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FAUST: EINE TRAGÖDIE

ZUGANG ZUM DRAMA

Die Lektüre fängt mit 3 Szenen (Zueignung, Vorspiel auf dem Theater, Prolog im Himmel) als
Auftakt an, bevor die Tragödie richtig beginnt.

Zueignung und Vorspiel sind persönliche Reflexionen Goethes auf sein Werk.

(1) Zueignung:
Der Dichter tritt selbst als das Lyrische Ich auf und beschreibt seinen Schaffensprozess, somit
die Selbstreflexion Goethes

Die Eckstrophen thematisieren das Verhältnis des lyrischen Ichs (Goethe) zu seinem Stoff

In den Innenstrophen wird das Verhältnis zu den Mitmenschen angesprochen →


Freundschaft, Trauer und Vereinsamung zentrale Aspekte

Funktion der Zueignung:

• Verweis auf Erschaffen des Werkes, Poesie/Imagination, Vorrede

(2) Vorspiel:
Das Gespräch zwischen Dichter, Direktor und lustiger Person → Frage nach dem Wesen der
Dichtung und ihrem Verhältnis zur Gesellschaft. Alle 3 Beteiligten vertreten eine Teilwahrheit,
die von Goethe so stehengelassen wird.

Standpunkt des Direktors:

• Gewinn- und erfolgsbezogen


• er will dem anspruchslosen Geschmack des Publikums entsprechen
Dichter:

• Werte sind wichtiger als der Erfolg


• Gefühl und Verstand werden wachgehalten
• Auffassung von der Eigengesetzlichkeit der Kunst

Lustige Person:

• Vereint Dichter und Direktor


• Sucht einen Ausgleich zwischen werkbezogenen Argumentation des Dichters und den
Bedürfnissen des Publikums
• Vorausdeutung darauf, dass Ernst und Satire das Werk durchziehen.

(3) Prologue im Himmel

Menschenbild

Mephisto: materialistisches Menschenbild, Tier- und Ungeziefermetaphorik, Wortschatz aus


dem Bereich Verwesung und Vergänglichkeit

• Mensch = geschundene Kreatur, tiernah


• Nicht entwicklungsfähig; Vernunft wird missbraucht
• Tiermetaphorik (Bsp. Zikade) v.285-292 → Reduktion auf das Physische/Körperliche
• Leben ist sinnloses Auf und Ab ohne Entwicklung
• Die menschliche Existenz widerlegt Sinn und Wert der Gesamtschöpfung Gottes/
niedere Instinkte bestimmen das Handeln

Der Herr: idealistisches Menschenbild; Naturmetaphorik (V. 308-311/317/328/340-345)

• Der Mensch irrt zwar, kennt aber den rechten Weg


• Pflanzenmetaphorik: V310-312 Wachstum & Reifung & Entwicklungsfähig
• Streben nach Weiter- und Höherentwicklung zur Klarheit
• Menschliches Leben ist trotz allem Abbild der Schöpfung, in der menschlichen
Existenz liegt Sinn

1
https://www.schwertschlager.de/deutsch/loads/prolog.pdf
Wette Herr vs. Mephisto:

• Grundlage: die gegensätzlichen Menschenbilder/ Moral- und Wertvorstellungen →


Wette um Faust als Prüfstein der göttlichen Ordnung, denn Faust = Repräsentant des
strebenden und irrenden Menschen (zwei Seelen Problematik→Angriffsfläche für
Mephisto)
• Mephistos Strategie → Fausts Instinkte ansprechen

Scheinwette, Mephisto kann nicht gewinnen, weil:

Eingeschränkte Funktion Mephistos im Rahmen des göttlichen Schöpfungsplans →


Hierarchie (Herr ist Mephisto überlegen), ungleiche Konkurrenz → M. handelt in Gottes
Grenzen

eine „Wette“ im wörtlichen Sinne gibt es gar nicht →Mephisto bittet um Erlaubnis (Wenn ihr
mir die Erlaubnis gebt/ Ihn meine Straße sacht zu führen! (V.313-314))

DIE GELEHRTENTRAGÖDIE
Fausts Verzweiflung:

(4) Nacht:

Szene 4 lässt sich in 4 Teile untergliedern:

a) Fausts Eingangsmonolog V.354-481


b) Faust und der Erdgeist V.482-520
c) Faust und Wagner V.521-601
d) Faust allein, dann die Osterchöre V.602-807

Der Eingangsmonolog:

− Fausts dreifaches Bemühen, seine Erkenntnis- und Existenzkrise zu bewältigen


(Makrokosmos, Erdgeist, Freitod)
− Er beklagt die Unzulänglichkeit der Wissenschaft, seine Fragen nach den Urgründen
des Alls zu beantworten
− Sein jetziges Leben sei ein Verdämmern in einem „dumpfen Mauerloch“ V.398
− Sein umfassendes Studium habe ihm nichts genützt
− Er strebt nicht nur nach reiner wissenschaftlicher Erkenntnis, nein, vor allem nach
den urgründlichen Zusammenhängen der Natur, nach dem ganzheitlichen
Seinszusammenhang
− Hierzu wäre es nötig, die Grenzen des Menschseins zu durchbrechen, was aber nicht
geht, er strebt nach einer transzendenten Erleuchtung

Aufgabe 2: Faust Existenzkrise: Worin besteht seine Existenzkrise?

− Studium aller vier Fakultäten (Philosophie, Jura, Medizin, Theologie)


− Er ist Magister und Doktor (höchster akademischer Grad)
− Zweifelt an Erkenntnisfähigkeit des Menschen
− Er ist unzufrieden, will mehr wissen, möchte erkennen, was die Welt „im Innersten“
zusammenhält
− Fragen nach den Urgründen des Alls, nach dem ganzheitlichen

Seinszusammenhang

Aufgabe 3: Fausts seelische Situation

• Verlust aller Lebensfreude


• Verzweiflung an der universitären Wissenschaft und ihrer Methodik
• Beschränkung auf Erkenntnis der sichtbaren Natur

Lösung? Ausweg aus seiner Lebenskrise? => Magie!

− Seinen Weg zur Erkenntnis möchte er jetzt mithilfe der Magie gehen
− Er strebt nach transzendenter Erleuchtung
− Er muss die Grenzen des Menschseins durchbrechen
− Hinwendung zur Magie
− Zeichen des Makrokosmos, Betrachtung des Zeichen des Nostradamus
− Beschwörung des Erdgeistes
− Ziel: Erkenntnis, die von der Wissenschaft nicht geleistet wird

Betrachtung des Zeichens des Nostradamus!

Mit der Beschwörung des Erdgeistes schlägt Faust die Brücke vom Transzendenten zum
Irdischen.
Faust und der Erdgeist:

Wer oder was ist dieser Geist genau? Für was steht er?

− Der Erdgeist ist eine Eigenschöpfung Goethes, er offenbart das Lebensgefühl des
Sturm und Drangs
− Er ist ein Geist der Tat, ein Sinnbild für die Totalität des irdischen Lebens
− Faust bezeichnet sich selbst als „Ebenbild der Gottheit“ V.516
− Er ist der Meinung, die Polarität des Lebens bereits durchschaut zu haben
− Was er jedoch begreifen muss, ist, dass die irdische Existenz begrenzt ist, dass er
selbst ebenfalls an die irdische Endlichkeit gefesselt ist
− Er bleibt den Geistern somit unterlegen

Was verspricht sich Faust von der Beschwörung des Erdgeistes?

− Erkenntnis, die von der Wissenschaft nicht geleistet wird


− „… dass ich erkenne, was die Welt im Ganzen zusammenhält“ (V.382 ff.)

Wie endet Fausts Versuch?

− Er scheitert und wird zurückgeworfen in die vorherige Situation


− Verzweiflung, Selbstmordgedanke

Aufgabe 4: Ort der Handlung

 Der Raum dieser Szene übernimmt eine symbolische Funktion: das, die Blickrichtung
nach oben lenkende, aber auch enge und dunkle Zimmer, spiegelt die seelische
Verfassung Fausts wieder

Unterbrechung des Stimmungstiefs von Faust durch Besuch von Wagner

Faust vs. Wagner

Faust und Wagner sind zwei sehr unterschiedliche Typen von Wissenschaftlern.
Wagner Faust
- Tradition/Erkenntnis durch Texte - Höhere Wahrheit
- Vorhandenes Wissen genügt - will neues Wissen erlangen, das die bisherigen
- Verherrlichung und Imitation der Vorbilder Kenntnisse überschreitet
- Orientierung an Texte/Literatur sei ausreichendes - Abwertung rhetorischer Form: sei bloßer Schmuck/
Wissen Inhaltsleere
- will so wortgewandt sprechen wie Faust → - Skepsis in Bezug auf Erkenntnis durch Texte/Literatur
Ausdruck, bewundert Faust - Ausdruck kommt vom Herzen
- Wünscht sich Anerkennung - Suche nach dem Kern der Wissenschaft
- Kann sein Wissensdurst nicht befriedigen
Mephistos Dienst und die Wette:
DIE GRETCHENTRAGÖDIE:
Begegnung und Liebe:
Rolle des Mephistos im Geschehen
o Von Anfang an seine Hände im Spiel
o Faust soll auf die schiefe Bahn -> bietet ihm Sittlichkeit um an sein Ziel zu
gelangen
• Faust sucht die Liebe, nachdem er Gretchen in der Gasse erblickt und nutzt die
Macht des Teufels
• In Gretchens Kammer verliert er sich endgültig in Bewunderung und Verehrung
der Geliebten
• Er fühlt, dass er nicht in diese kleine, weibliche Welt gehört
Vereinigung und Schuld:

Szene 20/21: zeigt erstmalig das Leiden von Gretchen (im Wesentlichen ein Leiden an der
Gesellschaft)

Szene 20: Lieschens Tratsch über Bärbelchen spiegelt Situation Gretchens wieder
(Liebesnacht, Schwangerschaft) und konfrontiert sie mit der herrschenden Moral. Im 2. Teil
der Szene identifiziert sie sich aber ohne Reue mit der Situation der Verspotteten und nimmt
so die soziale Ächtung in Kauf

Szene 21: Gretchens angstvolles Gebet zu Maria verdeutlicht die Zwänge unter denen sie
leidet und die ihre Handlungsfreiheit massiv beschneidet, zeigt Ausweglosigkeit
• Faust ersticht den in Wut geratenen Valentin (Gretchens Bruder), da Mephisto ihm
die Hand erlahmen lässt
• Marthe entdeckt ihn liegend auf der Straße, Volk steht drumherum
• Gretchen kommt, Bruder verschämt sie, bezeichnet sie als Hure, verflucht sie in der
Öffentlichkeit V.3750 ff.
• Somit erweist sich auch Gretchens Bruder als Repräsentant des kleinbürgerlichen
Lebenskreises, vertritt Moral der Öffentlichkeit
• Verdammung Gretchens durch den eigenen Bruder, Fausts Schuld, Mephisto war
wieder am Werk, Faust und Mephisto verlassen die Stadt
• Szene 23 „Dom“: Gretchens Zusammenbruch im Dom verdeutlicht die
Ausweglosigkeit ihrer Situation und ihres Leidens, sie fällt während der Messe in
Ohnmacht, da sie eine Vision des jüngeren Gerichts hat (nicht nur weltliche sondern
auch religiöse Ächtung
Scheitern und Tod:

(24) Walpurgisnacht

Gliederung in 5 Abschnitte:

1. Wanderung mit Hilfe des Irrlichts V.3835-3911


2. Sturm V.3912-4015
3. die Banalität des Bösen V.4016-4117
4. der Tanz mit den Hexen und Fausts Gretchenvision V.4118-4205
5. Mephistos Reaktion und Hinführung zum Traum V.4206-4222

− Die Szene bildet den Höhepunkt von „Faust I"


− Im Mittelpunkt steht der Versuch Mephistos, Fausts Gewissensregungen im Sinnesrausch
zu ersticken
− Er versetzt Faust in tiefer, stürmischer Nacht mitten in den wilden Zug auf den Brocken,
wo nur Schurken und Elend in der Gegend herrschen mit einer gegensätzlichen Sicht auf
die Natur durch Faust und Mephisto sowie der Aufnahme des „Irrens" als Leitmotiv der
ganzen Szene beginnt die Schilderung der Walpurgisnacht
− Die beiden Wanderer gehen in die „Traum- und Zaubersphäre" ein, was seinen Ausdruck
in der zunehmenden Dämonisierung der Natur findet (z.B. beschreibt Faust das Glühen
von Goldadern als beeindruckendes Naturbild, was für Mephisto nichts anderes als das
Leuchten des „Herrn Mammon" ist)
− Mit dem Zug der Hexen geht ein Sturm einher, der im Bild der Windsbraut (V.3936) die
zerstörerischen Kräfte der Natur verkörpert. Die Äußerungen der massenhaft
auftretenden Hexen verraten Schamlosigkeit und Obszönität
− Ziel ihres Zuges ist der Herr Urian, der Teufel selbst. Er thront auf dem Brocken und bildet
den Gegenpol zum Herrn im „Prolog"

AA: Inwiefern kann man die Walpurgisnacht-Szene (24) als eine Abkehr Fausts von Gretchen
deuten und als allmähliche Überwindung dieser Abkehr? (Rückbesinnung)

Ergebnisse:

− Gegen Fausts Willen zieht Mephisto ihn unter neuen Versprechungen aus dem Hexenzug
heraus u. präsentiert ihm die Welt d. „hundert Feuer" (V.4057)
− Am Ende dieses Abschnitts steht die Trödelhexe, deren „Angebote" deutlich auf das
Schicksal Gretchens und die Schuld Fausts verweisen Mephisto muss ablenken und
präsentiert am Beginn des vierten Teils der Szene (V.4118-4205) Lilith, das Urbild
weiblicher Verführungskünste
− Die Abkehr von Gretchen findet ihren Höhepunkt im Geschlechtertanz Fausts mit der
jungen Hexe. Dieser Tanz schwankt zwischen Sinnlichkeit und Obszönität und findet mit
der Gretchenvision Fausts ein abruptes Ende Trotz aller Versuche Mephistos besinnt sich
Faust auf sich selbst und auf Gretchen zurück (wenn auch zu spät)
− Er kommt zur Umkehr, während Mephisto nur noch der Versuch bleibt, Faust durch die
Führung ins Dilettantentheater von der Erscheinung des hingerichteten Gretchens
abzulenken Mephistos Ablenkungsmanöver scheitert jedoch
− Fausts drohender Selbstverlust wird durch die Rückbesinnung auf die Liebe zu Gretchen
abgewendet.

Ende des Dramas

(26) Trüber Tag- Feld („Prosaszene“)

Zusammenfassung des Inhalts:

− Faust wird sich seiner Schuld bewusst und plant, Gretchen aus dem Kerker zu befreien.
Mephisto will ihn zunächst abhalten, hilft ihm später aber doch Mephisto will die
Gefängniswärter benebeln, Faust soll Schlüssel klauen, Gretchen durch Menschenhand
retten, jedoch stehen Zauberpferde bereit, die sie wegbringen.
− Diese Szene schildert Fausts erstes und richtiges Aufbegehren gegen seinen Begleiter,
wobei Mephisto Fausts Verzweiflung und Reue nur mit Zynismus begegnen kann („Sie ist
die erste nicht") => diese Äußerung lässt Faust die Fassung verlieren, Ausbruch Fausts!
− Einzige Szene, die Goethe nicht in Versen verfasst hat, Gründe unbekannt,
möglicherweise aufgrund der schon so überzeugenden sprachlichen Kraft und
Ausdrucksstärke!
(27) Nacht, offen Feld

Zusammenfassung des Inhalts:

− Faust und Mephisto auf dem Weg zu Gretchen (sie wurde nach dem Kindesmord
eingekerkert und zum Tode verurteilt)
− Gespenstige Szene zeigt die Vorbereitung der Richtstätte durch Geister =>
− Vorausdeutung auf Gretchens Schicksal
− „Vorbei, vorbei" => Faust Beistand kommt zu spät

(28) Kerker: Gemüts- und Seelenzustand Gretchens"

Zustand Gretchens zwischen geistiger Hellsicht und Verwirrung (Gretchens Wahn so weit
fortgeschritten, dass sie Faust nicht mehr erkennt V.4440)

Szene beginnt mit Gretchens Lied, das auf das Märchen vom Wacholderbaum zurückgeht, sie
identifiziert sich mit dem Mädchen, dessen Bruder von der Stiefmutter getötet und dem
Vater zum Essen vorgesetzt wird, das Mädchen vergräbt die Knochen des Bruders unter dem
Leben spendenden Wacholderbaum, sodass dieser später die Tat rächen kann Im Lied zeigt
sich die Sehnsucht nach Wiedergutmachung Gretchens Verwirrung bis V. 4470, dann
Gespräch zwischen Faust und ihr Die anfänglich dominierende Angst und Furcht vor Schande
und Tod wird im Verlauf der Szene immer stärker von einem religiös geprägten
Einverständnis mit der Situation durchdrungen

Rettungsversuch Fausts bleibt uneinsichtig, Gretchen lehnt Rettung durch Faust ab, übergibt
sich der Verantwortung Gottes, „Sie ist gerettet" => Gnade für Gretchen! Faust bleibt
schuldig (Gretchens Mutter, Valentin, das gemeinsame Kind, Gretchen)

- Warum lehnt sie die Rettung ab? => zu viele Schuldgefühle, keine Liebe und kein Leben
mehr im Faust, übergibt sich Gott, nicht dem Teufel!

tragischste Szene des gesamten Faust Positiv gedeutet bringt die Szene Gretchens Weg zu
sich selbst zum Abschluss.

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