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MODERNE ❚ MENSCHEN

Big Brothers
Dieses Paar löst eine Mediendiskussion aus: Harald und Carlos sind

Foto: Stefan Menne


zwei von zwölf neuen Insassen des "Big Brother"-TV-Containers und
gehen als schwules Paar und HIV-Positive ins Rennen um 250.000
EUR. Und sind die einzigen Teilnehmer mit einer klaren Botschaft:
"Big Brother bietet mir die Möglichkeit, die Zuschauer mit dem
Thema HIV zu konfrontieren und darüber zu informieren" meint
Carlos zur Teilnahme am Medienspektakel. Er outete sich bereits vor
zwei Jahren in der RTL-Sendung "Das Supertalent": "Früher oder
später (würde) es ohnehin rauskommen. Und bevor es in der "Bild"
steht, sage ich es lieber selbst" meint der 45jährige im Interview mit
dem Berliner Stadtmagazin Siegessäule. "Mit Angst zu leben ist nur
halb gelebt" meint er weiter. "Viele waren beeindruckt, dass ich
gesagt habe, dass ich kein Mitleid haben möchte, sondern anderen
Kraft und Mut geben möchte. Bei HIV sagen viele: Selbst schuld.
Man ist selbst verantwortlich, aber nicht Schuld!" Auch wenn das
damalige Outing zum Verlust des Jobs führte und das Paar nach
mehreren Anfeindungen aus Bayreuth nach Berlin umzog, gab es
diesmal zunächst positive Resonanz: die Deutsche AIDS-Hilfe
kommentierte zum Beispiel: "Beide zeigen eindrucksvoll, dass man
mit HIV selbstbestimmt leben kann und alle sozialen Alltagskontakte
möglich sind. Dabei helfen die beiden Männer, Vorurteile und unbe-
gründete Ängste gegenüber HIV-Positiven abzubauen". "Big Brother"-
Mitbewohner Horst sah das anders: nach nur einem Tag entschloss
der Tattoowierer sich zum Auszug; Grund: er wolle sich mit solch
ernsthaften Themen nicht befassen. Botschaft gescheitert... (bjö)

"Big Brother" läuft täglich von 19 - 20 Uhr auf RTL 2

Harald und Carlos hocken im Container

Heteroliebe
Schnell zurückgerudert: nachdem "Sherlock Holms"-
Darsteller Robert Downey Jr. (Foto hinten) gewitzelt
hatte, dass in der Fortsetzung des just angelaufenen
Sherlock-Kinofilms der Detektiv eine Liebesbeziehung
mit Assistenten Watson haben werde, stornierte Urheber-
rechtsinhaberin Andrea Plunkett sicherheitshalber mal
ihr O.K. für eine weitere Verfilmung der Kult-Romane:
"Ich bin nicht schwulenfeindlich, aber ich stehe denen
feindlich gegenüber, die den wahren Geist der Bücher
verkennen" ließ sie verlautbaren. Auf der Filmpremiere-
Pressekonferenz in Berlin stelle man dann brav klar, dass
Holmes und Watson keineswegs schwul seien: Downey
Foto: Warner Bros.

sagte: "Intellektuelle picken sich gern diesen Subtext


heraus" und Regisseur Guy Richie (Madonnas Ex) erklärte:
"Das ist einfach die Art, wie Männer miteinander umgehen,
wenn sie sich sehr nah sind". Na, wenn das mal alle
Heteros so sehen würden... (bjö)

Geburtstagskinder
Walter van Beirendonck, 4.2.1957 Hans Klok, 22.2.1969 Jaecki Schwarz, 26.2.1946
Der belgische Modedesigner Bis 2007 hüllte der holländi- Als "Polizeiruf"-Kommissar
Foto: WalterVanBeirendock.com

Foto: MDR
Foto: Carli Hermes

ist der Unkonventionellste sche Magier trotz Outing im Schmücke ist der in der
der legendären "Antwerp Heimatland seine Homosexu- DDR aufgewachsene
Six", die 1981 die Pariser alität für das US-Publikum Schauspieler bekannt. Sein
Laufstege revolutionierten. in einen mystischen Mantel Outing erfolgte 2004, und
In seinen mitunter untragbar des Schweigens. Stattdessen er engagiert sich mit vielen
comichaft-bunten Kollektio- streute er Gerüchte über Kollegen in der Initiative
nen tauchen viele S/M- und eine Liaison mit Baywatch- "Queer Nations", die sich für
Fetisch-Fantasien auf. Die Busen-Freundin Pamela die Wiederbelebung des
werden in seinen Shows Anderson: "Es war auch Magnus-Hirschfeld-Instituts
gerne von stämmigen Bärenkerlen präsentiert, die der ihre Idee, erst dann mit der Wahrheit rauszurücken, einsetzt: "Ich denke, dass es immer noch einer
Designer auch persönlich attraktiv findet. "Wenn auch wenn ich in den USA bekannter bin", erklärte er in großen Aufklärung bedarf und man sich mit dem Thema
selber schwul, sehe ich aber nicht nur den Schwulen vor seinem Outing-Interview. Wie viele Künstler möchte Klok Homosexualität wissenschaftlich und bereits in den
mir, wenn ich entwerfe", meint Walter. "Ich habe weder trotzdem nicht auf seine Homosexualität reduziert Schulen auseinandersetzen muss", meint Schwarz im
mit Sexualität noch mit Gender ein Problem". werden um nicht als "schwuler Magier" zu gelten. Interview. (bjö)

4 FEBRUAR 2010
Foto: Shaun Botterill/getty Images

Endlich frei!
Hier kommt unser erstes Rolemodel 2010: der walisische Rugby-
Nationalspieler und -Held Gareth Thomas entschloss sich mit 35
Jahren zum öffentlichen Outing. Damit gehört er zu den wenigern
Profi-Sportlern, der sich während seine Karriere zur Homosexuali-
tät bekannt hat - und darüber hinaus auch ausführlich über die
Entscheidung und seinen Lebens- und Leidensweg erzählt. "Ich
war ein Meister im Verstecken" erklärt der muskulöse, 1,90 m große
Hüne. "Ich habe meine Hetero-Teamkollegen kopiert und lebte
immer mit der Angst, entdeckt zu werden. Rugby ist mein Leben,
alles andere war mir egal. Meine Sexualität schien mir im Weg zu
stehen, daher schob ich sie einfach beiseite". Nachdem seine Ehe
zerbrach und der innere Druck so groß wurde, dass Gareth Thomas
auch um seine sportlichen Leistungen fürchten musste, entschloss
er sich nach 17 Jahren zur Flucht nach vorn und vertraute sich
seiner Ehefrau und seinem Coach an. "Unser Team ist wie eine
Familie und deren positive Reaktion hat mir unglaublich geholfen.
Es waren die kleinen Gesten wie ein aufmunternder Blick oder
ein Handschlag, die mir zeigten: Gareth - du bist noch immer der
Gleiche für uns". Und der sanfte Riese erkennt sein Vorbildcharak-
ter als Sportstar: "Ich hätte mir als Jugendlicher jemanden ge-
wünscht, mit dem ich über meine Gefühle hätte reden können.
Das hätte meinen Lebenslauf nicht verändert, aber es wäre mir in
all den Jahren besser gegangen - und das ist ein Riesen-Unter-
schied. Sportler sind in ihrem Klischee gefangen - in anderen
Bereichen wie Kultur oder auch Politik haben es Leute geschafft,
diese zu durchbrechen. Im Sport scheint es besonders schwer zu
sein und besondere Angst zu machen, nicht der Norm zu entsprechen.
Ich hoffe, dass meine Botschaft anderen Schwulen hilft, bloß aus
Angst nicht ihre Talente zu vergeuden". Gareth Thomas liefert mit
seiner Medienpräsenz eine ideale Steilvorlage - welcher Sportler
spielt seinen Ball weiter? (bjö)

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