, müssen stützen, können Analysesysteme Techniken z. B. der Daten- und
Systeme und Dienste in einer wohldefinierten interoperablen Informationsextraktion und -fusion hinzufügen (siehe Abb. 3).
Weise miteinander interagieren. Operationale Prozesse, wie sie
in Joint ISR (Intelligence, Surveillance and Reconnaissance) Weitere Quellen können unter Verwendung semantischer
und im Intelligence Cycle (AJP 2.1, 2.7 und AIntP-14) definiert Weltmodelle, welche die Domäne Joint ISR und die jeweiligen
sind, müssen dabei unterstützt werden. Missionen beschreiben, angebunden werden.

Abb. 1: Unterstützung von Joint ISR und dem Intelligence Abb. 2: Informationsverteilung in einem CSD Netzwerk Abb. 3: Kombination von externen Informationsquellen und dem
Cycle durch CSD. Die in Rot eingefärbten Aspekte werden CSD Konzept in der vom Fraunhofer IOSB entwickelten ISR Analyse-
(primär) durch CSD unterstützt. Der Fokus liegt dabei auf architektur auf Systemlevel. Durch Informationsagenten können
der bedarfsgerechten Verteilung von Informationen. weitere externe Dienste mit eingebunden werden. Begriffe aus dem
Da die Begriffe aus der NATO AJP 2.7 und AIntP-14 stam- NATO Umfeld wurden nicht ins Deutsche übersetzt
men wurde auf eine deutsche Übersetzung verzichtet
Forschungsaktivitäten 2017 36 37

Prof. Dr.-Ing., M.S. Berend Gerdes van der Wall Dr. habil. Anthony Gardner Dr.-Ing. Johannes Riemenschneider
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,
Institut für Flugsystemtechnik Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik
Braunschweig Braunschweig Braunschweig

info-pks@dlr.de info-pks@dlr.de info-pks@dlr.de

Rotortechnologien für den militärischen Einsatz In beiden Tests wurde die Fähigkeit des Systems, Vibrationen, Die Erforschung von Dynamic Stall am Drehflügler leistet einen
Lärm und Antriebsleistungsbedarf zu reduzieren, eindrucks- wichtigen Beitrag zur Leitungssteigerung zukünftiger militä-
voll unter Beweis gestellt. Da das gesamte META-System in der rischer Hubschrauber. Hubschrauber erfahren im schnellen
Hubschrauberzelle unterhalb der Taumelscheiben angebracht Vorwärts- und Manöverflug eine Ablösung der Umströmung
Am Institut für Flugsystemtechnik des Deutschen Zentrums Der Anstellwinkel von Hubschrauberrotorblättern, der wäh- ist, bleibt der Rotor mit allen drehenden Teilen unverändert am rücklaufenden Hauptrotorblatt. Bei hohen Fluggeschwin-
für Luft und Raumfahrt (DLR) werden Komponenten für rend des Fluges eines Hubschraubers kontinuierlich angepasst und das System ist daher auch als Nachrüstung existierender digkeiten kommt es dort zum dynamischen Strömungsabriss,
den Hubschrauberrotor von morgen entwickelt. Dabei geht werden muss, wird mittels einer Taumelscheibe und Steuer- Hubschrauber denkbar. dem sogenannten Dynamic Stall. Während des Dynamic Stall
es darum, die Aerodynamik des Hauptrotors positiv zu be- stangen eingestellt, die es ermöglichen, alle Blätter gleichzeitig treten große Spitzenlasten im Nickmoment des Blattes auf,
einflussen, mit dem Ziel der Lärm- und Vibrationsreduktion (kollektiv) oder sinusförmig einmal pro Umlauf (zyklisch) im Aktive Verwindungsrotoren sind Gegenstand der Forschung die auf die Rotorkopfmechanik einwirken. Aus diesem Grund
sowie der Reduktion des Energiebedarfes. Zurzeit werden drei Anstellwinkel zu verändern. Eine präzisere ortsaufgelöstere und bestehen neben der passiven Struktur auch aus struktur- wird der Flugbereich moderner Hubschrauber eingeschränkt,
Bereiche untersucht: Aktive Rotorsteuerung, aktive Verwin- Einstellung des lokalen Anstellwinkels ist mit sogenannter integrierten piezoelektrischen Aktuatoren, welche das gesamte um eine strukturelle Schädigung des Hauptrotors auszu-
dungsrotoren und „Dynamic Stall“. individueller Blattkontrolle möglich. Diese erlaubt eine Reduk- Blatt verwinden können. Dazu muss das Rotorblatt komplett schließen. Außerdem wird das Strömungsfeld um einen Hub-
tion des Lärmes, der Vibrationen und auch des Energiebedarfes. neu ausgelegt werden, wobei die Aktuatoren im Auslegungs- schrauber im Flug untersucht. Blattspitzenwirbel können
Zwei Arten dies umzusetzen stellen die aktive Rotorsteuerung prozess berücksichtigt werden müssen. Ziel ist, eine Verformung Dynamic Stall erzeugen, wenn sie auf ein nachfolgendes hoch-
durch Mehrfachtaumelscheiben und der aktive Verwindungs- des Rotorblattes um ± 2° an der Blattspitze zu erreichen. Am belastetes Rotorblatt treffen.
rotor dar. DLR wurde dazu ein Blatt entworfen und gebaut, das den
Ansprüchen an die Aktuatoren in besonderer Weise Rechnung Im DLR finden experimentelle und numerische Arbeiten
Aktive Rotorsteuerung mit Hilfe einer Mehrfachtaumelscheibe trägt. Tests mit dem Rotorblatt konnten dies verifizieren und statt, welche zur grundsätzlichen Untersuchung und zum
(META) ist eine patentierte Erfindung des DLR, um erstmalig gleichzeitig den Nachweis über eine Blattspitzenverwindung Verständnis des Strömungsphänomens beitragen. Ein weiteres
die Fähigkeit der voll individuellen Blattsteuerung mit aus- von ± 2° bei den relevanten Einsteuerfrequenzen 2/rev, 3/rev Ziel ist die Beeinflussung oder im Idealfall Kontrolle von
schließlich im Hubschrauberrumpf angebrachten Aktuatoren und 4/rev erbringen. Jetzt wird ein Blattsatz gebaut, welcher Dynamic Stall.
zu erreichen. Bisher waren dazu Aktuatoren im drehenden dann im Windkanal die verbesserte aerodynamischen Eigen-
Rotor notwendig. Eine erste Erprobung der META im Wind- schaften unter Beweis stellen soll.
kanal wurde 2015 mit einem 4-Blatt-Rotor erfolgreich durch-
geführt, ebenso ein zweiter Test 2016 mit einem 5-Blatt-Rotor.

Abb. 1: META mit 5-Blatt-Rotor Abb. 2: Vibrations- und Antriebsleistungsreduktion durch die META, Abb. 3: Verwindbares Rotorblatt Abb. 4: Blattspitze eines Abb. 5: Ablösebestimmung mit Tufts (Links) und Vergleich mit Abb. 6: Wirbelmessung im Freiflug mit einem Folgeflugzeug
im Windkanal des DNW 2016 Test 2016 im Schleuderversuchsstand verwindbaren Rotorblatts Drucksignalen (Rechts) in einem Dynamic Stall Experiment
in Bewegung
Forschungsaktivitäten 2017 38 39

Dr. rer. nat. Doris Keye-Ehing Dipl.-Psych. Wiebke Melcher Dr. Hinnerk Eißfeldt Dr. Anja Schwab
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe
Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin Fürstenfeldbruck
Hamburg Hamburg Hamburg
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Anforderungsanalyse bei Operateuren unbemannter Luftfahrzeugsysteme der Studie zwischen unterschiedlichen UAS (Heron, Luna, So stehen bei Piloten von UAS die Systemüberwachung
KZO, Aladin) und den Positionen bei deren Einsatz differenziert und das rechtzeitige Erkennen von möglichen Problemen
(z. B. Operator/Steuerer vs. Sensor Operator/Luftbildauswerter). im Vordergrund, während bei Sensor Operateuren bzw. Luft-
Für diese unterschiedlichen Systeme können unterschiedliche bildauswertern ein hohes bildliches Vorstellungsvermögen
Unbemannte Luftfahrzeugsysteme werden in der militäri- Unbemannte Luftfahrzeuge (UAS, unmanned aircraft systems) Bedienkonzepte bestehen, die wiederum auch in unterschied- und eine hohe Wahrnehmungsgeschwindigkeit von beson-
schen Ausstattung immer wichtiger und schaffen neue sind als zukunftsweisende Technologie innerhalb der Bundes- lichen Anforderungsprofilen resultieren können. Somit liefert derer Relevanz sind.
Tätigkeiten. Das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin wehr heute fester Bestandteil der militärischen Ausstattung. die Studie Ergebnisse zu relevanten Humanfaktoren, die bei
des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) Ihr Einsatz trägt dazu bei die Aufgaben der Bundeswehr effizient Auswahl, Training und Belastungsmanagement zukünftig Basierend auf diesen Methoden und Analysen werden erstmals
erarbeitet wissenschaftlich fundierte Anforderungsprofile zu erfüllen und die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten berücksichtigt werden sollten. wissenschaftlich fundierte Anforderungsprofile für zukünftige
für Operateure unbemannter Systeme, damit die relevanten im Einsatz zu erhöhen. Seit der Einführung von UAS in der Operateure von UAS der Bundeswehr definiert und somit
Humanfaktoren zukünftig in Personalauswahl, Training Bundeswehr stieg ihr Einsatz stetig an und somit auch der Die methodische Umsetzung beginnt mit Hospitationen, wertvolle Informationen für die Gestaltung und Gewichtung
und Belastungsmanagement einbezogen werden können. Bedarf an entsprechendem Bedienpersonal. Auf Basis des um die unterschiedlichen Bedienpositionen und die damit eignungsdiagnostischer Verfahren in der Auswahl geliefert.
weiter zunehmenden Bedarfs an Besatzungen von UAS und der verbundenen Aufgaben herauszuarbeiten. Derzeit erfolgt Gleichzeitig ermöglichen die Ergebnisse der Befragung erst-
bisher noch unzureichenden Kenntnis über möglicherweise eine Befragung von erfahrenem Bedienpersonal von UAS malig differenzierte Vergleiche der Anforderungsprofile
besondere Eignungsvorrausetzungen ist die Abteilung für und Piloten bemannter Luftfahrzeuge zu den Anforderungen bemannter und unbemannter Fliegerei und somit wertvolle
Luft- und Raumfahrtpsychologie des DLR in Kooperation mit ihrer Tätigkeit mit einem etablierten empirischen Verfahren. Aussagen zu Gemeinsamkeiten als auch notwendigen Unter-
dem Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Die Soldaten und Soldatinnen schätzen dabei als Experten die schieden in Auswahl und Training.
mit einer wissenschaftlichen Studie zur Analyse der Eignungs- Anforderungen ihrer Tätigkeit in den Bereichen Kognition,
anforderungen von Operateuren unbemannter Luftfahrzeuge Psychomotorik, Wahrnehmung, Physische Merkmale sowie
betraut. Interpersonelle Fähigkeiten und Fertigkeiten ein. Erste Ergeb-
nisse für UAS legen nahe, dass sich unabhängig von Bedien-
Primäres Ziel ist die wissenschaftliche Ermittlung spezifischer konzept und Position allgemeine Anforderungen wie eine
Anforderungsprofile für die Führung UAS sowie die Feststellung hohe mentale Ausdauer, eine hohe Zuverlässigkeit und eine
von Unterschieden in den Anforderungen bemannter und hohe selektive Aufmerksamkeit ableiten lassen. Auch positions-
unbemannter militärischer Fliegerei. Dabei wird im Rahmen spezifische Anforderungen konnten identifiziert werden.

Abb. 1: Bodenkontrollstation KZO (Quelle: © Bundeswehr / Neumann) Abb. 2: Steuerer und Luftbildauswerter, Bodenkontrollstation Luna Abb. 3: Operator, Heron System (Quelle: © Bundeswehr / Christian Thiel)
(Quelle: © Bundeswehr / Marc Tessensohn)
Forschungsaktivitäten 2017 40 41

Dr.-Ing. Patrick Gruhn Dr.-Ing. Christian Schnepf unter Berücksichtigung aller sechs Freiheitsgrade (6DoF). eintrittskörper. Dargestellt sind Höhen- und Machzahlverlauf
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,
Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik Durch das Einbinden eines weiteren (Abfang-)Flugkörpers einmal bei Verwendung eines „primitiven“ Modells für die
Köln Göttingen
bietet das Tool auch die Möglichkeit zur Simulation kompletter Schubstrahlsteuerung und einmal unter Verwendung der
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Abfangvorgänge im geschlossenen Regelkreis. In Abbildung 1 numerischen Daten aus CFD-Rechnungen. Viele weitere Para-
ist dies schematisch dargestellt. Die bei der Entwicklung des meter können ebenfalls aus den flugdynamischen Simulationen
FDS gemachten Erfahrungen fließen auch als Beitrag des DLRs abgelesen werden. Weiterhin lassen sich gerade in Verbindung
in die im Auftrag des Technologiefelds Flugkörper des BAAINBw mit Variationsrechnungen und Monte-Carlo-Simulationen
Einsatz flugdynamischer Simulationen in der Analyse entwickelte Interceptor Simulation (ISim) ein. Diese soll einen Aussagen auch z. B. über die Präzision des Flugkörpers oder
von Flugkörperbedrohungen modularen, querschnittlich nutzbaren Simulations-Baukasten aber bei Simulation des Abfangvorganges über die Möglichkeit
zur Analyse und Bewertung von Flugkörpern sowie zu deren bzw. Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abfangens treffen.
Auslegung, Entwurf und Realisierung bereitstellen.
Flugdynamische Simulationen leisten einen wichtigen Bei- Bei der technischen Analyse und Bewertung von Flugkörpern,
trag zur Analyse und Bewertung der Leistungseigenschaften die eine potentielle Bedrohung darstellen, wie z. B. ballistische Die Qualität der verwendeten Eingangsdaten hat dabei einen
von Flugkörpern und werden daher auch bei der Analyse Flugkörper, wird auf eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse der Modellierung.
potentieller Bedrohungen eingesetzt. Das Institut für Aero- und Methoden zurückgegriffen. Einige grundsätzliche Fragen Daher werden hier neben Daten aus konventionellen Aus-
dynamik und Strömungstechnik des Deutschen Zentrums zu Flugleistungen, wie z. B. die Fragen nach Reichweite und legungstools auch solche aus hochwertigen experimentellen
für Luft und Raumfahrt (DLR) entwickelt hierzu u. a. im „Nutzlast“-Masse, lassen sich für eine erste Abschätzung bereits Verfahren (Windkanalversuche) und /oder aus numerischen
Rahmen grundfinanzierter Arbeiten Werkzeuge und Metho- mit vereinfachten „ingenieurmäßigen“ Methoden beantworten Strömungsberechnungen (CFD) verwendet. Exemplarisch sind
den, mit denen Flugkörper und gegebenenfalls auch die (entsprechende Informationen zum betrachteten System vor- in Abbildung 2 Machzahl- und Wanddruckverteilung für einen
Möglichkeiten zum Abfangen simuliert werden können. ausgesetzt). Die Erzielung einer höheren Genauigkeit oder Wiedereintrittskörper gezeigt, welche mit Hilfe des am DLR
die Beantwortung darüber hinausgehender Fragen erfordert entwickelten Strömungslösers TAU berechnet wurden.
allerdings eine aufwendigere, möglichst realitätsnahe Rekon-
struktion des Flugkörpers und auch den Einsatz höherwertiger Abbildung 3 zeigt die numerisch ermittelte Druckverteilung
Methoden zur Simulation des Flugs. im Düsenbereich einer mittels Schubvektorsteuerung gesteu-
erten ballistischen Rakete. Die aus diesen Daten gewonnenen
Im Rahmen grundfinanzierter Arbeiten zum Thema Flug- Koeffizienten fließen als Kennfelder in die flugdynamische
körpertechnologien wurde am Institut für Aerodynamik und Simulation ein und ermöglichen dort eine gute Vorhersage der
Strömungstechnik des Deutschen Zentrums für Luft- und auftretenden aerodynamischen Kräfte und der Steuerkräfte.
Raumfahrt (DLR) ein flugdynamisches Simulationsprogramm
zur Simulation von Flugkörper-Referenzmissionen entwickelt, Als Beispiel zeigt Abbildung 4 den Vergleich zweier simulierter
der Flight Dynamics Simulator (FDS). Dieses in Matlab/Simu- Trajektorien einer ballistischen Kurzstreckenrakete mit reiner
link® umgesetzte Tool simuliert die Bahn eines Flugkörpers Schubstrahlsteuerung (TVC) und mit abtrennbarem Wieder-

Abb. 1: Schematische Darstellung des geschlossenen Regelkreises Abb. 2: Numerische Simulation eines Wiedereintrittskörpers, Abb. 3: Numerisch berechnete Druckverteilung im Bereich einer Abb. 4: Trajektorien für unterschiedliche TVC-Modelle
Machzahl und Wanddruckverteilung Schubvektorsteuerung
Forschungsaktivitäten 2017 42 43

Thomas Hasenohr Dr. Leif Humbert Wolfgang Riede


Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,
Institut für Technische Physik Institut für Technische Physik Institut für Technische Physik
Stuttgart Stuttgart Stuttgart

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STAR-C: Das transportable Laser Ranging System des DLR auf wenige Zentimeter genau mit einem Laser mit geringer dämpfung beim Betrieb im Feld. Für die Durchführung der
zur Orbitvermessung von Weltraumschrott Pulsenergie zu bestimmen. Eine solch hohe Genauigkeit bei laserbasierten Abstandbestimmung wird ein Weltraumschrott-
der Ortung erlaubt schließlich die Bestimmung von hoch- objekt mit einem Spiegelteleskop mit einer Apertur von 17 Zoll
präzisen Orbits der Objekte. erfasst, passiv-optisch verfolgt und durch einen Regelalgorith-
Das transportable Laser Ranging System STAR-C wird für Die Raumfahrtinfrastruktur und der Satellitenbetrieb sehen mus auf wenige Bogensekunden genau auf das Objekt nach-
die Durchführung von genauen laserbasierten Abstands- sich einer zunehmenden Gefährdung durch den stetigen Aus diesen Gründen betreibt das Institut für Technische geführt. Diese hohe, dynamische Richtgenauigkeit ist die
messungen zu Weltraumschrottobjekten im niedrigen Erd- Anstieg der Weltraumschrottpopulation ausgesetzt. Dies trifft Physik des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt Voraussetzung für das Aufsetzen des Laserstrahls durch das
orbit entwickelt. Diese Messungen erlauben die Ermittlung insbesondere auf bestimmte, stark belegte Bahnen im niedrigen (DLR) Forschungs- und Entwicklungsarbeiten an Systemen zur Sendeteleskop auf das Objekt und die Erfassung von rückge-
von präzisen Orbits der Objekte, insbesondere im Hinblick Erdorbit bis zu Bahnhöhen von 2.000 km zu. Die Überwachung laserbasierten Abstandsbestimmung auf nicht kooperative streuten Photonen mit dem Empfangsteleskop. Die Photonen
auf drohende Kollisionen. Durch die containerbasierte dieser Population und die Pflege eines umfassenden Objekt- Weltraumschrottobjekte für den niedrigen Erdorbit. Hierfür werden mit einem entsprechend angebrachten Einzel-Photon-
Auslegung ist eine ortsunabhängige Verwendung im Feld kataloges erfolgt durch das amerikanische Space Surveillance werden wesentlich höhere Pulsenergien benötigt. Für eine Detektor detektiert. Das derzeit eingesetzte Lasersystem be-
möglich. Network, ein global verteiltes Netzwerk von ca. 30 Sensoren, hohe Flexibiliät bei der zukünftigen Auswahl eines Messstand- findet sich ebenfalls auf der Hubplattform und wird durch
bestehend aus Radaranlagen zur Überwachung des niedrigen ortes wurde eine transportable, containerisierte Lösung in Form einen Coudépfad durch die Drehachsen der Montierung zum
Erdorbits und Teleskopen zur Beobachtung von Objekten in eines robusten, 20 Fuß ISO Containers gewählt (STAR-C: Transmitter geführt. Hierzu wird gepulste Laserstrahlung im
höheren Orbits. Die Bahndaten von mehr als 20.000 Objekten Surveillance, Tracking and Ranging-Container), welcher bei nahinfraroten Spektralbereich verwendet, mit Pulsdauern von
mit einer Größe von 10 cm oder mehr werden in einem Ob- Bedarf auch energieautonom mit einem Stromgenerator be- wenigen Nanosekunden.
jektkatalog geführt und Satellitenbetreibern zur Verfügung trieben werden kann. Das Funktionsprinzip basiert auf einer
gestellt. Diese Daten sind aber oft nicht von entsprechender Hubvorrichtung, die für den Messbetrieb eine Alt-Azimut Das System befindet sich derzeit in Feldtests. Zukünftig ist ein
Genauigkeit, um bei drohenden Kollisionen mit Satelliten Montierung auf einer Plattform mit Lasertransmitter und automatisierter Betrieb vorgesehen. Als Modul eines geografisch
fundierte Entscheidungen für geeignete Ausweich- bzw. Empfangsteleskop über die Ebene des Containerdaches anhebt. verteilten Stationsnetzwerks mit hoher Verfügbarkeit kann
Kollisionsvermeidungsmanöver planen zu können. Dies ermöglicht eine Rundumbeobachtung, das sog. All Sky diese Technologie einen wichtigen Beitrag zur Kollisionsver-
Tracking. Die Hubvorrichtung ist mechanisch von der eigent- meidung bzw. Kataloghaltung von Weltraumschrott leisten.
Das aus der Satellitengeodäsie bekannte Laser Ranging lichen Containerstruktur entkoppelt, sodass keine Vibrationen
Verfahren bietet die Möglichkeit, den Abstand von orbitalen übertragen werden. Die große Masse der Vorrichtung von
Objekten beim Stationsüberflug mit sehr hoher Genauigkeit 4,5 Tonnen bewirkt eine Stabilisierung bzw. Schwingungs-

Abb. 1: Entwicklung der Anzahl der Weltraumobjekte größer 10 cm Abb. 2: Räumliche Dichte der Weltraumobjekte mit Abmessungen Abb. 3: Laser Ranging System „Surveillance, Abb. 4: Teleskopmontierung mit Empfangsteleskop Abb. 5: Aufstellung von STAR-C an einem Mess-
nach Objektkategorie größer 10 cm im niedrigen Erdorbit Tracking and Ranging-Container“ (STAR-C) (links) und Sendeteleskop (rechts) auf der Hubplatt- standort mit Schwerlastkran (Quelle: DLR/Eppler)
form
Forschungsaktivitäten 2017 44 45

Dipl.-Ing. Michael Hanke Sarah Froese, B. Eng. Technologieentwicklungsaktivitäten im Leitkonzept FFS. Ansatz. Im Gegensatz zum zuvor vorgestellten A-Modell
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR),
Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik Bei geklebten Strukturen in Differentialbauweise werden im bestand das Ziel dieses B-Modells in der Untersuchung neuer,
Braunschweig Braunschweig
Gegensatz zur Integralbauweise kleinere, meist weniger kom- kostengünstigerer Bauweisenkonzepte mit dem Ziel Ferti-
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plexe Bauteile gefertigt und im Anschluss in einem separaten gungskosten und -zeiten zu reduzieren. Am Ende des Bewer-
Klebprozessschritt gefügt. Dies reduziert zum einen den Her- tungs- und Auswahlprozesses fiel die Entscheidung auf eine
stellungsaufwand (Laminieraufwand komplexer Strukturen Doppelschalenbauweise, bei der zwei biegeweiche Schalen,
und Werkzeugkosten) und vermindert gleichzeitig das Aus- in einer umlaufenden Endlosklebefuge pastös verklebt,
Eurofighter Airbrake – eine Demonstration faserverbundgerechter schussrisiko teurer Integralstrukturen. Eine besondere Heraus- die gesamte stabile Komponente der Airbrake ergeben. Die
Bauweisen forderung bei der Klebetechnologie ist die Sicherstellung beiden CFK-Schalen aus kostengünstigen, trockenen und gut
einer geeigneten und kontaminationsfreien Klebeoberfläche, drapierfähigen Fasermaterialien werden in einem Flüssig-
um eine prozesssichere, adhäsive Haftung zu gewährleisten. harz-Infusionsprozess hergestellt und mit nur drei 3D-
Im Rahmen des grundfinanzierten Leitkonzeptes FFS – Fort- Das Primärziel bestand in einer deutlichen Steigerung der gedruckten metallischen Lasteinleitungsbeschlägen ergänzt.
schrittliche Flugzeugstrukturen, mit den Partnern AIRBUS Kosteneffizienz militärischer Flugzeugstrukturen. Hierbei Ziel der gemeinschaftlichen Arbeiten ist es hier (dem A-
Defence and Space, Airbus Central R&T und dem Wehrwissen- konnte ein Kosteneinsparungspotential von ca. 40 % durch Modell) den Gesamtprozess für eine Klebefertigung an einem Insbesondere durch die Reduktion der Teilezahl von ca. 40 auf 5
schaftlichen Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB), bionisch inspirierte, geklebte Bauweisen, geeignete Werk- konkreten Strukturbauteil zu durchlaufen. Als Beispielstruktur sowie eine Reduktion Hunderter Nieten, konnte ein deutliches
hat das Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik stoffe und Herstellungstechnologien demonstriert werden. hierfür wurde die Bremsklappe (Airbrake) des Eurofighter Kosteneinsparungspotential demonstriert werden. Ergänzend
des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) eine Twin Seater ausgewählt. Die A-förmig angeordneten Haupt- dazu wirkt sich die kosteneffiziente Fertigungstechnologie der
neue faserverbund- und klebgerechte Bauweise für Flug- Während diese sehr weit in die Faserverbund-Zukunft schau- versteifungselemente, die Holme, werden dabei im Serien- Außen- und der Versteifungsschale in Verbindung mit dem
zeugkomponenten entwickelt und anhand einer typischen ende Version noch keine TRL-6 Reife (Technology Readiness bauteil in Co-curing Technologie hergestellt. Während das Ansatz der semianalytischen Auslegungsmethodik für geklebte
Eurofighter-Beispielkomponente, dem Bodendemonstrator Level) erlangt hat, geht dieses Jahr eine frühere, auf das Struk- Strukturkonzept des Serienbauteils beibehalten wird und aus- Strukturen (SAADAJoint – Semi-Analytical Approach for the
Airbrake B-Modell, demonstriert. turkonzept des Serienairbrake basierende, allerdings strukturell schließlich Eurofighter-spezifische, bereits flugzugelassene Design of Adhesive Joints) deutlich kostenreduzierend für
geklebte Version (A-Modell), der Original-Airbrake unter den Materialien, Hilfsstoffe und Prozesse verwendet werden, zukünftige militärische Flugzeugstrukturen aus.
Augen der Wehrtechnischen Dienststelle der Bundeswehr erfolgt der Montageprozess der Hauptholme des A-Modells
(WTD 61) nach Zulassung durch das Luftfahrtamt der Bundes- durch strukturelles Kleben (Secondary Bonding). Dabei ist die
wehr (LufABw) in Manching, auf dem Instrumented Production komplette Fertigung und militärische Zulassung (nach Euro-
Aircraft #3 (IPA3) in den Flugversuch. fighter Standard durch das Luftfahrtamt der Bundeswehr)
des Flugdemonstrators vorgesehen und damit der Nachweis
Gerade die Montage- und Fügetechnologie spielt eine entschei- der Technologiereife TRL-6.
dende Rolle, um leistungsfähige und gleichzeitig kostengünstige
CFK-Leichtbaustrukturen moderner Kampfflugzeuge zu er- Schon parallel zu der Anfertigung des Flugdemonstrators er-
halten. Daher ist die Weiterentwicklung und Etablierung einer folgte beim DLR der Entwurf einer Vielzahl neuer Bauweisen
robusten strukturellen Klebtechnologie Ziel der gemeinsamen in einem konsequenten, gewichtsneutralen Design-to-Cost

Abb. 1: Bremsklappe / Airbrake des Eurofighter, eine Demonstratorstruktur Abb. 2: Finale Eurofighter Airbrake A-Modell (Quelle: Airbus) Abb. 3: Konstruktiver Entwurf des Airbrake- Abb. 4: Eurofighter Airbrake-Demonstrator Abb. 5: Detailansicht eines 3D-gedruckten
„Strukturelle Klebetechnologie“ (Quelle: Airbus) Demonstrator B-Modell B-Modell Last­einleitungsbeschlages für dünnwandige
CFK-Schalenstrukturen
Forschungsaktivitäten 2017 46 47

Dr. Loïc Bernard Armin Schneider anwendungen wurde in den letzten Jahren darüber hinaus realisiert. Das Strahlungsdiagramm dieser Antennen ist
Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Deutsch-Französisches Forschungsinstitut
Saint-Louis (ISL), Frankreich Saint-Louis (ISL), Frankreich die Integration klassischer Patch-Antennen in das Heck eines dem Diagramm klassischen Patch-Antennen sehr ähnlich.
isl@isl.eu isl@isl.eu Projektils untersucht. Hierbei muss die Antenne beim Abschuss Die Antennen wurden in zahlreichen Freiflugversuchen mit
speziell geschützt werden. Für kleinere Kaliber muss auch die kleinkalibrigen Projektilen (25 mm und 28 mm) auf dem
Antenne verkleinert werden, was die zur Verfügung stehende institutseigenen Versuchsgelände bei Drehraten von bis zu
Bandbreite reduziert. Unterschreitet der Antennendurchmesser 700 Hz und Beschleunigungen bis zu 20.000 g erfolgreich
eine kritische minimale Größe im Vergleich zur verwendeten getestet.
Entwicklung von Metamaterial-Antennen für Projektilanwendungen Wellenlänge, dann weist die Antennenstruktur keinerlei Re-
sonanzfrequenz mehr auf und strahlt keine Leistung mehr Derzeitige Untersuchungen konzentrieren sich auf die
ab. Patch-Antennen mit einem Durchmesser von weniger als Inte­gration von Metamaterial-Antennen auf zylindrische
20 mm funktionieren bei einer Frequenz von 2,3 GHz nicht oder konische Strukturen sowie die Entwicklung von
Gelenkte Munition benötigt leistungsfähige Kommunika- Das Deutsch-Französische Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) mehr. kompakten Dual-Band- bzw. Breitband-Antennen für GNSS-
tionssysteme zur Übertragung von Messdaten sowie dem führt Untersuchungen im Bereich der Erhöhung der Reich- Anwendungen. Abbildung 1 zeigt die gemessenen Bandbreiten
Empfang von GNSS-Signalen. Hierzu werden speziell an die weite von Projektilen zu abstandswirksamen Bekämpfung Metamaterial-Antennen sind ähnlich aufgebaut wie normale für verschiedene Patch- und Metamaterial-Antennen bei
Geometrie angepasste Antennen sowie Sender und Empfänger von stationären und bewegten Zielen durch. Gleichzeitig soll Patch-Antennen, allerdings bestehen sie nicht aus einer homo- ­einer Frequenz von 2.3 GHz.
entwickelt, die die extremen Bedingungen insbesondere zur Vermeidung von Kollateralschäden die Präzision (auch von genen, leitenden Oberfläche sondern aus mehreren periodi-
beim Abschuss (Beschleunigungen bis zu 50.000 g) aber auch bereits eingeführter Munition) erhöht werden, was voraussetzt, schen Strukturen. Sind diese Strukturen kleiner als 1/10 der
während der Flugphase (Drehraten bis zu 1.000 Hz) über- dass das Projektil gelenkt werden kann. Die Navigationselek- Wellenlänge, spricht man von Metamaterial-Antennen. Der
stehen müssen. tronik für gelenkte Projektile basiert auf kostengünstigen, frei Vorteil dieser Antennen ist, dass das Herstellungsverfahren
auf dem Markt verfügbaren und nach Möglichkeit ITAR-freien praktisch identisch ist mit dem für klassische Patch-Antennen.
Komponenten sowie zivilen GNSS-Empfängern. Frei verfügbare Weiterhin sind sie bei gleicher Frequenz geometrisch deutlich
Komponenten sind allerdings für diese hohen Anforderungen kleiner und auch die Bandbreite ist erheblich größer.
nicht ausgelegt und müssen daher selektiert und gehärtet
werden. Das ISL verfügt über eine spezielle Anlage, mit der Metamaterial-Antennen waren in den letzten Jahren Gegen-
Beschleunigungstests bis zu 60.000 g zur Validierung durch- stand weltweiter Forschung, allerdings im Hinblick auf relativ
geführt werden können, sowie ein Versuchsgelände mit zwei große Strukturen. Die Besonderheit unserer Untersuchungen
Schießbahnen zur Durchführung von Freiflugversuchen unter ist die Integration von Metamaterial-Antennen in (bezogen auf
realen Bedingungen. die Wellenlänge) sehr kleine metallische Kavitäten (Projektil-
heck). Es wurden mehrere quadratische, rechteckige und kreis-
Sende-/ Empfangs-Antennen für Telemetrie sowie GNSS förmige Antennen in unterschiedlichen Größen zwischen
können sowohl in der Projektilspitze integriert als auch auf 0.12 und 0.6 λ für Telemetrieanwendungen (2.3 GHz und 5.2
dem Projektilkörper angebracht werden. Für Telemetrie- GHz) sowie für den Empfang von GNSS-Signalen (1.575 GHz)

Durch- Patch Meta-


messer material
32 mm 52 MHz 90 MHz

20 mm nicht 21 MHz
realisierbar

16 mm nicht 22 MHz
realisierbar

Abb. 1: Bandbreite klassischer Patch- und Abb. 2: Kreisförmige Patch-Antennen (links) und Metamaterial-Antennen (rechts) in einer Kavität Abb. 3: 25mm „long range projectile“ mit einer Metamaterial-Antenne im Heck Abb. 4: Bandbreite einer klassischen
Metamaterial-Antennen (integriert in eine Stacked-Patch-Antenne (blau) und einer
Kavität) Metamaterial-Antenne (grün)
Forschungsaktivitäten 2017 48 49

Dr. Michaela Knoll ORR Dr. Stefan Ludwig Prof. Dr. Ing. habil. Udo Zölzer
Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Marinekommando Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) Rostock Hamburg
Eckernförde
marine@bundeswehr.org pressestelle@hsu-hh.de
WTD71posteingang@bundeswehr.org

Automatische Detektion von Meeressäugern in akustischen und Forschungsarbeiten durchzuführen bzw. zu organisieren, da wasserverankerungen, sondern auch bei auf dem Schiff online
optischen Aufnahmen der genaue Zusammenhang zwischen den Walstrandungen gewonnenen Hydrophondaten eingesetzt werden.
und den Sonareinsätzen noch nicht geklärt ist. Diese Teams
unterstützen auch die Marine bei der Planung von Sonarein- In einer gemeinsamen Studie zur automatischen Detektion von
Anthropogen erzeugter Unterwasserlärm, der z. B. beim Bei mehreren Einsätzen aktiver Sonaranlagen von NATO- sätzen und bei der Erstellung eines Leitfadens mit geeigneten Schweinswalen in optischen Aufnahmen der Meeresoberfläche
Einsatz aktiver Sonare entsteht, kann Meeressäugern Schaden Marineeinheiten bestand ein enger räumlicher und zeitlicher Maßnahmen zum Walschutz basierend auf den neusten For- bei der Forschungsplattform FINO3 in der Nordsee (Abb. 4)
zufügen. Geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung Zusammenhang mit Walstrandungen. Diese Ereignisse erreg- schungsergebnissen, so dass keine unbegründeten Einschrän- erwies sich der FAST-Algorithmus (Features from Accelerated
müssen erarbeitet werden, um unbegründete Restriktionen ten Besorgnis sowohl bei der Marine als auch in der Öffent- kungen für das Betreiben von aktiven Sonargeräten erlassen Segment Test) als geeignet, Tiere zu erkennen. Er versagt aber
bei den Sonareinsätzen zu vermeiden. Gemeinsame Projekte lichkeit, bei Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen. werden. Das Wissen um die Verteilung und Habitatnutzung bei schlechten Umweltbedingungen wie starkem Seegang und
der Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marine- Europäisches Recht, wie z. B. die Meeresstrategie-Rahmen- von Meeressäugern in potentiellen Einsatzgebieten ist essen- Regen und erzeugt viele Fehlalarme. Eine Verbesserung der
waffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) richtlinie, erwartet von den Mitgliedstaaten, Umweltschäden tiell. Weiterhin ist eine schnelle Detektion, Lokalisierung und Erkennungsrate wurde durch den Einsatz von faltenden neu-
und der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der durch Unterwasserlärm zu verhindern und einen guten Klassifikation von anwesenden Walen notwendig, um Schutz- ronalen Netzwerken erzielt (Abb. 5). Dabei werden vortrainierte
Bundeswehr Hamburg zur Detektion von Meeressäugern Umweltzustand zu erreichen. Aktive Sonarsysteme sind ein maßnahmen rechtzeitig einleiten zu können. neuronale Netzwerke und ein einfaches, problemangepasstes
unterstützen die Walschutzmaßnahmen. essentieller Bestandteil für die Fähigkeiten der Marine. Gleich- Netzwerk getestet, wobei das Letztere mit 84 % zwar nicht
zeitig muss die Balance zwischen dem Schutz der maritimen In gemeinsamen Projekten der WTD 71 und der Helmut- die Erkennungsrate der vortrainierten Netzwerke erreicht,
Umwelt und der Notwendigkeit des operationellen Sonar- Schmidt-Universität wurden Schallmessungen (Abb. 2) aus aber bei den Berechnungen deutlich schneller auszuführen
einsatzes gefunden werden. unterschiedlichen Regionen bezüglich Walklicks analysiert. ist. Mit einem erweiterten Testdatensatz, in dem zwischen
Mit Hilfe des Teager-Kaiser Energy Operators werden die Möwen, Bojen, Schweinswalen und Wasser unterschieden
Bei den Walstrandungen, die mit Sonareinsätzen in Zusammen- Klicks in den akustischen Aufzeichnungen detektiert und wird, werden Schweinswalerkennungsraten von bis zu 94 %
hang standen, waren insbesondere tieftauchende Schnabelwale Reflexionen durch eine Kreuzkorrelation erkannt und elimi- erreicht.
betroffen, aber auch Schweinswale (Abb. 1), die häufigste Walart niert. Jedem registrierten Klick werden verschiedene Merkmale
der Nordsee, reagieren bei Unterwasserlärm sehr empfindlich. zugeordnet, so dass man einzelne Individuen erkennen und
Aussagen zu der Anzahl der anwesenden Tiere treffen kann
In den letzten Jahren haben weltweit verschiedene militärische (Abb. 3). Dieses Verfahren zur Bestimmung des Walvorkommens
Organisationen Teams zusammengestellt, um notwendige kann nicht nur bei akustischen Aufzeichnungen von Unter-

Abb. 1: Der Schweinswal ist die am häufigsten Abb. 2: Akustischer Messturm Abb. 3: Automatische Detektion von Pottwalklicks in akustischen Abb. 4: An der Reling der Forschungsplattform FINO3 installierte Kamera zur Abb. 5: Automatische Detektionen von Schweinswalen und Boje in
vorkommende Walart der Nordsee und die einzige mit Hydrophonkette, Auftriebs- Aufzeichnungen aus dem Mittelmeer. Die Klicks wurden drei visuellen Sichtung von Schweinswalen in der Umgebung* einem Bildausschnitt, der am 7. 7. 2013 05:05 UTC mit der Kamera
heimische in der Ostsee. Die Abbildung wurde von körper und Fischerkugel, der in verschiedenen Individuen (blau, grün, rot) zugeordnet. auf der Forschungsplattform FINO3 aufgenommen wurde.
Herrn Wurtz (Artescienca) mit Nutzungsrechten der Nordsee bei der Forschungs- Die Untersuchung wurde von den Herren Simkus und Obaldia * Die Datenerfassung wurde unter Leitung von Herrn Dr. Gerdes von der WTD Die Untersuchung wurde von den Herren Dr. Wulf und Bhattacharya
für die Bundeswehr erstellt plattform FINO3 verankert von der Helmut-Schmidt-Universität unter Leitung von Herrn 71 im Auftrag der Forschungs- und Entwicklungszentrum Fachhochschule Kiel von der Helmut-Schmidt-Universität durchgeführt
wurde* Dr. Nissen von der WTD 71 durchgeführt GmbH im Rahmen eines vom BMWi geförderten Projekts durchgeführt
Forschungsaktivitäten 2017 50 51

Dr.-Ing. Lars Ole Fichte Prof. Dr. rer. nat. Marcus Stiemer Dr. med. Andreas Lamkowski Dipl.-Ing. Matthias Kreitlow
Helmut-Schmidt-Universität / Helmut-Schmidt-Universität / Institut für Radiobiologie der Bundeswehr Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien –
Universität der Bundeswehr Hamburg Universität der Bundeswehr Hamburg München ABC Schutz (WIS)
Hamburg Hamburg Munster
InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org
forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de WISPosteingang@bundeswehr.org

Biodosimetrie für elektromagnetische Felder In dieser Studie soll geklärt werden, ob die Regulation biologi- (Abb. 3) liefert bislang keine validierten Hinweise darauf, dass
scher Prozesse schon bei moderaten Feldstärken beeinflusst es neben der Erwärmung weitergehende zelluläre Effekte gibt.
werden kann, die etwa beim Einsatz von Störsendern der Weitere systematische Untersuchungen mit anderen Befeldungs­
Bundeswehr auftreten und unterhalb der zulässigen Grenz- situationen werden im laufenden Projekt derzeit vorbereitet.
Personal der Bundeswehr ist in unterschiedlichen Bereichen In Auslandseinsätzen besteht für unsere Soldaten ein hohes werte liegen. Im Hochfrequenzbereich sind diese Grenzwerte Sollte es möglich sein, elektromagnetische Einflüsse in diesen
elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Um die Exposition Bedrohungspotential, z. B. durch sogenannte improvisierte an der medizinisch tolerierbaren Erwärmung des menschlichen Daten zu detektieren, kann die Genexpressionsanalyse zu einem
fundierter bewerten zu können, forschen das Institut für Sprengsätze (IEDs, englisch: Improvised Explosive Devices), Gewebes orientiert. Mittels der Genexpressionsanalyse lässt biologischen Dosimetrieverfahren weiterentwickelt werden.
Radiobiologie der Bundeswehr, das Wehrwissenschaftliche welche häufig über Funksignale ferngezündet werden. Um sich nun bewerten, ob neben der Gewebeerwärmung weitere
Institut für Schutztechnologien – ABC Schutz (WIS) und die die Zündung zu verhindern, werden spezialisierte Kräfte mit Einflüsse elektromagnetischer Felder existieren: Jeder externe Für die Zukunft ist geplant, die für den Einsatz der Soldaten
Professur für Theoretische Elektrotechnik der Universität Störsendern (Jammern) ausgestattet. Diese Geräte werden Reiz führt in der Zelle zu einem Zugriff auf das Erbgut (DNS), relevanten elektromagnetischen Befeldungsszenarien durch
der Bundeswehr Hamburg mit molekularbiologischen zum Beispiel in einem Rucksacksystem transportiert und dessen Informationen ständig in das sogenannte Transkriptom geeignete Testumgebungen abzubilden und systematisch
Methoden. blockieren die IED-Funkfernzündung durch feindliche Kräfte. übertragen werden. Jeder für die Zelle relevante Reiz führt Befeldungsexperimente durchzuführen. Bild 4 zeigt hierzu
Dabei werden die Soldaten zwangsläufig den abgestrahlten zu dessen Änderung, und weitere zelluläre Reaktionen basie- einen Hohlraumresonator mit veränderlicher Geometrie, eine
elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Nach aktuellem Stand ren schließlich auf den dort hinterlegten Informationen. Das sogenannte Modenverwirblungskammer, die hierzu einge-
der Wissenschaft sind gesundheitliche Schäden bei Einhaltung Transkriptom wird nun für den Fall, dass die Zelle einem elek- setzt werden soll. Diese wurde in einen Inkubator integriert,
der einschlägigen Grenzwerte ausgeschlossen. Es existieren tromagnetischen Feld ausgesetzt ist, mit dem Transkriptom um den befeldeten Zellen optimale Umweltbedingen zu bieten
bisher aber noch keine Verfahren zur biologischen Dosimetrie im unbestrahlten Fall verglichen. und externe Störeinflüsse auf das empfindliche Messverfahren
von elektromagnetischen Expositionen, um Einflüsse abseits zu minimieren.
der bekannten Effekte zu bewerten. Daher wurden etwaige In einer experimentellen Vorstudie wurden Blutproben von
Wechselwirkungen zwischen elektromagnetischen Wellen fünf Probanden in einem elektromagnetischen Wellenleiter
und biologischen Zellen anhand der Zellreaktion auf Ebene des WIS (Abb. 1) über verschiedene Zeiträume exponiert
des Genoms mittels einer Genexpressionsanalyse untersucht. (Abb. 2). Zusätzlich erfolgten in separaten Proben eine Schein-
Damit soll die Eignung einer solchen Analyse als Biodosimetrie- exposition und die Erzeugung von Temperaturstress, um poten-
verfahren betrachtet werden. tielle Effekte durch eine Exposition mit elektromagnetischen
Feldern besser diskriminieren zu können. Die Auswertung

Abb. 1: Versuchsaufbau im Labor des WIS Abb. 2: Versuchsdesign mit verschiedenen Versuchsarmen Abb. 3: Venn-Diagramm der unterschiedlichen Versuchsarme Abb. 4: In einen Inkubator integrierte Befeldungseinrichtung
(90 min mit Befeldung, 30 min, 60 min, 90 min Versuchsdauer ohne
Befeldung mit Temperaturerhöhung um 2° C). Die Zahlen zeigen
die Anzahl hochregulierter Transkripte im Vergleich zur Kontrolle.
Eine anschließende Validierung konnte keine nicht-thermischen
Effekte unter den Protein-codierenden Sequenzen bestätigen
Forschungsaktivitäten 2017 52 53

Univ.-Prof. Dr. rer. pol. Prof. Dr. rer. nat. habil. M.Sc. Fabian Gnegel M.A. Timo-Christian Heger Generalmajor a.D. Dipl.-Vw. Lennart Reimer Oberst i.G. Priv.-Doz. Ingmar Vierhaus
Klaus Beckmann Armin Fügenschuh Helmut-Schmidt-Universität / Helmut-Schmidt-Universität / Georg Nachtsheim Helmut-Schmidt-Universität / Dr. Manuel Schulz Helmut-Schmidt-Universität /
Helmut-Schmidt-Universität / Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Universität der Bundeswehr Hamburg Universität der Bundeswehr Hamburg Hamburg Hamburg Universität der Bundeswehr Hamburg Hamburg Universität der Bundeswehr Hamburg Hamburg
Hamburg Hamburg Hamburg Hamburg
forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de
forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de forschung@hsu-hh.de

Fähigkeitsentwicklung und Streitkräfteplanung im Kontext lungen und zusätzliche Anforderungen abbilden kann. Und die dann von allen JCs innerhalb des ORBAT erbracht werden
multinationaler Zusammenarbeit schließlich sollte der Demonstrator zu einer Zusammenstellung müssen.
optimaler Larger Formations (Orders of Battle, ORBAT) im
Rahmen des FNC nutzbar sein und eine Unterstützung bei der Die exogene Nachfrage beschreibt die vom ORBAT zu lösende
Der Kurzbeitrag beschreibt eine Studie zur Darstellung, Seit dem Ende der 1980er Jahre betreibt die Bundeswehr die Entdeckung und Bewertung von Fähigkeitslücken bieten. Aufgabe, die endogene Nachfrage bezieht sich auf die dabei
Analyse und Bewertung von militärischen Fähigkeiten im Entwicklung multinationaler Truppen- und Fähigkeitsstruk- benötigten Ressourcen anderer JCs, z. B. Unterstützung durch
Rahmen des Framework Nation Konzepts. Das entwickelte turen. Aufgrund jüngerer Ereignisse setzte ein Umdenken ein, ORBATs bestehen aus Komponenten verschiedener Teilstreit- Sanität und Logistik. Neben dem reinen Addieren von numeri-
Datenmodell kann zur Optimierung von Kräftestrukturen und als Folge hat sich die NATO auf ihren Gipfeltreffen in kräfte, Truppengattungen und Nationen („Joint components“, schen Kräftewerten wird dabei eine gegenseitige Verstärkung
und zur Untersuchung von Fähigkeitslücken verwendet wer- Wales 2014 und in Warschau 2016 wieder zurückbesonnen JCs). Einträge in der Datenbank entsprechen solchen JCs, der JCs untereinander berücksichtigt, wenn sie sich als verbun-
den. Dazu wurde ein IT-gestützter Demonstrator erstellt. auf ihre ursprüngliche Rolle, wie sie im Artikel 5 ihres Vertrags die in der Regel Verbände von Bataillonsgröße sind, bei Luft- dene Waffensysteme ergänzen, aber auch Abschwächungen,
niedergelegt ist. Ergänzend zu einer Reihe von anderen Initia- waffe, Marine und spezialisierten Aufgaben aber auch aus wenn Reibungsverluste auftreten (durch unterschiedliche
tiven in bzw. seitens NATO und EU oder einzelner Mitglieds- einzelnen Systemen und deren Besatzungen bestehen können. Sprache, Doktrin, mangelnde Abstimmung untereinander).
staaten hat Deutschland 2013 das sogenannte Framework Die Struktur der Vergleichskriterien lehnt sich an die Capcodes
Nation Konzept (FNC) initiiert. der NATO an, wurde aber stark vereinfacht, um die praktische Die zu lösende Planungsfragestellung ist ein komplexes Opti-
Handhabung und die Optimierung zu erleichtern. Das öko- mierungsproblem, bei welchem ein menschlicher Planer schnell
Die von der Abteilung Planung des BMVg in Auftrag gegebene nomisch inspirierte Bewertungskonzept beruht auf einem den Überblick verlieren würde. Dank Unterstützung durch
Studie „Europäische Fähigkeiten 2030 und ihre Nutzbarkeit Vergleich angebotener und nachgefragter Einsatzwertprofile mathematische Optimierungsverfahren kann ein optimaler
für die Aufstellung von Larger Formations im Rahmen des (siehe Abb. 1). ORBAT aus knapp 4000 JCs, welche jeweils durch mehr als
Framework Nations Concept (FNC)“ sollte die Fähigkeiten po- 70 Attribute beschrieben sind, nach kurzer Rechenzeit bestimmt
tenzieller Länder auf der Grundlage eines abgestimmten Satzes Es wurde ein browserbasiertes Datenbanksystem entwickelt, werden, oder, falls es nachweislich keinen ORBAT gibt, der alle
von Vergleichskriterien systematisieren, modellieren und be- in welches alle JCs, die Anforderungen an den ORBAT sowie die Anforderungen erfüllt, die Fähigkeitslücken aufgezeigt werden.
werten. Sodann musste das Daten- und Bewertungsmodell in politischen Randbedingungen (beispielsweise eine Mindest-
einem IT-gestützten Demonstrator so implementiert werden, oder Höchstanzahl an unterschiedlichen Nationalitäten) ein-
dass nicht nur auf die Daten zugegriffen werden kann, sondern gegeben wurden. Der aus den JCs zusammengesetzte ORBAT
sowohl die Datenbank als auch das Modell künftige Entwick- hat endogene und exogene Nachfrageattribute zu bedienen,

Abb. 1: Modellstruktur
Forschungsaktivitäten 2017 54 55

Prof.in Dr. Bettina Schaar M. Sc. Anna Schlumberger Dipl.-Sportwiss. Saskia Klughardt
Universität der Bundeswehr München, Universität der Bundeswehr München, Universität der Bundeswehr München,
Neubiberg Neubiberg Neubiberg

sportmethodik@unibw.de sportmethodik@unibw.de sportmethodik@unibw.de

Weiterentwicklung der anforderungsbezogenen Förderung der körperlichen zur Erstellung von Trainingsempfehlungen verwendet, mit schen und metabolischen Leistungsfähigkeit der Soldat-
Leistungsfähigkeit (KLF) von Soldatinnen und Soldaten im Heer dem Ziel die Anforderungen und Belastungen am Arbeitsplatz innen und Soldaten. Dieser wird anhand standardisierter
optimal zu tolerieren. spiroergometrischer Untersuchungen (= Goldstandard
der kardio-respiratorischen Leistungsdiagnostik in der
Im Rahmen der Studie findet die Untersuchung unter- Vor dem Hintergrund der Veränderungen der Aufgaben der Als Untersuchungsinstrument zur Erfassung der körperlichen Sportwissenschaft) im Feldtestverfahren durchgeführt.
schiedlicher arbeitsplatzbezogener Aufgaben sowie die Bundeswehr entwickelt sich ebenso das Anforderungsprofil Belastungen der Soldatinnen und Soldaten wurde ein „teilneh- Die Datenerhebung hierfür dauert noch an.
Quantifizierung der daraus resultierenden physiologischen an die Soldatinnen und Soldaten weiter. Aufgrund dieser fort- mender Beobachtungsbogen“ entwickelt und eingesetzt. Der
Anforderungen der Soldatinnen und Soldaten des Heeres schreitenden Veränderungen ist zukünftig ein wissenschaftlich Untersuchungsbogen berücksichtigt strukturiert körperliche Die ersten vorliegenden Ergebnisse der Interviews und
aus sportwissenschaftlicher Sicht statt. Ziel ist es, einen begründetes Konzept zur zielgerichteten Steigerung der kör- Belastungen basierend auf „Funktionskreisen“ und dokumen- der teilnehmenden Beobachtung zeigen aus sportwissen-
aktuellen Ist-Zustand zu ermitteln und auf dieser Basis perlichen Leistungsfähigkeit der Soldatinnen und Soldaten tiert Teil- als auch Ganzkörperbewegungen. Zudem werden schaftlicher Sicht deutliche Unterschiede im Belastungs-
wissenschaftlich fundierte Trainingsempfehlungen zur unumgänglich. In diesem Kontext werden in dieser Unter- weitere Faktoren wie eingesetzte Zusatzlast durch Ausrüstung und Anforderungsprofil zwischen den fünf untersuchten
zielgerichteten Steigerung der körperlichen Leistungs- suchung ausgewählte sportmotorische Anforderungsprofile sowie Bewegungsform und -dauer erfasst. Der Einsatz des Truppengattungen des Heeres. Aufgrund dieser Ergebnisse
fähigkeit der Soldatinnen und Soldaten des Heeres zu arbeitsplatzbezogener Tätigkeiten des Heeres erstellt. Hierfür Bogens ist sowohl zur Erhebung alltagsüblicher als auch einsatz- kann vermutet werden, dass ein differenziertes, individua-
entwickeln. erfolgte die Einteilung in fünf Untersuchungsgruppen aus aus- spezifischer physiologischer Anforderungs- und Belastungs- lisiertes Trainingskonzept dringend erforderlich ist, um eine
gewählten Truppengattungen des Heeres. profile geeignet. zielgerichtete Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit
der Soldatinnen und Soldaten des Heeres zu gewährleisten
Untersucht werden zufällig ausgewählte Soldatinnen und Als weitere Untersuchung dieser Studie fanden Leitfaden und daraus resultierend die aufgezeigten unterschiedlichen
Soldaten der Infanterie, der Kampfunterstützung, der Logistik, gestützte Interviews mit Expertinnen und Experten sowie physiologischen Anforderungen bestmöglich erfüllen zu
der gepanzerten Truppe und Rekrutinnen und Rekruten der Verantwortlichen des Sports innerhalb der Bundeswehr können. Der finale Bericht mit allen Ergebnissen wird bis
Allgemeinen Grundausbildung. Neben der Erfassung der ar- Berücksichtigung. Ziel dieser Befragungen ist es, die Ergeb- Ende des Jahres 2018 erwartet.
beitsplatzbezogenen sportmotorischen Anforderungsprofile nisse aus der teilnehmenden Beobachtung durch Experten-/
und den daraus entstehenden körperlichen Belastungen Expertinnen-Wissen abzusichern und zu erweitern.
in den unterschiedlichen Gruppen findet eine Analyse des
IST-Zustands der körperlichen Leistungsfähigkeit statt. Die Der letzte Untersuchungsteil der Studie beschäftigt sich
Ergebnisse der darauf basierenden Defizitanalyse werden mit der Erfassung des aktuellen Zustandes der physiologi-

Abb. 1: Laktatabnahme während des Feldtest Abb. 2: Vorbereitungen für die mobile spiroergometrische Untersuchung Abb. 3: Ausschnitt „Teilnehmender Beobachtungsbogen“
Forschungsaktivitäten 2017 56 57

Prof. Dr. Manfred Keuser Tobias Zircher Alexander Berg


Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Wehrtechnische Dienststelle für Schutz- und Sondertechnik (WTD 52)
Neubiberg Neubiberg Oberjettenberg

info@unibw.de info@unibw.de WTD52posteingang@bundeswehr.org

Nutzung von Stahlfaserbeton im Einsatz unterschiedlichen Faserarten, Bewehrungstypen und Bauteil- Im Rahmen dieser Studie wurden Faserbetonrezepturen
dicken hergestellt. In Mix 1 wurde ein Beton mit Flugasche für unterschiedliche Gesteinskörnungen und Zemente ent-
und Fließmittel verwendet. In den weiteren Mischungen (Mix 2 wickelt, die für eine Verwendung im jeweiligen Einsatzland
und Mix 3) wurden diese Komponenten durch Zement und geeignet sind. Dabei haben sich die drei unterschiedlichen
Militärische Einrichtungen der Bundeswehr bei Auslands- Die bauliche Durchbildung von Schutzbauteilen muss den Wasser ersetzt, um eine möglichst einfache Rezeptur zu er- Fasertypen (siehe Abb. 3) für die Herstellung von Schutzbau-
einsätzen sehen sich seit Jahren einer ständig steigenden direkten Schutz gewährleisten und bei einer Verwendung in halten. Alle Platten der Versuchsreihen 1 und 3 sind mit einer teilen als geeignet erwiesen, wobei die Verarbeitung ohne Ein-
Bedrohung durch terroristische Angriffe ausgesetzt. Zur einem Gesamttragwerk (z. B. Wand, Decke) sicherstellen, dass zweilagigen, kreuzweisen Bewehrung Ø 16/10 versehen. Die schränkungen möglich war. Mit den Ergebnissen der Studie
Gewährleistung der Sicherheit von Personen sowie des die globale Tragwirkung erhalten bleibt. Durch die Zugabe Platten der Versuchsreihe 2 weisen keine Betonstahlbewehrung wurde die Eignung von Faserbeton für Schutzplatten abgesi-
Schutzes von einsatzrelevantem Material stellen bauliche von Stahlfasern werden das Nachbruchverhalten und die auf, damit der Einfluss der Fasern auf den Trümmerflug exakt chert und die Fähigkeit für deren Herstellung im Einsatzgebiet
Schutzmaßnahmen ein wichtiges Element im Rahmen Duktilität von Betonbauteilen deutlich verbessert. Zudem untersucht werden kann. Mit diesen Versuchskörpern wurden erarbeitet.
eines ganzheitlichen Sicherheitskonzeptes dar. führen die Fasern zu einer signifikanten Reduktion der ab- Kontaktdetonationsversuche an der WTD 52 durchgeführt.
platzenden Sekundärtrümmer, die bei hohen Belastungs- Die Kontaktdetonation erzeugt auf der Seite der Ansprengung
geschwindigkeiten durch Beschuss oder Kontaktdetonationen (Angriffsseite) eine Schockwelle, die das Bauteil durchläuft und
auf der Schutzseite aus der Matrix herausgeschleudert auf der Bauteilrückseite (Schutzseite) als Zugwelle reflektiert
werden und eine Gefährdung für Personen und Material wird. Überschreiten die Zugspannungen auf der Schutzseite die
darstellen. Betonzugfestigkeit, bricht ein kraterförmiger Bereich aus der
Platte heraus.
Im Rahmen einer Studie im Auftrag der WTD 52 wird ein
Konzept für die Produktion von Schutzbauteilen im Krisenge- Nach vollständiger Auswertung der Versuchsreihen 1 bis 3 zeigt
biet unter der Verwendung von lokal vorhandenen Ressourcen sich, dass die Mischungen ohne Stahlfasern (Mix 1.1, 2.1 und 3.1)
(Personal, Material, Geräte) entwickelt, sodass zukünftig nur die maximalen Ausbruchmengen auf der Schutzseite aufweisen
die Stahlfasern ins Einsatzland geliefert werden müssen. (siehe Abb. 2). Durch die Zugabe der Stahlfasern konnten der
In dieser Studie wurden 45 quadratische Platten mit einer Trümmerflug und die ausgebrochene Menge auf der Schutzseite
Kantenlänge von 2,0 m für Kontaktdetonationsversuche aus signifikant reduziert werden, was einen positiven Effekt für die
Normal- und Stahlfaserbeton der Festigkeitsklasse C 25/30 mit Sicherheit des Personals und Materials darstellt.

Abb. 1: Schematischer Ablauf einer Kontaktdetonation Abb. 2: Menge ausgebrochener Trümmer auf der Schutzseite Mix 1 bis 3 Abb. 3: Betonrezeptur Mix 1 – 3
Forschungsaktivitäten 2017 58 59

Jun.-Prof. Dr.-Ing. Christian Hofmann Univ.-Prof. Dr.-Ing. Andreas Knopp, MBA befinden muss, kann Satellitenkommunikation auch über dungen über das momentan verfügbare Maß hinaus zukünftig
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München
Neubiberg Neubiberg große Entfernungen wirksam gestört werden. Ein Störsender, weiter verbessern.
info@unibw.de info@unibw.de der zum Satelliten sendet, muss sich dazu innerhalb der Aus-
leuchtzone befinden oder kann mit erhöhter Sendeleistung Schließlich gibt die Studie Empfehlungen zur Erhöhung der
auch außerhalb dieser agieren. Störsender, die zur Empfangs- Störfestigkeit, die das Raumsegment betreffen und bei der an-
antenne auf der Erde hin senden, müssen dagegen ähnlich stehenden Erneuerung der Satelliten in das Design einfließen
wie Störer für terrestrische Verbindungen relativ nahe an der sollen. Die Verkleinerung der Beams erhöht dabei nicht nur den
Sichere Satellitenkommunikation für die Bundeswehr Empfangsantenne lokalisiert sein. Während große Boden- Schutz gegen Störer, sondern zudem auch den Datendurchsatz
stationen mit stark richtenden Antennen weniger von solchen des Satelliten mittels Wiederverwendung von Frequenzen.
Störern bedroht sind, können mobile Terminals mit kleinen Weiter werden adaptive Satellitenantennen mit formbarer
Antennendurchmessern sehr leicht gestört werden. Ausleuchtzone betrachtet, die Störer nicht nur lokalisieren,
Die Bundeswehr betreibt derzeit ein Satellitenkommuni- Das Institut für Informationstechnik der Universität der sondern auch ausblenden können.
kationssystem mit zwei eigenen geostationären Satelliten Bundeswehr München untersucht in einer Studie im Auftrag Die Studie analysiert die Störfestigkeit des SATCOMBw-
zur Sicherstellung der strategischen und taktischen von Referat I 6.3 des Bundesamtes für Ausrüstung, Informa- Systems gegenüber denkbaren beabsichtigten und unbeab-
Kommunikation im Einsatz. Die weitere Absicherung tionstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) das sichtigten Störungen und zeigt auf, über welche technischen Die Ergebnisse der Studie befähigen die Bundeswehr den
des vorhandenen Systems sowie zukünftiger Satelliten Gesamtsystem der Bundeswehr zur Satellitenkommunikation Möglichkeiten ein Gegner verfügen müsste, um wirksame Aufwand für eine weitere Härtung der Satellitenkommuni-
gegen beabsichtigte und unbeabsichtigte Störungen ist (SATCOMBw) im Hinblick auf einen erweiterten Schutz gegen Störungen zu verursachen. Es werden technische Möglich- kation und die damit erzielte Schutzwirkung zu beurteilen.
Gegenstand einer Studie der UniBw München. Störeinwirkungen. keiten zur Überwachung und Detektion von Störern sowie Außerdem können die Beschaffungsorgane auf Basis der auf-
zu deren Lokalisierung untersucht. gezeigten technischen Lösungen geeignete Auswahlkriterien
Die Bundeswehr betreibt derzeit zwei eigene geostationäre für ihre Beschaffungsentscheidungen in Richtung der ge-
Satelliten zur Sicherstellung der strategischen und taktischen Weiter werden technische und organisatorische Schutz- wünschten Störsicherheit formulieren. Somit wird die für
Kommunikation im Einsatz. Die Satelliten agieren als Relais möglichkeiten für das aktuelle SATCOM System empfohlen. den Einsatz der Bundeswehr unerlässliche strategische und
im All für die Kommunikation zwischen zwei Bodenstationen, Da ein Schutz im Falle einer Störung mehr Ressourcen an taktische Kommunikation auch unter Störeinfluss bestmög-
die sich innerhalb der Ausleuchtungszonen des Satelliten Leistung und Bandbreite benötigt, geht die Härtung des lich geschützt.
befinden müssen. Auf beiden Satelliten stehen mehrere Aus- Systems in den meisten Fällen mit der Reduzierung der nutz-
lechtungszonen, die auch Beams genannt werden, zur Verfü- baren Datenrate einher. Der Nutzer muss seine Verbindungen
gung. Ein Beam über Deutschland stellt die Kommunikation dann priorisieren. Als ein wichtiges Ergebnis der Studie erhält
ins Heimatland sicher, schwenkbare Beams werden für die der Nutzer für diesen Zweck eine Abschätzung der verblei-
Einsatzgebiete verwendet und globale Beams erstrecken sich benden Datenrate in Abhängigkeit des Grades der Störung.
über den gesamten vom Satelliten sichtbaren Bereich der Zudem werden marktverfügbare technische Lösungen für
Erde. Im Gegensatz zu terrestrischer Kommunikation, wo ein das Bodensegment wie Frequenzsprungverfahren und Signal-
effektiver Störsender sehr nahe am zu störenden Empfänger spreizung untersucht, die den Schutz der Satellitenverbin-

Abb. 1: Ein Störsender (rechts), der in Richtung der empfangenden Abb. 2: Störsender (rot) in der Satellitenkommunikation können Abb. 3: Satellitenbodenstation der Bundeswehr in Gerolstein Abb. 4: Kleine Antennen, wie dieser automatisch ausrichtende Reflektor für
Bodenstationsantenne (links) sendet kann mit relativ wenig Leistung entweder zum Satelliten (Uplinkstörer) oder zum Empfänger auf den Einsatz auf Fahrzeugen, sind besonders empfindlich für Störungen
die Kommunikation empfindlich stören der Erde (Downlinkstörer) senden
Forschungsaktivitäten 2017 60 61

M. Eng. Benjamin Künzel M. Sc. Thomas Hertle Dr.-Ing. Lars Rüdiger Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Norbert Gebbeken
Forschungszentrum RISK Forschungszentrum RISK Forschungszentrum RISK Forschungszentrum RISK
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München
Neubiberg Neubiberg Neubiberg Neubiberg

info@unibw.de info@unibw.de info@unibw.de info@unibw.de

Softwaregestützte Brückenklassifizierung und Modernisierung das Brückeneinstufungsprogramm BRASSCO-NG herangezogen Aktuelle Forschungsschwerpunkte für diese Problemstellungen
der Vorgaben für Behelfsbrücken der Bundeswehr werden. Am Lehrstuhl für Statik der Universität der Bundeswehr sind sowohl die Ermittlung der Einwirkungen auf das Bauwerk
München werden aktuell sowohl die Behelfsbrückenbausätze als auch die Implementierung der aktuell gültigen bautech-
modernisiert als auch das Brückeneinstufungsprogramm nischen Regelwerke zur Bemessung, z. B. der Eurocodes. Zur
Die zuverlässige und schnelle Ermittlung der Tragfähigkeit Die Pioniertruppen des Heeres sind von unverzichtbarem weiterentwickelt. Überarbeitung des Behelfsbrückenbausatzes werden nume-
von Brücken ist eine Grundlage, um Entscheidungen zur Wert für die Sicherstellung der Mobilität der Streitkräfte im rische Parameterstudien durchgeführt, die die Physik einer
Mobilität militärischer Kräfte zu treffen. Hierfür ist eine Einsatz. Die klassischen Hauptaufgaben der Pioniere sind das Die zentrale Aufgabenstellung im Brückenbau ist das Über- Brücke realitätsnah abbilden (Abb. 4). Zum Validieren der Er-
selbst entwickelte Software zur Brückenklassifizierung ein Fördern der Bewegung der eigenen Truppe und das Hemmen winden eines Geländeeinschnittes oder eines Hindernisses gebnisse werden an Versuchsaufbauten (Abb. 3), beispielsweise
Unterstützungswerkzeug. Für die Sicherstellung der Mobili- der Bewegungen des Gegners. Beides dient der Erhöhung der mit einer Tragstruktur. Sowohl für Behelfsbrücken als auch an der Wehrtechnischen Dienststelle für landgebundene Fahr-
tät kann auch der Einsatz von Behelfsbrücken erforderlich Überlebensfähigkeit der eigenen Truppen. Hierzu verfügen für Bestandsbrücken muss die ertragbare Last bekannt sein. zeugsysteme, Pionier-und Truppentechnik (WTD 41), Belas-
sein. Die Fortentwicklung der Bereichsrichtlinie für Behelfs- die Soldaten der Bundeswehr über verschiedenste technische Die erforderliche Tragfähigkeit einer Brücke ergibt sich im tungstests durchgeführt (Abb. 2).
brücken ist dabei essentiell. Möglichkeiten. Im Brückenbau sind das Festbrückensysteme, Wesentlichen durch die Eigengewichte der sie überquerenden
wie beispielsweise die Faltfestbrücke oder der Behelfsbrücken- Fahrzeuge. Soll eine Behelfsbrücke errichtet werden, wird mit- Diese beiden Beispiele zeigen, wie herausfordernd das Military
bausatz, sowie Schwimmbrückensysteme, wie die produktver- tels einer Anleitung für den modularen Bausatz die Möglich- Engineering in den letzten Jahrzehnten geworden ist. Die immer
besserte Faltschwimmbrücke oder die Schwimmschnellbrücke keit zum Bau mit örtlich vorhandenen Ressourcen gegeben. leistungsstärkere Hardware der mobilen Endgeräte ermöglicht
Amphibie M3. Die Behelfsbrücke in Holzbauweise ist nach wie Diese Anleitung erlaubt eine variable Gestaltung der Behelfs- hierbei auch eine umfangreichere Programmierung der Berech-
vor eine besonders wirtschaftliche Behelfsbrückenlösung, die brücke unter optimalem Materialeinsatz. Die Ermittlung der nungswerkzeuge. Über die enge Zusammenarbeit von For-
auch nach dem militärischen Einsatz für die zivile Nutzung Tragfähigkeit einer Bestandsbrücke erfolgt durch Software schung und Entwicklung, den ausführenden Dienststellen und
in situ verbleiben kann. gestützte Berechnungen. In der Software sind die verbreitets- den Endanwendern werden praxistaugliche Speziallösungen
ten Brückentypen und statischen Systeme abgedeckt. Über entwickelt, die der Bundeswehr und ihren internationalen
Doch manchmal ist es vorteilhafter, bestehende Brückenbau- eine klare Eingabestruktur können alle benötigten Parameter Partnern zukünftig für den Einsatz zur Verfügung stehen.
werke zu nutzen (Abb. 1), als spezielle Ausrüstung am Einsatzort eingegeben werden. Fehlende Informationen müssen auf der
einzusetzen. In dem Fall müssen die Bestandsbrücken schnell, sicheren Seite angenommen werden. Als Ergebnis wird die
einfach und mit geringem Aufwand hinsichtlich ihrer Tragfähig- Military Load Class (MLC) für die jeweilige Bestandsbrücke
keit bewertet werden. Hierfür können Ingenieurwerkzeuge wie ermittelt.

Abb. 1: Beispiel einer improvisierten Brücke Abb. 2: Luftaufnahme der Versuchsbrücke an der WTD 41 Abb. 3: Aufbau der Versuchsbrücke Abb. 4: Berechnungsmodell der Versuchsbrücke
Forschungsaktivitäten 2017 62 63

Dipl.-Ing. Alexander Nekris Dr.-Ing. habil. Patrick Gnemmi Univ.-Prof. Dr.-Ing. Christian Mundt
Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Deutsch-Französisches Forschungsinstitut Universität der Bundeswehr München
Saint-Louis (ISL), Frankreich Saint-Louis (ISL), Frankreich Neubiberg

isl@isl.eu isl@isl.eu info@unibw.de

Numerische Simulationen von Gasentladungen in Überschallströmungen Durch die vorangegangene experimentelle Arbeit konnten Der neue numerische Löser besteht im Wesentlichen aus drei
bereits einige physikalische Prozesse untersucht werden, Modulen. Das erste Modul ist für die Reaktionskinetik zuständig.
die bei der Interaktion der Gasentladung mit der Überschall- Hier werden die Reaktionsraten für chemische Prozesse wie
strömung entstehen. Es bedarf weiterer theoretischer und Dissoziation und Ionisierung berechnet. Im zweiten Modul
Die Flugbahn von Hochgeschwindigkeits-Flugkörpern Die Flugbahnkorrektur von Hochgeschwindigkeits-Flugkörpern numerischer Untersuchungen, um das Wissen zu vertiefen. werden die Erhaltungsgleichungen der Fluiddynamik nume-
oder Projektilen kann durch gezielte, mittels Gasentladungen oder Projektilen kann durch Veränderungen der Druckver- Außerdem können numerische Berechnungen helfen eine risch gelöst, wodurch man Informationen über den Druck,
initiierte Korrekturimpulse an der Körperoberfläche beein- teilung an der Oberfläche des Flugkörpers erreicht werden. effiziente Optimierung des Aktuators durchführen zu können. die Geschwindigkeit und die Temperatur der umströmenden
flusst werden. Für eine genauere Untersuchung der dabei Die dabei entstehende resultierende Kraft verändert den Anstell- Das Ziel der vorgestellten Arbeit besteht in der Entwicklung Luft erhält. Das dritte Modul berechnet die elektrischen und
auftretenden physikalischen Prozesse soll ein numerischer winkel des Flugkörpers und führt schließlich zur Abweichung eines numerischen Lösers für die Simulation der auftretenden magnetischen Felder im Simulationsgebiet. Der neue Löser
Löser für Simulationen von Gasentladungen in Überschall- von der ursprünglichen Flugbahn. Am Deutsch-Französischen Effekte. ist auf der Basis des freien Simulationspaketes OpenFOAM
strömungen entwickelt werden. Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) wird an einer neuen entwickelt. OpenFOAM benutzt die Finite-Volumen-Methode
Technik gearbeitet, bei der die Flugbahnkorrektur mittels Eine Gasentladung ist ein komplexes multiphysikalisches (FVM) zur Lösung von partiellen Differentialgleichungen und
eines Gleichstrom-Plasma-Aktuators realisiert wird. Auf Abruf System, welches Elektrodynamik, Fluiddynamik und Reak- wird hauptsächlich im Bereich der numerischen Strömungs-
werden an der Flugkörperoberfläche gezielte, mittels Gas- tionskinetik verbindet. Die Gasentladung wird durch die an mechanik eingesetzt.
entladungen generierte Korrekturimpulse erzeugt. Das dabei den Elektroden des Plasma-Aktuators anliegende Spannung
entstehende Plasma führt zu lokalen Veränderungen der aufrechterhalten. Das dabei entstehende Plasma bildet eine Zurzeit werden zweidimensionale Simulationen an einer
Druckverteilung an der Oberfläche. Das Fehlen von bewegten intensive Wärmeenergiequelle, die zu einem lokalen Druck- keilförmigen Geometrie durchgeführt (Abb. 2). Dies erlaubt ein
mechanischen Teilen und gute Wiederholbarkeit sind nur ein anstieg führt (Abb. 1). Der kleine Bereich mit lokal erhöhtem schnelleres Testen des Lösers. Nach der Entwicklungsphase
paar Vorteile von vielen. Durch eine Reihe von Experimenten Druck wirkt wie ein Hindernis, das zur Strömungsbeeinflus- sollen dreidimensionale Simulationen von einer Gasentladung
in Windkanälen und Stoßrohren konnte bereits demonstriert sung und schließlich zur Winkelabweichung des Projektils in einer Überschallströmung durchgeführt werden. Zur Validie-
werden, dass Gleichstrom-Plasma-Aktuatoren in der Lage führt. Die im Plasma vorherrschenden hohen Temperaturen rung sollen die Simulationsergebnisse mit experimentellen
sind eine ausreichende Winkelabweichung eines Projektils führen zu einer fortlaufenden Ionisation der Luft zwischen Messungen verglichen werden.
zu erzeugen, und deshalb zur Lenkung verwendet werden den Elektroden des Aktuators. Dadurch bleibt die Luft elek-
können. trisch leitfähig und der Lichtbogen bleibt erhalten.

Abb. 1: 2D-Simulation des Dichtefeldes an einem keilförmigen Profil bei einer Geschwindigkeit von Abb. 2: 2D-Simulation des Temperaturfeldes (links) und des Druckfeldes (rechts) an einem
Mach 4.5; die Position der Gasentladung ist mit einem Pfeil gekennzeichnet (links). keilförmigen Profil bei einer Geschwindigkeit von Mach 4.5; die Position der Gasentladung ist mit
Vergleichbares Experiment wurde an einem Kegel in einem Windkanal durchgeführt (rechts) einem Pfeil gekennzeichnet
Forschungsaktivitäten 2017 64 65

M. Sc. Jakob P. Haug Univ.-Prof. Dr.-Ing. Reinhard Niehuis Hptm Dr.-Ing. Marcel Stößel
Institut für Strahlantriebe Institut für Strahlantriebe Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät
Universität der Bundeswehr München Universität der Bundeswehr München der Bundeswehr (WTD 61)
Neubiberg Neubiberg Manching

isa@unibw.de isa@unibw.de WTD61posteingang@bundeswehr.org

Detaillierte Strömungsuntersuchungen in einem modernen Zur Validierung und Gewährleistung einer hohen Vorhersage- ten Wirbelsysteme indirekt miteinander gekoppelt sind und
Triebwerkseinlaufsystem güte der numerischen Strömungsdaten werden begleitend sich gegenseitig beeinflussen. Mittels der experimentellen
experimentelle Untersuchungen (Abb. 2) durchgeführt, für Untersuchungen konnte ein hochwertiges numerisches
welche neben anderen Messsonden an der Wand des MEIRD Simulationssetup für die detaillierte Strömungsanalyse im
Vollintegrierte Einlaufsysteme bieten sich in Flugsystemen Um bei zukünftigen Flugsystemen die Aufspürbarkeit zu er- insgesamt 143 Druckmessstellen eingebracht sind. Triebwerkseinlauf MEIRD aufgebaut werden.
zur Reduzierung der Radarsignatur an. Die Vorhersage des schweren, ist der Einsatz von kompakten und stark konturierten
komplexen Strömungsfeldes in solchen Einlaufsystemen Triebwerkseinlaufsystemen unumgänglich. Durch die starke Für die numerischen Simulationen wurden verschiedene Bekanntlich können zur Homogenisierung und Vergleich-
erfordert präzise numerische Simulationsverfahren. Das Krümmung des Strömungsweges vor dem Triebwerk wird eine Einstellparameter und Turbulenzmodelle verwendet und die mäßigung der Strömung in der Austrittsebene des Einlaufes
komplexe Strömungsfeld kann durch Wirbelgeneratoren direkte Sichtlinie auf die rotierenden Bauteile vermieden und Ergebnisse dieser Parametervariationen im Anschluss anhand passive Maßnahmen eingesetzt werden, z. B. sog. Wirbelgenera-
positiv beeinflusst werden. Hierzu werden am Institut somit die Radarsignatur stark reduziert, jedoch werden starke der experimentellen Daten überprüft und bewertet. Im beson- toren. Mehrere Varianten solcher Wirbelgeneratoren wurden
für Strahlantriebe numerische und experimentelle Unter- Strömungsstörungen hervorgerufen, welche das Triebwerk deren Fokus lag dabei das Störungsmuster am Austritt des in die dafür vorgesehenen Adapteröffnungen des MEIRD ein-
suchungen durchgeführt. ungünstig beeinflussen können. MEIRD und den damit verbundenen Strömungsphänomenen, gesetzt und getestet (Abb. 4). Die Konfigurationen bestehen
da diese besonderen Einfluss auf das Triebwerkverhalten aus mehreren Leitblechen, welche in variierender Anzahl und
Die Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luft- ausüben. Als markanteste Strömungsphänomene stellten sich mit verschiedenen geometrischen Parametern auf dem Adap-
fahrtgerät der Bundeswehr (WTD61) hat in Zusammenarbeit dabei zwei verschiedene Wirbelsysteme heraus (Abb. 3): terdeckel angeordnet sind. Bereits mit ersten Konfigurationen
mit dem Institut für Strahlantriebe der Universität der Bundes- Eines entsteht im vorderen Bereich des MEIRD und besteht konnte die Strömung lokal beeinflusst und die Störung in der
wehr München Forschungsprojekte zur Untersuchung der aus zwei Zwillingswirbeln im unteren Seitenwandbereich. Triebwerkseintrittsebene signifikant reduziert werden.
Strömung in solchen kompakten und stark konturierten Das zweite Wirbelsystem entwickelt sich aus einer großen
Einlaufsystemen erfolgreich abgeschlossen und weitere Strömungsablösung im hinteren Bereich an der Oberseite des Basierend auf den bisherigen Ergebnissen zeichnet sich
Forschungsprojekte initiiert. In diesem Rahmen wurde u. a. Einlaufes. Es besteht ebenfalls aus einem Zwillingswirbel und weiteres Verbesserungspotenzial ab. Hierzu werden aktuell
ein Forschungseinlauf (MEIRD – Military Engine Intake dominiert das für das Triebwerk relevante Störungsmuster. sowohl numerische als auch experimentelle fortführende
Research Duct, Abb. 1) entwickelt und gebaut, welcher eine Untersuchungen durchgeführt.
kombinierte Druck- und Drallstörung provoziert. Zur präzisen Durch die starke Konturierung des MEIRD entstehen zusätzlich
Vorhersage der komplexen Strömungssituation im MEIRD zu den beiden Wirbelsystemen noch starke lokale Druck- und
kommen moderne numerische Verfahren zum Einsatz. Geschwindigkeitsunterschiede, über welche die beiden genann-

Abb. 1: CAD-Modell des MEIRD Einlaufsystems mit drei Adapteröffnungen Abb. 2: Experimenteller Versuchsaufbau mit installiertem Abb. 3: Strömungsphänomene innerhalb des MEIRD anhand numerischer Abb. 4: Im Adapterrahmen des MEIRD installierter Adapterdeckel
für austauschbare Einsätze, u. a. zur Strömungsbeeinflussung MEIRD Einlaufsystem und Larzac 04 Versuchstriebwerk in Simulationsergebnisse mit Wirbelgeneratoren
der Triebwerkversuchsanlage des Instituts für Strahlantriebe
Forschungsaktivitäten 2017 66 67

Thomas Lehmacher Wolfram Berky A-Raumschutz (Feldlager, Flughäfen und sonstige neuralgische Im Rahmen dieses Vorhabens wurden alternative Nachweis-
Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische
ABC-Schutz (WIS) Trendanalysen INT Bereiche) erreicht werden kann. materialien zu dem aktuell eingesetzten 3He untersucht, da
Munster Euskirchen
dieses immer knapper und teurer wird. Systeme auf Basis von
WISPosteingang@bundeswehr.org info@int.fraunhofer.de
Im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Wehrwissenschaft- 6
Li, speziell der neu beschaffte und in diesem Vorhaben charak-
lichen Institutes für Schutztechnologien – ABC-Schutz (WIS) terisierte 6LiF/ZnS-Detektor, weisen bei der Effizienz zur
in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Natur- Detektion von Neutronen sogar bessere Werte auf als der
wissenschaftlich-Technische Trendanalysen (INT) wurden in aktuelle Referenzdetektor mit 3He.
Alternative Neutronendetektion zum Schutz von Einsatzpersonal einem ersten Schritt „Alternative Detektionsmethoden für
Neutronen“ untersucht. Dazu wurde zunächst eine Literatur- Andere alternative Detektoren mit neuen Materialien, wie z. B.
recherche zur Ermittlung des besten alternativen Detektor- CLYC- (Cs2LiYCl6:Ce) und CLLB- (Cs2LiLaBr6:Ce) Detektoren,
materials zu He durchgeführt.
3
verfügen zusätzlich über die Fähigkeit zur Gammadetektion
Die zunehmenden internationalen Einsätze der Bundes- Die komplexer werdenden Einsätze der Bundeswehr erfor- und übertreffen hierbei sogar die Performance eines NaI-
wehr erhöhen stetig die Wahrscheinlichkeit, im Rahmen dern eine Ausrüstung, die sicher und zeitnah vor möglichen Das identifizierte Lithium-6 (6Li) wurde im Rahmen von Detektors. Abbildung 4 zeigt ein Energiespektrum mit einer
der Missionen Kontakt mit radioaktivem oder nuklearem Gefahren durch Kampfstoffe (hier: radioaktive Stoffe) warnt, Messungen und Untersuchungen mit Hilfe marktverfügbarer 252
Cf-Quelle, welches die gleichzeitige Detektion von Neutronen
Material zu haben. Eine große Gefährdung geht dabei dabei aber wirtschaftlich ist und technisch handhabbar bleibt. Detektoren ( LiF/ZnS, CLYC und CLLB) genauer untersucht
6
und Gammas mit dem CLYC-Detektor verdeutlicht.
von Neutronen emittierenden Stoffen aus. Zur sensitiven Die Erkennung ionisierender Strahlung ist zwar aktuell und die Detektoren soweit wie möglich charakterisiert. In der
Detektion von Neutronen sind alternative Materialien mit scheinbar von untergeordneter Bedeutung, kann aber schnell Abbildung 1 werden die Detektoren in einer typischen Mess- Aufgrund der vielversprechenden Ergebnisse und der kontinu-
hoher Neutroneneffizienz und einer guten Verfügbarkeit aufgrund der Modernisierung bereits existierender Kernwaffen situation mit einer Californium-252 ( Cf)-Neutronenquelle
252
ierlichen Entwicklung im Bereich alternativer Technologien
im Fokus des Interesses. und der Entwicklung neuer Trägersysteme an Relevanz gewin- dargestellt. Abbildung 2 zeigt die Signalrate eines LiF/ZnS- 6
zur Neutronendetektion sind weitere Forschungsaktivitäten
nen. Zusätzlich steigt permanent die Gefahr terroristischer Detektors in Abhängigkeit von der Entfernung zur Quelle. angedacht, um einen effizienten Schutz von Einsatzpersonal
Anschläge auf Einrichtungen, in denen nukleares Material zur Daraus lässt sich erkennen, dass für eine Neutronendetektion in komplexen A-Szenarien zu gewährleisten.
Energieerzeugung genutzt oder zur Entsorgung gelagert wird. auf größere Entfernungen sehr empfindliche Detektoren er-
forderlich sind. Mit dem Standardmaterial 3He, welches als
Die in der Bundeswehr eingeführten Geräte und Systeme zur Referenz für neue Detektormaterialien verwendet wird, ist
Neutronendetektion auf Basis von dem bewährten Helium-3 ein hochempfindliches Messsystem im INT Messfahrzeug
( He) sind zwar grundsätzlich gut geeignet, Neutronen zu detek-
3
(DeGeN) realisiert. In Abbildung 3 sind Berechnungen zur
tieren; aber es sind insgesamt viel zu wenige Systeme vorhanden Ermittlung der Nachweisgrenzen dieses Systems bei verschie-
und diese sind in der Regel einigen wenigen Spezialisten vor- denen Fahrzeuggeschwindigkeiten und mit unterschiedlichen
behalten. Um eine hinreichende Verfügbarkeit von Detektoren Abständen zur Neutronenquelle visualisiert. Die dazu in diesem
in der Fläche sicherstellen zu können, müssen effiziente und Projekt durchgeführten Messungen mit Am/Be und 252Cf
wirtschaftliche Alternativen zu den bestehenden Geräten und mit dem Messfahrzeug DeGeN zeigen eine gute Überein-
Systemen analysiert und bewertet werden, so dass ein effektiver stimmung mit den berechneten Werten.

Abb. 1: Verwendete Detektoren. Links: Slab-Counter (3He) als Referenz, Mitte: CLYC-Detektor (6Li) in einer typischen Messsituation mit einer 252Cf-Neutronen- Abb. 2: Verlauf der Signalrate eines LiF/ZnS- Abb. 3: Berechnungen zur Bestimmung der Abb. 4: Energieaufgelöstes Spektrum des
quelle (im zylindrischen PE-Moderator), Rechts: CLLB-Detektor (6Li) (Fotos: Fraunhofer INT) Detektors in Abhängigkeit vom Abstand zur Nachweisgrenzen für ein fahrzeuggebundenes CLYC-Detektors bei gleichzeitiger Neutronen-
252
Cf-Neutronenquelle Neutronendetektionssystem (hier: Slab-Counter und Gamma-Detektion mit einer 252Cf-Quelle.
(3He)). Zum Vergleich sind die Quellstärken der
bei den Messungen verwendeten Neutronen-
quellen (252Cf und Am/Be) angegeben
Forschungsaktivitäten 2017 68 69

Dipl- Phys. Frank Wilsenack Dipl.-Ing. (FH) Thomas Wolf Das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien – Um für den Schutz des Feldlagers eine erste schnelle und
Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien –
ABC-Schutz (WIS) ABC-Schutz (WIS) ABC-Schutz (WIS) beschäftigt sich seit geraumer Zeit mit der vor allem verlässliche Lösung bereitstellen zu können, schlug
Munster Munster
Konzeption von abstandsfähigen Detektionssystemen und war das WIS auf Grund der im Vorhaben gewonnen Erkenntnisse
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in der Vergangenheit auch an der Entwicklung eines passiven, vor, die Triangulationslösung zunächst mit dem Einzelseg-
gehärteten Standoff Detektors (RAPID) beteiligt. Dieser Typ von mentdetektor SIGIS 2 umzusetzen. Dieser Vorschlag wurde in
Infrarotspektroskopie-basierten Sensoren misst entlang einer Kooperation von BAAINBw, Truppe, Bruker und WIS in eine
letztlich nur durch den Horizont begrenzten Linie, wobei diese Beschaffung umgesetzt und 2017 am WIS als „Proof of Concept“
Hyperspektrale IR-Spektroskopie zur Realisierung eines abstandsfähigen hyperspektral ein Vollspektrum im Wellenlängenbereich von erprobt und qualifiziert. Nach der Erstausbildung der zukünf-
Raumschutzes 8-12 µm aufnehmen. Das Spektrum wird anschließend analy- tigen Nutzer des Systems am WIS erfolgte der Aufbau und
siert und mit einer geräteseitig hinterlegten Spektrenbibliothek Inbetriebnahme des Systems durch einen Mitarbeiter des WIS
vergleichen. In dieser Bibliothek können alle (bis auf die nicht- im Nord-Irak, wo es bis heute im Einsatz ist.
Netze aus Punktsensoren sind aufwändig zu betreiben Die Einsätze der Bundeswehr in Kriegs- und Krisengebieten infrarotaktiven Halogene) relevanten Gefahrstoffe hinterlegt
und außerhalb von gesicherten Bereichen nur schwierig erfordern zunehmend die Errichtung und damit auch den werden. Auf Grund der bisher erzielten Ergebnisse wird am WIS zurzeit
zu schützen. Eine Alternative stellen hier abstandsfähige Schutz von Feldlagern. Diese sind zum einen gegen Beschuss intensiv an einem wesentlich schnelleren Flächendetektor-
Technologien dar. Das WIS forscht an verschiedenen ab- und Explosivstoffe zu schützen und zum anderen gegen Che- Als passive Detektoren können solche Systeme zwar die Rich- basierten System zum Raumschutz geforscht. Dieses System
standsfähigen Techniken zur Detektion von chemischen miewaffeneinsätze abzusichern, die trotz des Banns und der tung, aus der die Bedrohung kommt, ermitteln. Sie können würde neben der höheren Detektionsgeschwindigkeit weitere
Gefahrstoffwolken, um längere Vorwarnzeiten und das Ächtung von Chemiewaffen (CWA) in den letzten Jahren wieder aber weder eine Aussage über die Entfernung noch über die Möglichkeiten zur Reduzierung der Fehlalarmrate und der
schnellere Erstellen eines Lagebildes bei geringerem durch Regierungen und Terroristen zum Einsatz gebracht Konzentrationsverteilung in der Gefahrstoffwolke machen. Erstellung eines genaueren Lagebildes bieten.
Aufwand zu ermöglichen. werden. Neben klassischen CWA kommen auch einfach zu Um diese Einschränkungen, die für die Bewertung eines Alarms
beschaffende toxische Industriechemikalien (TIC) verstärkt wichtig sind, zu überwinden, wurde bereits auf dem CBRN-
zum Einsatz. Zusätzlich kann die jeweilige Mandatsobergrenze Symposium 2015 in Berlin vom WIS ein Konzept vorstellt,
den Einsatz von ABC-Aufklärungskräften begrenzen, so dass welches auf Basis der Triangulation zwischen mehreren hyper-
ein Raumschutz nur durch den Einsatz einer automatisierten, spektralen Flächendetektoren auch die Bestimmung der
abstandsfähigen Detektion zu realisieren ist. Entfernung und der Konzentration in der Gefahrstoffwolke
erlaubt.
Bisher sind in der Bundeswehr Detektionsgeräte eingeführt,
die eine Detektion nur am Ort ihrer Verwendung (Punktdetek- Das WIS forscht im Rahmen von F&T Vorhaben an hyperspek-
toren) erlauben. Selbst der Aufbau eines Netzwerkes derartiger tralen Flächendetektoren, die zudem die Möglichkeit besitzen
Punktdetektoren, welches bisher ebenfalls noch nicht realisiert gleichzeitig 256 x 256 Kanäle zu vermessen. Dies erlaubt ihnen
wurde, würde beim heutigem Stand der Technik mit vertret- einen großen Raumwinkel und somit einen großen Bereich in
barem Aufwand nicht zu ausreichenden Vorwarnzeiten zur einer Umgebungsrichtung gleichzeitig zu beobachten.
Herstellung einer bedrohungsangepassten Schutzstufe führen.

Abb. 1: Messergebnisse für die Bestimmung der Identifikationsnachweisgrenzen Abb. 2: Nachweisführung für die abstandsfähige Detektion von Abb. 3: Nachweisführung für die korrekte Lokalisie- Abb. 4: Identifizierung und Lokalisierung einer Gefahrstoffwolke durch das im Nord-Irak installierte
von stichprobenartig ausgewählten chemischen Kampf- und Gefahrstoffen im Labor gasförmigen Gefahrstoffen aus einer großen Entfernung durch rung einer am WIS freigesetzten Testwolke durch abstandsfähige Detektionssystem für chemische Kampf- und Gefahrstoffe
(blaue Linie: zu unterschreitende Detektionslimit nach Lastenheft, grüner Bereich: Außenmessungen auf dem Gelände des WIS Triangulation aus Messungen zweier gekoppelter
Konzentrationsbereich in dem beide System stets richtig/positiv identifizieren, gelber SIGIS 2-Systeme
Bereich: Konzentrationsbereich in dem es zum Teil keine richtig/positiv Identifikation
erfolgte, roter Bereich: Konzentrationsbereich ohne richtig/positiv Identifikation)
Forschungsaktivitäten 2017 70 71

RDir Prof. Dr. Sebastian Eibl Restfestigkeit bei horizontaler und vertikaler Probenanord- schlages vorhersagen. Darüber hinaus kann für diverse Be-
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB)
Erding nung usw. drohungsszenarien eine Abschätzung getroffen werden, ob
wiweb@bundeswehr.org CFK-Strukturen für den Einsatzzweck geeignet sind. Auf dieser
Verschiedene am WIWeB zur Verfügung stehende Unter- Basis ist eine gezielte Optimierung des Materials hinsichtlich
suchungsmethoden wie z. B. mechanische Prüfungen zur seiner thermischen Eigenschaften bzw. bei der Einwirkung von
Ermittlung der Restfestigkeit werden dafür eingesetzt. improvisierten Brandbeschleunigern möglich. Ein konkreter
Ultraschallprüfungen und Infrarotspektroskopie bzw. Com- Ansatz ist dabei die Ausrüstung von CFK-Sandwichstrukturen
Wirkung improvisierter Brandbeschleuniger auf Kohlenstofffaser- putertomographie erlauben eine zerstörungsfreie Charakteri- mit intumeszierenden Brandschutzbeschichtungen. Anhand neu
verstärkte Kunststoffe (CFK) sierung des Kunststoff- bzw. -Laminatabbaus. Es wurde Wert entwickelter Untersuchungsverfahren auf Infrarotspektroskopie-
darauf gelegt, dass die verwendeten improvisierten Brand- Basis kann die Restfestigkeit sowie die aufgetretene Temperatur
beschleuniger Bestandteile enthalten, die jedermann preis- bei thermisch belastetem CFK-Material zerstörungsfrei ab-
Das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebs- Kohlenstofffaserverstärkte Kunststoffe (CFK) werden aufgrund günstig zugänglich sind. geschätzt werden. Dies ermöglicht bei einem Schadensfall mit
stoffe (WIWeB) führt im Rahmen seiner Verantwortung ihrer sehr guten Leichtbaueigenschaften in den neuen Luftfahr- nicht offensichtlichem Reparaturbedarf eine Entscheidung
für Technologie, Sicherheit und Zuverlässigkeit der Werk- zeugen der Bundeswehr eingesetzt. Sie zeigen im Gegensatz zu Es ergeben sich grundsätzliche Zusammenhänge zwischen über die weitere Vorgehensweise.
und Betriebsstoffe diverse Forschungsvorhaben durch. metallischen Werkstoffen eine wesentlich geringere thermische dem Brandszenario und der Schädigung: Je mehr Brand-
Der Schwerpunkt „Betriebsverhalten von CFK“ beschäftigt Stabilität und ein ungünstiges Brandverhalten. beschleuniger aufgebracht wird und je dünner das Laminat Übergeordnetes Ziel des Forschungsvorhabens ist es, Gefähr-
sich neben klimatischen Einflüssen, Blitzschlag, Detektion ist, umso stärker ist erwartungsgemäß dessen thermische dungen, die von thermisch belasteten CFK ausgehen, beurteilen
und Reparatur von Schäden z. B. auch mit der Wirkung Ziel des Vorhabens ist es, die Verwundbarkeit von CFK im Fall Schädigung. Sandwichstrukturen sind aufgrund der ver- zu können und Unsicherheiten bei der Verwendung im militä-
von improvisierten Brandbeschleunigern auf CFK. eines Anschlages mit improvisierten Brandbeschleunigern gleichsweise dünnen CFK-Decklagen hierdurch besonders rischen Einsatz zu beseitigen. Den Soldaten werden praktische
(„Molotow-Cocktail“) bewerten zu können. Dafür wird nicht empfindlich. Die Schädigung bezogen auf eine bestimmte Verfahren an die Hand gegeben, um eine dauerhafte Einsatz-
nur die Restfestigkeit nach der thermischen Belastung ermittelt, Brandbeschleunigermenge ist höher bei einer vertikalen im bereitschaft der Waffensysteme sicherzustellen. Dadurch wird
sondern auch ein tiefer Einblick in die Abbaumechanismen der Vergleich zu einer horizontalen Einwirkung, da ein besserer eine für die Bundeswehr zwingend erforderliche, unabhängige
Harzmatrix und des Laminataufbaus gewonnen. Wärmeübertrag der Flamme auf das CFK-Material erfolgt. Urteilsfähigkeit gewährleistet.
Zusätzlich wurde die Schutzwirkung unterschiedlicher Ober-
Dazu wurden Experimente an realen Luftfahrzeugstrukturen flächenschichten wie typische Lackierungen, Blitzschutzgewebe
sowie an Laborproben aller für die Bundeswehr relevanter aus Kupfer und Intumeszenzbeschichtungen untersucht.
CFK-Systeme in einem Cone-Kalorimeter durchgeführt.
Die Untersuchung betrachtet den Einfluss unterschiedlicher Gegenwärtig sind CFK-Strukturen und im Besonderen Sand-
Mengen an Brandbeschleuniger auf verschieden dicke Lami- wichstrukturen als anfällig gegenüber Anschlägen mit impro-
nate bzw. Sandwichstrukturen bzgl. der Energiefreisetzung visierten Brandbeschleunigern zu betrachten. Die erhaltenen
bei der Brandeinwirkung, der Temperaturentwicklung, des Ergebnisse schaffen eine Grundlage, um Kriterien zu ermitteln,
Abbaus der Harzmatrix, der Delaminationsneigung und der die das Versagen einer CFK-Struktur im Fall eines Brandan-

Abb. 1: Anwendung eines improvisierten Brandbeschleunigers auf eine Abb. 2: Abbrand eines Brandbeschleunigers auf einer horizontal Abb. 3: Darstellung einer 2 mm dicken CFK-Platte nach Abb. 4: Zugehörige Ultraschallaufnahme, Abb. 5: Zugehöriger Verlaufs der interlami-
CFK-Hubschrauberstruktur angeordneten CFK-Platte in einem Cone Kalorimeter vertikaler Einwirkung von 10 g Brandbeschleuniger die massive Delaminationen zeigt naren Scherfestigkeit (ILS) in Abhängigkeit
(Positionen für die Entnahme von Proben zur Ermittlung von der Probenposition (vgl. Abb. 3)
der Festigkeit sind markiert)
Forschungsaktivitäten 2017 72 73

ORR Dr. Raman Tandon OFA Dr. Andreas Werner TROARin Karola Hagner
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe – FG I 1 Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien -
Erding Königsbrück ABC-Schutz (WIS)
Munster
wiweb@bundeswehr.org zentrlurmedlwi1diagnostik-forschung@bundeswehr.org
WISposteingang@bundeswehr.org

Telemonitoring mittels Smart Textiles im Bereich des ABC-Schutzes passen, sie gegebenenfalls zu verlängern oder zu verkürzen, prüfen. Die Datenübertragung erfolgt mittels Funk oder WLAN.
– mobPhysioLab® um gesundheitliche Gefahren für den Träger auszuschließen. Derzeit können fünf Personen gleichzeitig gemonitort werden.
Die Parameter können mit einer 5-sekündigen Aktualisierung
Aus Arbeitsschutzgründen sind bislang Tragezeitbegrenzungen über bis zu 5 km übertragen werden. Somit kann in einem
Das mobile physiologische Labor – mobPhysioLab® ist ein Das mobPhysioLab®-System ist ein mobiles System zur Unter- von 30 min vorgeschrieben. Früher mussten bei jeder durch das großen Radius ein Monitoring sichergestellt werden, welches
modulares System, das physiologische und umweltbezogene suchung von Belastungssituationen von Menschen in unter- mobPhysioLab® gemonitorten Person alle Sensoren manuell auch zum Führen des Personals durch die Einsatzleitung ge-
Daten erfassen und verarbeiten kann. Es ermöglicht das schiedlichsten Arbeitsumfeldern. Die Monitoringtechnologie durch medizinisches Fachpersonal angelegt werden. Im Rah- nutzt werden kann.
Monitoring von Soldaten während realer Einsätze. Durch wird seit Jahren im Bereich der Flugmedizin und Arbeits- men der vereinten F&T Aktivitäten von ZentrLuRMedLw,
die Sensorintegration des mobPhysioLab® in ein Textil wurde medizin sowie in der Forschung (bis in den Weltraum – ISS) WIS und WIWeB konnte ein Technologiedemonstrator für Der aktuelle Technologiedemonstrator konnte bereits erfolg-
die Nutzbarkeit des Systems deutlich verbessert und ein verwendet. Entgegen herkömmlicher Verfahren ermöglicht ein Smart Textile erstellt werden, der für die Sensoren des reich in einem Feldversuch in Kanada in der Übung „Precise
Smart Textile mit viel Anwendungspotential geschaffen. das System kontinuierliche nicht-invasive Messungen physio- mobPhysioLab® entweder bereits Befestigungsmöglichkeiten Response“ getestet werden. Die Probanden gaben durchweg
logischer Daten durch innovative Medizintechnik. Es besteht an den korrekten Positionen im Textil bzw. die Sensoren voll- positives Feedback.
aus flexiblen Einzelkomponenten, welche psycho-physiologi- ständig integriert hat.
sche Messverfahren mit der Erhebung von Umweltparametern
mittels modernster Informationstechnologie verknüpfen. Es „Smart Textiles“ sind Kleidungsstücke, die mit elektrischen
gestattet sowohl die physiologische Datengewinnung als auch Funktionen ausgestattet sind oder in die leitfähige Materia-
fachspezifische Studien an Personen unter harschen Umge- lien eingebracht sind, die z. B. mit der Umwelt interagieren,
bungsbedingungen wie z. B. bei ABC-Schutzanzugträgern. Sensoren beinhalten oder auf Einflüsse oder Gefahren in
der näheren Umgebung eingehen können. Durch die Textil-
Das Tragen dieser Schutzbekleidung kann extrem anstrengend integration des mobPhysioLab® müssen die Anwender nur
für die Einsatzkräfte sein, dies gilt in besonderem Maße für noch das Textil anziehen, um durch einen Mediziner per tele-
impermeable Anzüge in warmen / heißen und besonders metrischer Übertragung online gemonitort werden zu können.
feuchten Umgebungen. Das Ziel ist es, durch physiologisches Dies hat eine enorme Erhöhung der Anwenderfreundlichkeit
Monitoring der Einsatzkräfte die Einsatzzeiten in isolierender zur Folge. Auf diese Weise muss medizinisch eingewiesenes
Schutzbekleidung der individuellen Leistungsfähigkeit anzu- Fachpersonal nur noch den korrekten Sitz der Sensoren über-

Abb. 1: HealthLab (Master und mehrere Satelliten), Darstellung der Abb. 2: Aktuelle manuelle Verkabelung des jeweiligen Einzelsensors Abb. 3: Prototyp eines „Smart Textile“ mit integrierten Sensoren
Messmöglichen von physiologischen Parametern über Kabellösungen mit tape sowie Kabelführung im Textil
Forschungsaktivitäten 2017 74 75

OLt Maximilian Krönert, M. Eng. TRAmtm Markus Rebhan, M. Eng. TROS Philipp Ficker TORR Dipl.-Ing. Constantin Deschner
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB) Wehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe (WIWeB)
Erding Erding Erding Erding

3D-Druckzentrum@bundeswehr.org 3D-Druckzentrum@bundeswehr.org 3D-Druckzentrum@bundeswehr.org 3D-Druckzentrum@bundeswehr.org

Pilotprojekt zur dezentralen additiven Fertigung von Ersatzteilen aus 3D-Drucker und Arbeitsumgebung bestehende System in nach dem Projektstart – konnte der 3D-Druck-Container an
Erding aufgebaut und intensiv getestet. In Anbetracht der die Bediener übergeben werden.
rauen Umgebungsbedingungen im Einsatzgebiet (wie z. B.
einer erhöhten Staubbelastung) erfolgte eine Systemmodifi- Bei den Bedienern handelt es sich um Soldaten des jeweiligen
Im Rahmen der Forschungsarbeiten zum 3D-Druck sollen Das Projekt wird organisationsbereichsübergreifend in enger kation durch die Mitarbeiter des 3D-Druckzentrums. Einsatzkontingents, welche vor ihrem Auslandseinsatz am
die Nutzungsmöglichkeiten von 3D-Druckverfahren zur Kooperation zwischen dem Logistikkommando der Bundeswehr WIWeB für diese zusätzliche Tätigkeit geschult werden: Themen
dezentralen Ersatzteilherstellung untersucht werden. Hierzu (LogKdoBw), dem Bundesamt für Ausrüstung, Informations- Parallel zur Anpassung der Hardware begann die Erstellung sind beispielsweise Betrieb und Wartung des 3D-Druckers,
wurde ein 3D-Drucker inklusive Arbeitsumgebung in Mazar-e technik und Nutzung (BAAINBw) und dem 3D-Druckzentrum von digitalen 3D-Geometriemodellen für ausgewählte Ersatz- Beseitigung von Störungen, Konstruktion von Bauteilen und
Scharif in Betrieb genommen. Das Pilotprojekt dient dazu, der Bundeswehr am Wehrwissenschaftlichen Institut für Werk- teile. Zunächst wurden dazu aus logistischen Daten schwer Materialeigenschaften von Kunststoffen.
erste Erfahrungen über die Nutzbarkeit dieser innovativen und Betriebsstoffe (WIWeB) in Erding realisiert. Es dient als versorgbare Ersatzteile ermittelt; weitere Bauteile wurden aus
Fertigungstechnologie im Einsatzgebiet zu sammeln. Teilprojekt der Weiterentwicklung des Logistischen Systems der Truppe vorgeschlagen. Die Beurteilung, ob ein Ersatzteil Auch während der Projektlaufzeit unterstützt das Team
der Bundeswehr. durch additive Fertigungsverfahren herstellbar ist, basierte auf des 3D-Druckzentrums die Soldaten über eine Distanz von
dem Know-how des 3D-Druckzentrums: Relevant sind u. a. 4.600 km beim Lösen technischer Probleme, bei der Beur-
Das im Februar 2017 eröffnete 3D-Druckzentrum stellt das Bauteilgröße und -funktion, Belastungen durch Umweltbe- teilung von Ersatzteilen hinsichtlich ihrer Eignung für die
technische Know-how zur Verfügung und übernahm die dingungen sowie die erforderlichen Materialeigenschaften. additive Fertigung sowie bei Bauteilkonstruktionen. Zudem
Materialbeschaffungen. Als wichtiger Meilenstein stand zu Die Erstellung der digitalen 3D-Modelle sowie erste Testdrucke können komplexe Bauteile in Deutschland additiv gefertigt
Projektbeginn die Auswahl eines geeigneten 3D-Druckers an. erfolgten durch das zivil-militärisch besetzte Projektteam im und im Anschluss in den Einsatz verbracht werden.
3D-Druckzentrum.
Anhand verschiedener Kriterien und den am 3D-Druckzentrum „Funktioniert die anspruchsvolle Technik im rauen Umfeld?
vorliegenden Erfahrungen zu unterschiedlichen 3D-Druck- Unter Mithilfe der im Einsatz befindlichen Logistikkompanie Wie schnell können Ersatzteile vor Ort hergestellt werden?
Verfahren wurde ein 3D-Kunststoffdrucker für professionelle / wurde im Camp Marmal ein Container für das Vorhaben Wer sollte einen dezentral betriebenen 3D-Drucker bedienen
industrielle Anwendungen ausgewählt. Zudem wurde ein aufgestellt. Nach dem Eintreffen des 3D-Druckers in Nord- und wer die Erstellung der erforderlichen 3D-Modelldaten
Konzept für einen „3D-Druck-Container“ erstellt, der den afghanistan waren Mitarbeiter des 3D-Druckzentrums vor Ort, übernehmen?“ sind einige der Fragen, die während der zu-
telefonzellengroßen 3D-Drucker und Arbeitsplätze für vor- und um den 3D-Drucker in den Container zu integrieren und in nächst einjährigen Projektlaufzeit beantwortet werden sollen.
nachgelagerte Tätigkeiten beinhaltet. Zunächst wurde das Betrieb zu nehmen. Anschließend – und damit etwa ein Jahr

Abb. 1: Der „3D-Druck-Container“ verfügt über PC-Arbeitsplätze zur Abb. 2: Gedruckt wie bestellt: Eine additiv gefertigte Schutzabdeckung Abb. 3: Aus dem 3D-Drucker: Schneller Ersatz Abb. 4: „Wir drucken’s einfach“ lautet das Motto zum organisationsbereichsübergreifenden Pilotprojekt,
Konstruktion von Bauteilen und zur Bedienung des 3D-Druckers sowie über (links) ersetzt die defekte Kunststoffabdeckung (rechts), welche zuvor für ein defektes Kleinteil an einem Kopfhörer in dem erste Erfahrungen zur dezentralen additiven Fertigung in der Bundeswehr gesammelt werden
Arbeitsplätze zur Nachbearbeitung der hergestellten Kunststoffbauteile vom Ölbrenner eines Warmlufterzeugers demontiert wurde
Forschungsaktivitäten 2017 76 77

Dipl.-Inform. Christian Winkens Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dietrich Paulus pixelgenau Filter aufgebracht, sodass jeder Pixel individuell durch Chlorophyll. Insgesamt konnten Ergebnisse und Stabi-
Institut für Computervisualistik Institut für Computervisualistik
Universität Koblenz-Landau Universität Koblenz-Landau sensitiv auf einen bestimmten Wellenlängenbereich reagiert. lität der semantischen Szenenanalyse durch die Verwendung
Koblenz Koblenz
Diese Hyperspektralkameras erlauben dadurch systembedingt hyperspektraler Daten verbessert werden.
agas@uni-koblenz.de agas@uni-koblenz.de
einen detaillierteren Einblick in die Beschaffenheit der Um-
gebung als dies mit Farbkameras möglich wäre. Speziell im Bereich der Klassifikation von verschiedenen
Materialien in der Umgebung besteht durch die Verwendung
Die Arbeitsgruppe Aktives Sehen (AGAS) der Universität spezieller spektraler Marker die Möglichkeit Vegetation effektiv
Erweitertes Szenenverstehen durch Nutzung hyperspektraler Kameradaten Koblenz-Landau hat im Rahmen einer F&T-Studie die Eignung und ohne Training von anderen Materialien zu trennen. Dies
dieser neuen Kameratechnik zur Umgebungswahrnehmung kann erhebliche Vorteile beim autonomen Navigieren ermög-
untersucht. Verwendet wurden dazu zwei Kameras der Firma lichen, da sich sehr einfach zwischen befahrbaren Wegen und
Ximea. Die erste Kamera vom Modelltyp MQ022HG-IM-SM4X4- unbefahrbarer Vegetation unterscheiden lässt. Dies kann die
Die autonome Navigation von Fahrzeugen in strukturierten Zur autonomen Navigation ist generell eine geeignete Umge- VIS (VIS) ist mit einem speziellen 4 × 4 Makropixelmuster – also Aufgabe der autonomen Navigation potentiell vereinfachen.
und unstrukturierten Umgebungen,steht seit einigen Jahren bungswahrnehmung notwendig, welche sich aus einer Kombi- 16 Spektralbändern – ausgestattet und bildet das Spektrum des Die Studie zeigte auch, dass die Kombination von spektralen
im Fokus der Forschung in der Robotik. Aufgrund der Kom- nation entsprechender Sensorik und Software zusammensetzt. sichtbaren Lichts im Bereich von etwa 400 – 675 nm ab. Die und laserbasierten 3D-Informationen der Umgebung viel-
plexität und Vielseitigkeit der Umgebung stellen sich hier Aktuelle Forschungsfahrzeuge von Automobilherstellern nutzen zweite Kamera vom Typ MQ022HG-IM-SM5X5-NIR (NIR) ist versprechende Ergebnisse zur Umgebungswahrnehmung
Aufgaben, die bisher noch nicht vollständig gelöst werden 3D-Laserscanner zur Umgebungswahrnehmung. Bei der Da- mit einem 5 x 5 Makropixelmuster und 25 Kanälen für den liefert.
konnten. Durch neuartige hyperspektrale Bildgebung ergeben tenauswertung wird meist nur aufgrund der geometrischen Bereich von 675 – 975 nm ausgelegt und deckt somit sowohl
sich hier neue Möglichkeiten und Einsatzgebiete. Beschaffenheit der Umgebung auf die Befahrbarkeit geschlossen. das visuelle Rotspektrum als auch Teile des Nahinfrarot- Die Ergebnisse dieser Studie finden Anwendung im „Technolo-
bereichs ab. gieträger unbemanntes Landfahrzeug (TULF)“. Durch die
Für das autonome Fahren in unstrukturierten Umgebungen verbesserte Umgebungserfassung lässt sich zukünftig ent-
sind Farbkameras und Laserscanner nur bedingt geeignet, da Zur Analyse dieser hochdimensionalen Daten wurden ver- scheiden, ob es sich bei einem Hindernis um einen massiven
sich die Komplexität und das Spektrum der Umgebung nicht schiedene Verfahren des maschinellen Lernens untersucht. Stein, der umfahren werden muss, oder um einen Strauch,
komplett erfassen lassen. Farbkameras orientieren sich an der Ziel dabei ist es, jedem Pixel des aufgenommenen Bildes eine welcher potentiell überfahren werden kann, handelt.
Farbwahrnehmung des Menschen und nutzen nur drei Kanäle, Klasse zuzuordnen und daraus eine Befahrbarkeit abzuleiten.
um Informationen aus dem sichtbaren Bereich des Lichtes
aufzunehmen. Wünschenswert ist eine höhere spektrale Auf- Die AGAS hat dazu einen neuen Datensatz mit hyperspektralen
lösung, mit der ein breiteres Spektrum aufgenommen werden Daten aufgebaut, um Modelle trainieren und gegenüber der
kann und mit der die Reflektanzeigenschaften der beobachteten Nutzung von Farbkameras vergleichen zu können. Die ange-
Objekte genauer analysiert werden können. Hier können neues- passten Verfahren zeigten besonders auf Nahinfrarotdaten
te Entwicklungen in der Kameratechnik von Nutzen sein. Sie sehr überzeugende Ergebnisse, was unter anderem auf die
ermöglichen die einfache und schnelle Aufnahme von hyper- speziellen Absorptionseigenschaften von Chlorophyll zurück-
spektralen Bilddaten. Dabei werden auf dem Kamerasensor zuführen ist. Insbesondere Pflanzen erlangen ihre grüne Farbe

Abb. 2: Beispielbild aus dem von der AGAS erstellten Datensatz.


Ein aus den hyperspektralen Daten errechnetes Farbbild mit entsprechender
semantischer Annotation

Abb. 1: Schema eines Hyperwürfels mit hyperspektralen Daten Abb. 4: Ergebnis der semantischen Szenenanalyse auf NIR-Daten unter Abb. 5: Fusion von 3D-Laser und hyperspektralen Daten. Die 3D-Laserpunkte
Verwendung des maschinellen Lernens. Links ein Kanal aus den NIR-Daten werden entsprechend den Informationen der VIS-Kamera eingefärbt
als Grauwertbild und rechts das Ergebnis der pixelbasierten Klassifikation
Abb. 3: Ergebnis der semantischen Szenenanalyse auf VIS-Daten unter
Verwendung des maschinellen Lernens. Links ein errechnetes Farbbild
und rechts das Ergebnis der pixelbasierten Klassifikation
Forschungsaktivitäten 2017 78 79

Fabian Peifer B.Eng. TRDir Dr.-Ing. Johannes Kloppenburg hervorruft. Hintergrund dieses Aufbaus sind medizinische dieser Daten kann man bereits minimale Reaktionen des
Institut für Fahrzeugtechnik Wehrtechnische Dienststelle für Landgebundene Fahrzeugsysteme,
Hochschule Trier Pionier- und Truppentechnik (WTD 41) Untersuchungen des Gleichgewichtsorgans, welches an der Körpers objektiv messen.
Trier Trier
Entstehung der Kinetose maßgeblich beteiligt ist.
kinetose@hochschule-trier.de WTD41posteingang@bundeswehr.org
Ein weiteres Ergebnis dieser Untersuchungen ist, dass die
Dieses Testverfahren ermöglicht auch die Nachbildung realer aktuellen Normen zur Bewertung von Ganzkörperschwin-
Gegebenheiten in Fahrzeugen. Durch die unterschiedliche gungen im militärischen Umfeld unzureichend sind. In den
Anordnung von Bildschirmen und Bedienelementen an den Richtlinien sind Verfahren zur Bewertung der kinetogenen
Verbesserung der Leistungsfähigkeit einzelnen Arbeitsplätzen werden verschiedene Kopfbewegun- Reize von Schwingungen vorgegeben. Dazu werden erhobene
durch optimierte Arbeitsplatzgestaltung gen erwirkt. Ob solche Bewegungen des Kopfes zu Schwindel Messdaten nach speziellen Verfahren gefiltert und gewichtet.
führen, ist von der individuellen Anfälligkeit der betroffenen Anhand dieser Gewichtung kann man sehen, ob eine Schwin-
Person, aber auch in deutlichem Maße von der Art und Richtung gung kritisch oder unkritisch für den Menschen ist.
In militärischen Fahrzeugen gehört die Arbeit an digitalen Das Institut für Fahrzeugtechnik der Hochschule Trier unter- der Bewegung abhängig. Durch Probandenstudien wurden
Bedien- und Anzeigeelementen während der Fahrt zum sucht in Zusammenarbeit mit der Wehrtechnischen Dienst- kritische Anordnungen von Bildschirmen identifiziert. Daraus Die Grundlage für die bisherigen Verfahren zur Bewertung
Alltag. Das Arbeiten während einer passiven Bewegung stelle 41 die Entstehung dieser Symptome bei der Besatzung ergeben sich Hinweise, um die Gestaltung von mobilen Arbeits- der kinetogenen Reize sind allerdings Studien aus dem mari-
führt oft zu Übelkeits- und Schwindelsymptomen, die militärischer Landfahrzeuge. Die Symptome sind Folge der plätzen zu verbessern. timen Bereich, wo jedoch wesentlich andere Schwingungs-
den Menschen signifikant in seiner Leistungsfähigkeit Reisekrankheit, der sogenannten Kinetose, und treten auf- belastungen der Besatzung auftreten als in Landfahrzeugen.
einschränken. Diese Einschränkung der Leistungsfähig- grund einer Schutzreaktion des menschlichen Organismus Im Rahmen einer Bestandsaufnahme aktueller Fahrzeuge der Der in der Abbildung 3 dargestellte Beschleunigungs-Zeit-
keit kann entscheidenden Einfluss auf das Gelingen einer auf. Im Forschungsprojekt werden Ursachen und Einfluss- Bundeswehr sollen solche einzelnen Arbeitsplatzeigenschaften Verlauf zeigt den Vergleich zwischen tatsächlich auftretenden
Mission haben. faktoren zur Entstehung von Kinetose untersucht. auf ihre kinetogene Reizintensität bewertet werden. Im ver- Schwingungen (in blau) und deren Gewichtung mit den Ver-
gangenen Jahr wurden Messfahrten mit dem Schützenpanzer fahren nach Norm (rot). Der extreme Gegensatz zwischen den
Ziel ist es, die Innenraumgestaltung von Fahrzeugen positiv zu PUMA durchgeführt. Neben Analyse des Aufbaus der einzelnen real auftretenden Schwingungen und der Gewichtung zeigt,
gestalten und damit die Leistungsfähigkeit der Mannschaften Arbeitsplätze wurden humanrelevante Schwingungsunter- dass weitere Forschungen für die kinetogene Bewertung von
zu verbessern. suchungen mit Messung von Temperatur und Lärm durch- Ganzkörperschwingungen in militärischen Landfahrzeugen
geführt, um die resultierende Belastung auf die Besatzung zu erforderlich sind.
Um die Einflussfaktoren reproduzierbar und effektiv zu erfassen.
untersuchen, wurde an der Hochschule Trier ein Prüfstand
entwickelt und im vergangenen Jahr erweitert (siehe Abb. 1). Durch zusätzliche physiologische Messung der Probanden
Ein Proband sitzt außermittig und ohne Sicht nach außen in konnten die Reaktionen des menschlichen Körpers mit der
einer abgedunkelten und um die vertikale Achse drehbaren erfahrenen Beanspruchung verknüpft werden. Bestandteil
Kabine. Während des Drehvorgangs muss der Versuchsteil- der physiologischen Messungen im Prüfstand und bei Mess-
nehmer verschiedene Aufgaben lösen. Diese Aufgaben erfordern fahrten sind Parameter wie Herzrate, Hautleitfähigkeit,
Bewegungen des Kopfes, was häufig Schwindelerscheinungen Atemfrequenz und Hauttemperatur (siehe Abb. 2). Anhand

Abb. 1: Kinetoseprüfstand an der Hochschule Trier Abb. 2: Physiologische Messung (rechts) während den Versuchsfahrten Abb. 3: Vergleich zwischen den Beschleunigungen im SPz PUMA (blau) und dem nach Norm gewichteten Signal (rot)
(ohne Außenwände)
Forschungsaktivitäten 2017 80 81

TRDir Wolfgang Scheidler Dipl.-Ing. Dr. Franz Madritsch starkes Nachfolgesystem für das veraltete DME /TACAN zu Mittels SDR, die von PC-Plattformen kontrolliert und gesteu-
Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät Ingenieurbüro für interdisziplinäre technische Projekte und Expertisen
der Bundeswehr (WTD 61) Aicha schaffen. Aufgrund der damit möglichen Freisetzung eines ert werden, ist es nun möglich Mode N Signale zu generieren
Manching
madritsch@madritsch.de großen, von DME-Kanälen belegten Frequenzbereichs im und zu empfangen. Die bisherigen Untersuchungen befaßten
WTD61posteingang@bundeswehr.org
L-Band wird es möglich dieses Spektrum effizient für weitere sich mit der Generierung und dem Empfang der Signale mit
Dienste zu nutzen. DME und Mode N können nebeneinander unterschiedlichen Signalraten und Abtastfrequenzen sowie
betrieben werden, womit eine gleitende Umstellung ermöglicht mit der präzisen Synchronisation der SDR.
wird. Durch geeignete Kryptierung kann Täuschungssicherheit
Mode N – Ein terrestrisches Navigationssystem zur Modernisierung und eine selektive Zugriffsmöglichkeit hergestellt werden. Überlegungen zu geeigneten Kryptierverfahren und Schlüssel-
der konventionellen Flug-Funknavigation systemen wurden angestellt, um eine robuste und sichere
In der aktuellen Forschungsarbeit werden diese militärischen Datenübertragung zu realisieren. In diesem Zusammenhang
Aspekte eines solchen Systems betrachtet und zusammen mit wurden auch IFF-Verfahren (Identification Friend or Foe) re­
Mode N ist ein Konzept, das die schrittweise Substitution Mode N (Navigation) stellt eine terrestrische Alternative zu eventuellen weiteren militärischen Forderungen in das Gesamt- cherchiert und das Symbiosepotential bezüglich der Schlüs­sel­
der technisch veralteten und ineffizienten DME/ TACAN satellitenbasierten GNSS dar. Ähnlich wie bei GNSS werden von konzept eingebracht. verwaltung betrachtet.
Systeme durch eine moderne leistungsfähige und sichere mehreren Bodenstationen zeitlich synchronisierte Funksignale
Navigationstechnologie ermöglicht. Die neue Technologie ausgesandt, die im Empfänger mittels Messung der Ankunfts- Um frühzeitig eine technische Bewertung des Systems zu er- In der weiteren Folge soll das Experimentallabor zu einem
basiert auf SSR/ Mode S Signalen und Formaten, erweitert zeitdifferenzen (TDOA) eine Positionsbestimmung erlauben. möglichen und militärische Forderungen einzuarbeiten und Übungsgelände für die Erprobung, Evaluierung und Weiter-
die Fähigkeiten bei gleichzeitiger Reduktion der benötigten Durch relativ kurze Ausbreitungswege und relativ hohe Sende- zu evaluieren, wurde in der Wehrtechnischen Dienststelle für entwicklung von Mode N ausgebaut werden. Wobei zuerst
Bandbreite im L-Spektralband und ermöglicht die Freigabe leistung kann so, verglichen zu Satellitensystemen, eine wesent- Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr ein Entwick- ein Areal für Bodentests innerhalb der Dienststelle und später
von Frequenzspektrum für andere Dienste. lich robustere Signalübertragung realisiert werden. Mode N lungslabor für „Software Defined Radio“ (SDR) eingerichtet. ein größerer Bereich für Flugversuche mit einer Mode N
Bodenstationen übertragen periodisch ihre Navigationsin- Der bisherige Entwicklungsstand von Mode N wurde in Ko- Signalabdeckung hergestellt werden soll. Die erforderlichen
formation (d. h. eine eindeutige ID, Standortkoordinaten, operation mit der DFS in diesem Labor nachvollzogen. Die Bodenstationen sollen auf Gebäuden und Liegenschaften der
Antennenhöhe und Aussendungszeit) unter Verwendung eines für experimentelle Funkübertragungen nötige Versuchsfunk- Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luft-
modifizierten Mode S Nachrichtenformats. Alle Mode N genehmigung wurde beantragt und der Dienststelle erteilt. fahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) und der DFS errichtet
Bodenstationen sollen zeitlich durch primäre und sekundäre werden.
Zeitquellen sowie durch Synchronisationsnachrichten un- Der Laboraufbau beinhaltet neben „Software Defined Radios“
tereinander synchronisiert werden. Da die TDOA-Naviga- Leistungs-PCs und Laptops, Signalgeneratoren, Oszilloskope Das mittelfristige Ziel ist die Herstellung eines kompletten
tionslösung durch das Bordsystem des Flugzeugs berechnet und Messgeräte. Als Zeitreferenz- und Verteilsystem innerhalb Mode N Systems für die Erprobung, Evaluierung, Standardi-
wird, ist es möglich Mode N als passives Navigationssystem des Labors dient in dieser Ausbaustufe ein GPS-disziplinierter sierung und Weiterentwicklung in Manching.
für militärische Anwendungen einzusetzen. Quarzoszillator mit acht parallelen Ausgängen. Um Unab-
hängigkeit von GNSS zu erreichen, ist die Verwendung von
Die Entwicklung dieses Konzepts erfolgte durch eine Initiative Primärzeitnormalen vorgesehen.
der Deutschen Flugsicherungs GmbH (DFS), um ein leistungs-

Abb. 1: Prinzip Mode N; Ausreichend viele Bodenstationen senden Abb. 2: Nutzung L-Band aktuell und künftig. Die Überladung der Frequenzen 1030 Abb. 3: Das Mode N Konzept erlaubt den flexiblen fließenden Abb. 4: SDR Versuchslabor zur experimen- Abb. 5: Mode N Versuchsgebiet in Aufbau;
von bekannter Position zu definierten Zeiten ein moduliertes Signal und 1090 MHz mit verschiedensten Diensten wird deutlich (Quelle: Mit freundlicher Übergang vom veralteten DME zum innovativen terrestrischen tellen Evaluierung von Mode N. Militärische die WTD 61 errichtet am und um den Flug-
aus. Der Empfänger im LFZ ist in der Lage aus den Unterschieden Genehmigung der DFS) Navigationssystem, bei gleichzeitiger Freisetzung eines Groß- Anforderungen werden untersucht und platz Manching ein Erprobunsgebiet zur
der Empfangszeitpunkte seine Position und die genaue Zeit zu teils des Frequenzspektrums im L-Band (beispielsweise im eingearbeitet Untersuchung von Mode N in Bodentests
ermitteln (Quelle: Mit freundlicher Genehmigung der DFS) Zeitraum von 2025 bis 2035) und Flugversuchen (Karte hergestellt unter
Verwendung von OpenStreetMap-Daten,
Lizenz: Open Database License (ODbL))
Forschungsaktivitäten 2017 82 83

Dr. Ivor Nissen Dr. Justus Fricke Herausforderung. Oft bleibt aus Mangel an „Signal-Verstecken“ automatisierte Antwort (Response) in bemannten getauchten
Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen,
Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) nur das Umgebungsgeräusch mit seiner am Ort des Aufklärers Fahrzeugen nicht sinnvoll ist. Hier hat der Kommandant das
Kiel Kiel
unbekannten Geräuschteppichausprägung oder die Stegano- letzte Wort und entscheidet über die Aussendung einer Antwort.
WTD71posteingang@bundeswehr.org WTD71posteingang@bundeswehr.org
graphie. Die wissenschaftliche Fragestellung bestand daher „All weather detection and localization of threat subs and
aus einer Definition der Verratsarmut unter Wasser, einer secure identification and recognition of own subs in littorals“
objektiven Bewertung unterschiedlicher Ansätze und einer ist die erfüllte Leitidee dieser Vorschrift, mit der den Marinen
demonstrierbaren Implementierung. die erste verratsarme und taktische digitale Übertragungsform
Kooperierende Identifizierung unter Wasser mittels IFS unter Wasser als eine neue Fähigkeit vorliegt; ein großer Schritt
Das Kieler CENTRE OF EXCELLENCE for Operations in der „Digitalisierung unter Wasser“, aus der weitere Anwendun-
Confined and Shallow Waters (COE CSW) und die damalige gen erwachsen werden.
Forschungsanstalt der Bundeswehr für Wasserschall und
Die unkooperative Identifizierung steht am Ende einer Bekanntlich dienen Ausweis und Kreditkarte der kooperativen Geophysik (FWG) haben in 2006 begonnen, die zugehörige
langen und zugleich aufwendigen Prozesskette: Detektion Identifizierung, digitale Formen sind beim Flugzeug das auto- Prozesskette – die Informatik bezeichnet sie als Initiator-
über Zeit und Ort, Filterung nicht zutreffender Signaturaus- matische Identification Friend or Foe (IFF), beim Schiff das Responder-(IN-RES)-Prozesse – zu definieren und technisch
prägungen – sogenannte Falschziele – bis hin zur sicheren Automatic Identification System (AIS). Durch die Koopera- zu untermauern. Nachdem mit Hilfe der Deutschen Marine,
Identifizierung eines Objekts. Es geht aber auch anders. tion wird aus dem Objekt ein Subjekt, es hilft aktiv, erkannt der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marine-
zu werden. Im Angelsächsischen sind damit Begriffe wie waffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) sowie
trustworthiness (safety, security, privacy, reliability, resilience) Unternehmen der Industrie in mehreren Benchmarks und
verknüpft. Da sich die elektromagnetische Welle unter Wasser Versuchsserien in Manövern die Machbarkeit nachgewiesen
nicht über relevante Entfernungen ausbreitet, müssen für ein wurde, ist ein als geheim eingestufter Standard vorgeschlagen
Identifikationsverfahren unter Wasser Schallwellen eingesetzt worden.
werden. Uboote sind hinsichtlich ihrer akustischen Signatur
optimiert und jegliche aktive Schallausstrahlung lässt diesen Dieser NATO-Standard STANAG 1481 (IFS – Identification of
Vorteil hinfällig werden. Die Fähigkeit zur verratsarmen Kom- Friendly Submarine) beschreibt den IN-RES-Prozess von der
munikation (privacy) ist also wichtig, um den Vorteil der Tarn- Bitübertragung als taktische UWK bis hin zur Unterwasser-
kappe Ozean nicht aufzugeben. Andererseits ist Robustheit Anwendung, inklusive vereinheitlichter Darstellungen im
ebenfalls notwendig (reliability, resilience), doch Verratsarmut Führungssystem. Dabei wird „Submarine“ nicht mit Uboot
und Robustheit sind zwei gegenläufige Forderungen. Ein (submarine boat) gleichgesetzt. Für unterschiedliche, getauchte
besseres Signal-zu-Rausch-Verhältnis führt zu weniger Deko- Einheiten, ob bemannt oder unbemannt, sind nun Anwen-
dierfehlern, ist aber auch verräterischer. Aus wissenschaftlicher dungen wie Taucher-Homing, Fernschaltung von Sperren,
Sicht ist die verratsarme Unterwasserkommunikation (UWK), der sichere Zugang zu Häfen, ASW oder ein Water-Space-
das Verdecken des Signals (covertness), eine interessante Management möglich. IFS ist dabei eben kein IFF, da eine

Abb. 1: Taxi-Call als Beispiel einer „air-sub cooperation“. Abb. 2: Benchmark-Auswertung von Bitfehlern (fehlerfrei = Dreieck rechts) und Paketfehlern (fehlerfrei = grün)
Verratsarmut ist hier eine Kernforderung mittels 2336 gemessener und archivierter Wasserschall-Ausbreitungskanälen dreier Übertragungsverfahren
bezüglich Robustheit bei nicht-positivem Signal-zu-Rauschverhältnis
Forschungsaktivitäten 2017 84 85

TORR Markus Pettinger über zwei getrennten Detektoren haben sie den Vorteil, nur Mit bispektralen Detektorarrays ausgestattete Zielsuchköpfe
Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik
(WTD 81) eine für beide Spektralbereiche ausgelegte Optik, Kühlgehäuse sind resistenter gegen Störungen, Täuschkörper und optroni-
Greding
und Auswerteelektronik zu benötigen. Bispektrale Wärmebild- schen Gegenmaßnahmen. Dadurch kann die Präzision und
WTD81posteingang@bundeswehr.org
geräte neuer Generation können kompakt, klein und leicht mit Zuverlässigkeit von Lenkflugkörpern erhöht werden. Derzeit
geringer Leistungsaufnahme hergestellt werden und bieten werden noch keine bispektralen Detektoren in Zielsuchköpfen
Vorteile bei der automatisierten Bildverarbeitung und Detek- eingesetzt. Moderne Lenkflugkörper wie IRIS-T und RAM
tion von Objekten. Die Spektralbänder können auch getrennt werden aber bereits heute so ausgelegt, dass SWIR/MWIR-
Bispektrale Detektoren für den nahen und mittleren Infrarotbereich verarbeitet und bei eingeschränkter Sicht der optimale Spektral- Detektoren in künftigen Kampfwertsteigerungen eingesetzt
(SWIR/MWIR) bereich ausgewählt werden. werden können.

In den 1990er Jahren begannen bei AIM und den Fraunhofer- Eine geplante Anwendung ist die raumgestützte Raketen-
Bispektrale Infrarot-Detektoren erlauben die koinzidente Seit 2015 forscht der nationale IR-Detektorhersteller AIM Instituten die Forschung zu bispektralen Detektoren im mittel- frühwarnung. Es werden zwei Satelliten zur permanenten
Detektion von Ereignissen in zwei Spektralbändern. Dadurch Infrarot-Module GmbH (AIM) im Auftrag der Bundeswehr an und langwelligem Infrarot. Erkenntnisse daraus konnten auf Überwachung von Konfliktgebieten in eine geosynchrone
entfällt der Aufwand bei der sensornahen Bildverarbeitung bispektralen SWIR/MWIR-Detektoren aus dem Halbleiter- den SWIR/MWIR-Bereich übertragen werden. Bereits 2017 Umlaufbahn gebracht. Die charakteristische Emission des
zur Synchronisation beider Spektralkanäle. SWIR/MWIR- Materialverbund Cadmium-Quecksilber-Tellurid (HgCdTe). wurden mit ersten Detektoren im Laborbetrieb gute Ergeb- Abgasstrahls der Raketentriebwerke lässt sich, Koinzidenz der
Sensoren sind für Wärmebildgeräte, störrobuste und präzise Dies bietet bei hoher Photonenausbeute die Möglichkeit, über nisse erzielt. Messung vorausgesetzt, von sonstiger terrestrischer Abstrah-
Lenkflugkörper und spezialisierte Sensoren zur raumgestütz- die genauen Anteile der Elemente Hg, Cd und Te Detektor- lung im MWIR und durch reflektierte Sonneneinstrahlung
ten Raketenfrühwarnung geeignet. kristalle für jeden einzelnen Spektralbereich, vom sichtbaren Abb. 2 zeigt Aufnahmen des bispektralen Detektors im SWIR verursachtem Clutter im SWIR eindeutig unterscheiden.
bis zum fernen Infrarot, zu konfektionieren. Dabei bleiben und MWIR, die Auflösung beträgt 320 x 256 Pixel mit einer Im aktuellen Forschungsvorhaben zu bispektralen SWIR/
für nahezu jede Zusammensetzung die sonstigen relevanten Pixelgröße von 30 µm. Die Anzahl defekter Pixel ist mit 0,3 % MWIR-Detektoren wird versucht, bis 2022 die Sensortechnik
Kristalleigenschaften, vor allem die Gitterkonstante, weitest- bereits jetzt sehr gering und kann mit üblicher Bildverarbeitung in ausreichender technologischer Reife bereit zu stellen.
gehend gleich. Dies ist eine Voraussetzung für die Züchtung korrigiert werden. Die spektrale Empfindlichkeit konnte so ex- Der Start der Satellitenmission ist für 2025 geplant.
hochqualitativer Detektorkristalle. Störungen der Gitterstruktur akt eingestellt werden, dass sich bei maximaler Empfindlichkeit
verursachen erhöhtes Detektorrauschen und Defekte. HgCdTe beide Spektralbereiche nicht beeinflussen, siehe Abb 3. Dies ist
eignet sich durch die bei variierender Zusammensetzung Voraussetzung für den synchronen bispektralen Betrieb. Die
gleichbleibende Gitterkonstante in einzigartiger Weise für das Photonenausbeute des Detektors beträgt über 60 %.
Wachstum von bispektralen Detektorkristallen (Abb. 1).
Abb. 4 zeigt die Detektormodule für den Labor- und Test-
Bispektrale Detektoren erlauben die koinzidente, also räum- betrieb. Weitere Forschungsarbeiten haben die Erhöhung der
lich und zeitlich zusammenfallende Detektion von Objekten Auflösung, Reduktion des Rastermaßes und Verringerung der
und Ereignissen. Dadurch ist kein Aufwand zur Synchronisation Detektorfehler sowie die Optimierung der Betriebsparameter
und sensornahen Fusion beider Spektralkanäle nötig. Gegen- zum Ziel.

Abb. 1: Schema eines Detektorpixels mit aufgebrachten Abb. 2: Aufnahmen des bispektralen Detektors bei 130 Kelvin Betriebstemperatur, Abb. 3: Spektrale Empfindlichkeit bei Wellenlängen von Abb. 4: Detektormodule für den Labor- und Testbetrieb
Kontaktstellen (gelb), Passivierungen (grün), Trennschicht links: SWIR, rechts MWIR 2,7 µm (SWIR) bis 6,0 µm (MWIR), der scharfe Übergang
(rot) und jeweiligem Absorptionsbereich (orange/blau) zwischen den Kanälen verhindert spektrales Übersprechen
Forschungsaktivitäten 2017 86 87

Dipl. Chem. Dr. Manfred Kaiser Treibladungspulvers durch zunehmende Abbrandgeschwindig- dass der Maximaldruck in der Waffe von der Konzentration
Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD91)
Meppen keit kompensiert wird. des Oberflächenbehandlungsmittels auf der Oberfläche des
WTD91posteingang@bundeswehr.org Treibladungspulverkorns abhängt. Unterhalb einer bestimmten
Bei der Alterung des Treibladungspulvers ändert sich durch Konzentration auf der Oberfläche des Treibladungspulverkorns
Diffusion des Oberflächenbehandlungsmittels dessen Kon- wird die Abbrandgeschwindigkeit zu hoch und der zugelassene
zentrationsgradient. In diesem Fall steigt die Verbrennungs- Maximaldruck der Waffe wird überschritten.
geschwindigkeit zum Beginn des Verbrennungsprozesses an,
Voraussage der ballistischen Stabilität von Treibladungspulvern welches zu einem höheren Maximaldruck führt. Ein zu großer Zukünftig sollen Untersuchungen durchgeführt werden, um
mit Hilfe der Infrarot-Spektroskopie Maximaldruck kann zu Fehlfunktionen oder zur Zerstörung mittels Dataloggern reale Temperaturverläufe an der Munition
der Waffe führen. zu bestimmen. Es sollen Computerprogramme entwickelt
werden, welche die ballistische Stabilität aus Temperaturdaten
Die Kenntnis der thermischen und ballistischen Stabilität Die ballistische Stabilität ist von großer Bedeutung, wenn Die Gebrauchslebenszeit des Treibladungspulvers hängt von von Dataloggern und der bekannten Temperaturabhängigkeit
von Treibladungspulvern ist für die sichere und effiziente Munition in Auslandseinsätzen in heißen Klimazonen ein- verschiedenen Faktoren ab. Zwei der Faktoren sind die chemi- der Diffusionskonstanten berechnen.
Verwendung von Munition wichtig. Die chemische Stabilität gesetzt wird. Gewalzte Kugelpulver werden in Kleinkaliber- sche und ballistische Stabilität. Die ballistische Stabilität ist
von Treibladungspulvern wird routinemäßig untersucht und munition eingesetzt, wie sie z. B. für das Gewehr G36 oder das eindeutig mit Diffusionsprozessen des verwendeten Ober-
ist sehr gut bekannt, aber über die ballistische Stabilität ist amerikanische AR15 verwendet wird. Die innenballistische flächenbehandlungsmittels verknüpft. Zur Bestimmung der
wenig bekannt. Seit einigen Jahren ist die ballistische Stabili- Leistung des eingesetzten Treibladungspulvers wird durch die Diffusionskonstanten des Oberflächenbehandlungsmittels
tät von größerer Bedeutung, weil die deutschen Streitkräfte Verwendung eines Oberflächenbehandlungsmittels verbessert. werden Treibladungspulverkörner in ein Epoxidharz einge-
Auslandseinsätze durchführen. Das Oberflächenbehandlungsmittel wird zur Steuerung des bettet. Nach dem Aushärten des Epoxidharzes wird die Probe
Abbrandverhaltens verwendet und durch Diffusionsprozesse mit einem Mikrotom in dünne Scheiben geschnitten, welche
auf die Oberfläche des Treibladungspulvers aufgebracht. Es ist ortsaufgelöst mittels Infrarot-Mikroskopie untersucht werden.
auf der Oberfläche bis zu einer bestimmten Tiefe vorhanden. Aus den gemessenen Spektren können Konzentrationsprofile
bestimmt werden.
Der Prozess zur Herstellung von Kugelpulver ist sehr gut
bekannt und das Verbrennungsverhalten kann leicht durch Durch Untersuchung der Konzentrationsprofile in Abhängigkeit
Änderung der Form und der Oberfläche eingestellt werden. von Lagerzeit und Lagertemperatur können Diffusionskonstan-
Die Oberflächenänderung wird üblicherweise durch Imprägnie- ten des Oberflächenbehandlungsmittels bei unterschiedlichen
rung mit einem Oberflächenbehandlungsmittel durchgeführt. Temperaturen ermittelt werden. Aus den Diffusionskonstanten
kann im Anschluss die Aktivierungsenergie für den Diffusi-
Der Konzentrationsgradient des Oberflächenbehandlungs- onsprozess berechnet werden. Damit kann die ballistische
mittels bewirkt einen nahezu konstanten Druck während des Lebensdauer des Treibladungspulvers bei unterschiedlichen
Abbrandprozesses, wodurch die abnehmende Oberfläche des Temperaturen berechnet werden. Es kann gezeigt werden,

Abb. 1: Gewalztes Kugelpulver Abb. 2: Konzentrationsprofil des Oberflächenbehandlungsmittels Abb. 3: Maximaldruck in der Waffe nach Lagerung Abb. 4: Berechnete Oberflächenkonzentration des
im Treibladungspulverkorn der Munition bei verschiedenen Lagertemperaturen Oberflächenbehandlungsmittels bei verschiedenen
(rote Linie: kritischer Maximaldruck) Lagertemperaturen in Abhängigkeit von der Lagerzeit
(blaue Linie: kritische Minimalkonzentration)
89

2
Wehrmedizinische und
Wehrpsychologische Forschung
Dienst in den Streitkräften ist mit einer Vielfalt gesundheit- Das neu aufgestellte Institut für Präventivmedizin der Bundes-
licher Risiken verbunden. Der Sanitätsdienst der Bundeswehr wehr führt die Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Wehrergo-
hat den Auftrag, in diesem fordernden Umfeld die Gesundheit nomie und Leistungsphysiologie weiter, die zuvor am Zentralen
der ihm anvertrauten Soldatinnen und Soldaten zu schützen Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr durchgeführt
und wiederherzustellen. Im Folgenden stellen die Ressortfor- wurden. Es berichtet über eine Messmethode zur Erfassung
schungsinstitute des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Beispiele der Fingerkraft, der eine zentrale Bedeutung beim sicheren
ihrer Forschungs­arbeit und deren Anwendung in der Praxis vor. Gebrauch von Schusswaffen zukommt.

Das Institut für Radiobiologie der Bundeswehr setzt sich Das Schifffahrtsmedizinische Institut der Marine stellt neue
u. a. mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Katastrophe Untersuchungen vor, in den tauchenden Einheiten der Marine
von Tschernobyl auseinander. Durch Aufklärung bestimmter durch Nutzung von sog. hyperbaren, d. h. mit hohem Druck
Muster genetischer Veränderungen wurde hier ein Beitrag angewandtem Sauerstoff entstehenden oxidativen Stress zu
zur Auf­klärung der Zusammenhänge zwischen der Exposition reduzieren. Hier soll die Anwendung pflanzlicher Inhalts-
gegenüber ionisierender Strahlung und dem gehäuften Auf- stoffe, sogenannte Flavonole, einen Beitrag zum langfristigen
treten bestimmter Tumore geleistet. Schutz der Gesundheit und Dienstfähigkeit leisten.

Ricin ist ein Toxin pflanzlicher Herkunft, das sich ohne große Fliegerischer Dienst in den hochagilen Kampfflugzeugen des
Schwierigkeiten gewinnen lässt, daher besteht ein verstärktes 21. Jahrhunderts stellt höchste Anforderungen an die physische
Risiko des Missbrauchs in terroristischen Angriffen. Das Institut Belastbarkeit der Flugzeugbesatzungen. Das Zentrum für Luft-
für Mikrobiologie der Bundeswehr stellt Nachweisverfahren und Raumfahrtmedizin beschreibt ein speziell entwickeltes
vor, mit denen eine entsprechende Kontamination bzw. Exposi- Trainingsprogramm, um diesen Belastungen entgegenzuwirken.
tion schnell nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden kann.
Das Psychotraumazentrum der Bundeswehr am Bundes-
Das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr wehrkrankenhaus Berlin berichtet über strukturelle und
stellt einen neuen Detektor zum Nachweis von Nervenkampf- physiologische Veränderungen am menschlichen Hirn in
stoffen, aber auch hochtoxischen Pestiziden mit ver­gleichbarem Folge psychischer Traumatisierungen. Deren Kenntnis soll eine
Wirkungsmechanismus auf der Haut vor. Angesichts der jüngs- möglichst frühe Diagnosestellung und Therapie ermöglichen
ten Vorfälle im Syrien Konflikt und dem Fortbestehen asym­ und damit einen Beitrag zur Optimierung der Fürsorge für
me­trischer Bedrohungen kommt der Fähigkeit zur schnellen psychisch verwundete Soldatinnen und Soldaten leisten.
Aufklärung und Diagnostik eines entsprechenden Krankheits­
geschehens besondere Bedeutung zu.
Forschungsaktivitäten 2017 90 91

Oberfeldveterinär Dr. med. vet. Heiner von Buttlar Rizin war ab den 1940er Jahren ein wichtiger Bestandteil von störenden Eigenschaften beim Nachweis des Rizin bekannt
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr
München vielen B-Waffen Programmen und ist daher über das B- und sind, war mit diesem Testsystem möglich.
InstitutfuerMikrobiologie@bundeswehr.org C-Waffen Übereinkommen geächtet und reglementiert.
Um die Sensitivität des Tests zu erhöhen, wurde es dann mit
Ein Beispiel für den bioterroristischen Gebrauch aus der einem vorgeschalteten Anreicherungsverfahren gekoppelt,
Vergangenheit sind die im Jahr 2013 u. a. an den Präsidenten um die Untersuchung auch größerer Probenvolumina zu er-
der USA adressierten Rizin-haltigen Briefe. möglichen. In diesem sogenannten „On-Bead-ELISA“ wird
Der Nachweis des Rizins das Rizin in der Probe mit dem monoklonalen Antikörper
Diese Beispiele zeigen die Notwendigkeit von sicheren Nach- markiert und anschließend dieser Antigen-Antikörper-Kom-
weisverfahren für Rizin, um frühzeitig ausgebrachtes Gift plex mittels magnetischer Beads spezifisch angereichert. Die
detektieren zu können. Detektion des an die magnetischen Beads gebundenen Rizins
Biologische Gifte sind eine wichtige Gruppe von Stoffen Rizin wird vom Wunderbaum (Ricinus communis) produziert erfolgt dann mit Hilfe eines Enzym-markierten Antikörpers,
mit Potential als biologische Kampfstoffe. Insbesondere und macht bis zu 2 % des Gewichtes der Samen dieses Strauches Hierzu stehen bereits Schnelltestsysteme zur Verfügung, der bei Anwesenheit von Rizin in der Probe zu einem typischen
das hochgiftige Rizin, das Gift des Wunderbaumes, wurde aus. die ohne Laborinfrastruktur durchgeführt werden können. Farbumschlag führt.
bereits mehrfach zu bioterroristischen Zwecken eingesetzt. Diese sind jedoch deutlich weniger sensitiv und spezifisch
Somit ist der sichere Rizin-Nachweis eine notwendige Fähig- Da der Hauptbestandteil der Samen, das Rizinusöl, Anwen- als laborgestützte Testsysteme. Die Testung in verschiedenen Lebensmitteln sowie den
keit, um eine Ausbringung gegen Bundeswehrangehörige dung in der chemisch-pharmazeutischen Industrie findet, klinischen Matrices Serum und Plasma bewies die Anwend-
im Einsatz- oder Heimatland rechtzeitig aufzudecken. wird Rizinus communis als Nutzpflanze speziell in subtropi- Eines dieser laborgestützten Testsysteme stellt der sogenannte barkeit mit relevantem Probenmaterial. Die Sensitivität in
schen Gegenden angebaut. Auch in gemäßigten Zonen ist Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) dar, bei dem mit Lebensmitteln lag dabei im niedrigen ng/ml Bereich, was die
der Wunderbaum als Zierpflanze verbreitet. Die nach der Öl- Hilfe an einer 96-Loch-Plastikplatte gebundener spezifischer Unbedenklichkeitsprüfung von Lebensmitteln erlaubt.
gewinnung zurückbleibenden Presskuchen sind toxinhaltig Antikörper das Rizin aus einer Probe gefangen und dann mit
und werden meist als organischer Dünger eingesetzt. Weder Hilfe weiterer spezifischer und Enzym-gekoppelter Antikörper Damit stehen Testsysteme zur Verfügung, die mit einer Stan-
der Umgang noch der Verkehr mit Rizinussamen oder -pflanzen sensitiv nachgewiesen werden kann. dard-Laborausstattung den spezifischen Nachweis von Rizin
werden kontrolliert. Dementsprechend ist der Zugang zum erlauben. Die benötigte Infrastruktur steht auch in mobilen
Rohstoff für die Toxinherstellung nicht reglementiert, mit Im vorliegenden Ansatz wurde ein Rizin-spezifischer mono- Laboreinrichtungen zur Verfügung, was die Anwendung auch
entsprechendem Risiko für die missbräuchliche Verwen- klonaler Antikörper als Fänger eingesetzt. Dieser Test zeigte in diesen Bereichen ermöglicht.
dung. eine hohe Spezifität und war in der Lage, auch zwischen Rizin
und strukturell nah verwandten Stoffen zu unterscheiden.
Strukturell gehört Rizin zu den sogenannten Ribosomen-
inaktivierenden Proteinen (RIP). Nach der Aufnahme in die Der Einfluss des Probenmaterials, in dem das Rizin nachgewie-
Zelle werden die Ribosomen, Ort der Eiweißsynthese der sen werden sollte, der sogenannte Matrixeffekt, war gering.
Zelle, gehemmt, was letztendlich zum Zelltod führt. Auch die Untersuchung von Milchprodukten, die für ihre

Abb. 1: Samen des Wunderbaumes Abb. 2: Schematische Darstellung eines grundsätzlichen ELISA-Systems Abb. 3: Schematische Darstellung des On-Bead-ELISA
Forschungsaktivitäten 2017 92 93

Oberstarzt Prof. Dr. Franz Worek Oberfeldarzt Priv.-Doz. Dr. Timo Wille Erkennung aller für den Menschen giftigen Nervenkampf- Der als Prototyp verfügbare Hautdetektor soll zeitnah in einer
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr
München München stoffe und Pestizide, hohe Empfindlichkeit, schnelle Durch- Einrichtung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr in größeren
InstitutfuerPharmakologieundToxikologie@bundeswehr.org InstitutfuerPharmakologieundToxikologie@bundeswehr.org führbarkeit, einfache Anwendung, geringes Gewicht und Stückzahlen gefertigt und gemäß Einsatzkonzept in der Bundes-
Packmaß sowie geringe Kosten. wehr eingeführt werden. Damit eröffnet sich die Möglichkeit
eine wesentliche Fähigkeitslücke im Bereich des medizinischen
Hierbei war die primäre Absicht, den Nachweis einer Konta- Schutzes vor chemischen Kampfstoffen zu schließen und einen
mination der Haut durch Nervenkampfstoffe oder Pestizide Beitrag zur optimierten Gesundheitsversorgung zu leisten.
Hautdetektor für Nervenkampfstoffe und Pestizide ohne Identifizierung der verwendeten Substanz zu führen, um
frühzeitig geeignete Gegenmaßnahmen einleiten zu können.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurde ein


Die Erkennung einer Kontamination der Haut durch Nerven- Der wiederholte Einsatz chemischer Kampfstoffe in jüngster Testprinzip auf der Basis einer Enzymreaktion gewählt.
kampfstoffe und Pestizide stellt ein großes diagnostisches Vergangenheit in Syrien und im Irak hat die fortwährende Die Verwendung menschlicher Acetylcholinesterase, also
Problem dar, ist aber zur Einleitung lebensrettender Maß- Bedrohung von Soldaten und der Zivilbevölkerung eindrucks- des Enzyms, das durch Nervenkampfstoffe und Pestizide
nahmen von essentieller Bedeutung. Zur Schließung dieser voll vor Augen geführt. Ein besonderes Problem stellen sesshafte gehemmt wird und dadurch die akuten Giftwirkungen
Fähigkeitslücke hat das Institut für Pharmakologie und Nervenkampfstoffe und Pestizide dar, da diese Verbindungen auslöst, ist Grundlage für die hohe Empfindlichkeit und
Toxikologie der Bundeswehr den einfach anwendbaren, mit den verfügbaren Detektionssystemen nur unzureichend Erfassung aller humantoxischer Nervenkampfstoffe und
hoch empfindlichen Hautdetektor OP Skin Disclosure Kit nachgewiesen werden können. Dies betrifft in besonderem Pestizide. So können mit dem Hautdetektor Nervenkampf-
entwickelt. Maße die Erkennung einer Kontamination der Haut durch stoffe in Mengen, die um den Faktor 10.000 unter der töd-
derartige Stoffe. So liegt die für Menschen berechnete tödliche lichen Dosis liegen, nachgewiesen werden. Durch die Verwen-
Dosis des Nervenkampfstoffs VX bei wenigen Milligramm. dung einer Farbstoffreaktion kann anhand einer Farbskala
(Score 0 bis 4) ein eindeutiges Ergebnis innerhalb von 3 Minu-
Bei einer Auftragung dieser hochgiftigen Verbindungen sind ten erzielt werden. Die Auswertung erfolgt visuell, komplexe
umgehende Gegenmaßnahmen wie eine Dekontamination technische Vorrichtungen sind nicht erforderlich.
der Haut erforderlich, um eine lebensbedrohliche Vergiftung
zu verhindern. Der Hautdetektor (OP Skin Disclosure Kit) besteht aus vier
Komponenten mit einem Gesamtgewicht von 20 Gramm und
Mit dem Ziel, die vorhandene Fähigkeitslücke zu schließen, einer Größe von ca. 10 x 15 cm. Dadurch kann der Hautdetektor
hat das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der von Soldaten oder Rettungskräften ohne größere Belastung
Bundeswehr (InstPharmToxBw) einen Hautdetektor mit mitgeführt werden und steht für die unmittelbare Anwendung
folgenden Eigenschaften entwickelt: zur Verfügung. Die einfache Handhabung erfordert lediglich
eine kurze Einweisung, z. B. in Form eines Trainingsvideos.

Abb. 1: Prototyp des Hautdetektors (OP Skin Disclosure Kit) Abb. 2: Schema der Anwendung des Hautdetektors mit Probennahme, Abb. 3: Farbtafel für die Auswertung der Farbreaktion (Score 0 – 4)
in der Größe von ca. 10 x 15 cm und Gesamtgewicht von 20 g Reaktion mit Testenzym und Reagenzien und Ergebnisauswertung
Forschungsaktivitäten 2017 94 95

OSA Dr. Kai Nestler OFA Dr. Ulrich Rohde Dr. Alexander Witzki OTA Prof. Dr. Dr. Dieter Leyk
Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr Institut für Präventivmedizin der Bundeswehr
Abteilung A: Gesundheits- und Leistungsförderung Abteilung A: Gesundheits- und Leistungsförderung Abteilung A: Gesundheits- und Leistungsförderung Andernach
Koblenz Koblenz Koblenz
InstPraevMedA@bundeswehr.org
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Körperliche Anforderungen im Rahmen der Schießausbildung müssen. Aus diesem Grund wird das Pistolenschießen im verbunden ist (Abb. 2). Zur Erfassung und Auswertung hoch-
– Entwicklung einer Messmethode zur Erfassung der Fingerkraft Rahmen des einsatzorientierten neuen Schießausbildungs- auflösender Kraft-Zeitverläufe (1000 Hz) wurden zudem Soft-
konzepts der Bundeswehr regelmäßig trainiert (Abb. 1). waremodule konzipiert (Abb. 3). Probemessungen erfüllten
Dies umfasst diverse Schussserien, die mehrfach wiederholt dabei die hohen Anforderungen an die Testgütekriterien.
Nachlassende Fingerkraft schränkt bei der Ausbildung an Für viele Tätigkeiten im Alltag wird – neben der Feinkoordina- werden. Dabei kann es zur muskulären Ermüdung des Abzugs- Auch die Eignung als angewandtes leistungsdiagnostisches
der Pistole die Schießfertigkeit ein. Mit Hilfe der neu ent- tion – ausreichende Hand- bzw. Greifkraft benötigt. Im medizi- fingers und in der Folge zu Problemen bei der sicheren Schuss- Messverfahren wurde erfolgreich nachgewiesen: Die Verände-
wickelten Messmethode lässt sich erstmals die muskuläre nisch-klinischen Bereich wird diese zur Verlaufsbeobachtung abgabe sowie abnehmender Präzision kommen. Dies kann rung der Fingerkraft während der Schießausbildung konnte
Ermüdung des Abzugsfingers beurteilen. Neben der Kontrolle bei degenerativen Erkrankungen und der Rehabilitation letztlich zum Nichterreichen des Ausbildungsziels führen. detailliert erfasst werden.
von Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen kann das von Finger-Hand-Traumata genutzt. Als Prädiktor gibt diese
Messverfahren perspektivisch für ergonomische Entwick- Methode zudem zuverlässig Aufschluss über Morbiditäten Bislang stehen für solche Belastungen keine anwendungs- Perspektivisch lässt sich die Messmethode somit zur Kontrolle
lungen und die Diagnostik von Finger-Hand-Traumata und Mortalitäten. orientierten Messverfahren zur Verfügung, mit denen Flexions- von Ausbildungs- und Trainingsmaßnahmen nutzen. Vergleichs-
verwendet werden. kräfte einzelner Finger erfasst werden können. Aus diesem daten der Fingerkraft sind zudem für jegliche ergonomische
Bei vielen soldatischen Kernkompetenzen ist die Greifkraft der Grund gibt es zum Beispiel nur wenig Informationen zur Entwicklung verwendbar, in der ein manueller Gebrauch
dominierende leistungslimitierende Faktor. Maximalkraft und deren Streuung in militärischen Kollektiven. des Materials vorgesehen ist. Im klinisch-wehrmedizinischen
Da beim P8-Schießen Abzugskräfte von etwa 58 N notwendig Anwendungsbereich werden eine präzisere, differenzierte
Beispielsweise wird der Verwundetentransport mittels Kranken- sind, überrascht es nicht, dass nachlassende Fingerkräfte mit- Diagnostik und die Analyse von Therapieverläufen bei Finger-
trage durch nachlassende Greifkräfte eingeschränkt, bevor verantwortlich für das Nichterreichen der Ziele der Schießaus- Hand-Traumata ermöglicht. Dabei ist das Verfahren grundsätz-
überhaupt die Leistungsgrenze des Herz-Kreislauf-Systems bildung sind. lich nicht auf einen Finger begrenzt, sondern kann auf die
erreicht wird. Finger DIII-DV erweitert und angepasst werden. Erforderlich ist
Ziel des Forschungsvorhabens am Institut für Präventiv- ein Aufbau geschlechts- und altersnormierter Wertetabellen.
Ausreichende Finger- und Handkraft wird auch beim Schießen medizin ist daher die Entwicklung einer reliablen und validen
mit der Pistole benötigt und ist für die Einsatzfähigkeit und Methode zur Erfassung der Fingerkraft. Dazu wurde eine in
Selbstverteidigung zwingend erforderlich. Die Schießfertigkeit Höhe und Abstand einstellbare Messapparatur entwickelt.
gehört deshalb zu den sogenannten „individuellen Grund- Der Finger wird hierbei im isometrischen Maximalkrafttest in
fertigkeiten“, die von allen aktiven Soldaten beherrscht werden einem Ring gebeugt, der unmittelbar mit einer Kraftmessdose

Abb. 1: Neues Schießausbildungskonzept der Bundeswehr. Abb. 2: Die Messapparatur zur Erfassung der Fingerkraft ist an die Abb. 3: Automatisierte Analyse hochauflösender Kraft-Zeit-Verläufe
Wiederholte Schussserien mit der Pistole können zur Ermüdung Größenverhältnisse der Pistole P8 angepasst mit Markierung der Maximalkraft, anhand derer sich die Ermüdung der
der Fingermuskulatur führen Fingermuskulatur beurteilen lässt
Forschungsaktivitäten 2017 96 97

OTL Dr. rer. nat. Annette Arndt OFA Dr. med. Stefan Eder Gensequenzen der Schilddrüsenzellen verantwortlich sind, zierung häufige in Schilddrüsenkarzinomen auftretende
Bundeswehrkrankenhaus Ulm Institut für Radiobiologie der Bundeswehr
Ulm München die ein unkontrolliertes Wachstum und eine verbesserte Punktmutationen der BRAF und RAS-Gene analysiert.
BwKrhsUlm@bundeswehr.org InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org Überlebensfähigkeit der entarteten Zellen bewirken und mit
zunehmendem Alter gehäuft auftreten. Bei Punktmutationen Anhand der Ergebnisse konnte ein Zusammenhang zwischen
handelt es sich dabei um das Einfügen, den Verlust oder den der Strahlendosis und der Häufigkeit von BRAF/RAS-Punkt-
Austausch einzelner DNA-Basen, wodurch das Leseraster mutationen nicht nachgewiesen werden. Hinsichtlich der
der DNA verändert wird. Häufigkeit von ALK und RET Rearrangements zeigte sich
Genetische Biomarker für Strahlenexposition in Schilddrüsenkarzinomen hingegen ein statistisch signifikanter Zusammenhang mit
einer ukrainischen post-Tschernobyl Patientenkohorte Ionisierende Strahlung, die z. B. beim Zerfall von radioaktivem der Strahlendosis (Abbildungen 2 und 3). Speziell das gehäufte
Iod freigesetzt wird, vermag typischerweise auch Brüche Auftreten von ALK Rearrangements bei Schilddrüsenkarzinom-
des DNA-Doppelstrangs herbeizuführen. Die Auftrittswahr- patienten im Kindes- und Jugendalter mit vorausgegangener
Die Feststellung eines Zusammenhangs zwischen der Ent- Die wissenschaftliche Aufarbeitung des Reaktorunfalls im scheinlichkeit von DNA-Doppelstrangbrüchen steigt mit Strahlenexposition konnte erstmalig gezeigt werden.
stehung eines Tumors und vorangegangener beruflicher ukrainischen Tschernobyl vom 26. April 1986 ist auch nach zunehmender Strahlendosis. Durch fehlerhafte Reparatur-
Strahlenexposition stellt für den medizinischen Gutachter über 30 Jahren noch nicht abgeschlossen. In den 90er Jahren mechanismen, z. B. durch das Zusammenfügen falscher Bruch- Zusammenfassend verdichten sich die wissenschaftlichen
eine große Herausforderung dar, da strahlenspezifische war insbesondere bei Kindern und Heranwachsenden in den endstücke, kann die Erbsubstanz anschließend neu „arrangiert“ Erkenntnisse, dass das Vorliegen bestimmter Gen-Rearrange-
Biomarker im Tumorgewebe bisher nicht verfügbar sind. vom nuklearen Fallout betroffenen Regionen vor allem der werden, wobei das Rearrangement bestimmter Gene im un- ments in Schilddrüsenkarzinomen auf eine Verursachung
Im Rahmen einer Studie wurden deshalb Proben von Ukraine, Weißrusslands und Russlands ein deutlicher Anstieg günstigsten Fall krebsauslösend wirken kann. durch vorausgegangene Strahlenexposition deutet.
Schilddrüsenkarzinomen ukrainischer Patienten moleku- des Erkrankungsrisikos für Schilddrüsenkarzinome zu ver-
largenetisch untersucht. zeichnen. Die Aufnahme und Anreicherung von radioaktivem In der vorliegenden Studie wurden an insgesamt 76 Gewebe-
Iod-131 in die stoffwechselaktive kindliche Schilddrüse wird proben von ukrainischen Schilddrüsenkarzinompatienten mit
als wesentlicher Risikofaktor für die maligne Entartung von bekannter Iod-131 Organdosis mittels Fluoreszenz-in-situ-
Schilddrüsenzellen betrachtet. Zahlreiche wissenschaftliche Hybridisierung (FISH) und Immunhistochemie (IHC) die Häufig-
Arbeitsgruppen befassen sich seitdem weltweit mit der Identi- keit von Rearrangements der Gene ALK und RET untersucht
fizierung genetischer oder proteinbasierter Biomarker, mit (Abb. 1). Alle Patienten waren zum Zeitpunkt des Vorfalls
deren Hilfe zufällig entstandene bösartige Schilddrüsentumore jünger als 18 Jahre. Als Vergleichsgruppe mit ähnlicher Alters-
von denen mit vorausgegangener Strahlenexposition unter- verteilung zum Zeitpunkt der Operation diente Tumorgewebe
schieden werden können. von 19 an Schilddrüsenkarzinomen erkrankten Patienten,
die Jahre nach dem Reaktorunfall geboren wurden, so dass
Sporadische Schilddrüsentumore gehören zu den eher seltenen aufgrund der relativ kurzen Halbwertzeit von etwa 8 Tagen
Tumorerkrankungen und treten mit einem Altersgipfel in der keine Exposition der Schilddrüse gegenüber radioaktivem
zweiten Lebenshälfte auf. Molekulargenetische Untersuchungen Iod-131 erfolgte. Zusätzlich wurden anhand von DNA-Proben
konnten zeigen, dass dafür Punktmutationen in bestimmten aus den entsprechenden Gewebeproben mittels Pyrosequen-

Abb. 1: Mikroskopische Aufnahmen von Schilddrüsenkarzinomgewebe mit Abb. 2: Zusammenfassende Darstellung der Odds Ratios Abb. 3: Lineares Dosis-Effekt-Modell
bestätigtem ALK-Rearrangement (HE-Färbung, ALK-IHC und ALK-FISH) für Punktmutationen und ALK & RET-Rearrangements für ALK & RET-Rearrangements
Forschungsaktivitäten 2017 98 99

Oberstarzt Priv.-Doz. Dr. Peter Zimmermann Oberstarzt Dr. Gerd Willmund Prof. Dr. Simone Kühn Prof. Dr. Jürgen Gallinat
Psychotraumazentrum der Bundeswehr Psychotraumazentrum der Bundeswehr Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Berlin Berlin Berlin Universitätsklinikum Eppendorf
Hamburg
BwKhrsBerlinPsychotraumazentrum@bundeswehr.org BwKhrsBerlinPsychotraumazentrum@bundeswehr.org info@mpib-berlin.mpg.de
info@uke.de

Hirnstrukturelle und physiologische Veränderungen Neben Studien zu neuroimmunologischen und physio- Psychotherapie, wies eine signifikante Volumenzunahme der
im Rahmen psychischer Traumatisierungen logischen Parametern wurden durch die Bundeswehr auch Hippocampus-Region im Sinne einer möglichen Reversibilität
Bildgebungsstudien veranlasst, um die Eignung der MRT- nach.
Bildgebung als ein Verfahren zur Früherkennung und Ver-
In der Behandlung von einsatzbedingten Traumafolgestörun- Psychische Erkrankungen gehen häufig mit einem chronischen laufsbeurteilung von Therapien zu untersuchen. Eine randomisiert-kontrollierte Studie der Arbeitsgruppe
gen ist eine frühe Diagnosestellung und Therapieeinleitung Verlauf einher, der auch die Wiedereingliederungsmöglich- befasste sich mit dem Einfluss von Videospielen auf die Be-
essentiell. Biomarker einschließlich solcher aus der Bild- keiten einschränkt. Gerade im Hinblick der zunehmenden So konnte in einer kontrollierten Pilotstudie bei Soldaten handlung der Posttraumatischen Belastungsstörung bei 40 an
gebung des Gehirns werden aktuell gerade im Hinblick der Häufigkeit von Auslandseinsätzen, der bekannt hohen Präva- mit einsatzbedingter PTBS und trauma-exponierten gesunden PTBS erkrankten Soldaten, die sich in stationärer Therapie
post­traumatischen Belastungsstörung untersucht. Ziel ist es, lenz psychischer Erkrankungen und der damit massiv erhöhten Soldaten nachgewiesen werden, dass die Glutamatkonzen- befanden. Auch hier zeigte sich ein signifikant stärkeres Wachs-
Prädiktoren aus diesen Bereichen zu identifizieren, die eine Vulnerabilität von Traumafolgestörungen sollten Anstrengun- tration signifikant mit der Stärke der Belastung durch Kampf- tum von Hippocampusarealen bei der Tetrisgruppe im Vergleich
schnellere Diagnosestellung unterstützen. gen unternommen werden, die Früherkennung psychischer handlungen und mit der Gesamtbelastung aller Probanden zur Kontrollgruppe. Daneben war zeitgleich die Reduktion der
Erkrankungen zu verbessern. Frühere Studien unter Beteiligung ansteigt. Zudem war die Stärke der PTBS Symptomatik signifi- Gesamtschwere der posttraumatischen Belastungsstörung
des Psychotraumazentrums der Bundeswehr (PTZ) wiesen kant positiv mit der GABA-Konzentration assoziiert. sowie der Eigenschaftsangst nachweisbar.
jedoch nach, dass ein großer Teil der im Ausland an PTBS
erkrankten Soldaten sich innerhalb der ersten 12 Monate keine Die Dauer von Einsätzen scheint sich dabei auf den Umfang
professionelle, psychotherapeutische Hilfe sucht. Das Erleben cerebraler Veränderungen auszuwirken. Im Rahmen der glei-
von Fremd- und Selbststigmatisierungs­effekten scheint ein chen Pilotstudie wurde eine negative Korrelation zwischen der
wesentlicher Faktor zu sein. Dauer des militärischen Einsatzes und der grauen Substanz-
volumina im ventro-medialen präfrontalen Kortex (vmPFC)
Zur Beurteilung von Therapieverlauf und -ergebnis werden und dem dorsalen anterioren cingulären Kortex (ACC) nach-
zukünftig auch biologische Parameter, sogenannte Biomarker, gewiesen. Ebenfalls wurde eine negative Beziehung zwischen
eine größere Rolle einnehmen. Es ist bekannt, dass psychische dem einsatzdauerkorrelierten Volumen der grauen Substanz
Traumafolgestörungen umfangreiche Auswirkungen auf zen- und psychischen Symptomen, aber nicht zwischen militäri-
trale hormonelle und neuroimmunologische Regulations- schem Einsatz und psychischen Symptomen nachgewiesen.
prozesse des menschlichen Körpers haben. Auch die Betrachtung des Längsschnittes, d. h. nach stationärer

Abb. 1: Die Analyse wies auf eine negative Korrelation zwischen Abb. 2: In einer kontrollierten Therapiestudie wurden an PTBS erkrankten Abb. 3: Die videospielende Interventionsgruppe zeigte eine signifikante Zunahme Abb. 4: In allen Teilprojekten wurden Soldaten zu mehreren
dem Volumen der Grauen Substanz und der Gesamtdauer aller Soldaten die cerebralen Auswirkungen von täglichem Videospiel während der der grauen Substanz in der voxelbasierten Volumetrie Messzeitpunkten in modernen 3T-MRT-Scannern untersucht
Einsätze der Probanden hin. Dies war vor allem in metaanalytisch traumakonfrontativen Psychotherapie untersucht (Quelle: Die Fotos wurden freundlicherweise vom Max-Planck-
identifizierten ROI (regions of interest) nachweisbar Institut für Bildungsforschung Berlin, zur Verfügung gestellt)
Forschungsaktivitäten 2017 100 101

OLt zS M.Sc. Monika Rausch OFA PD Dr. Carla Ledderhos OTA PD Dr. Frank Weber Prof. Dr. Billy Sperlich
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Fürstenfeldbruck Fürstenfeldbruck Fürstenfeldbruck Würzburg

ZentrLuRmedLwifachabtltrforschungwissuerprob@bundeswehr.org ZentrLuRmedLwifachabtltrforschungwissuerprob@bundeswehr.org ZentrLuRmedLwifachabtltrforschungwissuerprob@bundeswehr.org sportwissenschaft@uni-wuerzburg.de

Muskuläre Beanspruchung der Hals-, Nacken- und Schultermuskulatur Die Datenerhebung in der HZF lief wie folgt ab: Die Probanden Ergebnisse: Befand sich die HWS in einer neutralen Positi-
durch Beschleunigungskräfte und ihre Beeinflussung durch ein spezifisches absolvierten jeweils drei Humanzentrifugenfahrten, zunächst on, nahmen die muskuläre Aktivität und folglich auch die

Trainingsprogramm – Untersuchungen in der Humanzentrifuge bei +1,4 Gz (Baseline) danach bei +3 Gz in drei verschiedenen physiologischen Kosten bei allen betrachteten Muskeln bei
Settings: Ohne Helm, mit Helm sowie mit Helm und Nacht- Beschleunigung von Baseline (+1,4Gz) auf +3Gz signifikant zu.
Flugdienstinduzierte Nackenbeschwerden sind ein bekanntes Die Technologisierung moderner Helmsysteme steigert die sichtgerät (NVG). Während der Fahrten wurde ein Oberflächen- Wurde bei +3Gz der Kopf gedreht, stiegen die physiologischen
Problem für Jetpiloten. Besonders die +Gz-Beschleunigung Systemperformance. Gleichzeitig nimmt durch die Gewichts- elektromyogramm (EMG) von Muskeln des Hals-, Nacken- und Kosten – ebenso wie das subjektive Belastungsempfinden –
in Verbindung mit schweren Helmen und Nachtsichtgeräten zunahme die Beanspruchung der Wirbelsäule, v. a. der Hals- Schulterbereiches abgeleitet (Abb. 2). Danach erhielten die vor allem im Nacken um ein Vielfaches gegenüber dem Aus-
beanspruchen die Halswirbelsäule. Das Zentrum für Luft- wirbelsäule (HWS) zu. In der flugmedizinischen Forschung wird Teilnehmer einen Fragebogen zum Belastungsempfinden. gangswert an. Der Posttest zeigte den positiven Einfluss des
und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe (ZentrLuRMedLw) und deshalb ein Schwerpunkt auf die Analyse der beanspruchten Trainings auf die Maximalkraft und das allgemeine Wohl-
Kooperationspartner analysieren deshalb die Beanspruchung Muskulatur gelegt. Dabei wird versucht herauszufinden, ob Um die EMG-Daten interindividuell vergleichen zu können, befinden. Das EMG belegte objektiv, dass die physiologischen
der am Flugbetrieb beteiligten Muskulatur und untersuchen ein spezifisches Training zur Stärkung der Hals-, Nacken- wird das Verfahren der „MVC-Normalisierung“ angewandt: Kosten während der flugähnlichen Belastung in der Zentrifuge
deren Beeinflussung durch spezifische Trainingsprogramme. und Schultermuskulatur die „physiologischen Kosten“ unter Der untersuchte Muskel wird zunächst willkürlich maximal für die Trainingsgruppe nach der Intervention geringer waren
Beschleunigungskräften verringern kann. Die physiologischen kontrahiert. Mit Oberflächenelektroden werden die Muskel- als vorher. Die Muskulatur musste also bei derselben Aufgabe
Kosten beschreiben den Aufwand, den ein Muskel betreiben aktionspotenziale (gemessen in µV) als Feldpotenziale registriert. weniger Kraft aufwenden.
muss, um die Arbeit, die er leisten soll, auch ausführen zu Über eine Dauer von 1.000 ms wird die Fläche unter der Kurve
können. der Maxima der Aktionspotenziale bestimmt. Dieser Wert Die Studie zeigt das Potenzial, wie das fliegende Personal durch
(Dimension µV²/ms) wird als physiologische Kosten bezeichnet ein flugspezifisches funktionelles Krafttraining mit Fokussie-
In einem Pre-Post-Test-Design durchliefen 18 Probanden und für die weiteren Vergleiche in der Untersuchung als rung auf den Muskelaufbau der wirbelsäulenstabilisierenden
(davon 12 in einer Trainingsgruppe und 6 in der Kontrollgruppe) Referenzwert benutzt (Abb. 3). Muskulatur gesund erhalten werden kann. Für zukünftige
eine 12-wöchige Trainingsphase und standardisierte Belastun- Entwicklungen sollten interdisziplinäre Synergien wie z. B.
gen in der Humanzentrifuge (HZF). Neben anthropometrischen Als Trainingsform wurde Muskelaufbautraining gewählt, um ergonomische, leistungsphysiologische und trainingswissen-
Daten sowie solcher zum Sportverhalten wurden Maximal- durch Muskelquerschnittsvergrößerung einen Kraftzuwachs schaftliche Erkenntnisse genutzt und zusammengeführt
kraftwerte der Halsmuskulatur vor und nach der Trainingsphase zu erreichen. Die Trainingsgeräte waren leicht zu verstauen und werden.
erhoben. zu transportieren, sodass ortsungebunden und platzsparend
trainiert werden konnte.

Abb. 1: Darstellung der verschiedenen Settings während der Fahrt in der HZF Abb. 5: Links: verarbeitetes EMG-Signal des M. trapezius pars descendens (li)bei Testung der
(Bild: Monika Rausch) natürlichen G-Toleranz eines Probanden in der HZF. Deutlich erkennbar der Anstieg der muskulären
Aktivität mit zunehmender Gz Beschleunigung. Rechts: Axiale Aufnahme des Halses im MRT.
Abb. 2: Darstellung der Muskeln, Der Pfeil markiert die im EMG-erfasste Pars descendens des M. trapezius
bei denen während der Fahrten
in der HZF die physiologischen
Kosten erhoben wurden.
Von links nach rechts: Abb. 3: Signalverarbeitung der Oberflächenelektromyographie mittels Abb. 4: Ausschnitt aus dem Trainingsplan
M. sternocleidomastoideus, MVC-Normalisierung (Software „MyoResearch“, Noraxon) (erstellt mit der Software „evoletics“)
M. erector spinae C4,
M. trapezius pars descendens
(aus Konrad, 2011)
Forschungsaktivitäten 2017 102 103

Dr. rer. nat. Wataru Kähler Dipl. Biol. Frauke Tillmans OSA Dr. med. S. Klapa FLA Prof. Dr. med. Andreas Koch M. Sc. Bente Grams
Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Kiel Kiel Kiel Kiel Kiel

schiffmedinstm@bundeswehr.org schiffmedinstm@bundeswehr.org schiffmedinstm@bundeswehr.org schiffmedinstm@bundeswehr.org mail@uni-kiel.de

Möglicher Einsatz von Flavonolen zur Reduktion des oxidativen Stresses wie Zwiebeln und Äpfeln enthalten. Aufgrund seiner chemi- die ROS-vermittelten DNA-Schäden im Vergleich zur unbehan-
bei Hyperoxie-exponierten Soldaten und Patienten? schen Struktur (Abb. 1) ist es in der Lage, Elektronen ohne delten Kontrolle (0 μM) in einem dosisabhängigen Zusammen-
Veränderung der Struktur oder Stabilitätsverlust abzugeben. hang reduzieren. Eine besonders wesentliche Reduktion der
geschädigten Zellkerne (– 13 %) wurde bei einer Inkubationszeit
Das natürliche Antioxidans Quercetin könnte helfen, Hyper- Unphysiologisch hohem Oxidativem Stress wird in der aktu- Seine Schutzfunktion gegenüber oxidativem Stress durch direk- von 30 min und einer noch physiologischen Plasmakonzentra-
oxie-induzierten oxidativen Stress zu reduzieren. Hierzu ellen wissenschaftlichen Literatur ein besonderes Gewicht te Reaktionen mit ROS wurde bereits vielfach nachgewiesen, tion von 1 μM Q3G festgestellt. Die Ergebnisse deuten darauf
untersuchten wir die Wirksamkeit des wasserlöslichen Quer- zugeordnet, da die dabei entstehenden reaktiven Sauerstoff- jedoch wird über weitere verschiedene Wirkmechanismen hin, dass eine Q3G-Vorbehandlung einen protektiven Effekt
cetin-3-Glucuronids (Q3G) gegen oxidative DNA-Schäden spezies (ROS) aus medizinischer Sicht für mannigfaltige umfassend diskutiert. auf humane Lymphozyten gegenüber endogen erzeugten ROS
in der Einzelzell-Gelelektrophorese an humanen Blutzellen Krankheitsbilder verantwortlich gemacht werden können. ausübt.
unter extremem Hyperoxie-Stress. Die Ergebnisse zeigen, Nachdem in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang vor Im Rahmen einer präventivmedizinischen Studie, die den
dass Q3G oxidative DNA-Schäden dosisabhängig reduziert. allem die Überforderung des körpereigenen Schutzsystems möglichen Einsatz von Antioxidantien bei berufsbedingt höher
intensiv untersucht wurde, rücken seit einigen Jahren Anti- Sauerstoff exponierten Soldaten (z. B. Kampfschwimmern und
oxidantien in den Forschungsfokus, die in der Lage sind, die Minentauchern; Abb. 2) untersuchen soll, wurde im Rahmen
unphysiologisch hohen Konzentrationen von ROS zu elimi- der Vorlaufforschung ein wasserlöslicher Humanmetabolit
nieren und damit den oxidativen Stress zu mildern. Während des Quercetins, Quercetin-3-glukuronid (Q3G) (Abb. 3), gegen
in der Vergangenheit hauptsächlich nur die direkten Reaktionen oxidative DNA-Schäden in humanen Lymphozyten in-vitro in
oder Reaktionskaskaden zwischen Antioxidantien und ROS verschiedenen Konzentrationen untersucht. Als hyperoxisch/
untersucht wurden, werden heute immer mehr Antioxidantien hyperbares Stressmodell (HBO) diente nach jeweiliger Vorinku-
in Nahrungsmitteln identifiziert, die aufgrund ihrer biochemi- bation mit verschiedenen Q3G-Konzentrationen die Erzeugung
schen Eigenschaften nicht nur als Targets für ROS dienen, reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) endogen in den Lymphozyten
sondern multifaktorielle Eigenschaften aufweisen. in einer Experimentaldruckkammer (400 kPa / 3 h O2) (Abb. 4).
Die in der Folge entstandenen DNA-Schäden wurden dann mit
Eines dieser Antioxidantien ist das Quercetin (3,3‘,4‘,5,7-Penta- Hilfe einer fluoreszenzmikroskopischen Methode (sog. „Comet
hydroxyflavon), es gehört zu der Gruppe der Flavonole und ist Assay“) quantifiziert. Die Ergebnisse zeigen (Abb. 5), dass alle
in hohen Konzentrationen in pflanzlichen Nahrungsmitteln eingesetzten Konzentrationen von Q3G (1, 10, 50 und 100 μM)

Abb. 1: Quercetin, ein in Nahrungsmitteln wie Abb. 2: Kampfschwimmer der Marine Abb. 3: Chemische Struktur des wasserlöslichen Abb. 4: Experimental-Druckkammer für Zellversuche unter Abb. 5: Die Abbildung zeigt den prozentualen Anteil DNA-geschädigter
Zwiebeln und Äpfeln vorkommender Antioxidant Humanmetaboliten Quercetin-3-glukuronid Hyperoxie Zellkerne nach 30 min. Vorinkubation mit Q3G und 400 kPa /3 h O2.
(Q3G) Die Signifikanz wurde nach Bonferroni korrigiert
Forschungsaktivitäten 2017 104 105

ORR Dr. Stefan Röttger LRDir PD Dr. Jens T. Kowalski Leutnant Dominique Gerber Professor Thomas Jacobsen
Streitkräfteamt, Gruppe Angewandte Militärpsychologie und Forschung Streitkräfteamt, Gruppe Angewandte Militärpsychologie und Forschung Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Bonn Bonn Hamburg Hamburg

SKAAbtPersGdsFordGrpMilPsych-Forschg@bundeswehr.org SKAAbtPersGdsFordGrpMilPsych-Forschg@bundeswehr.org pressestelle@hsu-hh.de pressestelle@hsu-hh.de

Optimierung taktischer Atemtechniken für die Bewältigung insgesamt zu einer Verlangsamung der Atmung, weshalb auch durch Zeitdruck und Lärm erzeugt. Zur Stressbewältigung
psychischer Einsatzbelastungen eine Verlangsamung des Herzschlags zu erwarten ist. Einen sollten die Versuchsteilnehmer einmal das CTB und einmal
wissenschaftlichen Beleg für die Effektivität dieser Atemtechnik ProlEx durchführen.
gibt es bisher allerdings nicht.
Techniken des taktischen Atmens dienen Soldaten zur Der in Bedrohungssituationen entstehende Stress kann Das subjektive Stressempfinden der Versuchsteilnehmer sowie
Kontrolle ihrer physiologischen Erregung in Gefechts- und die Leistungsfähigkeit von Soldaten beeinträchtigen. Eine Eine im militärischen Kontext wenig verbreitete, aber sehr die Herzratenvariabilität als Indikator parasympathischer
Bedrohungssituationen, um trotz des erlebten Stresses Möglichkeit Stressreaktionen abzuschwächen besteht in einfache Atemtechnik ist die verlängerte Ausatmung (engl. Aktivität des autonomen Nervensystems waren bei der An-
möglichst leistungsfähig zu bleiben. In einer gemeinsamen der Anwendung von Atemtechniken – ein Prinzip, das schon prolonged exhalation, ProlEx). Sie macht sich vor allem den wendung beider Atemtechniken gleich. Die Anwendung des
Studie von Streitkräfteamt und Helmut-Schmidt-Uni- seit Jahrhunderten in der Schießkunst oder in asiatischen Effekt der RSA zu Nutze, in dem die mit einer Verlangsamung CTB führte jedoch gegenüber ProlEx zu einer geringeren
versität wurde das klassische Combat Tactical Breathing Kampfkünsten angewendet wird. Der Grund für die häufige des Herzschlages verbundene Atemphase verlängert wird. Herzfrequenz, während die ProlEx eine schnellere und dabei
in seiner Wirksamkeit mit einer einfacheren Atemtechnik Nutzung von Atemtechniken zur Minderung von Anspannung Die Effektivität dieser Atemtechnik konnte bereits für die nicht weniger genaue Bearbeitung der Stroop-Aufgabe als
verglichen. und Aufregung liegt darin, dass die Atmung leicht zu kontrol- Bewältigung von Schmerzen nachgewiesen werden. Die ProlEx das CTB ermöglichte.
lieren ist und zugleich Herzaktivität und Blutdruck beeinflusst. scheint außerdem besser mit den in militärischen Bedrohungs-
Diese Kopplung aus Atmung und Kreislauf führt unter anderem situationen häufig auftretenden körperlichen Belastungen Die Ergebnisse legen nahe, dass die verlängerte Ausatmung
zur respiratorischen Sinusarrhythmie (RSA), das heißt einer vereinbar zu sein als das CTB, das ein sekundenlanges Luft- als einfachere Alternative zum CTB angewendet werden
Beschleunigung des Herzschlags beim Einatmen und einer anhalten erfordert. kann – vor allem dann, wenn das schnelle Reagieren auf die
Verlangsamung des Herzschlags beim Ausatmen. Auch durch Umwelt, also eine aktive Belastungsbewältigung erforderlich ist.
eine Verlangsamung der Atmung kann die Herzfrequenz bis In einem Laborexperiment wurde deshalb die Effektivität von Bei der passiven Belastungsbewältigung, also in Situationen,
zu einem gewissen Grad gesenkt werden. ProlEx und CTB verglichen. Die Versuchsteilnehmer sollten in denen eine stärkere Konzentration auf die eigene Atmung
die sogenannte Stroop-Aufgabe bearbeiten, bei der Farbwörter möglich ist (z. B. in Gefechtspausen), scheint die Anwendung
Eine vor allem bei Streit- und Sicherheitskräften Nordamerikas in einer von der Wortbedeutung abweichenden Farbe dar- des CTB effektiver zu sein. Diese Ergebnisse können nun in
verbreitete Atemtechnik ist das Combat Tactical Breathing gestellt werden. Aufgabe der Versuchsteilnehmer war es, so realitätsnäheren Studien überprüft werden.
(CTB). Sie besteht darin, dass die Atmung in die vier Phasen schnell wie möglich per Tastendruck die Farbe oder die
Einatmen – Halten – Ausatmen – Halten unterteilt und so Bedeutung des Wortes anzuzeigen, und dabei keine Fehler
geatmet wird, das jede Phase vier Sekunden lang ist. Dies führt zu machen. Stress während der Aufgabenbearbeitung wurde

Abb. 1: Gefechtsübung als Beispiel für aktive Belastungsbewältigung Abb. 2: Reaktionszeiten der Versuchsteilnehmer in der Stroop- Abb. 3: Herzfrequenz der Versuchsteilnehmer im Experimentalverlauf. Abb. 4: Gefechtspause als Beispiel für passive Belastungsbewältigung
(Quelle: © Bundeswehr / PIZ Marine) Aufgabe bei Anwendung von Techniken des taktischen Atmens. Bei Anwendung des CTB war die Herzfrequenz während des Atemtrainings (Quelle: © Bundeswehr / Sebastian Wilke)
Mit ProlEx konnte signifikant schneller reagiert werden und während der Aufgabenbearbeitung unter Stress signifikant geringer
107

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Militärgeschichtliche und
Sozialwissenschaftliche Forschung
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften Das ZMSBw leistet einen Beitrag zum Verständnis der Rolle
der Bundeswehr (ZMSBw) betreibt militärgeschichtliche und von Streitkräften in einer pluralistischen Gesellschaft. In der
sozialwissenschaftliche Forschung im Auftrag des Bundes- thematischen Verschränkung mit der Militärgeschichte tragen
ministeriums der Verteidigung (BMVg), um mit den dabei ge- die Sozialwissenschaften zur Erforschung und Deutung neuer
wonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen die öffentlichen Konflikte und besonderer Einsatzszenarien der Bundeswehr bei.
Diskussionen über Militär und Sicherheit in Deutschland
aktiv mit zu gestalten. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des ZMSBw
sind mit ihren Forschungen Teil der wissenschaftlichen Com-
Das ZMSBw erforscht die deutsche Militärgeschichte nach munity. Sie pflegen Kontakte zu Organisationen, Institutionen
den allgemein anerkannten Methoden und Standards der und Dienststellen des In- und Auslandes sowie zu inner- wie
Geschichtswissenschaft unter Berücksichtigung der Wechsel- außeruniversitären Forschungseinrichtungen.
beziehungen zwischen Militär, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft
und Kultur. Mit seiner sozialwissenschaftlichen Forschung Zunehmend wichtig ist die Kooperation mit anderen Institu-
leistet das ZMSBw einen Beitrag zur Fortentwicklung der tionen der Bundeswehr, die ausbilden, forschen und erziehen.
Sozialwissenschaften sowie zur wissenschaftsbasierten Politik- Die Einsätze der Bundeswehr unterstützt das ZMSBw mit
beratung. Die Verschränkung der Geschichtswissenschaft historischen und sozialwissenschaftlichen Analysen.
sowie der Sozialwissenschaften erweitert die Möglichkeiten
auf dem Gebiet der Forschung und der Anwendung ihrer
Ergebnisse in der historischen Bildung.
Forschungsaktivitäten 2017 108 109

Oberstarzt Prof. Dr. Ralf Vollmuth Toxikologie ist die „Geschichte und Ethik der Wehrmedizin“ Der dritte Schwerpunkt ist eingebunden in das Großprojekt
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften
der Bundeswehr (ZMSBw) als eigener Forschungskorridor ausgewiesen. des ZMSBw einer deutsch-deutschen Militärgeschichte
Potsdam
des Kalten Krieges von 1970 bis 1990. In der vergleichenden
ZMSBwEingang@bundeswehr.org
Die inhaltlich-thematische Vielfalt lässt sich hier nur andeuten Untersuchung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr und des
und reicht von der Ereignis-, Institutions- und Organisations- Medizinischen Dienstes der NVA wird nicht nur auf Aspekte
geschichte bis hin zu medizinischen Inhalten. Mittelfristig wie Organisation, Gliederung, Ausbildung und andere Deter-
stehen, neben kleineren Projekten, zunächst drei Themen- minanten medizinischer Versorgung abgehoben. Vielmehr
Der Sanitätsdienst schreibt Geschichte schwerpunkte im Fokus: zielt die Studie (ausgehend von der Hypothese, dass die
vom Patienten- und Menschenbild sowie medizinethischen
Die hohe Relevanz des ersten Schwerpunktes wurde nicht Implikationen geprägte sanitätsdienstlich-medizinische
zuletzt durch die jüngst stattgehabte Debatte um die Traditi- Versorgung einen sensiblen Indikator für den Umgang einer
Lange Zeit wenig Beachtung fand in der deutschen Militär- Bereits 2011 wurde wissenschaftlich valide nachgewiesen, onspflege und den Traditionserlass der Bundeswehr unter- Armee mit ihren Soldaten darstellt) besonders darauf ab,
und Medizingeschichtsschreibung die Geschichte des Sani- dass die Geschichte des Sanitätsdienstes und der Militärmedizin strichen: die Geschichtskultur und das Geschichtsbewusstsein Fragen des inneren Gefüges und der inneren Verfasstheit,
tätsdienstes und der Wehrmedizin. Eine historisch-kritische insbesondere in der deutschen Militärgeschichte nach 1945 im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Besondere Bedeutung des Menschenbildes und des Umgangs mit dem Menschen
Auseinandersetzung mit entsprechenden Themen fand nur bisher kaum systematisch untersucht wurde. Nachdem zu- kommt dabei der Bewertung des Sanitätsdienstes der Wehr- in den beiden deutschen Armeen zu untersuchen.
marginal statt. Angesichts dieser Forschungsdesiderate wurde nächst ein temporärer Dienstposten im Forschungsbereich macht zu, der Frage nach weltanschaulichen, institutionellen
2016 am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissen- „Militärgeschichte nach 1945“ eingerichtet wurde, besteht wie personellen Kontinuitäten, Diskontinuitäten und Brüchen Neben der Forschung liegen die Hauptaufgaben im kon-
schaften der Bundeswehr (ZMSBw) ein neues Strukturelement seit 01. Juli 2016 am ZMSBw auf der Forschungsbereichsebene und deren Konsequenzen für die Traditionspflege und das be- zeptionellen und koordinativen Bereich, wie Beratung und
eingerichtet und mit Leben gefüllt. der Dienstposten eines „Beauftragten des Inspekteurs des rufliche Selbstverständnis im Sanitätsdienst der Bundeswehr. Begutachtung, Gremienarbeit sowie der Koordinierung, Im-
Sanitätsdienstes für Geschichte, Theorie und Ethik der Wehr- plementierung und Überwachung von Forschungsvorhaben.
medizin“. Die Bezeichnung erfolgte in Analogie zum universi- Ebendieses berufliche Selbstverständnis bildet das zweite Auf eine Verbreiterung der Basis der wehrmedizinhistorischen
tären Querschnittsfach „Geschichte, Theorie und Ethik der Themenfeld, das nachgerade beispielhaft für die inhaltliche Forschung und Erhöhung der Wirkkraft dieses Struktur-
Medizin“. Synthese der drei Teildisziplinen Geschichte, Theorie und elementes am ZMSBw fokussiert die Vernetzung mit Wissen-
Ethik der Wehrmedizin ist. Es umfasst ebenso historische wie schaftlern innerhalb der Bundeswehr und im zivilen Bereich.
auch militär- und medizinethische sowie handlungs- und
Das Spektrum der wehrmedizinhistorischen und -ethischen werttheoretische Erörterungen zu unterschiedlichsten Aspekten
Forschung ist sehr breit und wurde auch in der Bereichsvor- und Ebenen, so etwa zum humanitären Völkerrecht, zu berufs-
schrift C1-821/0-4001 „Forschungskorridore im Sanitätsdienst und standesrechtlichen Fragen, zum Spannungsfeld Arzt und
der Bundeswehr“ verankert, die auf Grundlage der Fähig- Offizier, zum Arzt-Patient-Verhältnis und anderen Bereichen
keitslücken maßgeblich die Forschung und Entwicklung im des (militär-)medizinischen Alltags.
Sanitätsdienst der Bundeswehr bestimmt. Neben Bereichen
wie Radiobiologie, Mikrobiologie oder Pharmakologie und

Abb. 1: Ein Feldscher beim Aus- Abb. 2: Lazarettbaracken nach Louis Stromeyer in der Abb. 3: Operation in einem Feldlazarett des Ersten Weltkrieges Abb. 4: Tradition im Sanitätsdienst – qua vadis.
ziehen eines Pfeiles (Quelle: Hans Schlacht von Langensalza 1866 (Quelle: Louis Stromeyer, (Quelle: Militärhistorische Lehrsammlung, Sanitätsakademie der Bundeswehr) Diese Collage unterschiedlicher Begriffe und Namen ist
von Gersdorff, Feldbuch der Wund- Erfahrungen über Schusswunden im Jahre 1866 [...], Sinnbild für die jüngst stattgefundene Traditionsdebatte
arznei, Straßburg 1517, Bl. 38r) Hannover 1867, S. 35) (Grafik: Mees/Vollmuth)
Forschungsaktivitäten 2017 110 111

Dr. Markus Steinbrecher 2017 stand als besonderes Thema die Haltung der Bevölke- präsenz oder Truppenverstärkungen in Osteuropa fehlt es aller-
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften
der Bundeswehr (ZMSBw) rung zur Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO im dings an Rückhalt in der Bevölkerung, wie die Abbildungen 2
Potsdam
Vordergrund. Es wurde einerseits erhoben, wie die Bürgerinnen und 3 zeigen. Lediglich 34 Prozent möchten, dass die NATO ihre
ZMSBwEingang@bundeswehr.org
und Bürger generell zur Bündnisverteidigung und zur Solida- militärische Präsenz in Osteuropa verstärkt. Und nur 29 Prozent
rität mit Deutschlands Verbündeten stehen. Andererseits ging stimmen zu, dass Deutschland die baltischen Staaten militärisch
es auch um die Bewertung konkreter Maßnahmen der Bünd- unterstützen sollte, damit diese sich gegen Russland wehren
nisverteidigung wie der Beteiligung der Bundeswehr an der können. Die konkreten Engagements der Bundeswehr im
Einstellungen der Deutschen zur Bündnisverteidigung – NATO-Kampfgruppe in Litauen im Rahmen der Verstärkten Baltikum werden ebenfalls von maximal einem Drittel der
ausgewählte Ergebnisse der ZMSBw-Bevölkerungsbefragung 2017 Vornepräsenz („Enhanced Forward Presence“) und der Über- Befragten befürwortet. Somit zeigt sich eine klare Diskrepanz
wachung des Luftraums der baltischen Staaten („Air Policing“) in der öffentlichen Meinung zwischen allgemeinen und spezi-
sowie grundsätzlicher Truppenverstärkungen in Mittel- und fischen Haltungen.
Die Ergebnisse der vom Zentrum für Militärgeschichte und Im Auftrag des Bundesministeriums der Verteidigung führt das Osteuropa.
Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) durchgeführ- ZMSBw jährlich eine Bevölkerungsbefragung zum sicherheits- Die Forscherinnen und Forscher am Forschungsbereich
ten Bevölkerungsbefragung 2017 zeigen, dass die Deutschen und verteidigungspolitischen Meinungsbild in Deutschland Es stellt sich die Frage, ob Deutschland die gleiche Bereitschaft Militärsoziologie des ZMSBw untersuchten im Rahmen weite-
Bündnisverteidigung und Solidarität mit Deutschlands Ver- durch. Diese Studie wird seit 1996 regelmäßig realisiert und zur gemeinsamen Verteidigung aufbringt wie dies in der Ost- rer Analysen die Gründe und Motive für die festgestellten
bündeten grundsätzlich unterstützen. Geht es um konkrete bildet die längste Zeitreihe an Umfragen in Deutschland zum West-Konfrontation die Partner für die Bundesrepublik getan Unterschiede. Diese zeigen unter anderem, dass die Sicht auf
Verteidigungsaufgaben wie die Verstärkte Vornepräsenz im Themenfeld Außen- und Sicherheitspolitik. Im Rahmen der haben. Von herausgehobener Bedeutung ist in diesem Zusam- Russland ein entscheidender Erklärungsfaktor ist. Die voll-
Baltikum, fehlt es aber an Rückhalt in der Bevölkerung. ZMSBw-Bevölkerungsbefragung 2017 wurden 2.508 zufällig menhang, ob die deutsche Bevölkerung zum Beistand für die ständigen Ergebnisse sind unter anderem im Kurzbericht und
ausgewählte Bürgerinnen und Bürger in Deutschland im Bündnispartner bereit ist. im Forschungsbericht zur jährlichen Bevölkerungsbefragung
Rahmen persönlicher Interviews befragt. nachzulesen, die von der Internetseite des ZMSBw unter
Wie Abbildung 1 zeigt, befürworten 72 Prozent der Bundes- www.zmsbw.de heruntergeladen werden können. Weitere
Zentrale Themenstellungen der Befragung waren das Si- bürger, die Bundeswehr einzusetzen, um einem Verbündeten ausführliche Analysen finden sich im Sammelband „Freiheit
cherheitsgefühl und die Bedrohungswahrnehmungen der zu helfen, der angegriffen wird. 68 Prozent sind dafür, einem und Sicherheit? Freiheit oder Sicherheit?“, der im Sommer
Bundesbürger sowie deren Einstellungen zum außen- und Verbündeten zu helfen, der bedroht wird, und 66 Prozent möch- 2018 erscheint.
sicherheitspolitischen Engagement der Bundesrepublik ten die Streitkräfte einsetzen, um gegen Länder, die Deutschland
Deutschland. Zudem wurde die Haltung der Bevölkerung oder seine Bündnispartner bedrohen, militärisch vorzugehen.
zur Bundeswehr sowie zu den Auslandseinsätzen analysiert. Grundsätzliche Maßnahmen der Bündnisverteidigung und der
Die öffentliche Wahrnehmung der Streitkräfte sowie Fragen Solidarität mit Deutschlands Verbündeten finden also große
zur gesellschaftlichen Akzeptanz der Bundeswehr stellten Unterstützung.
weitere Themenbereiche dar. Darüber hinaus wurde die Wahr-
nehmung der Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber Für die konkreten Verteidigungsaufgaben der deutschen
untersucht. Streitkräfte im Bündnis im Rahmen der Verstärkten Vorne-

Abb. 1: Einstellungen in Deutschland zur Bündnisverteidigung Abb. 2: Einstellungen in Deutschland zu konkreten Maßnahmen Abb. 3: Einstellungen in Deutschland zu Bundeswehr-Einsätzen
allgemein der Bündnisverteidigung in Mittel- und Osteuropa
113

4
Geowissenschaftliche Forschung

Geofaktoren sind bei allen militärischen Fähigkeiten und Der Forschungs- und Entwicklungsbedarf ergibt sich aus der
im Rahmen von militärischen Operationen von großer Be- Notwendigkeit
deutung. Die vielfältigen und anspruchsvollen Aufgaben • einsatzrelevante Geofaktoren und Umwelteinflüsse immer
der Bundeswehr lassen den Bedarf an validen Informationen und überall zu erkennen und deren Auswirkungen auf die
über die raumzeitliche Variabilität von Geofaktoren weiter- Operationsführung zu beurteilen,
hin wachsen. Dies gilt sowohl bei Einsätzen im Rahmen des • aktuelle und qualitätsgesicherte Geoinformationen für die
internationalen Krisenmanagements als auch bei der aktuell Einsatzvorbereitung und den Einsatz bereitzustellen und
stärker akzentuierten Landes- und Bündnisverteidigung, • die Einsatzkräfte und das Bundesministerium der Verteidi-
einschließlich der Abschreckung an der Peripherie der Allianz gung (BMVg) geowissenschaftlich zu beraten.
im Rahmen der NATO und der EU oder auch bei der humani-
tären Not- und Katastrophenhilfe. Diese umfassende GeoInfo-Unterstützung wird durch
die interdisziplinäre Forschungs- und Entwicklungsarbeit
Das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr in 18 geowissenschaftlichen Disziplinen gewährleistet.
(ZGeoBw) ist die zentrale Einrichtung der Bundeswehr mit
geowissenschaftlicher Expertise. Es stellt jederzeit aktuelle In den nachfolgenden Artikeln werden drei Beispiele von
wissenschaftsbasierte Grundlagen für alle raumbezogenen geowissenschaftlicher Forschung des Jahres 2017 dargestellt.
Aufgaben des Bundesministeriums der Verteidigung und der Sie zeigen das breite Anforderungsspektrum an die Geo-
Bundeswehr bereit und bearbeitet sowohl kurzfristige als Info-Unterstützung der Bundeswehr beim internationalen
auch mittel- bis langfristige Aufgaben- und Fragestellungen. Krisenmanagement als auch bei der Landes- und Bündnis-
In der Abteilung „Angewandte Geowissenschaften“ sind die verteidigung auf.
Aufgaben für die geowissenschaftliche Forschung gebündelt.

Als Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis wird in der Abtei-


lung „Angewandte Geowissenschaften“ die wissenschaftliche
Basis für den Wissens- und Erfahrungstransfer in der mili-
tärischen Anwendung durch die Bundeswehr hergestellt.
Forschungsaktivitäten 2017 114 115

Dr. Nadine Klauke Vogelanzahl im Luftraum, sondern schätzt das Vogelschlag- Das für den jeweiligen Einsatzraum entwickelte Vorhersage-
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
Euskirchen risiko basierend auf den Wetterverhältnissen und dem zu modell basiert prinzipiell auf dem für Deutschland bereits
ZGeoBwEingang@bundeswehr.org erwartenden Verhalten der Vögel. seit Jahren im operationellen Betrieb befindlichen Modell.
Die Bewertung der Ausprägung einzelner Wetterparameter
Der Vogelzug bzw. das periodische Aufkommen massiver und das daraus zu erwartende Vogelaufkommen wurden ent-
Vogelkonzentrationen im Luftraum ist ein weltweites Phäno- sprechend der lokalen Gegebenheiten angepasst. So ist z. B.
men. Die Gefahr eines Flugunfalls aufgrund eines Zusammen- der Vogelzug im Nahen Osten geprägt von Vogelarten, welche
Vorhersage von Vogelkonzentrationen im Luftraum – Erhöhung der stoßes mit einem Vogel ist daher nicht auf Deutschland bzw. bei ihrer Wanderung stark von der Thermik abhängen – soge-
Flugsicherheit während Auslandseinsätzen der Bundeswehr Zentraleuropa beschränkt. Im Rahmen der Dauereinsatz- nannte Thermiksegler. Im Gegensatz zum Vorhersageverfahren
aufgabe „Verstärktes Air Policing Baltikum“ ist die Luftwaffe für Deutschland spielt bei der Vogelschlagrisikovorhersage für
wiederholt in mehrmonatigen Intervallen mit der Aufgabe den Nahen Osten entsprechend die Entwicklung der Thermik
Große Vogelaufkommen stellen ein Risiko für den Luftverkehr Im militärischen Luftverkehr kommt es immer wieder zu der NATO-Luftraumsicherung im Gebiet des Baltikums be- im Tagesverlauf eine große Rolle bei der Risikoberechnung
dar und gefährden sowohl die Einsatzbereitschaft als auch Zusammenstößen mit Vögeln, die erhebliche menschliche traut. Die Gefahr von Flugunfällen durch den Zusammenstoß während der Zugzeiten.
die Sicherheit der Piloten. Um diese Gefahr bestmöglich zu und monetäre Schäden zur Folge haben können. Da selbst mit Vögeln ist in diesem Gebiet besonders hoch, da das Balti-
minimieren, wurde ein für Deutschland entwickeltes und während der Vogelzugperioden im Herbst und Frühjahr die kum, insbesondere die Küstenregion, Teil der ostatlantischen Die Modellierung der Vogelschlagrisikovorhersage für die
erprobtes Vorhersagemodell, welches das Vogelaufkommen Anzahl der im Luftraum befindlichen Vögel zeitlich enorm Zugroute ist. Hier befinden sich mehrere Millionen Vögel auf Einsatzgebiete der Bundeswehr wird automatisiert über eine
im Luftraum vorhersagt, für die Einsatzgebiete der Bundes- variiert, ist eine tägliche Einschätzung des Vogelaufkommens dem Zug von ihren arktischen Brutgebieten in ihre Winter- vom ZGeoBw eigens zu diesem Zweck entwickelte Software
wehr weiterentwickelt und zum Einsatz gebracht. im Luftraum für die Einsatzplanung und -durchführung quartiere in Mittel- und Südeuropa. Ähnlich verhält es sich berechnet (Abb. 3). Dies ermöglicht eine relativ rasche Weiter-
von großem Vorteil. mit dem Gebiet des Nahen Ostens, in dem die Bundeswehr seit entwicklung und Erweiterung der Vogelschlagrisikovorhersage
2016 im Zuge der Mission „Counter Daesh“ im Einsatz ist. Hier entsprechend den räumlichen und zeitlichen Ansprüchen
Für den innerdeutschen Raum verfügt die Bundeswehr bereits befindet sich eine der am stärksten frequentierten Zugrouten an den Einsatz.
über ein Verfahren zur Vogelschlagrisikovorhersage. Dieses weltweit – allein entlang der Mittelmeerküste und des Jordan-
Verfahren bietet eine 24-h Vorhersage über das potentielle tals wandern im Frühjahr und Herbst bis zu 500 Millionen Vögel.
Aufkommen von Vogelbewegungen im Luftraum und damit Die israelische Luftwaffe verzeichnete allein zwischen den
über das Risiko eines Vogelschlagzwischenfalls. Das Grund- Jahren 1972 bis 1995 mehrere Tausend Vogelschläge mit min-
gerüst dieser Risikoberechnung bildet dabei die Abhängigkeit destens sieben Totalverlusten und drei Toten (Abb. 1).
des Verhaltens von Vögeln von der Wetterlage.
Um die Gefahr von Vogelschlagzwischenfällen während der
Neben den saisonbedingten, längerfristigen Änderungen der Auslandseinsätze zu minimieren, wurde für diese Einsatz-
meteorologischen Bedingungen bestimmt, vor allem während gebiete ein Vorhersageverfahren entwickelt, welches dem
der Zugzeiten, die tägliche Wetterlage die Konzentration von Einsatzpersonal eine Risikoabschätzung auf räumlicher wie
Vögeln im Luftraum. Das Modell berechnet dabei keine absolute auch zeitlicher Ebene zur Verfügung stellt (Abb. 2).

Abb. 1: Überreste einer F-16 der israelischen Luftwaffe Abb. 2: Vogelschlagrisikovorhersage für das Baltikum (li) und den Nahen Osten (re). Abb. 3: Softwareoberfläche zur Berechnung der
nach einem Zusammenstoß mit einem Steinadler Das Risikolevel kann von einem niedrigen Risiko bis zu einem sehr hohen Risiko variieren. Vogelschlagrisikovorhersage am Beispiel der Vogel-
(Aquila chrysaetos). Aus Vogel & Leshem (2009) Das Einsatzgebiet ist in Vorhersageräume unterteilt, welche die meteorologischen schlagrisikovorhersage (Bird strike risk forecast) für
Bedingungen aber auch bekannte Vogelzugrouten widerspiegeln den Nahen Osten
Forschungsaktivitäten 2017 116 117

ORR Dr. Christian von Rüsten In Mitteleuropa ist allerdings die Feuchte stärker beteiligt, Auf dem Kartenhintergrund von Mitteleuropa werden Werte-
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
Euskirchen was zum Aufquellen z. B. von Aerosolteilchen und somit zu bereiche der Longwave-IR-Transmission als Isoflächen gleicher
ZGeoBwV8atmosphaerenphysik@bundeswehr.org einer deutlich reduzierten Transmission führt. Hierbei wird die Farbe dargestellt. Zur besseren Orientierung werden außerdem
Transmission im Longwave-Bereich etwas stärker geschwächt Wetterstationen eingetragen. Die Niederschlagsintensität in
als im Midwave. Somit bringt der Einsatz von Infrarotgerät mm/h muss z. Zt. noch als Faktor mit der Transmission multi-
bei Niederschlägen oder/und Nebel kaum eine Verbesserung. pliziert werden. Bei starker Niederschlagsintensität bleibt nur
eine sehr geringe Transmission übrig. Je nach Einsatzgebiet,
Entwicklung eines Verfahrens zur Berechnung der Infrarot-Transmission Der Verlauf der Strahlung vom Erdboden durch die Atmosphäre Sensor und Fluggerät kann der Wertebereich variieren. Mit dem
zum Sensor kann z. B. mit dem Strahlungstransportmodell weltweiten Einsatz müssen daher noch wichtige Erfahrungen
Modtran berechnet werden. Man gibt den benötigten geome- gesammelt werden.
trischen Pfad, den Wellenlängenbereich und die relevanten
Das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr Eine nutzbare Wärmebildsignatur bedarf ausgeprägter Tem- Wetterparameter ein. Niederschlag und Staub müssen aber
liefert für verschiedene Anwendungen und Einsätze Daten peraturkontraste im Gelände. Diese werden z. B. durch unter- noch zusätzlich in die Rechnungen einbezogen werden.
für die Infrarot-Transmission. Diese können dann insbeson- schiedliche Wärmekapazitäten der Objekte (z. B. Panzer oder
dere nachts und /oder bei schlechten Sichtbedingungen Wiese) erzeugt. Bevor dieses Signal den Sensor erreicht, muss Diese Berechnungen lassen sich unter der Verwendung eines
zur Orientierung im Gelände eingesetzt werden. es die Atmosphäre durchlaufen. Diese dämpft das Signal, Wettervorhersagemodells, wie z. B. ICON oder ECMWF, auto-
sodass nur der transmittierte Restanteil am Sensor anliegt. matisieren. Jedoch benötigt die Berechnung an einem Gitter-
Insbesondere Wasserdampf und Kohlendioxid lassen daher punkt sehr viel Rechenzeit. Für große Gebiete im weltweiten
nur bestimmte Wellenlängenbereiche, wie das Midwave- bei Einsatz bietet sich daher die Berechnung auf Parallelprozessoren
3 bis 5 µm und das Longwave-Fenster bei 8 bis13 µm, durch. an. So können in einem Zeitschritt gleich mehrere Gitterpunkte
prozessiert werden.
Neben der Luftfeuchtigkeit beeinflussen auch Niederschläge,
Staub und Aerosol das IR-Transmissionsvermögen. Im Vergleich Derzeit werden FuE-Arbeiten hinsichtlich optimaler Para-
zum sichtbaren Spektralbereich dämpfen Feuchte und Regen metersetzungen und programmiertechnischer Optimierungen
im Infraroten die Transmission stärker, während bei Staub eine vorgenommen, damit weltweite Transmissionsvorhersagen
viel geringere Dämpfung zu sehen ist. Das hat den Vorteil, dass für den Einsatz von Infrarotgeräten operationell bereitgestellt
man mit IR z. B. einen Hubschrauber durch die von ihm selbst werden können. Dazu ist es erforderlich, eine neue Version des
in der Wüste aufgewirbelte Staubwolke erkennen kann (siehe Strahlungsübertragungsmodells Modtran zu integrieren und
Abb. 1 und 2). Während der Helikopter im Sichtbaren fast nicht zu testen.
zu sehen ist, tritt er auf der Infrarotaufnahme relativ deutlich
hervor. Ein Beispiel für die gegenwärtigen Berechnungen der IR-Trans-
mission wird in der folgenden Abbildung (Abb. 3) dargestellt.

Abb. 1: Visuelles Bild: Hubschrauber verborgen in seiner Staubwolke Abb. 2: Infrarotes Bild: Hubschrauber gut zu erkennen (gleiche Szene) Abb. 3: IR-Transmissionsvorhersage vom 06.03.2018
(Quelle: KpfHubschrRgt 36 Fritzlar) (Quelle: KpfHubschrRgt 36 Fritzlar) (Quelle: ZGeoBw V(8))
Forschungsaktivitäten 2017 118 119

ORR’in Dipl.-Geoökol. Petra Zieger die Karten über das GIS-Portal des ZGeoBw im Bw-Intranet Der Zusammenhang zwischen der Saugspannung des Bodens
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
Euskirchen zur Verfügung zu stellen. und der Bodenfeuchte in Volumenprozent – als pF- oder
ZGeoBwEingang@bundeswehr.org Saugspannungskurve bezeichnet – ermöglicht die Berück-
Mit den CCMod2-Übersichtskarten besteht zudem die Mög- sichtigung des unterschiedlichen Verhaltens der Böden beim
lichkeit, potentielle NoGo-Regionen vorab zu identifizieren, Be- und Entwässern (Abb. 2). Automatisiert lassen sich basierend
für welche das taktische CCMod2 dann sinnvollerweise ein- auf diesem Ansatz potentielle Bodenfeuchte- und Befahrbar-
zusetzen ist, um die konkrete 3-Tages-Wetterprognose zu keits-Karten für die Szenarien „trocken“, „mittel“ und „feucht“
Geländebefahrbarkeit unter Berücksichtigung der Bodenfeuchte berücksichtigen. in wenigen Minuten für ganze Einsatzländer berechnen (Abb. 3).

Die Befahrbarkeit einer Region verändert sich im Laufe eines Neben der Vegetation/Landnutzung und der Steilheit des
Jahres aufgrund des vorherrschenden Klimas, aber auch auf- Geländes können durch die Auswahl eines Fahrzeugs aus einer
Prototypisch wurde das Werkzeug „CCMod2 Overview“ zur Die Befahrbarkeit des Geländes ist für die Einsatzplanung grund des aktuellen Wetters erheblich. Daher wurde das Liste auch Fahrzeug-spezifische Eigenschaften (Steigfähigkeit,
Erstellung von Übersichtskarten zur Geländebefahrbarkeit von Streitkräften von großer Bedeutung (Abb. 1). Das taktische Werkzeug „CCMod2 Overview“ so konzipiert, dass ausgehend Kippwinkel, Gewicht, Vehicle Cone Index VCI) in den Befahr-
entwickelt. Basierend auf den Formeln des NATO Reference Werkzeug CCMod2 ist in der Lage, die Geländebefahrbarkeit von der Wasserspeicher-Fähigkeit des Bodens drei Szenarien barkeitskarten berücksichtigt werden (Abb. 4).
Mobility Modells (NRMM) werden mit dem neu entwickelten für die kommenden drei Tage zu prognostizieren und es „trocken“, „mittel“ und „feucht“ berechnet werden (Abb. 2).
Werkzeug „CCMod2 Overview“ Übersichtskarten zur Befahr- zeichnet sich durch die Kopplung mit der numerischen Im nächsten Schritt werden die Karten noch mit Klimadaten
barkeit für die drei Szenarien „trocken“, „mittel“ und „feucht“ Wettervorhersage des Deutschen Wetterdienstes (DWD) Als Datengrundlage werden derzeit die Böden der Harmo- hinterlegt, welche für jedes Teilgebiet eines Einsatzgebietes
für ganze Einsatzländer berechnet. und mit dem hydrologischen Modell HYDRUS1D aus. Dieses nized World Soil Database (HWSD) verwendet, da diese (z. B. für Gradzellen) einen Anhaltspunkt geben, wie wahr-
Werkzeug kann für ein Gebiet von ca. 100.000 km² eingesetzt Rasterdaten weltweit vorliegen und diese Informationen zur scheinlich das jeweilige Szenario im betreffenden Monat ist.
werden und basiert im Bereich der Befahrbarkeit auf den Bodenart, Lagerungsdichte, Steingehalt und zur organischen
Formeln des NATO Reference Mobility Modells NRMM. Substanz beinhalten: Schluffige und tonige Böden sind im Analog zum taktischen CCMod2 nutzt auch das Werkzeug
Das Werkzeug befindet sich derzeit in der Validierung. feuchten Zustand wesentlich schlechter befahrbar als Sand- „CCMod2 Overview“ die Formeln des aktuellen NATO Refe-
böden. Sandböden hingegen stellen in sehr trockenem Zustand rence Mobility Modells NRMM. Langfristig zeichnet sich in
Verschiedene Bedarfsträger verlangten in der Vergangenheit eine Herausforderung für die Befahrbarkeit dar. Ein hoher der NATO eine Umstellung auf einen neuen Befahrbarkeits-
als Ergänzung zum taktischen CCMod2 häufig nach CCMod2- Anteil organischer Substanz (im Extremfall ein Moor) erschwert Ansatz (Next Generation NRMM) ab. Die Aktivitäten dieser
Übersichtkarten der Befahrbarkeit für ganze Einsatzländer. die Befahrbarkeit. Eine hohe Lagerungsdichte, aber auch NATO-Arbeitsgruppe werden mit Interesse verfolgt.
Steine, verbessern diese hingegen.
Das Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr
(ZGeoBw) stellt den Einsatzkräften bereits jetzt im Rahmen der Diese verschiedenen für die Befahrbarkeit relevanten boden-
landeskundlichen Beratung manuell erstellte Länderkarten zur physikalischen Effekte werden im Algorithmus von CCMod2
Geländemobilität bereit. Ziel ist es, die Kartenerstellung unter weltweit einheitlich beachtet.
Nutzung der Algorithmen von CCMod2 zu automatisieren und

Abb. 1: Cross Country Einsatz von Kettenfahrzeugen Abb. 2: Ableitung der Bodenfeuchtekarten aus den Bodeneigenschaften (pF-Kurve) Abb. 3: Bodenfeuchte und Befahrbarkeit für drei Feuchte-Szenarien Abb. 4: Befahrbarkeit für ein Kettenfahrzeug in Mali
(Quelle: ZGeoBw) in Mali: a) trocken, b) mittel, c) nass (Quelle: ZGeoBw) (Quelle: ZGeoBw)
121

5
Forschung Cyber / Informationstechnik

Wehrtechnische Forschung im Bereich der Cyber- und Informa- Die Forschungsfelder bei den Cyber- und Informations-
tionstechnologien findet im Spannungsfeld zwischen zivilen, technologien berühren sowohl Einzelthemen der klassischen
disruptiven Innovationen und militärischen Randbedingungen Cybersicherheit als auch der Kommunikation innerhalb von
statt. Cyber- und Informationstechnologien müssen auch heterogenen Netzwerken und den zugehörigen Anwendungen.
unter extremen Umwelt-, Einsatz- und Gefechtsbedingungen Aber auch systemübergreifende Fragestellungen wie Digi-
schnell und zuverlässig verwendet werden können. talisierung des Gefechtsfeldes werden behandelt.

Sowohl das Spektrum der Anforderungen im Einsatz als auch In den nachfolgenden Artikeln werden zwei Beispiele der
die Erfordernisse hinsichtlich der Interoperabilität mit nationa- wehrtechnischen Forschung der Cyber- und Informations-
len wie auch internationalen Partnern sowie supranationalen technologien detaillierter dargestellt.
Organisationen sind Herausforderungen, für die kontinuierlich
optimale Lösungen gesucht werden. Dabei gilt es, die am Markt
entstehende Innovation schnellstmöglich für den Informations-
und Kommunikationsverbund der Bundeswehr verfügbar zu
machen.
Forschungsaktivitäten 2017 122 123

TORR Dr.-Ing. Volker Krebs Auf der Sensorseite können viele Arten von militärisch rele- von Soldaten werden weniger die Steuerung von Einzel-
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
der Bundeswehr (BAAINBw) vanten Signaturen (Akustikdetektionen für Schussgeräusche, systemen sein, sondern High-Level Befehlsgebung, technische
Koblenz
breitbandige Frequenzauswertung zur Erkennung von bekann- Unterstützung und vor allem die manuelle Verifikation und
BAAINBwPosteingang@bundeswehr.org
ten Funksignalen, Wärmebildauswertung zur Detektion von Aufbereitung der – automatisch erzeugten – taktischen
Menschen und Fahrzeugen) erkannt, fusioniert und nach Lagebilder für höhere Führungssysteme und realzeitfähige
Freund-/Feind-Zuordnung aufgearbeitet werden. Feuerunterstützung sein.

Hochautonome Systeme und gläserne Gefechtsfelder Zusammen mit bekannten, dreidimensionalen Gelände- Welche Szenare sind nun denkbar? Unterstützung bei
modellen ergibt dies das gläserne Gefechtsfeld, welches als hochintensiven Gefechten ist wegen der (noch) mangelnden
Mixed-Reality sogar auf gewöhnlichen Smartphones ange- Robustheit eines solchen Systems, systemkritischen Single-
zeigt werden kann. Neuer operationeller Mehrwert wie die Points of Failure (zentrale Netz- und Schwarmsteuerung)
Disruptive Technologiesprünge sorgen für veränderte Lebens- Boots on the Ground – so ist das militärische Credo zum dauer- dreidimensionale Anzeige von Schussfeldern wird damit und der fehlenden redundanten Anzahl von Einzelsystemen
realitäten, was auch massive Auswirkungen auf die zukünftige haften Nehmen und Halten von Räumen. Gibt es intelligentere erzeugt. momentan unrealistisch.
Kriegsführung haben wird. Wie immer geht es um Informa- Lösungen? Bereits das heutige Gefechtsfeld wird wegen real-
tionsüberlegenheit, aber diesmal nicht nur für Menschen. Das zeitfähiger Aufklärung und präziser Waffenwirkung für kon- Für mobile Anwendungen sind diese Sensoren auf unbemannte, Realistischere Anwendungen werden zuerst Feldlagerschutz
(voll-) automatisierte Gefechtsfeld wird technisch möglich. zentrierte Truppenverbände immer letaler. Es gilt die „Golden fliegende oder fahrende Plattformen adaptierbar (Schwarm- und die Überwachung von Grenzen, Transportrouten, über-
Hour“ im offenen Gelände, aber auch der langwierige urbane oder besser Multirobotereinsatz: Zuerst zentral gesteuert, später dehnten Räumen und Minensperren sein, aber auch Unter-
Einsatz – gerade wegen fehlenden Informationen. auch dezentraler). Diese sind selbst wiederum mit so viel Welt- stützung bei Checkpoints/Patrouillentätigkeit und urbane
wissen und eigener Sensorik ausgerüstet, dass sie intelligent Operationen.
So wie Menschen bereits heute bei unterschiedlichsten Auf- agieren können, z. B. auch bei gestörten GPS-Signalen.
gaben der künstlichen Intelligenz von Maschinen unterlegen Der Blick auf sein Smartphone wird dem Soldaten zukünftig
sind, so können auch Soldaten durch Maschinen ersetzt werden. Wird auf unterer taktischer Ebene und zwischen Soldaten wei- mehr Situationsbewusstsein schaffen als der Blick ins Gelände.
Dass diese weiterhin „Im-Loop“ bei der Waffenbedienung blei- terhin mit Sprache geführt werden? Ja, weil es für Menschen
ben sollen, ist ethischen Gründen geschuldet. Technisch ist unter Belastung optimal ist und eine Überforderung vermeidet.
es nicht zwingend notwendig und könnte aus operationeller Parallel dazu wird aber eine Datenkommunikation zur Steue-
Sicht wegen des dadurch notwendigen Zeitverlustes sogar rung der unbemannten Systeme (Schwarmkontrolle) sowie zur
nachteilig werden. Auswertung der Vielzahl von unterschiedlichen Sensordaten
(Fusionsengine) etabliert werden.
Bereits heute sind alle technischen Voraussetzungen gegeben.
Leistungsfähiger, manetfähiger und – vom zivilen Netz entkop- Die notwendige Mensch-Maschine-Interaktion wird dank
pelter – Mobilfunk sorgt für ein taktiles Internet der Dinge, was KI und auswertbarer Einsatzvorbereitung „am System“ (Auf-
Echtzeitanwendungen im (Milli-)Sekundenbereich zulässt. tragstaktik) intuitiv bedienbar werden. Zukünftige Aufgaben

Abb. 1: Situational Awareness durch Smartphone Abb. 2: Führungssystem für unbemannte Systeme Abb. 3: Virtual Reality Battlefield Abb. 4: Sensorik und unbemannte Systeme
Forschungsaktivitäten 2017 124 125

TROI Rhega Wenske Informationstechnologie und Elektronik (WTD81) die sog. erwartenden Hardwareanforderungen zukünftiger WFAs,
Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung
der Bundeswehr (BAAINBw) SDR Zertifizierungsstelle der Bundeswehr (SZSBw), die sowohl weiter ausgebaut. Insbesondere wurde die Möglichkeit der
Koblenz
Operating Environments von SDRs als auch WFAs hinsichtlich Nutzung eines Mehrantennensystems (MIMO) implementiert,
BAAINBwPosteingang@bundeswehr.org
ihrer SCA-Konformität bewertet und zertifiziert. um somit den taktischen Funk deutlich robuster, weniger
aufklärbar sowie frequenzeffizienter gestalten zu können.
Im Rahmen der Forschungsmaßnahme Flexible IP Wellenfor-
men (FLIP) untersucht das Fraunhofer FKIE zusammen mit Des Weiteren galt es bisher als technisch unmöglich, Radio
Rapid Prototyping für Software Defined Radio Technologien dem Fraunhofer IIS die Möglichkeit zu schnellem Prototyping Frontends zu realisieren, die zeitgleich auf dem gleichen
mit flexiblen, IP-fähigen Wellenformen (FLIP-WF). Hierbei Frequenzkanal senden und empfangen können. Dies liegt
sollen neue Algorithmen, Protokolle und Technologien nicht insbesondere an sogenannten Eigeninterferenzen, d. h. an
nur frühzeitig identifiziert, sondern auch auf realer Hardware einem störenden Übersprechen des Sendesignals auf den
Im Rahmen der Modernisierung der Funkgeräteausstattung Die Vielfalt an taktischen Funkgeräte-Standards sowohl in der bereits umfassend getestet und bewertet werden können. Empfangspfad. Das Kernziel dieser Studie besteht darin,
der Bundeswehr kommt der Software Defined Radio (SDR) Bundeswehr als auch bei deren NATO-Partnern soll in Zukunft Mit FLIP-WF wird ein Prototyp einer flexiblen IP-Wellenform die notwendigen analogen und digitalen Komponenten zur
Technologie eine besondere Bedeutung zu. Um mit dem hohen durch sog. Software Defined Radios (SDR) abgelöst werden. geschaffen, der als Technologieträger dient und der dank eines Eigeninterferenzunterdrückung für einen Ein-Antennen-
Innovationszyklus mitzuhalten, wurde in verschiedenen SDR zeichnen sich zum einen durch eine Modularität des Ge- modularen, skalierbaren und rekonfigurierbaren Designs mit In-Band-Voll-Duplex-Transceivers zu implementieren.
Forschungsinitiativen die Vorrausetzung geschaffen, mittels rätefunktionsumfangs und zum anderen durch die Portabilität Cross-Layer Schnittstellen zukunftsfähig ist. Die bisher erzielten
einer SDR Prototyping Plattform neue Technologien zu im- und Ladbarkeit von Wellenformen aus. Dank der damit verbun- Ergebnisse zum schnellen Prototyping mit flexiblen, IP-fähigen Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass alle oben
plementieren und operationell sowie technisch zu bewerten. denen Flexibilität der Fähigkeiten eines SDR können mehrere Wellenformen wurden im Rahmen der NATO Coalition Warrior genannten Forschungsaktivitäten wertvolle Beiträge zur
Frequenzbänder, verschiedene Modi und diverse Rollen gleich- Interoperability eXploration, eXperimentation, eXamination, Modernisierung der taktischen Kommunikation und
zeitig bedient werden. eXercise (CWIX) 2017 vorgestellt. der Zukunftsfähigkeit der Bundeswehr im Cyber- und
Informationsraum leisten.
In der sog. Software Communications Architecture (SCA) wird Komplementär zu den bereits genannten Forschungsthemen
die Schnittstelle zwischen einer Wellenform-Applikation (WFA) wurde seit diesem Jahr ebenso vermehrt in die Weiterentwick-
und der Hardware-Plattform definiert. Im Rahmen der F&T lung von SDR Hardwarekomponenten investiert. Sende/
Studie „Beiträge zur Bewertung von aktuellen und zukünftigen Empfangs(S/E)-Module sind für Forschungszwecke verhält-
SCA-Versionen für SDR (AZuSCA)“ erfolgte Anfang diesen Jahres nismäßig kostenintensiv und nur bedingt für die Verwendung
der nächste konsequente Schritt in der SDR Forschung, indem im Labor geeignet. In verschiedenen zurückliegenden For-
nun erstmals national tiefe Detailkenntnisse im Bereich der schungsaktivitäten wurde eine SDR Prototyping Plattform
SCA 4.1 gewonnen wurden. Es ist absehbar, dass diese auch für mitsamt analogen S/E-Modulen entwickelt, die ebenso für
die Bundeswehr bei zukünftigen Beschaffungs- und Entwick- Referenzzwecke die Basisband-Funktionalität eines SDR
lungsvorhaben von großem Wert sein werden. So existiert nachbilden können. In einer weiteren F&T-Studie wurden
bei der Bundeswehr an der Wehrtechnischen Dienststelle für die Funktionalitäten des S/E-Moduls, basierend auf den zu

Abb. 1: Analoge Schaltungskomponenten zur Abb. 2: Laboraufbau der FLIP Wellenform Abb. 3: Blockdiagramm für Full-Duplex Abb. 4: Signalauswertung einer FLIP WF Abb. 5: Fast Prototyping SDR Sende-/Empfangs- Abb. 6: Blockdiagramm der MIMO Implementierung
Eigeninterreferenzunterdrückung Übertragungsysteme Übertragung modul (RF Frontend)
127

6
Anhang
Adressen und Kontakte 128 129

Bundesministerium Bundesamt für Ausrüstung, Informations- Wehrtechnische Dienststelle für landgebundene Wehrwissenschaftliches Institut
der Verteidigung technik und Nutzung der Bundeswehr Fahrzeugsysteme, Pionier- und Truppentechnik für Schutztechnologien – ABC-Schutz
Postfach 13 28 (BAAINBw) (WTD 41) (WIS)
53003 Bonn Ferdinand-Sauerbruch-Straße 1 Kolonnenweg Humboldtstraße 100
Internet: www.bmvg.de 56073 Koblenz 54296 Trier - Grüneberg 29633 Munster
Tel.: +49 (0) 261 / 400 - 0 Tel.: +49 (0) 651 / 91 29 - 0 Tel.: +49 (0) 51 92 / 136 - 201
Abteilung Ausrüstung - A II 5 Fax: +49 (0) 261 / 400 - 3866 Fax: +49 (0) 651 / 91 29 - 26 00 Fax: +49 (0) 51 92 / 136 - 355
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 1 41 66 E-Mail: E-Mail: WTD41posteingang@bundeswehr.org E-Mail: WISPosteingang@bundeswehr.org
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 35 94 BAAINBwPosteingang@bundeswehr.org Internet: www.baainbw.de/wtd41 Internet: www.baainbw.de/wis
E-Mail: BMVgAII5@bmvg.bund.de Internet: www.baainbw.de
Wehrtechnische Dienststelle Wehrwissenschaftliches Institut
Abteilung Ausrüstung - A II 6 Helmut-Schmidt-Universität / für Schutz- und Sondertechnik für Werk- und Betriebsstoffe
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 1 41 80 Universität der Bundeswehr Hamburg (WTD 52) (WIWeB)
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 4 41 89 Postfach 70 08 22 Oberjettenberg Institutsweg 1
E-Mail: BMVgAII6@bmvg.bund.de 22008 Hamburg 83458 Schneizlreuth 85435 Erding
Tel.: +49 (0) 40 / 65 41 - 1 Tel.: +49 (0) 86 51 / 76 82 - 10 01 Tel.: +49 (0) 81 22 / 95 90 - 0
Abteilung Cyber / Informationstechnik Fax: +49 (0) 40 / 65 41 - 28 69 Fax: +49 (0) 86 51 / 16 00 Fax: +49 (0) 81 22 / 95 90 - 39 02
- CIT I 2 E-Mail: forschung@hsu-hh.de E-Mail: WTD52posteingang@bundeswehr.org E-Mail: WIWeB@bundeswehr.org
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 2 61 22 Internet: www.hsu-hh.de Internet: www.baainbw.de/wtd52 Internet: www.baainbw.de/wiweb
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 3 35 61 21
E-Mail: BMVgCITI2@bmvg.bund.de Universität der Bundeswehr München Wehrtechnische Dienststelle
Werner-Heisenberg-Weg 39 für Luftfahrzeuge – Musterprüfwesen
Abteilung Führung Streitkräfte - FüSK III 3 85579 Neubiberg für Luftfahrtgerät der Bundeswehr
Tel.: +49 (0) 30 / 2004 - 2 48 38 Tel.: +49 (0) 89 / 60 04 - 0 (WTD 61)
Fax: +49 (0) 30 / 2004 - 18 03 68 13 Fax: +49 (0) 89 / 60 04 - 35 60 Flugplatz
E-Mail: BMVgFueSKIII3@bmvg.bund.de E-Mail: info@unibw.de 85077 Manching
Internet: www.unibw.de Tel.: +49 (0) 84 59 / 80 - 1
Abteilung Führung Streitkräfte – FüSK III 5 Fax: +49 (0) 84 59 / 80 - 20 22
Tel.: +49 (0) 30 / 20 04 - 2 48 54 E-Mail: WTD61posteingang@bundeswehr.org
Fax: +49 (0) 30 / 20 04 - 8 97 00 Internet: www.baainbw.de/wtd61
E-Mail: BMVgFueSKIII5@bmvg.bund.de
Wehrtechnische Dienststelle
Abteilung Personal - P I 5 für Schiffe und Marinewaffen,
Tel.: +49 (0) 30 / 18 24 - 2 31 57 Maritime Technologie und Forschung
Fax: +49 (0) 30 / 18 24 - 8 95 40 (WTD 71)
E-Mail: BMVgPI5@bmvg.bund.de Berliner Straße 115
24340 Eckernförde
Abteilung Personal - P III 5 Tel.: +49 (0) 43 51 / 467 - 0
Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 - 1 33 51 Fax: +49 (0) 43 51 / 467 - 120
Fax: +49 (0) 228 / 99 24 - 4 35 30 E-Mail: WTD71posteingang@bundeswehr.org
E-Mail: BMVgPIII5@bmvg.bund.de Internet: www.baainbw.de/wtd71

Wehrtechnische Dienststelle
für Informationstechnologie und Elektronik
(WTD 81)
Bergstraße 18
91171 Greding
Tel.: +49 (0) 84 63 / 652 - 0
Fax: +49 (0) 84 63 / 652 - 607
E-Mail: WTD81posteingang@bundeswehr.org
Internet: www.baainbw.de/wtd81

Wehrtechnische Dienststelle
für Waffen und Munition
(WTD 91)
Am Schießplatz
49716 Meppen
Tel.: +49 (0) 59 31 / 43 - 0
Fax: +49 (0) 59 31 / 43 - 20 91
E-Mail:
WTD91posteingang@bundeswehr.org
Internet: www.baainbw.de/wtd91
Adressen und Kontakte 130 131

Zentrum für Geoinformationswesen Schifffahrtmedizinisches Institut Fraunhofer-Verbund Fraunhofer-Institut für


der Bundeswehr der Marine Verteidigungs- und Integrierte Schaltungen IIS
Frauenberger Straße 250 Kopperpahler Allee 120 Sicherheitsforschung VVS Am Wolfsmantel 33
53879 Euskirchen 24119 Kronshagen Fraunhoferstraße 1 91058 Erlangen
Tel.: +49 (0) 22 51 / 953 - 0 Tel.: +49 (0) 431 / 54 09 - 17 00 76131 Karlsruhe Tel: +49 (0) 91 31 / 776 - 0
Fax: +49 (0) 22 51 / 953 - 50 55 Fax: +49 (0) 431 / 54 09 - 17 78 Tel.: +49 (0) 721 / 60 91 - 210 Fax: +49 (0) 91 31 / 776 - 20 19
E-Mail: E-Mail: SchiffMedInstM@bundeswehr.org Fax: +49 (0) 721 / 60 91 - 413 Email: info@iis.fraunhofer.de
ZGeoBwEingang@bundeswehr.org Internet: www.marine.de E-Mail: info@iosb.fraunhofer.de Internet: www.iis.fraunhofer.de
Internet: www.vvs.fraunhofer.de
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissen- Institut für Präventivmedizin Fraunhofer-Institut für
schaften der Bundeswehr der Bundeswehr, Abteilung A Fraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-
Zeppelinstraße 127/128 Aktienstraße 87 Kurzzeitdynamik, Technische Trendanalysen INT
14471 Potsdam 56626 Andernach Ernst-Mach-Institut EMI Postfach 14 91
Tel.: +49 (0) 331 / 97 14 - 501 Dienstort: Eckerstraße 4 53864 Euskirchen
Fax: +49 (0) 331 / 97 14 - 507 Andernacher Straße 100 79104 Freiburg Tel.: +49 (0) 22 51 / 18 - 0
E-Mail: ZMSBWEingang@bundeswehr.org 56070 Koblenz Tel.: +49 (0) 761 / 27 14 - 101 Fax: +49 (0) 22 51 / 18 - 277
Internet: www.zmsbw.de Tel.: +49 (0) 261 / 896 - 7 74 04 Fax: +49 (0) 761 / 27 14 - 316 E-Mail: info@int.fraunhofer.de
Fax: +49 (0) 261 / 896 - 7 74 09 E-Mail: info@emi.fraunhofer.de Internet: www.int.fraunhofer.de
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr E-Mail: Internet: www.emi.fraunhofer.de
Neuherbergstraße 11 InstPraevMedBwA@bundeswehr.org Fraunhofer-Institut für
80937 München Internet: Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und
Tel.: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 39 82 www.sanitaetsdienst-bundeswehr.de Hochfrequenzphysik und Bildauswertung IOSB
Fax: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 39 83 Radartechnik FHR
E-Mail: Deutsch-Französisches Fraunhoferstraße 20 Standort Karlsruhe
InstitutfuerMikrobiologie@bundeswehr.org Forschungsinstitut Saint-Louis 53343 Wachtberg Fraunhoferstraße 1
Postfach 1260 Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 - 227 76131 Karlsruhe
Institut für Pharmakologie und Toxikologie 79547 Weil am Rhein Fax: +49 (0) 228 / 94 35 - 627 Tel.: +49 (0) 721 / 60 91 - 210
der Bundeswehr E-Mail: info@fhr.fraunhofer.de Fax: +49 (0) 721 / 60 91 - 413
Neuherbergstraße 11 5, rue du Général Cassagnou Internet: www.fhr.fraunhofer.de
80937 München F-68300 Saint-Louis Standort Ettlingen
Tel.: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 29 26 Tel.: +33 (0) 389 / 69 50 - 00 Fraunhofer-Institut für Gutleuthausstraße 1
Fax: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 23 33 Fax: +33 (0) 389 / 69 50 - 02 Kommunikation, Informations- 76275 Ettlingen
E-Mail: E-Mail: isl@isl.eu verarbeitung und Ergonomie Tel.: +49 (0) 7243 / 992 - 131
InstitutfuerPharmakologieundToxikologie Internet: www.isl.eu FKIE Fax: +49 (0) 7243 / 992 - 299
@bundeswehr.org Fraunhoferstraße 20
Streitkräfteamt 53343 Wachtberg E-Mail: info@iosb.fraunhofer.de
Institut für Radiobiologie der Bundeswehr Pascalstraße 10s Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 - 103 Internet: www.iosb.fraunhofer.de
in Verbindung mit der Universität Ulm 53123 Bonn Fax: +49 (0) 228 / 94 35 - 685
Neuherbergstraße 11 Tel.: +49 (0) 228 / 12 - 43 83 E-Mail: info@fkie.fraunhofer.de
80937 München Fax: +49 (0) 228 / 12 - 33 41 Internet: www.fkie.fraunhofer.de
Tel.: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 22 51 E-Mail: SKALdP@bundeswehr.org
Fax: +49 (0) 89 / 99 26 92 - 22 55 Internet: Fraunhofer-Institut für
E-Mail: www.streitkraefteamt.bundeswehr.de Angewandte Festkörperphysik
InstitutfuerRadiobiologie@bundeswehr.org IAF
Bundeswehrkrankenhaus Ulm Tullastraße 72
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin Oberer Eselsberg 40 79108 Freiburg
der Luftwaffe 89081 Ulm Tel.: +49 (0) 761 / 51 59 - 458
Flughafenstraße 1 Tel.: +49 (0) 731 / 17 10 - 0 Fax: +49 (0) 761 / 51 59 - 714 58
51147 Köln Fax: +49 (0) 731 / 17 10 - 23 08 E-Mail: info@iaf.fraunhofer.de
Tel.: +49 (0) 22 03 / 9 08 - 16 10 E-Mail: BwKrhsUlm@bundeswehr.org Internet: www.iaf.fraunhofer.de
Fax: +49 (0) 22 03 / 9 08 - 16 14 Internet: www.ulm.bwkrankenhaus.de
E-Mail: Fraunhofer-Institut für
zentrlurmedlwpresseoea@bundeswehr.org Psychotraumazentrum der Bundeswehr Chemische Technologie ICT
Im Bundeswehrkrankenhaus Berlin Joseph-von-Fraunhofer-Straße 7
Scharnhorststraße 13 76327 Pfinztal
10115 Berlin Tel.: +49 (0) 721 / 46 40 - 123
Tel.: +49 (0) 30 / 28 41 - 22 89 Fax: +49 (0) 721 / 46 40 - 442
Fax: +49 (0) 30 / 28 41 - 10 43 E-Mail: info@ict.fraunhofer.de
E-Mail: BwKrhsBerlin@bundeswehr.org Internet: www.ict.fraunhofer.de
Internet: www.berlin.bwkrankenhaus.de
Adressen und Kontakte 132 133

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Programmkoordination Sicherheitsforschung Institut für Faserverbundleichtbau Institut für Robotik und Mechatronik
(PK-S) und Adaptronik DLR FA DLR RM
Linder Höhe Lilienthalplatz 7 Oberpfaffenhofen
51147 Köln 38108 Braunschweig Münchner Straße 20
Tel.: +49 (0) 2203 / 601 - 40 31 Tel.: +49 (0) 531 / 295 - 23 01 82234 Weßling
Fax: +49 (0) 2203 / 673 - 40 33 Fax: +49 (0) 531 / 295 - 28 75 Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 39 76
E-Mail: info-pks@dlr.de E-Mail: info-pks@dlr.de Fax: +49 (0) 81 53 / 28 11 34
Internet: www.dlr.de/sicherheit Internet: www.dlr.de/fa E-Mail: info-pks@dlr.de
Internet: www.dlr.de/rm
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Flugführung DLR FL Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Lilienthalplatz 7 Institut für Technische Physik DLR TP
Institut für Aerolastik DLR AE 38108 Braunschweig Pfaffenwaldring 38-40
Bunsenstraße 10 Tel.: +49 (0) 531 / 295 - 25 00 70569 Stuttgart
37073 Göttingen Fax: +49 (0) 531 / 295 - 25 50 Tel.: +49 (0) 711 / 68 62 - 773
Tel.: +49 (0) 551 / 709 - 23 41 E-Mail: info-pks@dlr.de Fax: +49 (0) 711 / 68 62 - 788
Fax: +49 (0) 551 / 709 - 28 62 Internet: www.dlr.de/fl E-Mail: info-pks@dlr.de
E-Mail: info-pks@dlr.de Internet: www.dlr.de/tp
Internet: www.dlr.de/ae Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Flugsystemtechnik DLR FT Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Lilienthalplatz 7 Institut für Raumfahrtantriebe DLR RA
Institut für Aerodynamik und 38108 Braunschweig Langer Grund
Strömungstechnik DLR AS Tel.: +49 (0) 531 / 295 - 26 00 74239 Hardthausen
Braunschweig: Fax: +49 (0) 531 / 295 - 28 64 Tel.: +49 (0) 62 98 / 28 - 203
Lilienthalplatz 7 E-Mail: info-pks@dlr.de Fax: +49 (0) 62 98 / 28 - 190
38108 Braunschweig Internet: www.dlr.de/ft E-Mail: info-pks@dlr.de
Tel.: +49 (0) 531 / 295 - 24 00 Internet: www.dlr.de/ra
Fax: +49 (0) 531 / 295 - 23 20 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Göttingen: Institut für Hochfrequenztechnik und
Bunsenstr. 10 Radarsysteme DLR HR
37073 Göttingen Oberpfaffenhofen
Tel.: +49 (0) 551 / 709 - 21 77 82234 Weßling
Fax: +49 (0) 551 / 709 - 28 89 Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 23 05
E-Mail: info-pks@dlr.de Fax: +49 (0) 81 53 / 28 11 35
Internet: www.dlr.de/as E-Mail: info-pks@dlr.de
Internet: www.dlr.de/hr
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Institut für Antriebstechnik DLR AT Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Linder Höhe Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
51147 Köln DLR ME
Tel.: +49 (0) 2203 / 601 - 21 44 Linder Höhe
Fax: +49 (0) 2203 / 673 - 10 51147 Köln
E-Mail: info-pks@dlr.de Tel.: +49 (0) 22 03 / 601 - 35 24
Internet: www.dlr.de/at Fax: +49 (0) 22 03 / 69 62 12
E-Mail: info-pks@dlr.de
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Internet: www.dlr.de/me
Institut für Bauweisen und
Strukturtechnologie DLR BT Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt
Pfaffenwaldring 38-40 Institut für Methodik der Fernerkundung
70569 Stuttgart DLR MF
Tel.: +49 (0) 711 / 6862 - 81 82 Oberpfaffenhofen
Fax: +49 (0) 711 / 6862 - 227 82234 Weßling
E-Mail: info-pks@dlr.de Tel.: +49 (0) 81 53 / 28 26 68
Internet: www.dlr.de/bt Fax: +49 (0) 81 53 / 28 13 37
E-Mail: info-pks@dlr.de
Internet: www.dlr.de/imf
Impressum 134

HERAUSGEBER FOTOS Seite


Bundesministerium der Verteidigung © Bundeswehr / Kevin Schrief; Stephan Ink; Jane Schmidt 01
Unterabteilung A II © Bundeswehr / Oliver Pieper 08
Fontainengraben 150 © Bundeswehr / David Hecker; Nurgün Ekmekcibasi 09
53123 Bonn © Bundeswehr / Jane Schmidt 10
© Bundeswehr / Johannes Heyn; Andrea Bienert 11
GESTALTUNG UND REALISATION https://openclipart.org 26
Konzeptbüro Schneider, Erftstadt © Bundeswehr / Neumann; Marc Tessensohn 40
© Bundeswehr / Christian Thiel 41
INHALTLICHE BETREUUNG © DLR / Eppler 45
Fraunhofer INT, Euskirchen © Airbus 46
© Bundeswehr / Herr Wurtz (Artescienca) 50
DRUCK © Deutsche Flugsicherungs GmbH, DFS 82
Warlich Druck Meckenheim GmbH, Meckenheim © Open Database License (ODbL) 83
© Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Berlin 101
STAND © Monika Rausch 102
Juli 2018 © Konrad, 2011 102
© Bundeswehr / PIZ Marine 106
© Bundeswehr / Sebastian Wilke 107
© Mees / Vollmuth 111
© Vogel & Leshem (2009) 116
© Bundeswehr / Jane Schmidt 2017; Wilke 2013; Christian Thiel 2017 120
© THW / OV Preetz 2005 120
© Fraunhofer FKIE / Dr. Marc Adrat 126
© Fraunhofer IIS / Robert Koch 127

Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr,


Koblenz
Bundesministerium der Verteidigung, Bonn
Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm
Deutsch-Französisches Forschungsinstitut, Saint-Louis
DLR, Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Köln
DLR, Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik, Braunschweig
DLR, Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Braunschweig
DLR, Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin, Hamburg
DLR, Institut für Technische Physik, Stuttgart
Fraunhofer EMI, Freiburg i. Br.
Fraunhofer FKIE, Wachtberg
Fraunhofer FHR, Wachtberg
Fraunhofer IAF, Freiburg i. Br.
Fraunhofer ICT, Pfinztal
Fraunhofer INT, Euskirchen
Fraunhofer IOSB, Karlsruhe, Ettlingen
Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
Hochschule Trier
Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr, München
Institut für Radiobiologie der Bundeswehr, München
Psychotraumazentrum der Bundeswehr, Berlin
Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine, Kronshagen
Streitkräfteamt, Bonn
Universität der Bundeswehr München
Universität Koblenz-Landau, Koblenz
WIS, Munster
WIWeB, Erding
WTD 41, Trier
WTD 52, Oberjettenberg
WTD 61, Manching
WTD 71, Kiel
WTD 81, Greding
WTD 91, Meppen
Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr, Euskirchen / Offenbach
Zentrum für Luft- und Raumfahrtmedizin der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr,
Potsdam

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