Sie sind auf Seite 1von 89

Vom Molekül zur Zelle

Begleitend zu den Vorlesungen


in
Block III

Bertram Woitok
Inhaltsverzeichnis iii

Inhaltsverzeichnis

I. Biochemie 1

1. Makromoleküle 3
1.1. Schwache chemische Bindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2. Aminosäuren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3. Proteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
1.4. Konformation von Proteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2. Methoden in der Proteinbiochemie 11


2.1. Massenwirkungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.2. Proteintrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.3. Proteinanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

3. Enzyme 15
3.1. Mechanismen der Katalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.2. Enzyme als Biokatalysatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.3. Einteilung nach Funktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.4. Cosubstrate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.5. Enzymkinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
3.6. Enzymhemmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

4. Energiegewinnung im Stoffwechsel 19
4.1. Glykolyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
4.2. Fettsäureabbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
4.3. Citratzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
4.4. Atmungskette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
4.5. Harnstoffzyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

5. Struktur und Funktion des Genetischen Codes 23


5.1. DNA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
5.2. Transkription . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
5.3. Translation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

II. Histologie 31

6. Struktur der Zelle 33


6.1. Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
6.2. Aufbau von Zellmembranen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
iv Inhaltsverzeichnis

6.3. Intrazellulärer Transport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36


6.4. Zytoskelet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
6.5. Zellorganellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

7. Zellteilung 41
7.1. Mitose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
7.2. Meiose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

8. Spezialisierte Zellen des Verdauungstraktes 43


8.1. Leber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
8.2. Gallenwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

III. Bakterien und Viren 45

9. Bakterien 47
9.1. Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
9.2. Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
9.3. Pathogenität und Virulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
9.4. Antimikrobische Agentien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

10.Viren 51
10.1. Lebenszyklus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
10.2. Bekämpfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
10.3. Human Immunodeficiency Virus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

IV. Physiologie 55

11.Transport über Zellmembranen 57


11.1. Transportsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
11.2. Epitheliale Transporte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59

12.Zellkommunikation 63
12.1. Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

13.Zell–Zell & Zell–Matrix Interaktion 67


13.1. Kontakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
13.2. Apoptose und Nekrose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
13.3. Weiter Interaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

V. Embryologie 69

14.Embryogenese 71
14.1. Meiose . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
14.2. Spermatogenese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
14.3. Urkeimzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
14.4. Embryonalentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Inhaltsverzeichnis v

VI. Genetik 75

15.Genetische Defekte 77
15.1. Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
15.2. Klassische Krankheitsbilder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78

Literaturverzeichnis 83
Teil I.

Biochemie
3

1. Makromoleküle
Makromoleküle entstehen durch eine Kondensationsreaktion unter Wasserabspaltung, es wer-
den Ester, Amide und Acetale gebildet.

1.1. Schwache chemische Bindungen


Zu den Eigenschaften schwacher chemischer Bindungen siehe → Tabelle 1.1. Es ist dabei zu
beachten das die Stärke dieser Bindungen summativ ist, also viele parallele schwache Bindungen
ebenfalls eine feste Bindung erzeugen können[1].

1.1.1. Wasserstoffbrückenbindungen
Es kommt zu polaren Wechselwirkungen zwischen gebundenem Wasserstoff und Kohlenstoff
oder Stickstoff. Es sind daher Wasserstoffbrücken zwischen zwei Peptidbindungen möglich.
Die Besonderheit der Wasserstoffbrücken liegt darin das sich zwei Atome ein Proton teilen“.

Am stärksten ist die Bindung wenn alle beteiligten Atome auf einer Linie liegen. Die Anwe-
senheit von Wasser stört die Bindung, da das Wasser in Konkurrenz zu den ursprünglichen
Atomen tritt.[1]

1.1.2. Elektrostatische Kräfte


Sie resultieren aus den Anziehungskräften ungleich geladener Atome. Sie sind in Abwesenheit
von Wasser sehr stark, werden jedoch durch Hydratisierung geschwächt. Sie entstehen zwischen
Ionen und permanenten Dipolen.[1]
Sie treten häufig in aktiven Zentren zur Bindung des Substrates auf.

1.1.3. Hydrophobe Kräfte


Die Hydrophoben Anteile in einer wässrigen Lösung werden zusammengezogen um das Netz
der Wasserstoffbrücken möglichst wenig zu stören. Analog lagern sich auch im Protein hydro-
phobe Aminosäurereste zusammen, bevorzugt im Inneren, während hydrophile Aminosäuren
die Peripherie bevorzugen[1].

KJ KJ
Bindungsart Länge (nm) Stärke in Vakuum ( mol ) Stärke in Wasser ( mol )
Kovalent 0,15 380 380
Ionisch 0,25 335 13
Wasserstoffbrücken 0,30 17 4,2
Van–der–Waals 0,35 0,4 0,4

Tabelle 1.1.: Eigenschaften schwacher Bindungen


4 1. Makromoleküle

NH2
|
R — Cα — COOH
|
H

Abbildung 1.1.: Allgemeine Struktur einer L–α–Aminosäure

NH2
|
SeH — CH2 — C — COOH
|
H

Abbildung 1.2.: Struktur der Aminosäure Selenocystein (Sec). Sie wird erst während der Prote-
insythese aus Serin gebildet. Eingeleitet wird diese Synthese durch das UGA–
stoppcodon.[4]

1.1.4. Van der Waals–Kräfte


Aufgrund fluktuierender Ladungen kommt es zu schwachen elektrostatischen Wechselwirkun-
gen die bei einem idealen Abstand, dem Van der Waals–Abstand, ihr Maximum erreichen.
Diese Wechselwirkung ist unabhängig von der Präsenz des Wassers[1].

1.2. Aminosäuren
Bei den 20 proteinogenen Aminosäuren handelt es sich ausschließlich um L–α–Aminosäuren.
Hinzu kommt Selenocystein (→ Abbildung 1.2) welches bei der Proteinsynthese gebildet wird
sowie 79 weitere, nicht in Proteinen verbaute Aminosäuren welche als Lieferanten für Koh-
lenstoff und Stickstoff dienen[4]. Aminosäuren welche der Körper nicht selbst herstellen kann
werden als essentielle Aminosäuren bezeichnet und müssen dem Körper über die Nahrung
zugeführt werden. Hier wird noch auf die alte Nomenklatur zurückgegriffen, bei der die Koh-
lenstoffatome ab dem C2 –Atom fortlaufend mit griechischen Buchstaben markiert werden.
Sie sind Derivate von Carbonsäuren an deren zur Säuregruppe benachbarten Kohlenstoffatom
eine Aminogruppe angehängt ist. Die Unterschiede werden durch die Seitenketten hervorgeru-
fen (→ Abbildung 1.1).[4]
Die Einteilung der Aminosäuren erfolgt nach den Eigenschaften ihrer Seitenketten. Man un-
terscheidet saure und basische sowie polare und unpolare Reste.

1.2.1. Ladungszustand und Isoelektrischer Punkt


In wässriger Lösung liegen Aminosäuren in ionisierter Form vor, am Isoelektrischen Punkt als
Zwitterion.
Im stark sauren Milieu (pH < 1) reagiert die Carboxyl–Gruppe basisch, während die Amino–
Gruppe im stark basischem Bereich (pH > 11) sauer reagiert. Aminosäuren zählen damit zur
1.2. Aminosäuren 5

Saure Aminosäuren
Asparaginsäure Asp D
Glutaminsäure Glu E
Basische Aminosäuren
Arginin Arg R
Histidin His H
Lysin Lys K
Ungeladen polare Aminosäuren
Asparagin Asn N
Glutamin Gln Q
Serin Ser S
Threonin Thr T
Tyrosin Tyr Y
Unpolare Aminosäuren
Alanin Ala A
Cystein Cys C
Glycin Gly G
Isoleucin Ile I
Leucin Leu L
Methionin Met M
Phenylalanin Phe F
Prolin Pro P
Selenocystein Sec
Tryptophan Trp W
Valin Val V

Tabelle 1.2.: Die 21 proteinogenen Aminosäuren[4]. Die hervorgehobenen Aminosäuren sind


essentiell, müssen also mit der Nahrung aufgenommen werden[1].
6 1. Makromoleküle

O
||
R1 — C — N — R2
|
H

Abbildung 1.3.: Struktur der Peptidbindung.

H O R2 H H
| || | | |
NH+
3 — C — C — N — C — C — N — C — COO –
| | | || |
R1 H H O R3

Abbildung 1.4.: Beispiel eines Peptids. Dargestellt ist nur der polypeptide–backbone.

Klasse der Ampholyte[4].


Der Isoelektrische Punkt errechnet sich als das arithmetische Mittel der pKs–Werte der bei-
den Funktionellen Gruppen: IP = pKs1 +pKs 2
2
. Bei sauren Aminosäuren liegt er im sauren, bei
basischen im basischen Bereich. Da die meisten Aminosäuren einen PK–Wert außerhalb des
physiologischen Bereiches haben liegen sie im Organismus nur in einer Form vor[4]. Eine Son-
derstellung hat hier Histidin da es als einzige Aminosäure eine dissoziable Gruppe trägt deren
pH–Wert bei etwa 6 liegt[4].

1.2.2. Peptidbindung
Durch das freie Elektronenpaar des Stickstoffs entsteht eine partielle Doppelbindung die die
Peptidbindung zu einer starren, planaren Einheit verschweißt(→ Abbildung 1.3).

1.3. Proteine
Die meisten Proteine bestehen aus 100 – 700 Aminosäuren.

Enzyme Nahezu jede Reaktion im Organismus wird durch ein eigens dafür zugeschnittenes
Enzym gesteuert, daher spricht man von Biokatalysatoren.

Strukturproteine Sowohl im Interzellularraum (Elastin, Kollagen) als auch im Intrazellular-


raum (Aktincytoskelet) finden sich Strukturgebende Proteine.

Transportproteine Hierzu zählen Porine und Ionenkanäle.

Motorproteine Sie treiben eine aktive Bewegung voran. Aktin spielt bei Zellbewegung und
Muskelkontraktion eine entscheidende Rolle.
1.4. Konformation von Proteinen 7

Speicherproteine Sie dienen als Quelle für Aminosäuren.

Signalproteine Hierbei handelt es sich häufig um Hormone.

Rezeptorproteine → Kapitel 12.1.2

Genregulationsproteine → Kapitel 12.1.2

Proteine mit Sonderaufgaben

1.4. Konformation von Proteinen


Meist tritt nur eine stabile Konformation — die freie Energie hat hier ein Minimum — auf. In
vivo wird die Faltung in diese Konformationen durch chaperone gesteuert.

1.4.1. Denaturierung
Reversibel Hohe Konzentrationen von Harnstoff (H2 N−CO−NH2 ) oder Amoniumsulfat ((NH4 )2 SO4 )
bewirken eine Entfaltung des Proteins die bei entfernen der Substanzen rezidiv wird — das
Protein renaturiert. Dieser Vorgang kann durch Chaperone (→ Kapitel 6.5.3) unterstützt
werden[1]. Daraus folgt das die Information über die Tertiärstruktur bereits im Protein vorge-
ben sein muss[1].

Irreversibel Durch eine Erhöhung der Temperatur oder durch Zugabe starker Säuren (z.B.
Perchlorsäure HClO4 ) wird die Form des Proteins derart verändert das es als zerstört zu be-
trachten ist.

1.4.2. Faltungsmuster
α–Helix Diese sind typisch für α–Keratin und Membranproteine. Die Aminosäuren sind Spi-
ralförmig angeordnet, Wasserstoffbrücken zwischen jeder vierten Peptidbindung stabilisieren
die Struktur deren Seitenketten alle nach außen gerichtet sind. Die Periodizität dieser Struktur
beträgt 0,54 nm, und sie ist nahezu immer rechtsdrehend.
Helixbrechende Aminosäuren sind Prolin da es sich hier um ein sekundäres Amin handelt und
daher die Peptidbindung anders lokalisiert ist, und Glycin da dieses schlicht zu klein für die
Struktur ist.

β–Faltblatt Aminosäureketten liegen entweder parallel oder antiparallel, die Peptidbinungen


sind dabei mit Wasserstoffbrücken verbunden. Die Seitenketten liegen in dieser Anordnung
ober– oder unterhalb der Ebene. Die Periodizität beträgt 0,7 nm, der Einbau von Prolin ist
nicht möglich. Diese Struktur tritt häufig im Zentrum von Proteinen auf[1].

Doppelwendel–Dimer (Coiled Coil) Hydrophobe Aminosäuren kommen auf der gleichen Sei-
te der α–Helix zu liegen und zwei oder drei[1] solcher Helices werden miteinander verdrillt,
wobei die hydrophoben Ketten nach innen Zeigen{citeal und der N–Terminus jeweils auf der
gleichen Seite liegt. Die entstehende Struktur ist extrem stabil da sie zusätzlich durch Hydro-
phobe Kräfte zusammengehalten wird.
8 1. Makromoleküle

1.4.3. Organisationsebenen
Primärstruktur Diese entspricht der Aminosäuren–Sequenz.

Sekundärstruktur Hierzu zählen α–Helices und β–Faltblätter in Teilbereichen des Proteins.

Tertiärstruktur Dies ist die Dreidimensionale Konformation des Gesamten Proteins bezie-
hungsweise der Domäne.

Quartärstruktur Lagern sich mehrere Proteine zu einem Komplex zusammen — typischer-


weise um ein Metallion — so spricht man von der Quartärstruktur.

Domänen Sequenzen von 50 – 350 Aminosäuren die sich unabhängig zum restlichen Protein
falten bilden eine Domäne die typischerweise eine eigenständige Funktion hat. Ein Protein
besteht aus einer Reihe solcher Domänen, welche auf unterschiedliche weise miteinander kom-
biniert werden können und so zur enormen Vielfalt der Proteine beitragen[1].

Motiv Bei charakteristischen wiederkehrenden Sequenzmustern spricht man — analog zur


Musik — von einem Motiv. Dieses hat eine definierte Funktion, z.B. Phosphorylierung.

Proteinfamilien Proteine mit gemeinsamem Ursprung oder gemeinsamer oder ähnlicher Struk-
tur und/oder Funktion fasst man zu Proteinfamilien zusammen.

1.4.4. Protein–Assemblies
Je nach Anzahl freier Bindungsstellen können sich Proteine zu Dimeren oder Polymeren (Ringe,
Helices) zusammenlagern.

Kollagen Einzelne Proteine der Größe von etwa 300 nm × 1,5 nm lagern sich zusammen. Die
Besonderheit besteht in der Ausbildung von Triple–Helices welche dadurch ermöglicht werden
das an jeder dritten Stelle ein Hydroxyprolin sitzt.

Elastin Im entspannten zustand besteht Elastin aus zusammengekringelten Proteinfäden wel-


che über endständige Disulfidbrücken miteinander verknüpft sind. Dadurch ist die hohe Dehn-
barkeit dieses Materials gewährleistet.

Capside Kleine Proteineinheiten lagern sich zu einer Hohlkapsel zusammen. Der Zusammen-
bau aus vielen kleinen Untereinheiten hat den Vorteil das wesentlich weniger DNA benötigt
wird und eine Fehlerkorrektur leichter durchgeführt werden kann.[1]

1.4.5. Funktionelle Seitenketten


Disulfidbrücken Proteine können sowohl in der Tertiärstruktur als auch intermolekular Disul-
fidbrücken ausbilden. Diese kovalenten Bindungen entstehen im Endoplasmatischen Retikulum.
Dazu muss an beiden Seiten der Zukünftige Brücke ein Cystein verbaut sein dessen Schwefel
dabei oxidiert wird.
1.4. Konformation von Proteinen 9

Aminosäuren angehängte Gruppe Funktion


Phosphorylierung Ser, Thr, Tyr −P O4 aktivierung / deakti-
vierung
Acetylierung Lys, Met CH3 −CO−H
Methylierung Lys, Arg −CH3
Isoprenylierung Cys Membranverankerung
Ubiquitinierung Lys 80 AS–Signalprotein Einleitung des Ab-
baus
Hydroxylierung Pro, Lys −OH Triple–Helix in Kol-
lagen

Tabelle 1.3.: Post–Translationale Modifikation

Da im Zytosol eine hohe Konzentration reduzierender Agentien vorliegt haben Disulfidbrücken


dort keinen Bestand.[1]

Post–Translationale Modifikation → Tabelle 1.3.

1.4.6. Zusammengesetzte Proteine


Viele Proteine bestehen nicht nur aus Aminosäuresequenzen, sondern haben auch andersarti-
ge Seitenketten oder Reste. Glykoproteine besitzen zusätzliche Zuckerreste, im Gegensatz zu
Proteoglykanen welche Kohlenhydrate mit Aminosäureseitenketten sind. Weitere Möglichkeiten
sind die Gruppierung mehrerer Proteine um ein Metallion (Metallproteine) oder die Verbau-
ung einer Häm–Gruppe (Hämproteine). Als Lipidierte Proteine werden solche bezeichnet in
die Fettsäuren, Prenyl oder Phosphatidylinonit eingebaut werden um eine Verankerung in der
Plasmamembran zu ermöglichen. Proteine können aber auch in Form von Lipoproteinen als
Detergentien eingesetzt werden um Triglyceride oder Cholesterol (sowie dessen Derivate) zu
lösen.

1.4.7. Bindungszentren
Bei der nicht kovalenten Bindung von Proteinen an andere Moleküle spricht man von einer
Rezeptor–Ligand Beziehung. Spezielle Bindungszentren, die in der Regel sehr spezifisch sind,
werden in der Proteinstruktur ausgebildet. Die beteiligten Aminosäuren liegen oft in der Se-
quenz sehr weit auseinander.
Da die beteiligten Bindungen durch Wasser geschwächt werden (→ Kapitel 1.1) ist es für
das Protein sinnvoll die Bindungszentren so zu bauen das es für einzelne Wassermoleküle
energetisch ungünstig wäre das Geflecht von Wasserstoffbrücken zu verlassen und den freien
Raum einzunehmen.[1]
Es können aber auch Bindungszentren für andere Proteine entstehen, welche zur Bildung von
Proteinkomplexen notwendig sind. Im einfachsten Fall werden zwei baugleiche Proteine Kopf–
an–Fuß aneinander gelagert.[1]
11

2. Methoden in der Proteinbiochemie


2.1. Massenwirkungsgesetz
Als Grundlage für Aussagen über die Kinetik chemischer Reaktionen dient oftmals das Mas-
senwirkungsgesetz und die sich daraus ableitende Massenwirkungskonstante K.

−−
mA + nB )*
−− pC + qD

[C]p × [D]q
K= (2.1)
[A]m × [B]n

Es gilt für alle K > 1 läuft die Reaktion spontan ab und für alle K < 1 ist die Rückreaktion
bevorzugt. Je mehr Energie bei der Reaktion frei wird, desto höher ist K.
Daher lässt sich das Massenwirkungsgesetz in Bezug zur Gibbsschen freien Energie ∆G0 setzen.
∆G0 = ∆H0 − T S0 (2.2)
Weiterhin gilt Gleichung 2.3, wobei R die allgemeine Gaskonstante und T die absolute Tem-
peratur ist.
∆G0 = −RT × lnK (2.3)
Die Affinitätskonstante gibt Aufschluss über die Stärke der Interaktion zweier Stoffe. Aus
Gleichung 2.4 folgt das die Interaktion für alle Kaf f < 1 besonders stark ist.
1
Kaf f = (2.4)
K

2.2. Proteintrennung
Proteine unterscheiden sich in Größe, Ladung und Affinität zu verschiedenen Stoffen. Diese
Unterschiede kann man sich bei der Trennung zu Nutze machen.

2.2.1. Zellöffnung
Zunächst müssen die Proteine jedoch aus der Zelle herausgelöst werden und daher die Plas-
mamembran eröffnet werden. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ziel ist es die Zell-
membran zu öffnen ohne den Inhalt der Zelle dabei zu zerstören. Dies kann durch Ultraschall,
milde Detergentien oder Scherkräfte erreicht werden. Letztere werden entweder erzeugt indem
die Zellen durch ein extrem dünnes Loch gepresst werden oder indem sie durch einen speziellen
Stösel an der Wand eines Reagenzglases zerrieben werden.

2.2.2. Sedimentation
Hierbei werden die Zellbestandteile mit Hilfe einer Zentrifuge getrennt.
12 2. Methoden in der Proteinbiochemie

1
Zentrifugenart min abgetrennte Bereiche
Niedergeschwindigkeit 1000 ganze Zellen, Kerne, Zytoskelet
Mittelgeschwindigkeit 10000 Mitochondrien, Lysosomen, Peroxysomen
Hochgeschwindigkeit 100000 Microsome, kleine Vesikel
Ultrahochgeschwindigkeit 600000 Ribosomen, Viren, große Makromoleküle

Tabelle 2.1.: Differentialsedimentation

Differentialsegmentation Durch Differentialsedimentation (→ Tabelle 2.1) ist eine präzise


Auftrennung der Bestandteile nach Größe und Dichte möglich.

Geschwindigkeitssedimentation Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus Flüssigkeit-


schromatographie und Zentrifugation, es wird rein nach Größe der Teilchen getrennt.

Gleichgewichtssedimentation Die Probe wird hierzu in einer konzentrierten Zuckerlösung


gelöst und dann Zentrifugiert, die Probe wird dabei nach der Schwebedichte getrennt. Lipo-
proteine werden auf diese Art getrennt.

2.2.3. Säulenchromatographie
Hierbei macht man sich zu Nutze das Proteine aufgrund unterschiedlicher Affinitäten unter-
schiedlich schnell durch ein Laufmittel (die mobile Phase) wandern.

Ionenaustauschchromatographie An der Oberfläche der Säulen befinden sich homogen ge-


ladene Teilchen die die vorbeiwandernden Proteine anziehen und Festhalten sofern diese eine
entsprechende Ladung tragen. Dies kann durch einstellen eines entsprechenden Puffers ge-
währleistet werden. Anschließend können die Proteine durch Erhöhung des pH–Wertes oder
der Salzkonzentration im Lösungsmittel wieder von den Säulen getrennt werden.

Gel–Filtration In die porösen Gel–Teilchen der mobilen Phase können nur Moleküle bis zu
einer bestimmten Größe einwandern, größere Moleküle wandern daran vorbei und erreichen
daher die Ziellinie schneller. Es wird also rein nach Größe getrennt.

Affinitätschromatographie Um Enzyme zu trennen verwendet man eine Phase an die das


spezifische Substrat für das Enzym das man abtrennen möchte gebunden ist, oft werden auch
Inhibitoren verwendet. Beim Durchlaufen der Phase bleiben nun die ausgewählten Enzyme in
der Phase hängen und können anschließend durch Änderung des pH–Wertes, der Salzkonzen-
tration oder durch einstellen eines Gleichgewichts durch Zugabe von freiem Substrat gelöst
werden.

Immunantigenchromatographie Die Phase ist mit den spezifischen Antigenen versehen so


dass die passenden Proteine daran hängenbleiben.
2.3. Proteinanalyse 13

2.2.4. Elektrophorese
Native Elektrophorese Hier werden Proteine (oder auch einzelne Aminosäuren) in einem
elektrischen Feld nach Ladung und Größe aufgetrennt, als mobile Phase wird üblicherweise ein
Polyacrylamid–Gel verwendet. Durch einen Puffer wird der korrekte Ladungszustand herge-
stellt, üblicherweise lässt man negativ geladene Proteine von der Kathode weg wandern.

SDS–Elektrophorese Um die Wanderungseigenschaften im elektrischen Feld zu verbessern


werden Proteine mit einem geladenen Detergens, dem SDS, zuerst denaturiert und anschließend
gelöst und rein nach Größe getrennt. Dies hat den Vorteil das der Vorgang nicht von den
Isoelektrischen Punkten der einzelnen Proteine abhängig ist.

Isoelektrische Fokusierung Hierzu wird ein spezielles Gel verwendet das einen pH–Gradienten
aufweist, was dazu führt das ein Protein im elektrischen Feld an seinem spezifischen Isoelek-
trischem Punkt stehenbleibt da sich dort aufgrund der pH–Änderung die Ladungsverhältnisse
ändern.

2D–Gel–Elektrophorese Hierzu sind zwei Durchgänge nötig. Zunächst wird eine herkömmli-
che Isoelektrische Fokusierung vorgenommen und dann rechtwinklig dazu eine SDS–Elektrophorese1
durchgeführt. Dadurch kann man ein Gemisch aus vielen Proteinen präzise Trennen.
Proteine die derart getrennt wurden können nach Aufspaltung durch das Verdauungsenzym
Trypsin im Massenspektrographen analysiert werden.

2.3. Proteinanalyse
Proteine werden meist durch Rückschluss auf die codierende DNA und die Analyse dieser
untersucht.

2.3.1. Sequenzanalyse
Durch eine spezifische Abspaltung der N–Terminalen Aminosäure und deren Bestimmung kann
Aufschluss über die Sequenz des Proteins gewonnen werden, allerdings lässt sich dies nur für
die ersten 40 Aminosäuren wiederholen. Oft ist auch das N–Terminale Ende blockiert und diese
Methode daher zum scheitern verurteilt. Man behilft sich durch die enzymatische Zerlegung
der Proteine in Peptidketten die voneinander getrennt und einzeln analysiert werden können.

2.3.2. Strukturanalyse
Röntgenstrukturanalyse Ein Proteinkristall der mit monochromatischen Röntgenstrahlen be-
schossen wird lenkt diese ab was zu einem Bild führt, aus welchem die Kristallstruktur errechnet
werden kann. Dabei muss die Wellenlänge der Röntgenstrahlen kleiner sein als die gewünschte
Auflösung.[4]
Zur Herstellung eines Proteinkristalls wird einer beinahe gesättigten Proteinlösung langsam
durch Dampfdiffusion Wasser entzogen. Im Idealfall bilden sich Kristallisationskeime, oft fällt
das Protein aber einfach aus. Daher ist es notwendig mit geänderten Lösungsbedingungen zu
experimentieren.[4]
1
Da die Proteine nun elektrisch neutral sind ist es zwingend notwendig auf SDS zurückzugreifen.
14 2. Methoden in der Proteinbiochemie

Kernmagnetische Resonanz (NMR) Radiowellen werden auf das gelöste Protein geworfen
und die Echos analog zum MRT registriert.
Für Proteine ab einer Molekülmasse von 10 kDa ist eine Anreicherung mit 13C und 15N not-
wendig, die Obergrenze des Verfahrens liegt bei 100 kDa. Daher ist diese Methode nur für
kleine Proteine geeignet.[4]
15

3. Enzyme
Katalysatoren Katalysatoren beschleunigen chemische Reaktionen ohne dabei selbst ver-
braucht zu werden oder in das Gleichgewicht einzugreifen. Sie setzen lediglich die Aktivierungs-
energie für eine Reaktion herab (sowohl für Hin– als auch Rückreaktion) und beschleunigen so
drastisch die Einstellung des Gleichgewichtes. Da sie nicht verbraucht werden genügen schon
kleine Mengen um ein Ergebnis zu erzielen.

3.1. Mechanismen der Katalyse


Säure – Base Katalyse Dabei wird auf Ladungsinduzierte Dipole zurückgegriffen. Das be-
sondere an Enzymen ist, das sie in der Lage sind ungleiche Ladungen an den Reaktionsort zu
bringen ohne das diese sich kombinieren, was sie in Lösung täten.[1]

Kovalente Katalyse Instabile Überganszustände, welche für den Reaktionsmechanismus not-


wendig sind, werden vom Enzym, welches so den Ablauf der Reaktion erleichtert, stabilisiert.[1]

Metallionenkatalyse Die Reaktion wird durch die Komplexbildung mit einem Metallion er-
möglicht.

3.2. Enzyme als Biokatalysatoren


Da im Organismus die wenigsten Reaktionen spontan ablaufen würden müssen sie katalysiert
werden. Diese Aufgabe wird von der Proteinklasse der Enzyme übernommen, in Sonderfällen
können auch RNA–Moleküle katalytisch wirken. Enzyme sind in ihrer Wirkung sehr spezifisch,
ein Enzym ist meist darauf konzipiert ein spezielles Substrat durch eine bestimmte Reaktion
zu schleusen.
Das Substrat wird nach dem Schlüssel–Schloss–Prinzip im aktiven Zentrum gebunden, und
sowohl das Enzym als auch das Substrat ändern dabei ihre Konformation. Die Bindung erfolgt
über schwache chemische Bindungen (→ Kapitel 1.1), elektrostatische Wechselwirkungen und
teilweise auch über kovalente Bindungen.
Die Erleichterung der Reaktion erfolgt dann durch Ausrichtung des Substrates, manchmal
werden auch beide Reaktionspartner gebunden und zusammengelagert, oder durch Änderung
der Ladungsverhältnisse oder Konformation. In der Regel handelt es sich um eine Mischform
der drei Mechanismen.

3.3. Einteilung nach Funktion


ATP–Asen steuern eine Hydrolyse des ATPs, in der Regel in Verbindung mit einer weiteren
Reaktion. Isomerasen ermöglichen den Übergang in andere Isomere des Moleküls. Kinasen
und Phosphorylasen schalten einen Zwischenschritt ein in dem an einen Reaktionspartner eine
16 3. Enzyme

Phosphatgruppe mit einer sehr energiereichen Bindung geknüpft wird. Dies ermöglicht dann die
eigentliche Reaktion bei der das Phosphat wieder abgespalten wird. Oxidasen und Reduktasen
regulieren RedOx–Reaktionen im Organismus.

3.3.1. Isoenzyme
Enzyme die die gleiche Reaktion in unterschiedlichen Zellen oder Gewebsabschnitten katalysie-
ren oder in unterschiedlichen Genen kodiert sind nennt man Isoenzyme. Sie Unterscheiden sich
in physikalischen und chemischen Eigenschaften wie Substrataffinität, Isoelektrischem Punkt
und ähnlichem.

3.4. Cosubstrate
Oft werden zusätzliche Moleküle im aktiven Zentrum gebunden welche für die Zwischenschritte
notwendig sind. Dabei handelt es sich meist um niedermolekulare organische Moleküle, bei-
spielsweise ATP oder NAD + . Oft werden auch Vitamine verwendet[1]. Es kann jedoch auch
zu einer kovalenten Einbindung kommen, in diesem Fall spricht man von einer Proestetischen
Gruppe.

Cosubstrate wie NAD + und NADH sind aktivierte Trägermoleküle, welche ihre gespeicherte
Energie in eine gekoppelte Reaktion übertragen können[1]. Nach diesem Prinzip laufen die
meisten Reaktionen im Organismus ab. NAD + und NADH treten bei katabolen (abbauen-
den) Reaktion auf, während NADP + und NADPH bei anabolen (aufbauenden) Reaktionen
eingesetzt werden.

Gekoppelte Zentren Ein zweites reaktives Zentrum am Enzym bindet ein anderes Substrat
und ändert dadurch seine Konformation, im Falle eines Cosubstrates derart das die Affinität
für das eigentliche Substrat erhöht wird.[1]

3.4.1. Coenzym A
Coenzym A liegt oft in einer aktivierten Form als Acetyl–Coenzym A vor. In dieser Form ist
es in der Lage 2 Kohlenstoffatome zur Biosynthese beizutragen.[1]
Die endständige Cysteamin–Gruppe ermöglicht die Bildung von Thioestern welche meist auf
Vitaminen basieren.

3.5. Enzymkinetik
3.5.1. Michaelis–Menten
Die allgemeine Gleichung für eine enzymkatalysierte Reaktion lautet wie folgt, die Rückreaktion
E+P −−→ EP −−→ ES kann dabei vernachlässigt werden. kcat ist die Umsatzrate, die der Anzahl
umgesetzter Substratmoleküle pro Enzymmolekül pro Sekunde entspricht.[1]
k1 kcat
−−
E+S) − ES −−
−* )−
−* E + P (3.1)
k−1

Daraus ergibt sich die Reaktionsgeschwindigkeit V :


3.5. Enzymkinetik 17

Verhältnis von [S] zu KM V


[S]  KM V = VKmax
M
[S]
[S]  KM V ≈ Vmax
[S] = KM V = Vmax
2

Tabelle 3.1.: Die Auswirkungen verschiedener Substratkonzentrationen auf die Reaktionsge-


schwindigkeit. → Gleichung 3.4

V = kcat [ES] (3.2)

Sowie sich ein Gleichgewicht eingestellt hat und [ES] annähernd konstant ist, lassen sich vor-
hersagen über Konzentrationen und Geschwindigkeiten treffen. KM ist dabei die Michaelis–
Menten–Konstante, Vmax ist ebenfalls konstant.

ES Zerfall ES Bildung
k−1 [ES] + kcat [ES] = k1 [E][S]
k1
[ES] =( )[E][S]
k−1 + kcat
k1
[E] = [E0 ] − [ES] : [ES] =( )([E0 ] − [ES])[S]
k−1 + kcat
k−1 + kcat [E0 ][S]
KM = : [ES] =
k1 KM + [S]
kcat [E0 ][S]
V = kcat [ES] : V = (3.3)
KM + [S]

Aus Gleichung 3.3 folgt bei Substratsättigung (also großem k1 und daher kleinem KM ) V =
Vmax = kcat [E0 ]. Daher ist es meist angenehmer wenn man die Gleichung etwas umschreibt:

Vmax [S]
V = (3.4)
KM + [S]

Um Vmax und KM aus Labordaten zu erhalten muss eine umgeformte Gleichung angewandt
werden:
1 KM 1 1
=( )( ) + (3.5)
V Vmax [S] Vmax
Am Schnittpunkt mit der Y–Achse lässt sich nunVmax ablesen, und am Schnittpunkt mit der
X–Achse KM .[1]
Die Michaelis–Menten–Konstante KM entspricht der Konzentration an freiem Substrat bei
1
2 Vmax , daher bedeutet ein niedriger KM –Wert eine feste Substratbindung. Anhand des Ver-
kcat
hältnisses K M
kann die Effizienz eines Enzyms an verschiedenen Substraten oder von verschie-
denen Enzymen verglichen werden.[1]
Um die Betrachtungen einfach zu halten wurde von Enzymen welche nur ein Substrat binden
ausgegangen. Werden Cosubstrate wie NADH oder ATP verwendet müssen modifizierte —
und wesentlich komplexere — Betrachtungen durchgeführt werden.[1]
18 3. Enzyme

3.6. Enzymhemmung
Eher einfache Methoden der Regulation der Enzymaktivität sind eine gezielte Protease des
Enzyms oder eine Repression seiner Transkription (→ Kapitel 5.2), und damit eine Regulation
der Enzymkonzentration.[1]
Bei niedrigen Substratkonzentrationen konkurrieren meist mehrere Enzyme um das gleiche
Substrat und hemmen sich dadurch gegenseitig. Oft werden Enzyme auch in Form einer ne-
gativen Rückkoppelung gehemmt wenn Produkte die später in einem Stoffwechselweg gebildet
werden als Inhibitor für bereits durchlaufene Schritte dienen.[1]

3.6.1. Kompetitive Hemmung


Ein dem Substrat analoger Inhibitor konkurriert um die Bindungsstelle im aktiven Zentrum,
dadurch wird KM größer und die Geraden schneiden auf der y–Achse.

3.6.2. Nicht kompetitive Hemmung


Ein Inhibitor bindet an eine andere Stelle am Enzym und bewirkt dadurch eine Hemmung
des aktiven Zentrums. Es kommt zur Ausbildung von unreaktiven Enzym–Inhibitor Komple-
xen oder die Reaktion an Enzym–Substrat Komplexen wird verlangsamt (Senkung von Vmax ,
Geraden schneiden auf der x–Achse).

3.6.3. Unkompetitive Hemmung


Der Inhibitor bindet an den Enzym–Substrat Komplex und blockt so die Reaktion.Dadurch
ändern sich KM und Vmax .
19

4. Energiegewinnung im Stoffwechsel

4.1. Glykolyse
4.1.1. Zucker
Die Speicherform des Zuckers im Organismus ist das Glykogen. Es besteht aus α–1,4–verknüpf-
ten Glucoseeinheiten bei denen alle acht Einheiten eine α–1,6–verknüpfte Seitenkette abgeht.

4.1.2. Acetyl Coenzym A


Drei Wege führen zur Bildung von Acetyl–CoA (→ Abbildung 4.1). In den Mitochondrien
wird es aus Pyruvat (→ Abbildung 4.2) gebildet, es entsteht im Rahmen der β–Oxidation
von Fettsäuren und beim Abbau von Aminosäuren. Der Abbau von Acetyl–CoA erfolgt in den
Mitochondrien durch den Citratzyklus[1].

4.1.3. Schrittweise Oxidation


Um ein Molekül Glukose in zwei Moleküle Pyruvat zu spalten ist die Energie von zwei Mo-
lekülen ATP notwendig. Da in den folgenden Oxidationsschritten jedoch vier Moleküle ATP
entstehen ergibt dies einen Nettogewinn von zwei Molekülen ATP. Die Oxidation läuft in zehn
enzymkatalysierten Einzelschritten ab, und Obwohl bei der Glykolyse kein molekularer Sauer-
stoff verbraucht wird findet doch Oxidation statt, nämlich indem Elektronenträgermoleküle wie
NAD+ durch Aufnahme eines Elektrons aktiviert werden, und dieses dann in einem weiteren
Schritt an einen weiteren Reaktionspartner1 abgeben. Der Nettoenergiegewinn der Glykoly-
se beträgt pro Mol Glukose jeweils zwei Mol ATP und NADH und Pyruvat. Unter aeroben
Bedingungen kann das Pyruvat in den Mitochondrien durch die Pyruvat–dehydrogenase zu
Acetyl–CoA, NADH und CO2 zerlegt werden.[1]

Gärung — anaerober Abbau Unter Abwesenheit von Sauerstoff im Muskelgewebe, Physio-


logisch bedingt durch Belastung, kommt es zum anaeroben Abbau der Glukose, wobei Pyruvat
zu Lactat (→ Abbildung 4.3) oxidiert wird um NAD+ zu regenerieren.[1]
1
O2 oder Lactat

O
||
CH3 — C — S — CoA

Abbildung 4.1.: Aufbau des Acetyl–CoA.


20 4. Energiegewinnung im Stoffwechsel

O
||
CH3 — C — COO –

Abbildung 4.2.: Aufbau des Pyruvats.

H
|
CH3 — C — COO –
|
OH

Abbildung 4.3.: Aufbau des Lactats.

4.1.4. Speicherform
Um Glukose im Organismus zu speichern werden die einzelnen Zuckermoleküle zu einem Poly-
saccharid, dem Glykogen, zusammengefügt. In dieser Form ist Glucose schnell Abrufbar wenn
ATP benötigt wird. Für eine längere Speicherung ist es auch möglich Glukose in Triglyceride
umzuformen. Da die Energieausbeute aus Fetten doppelt so hoch ist wie die aus Glykogen,
und da Glykogen auf Grund des hohen Anteils an gebundenem Wasser ein größeres Gewicht
erzeugt, wird im Körper nur Energie für etwa einen Tag als Glykogen vorgehalten, während
der Fettspeicher für etwa einen Monat reicht.[1]

4.2. Fettsäureabbau
Fettsäuren werden in einem Oxidationszyklus in den Mitochondrien[1] schrittweise zerlegt. Pro
Zyklusdurchlauf werden zwei Kohlenstoffatome abgespalten und an Coenzym A angehängt. Es
entsteht Acetyl CoA, sowie jeweils ein Molekül NADH und FADH2 [1].

4.3. Citratzyklus
Ausgehend von Oxalacetat (→ Abbildung 4.4) und Acetyl CoA werden die Stoffwechselzwi-
schenprodukte in acht Schritten Oxidiert, wobei am Ende das Oxalacetat wieder regeneriert
wird[1]. Das Oxalacetat stammt zum einen aus dem Citratzyklus selbst, aus der Pyruvatcar-
boxylierung und aus der Transaminierung von Aminosäuren2 . Es kommt im Citratzyklus zu
einem Permanenten Austausch der Kohlenstoffatome um eine Anlagerung von radioaktivem
14C zu vermeiden.

Die Geschwindigkeit hängt von der Isocitrat Dehydrogenase ab deren Wirksamkeit von der
Konzentration von NAD+ sowie von dem Verhältnis von ATP zu ADP bestimmt wird.
Der Citratzyklus ist katabol, da hier viele Stoffwechselzwischenprodukte zu CO2 abgebaut
werden, er ist aber auch anabol da er für die Synthese von Aminosäuren wichtige Vorstufen
liefert. Daher bezeichnet man den Citratzyklus auch als amphibol.
2
Anapterotische Reaktionen
4.4. Atmungskette 21

O
||
COO – — C — CH2 — COO –

Abbildung 4.4.: Aufbau des Oxalacetats.

Da beim Citratzyklus Elektronen als Endprodukt entstehen und der einzige verfügbare Akzep-
tor Sauerstoff ist, ist der Citratcyklus in hohem Maße Sauerstoffabhängig obwohl im Zyklus
selbst kein Sauerstoff benötigt wird.[1]

4.4. Atmungskette
Der besondere Vorteil aerober Organismen besteht in der Möglichkeit unter Gegenwart von
Sauerstoff Energie zu gewinnen. Dies geschieht in den Mitochondrien deren innere Membran
stark gefaltet ist um eine möglichst große Oberfläche zu erzeugen. Elektronen aus NADH und
FADH2 [1] pumpen Protonen in den Membranzwischenraum und erzeugen so einen Protonen-
gradienten3 sowie ein Membranpotential. Analog einem Speicherkraftwek wird die Energie die
darin steckt genutzt um ATP zu regenerieren. Als Nebenprodukt wird Sauerstoff zu Wasser
reduziert, weshalb diese Form der Energiegewinnung nur in Gegenwart von Sauerstoff möglich
ist.

4.4.1. Oxidative Phosphorylierung


Zwei Reaktionen werden hierbei miteinander gekoppelt, die Oxidation von NADH sowie die
Regenerierung von ATP. Dies geschieht in vier Schritten.

1 KJ
NADH + H + + O −−→ NAD + + H2 O ∆G = −240 (4.1)
2 2 mol

ADP + Pi −−→ ATP + H2 O (4.2)


Da jeder Komplex jeweils nur ein Elektron transportieren kann, zur Oxidation von einem
Molekül Sauerstoff jedoch vier Elektronen notwendig sind, müssen diese gesammelt und verteilt
werden. Dies geschieht durch Enzyme wie die Cytochrom–Oxidase.[1]

Komplex I: NADH Dehydrogenase Die Elektronen die im NADH gespeichert sind werden
auf ein Protein übertragen welches im Zuge dessen Protonen in den Membranzwischneraum
pumpt. Anschließend werden die Protonen auf Ubichinon übertragen.

Komplex II: FADH2 FADH2 wird direkt auf Ubichinon übertragen, wobei keine Protonen
Transportiert werden.

Komplex III: Cytochrom C Die Elektronen werden von Ubichinon auf Cytochrom C über-
tragen, welches eine zentrale Häm–Gruppe besitzt, und durchlaufen diesen Proteinkomplex,
wobei ihre Energie dazu genutzt wird um Protonen nach außen zu pumpen.
3
Der pH im Zwischenraum beträgt 7 und im inneren 7,5
22 4. Energiegewinnung im Stoffwechsel

Energieträger Anzahl Faktor ATP–Gewinn


NADH 31 × 2,5 77,5
FADH2 15 × 1,5 22,5
GTP 8 × 1 8
108

Tabelle 4.1.: Energetische Ausbeute des Abbaus der Palmitinsäure (16 : 0), also 7 × β–
Oxidation und 8 × Citratzyklus

Energieträger Anzahl Faktor ATP–Gewinn


NADH 10 × 2,5 25
FADH2 2 × 1,5 3
ATP 2 × 1 2
GTP 2 × 1 2
32

Tabelle 4.2.: Energetische Ausbeute des Abbaus der Glukose, also Glykolyse, ACoA–Synthese
sowie 2 × Citratzyklus

Komplex IV: Cytochrom Oxidase Die nun energiearmen Elektronen werden dazu genutzt
um Sauerstoff zu Wasser zu reduzieren wobei wieder Protonen nach außen gepumpt werden.

4.5. Harnstoffzyklus
Beim Abbau von Aminosäuren muss Stickstoff entsorgt werden, dies geschieht bei der Transa-
minierung bei welcher die Aminogruppe auf ein Pyruvatmolekül übertragen wird.
Aus den Aminogruppen wird zusammen mit CO2 in der Leber Harnstoff (→ Abbildung 4.5)
gebildet, dazu muss jedoch ATP aufgewendet werden. Diese Energie kann der Organismus im
Hungerzustand jedoch einsparen, indem er NH3 direkt über die Nieren ausscheidet.
Da Stickstoff kaum der Atmosphäre entzogen wird ist der biologische Kreislauf auf solchen
ausgeschiedenen Stickstoff angewiesen um neue Aminosäuren zu synthetisieren, welche letztlich
wieder als Nahrungsbestandteil im Organismus auftauchen[1].

O
||
H2 N — C — NH2

Abbildung 4.5.: Harnstoff, das Diamid der Kohlensäure


23

5. Struktur und Funktion des Genetischen


Codes
Den Grundbaustein für Erbinformationen bilden die Nucleotide, welche sich aus einem Phos-
phat, einem Zucker und einer Base zusammensetzen. Als Basen kommen Adenin, Guanin,
Cytosin, Thymin und Uracil in Frage, als Zucker werden β–Ribose sowie β–Desoxyribose ver-
wendet. Es können bis zu drei Phosphatreste an das Nucleosid angehängt werden, wobei erst
ab dem zweiten Phosphat eine energiereiche Anhydridbindung gebildet wird.
Die Kettenbildung wird durch Enzyme gesteuert und verläuft immer vom 5’–C–Atom zum
3’–C–Atom des nächsten Moleküls. Die Sequenz der Basen wird mit ihren Anfangsbuchstaben
notiert, es ergibt sich ein Code ähnlich dem Binärcode der Computer (→ Tabelle 5.2).

5.1. DNA
Die DNA besteht aus zwei antiparallelen Basensträngen, das heißt das 5’–Ende des einen
Stranges kommt auf dem 3’–Ende des anderen Stranges zu liegen. Die Basen selbst haben immer
feste Partner, so wird Adenin immer mit Thymin und Guanin mit Cytosin gepaart. Die Bindung
der Basen erfolgt durch Wasserstoffbrücken, wobei das Paar TA zwei Brücken bildet während
GC mit drei Wasserstoffbrücken deutlich fester aneinander gebunden ist. Diese Anordnung setzt
voraus das der Komplementärstrang das genaue negativ des Ausgangsstrangs ist[1]. Die Stränge
ordnen sich in der für sie günstigsten Struktur an, welche in diesem Fall eine Doppelhelix ist.
Die planaren Basen liegen dabei immer in einer Ebene. Die Helixstruktur gibt alternierend
große und kleine Einbuchtungen vor. Zur dichteren Packung werden die Helix–Stränge auf
spezielle Proteine aufgewickelt und diese Rollen“ dann zu Chromosomen zusammengelagert.

Als Gen bezeichnet man einen Abschnitt des DNA–Stranges welcher für eine spezifische Infor-
mation, etwa ein bestimmtes Protein, codiert.

5.1.1. Replikation
Um die vorhandene DNA an eine Tochterzelle weiterzugeben muss sie kopiert werden. Dazu
wird der Doppelstrang getrennt, und beginnend am 5’–Ende wird die fehlende Komplementär-
base durch die DNA–Polymerase eingesetzt. Da die beiden Stränge zunächst nicht vollständig
getrennt werden entstehen Replikationsgabeln in denen beide Stränge vom 5’ nach dem 3’–
Ende dupliziert werden. Diese Richtung ist wichtig, da hierbei die Aktivierungsenergie von
der neuen Base kommt und so Fehler einfach hydrolysiert werden können, bei einer 3’ → 5’–
Richtung käme die Energie vom DNA–Strang und ein Fehler würde die Replikation sofort
unterbrechen[1].
Damit die Replikation beginnen kann muss ein 10 basiger RNA–Primer gesetzt werden um der
DNA–Polymerase einen Ansatzpunkt zu bieten, der Primer wird im späteren Verlauf durch
DNA ersetzt[1]. Er ist notwendig da die DNA–Polymerase zwar selbstkorrigierend ist, jedoch
ein 3’–Ende benötigt um anzusetzen, also keine neue Kette aus eigener Kraft starten kann[1].
24 5. Struktur und Funktion des Genetischen Codes

Um die Geschwindigkeit des Prozesses zu steigern liegen auf einem DNA–Strang viele Replikati-
onsgabeln welche den DNA–Strang reißverschlussartig auseinanderbringen bis zwei vollständig
voneinander getrennte DNA–Doppelstränge vorliegen. Dabei ist stets ein neuer mit einem alten
Strang gepaart.
Basen
Die DNA–Polymerase arbeitet mit einer Geschwindigkeit von 1000 Sekunde , kann aber nur in
5’ → 3’ Richtung arbeiten. Zuerst werden die Basen mittels Wasserstoffbrücken aneinander
gebunden, dann erfolgt die Fixierung durch die Phosphodiester–Bindung. Die dazu benötigte
Energie liefert das Nukleotid selbst, welches in seiner aktivierten Form als Triphosphat vorliegen
muss.
Da die DNA in einer Doppelhelix vorliegt, aber nur als gerader Strang dupliziert werden kann
muss die Helix entwunden werden was von der DNA–Helicase gewährleistet wird.

Okazaki–Fragmente Da die DNA–Polymerase nur in eine Richtung arbeiten kann ergibt sich
ein Problem bei der Bildung des Komplementärstranges (lagging strand) der ja entgegengesetzt
gerichtet ist. Dies wird durch ein Steppstich–Verfahren gelöst, bei dem die DNA–Polymerase
auf dem lagging strand immer ein Stück vorgreift und dann rücklaufend polymerisiert. Diese
rücklaufend polymerisierten Abschnitte werden als Okazaki–Fragmente bezeichnet. Da sich
Replikationsgabeln in beide Richtungen öffnen kann nur lokal definiert werden welches der
leading und welches der lagging strand ist.
Beim Zusammenschluss der Okazaki–Fragmente wird der 10 Basige RNA–Primer, welcher für
den Start der Polymerisation notwendig ist, herausgelöst und das entstandene Loch von der
DNA–Ligase mit DNA verschlossen. Der RNA–Primer kann nun an anderer Stelle wiederver-
wendet werden.

Fehlerkorrektur Um die Zahl der Mutationen auf ein Minimum zu begrenzen überprüft die
DNA–Polymerase das gerade eingebaute Nukleotid auf seine Richtigkeit, und sollte ein falsches
Nukleotid1 eingebaut worden sein, so wird ein reverser Schritt unternommen um das Fehler-
hafte Nukleotid herauszuschneiden und anschließend an dieser Stelle mit der Synthese fortzu-
fahren. Die Erkennung eines Fehler erfolgt durch Prüfung der Form, wenn zwei große Basen
zusammenkommen entsteht eine Ausbuchtung, bei zwei kleinen eine Delle und wenn Adenin
mit Cystein kombiniert wird entsteht aufgrund der Geometrie der Wasserstoffbrücken ebenfalls
eine Verformung. Ein weiterer Kontrollmechanismus ist die Konformationsänderung welche die
DNA–Polymerase durchläuft, dieser Schritt wird durch korrekte Basenpaarung begünstigt da
dies energetisch vorteilhafter ist als die Paarung unpassender Basen[1]. Kontrollmechanismen
sind von höchster Wichtigkeit, da bereits eine einzige falsche Base bei der Proteinsynthese zu
einer anderen Aminosäure führt was fatale Folgen haben kann2 .

5.2. Transkription
RNA Da es im Eukaryonten verschiedenste Formen der RNA gibt existieren auch mehrere
RNA–Polymerasen (→ Tabelle 5.1). In Bakterien gibt es nur eine einzige RNA–Polymerase.
Die Synthese erfolgt durch partielle Entwirrung und Öffnung der DNA damit die Information
abgelesen werden kann. Die RNA–Synthese beginnt am 3’ Ende des DNA–Segments damit die
1
Neben einer falschen Base kann dies auch ein Tautomer der richtigen Base sein. In beiden Fällen wird der
Korrekturmechanismus aktiv.[1]
2
Bei der Sichelzellen–Anämie befindet sich genau eine falsche Aminosäure im Hämoglobin!
5.2. Transkription 25

Enzym Liest ab
RNA–Polymerase I Ribosomale RNA rRNA
RNA–Polymerase II Mesenger RNA mRNA
RNA–Polymerase III Transfer RNA tRNA

Tabelle 5.1.: Auftretende Arten der RNA–Polymerase

CH3 — G —
P P
P — RNA–Sequenz — AAA × 150... 200

Abbildung 5.1.: Schematischer Aufbau der mRNA eines Eukaryonten.

RNA in 5’ → 3’ Richtung polymerisiert werden kann, wobei die RNA sofort wieder abgelöst
wird und die Helix sich wieder schließt[1]. Am Beginn des DNA–Segments liegt eine Promotor –
Region an der die RNA–Polymerase erkennt wo sie ansetzen muss, eine Terminator –Region
führt zur Loslösung des Stranges. Die Promotor–Region fungiert hier nur als Markierung und
nicht als Primer[1]. Dies ist darin begründet das die RNA nicht zwingend fehlerfrei sein muss
da hier keine Informationen gespeichert werden, und daher keine Autokorrektur wie bei der
DNA notwendig ist[1]. Bei der Bindung an die Promotor–Region ist das Vorhandensein eines σ–
Faktors3 für die Initiation der Transkription notwendig, da er benötigt wird um den Promotor
ausfindig zu machen. Der σ–Faktor wird sehr bald nach dem Start der Transkription wieder
abgespalten und die Polymerase fährt weiter bis zum Terminator. Die Transkription verläuft
Basen
ineffizient solange der σ–Faktor vorhanden ist, dann mit etwa 50 Sekunde [1].
Als Promotor dient eine spezifische DNA Sequenz welche es RNA–Polymerase und σ–Faktor
erlaubt anzudocken. Der Terminator besteht aus zwei dicht aufeinanderfolgenden Sequenzen
welche sich paaren können und somit ein Nadelöhr“ am ende das Stranges erzeugen.

Die Richtung der Polymerisation hängt vom spezifischen Gen ab, es können also beide Stränge
Transkriptionsaktiv sein.
Sämtliche Transkription findet im Zellkern statt, fertige RNA wird über die Kernporen ins
Zytoplasma gebracht.

mRNA Die messenger–RNA zeichnet sich durch eine besondere Cap–Structur aus. Im Proka-
ryonten ist dies eine Triphosphatgruppe, im Eukaryonten ist die Struktur etwas komplizierter,
außerdem ist an die kodierende Sequenz noch ein Adenosinschweif angehängt (→ Abbildung
5.1). Zur Ausbildung dieser Strukturen sind drei Enzyme notwendig, eine Phosphatase welche
ein Pi entfernt, eine guanyl–transferase welche ein GMP verkehrt herum“ anhängt und eine

Metyl–transferase welche eine Metylgruppe an das Guanosin anhängt[1].

Splicing Da in der DNA viel nichtcodierendes Material enthalten ist muss dieses noch aus
der RNA entfernt werden um effektive Abläufe in der Zelle zu gewährleisten. Man bezeichnet
dabei die Teile der RNA welche das gewünschte Protein codieren als exons und jene die eli-
miniert werden als introns. Introns sind durch bestimmte Sequenzen am Rand und in etwas
Abstand zum Rand gekennzeichnet. Den Vorgang des Entfernens der unerwünschten Kom-
3
Im Eukaryonten sind mehrere Proteine notwendig. Diese werden meist als Trankriptionsfaktor zusammenge-
fasst[1].
26 5. Struktur und Funktion des Genetischen Codes

ponenten nennt man Splicing. Er ist nur bei RNA möglich, da hierfür jene Hydroxylgruppen
nötig sind welche an der DNA fehlen. Um eine hohe Spezifität zu gewährleisten ist Splicing ein
Energieaufwändiger Prozess an dem viele Proteine beteiligt sind[1].
Aufgrund unterschiedlicher Enzyme in unterschiedlichen Geweben kann es auch dazu kommen
das exons mit ausgespliced werden, dies wird als alternatives Splicing bezeichnet. Dies ist der
Ursprung vieler Isoenzyme.

Export Ist eine Fehlerfrei mRNA synthetisiert worden, so wird sie von drei Proteinen gebun-
den welche sie dann durch die Poren bringen: das 5’ cap–binding–Protein, das polyadenosin–
binding–Protein sowie das nuclear–transport–Protein.

Regulation Da es keinen nutzen bringt RNA auf Vorrat zu produzieren sind Regulations-
mechanismen notwendig welche dafür sorgen das genau die RNA synthetisiert wird die auch
gerade benötigt wird.
Ein Operator“–Motiv in der Promotor–Region fungiert als Schalter. Es hat sowohl eine Repressor–

Bindungsstelle als auch eine Aktivator–Bindungsstelle. Nur wenn ein Aktivator und kein Re-
pressor angedockt sind kann eine Translation stattfinden.

5.3. Translation
Bei dem Genetischen Code handelt es sich um einen Degenerierten Code, was bedeutet das
verschiedene dreier–Codons auf ein und die selbe Aminosäure zeigen. So kommen auf 20 Ami-
nosäuren 64 verschiedene Codons, wobei 3 davon Stopp–punkte sind (→ Tabelle 5.2). Auffällig
ist hierbei das sich die Codons für eine Aminosäure meist nur in der dritten Base unterscheiden,
weshalb dies auch oft als wobble base“ bezeichnet wird.

Die Polypeptidsynthese beginnt immer am 5’ Ende mit dem N–Terminus des Proteins welcher
immer ein Methionin ist. Der Leserahmen für die dreier–Codons wird durch das Methionin
festgelegt, welches eindeutig codiert ist.

tRNA Die verschiedenen4 Transmitter–RNA besitzen eine Anticodon–Sequenz welche an ein


spezifisches Codon andocken kann, wobei für die dritte Base etwas Spielraum ist. Die tRNA–
Synthetase liest das Anticodon aus und bindet dann die Aminosäure an das 3’ endständige
CCA–Motiv. Ein Korrekturmechanismus hydrolysiert die Bindung zu falschen Aminosäuren.
In tRNA kommt es zu einer Häufung unkonventioneller Basen wie Inosin5 [1] und Pseudouridin6 .

Ribosomen Die zytosolischen 80S7 Ribosomen8 bestehen aus zwei Untereinheiten, einer großen
60S Einheit aus 49 Proteinen sowie drei RNAs und einer kleinen 40S Einheit aus 31 Protei-
nen und einer RNA. Es gibt eine Vielzahl von Molekülen welche die Proteinsynthese in den
Ribosomen inhibieren können.
Ribosomen besitzen drei Bindungsstellen für tRNA: die aminoacyl–, die peptidyl– und die
exit–site. tRNA durchlaufen die Stellen in dieser Reihenfolge.
4
Die Anzahl ist Abhängig von der Spezies, in Bakterien sind es 31, in Menschen beinahe 500, wobei nur 48
Anticodons verfügbar sind.[1]
5
desaminiertes Adenin
6
Ψ; Statt der N–Glykosidischen Verknüpfung liegt eine C–Glykosidische vor.
7
Svedberg Einheit [S]: Sedimentationskoefizient in der Ultrazentrifuge; nicht additiv. 1S = 10−13 sec
8
In Prokaryonten und Mitochondrien finden sich 70S Ribosomen aus 50S und 30S Einheiten.
5.3. Translation 27

Aminosäure Codon
Alanin Ala A GCA, GCC, GCG, GCU
Arginin Arg R AGA, AGG, CGA, CGC, CGG, CGU
Asparaginsäure Asp D GAC, GAU
Asparagin Asn N AAC, AAU
Cystein Cys C UGC, UGU
Glutaminsäure Glu E GAA, GAG
Glutamin Gln Q CAA, CAG
Glycin Gly G GGA, GGC, GGG, GGU
Histidin His H CAC, CAU
Isoleucin Ile I AUA, AUC, AUU
Leucin Leu L UUA, UUG, CUA, CUC, CUG, CUU
Lysin Lys K AAA, AAG
Methionin Met M AUG
Phenylalanin Phe F UUC, UUU
Prolin Pro P CCA, CCC, CCG, CCU
Serin Ser S AGC, AGU, UCA, UCC, UCG, UCU
Threonin Thr T ACA, ACC, ACG, ACU
Tryptophan Trp W UGG
Tyrosin Tyr Y UAC, UAU
Valin Val V GUA, GUC, GUG, GUU
stop UAA, UAG, UGA

Tabelle 5.2.: Der Genetische Code.[1]


28 5. Struktur und Funktion des Genetischen Codes

Proteinsynthese Eine spezielle, Methionin–beladene Initiator–tRNA, welche nicht der spä-


teren Met–tRNA entspricht, fährt am RNA–Strang beginnend am 5’–Ende entlang bis sie
ein AUG–Motiv findet, dort kann dann die Synthese beginnen, die abgelesenen Aminosäuren
werden mittels tRNA angehängt[1]. Anschließend wird die mRNA um drei Nukleotide wei-
tergeschoben und die nächste Aminosäure an die Peptidkette angehängt[1]. Der Kettenabruch
erfolgt an den Stopcodons durch ein Release–Factor–Protein, welches das Eindringen von Was-
ser in das Ribosom ermöglicht und damit zur Hydrolyse der Aminosäure von der letzten tRNA
führt, was die Kette abbricht. Danach greifen die üblichen Faltungsmechanismen.
Auf einem Strang mRNA sitzt nicht nur ein Ribosom, sondern viele, wobei ein Mindestbstand
von 80 Nukleotiden eingehalten wird[1], man bezeichnet diese als Polyribosome. Da in euka-
ryontischer mRNA Kopf und Schweif miteinander interagieren ist ein Ribosomnach Beendigung
der Transkription in optimaler Position für einen erneuten Durchlauf[1].

Proteasomen Der Proteinabbau wird durch die Addition von Ubiquitin induziert, da dieses
kleine Protein als Signal für den Transport ins Proteasom dient, wo ATP gesteuerte Proteasen
die Peptidkette zerlegen.

5.3.1. Sortierung von Proteinen


Da Proteine an verschiedenen Orten arbeiten, aber alle im Zytosol gebildet werden muss es
Mechanismen geben welche in der Lage sind die fertigen Proteine an ihren Bestimmungsort
zu bringen. Der Zielort des Proteins ist durch eine bestimmte Aminosäuresequenz im Protein
codiert. Der Transport erfolgt dann durch Poren, über Vesikel und durch Membranen hindurch.

Kernporen Auf der Innenseite wie ein Basketballkorb geformte und auf der zytosolischen
Seite mit einem Fibrillenkranz versehene Membranproteine erkennen die basische Aminosäu-
resequenz der Kernproteine und schleusen diese ein.

Mitochondrien Die meisten in den Mitochondrien benötigten Proteine werden nicht von den
hauseigenen Ribosomen erzeugt sonder werden aus dem Zytosol importiert. Die Signalsequenz
bindet an der äußeren Membran an den TOM–Komplex und an der inneren Membran an den
TIM–Komplex, was zu einer Interaktion der beiden führt welche in der Einschleusung des Pro-
teins resultiert. Das Protein wird solange durch das Heat–Shock–Protein 70 (HSP70) unter
Einwirkung von ATP in einem ungefalteten Zustand gehalten. Beim Eintritt ins Mitochondri-
um wird die Signalsequenz abgespalten, verbleibt zunächst in der Membran und wird dann
abgestoßen.

Endoplasmatisches Retikulum Das Ribosom sitzt direkt an der Membran des rauen endo-
plasmatischen Retikulums und führt so zu dessen Namensgebung. Die zuerst synthetisierte
Signalsequenz wird vom endoplasmatischen Retikulum erkannt, und durch die Bindung der
Signalsequenz an einen Rezeptor öffnet sich eine Pore durch welche das Protein direkt ins Lu-
men synthetisiert werden kann. Bei Vollendung wird die Signalsequenz abgetrennt und die Pore
schließt sich. Das fertige, luminale Protein kann nun aufdem Sekretionsweg weitertransportiert
werden. Sollten in der Proteinstruktur Disulfidbrücken vorgesehen sein, so müssen diese im
endoplasmatischen Retikulum gebildet werden.
Membranproteine werden ebenfalls am endoplasmatischen Retikulum synthetisiert. Bei Mem-
branproteinen des Typ I beginnt die Synthese wie bei löslichen Proteinen, allerdings dient eine
5.3. Translation 29

etwa 20 Aminosäuren lange hydrophobe Domäne als stop–transfer–sequence. Das restliche Pro-
tein wird dann auf der zytosolischen Seite weiter synthetisiert. Nach Fertigstellung wird die
Signalsequenz abgespalten und die Pore öffnet sich lateral um das Protein in die Membran
freizugeben.
Bei Typ II Membranproteinen befindet sich irgendwo auf der Kette eine start–transfer–sequence,
gefolgt von einer stop–transfer–sequence — es wird also nur eine Schleife des Proteins in das
Lumen des endoplasmatischen Retikulums eingelagert. Dieser Prozess ist pro Protein auch
mehrmals möglich.

Vesikulärer Transport Vesikel transportieren Proteine vom endoplasmatischen Retikulum


zum Golgi–Apparat und zurück oder weiter zur Plasmamembran. Sie sind umhüllt von den
Proteinen Clathrin, COP I oder COP II. Am Zielort und am Vesikel selbst befinden sich snares
welche zusammenpassen müssen damit die Membranen verschmelzen können, was die hohe spe-
zifität dieser Transportart erklärt. Die Vesikelmembran wird an der Zielorganelle jedoch nicht
assimiliert sondern verschmilzt gerade soweit mit ihr das eine Öffnung entsteht durch welche
das Protein durchtreten kann, danach löst sich das Vesikel und werden über eine bestimmte
Signalsequenz der v–snares zu ihrem Ursprungsort zurückgelotst.
Vesikel werden im Golgi–Apparat sortiert, auf der cis–Seite wird zwischen anterograd und
retrograd unterschieden, auf der trans–Seite wird ein Zielort wie Lysosomen oder Membran
festgelegt.

Qualitätskontrolle Missgefaltete Proteine werden im Lumen des endoplasmatischen Retiku-


lums durch Chaperone gebunden und wenn möglich neu gefaltet, andernfalls hydrolysiert. Be-
sonders häufig ist dies bei mutierten Proteinen notwendig.

Glykosylierung Im endoplasmatischen Retikulum wird die N–Glykosylierung durchgeführt.


Sie bietet den Proteinen Schutz vor Verdauung und als Bestandteil der Glycokalyx der ganzen
Zelle. Dem in der Membran vorkommenden Dolichol ist über eine Phosphodiester–Bindung
ein Glucosemolekül angehängt. Dieses kann während der Proteinsynthese enzymatisch auf das
neue Protein übertragen werden, wobei es immer an Asparagin bindet9 .
In den Lysosomen werden Manosereste zu Manose–6–Phosphat, einem wichtigen Rezeptor,
Phosphoryliert.

Exocytose Beim Auschleusen aus der Plasmamembran verschmelzen Membran und Vesikel
miteinander wobei die luminale Seite nach außen zeigt. Proteine können in Vesikeln gespeichert
werden und bei Bedarf sekretiert werden.

9
Signal: Asn — X (nicht Pro) — Ser/Thr
Teil II.

Histologie
33

6. Struktur der Zelle


Die Zelle ist die kleinste selbstständig lebensfähige biologische Einheit. Sie bildet zusammen
mit der Interzellulären Matrix die Grundstruktur der Gewebe. Gestalt und Dimension der
Zellen sind sehr variabel. Üblicherweise umfassen die Dimensionen der Zellen den Bereich von
4 – 150 µm. Im Organismus zeichnen sich Zellen durch Differenzierung und Spezialisierung aus
und erhalten ihn durch gegenseitige Ergänzung.[7]

6.1. Definitionen
Zytoplasma Besteht aus Zytosol, Zytoskelet, Organellen exklusive Zellkern.

Zytosol flüssige Bestandteile des Plasmas.

Organelle Als Organelle bezeichnet man ein Subkompartiment einer Zelle. Nach der klassi-
schen Definition muss die Struktur membranumhüllt sein.

Endoplasmatisches Retikulum Hierbei handelt es sich um ein Labyrinthartig gefaltetes, mem-


branumschlossenes Kompartment.

Vesikel Kleines membranumhülltes, kugeliges Bläschen.

6.2. Aufbau von Zellmembranen


Zur Abgrenzung wässriger Kompartimente werden Lipidmembranen eingesetzt welche aber
einen Kontrollierten Durchtritt sowohl hydrophiler als auch hydrophober Stoffe zulassen müs-
sen. Da dies nur wenigen Stoffen auf dem Weg der Diffusion möglich ist bedient sich die Zelle
bestimmter Proteine um Transportwege zu schaffen. Die Form der Zelle wird einerseits durch
die Grenzflächenspannung des Wassers, welche eine Kugelform begünstigt, und andererseits
durch den in etwa gleichen Platzbedarf der Lipide auf beiden Seiten, welcher eine planare
Form begünstigt, vorgegeben. Das Ergebnis sind eine vielfältige Bandbreite verschiedenster
Zelltypen die sich an ihre spezielle Aufgabe und Umgebung angepasst haben.

6.2.1. Lipiddoppelschichten
Entstehung Der Ort der Lipidsynthese ist das glatte endoplasmatische Retikulum, wo die
Lipide mithilfe von Enzymen auf der Zytosolischen Seite der Membran eingebaut werden. Sollen
sie später an der exoplasmatischen Seite zu liegen kommen so müssen sie durch Flipasen an die
Innenseite des endoplasmatischen Retikulums gebracht werden. Fertige Abschnitte gelangen
als Vesikel an die Plasmamembran und verschmelzen mit dieser.
34 6. Struktur der Zelle

Aufbau Zellmembranen bestehen vor allem aus Phospholipiden und Cholesterin. Phospho-
lipide bestehen aus einem hydrophilen Kopf und zwei hydrophoben Fettsäureketten. Daher
werden sich Phospholipide in wässrigem Milieu zu bilamellären Membranen ohne freie Rän-
der zusammenlagern. Die hydrophoben Abschnitte weisen dabei zueinander nach innen.[7] Die
Stärke einer Membran betrögt in etwa 5nm.
Die wichtigste Gruppe der Membranlipide sind die Phospholipide. Diese sind Triglyceride an
die zwei Fettsäuren und über einen Phosphodiester ein Rest gebunden sind. Die Fettsäuren
bestehen üblicherweise aus 14 – 24 Kohlenstoffatomen, wobei eine gesättigt ist und die andere
eine cis–π–Bindung aufweist, welche für einen charakteristischen Knick in der Kette sorgt. [1]
Auf Grundlage des Moleküls Spingosin welches eine Kohlenwasserstoffkette mit einer Kopfgrup-
pe die sowohl eine NH2 als auch zwei OH Gruppen enthält, entsteht ebenfalls ein Membranlipid
das den Pospholipiden sehr ähnlich ist, das Spingomyelin. Dabei wird an die NH2 –Gruppe ei-
ne Fettsäure und an die endständige OH–Gruppe ein rest gebunden. Die zweite OH–Gruppe
bleibt dabei frei und trägt zu den polaren Eigenschaften des Moleküls bei. [1]
Cholesterin hat einen relativ großen hydrophoben Anteil der zudem planar ist, was zu einer
partiellen Imobilisation sowie zu einer dichteren Packung der Membran um das Cholesterin
herum führt. Dadurch sinkt die Permeabilität für kleine hydrophile Moleküle. Die Fluidität
wird dadurch nicht beeinträchtigt. [1] Da Cholesterin nicht zu den Amphiphilen zählt kann es
in die Membran einsinken wenn der Anteil der ungesättigten Fettsäuren dies erlaubt. Da diese
nicht synthetisiert werden können ist dies also Ernährungsbedingt.

Fluidität Freie Doppelschichtabschnitte sind energetisch nicht günstig, daher werden diese
sich spontan zu einem Vesikel zusammenrollen“. Dies ist möglich da Phospholipide sich in-

nerhalb einer Membran begrenzt bewegen können. Möglich sind eine seitliche Bewegung, eine
Rotation um die eigene Achse, eine Krümmung und ein Seitenwechsel (Flip–Flop–Bewegung.
Die Flip–Flop–Bewegung ist kinetisch gehemmt da der Hydrophile Anteil die Hydrophobe
Membran durchdringen muss, was in der Regel durch Enzyme (Flipasen) ermöglicht wird.
Dies ist wichtig um eine konstante Erneuerung der Membranlipide zu ermöglichen, da diese
nur auf der dem Zytosol zugewandten Seite ausgewechselt werden können [1].
Die Länge der Lipidmoleküle bestimmt den Temperaturwert an dem die Membran aus der
flüssigen Phase in eine feste Phase übergeht und erstarrt. Die Kettenlänge ist dabei jedoch
nicht der einzige Faktor, denn auch das Auftreten von cis–π–Bindungen und Cholesterin sorgen
für eine geringere Packungsdichte und somit für einen niedrigeren Schmelzpunkt. [1]

Vesikel Kleinere Membranstücke formen Hohlkugeln mit einem Lumen von 25 – 100 nm.
Diese können von den Zellen genutzt werden um Bausteine durch Membranen zu schleusen da
sich die Vesikel mit der Zellmembran verbinden können, so wandert das Lumen auf die andere
Seite der Membran. Sowohl Vesikel als auch Micellen können ebenso dazu genutzt werden Gase
zu transportieren.

Asymetrie Membranen sind nicht Seitengleich, man unterscheidet daher die nach außen bezie-
hungsweise zum Lumen des Kompartments gerichtete Exoplasma–Seite und die Protoplasma–
Seite. Phosphatidylcholin und Sphingomyeline befinden sich vermehrt in der E–Schicht, Phos-
phatidyläthanolamin vermehrt in der P–Schicht. Glykolipide befinden sich ausschließlich an
der E–Seite, Phosphatidylserin ausschließlich auf der P–Seite. [7]
6.2. Aufbau von Zellmembranen 35

Das Oligosaccheridseitenketten nur an der extrazellulären Seite der Membran auftreten ist To-
pologisch bedingt da diese im Endoplasmatischen Retikulum entstehen und auf der Innenseite
der Transportvesikel eingebaut werden. Wenn diese dann im Ausschleusungsprozess mit der
Zellmembran verschmelzen wandern die Seitenketten an die Extrazelluläre Seite der Membran.
Negative Ladungen sind nie exponiert, es sei denn es liegt eine Verletzung vor. Daher dienen
negative Ladungen an der Außenseite der Membran als Signal für Gerinnungsfaktoren.

6.2.2. Membrandomänen
Membrandomänen entstehen durch die Trennung von Membranen durch Diffusionsbarrieren
die verhindern das Membranlipide und –proteine durch Lateraldiffusion[7] in einen anderen
Bereich der Membran wandern.

6.2.3. Glycokalyx
Unter einer Glycokalyx versteht man die Oligosaccheridschicht die sich um eine Zelle herum
ausbildet. Durch ihre starke Wasserbindung bildet sie eine eigene Phase welche die Zellmem-
bran vom Exoplasma abtrennt. Daher fungiert sie einerseits als Schutzschicht gegen ungeeignete
pH–Werte und abbauende Enzyme[1], bietet andererseits aber Nährboden für bestimmte Bak-
terien. Auch verhindert sie unerwünschte Proteininteraktionen im Exoplasma[1]. Besonders
ausgeprägt ist diese Schutzschicht auf Epithelzellen[7], etwa im Dünndarm. Auch dient sie der
Interaktion mit anderen Zellen, etwa Imunzellen oder auch zwischen Spermium und Eizelle.
Die Bildung erfolgt im Golgi–Apparat, in dessen Lumen das gleiche Milieu herrscht wie im
Exoplasma. An die Zelloberfläche gelangen die Moleküle dann mithilfe von Vesikeln. Eine
besondere Rolle spielen Ladungstragende Zuckereinheiten da diese auf das Elektrische Feld der
Zelle wirken, was besonders bei Nervenzellen von großer Bedeutung ist. [1]

6.2.4. Membranproteine
Membranproteine werden nach ihrer Funktion klassifiziert, am wichtigsten sind Transport-
proteine, Verbindungsmoleküle, Rezeptoren1 und Enzyme. Proteine können aus Membranen
mithilfe milder Detergentien, etwa SDS[1] oder Triton–X–100 herausgelöst werden.

Transmembranproteine Sie durchspannen die Membran mindestens einmal. Es handelt sich


dabei in der Regel um Rezeptoren und Transportproteine wie etwa Ionenkanäle. Sie durchtreten
die Membran in der Regel als α–Helix mit einer Sequenz von 20 Aminosäuren, es ist aber auch
eine aufgerollte β–Faltblatt Struktur möglich welche als β–barrel bezeichnet wird.

Verknüpfung mit einem Lipid Ein Protein ist chemisch an ein Membranlipid gebunden. Die
Bindung erfolgt am N–Terminus des Proteins, es sind aber auch Thioester oder Thioether
möglich.

Bindung an ein Protein Ein Protein ist an ein Membranprotein gebunden, meist durch aus-
bilden einer Quartärstruktur.
1
Durch Koppelung mit einem Molekül an der Außenseite wird an der Innenseite ein Signal ausgelöst.
36 6. Struktur der Zelle

6.3. Intrazellulärer Transport


Transport durch Kernporen
→ Kapitel 6.5.2 auf Seite 37.

Transport durch die Membran


6.3.1. Transport in Vesikeln
Der Transport in Vesikeln findet zum einen beim Einschleusen von Proteinen aus dem Ex-
trazellularraum statt, zum anderen beim Transport neu synthetisierter Proteine aus dem En-
doplasmatischen Retikulum in den Golgi Apparat und von dort weiter um entweder in den
Lysosomen gelagert oder an der Plasmamembran verbaut oder sezerniert zu werden. Der Be-
stimmungsort wird dabei durch ein Signalpeptid geregelt, dessen Sequenz das Ziel festlegt (in
diesem Fall das ER–Signalpeptid).

Vesikelbildung Bei einem ansteigen der Konzentration von Rezeptor–Liganden an der Innen-
membran kommt es zur Ausbildung einer Membrandomäne durch Einbau von Coat–Proteinen
(COP I und II, letzteres bei retrogradem Transport) in die Membran. Der so gebildete coat“

wird erst abgeschnürt und dann von der abgetrennt und treibt dann als Vesikel im Proto-
plasma. Das Vesikel kann nun an der Zielmembran andocken“ und mit ihr verschmelzen. Das

Lumen des Vesikels wird so durch die Membran geschleust. Erkennung und Endannäherung an
die Membran wird durch Snares gesteuert, kleine Auswüchse die sowohl auf der Vesikelober-
fläche (vesicle snare) als auch auf der Zielmembran (target snare) zu finden sind. Die Snares
sind spezifisch, das heißt bestimmte v–snares passen nur zu spezifischen t–snares, dadurch kann
gesteuert werden welches Vesikel wohin sezernieren kann.
Das verschmelzen zweier Membranen wird ebenfalls durch snares gesteuert, etwa die Verschmel-
zung von Spermium und Eizelle oder die Kontamination durch einen Virus. In allen Fällen
übernehmen snares die Steuerung der Endannäherung bis zur Unterschreitung des Abstandes
von 1,5 nm bei dem die Membranen Spontan miteinander Verschmelzen.

Retrograder Transport Die KDEL–Rezeptoren dienen der Rückführung von fälschlicherweise


aus dem Endoplasmatischen Retikulum ausgeschiedenen Proteinen aus den cis–Zisternen des
Golgi Apparates mittels der Golgi Vesikel.

6.4. Zytoskelet
6.4.1. Mikrotubuli
Mikrotubuli bestehen aus α/β Heterodimeren, dem Tubulin.
Mikrotubuli sind durch Verbindungsproteine untereinander vernetzt, sie sind nicht der ständi-
gen Reorganisation ausgesetzt. Da sie sich abgesehen davon frei gegeneinander bewegen können
kommt es zur reversiblen Krümmung, wie sie beim Flimmerepithel zu beobachten ist. Intrazel-
lulär dienen sie dem Transport von Organellen und verlaufen parallel zur lateralen Membran,
das +–Ende ist dabei zur Basallamina gerichtet.
6.5. Zellorganellen 37

6.4.2. Intermediärfilamente
Intermediärfilamente bilden ein Netzwerk das über die Begrenzungen der Zelle hinausgeht.
Sie verhindern dass der Zellverband bei mechanischer Einwirkung auseinanderbricht indem sie
nach einer geordneten seitlichen Ausdehnung die Rückkehr in die Ursprungslage ermöglichen.
Es werden verschiedene Arten beobachtet, so enthalten alle Kernhaltigen Zellen Kernlami-
ne. Im Zytoplasma finden sich diverse weitere Arten, Keratine in Epithelien, Vimentin (und
Vimentinähnliche) im Bindegewebe (auch Muskeln und Neuroglia) sowie Neurofilamente in
Nervenzellen.

6.4.3. Aktinfilamente
Etwa 5% des gesamten Zellproteins besteht aus Aktin, welches in zwei Formen vorliegt, mo-
nomeres (auch globuläres) und polymeres (filamentöses) Aktin. Die Eigenschaften des Aktins
können durch Aktinbindende Proteine beeinflusst werden. Eine Polymerisation erfolgt bevor-
zugt am +–Ende und kann durch Cystocholastin gehemmt werden. Im Gegenzug kann die
Depolymerisation durch Jasptakinoid gehemmt werden. Aktin ist für die Zelle Formbestim-
mend, und daher zu einem gewissen Grad auch Funktionsbestimmend.
Durch ständige reorganisation der Aktinfilamente in Lamelipodien bzw. Filopodien kommt es
zu einer Wanderung der Zelle. Dabei wird an einem Ende Depolymerisiert und das auf diese
Weise freigesetzte G–Aktin wird am anderen Ende wieder verbaut.
Zotten, Lamellen und Krypten sind ebenfalls aktinhaltig und daher beweglich.

6.4.4. Motorproteine
Myosin ist ein Protein mit einem Speziellen Kopfteil welches mittels ATP ein abknicken er-
möglicht. Durch Bindung an dieses Kopfteil und einem Anschließendem Abknicken kommt es
zu einer gerichteten Bewegung des Liganden welcher Üblicherweise ein Aktinstrang oder ein
Vesikel ist. Verdrillt man zwei Myosinstränge miteinander in einer α–Helix so erhält man das
Myosin II welches aufgrund zweier Köpfe Leistungsfähiger ist, jedoch nur noch dem Aktin-
transport dient und zu Filamenten weiter verdrillt werden kann.

6.5. Zellorganellen
6.5.1. Plasmamembran
Die Plasmamembran umschließt das Protoplasma, welches durch weitere Membranen in kom-
plexe Reaktionsräume — sogenannte Kompartimente — unterteilt wird. Diese sind in ihren
Aufgaben sehr Differenziert [7]. Sie besteht aus speziellen Lipidmolekülen welche sich auch
unter künstlichen Bedingungen spontan zu einer Membran zusammenlagern. Diese Lipide sind
alle amphiphil, besitzen also sowohl einen hydrophilen als auch einen hydrophoben Anteil. Ne-
ben Cholesterin und Glykolipiden, welche eine weniger bedeutende Rolle spielen, bestehen
Membranen hauptsächlich aus Phospholipiden und Spingomyelin. [1]

6.5.2. Der Zellkern


Zellkern Der Zellkern einer Eukaryontenzelle zeichnet sich durch eine Doppelmembran aus,
was diese Zellen von einfacher gebauten Zellen (etwa Bakterien) unterscheidet[7]. Dabei geht
38 6. Struktur der Zelle

die äußere Schicht in des Endoplasmatischen Retikulum über. Die Membran ist an einigen
Stellen unterbrochen um Durchtritt für bestimmte Makromoleküle zu gewähren.
Der im Kern enthaltene Nukleulus ist keine abgegrenzte Zellorganelle da die dafür definitorisch
notwendige eigene Membran fehlt.

Chromatin Der restliche Zellkern ist gefüllt mit Chromatin, welches nichts anderes ist als
Proteinverpackte DNA–Stränge. Dabei entspricht ein Chromatinstrang einem Chromosom.
Chromatin unterscheidet sich im Packungsgrad, dicht gepacktes Chromatin — sogenanntes
Heterochromatin — ist transkriptionsinaktiv, etwa ein X–Chromosom bei Frauen. Locker ge-
packtes Chromatin, Euchromatin ist transkriptionsaktiv, allerdings werden nur circa 10% aktiv
transkribiert. Die Packung (Kondensation) entsteht durch Wicklung der DNA–Doppelhelix um
Proteinscheiben“, welche dann dicht zusammengelagert werden und ein Chromosom bilden.

Nukleulus Chromosomen werden mit einem Ende an der Kerninnenmembran fixiert, das
transkriptionsaktive, lockere Ende ragt in das Kernlumen hinein. Dadurch entsteht ein Bereich
von lockererer packung innerhalb des Kerns, die Nukleulus Organisator Region (NOR).

Kernporen Um große Proteine durch die Kernmembran zu schleusen bedient sich die Zelle
der Kernporen, welche sehr regelmäßig auf der Membran angeordnet sind. Im geschlossenen
Zustand verhindern diese ein Durchtreten von Molekülen die schwerer als 50000 u sind, für
kleinere Moleküle sind sie ständig frei permeabel. Da Proteine nur unter Aufwendung von
ATP durchgeschleust werden können ist es der Zelle möglich zu kontrollieren welche Moleküle
wann die Membran durchschreiten. Dazu bindet ein Rezeptor an das zukünftige Kernprotein
und löst bei Näherung an die Pore deren Öffnung aus. Nachdem er sich im inneren des Kerns
wieder gelöst hat kann er die Pore frei passieren und das nächste Protein Importieren, oder er
kann ein Protein aus dem Kern ins Zytoplasma Exportieren.

6.5.3. Endoplasmatisches Retikulum


Man unterscheidet ein Raues und ein glattes Endoplasmatisches Retikulum.
Es handelt sich dabei um ein stark gefaltetes System welches um den Kern herum angesiedelt
ist und sich von dort bis zur Plasmamembran zieht und Ständig in Bewegung ist. Es dient unter
anderem der Synthetisierung von Proteinen, welche durch Vesikel aus der Zelle ausgeschleust
werden können.

Raues Endoplasmatisches Retikulum Es dient der Synthese von Membran– und sekretori-
schen Proteinen, der N–Glykosylierung, der Bildung von Disulfidbrücken und der Qualitäts-
kontrolle der entstandenen Proteine.
Die Proteinsynthese beginnt an freien Ribosomen durch anhängen von mRNA. Das Peptid be-
ginnt mit der ER–Sequenz welche die Koppelung an das Endoplasmatische Retikulum bewirkt.
Dadurch ergibt sich das Bild einer rauen Struktur im Mikroskop die namensgebend ist. Die
Fertige Proteinkette wird in das Lumen transloziert wo es dann entweder durch Abspaltung
des Signalpeptids löslich gemacht oder durch Integration einer hydrophoben Sequenz in die
Membran dort verankert wird.
Bei der N–Glykosylierung wird in wachsende Peptidketten ein Oligosaccheridblock eingebaut
der für alle Proteine ähnlich ist.
6.5. Zellorganellen 39

Das Enzym Proteindisulfidisomerase regelt die Bildung von Disulfidbrücken welche zur Aus-
bildung der Tertiärstruktur notwendig sind.
Kommt es zu einer Fehlfaltung in einem Protein, so wird dieses unter Aufwendung von ATP
durch Chaperone zurechtgerückt, oder wenn dies nicht möglich ist entfaltet. Kann ein Protein
nicht repariert werden so wird es dem Abbau zugeführt.

Glattes Endoplasmatisches Retikulum Diese Struktur geht fliesend aus dem rauen endo-
plasmatischen Retikulum über und besteht aus kleineren Tubuli die permanent neu formiert
werden. Bei großer Beanspruchung besteht die Möglichkeit der Vergrößerung und Ausbildung
spezialisierter Bereiche.
Eine Funktion des glatten endoplasmatischen Retikulums ist die Lipidsynthese in welcher Cho-
lesterin zu Steroidhormonen umgeformt wird. In Leberzellen hat es noch differenziertere Auf-
gaben (→ Kapitel 8.1) und in Muskelzellen kommt es zur Ausbildung des Sarkoplasmatischen
Retikulums welches als Ca 2+ –Speicher für die Muskelkontraktion dient.

6.5.4. Golgi Apparat


Hierbei handelt es sich um einen Stapel einzelner Zisternen die einem Hamburger ähnlich
angeordnet sind. Die Funktion des Golgi Apparates dient aber nicht der Gewichtszunahme
sonder vielmehr übernimmt er Proteine aus dem Endoplasmatischen Retikulum, modifiziert
diese und gibt diese dann wieder ab. Die Aufnahme erfolgt auf der unreifen, cis Seite an
der die Golgi–Vesikel ins Zelllumen abgegeben werden. Die Proteine durchlaufen die Medialen
Zisternen und gelangen auf die reife, trans Seite, wo sie nach durchlaufen der trans–Zisternen
und des trans–Golgi–Netzes in sekretorischen Vesikeln abgegeben werden. Man spricht von
Sezernierung.
Die einzelnen Zisternen sind auf ihre Aufgaben spezialisiert, nur so ist es dem Golgi Apparat
möglich seine Funktion der Synthese und/oder Modifikation von Proteinen, Glykoproteinen,
Proteoglykanen, Lipoproteinen und Glykolipiden nachzukommen. Auch werden die Proteine
nach ihrem Bestimmungsort sortiert“. Der Transport von einer Zisterne zur nächsten erfolgt

wiederum über Vesikel.

6.5.5. Weiter Organellen


Mitochondrien Diese Organelle besteht ebenfalls aus zwei Membranen, wobei die innere
Membran stark eingestülpt ist um die Oberfläche groß zu halten. Das innere der Mitochondrien
enthält ebenfalls Ribosomen. Ihre Hauptaufgabe ist die Synthese von ATP.

Lysosomen Eine einzige Membran umschließt diese Organelle in deren Innenraum ein saures
Milieu herrscht. Sie dienen dem Abbau von abgenutzten Organellen und Fremdmaterial im
Zellplasma sowie der Freisetzung von Nährstoffen die in diesen Prozessen gewonnen wurden.

Vesikel Sie dienen dem Transport von Stoffen durch die Zellmembran. Man unterscheidet
sekretorische und endosome Vesikel, je nach Transportrichtung. Oft dienen Vesikel auch als
Speicherort für Syntheseprodukte die dann nach Bedarf freigesetzt werden können.
40 6. Struktur der Zelle

Peroxysomen Diese kleinen Organellen sind ebenfalls von einer einzigen Membran umschlos-
sen. Hier werden meist toxische organische Moleküle durch molekularen Sauerstoff oxidiert,
aber auch Wasserstoffperoxid abgebaut oder im Bedarfsfall auch synthetisiert. Wichtiger ist
aber wohl noch die β–Oxidation von Fettsäuren und der Beginn der Biosynthese von Plasma-
logenen, welche die wichtigsten Bestandteile des Myelins sind.

Cilien Wimpernähnliche Fortsätze die aus Mikrotubuli bestehen, vorkommen hauptsächlich


in Flimmerepithel. Sie zeichnen sich durch Peitschenartige Bewegungen aus, und dienen der
Bewegung von Flüssigkeit oder Substanzen über ein Epithel.

Flagellen auch Geißeln, Mikrotubulistruktur die die Spermien vorantreibt.

Sowohl Cilien als auch Flagellen ist zu eigen das sie aus zwei einzelnen zentralen Mikrotubului
bestehen, um den ringförmig neun Mikrotubulipaare angeordnet sind an die die äußeren und
die inneren Dyneinarme angeschlossen sind.
41

7. Zellteilung
Zur kontinuierlichen Erneuerung des Organismus entstehen ständig neue Zellen während alte
abgebaut werden. Da es viel zu Umständlich wäre neue Zellen von Grund auf neu zu bauen
behilft sich die Natur mit der Teilung bereits bestehender Zellen. Dieser Zyklus dauert unter-
schiedlich lang, so teilen sich die Zellen des Dünndarmepithels alle 12 Stunden, während sich
Leberzellen jährlich erneuern.

7.1. Mitose
In der Regel findet die Zellteilung derart statt das das gesamte genetische Material zunächst
verdoppelt und anschließend gleichmäßig verteilt wird. Bei diesem Vorgang spricht man von
der Mitose, welche sich in mehrere Phasen aufteilt (→ Abbildung 7.1).

pre–synthetic gap Ein Chromosom entspricht hier einem Chromatinfaden.

Synthesephase Verdoppelung der Gene, ein Chromosom entspricht hier zwei Schwesterchro-
matiden.

Prophase Verdichtung der Chromosomen, Aufbau des Spindelapparates um die Zentrosomen

Prometaphase Auflösung der Kernmembran, Chromosomen verbinden sich mit Mikrotubuli


welche von den Zentrosomen ausgehen. Spindel–MT: freisetzung der Chromosomen

Metaphase Einpendeln in Äquatorialebene (Mittelebene zwischen den Spindelpolen). Die


Halbwertszeit der Mikrotubuli beträgt hier nur 15 Sekunden.

Interphase G 1 pre–synthetic–gap
S Synthesephase
G 2 pre–mitotic–gap
Teilung M I Prophase
II Prometaphase
III Metaphase
IV Anaphase
V Tidephase
VI Zytokinese

Abbildung 7.1.: Phasen der Mitose


42 7. Zellteilung

Anaphase Synchrone Trennung der Schwesterchromatiden, ziehen der hälften zu den Spin-
delpolen, auseinanderwanderung dieser, , Entladung der Spindel

Tidephase Bildung neuer Kernmembranen um die Chromatiden, centrosol außerhalb, Bil-


dung eines Schnürrings.

Zytokinese Einschnürung der Plasmamembran am Aktin–Myosin–Ring bis hin zur spontanen


Verschmelzung

Spindelapparat Die −–Enden der Mikrotubuli befinden sich am Zentrosom, die +–Enden in
der Peripherie, Mikrotubuli die in die Peripherie reichen heißen astrale Mikrotubuli. Die beiden
Spindeln sind über Motorproteine (polare Mikrotubuli) verbunden um ein auseinanderwandern
zu ermöglichen. Die beiden Pole sind über Kinetochormikrotubuli miteinander Verbunden. Als
Kinetochor bezeichnet man die Region in der die Chromatiden noch miteinander verbunden
sind.
Alle beteiligten Mikrotubuli sind einem dynamischen Auf– und Abbau unterworfen ohne den
die Trennung der Chromatiden nicht möglich wäre.

Metaphasechromosomen Diese Zwischenstufe der Chromosmen zeichnet sich durch dichteste


Packung aus und kann stabilisiert werden. Im Bereich der Zentrosomen befindet sich eine
Einschnürung die das Chromosom in lange (Q–) und kurze (P–) Arme teilt. An den Enden der
Ketten befinden sich DNA–Sequenzen die rein dem Schutz des Chromosoms dienen.

7.2. Meiose
Bei der Verschmelzung von Spermium und Eizelle muss der Chromosomensatz reduziert wer-
den, dies geschieht durch die Meiose oder auch Reifeteilung.
Es kommt hierbei zur DNA–Replikation, wobei die duplizierten Homologen Chromosomen
miteinander gepaart werden, und anschließend zur Rekombination (Crossing–Over). Hier lie-
gen die Chromosomen nebeneinander und es werden Gen–Sequenzen ausgetauscht, allerdings
können nur gleiche Orte im DNA–Strang tauschen. Dies führt zur Schaffung komplett neuen
Gen–Materials.
In der ersten Meiotischen Teilung werden nun zwei Zellen mit nicht identen Schwesterchromati-
den gebildet, bei denen in der zweiten Meiotischen Teilung die Schwesterchromatiden voneinan-
der Getrennt werden. Dadurch entstehen vier Zellen mit völlig unterschiedlichem Gen–Material
(haploide Zellen).
43

8. Spezialisierte Zellen des Verdauungstraktes


8.1. Leber
In der 1,5 kg schweren Leber finden sich vier Zelltypen, von denen die Hepatozyten mit etwa 50%
den größten Anteil bilden. Des weiteren kommen Kupffer–Zellen, Itozellen und Endothelzellen
vor.

Hepatozyten Leberzellen besitzen die Form eines sechseckigen würfelartigen Körpers mit si-
nosidalen Membranen an den Seiten. In ihrem glatten endoplasmatischen Retikulum werden
aus Cholesterin Gallensäuren gebildet und Lipohile Pharmaka oder Metabolite in hydrophile
Produkte umgewandelt welche dann mittels spezieller Detergentien in Blut oder Darmlumen
sezerniert und dann in Urin oder Kot ausgeschieden werden. Dieser Vorgang dient der Entgif-
tung des Organismus. Weiterhin stimuliert das Hormon Insulin die Umwandlung von Glucose
in die Speicherform Glykogen.

Kupffer–Zellen In diesen werden verschiedene Stoffe durch Makrophagen abgebaut.

Itozellen Diese dienen der Speicherung von Fetten sowie Fettlöslichen Substanzen.

8.1.1. DISSEscher Raum


Zwischen Endothel und Hepatozyten liegt ein Raum in dem Moleküle frei Diffundieren können.
Er enthält Itozellen.

8.2. Gallenwege
Die Oberfläche der Gallenwege besteht aus einem Hochprismatischen Epithel.
Teil III.

Bakterien und Viren


47

9. Bakterien
Im Vergleich zu Eukaryonten besitzen einfachere Lebensformen wie Prokaryonten keinen Zell-
kern, das genetische Material schwimmt frei im Zytoplasma. Als äußere Abgrenzung besitzen
sie entweder eine zweite Membran oder eine Zellwand.
Es werden verschiedene Gattungen von Bakterien unterschieden, wobei man diese Unterschei-
dung nach dem Mechanismus der Energiegewinnung oder der Form treffen kann.

9.1. Aufbau
Wie schon erwähnt schwimmt das Genmaterial frei im Zytoplasma, außerdem gibt es Ringför-
mige DNA–Ketten, sogenannte Plasmide welche eine gesonderte Rolle spielen. Die Ribosomen
sind mit 70S (→ Kapitel 5.3) etwas kleiner als im Eukaryonten. Zusätzlich zur Plasmamembran
gibt es noch eine äußere Membran oder eine Zellwand.

9.1.1. Flagellen und Pili


Um sich aktiv fortzubewegen sind Bakteien mit Flagellen ausgestattet, welche wie eine Schiffs-
schraube arbeiten. Verankert sind sie in der Membran wo sie von Motorproteinen angetrieben
werden. Dafür sind jedoch bestimmte Signale nötig.
Zur Anheftung an eine Wirtszelle dienen die Pili welche dünner und kürzer sind als die Fla-
gellen. Sie werden in der inneren oder der äußeren Membran verankert.

9.1.2. Äußere Begrenzung


Die Membranen von Bakterien enthalten vielfältige Proteine. Permeasen sorgen für einen ak-
tiven Transport von Nährstoffen, Biosynthese–Enzyme in Gram–Positiven Bakterien erzeugen
Murein, sekretorische Proteine setzen Toxine frei und Sensoproteine erfassen die Umwelt. In
aeroben Bakterien finden sich zusätzlich die Enzyme für die Atmungskette.

Zellwand Die Zellwand besteht aus Polymeren welche aus N–Acetylmuraminsäure und N–
Acetylglucosamin bestehen. Die Polymerestränge werden über Aminosäureketten miteinander
verknüpft, weshalb die Schicht als Peptidoglykanschicht bezeichnet wird. Sie macht 30% der
Trockenmasse eines Bakteriums aus. Die äußerste Begrenzung wird durch Teichonsäure gebil-
det, welche bei Makrophagen die Zytokinproduktion einleiten.
Sie dient zum Schutz, dem Abfangen von Druckdifferenzen, der Formerhaltung und der Adhä-
renz. Eingebaute Proteine ermöglichen die Kommunikation der Zelle nach außen.
Peptidoglykane können durch das Eukaryontische Enzym Lysozym gespalten werden, welches
in Speichel, Tränen und Phagozyten vorkommt. Dadurch wird die Permeabilität der Zellwand
für Wasser erhöht. Je nach Milieu steigt der osmotische Druck in der Zelle bis sie platzt oder
er fällt und die Zelle wird aus ihrer Hülle herausgesaugt“.

48 9. Bakterien

Doppelmembran Die äußere Membran ist komplett verschieden von der inneren Membran
und im Zuge dessen auch permeabler. In beide Membranen sind Proteine eingebaut welche sie
miteinander Verknüpfen. des weiteren finden sich Porine, Transportproteine und Haftstruktu-
ren.

9.1.3. Gramfärbung
Die Gramfärbung ist eine Unterscheidungsmöglichkeit zwischen Bakterien mit Zellwand und
Doppelmembran, daher kategorisiert man Bakterien auch als Gram+ oder Gram−.
Zunächst werden die Bakterien mit Kristallviolet, dann mit Jodlösung angefärbt und anschlie-
send mit Ethanol gespült. Da die Zellwand wesentlich weniger Permeabel ist kann der Farbstoff
das Bakterium nicht mehr verlassen, die Zelle bleibt gefärbt und ist damit Gram+.

9.2. Lebenszyklus
9.2.1. Stoffwechsel
Bakterien erhalten ihre Nährstoffe durch die Oxidation hochmolekularer Substanzen, was sie
jedoch vom Eukaryonten unterscheidet ist der Oxidationsweg, für den es verschiedene Möglich-
keiten gibt. Erfolgt die Oxidation durch freien Sauerstoff, so spricht man von aeroben Bakterien.
Es gibt jedoch auch die Möglichkeit anorganisch gebundenen Sauerstoff (anaerob) oder einen
organischen Wasserstoffakzeptor (Gärung) zu verwenden.

9.2.2. Sporenbildung
Werden in der Umgebung eines Gram+ Bakteriums1 die Nährstoffe knapp, so hat es die Mög-
lichkeit sich zur Spore umzuwandeln bis ein Überleben wieder gesichert werden kann. Dazu wird
im inneren des Bakteriums die Spore entwickelt, man bezeichnet sie als Endospore. Ist diese
fertiggestellt, so stirbt die Zelle darum ab während die Spore mitsamt ihrer RNA sowie allen
für Transkripiton und Replikation notwendigen Enzymen überlebt bis die Umweltbedingungen
die Rückbildung zum Bakterium erlauben, dann erfolgt diese. Die extreme Beständigkeit der
Spore ist auf die starke Vernetzung der DNA sowie der Proteine durch Dipicolinsäure, auf den
geringen Wassergehalt und auf die feste Sporenwand, welche später zur Zellwand wird und
schwer hydrolysierbar ist, zurückzuführen.
Zur Rückbildung müssen Enzyme die äußersten Schichten der Sporenwand abbauen damit Was-
ser einströhmen kann was dazu führt das die Vernetzung von DNA und Proteinen aufgehoben
und die Dipicolinsäure ausgeschieden wird.

9.2.3. Vermehrung
Die Erbinformationen in Bakterien bestehen zum einen aus Haploiden Chromosomensätzen
und zum anderen aus Ringförmigen Plasmiden, welche kleine, zirkuläre DNA–Stränge wel-
che unabhängig der Chromosomen im Bakterium vorliegen. Plasmide werden in einem rolling
circle–Verfahren transkribiert. Sie sind nicht essentiell und dienen unter anderem der Verer-
bung von Resistenzen oder der Änderung eines nicht pathogenen Stammes in einen pathogenen
Stamm.
1
Beispiel: Chlostridien (anaerob), Bazillen (aerob)
9.3. Pathogenität und Virulenz 49

Gentransfer Um in einem Bakterienstamm von einzelnen Individuen erworbene Fähigkeiten


— hauptsächlich Resistenzen — dem Kollektiv zugänglich zu machen muss eine Möglichkeit
bestehen die notwendigen Gene zu übertragen, um etwa den ganzen Stamm Resistent zu ma-
chen.
Bei der Transformation wird nackte DNA von einem Bakterium in ein anders Übertragen,
fragmentiert und in das Genom der Empfängerzelle integriert.
Wird DNA durch Bakteriophagen übertragen, so spricht man von Transduktion. Hiebei kann
es vorkommen das bei der folgenden Replikation der Phage bakterielle DNA mit der Phagen
DNA vermischt wird und der Phage so essentielle Gene fehlen. Solche Phagen können sich in
der Regel nicht vermehren und sind somit nicht infektiös.
Kommt es zur DNA–Übertragung mittels Zell–Zell–Kontakt, so spricht man von Konjugation.
Dabei werden Zellen durch einen Fertilitätspilus, welcher im Fertilitäts–Plasmid codiert ist,
miteinander verbunden und so Erbinformation — inklusive F–Plasmid — übertragen.

Bakteriophagen Das Prinzip des Virus gibt es auch für einzellige Lebensformen, wo es sich
in den Bakteriophagen äußert. Diese besitzen keine eigene Membran, sondern nur eine Protein-
hülle. Haben sie ihre Gene erst in ein Bakterium eingebracht, so ist dieses durch die Phagen—
Enzyme dazu gezwungen die Phagenbestandteile zu synthetisieren, und damit die Phage zu
replizieren.

9.3. Pathogenität und Virulenz


Als Pathogenität bezeichnet man die Fähigkeit eines Erregers eine Erkrankung hervorzurufen,
das Ausmaß der krankheitserzeugenden Eigenschaften nennt man Virulenz.

9.3.1. Virulenzfaktoren
Adhäsive Sie ermöglichen die Anheftung an eine Wirtszelle. Haftelemente auf der Oberfläche
dieser passen zu einem Gegenstück auf dem Bakterium. Bei Gram–positiven Bakterien sind
dies Meist Proteine der Zellwand, bei Gram–Negativen Bakterien werden Pili und Fimbrien
zur Anheftung eingesetzt.

Invasionsfaktoren Diese dienen dem Eindringen und der Verteilung des Erregers im Wirt
mittels Exoplasmatischer Enzyme wie etwa Hyaluronidase2 oder Coagulase3 .

Toxine Toxine sind sowohl sehr Krankheitsspezifisch als auch sehr Wirkortspezifisch. Die
Einteilung erfolgt entweder geschädigtem Zelltyp oder nach Wirkungsmechanismus4 .
Toxine werden vom Bakterium sezerniert und über rezeptorgesteruerte Endozytose in die
Wirtszelle eingebracht. Dort gelangen sie über die retrograden Transportwege in das Endo-
plasmatische Retikulum wo das Toxin in eine Enzymatische und eine nun nicht mehr benötigte
Bindende Untereinheit gespalten wird.
2
Auftreten bei Streptokokken
3
Der blutgerinnungsfördernde Faktor des Staphylococcus Aureus
4
Membranschädigende Toxine sind in ihrer Wirkung oft analog bestimmter Enzyme, während AB–Toxine eine
Änderung von Zellfunktion und Proteinsynthese hervorrufen.
50 9. Bakterien

Endotoxine Dies sind unspezifische Toxine die eher allgemeine Symptome wie Schwäche,
Schmerz oder Schwindel auslösen. Da es sich hierbei nicht um Proteine handelt sind diese
Toxine hitzebeständig.

Evasionsstrategien Um zu überleben muss ein Bakterium die Immunabwehr eines Wirtes


durch direkte Hemmung der Phagozytose5 unterlaufen können. Dies geschieht durch verschie-
dene Mechanismen wie eine Kapsel, der Zerstörung der Membran des Phagozyten durch Pha-
gozytotoxine und den Abbau des Imunglobulin A.

9.4. Antimikrobische Agentien


9.4.1. Arten der Hemmung
9.4.2. Resistenzen
Bakterien sind in der Lage Resistenzen gegen bestimmte Antibiotika zu entwickeln. Dies er-
folgt durch zufällige Mutation und überleben der geeignetsten Spezies unter Expression. Auf
diese Weise entwickeln Bakterienstämme verschiedene Möglichkeiten der eigenen Anhilierung
entgegenzuwirken. Einerseits besteht die Möglichkeit der Modifikation, des Abbaus oder der
Inaktivierung des Antibiotikums, der Mutation des Rezeptors der dem Antibiotikum als An-
satzpunkt dient, die Entwicklung spezieller Proteine welche die Noxe aktiv aus der Zelle her-
austransportieren oder gar deren Aufnahme verhindern.

5
Markierung einer Zelle durch einen Antikörper und vernichtung durch eine Freßzelle.
51

10. Viren
Virus Lat.: das Gift

Als Viren werden Erreger bezeichnet welche sehr viel kleiner als Bakterien sind und keinen
eigenen Stoffwechsel betreiben, stattdessen bringen sie die Wirtszelle dazu das Virus zu repli-
zieren. Sie sind daher als Parasiten einzustufen. Viren sind Ultrafiltrierbar, unzüchtbar und im
Lichtmikroskop nicht sichtbar. Sie bestehen aus Nucleinsäuren und einigen Enzymen in einer
Proteinkapsel, und je nach Vorhandensein einer umhüllenden Lipidschicht unterscheidet man
nackte und umhüllte Viren. Ein weiteres Merkmal zur Unterscheidung von Viren ist die Art
des Genoms, da sowohl DNA als auch RNA zur Verwendung kommen kann.
Bei einer Infektion kann das Virus — entweder durch das Immunsystem oder durch entspre-
chende Medikation — eliminiert werden. Bestehen jedoch Resistenzen auf Seiten der Viren oder
Immunschwächen auf Seiten des Wirts, so ist das Virus persistent und kann sich ungehindert
vermehren. Dies kann auch völlig symptomlos geschehen wenn sich Virus und Wirt aneinander
anpassen. Dadurch entsteht jedoch eine neue Abart des Virus die an einem anderen Wirt zu
einer apparenten Infektion führen können.

Genom DNA und RNA der Viren können sowohl doppel– als auch einzelsträngig vorliegen,
und auch die Polarität kann entweder analog der mRNA (positiv) oder entgegengesetzt (nega-
tiv) sein. +RNA entspricht der mRNA, kann also direkt translatiert werden, während -RNA
erst in +RNA konvertiert werden muss.

10.1. Lebenszyklus
10.1.1. Vermehrung
Bindung an die Wirtszelle Mit Hilfe von Oberflächenproteinen kann das Virus einen geigne-
ten Wirt erkennen und bei diesem Rezeptoren belegen die für normale Zellfunktion notwendig
sind. Dadurch ergeben sich einige Spezifikationen für einen geeigneten Wirt. Zuerst einmal
muss ein Rezeptor vorhanden sein der zu der Ausstattung des Virus passt1 , dann muss die
Zelle in der Lage sein den Virus replizieren zu können. Ist dies erfüllt, so kann die Zelle infiziert
werden. Dies führt zur Spezialisierung der Viren auf bestimmte Typen von Zellen, etwa auf Im-
munzellen bei HIV oder Leberzellen bei Hepatitis. Die Fähigkeit eines Virus in eine Wirtszelle
einzudringen wird als Tropismus bezeichnet.

Eindringen ins Zytoplasma Nackte Viren bringen nur ihre DNA ein, während umhüllte Viren
mit der Zellmembran verschmelzen und so ihren Inhalt ins Zytoplasma freisetzen.
1
Die Sielinsäure ist ein endständiger Zuckerrest auf Glykoproteinen und dient dem Influenza–Virus als Rezeptor
52 10. Viren

Uncoating: Freisetzung des Genoms Zusätzlich zu Nucleinsäuren setzt das Virus auch einige
Enzyme welche für die erfolgreiche Kontamination notwendig sind ins Zytosol frei.

Genom replication RNA–Viren replizieren sich im Zytoplasma da sie dafür eigene Enzyme
brauchen, vor allem eine RNA abhängige RNA–Polymerase welche in der Lage ist RNA zu
vervielfältigen. Retroviren bedienen sich allerdings einer reversen Transkriptase welche RNA
zu DNA transkribiert um sich in die Wirts–DNA einzuschreiben2 .
DNA–Viren replizieren sich im Zellkern da während der S–Phase der Mitose Wirtseigene DNA–
Polymerase im Überschuss vorhanden ist.

Viral Protein synthesis Aus viraler +RNA können direkt Enzyme und Capsid–Proteine syn-
thetisiert werden, zur Duplikation muss sie allerdings in einem Zwischenschritt in −RNA über-
setzt werden. −RNA wird zunächst in +RNA umgeschrieben, zur Proteinsynthese verwendet
und dann in −RNA übersetzt.

Viral Assembly Das kopierte Genmaterial und die neu synthetisierten Enzyme werden von
Proteinen in einem Capsid eingefasst und an die Membran angelagert. Soll das Virus eine Hülle
bekommen, so werden die spezifischen Oberflächenproteine in eine Membrandomäne eingebaut
welche später die Virushülle werden soll.

Freisetzung Nackte Viren durchbrechen die Membran der Wirtszelle und zerstören diese da-
durch. Umhüllte Viren haben die Möglichkeit sich wie ein Vesikel aus der Zelle auszuschleusen,
es kommt zur Knospenbildung an der Membran und dann zur Freisetzung neuer Viren. Die
Wirtszelle verliert dabei metabolische Energie in einem Ausmaß das ausgeglichen werden kann.
Erst nach einiger Zeit kommt es zur Erschöpfung und damit zur Apoptose.

10.2. Bekämpfung
10.2.1. Resistenzbildung
Im Gegensatz zur DNA–Polymerase liest die reverse Transkriptase nicht Korrektur und arbeitet
dadurch mit einer Fehlerquote von 10−4 , was zu einer großen Zahl von Mutationen führt,
bedenke man das bei einem Erkrankten etwa 101 2 Vermehrungen pro Tag stattfinden, was zu
108 neuen Mutationen pro Tag führt, wovon nur die Angepassten — also die Resistenten —
überleben.

10.2.2. Immunabwehr
Unspezifische Abwehr Eine Zelle reagiert auf Virusbefall indem sie Interferone produziert
welche zunächst die Interferonproduktion in den umliegenden Zellen anlaufen lassen, und dann
im weiteren Verlauf Makrophagen und andere Immunzellen heran locken. Die infizierte Zelle
wird dabei als Bauernopfer gezählt. Weiterhin kommt es bei den Zellen am Infektionsherd zu
einer Expression von Interferonrezeptoren.
Im direkten Kontakt mit dem Virus in der Zelle inaktivieren Interferone die virale mRNA und
induzieren einen Translationshemmer.
2
Die Genexpression erflgt dann analog den DNA–Viren während der Mitose wenn die zelluläre Genrepression
aufgehoben wird
10.3. Human Immunodeficiency Virus 53

Spezifische Abwehr Kommt das Immunsystem mit körperfremden Agentien in Kontakt, so


bildet es spezifische Antigene aus welche es den Phagozyten erleichtern ihre Beute zu erkennen.

10.3. Human Immunodeficiency Virus


Das HI–Virus zeichnet sich durch ausgeprägte Schutzstrukturen aus. Es besitzt eine starke Au-
ßenhülle welche mit Peplomeren (Spikes), welche Enzyme enthalten, versehen ist. Des weiteren
finden sich auf der Außenhülle die Glykoproteine 41 und 120 welche den Zell–Zell–Kontakt
herstellen. Zudem besitzt das HIV noch einen schützenden Innenkörper der dann das Capsid
enthält.
Die Zielzellen des HIV besitzen die Chemokin–Rezeptoren CD4, CCR5 und CXCR4 welche
essentiell für die Funktion des Immunsystems sind. Sind diese Rezeptoren durch das HIV
belegt ist das Immunsystem unterwandert, und je nach Viruslast sogar lahmgelegt. Mutierte
Rezeptoren können nicht vom Virus belegt werden, allerdings funktioniert diese in vitro sehr
erfolgreiche Methode im Organsimus nicht Perfekt.
Das HI–Virus ist ein umhülltes Retrovirus, es verschmilzt also mit der Membran der Wirtszelle
und wandelt mithilfe der reversen Transkriptase seine RNA in DNA um und bringt diese mittels
Integrase in den Kern ein. Eine Infektion kann über Jahre bestehen ohne dass es zu einem
Ausbruch kommt.
Die Synthese der HIV–Bestandteile erfolgt meist an einem Strang der dann durch die Pro-
tease an den richtigen Stellen durchtrennt wird, so wird das Glykoprotein 160 in GP41 und
GP120 gespalten bevor es in die Membran eingebracht wird. Eine Schädliche Wirkung entsteht
erst durch den burn out“ der Wirtszellen, was im Falle der Immunzellen natürlich besonders

gravierend ist.
Therapieansätze setzen auf eine Blockade der reversen Transkriptase sowie der Protease um
die Vermehrung des Virus zu unterbinden.
Teil IV.

Physiologie
57

11. Transport über Zellmembranen


Der wichtigste Transportweg über die Zellmembran ist wohl die Natrium–Kalium–ATPase,
welche den elektrochemischen Gradienten aufrecht erhält. Das Ruhemembranpotential einer
Zelle entspricht dem Kalium Rückstrom in die Zelle.

11.1. Transportsysteme
Transportsysteme sind hochspezifische integrale Membranproteine deren Transportrate sättig-
bar ist. Sie sind, obwohl funktionell beinahe gleichartig, in ihrer Struktur oft sehr unterschied-
lich. [6]

Kanäle Wassergefüllte Poren sind aufgrund ihrer Struktur in der Lage zu bestimmen welche
Moleküle passieren können, sie sind also selektiv. Weiterhin besteht die Möglichkeit der Öffnung
oder Schließung des Kanals, was über Liganden oder Änderungen im Gradienten gesteuert
wird. Üblicherweise führt die Bindung eines Liganden beziehungsweise ein positiver werden
des Membranpotentials zur Öffnung des Kanals.

Carrier Andere Moleküle werden von Proteinen gebunden und durch eine Konformationsän-
derung dieser durch das Protein hindurch auf die andere Seite der Membran gebracht, was
unter Energieaufwand auch gegen einen Gradienten möglich ist. Es besteht auch die Möglich-
keit mehrere Moleküle auf einmal zu verschieben, und das sogar gegeneinander.

Aquaporine Aquaporine treten in verschiedenen Variationen auf und dienen dem Transport
von Wasser über die Membran. Sie können je nach Bedarf auch nachträglich noch eingebaut
werden.

11.1.1. Symport und Antiport


Wird bei dem Transport nur ein einziges Molekül pro Schritt bewegt, so spricht man von
einem Uniport, werden mehrere Moleküle bewegt so handelt es sich um eine Flusskoppelung 1 .
Werden dabei alle Moleküle in die gleiche Richtung bewegt so handelt es sich um einen Symport,
andernfalls um einen Antiport. Darüber hinaus gibt es noch Ionenkanäle und diverse Poren.
Sowohl aktiver als auch nicht aktiver Transport benötigen Energie als Antrieb, welche entweder
in Form von ATP oder einem elektrochemischen Gradienten vorliegen muss. Nicht aktiver
Transport kann nur entlang eines Gradienten laufen, aktiver Transport kann auch gegen einen
Gradienten erfolgen. [6]
1
Der Begriff Co–Transport wird in der Literatur teils für Flusskoppelung und teils für symport verwendet und
findet daher hier keine Verwendung. [6]
58 11. Transport über Zellmembranen

intrazelluläre Konzentration (mM) extrazelluläre Konzentration (mM)


Kationen
Na+ 5-15 145
K+ 140 5
Mg+2 0,5 1-2
Ca+
2 10-4 1-2
H+ 7 × 10−5 4 × 10−5
(10−7,2 M or pH 7,2) (10−7,4 M or pH 7,4)
Anionen
Cl – 5-15 110

Tabelle 11.1.: Die Ionale Zusammensetzung des Zytosols und des Extrazellularraumes. Da die
Zelle elektrisch neutral sein muss befinden sich darin noch mehr Anionen, insbe-
sondere Proteine, aber auch HCO3– , PO43 – und andere.

ABC–Transporter Funktion
ABCA1 Cholesterin und Phospholipid Transport aus Zellen
ABCB–Familie multidrug resistance (MDR) ATPase
ABCC7 Chlorid Kanal (CFTRP)

Tabelle 11.2.: Die wichtigsten Transporter der ABC–Klasse.

11.1.2. Aktiver Transport

Ionen Der aktive Transport wird von Carrier–Proteinen durchgeführt welche auf der zyto-
solischen Seite eine Bindungsregion für ATP haben. Man unterscheidet drei Klassen dieser
Transporter: die P–Klasse (Na+/K+ ; Ca 2+ ; H+/K+ ), die V–Klasse (H+ –Transport in den Ly-
sosomen) und die F–Klasse (H+ Gradient in den Mitochondrien wird genutzt um ATP zu
erzeugen).
Bindet ein Ion an einen Carrier, so wird auf der zytosolischen Seite eine Schalterstelle phospho-
ryliert wodurch es zu einer Konformationsänderung kommt die das Ion gegen seinen Gradienten
auf die andere Seite der Membran zieht, wo es vom Protein wieder freigegeben wird. Anschlie-
ßend wird das Signal durch Abspaltung des anorganischen Phosphates terminiert.

Lipide Lipide werden mithilfe von ABC2 –Transporten durch die Membran gebracht welche
ebenfalls ATP–abhängig sind. Sie sind in der Lage Cholesterin und Phospholipide aus der Zelle
herauszubringen, und damit auch viele Medikamente. Einige Transporter der ABC–Familie
dienen auch zum Transport von Ionen, besonders zu erwähnen ist der ABCC7–Chloridkanal3
bei dessen Mutation es zur zystischen Fibrose kommt. Insgesamt gibt es 49 ABC–Transporter
in 7 Familien (→ Tabelle 11.2).

2
ATP binding cassette [6]
3
cystic fibrosis transmembrane regular protein
11.2. Epitheliale Transporte 59

11.1.3. Nicht aktiver Transport


Ionenkanäle Beim Transport von Ionen kommt es auch zur Verschiebung von Wasser, und
umgekehrt werden auch bei einer Änderung des osmotischen Gradienten Ionen mitgerissen. Die
relative Konzentration der bewegten Ionen ist aber in jedem Fall sehr gering.

Uniporter In der Membran lokalisierte Enzyme verschieben Moleküle entlang ihrem Gra-
dienten und gewährleisten so einen schnelleren Ausgleich der Konzentrationen. Sie sind oft
ligandenabhängig wie etwa bei den insulingestuerten Glukose–Carrier Glut1&2.

Flusskoppelungen Häufig wird die Energie eines Gradienten genutzt um ein andres Molekül
gegen seinen Gradienten zu verschieben. Dies kann als Symport4 oder Antiport5 geschehen.

Ultrafiltration Das Epithel wirkt wie ein Sieb und vom Wasser mitgeführte Teilchen werden
mehr oder weniger gut durchgelassen. [6]

11.2. Epitheliale Transporte


Epithelien haben eine Barrierefunktion, treten also überall da auf wo genau so eine Funktion
sinnvoll ist, an der Haut, in den Gefäßen, im Gastrointestinaltrakt und im Urogenitaltrakt. Sie
bestehen aus einer luminalen (appikalen) und einer basolateralen 6 Membran welche durch tight
junctions 7 voneinander abgeschottet sind. Der in diesen Geweben notwendige dichte Zell–Zell–
Kontakt wird über Desmosome 8 und Konnexone 9 hergestellt. Halbdesmosome verankern die
Zelle auf der Basallamina. Die appikale Membran bildet meist Mikrovilli aus um die Oberfläche
Möglichst groß zu gestalten.
Ein Transport in die Zelle hinein wird als Influx, ein Transport heraus als Efflux bezeichnet.
Transport durch Epithelien hindurch von der funktionalen Außenseite ins Interstitium wird als
Resorption und in umgekehrter Richtung als Sekretion bezeichnet. [6]

11.2.1. Sekretion
Salz und Wasser Über Ionentransporte wird ein osmotischer Gradient aufgebaut der zur
Verschiebung von Wasser führt.
Zur Resorption strömt Natrium appikal in die Zelle ein, woraufhin Chlorid aufgrund des elektri-
schen Gradienten in den Interspaces folgt, was wiederum einen osmotischen Gradienten aufbaut
der dafür sorgt das die Ionen von Wasser begleitet werden. Die Zelle kann dann basolateral
entleert werden.
Zur Sekretion muss Chlorid appikal aus der Zelle heraus transportiert werden, woraufhin Na-
trium und Wasser in den Interspaces folgen.
4
Bei der 2 Na+/Glucose–Flusskoppelung wird der Na+ –Gradient genutzt.
5
Digitalisglykoside hemmen die Na+/K + –ATPase was den 3 Na+/Ca 2+ Tausch im Herzen erleichtert.
6
Die Zusammenfassung von basaler und lateraler Membran ist hier gerechtfertigt da sie die gleichen Transporter
besitzen und nicht durch eine Barriere getrennt sind. [6]
7
Ein Proteingeflecht welches verhindert das Membranbestandteile ihre Domäne verlassen. Außerdem wird der
parazelluläre Transport über ihre Zusammensetzung reguliert[6].
8
Mit dem Zytoskelet verbundene Proteine fungieren als Schweißpunkte“ zwischen zwei Zellen.
9 ”
Aus Konnexinen bestehende Zell–Zell–Verbindungen welche auch der Kommunikation dienen. Sie werden bei
Zelluntergang automatisch geschlossen um Schädigungen einzugrenzen. [6]
60 11. Transport über Zellmembranen

Trans
Epitheldichte Transportrate Peri Funktion Vorkommen
Hoch Extrem Niedrig >1 Barriere Epidermis, Harnblase
Mittel Mittel >1 Selektion distale Nierentubuli, Colon,
Speichel–/Schweißdrüsen,
Blut–Hirn–Schranke
Niedrig Hoch <1 Rückresorption Dünndarm

Tabelle 11.3.: Die Barrierefunktion verschiedener Epithelien.

Molekül Funktion Vorkommen


H2 O Wassersekretion Niere
HCO3– Schutzwirkung Pankreas
H+ Verdauung Magen
NaCl Osmose Speichel, Schweiß, Darmsekret

Tabelle 11.4.: Verschiedene Moleküle welche über Epithelien Transportiert werden.

Säure CO2 kann ungehindert durch Membranen diffundieren und wird in den Belegzellen des
Magens durch die Carboanhydrase mit Wasser verbunden10 . Ein apikaler H+/K + Antiport sorgt
dann für die Sezernierung der Protonen, während das Bicarbonat genutzt wird um basolateral
Chlorid in die Zelle zu bringen, welches apikal wieder ausströmt. Überschüssiges Kalium kann
ebenfalls apikal ausströmen. Netto kommt es also basolateral zu einer Aufnahme von CO2 und
Cl – und Abgabe von HCO3– und apikal zu einer Sezernierung von HCl.

Bicarbonat Auch hier ist die Na+/K+ –ATPase in prominenter Position. CO2 kann interstitial
in die Zellen diffundieren wo es mit Wasser verbunden wird10 . Die dabei entstehenden Protonen
werden durch einen Na+/H+ –Antiport in das Interstitium gebracht. Da bei hoher Aktivität viel
Kalium in die Zelle strömt kann dieses durch einen Kanal entweichen.
Auf der luminalen Seite wird HCO3– durch einen Antiport mit Cl – sezerniert, ein Ionenka-
nal ermöglicht den Cl – –Außstrom aus der Zelle. Zum Ladungs– und Osmoseausgleich folgen
Natrium und Wasser perizellulär.

Speichel und Schweiß Auf der basalen Seite wird durch einen Na+/K+/2 Cl− –Symport Chlo-
rid in die Zelle gebracht welches luminal ausgeschieden wird, wobei es perizellulär von Natrium
und Wasser begleitet wird. In die Zelle einströmendes Natrium wird über die Na+/K+ –ATPase
herausgepumpt, überschüssiges Kalium kann durch einen Kanal entweichen.
Eine Rückresorption von Natrium erfolgt zwar, reicht aber bei stärkerem schwitzen nicht aus
um das verlorene Natrium zu ersetzen.

11.2.2. Resorbierende Epithelien


Bicarbonat Bei der Rückresorption des Bicarbonats macht man sich die freie Permeabilität
des Kohlendioxids zu Nutze. Ein Na+/H+ –Antiport führt Protonen zu, und mittels Carboanhydrase10
10 Carboanhydrase – +
CO2 + H2 O −
)−
−−−−
−−−−
−−−−
−−−−
−*
− HCO3 + H
11.2. Epitheliale Transporte 61

entsteht freies CO2 welches ungehindert in die Zelle eintreten kann, dort wird es wieder in Bi-
carbonat umgewandelt und über einen weiteren Transportschritt ins Lumen gebracht.

Niere Im proximalen Tubulus werden Glucose und Aminosäuren durch einen Symport mit
Natrium resorbiert, während Chlorid im Interspace folgt. In der HENLE–Schleife arbeitet ein
Na+/K+/2 Cl− –Symport welcher den Harn konzentriert da hier viel Wasser folgt11 . Im kortikalen
Sammelrohr kommt es zu einer Aldosteronabhängigen Natriumresorption12 , im Gegenzug wird
Kalium ausgeschieden.

Glucoseresorption Im intestinalen Lumen wird Glucose durch einen Symport mit Natrium in
die Zelle aufgenommen und basal ins Blut abgegeben. Das aufgenommene Natrium wird über
eine basale Na+/K+ –ATPase aus der Zelle gebracht.

Gasaustausch Die Transportform für Kohlendioxid im Körper ist das Bicarbonat, welches
in einem Antiport mit Chlorid die Erythrozyten verlässt. Das entstehende Proton wird vom
Hämoglobin gebunden was dessen Affinität für Sauerstoff senkt und somit dessen Freisetzung
bewirkt. Bicarbonat wird im Blutplasma transportiert.
In der Lunge wird das im Erythrozyten befindliche Chlorid gegen Bicarbonat getauscht welches
durch das am Hämoglobin gebundene Proton gespalten wird wodurch dieses wieder Sauerstoff
aufnehmen kann. Das nun freie Kohlendioxid diffundiert nun nach außen und kann abgeatmet
werden.

11
Zur Erhöhung der Ausscheidung kann dieser Transporter durch Medikamente wie Lasix
R
blockiert werden.
12
R
Hemmbar durch Amilorid
63

12. Zellkommunikation
Signale breiten sich innerhalb von Zellen in Signalkaskaden aus, wobei die signalübertragenden
Moleküle nicht gleicher Natur sein müssen. Über Zellkontakte lassen sich metabolische Prozesse,
Elemente des Zytoskelets und genregulatorische Funktionen präzise ansteuern.

12.1. Signale
Der Weg des Signals beginnt bei der Synthese des Transmitters, welche entweder bei Bedarf
oder im Voraus(→ Kapitel 6.5.5) erfolgt. Auf einen bestimmten Reiz hin wird der Transmitter
freigesetzt und zu seinem Zielort transportiert. Bei Signalen zwischen benachbarten Zellen
kann dies über Diffusion geschehen, bei weiter entfernten Zellen geht der Transport über den
Blutstrom. Die Zielzelle reagiert auf das Signal und baut es anschließend ab.

Signalmoleküle Als Signalmoleküle dienen zunächst Membranständige Moleküle welche In-


formationen über die direkte Umgebung liefern. Des weiteren gibt es eine ganze Reihe mobiler
Signalüberträger (→ Tabelle 12.1). Ein einziger Ligand kann dabei in unterschiedlichen Gewe-
ben unterschiedliche Wirkungen hervorrufen, und eine bestimmte Wirkung kann von verschie-
denen Liganden erzeugt werden. Es gilt zu bedenken das Information nicht nur einen Inhalt
hat, sondern auch eine Stärke.

12.1.1. Übertragungsformen
Dem Organismus stehen verschiedenste Formen der Signalübertragung zur Verfügung.

Synapsen Bei Synapsen besteht ein direkter Kontakt. Der in Vesikeln gespeicherte Transmit-
ter muss nur einen schmalen Spalt überwinden.

Parakrin Dies setzt voraus das Zellen nahe beieinanderliegen.

Molekülklasse Vertreter
Proteine Wachstumsfaktoren, Cytokine
Peptide Insulin, Glycogen
Aminosäuren/–derivate Histamin, Adrenalin, Neurotransmitter
Eicosanide (Lipide) Prostaglandin, Thromboxan
second Messenger Ca 2+ , cAMP, cGMP, IP3 , NO, CO

Tabelle 12.1.: Verschiedene Signalmoleküle.


64 12. Zellkommunikation

Hormonell Der Transmitter wird über die Blutbahn im ganzen Körper verteilt und wirkt
somit an jedem für ihn vorgesehenen Rezeptor.

Autokrin Die Zelle sezerniert Botenstoff die auf sie selbst wirken. Diese Methode kann mit
fast allen anderen Kombiniert werden um den Effekt auf andere Zellen auszudehnen.

Juxtakrin Hierbei findet ein direkter Zell–Zell–Kontakt statt, der Signalaustausch wird über
Membranproteine geregelt.

12.1.2. Rezeptoren
Es werden prinzipiell drei Arten von Rezeptoren unterschieden: Ion–channel–linked, G–protein–
linked und Enzyme–linked receptors.
Es gibt zwei Schaltermodi nach denen das Signal weitergegeben werden kann, einmal durch
enzymgesteurte De–/Phosphorylierung und durch die Verdrängung von Proteingebundenem
GDP durch GTP. Letzterer Vorgang kann durch Abspaltung einer Phosphatgruppe beendet
werden.

Rezeptor–Tyrosin–Kinasen Werden diese aktiviert so Phosphorylieren sie mit maximaler


Umsatzrate, vorzugsweise sich selbst. Sie dienen als Andockstelle für andere Moleküle die das
Signal dann weiterleiten. Dieser Vorgang tritt häufig in Verbindung mit Wachstumsfaktoren
auf.

RAS Ein kleines G–Protein.

MAP–Kinasen Sobald diese durch RAS aktiviert wurden entsteht eine wahre Kaskade von
MAP–Kinasen.

G–Protein–Rezeptor 1

Adenylatcyclase Eine Desensibilisierung dieser ist notwendig um ein Dauersignal zu vermei-


den. Dies wird durch eine G–protein–linked receptor kinase (GRK) unter ATP–Verbrauch
durch Phosphorylierung des G–Proteins bewerkstelligt.

Cholera Das Bakterium vermehrt sich im Darm und produziert ein Toxin welches die Hy-
drolyse des GTPs blockiert was eine Daueraktivierung zur Folge hat, und im Zuge dessen
schwere Elektrolytverschiebungen. Dies äußert sich in wässrigen Durchfällen. Blockiert wird
die Hydrolyse durch eine NAD+ –abhängige ADP–Ribosylase.

cAMP Zur Genexpression wird über ein G–Protein vermitteltes Signal die Adenylatcyclase
aktiviert und cAMP produziert. Dadurch wird die Proteinkinase A aktiviert und in den Kern
gebracht wo sie Transkriptionsfaktoren wie CREB aktiviert.
Ebenfalls von cAMP aktiviert wird das PKA welches wiederum die glycogen phosphorylase
aktiviert welche die Glycolyse einleitet.
1
Phosphodiesterase–V–Hemmer: Viagra
R
12.1. Signale 65

Phosphatidyl–Inositol Dieses wird zu Inositol–1–4–5–triphosphat (IP3 ) Phosphoryliert. Dies


geschieht bei der Aktivierung von G–Protein welches sich dann in eine Gq –untereinheit und eine
phospholipase C–β teilt. dabei entstehen IP3 welches für die Aktivierung von Calciumkanälen
im endoplasmatischen Retikulum nötig ist welche wiederum PKC aktivieren, und diacylglycerol
welches für die Membranverankerung von PKC benötigt wird.
Calcium kann aus dem Zytosol mittels Na+ /Ca 2+ –Antiport ins Exoplasma gebracht werden,
zusätzlich dazu arbeitet noch eine Calcium–ATPase. Dieser Antiport kann im Herzen durch Di-
gitalispräparate gehemmt werden wodurch mehr Calcium im Muskel verbleibt und dieser mehr
Kontraktionskraft erhält. Calcium wird im endoplasmatischen Retikulum, den Mitochondiren
und diversen Speichermolekülen gelagert.

Calcium–Signale

12.1.3. Entzündungen
Eine Entzündung ist eine physiologische Reaktion die als (meist) adäquate Antwort auf (meist)
exergone schädliche Reize dient. Sie dient einerseits der Reparatur bereits entstandener Schäden
welche durch die Noxe hervorgerufen wurden. Die daran beteiligten Moleküle sind Cytokine
und der Transkriptionsfaktor NFkB2 .
Cytokine sind kleine Signalmoleküle welche sehr vielfältig sind und je nach Bedarf eine akti-
vierende oder eine Bremsende Wirkung haben.
Die Symptome einer Entzündung sind Erwärmung, Rötung, Schwellung, Schmerz und Ein-
schränkung der Funktion. Die ersten drei sind auf vermehrte Durchblutung des betroffenen
Gewebes zurückzuführen da das System dort undichter ist um Antikörpern den Zugang zu
erleichtern, da die Erreger dort bekämpft werden müssen wo sie sich festgesetzt haben. Al-
so müssen Leukozyten aus dem Blut ins Gewebe übertreten können, was durch Rollprozesse
ermöglicht wird. Um diese zu ermöglichen expremiert das betroffene Endothel Fangarme an wel-
chen die Leukozyten anhaften können woraufhin die Endothelzellen etwas auseinanderrücken
um den Leukozyten passieren zu lassen.
Die Abwehrreaktion bei einer Entzündung schädigt immer auch eigenes Gewebe, was aber in
gewissem Rahmen in Kauf genommen wird um die Noxe zu beseitigen.

Tumor–Nekrose–Faktor α (TNF) Der TNF führt entweder zu Entzündung oder Apoptose,


welche wichtig ist um die Zahl der T–Lymphozyten zu begrenzen.

Toll–Like–Rezeptoren Hierbei handelt es sich um Mustererkennende Rezeptoren welche in


der Lage sind Membranmoleküle zu erkennen die nicht vorhanden sein sollten, wobei es oft
nur kleine Unterschiede sind die zum Alarm führen. Hauptsächlich werden so exogene Noxen
erkannt, manchmal löst der Mechanismus aber auch bei körpereigenen Substanzen aus.

NFkB Der NFkB–Pathway ist der zentrale Entzündungsauslöser und extrem Komplex. NFkB
ist normalerweise inhibiert und kann nicht in den Kern eintreten, wird jedoch der Inhibitor
phosphoryliert und abgebaut wird das NFkB aktiv. Durch die IkB–Kinase wird der Inhibitor
Ubiquitiniert(→ Kapitel 5.3) und der Inhibitor abgebaut.

2
Nukleärer Faktor kappa B
67

13. Zell–Zell & Zell–Matrix Interaktion


13.1. Kontakte
Zell–Zell Der Kontakt zwischen Zellen wird durch Gap–junctions hergestellt.

Zell–Matrix Spezifische Adhäsionsmoleküle wie das Protein Fibronektin der Extrazellulären


Matrix können in Interaktion mit der Zelle treten. Als Bindungstelle an der Plasmamembran
dienen meist Proteoglykane, welche etwa als Bindungsstelle für Wachstumsfaktoren dienen.
Die Konzentration der Wachstumsfaktoren ist so gering, das es für die Zelle schwierig ist diese
Wahrzunehmen, daher findet eine Anreicherung der Wachstumsfaktoren an Proteoglykanen
statt. Dies ist manchmal zu deren Funktion notwendig, und manchmal dient es nur der Spei-
cherung.

13.2. Apoptose und Nekrose


Manche Zellen müssen in den Zelltod geschickt werden da entweder zu viele von ihnen da sind
oder eine bestimmte Funktion nicht mehr benötigt wird. Der unterschied zwischen Apoptose
und Nekrose liegt darin das Zellen bei der Apoptose in Apoptosekörper mit intakter Membran
fragmentiert werden und bei Nekrose eine irreversible Schwellung erleiden welche zu ihrer
Disintegration führt, wobei allerdings Zytosol austritt.
Apoptose wird durch einen Liganden induziert der eine Signalkaskade auslöst die im kontrol-
lierten Zelluntergang endet. Ebenso lösen innere Fehlfunktionen die zur Schädigung der Mit-
ochondrien1 führen, sowie der Kontaktverlust zu den Nachbarzellen (Anoikis) die Apoptose
aus.
Die Apoptose kann durch Wachstumsfaktoren, Integrin und NFkB inhibiert werden. Ob Aptop-
tose tatsächlich stattfindet hängt davon ab ob apotptotische oder inhibitorsiche Signale über-
wiegen.

Extinsischer Pathway Sogenannte death receptors2“ aktivieren Caspase 8 welche BCC2,



welches Cytochrom C an seinem Platz hält, hemmen. Dies führt zur Aktivierung von Caspase
9 welche den Zelluntergang einleitet, die Zelle kann jetzt nur noch unter Einfluss von NFkB
überleben. Caspasen sind Stoffe deren Auftreten untrennbar mit Apoptose zu tun hat.

Intrinsischer Pathway Durch die Zerstörung der Mitochondrien kommt es zur Freisetzung
von Cytochrom C und damit zur Expression von Caspase 9 und im Gefolge dessen werden die
Proteine des Zytoskelets von Caspase und Procaspase 3 abgebaut und ICAD inaktiviert.
Die DNA wird nicht von der Caspase selbst fragmentiert, dies geschieht durch caspase aktivierte
DNAse (CAD) welche von ICAD inhibiert ist.
1
Auch Strahlung kann die Mitochondrien schädigen und damit Apoptose auslösen
2
TNFR1, CDS5, DR3–DR6
68 13. Zell–Zell & Zell–Matrix Interaktion

Eine Apoptoseauslösung ist auch durch T– und NK–Zellen möglich wenn diese Perforin als
Pore in die Membran einbringen und durch diese Granzym einschleusen.
Die Apoptose ist meist mit einem vorhergehenden Ausfall der Mitochondrien verbunden, da
diese der Reaktor“ der Zelle sind.

13.3. Weiter Interaktionen


13.3.1. Migration
Zellwanderung wird durch chemische Lockstoffe ausgelöst und gesteuert. Die Bewegung er-
folgt durch die Fixierung der Zell an einigen Adhäsionspunkten die Raupenartig verschoben
werden können. Das hieran verantwortliche Aktinskelet wird von verschiedenen Signalen auf
unterschiedliche Art beeinflusst, etwa beim rolling process der Leukozyten(→ Kapitel 12.1.3).

13.3.2. Lipidmediatoren
Hierzu zählen die Cyclooxigenasen COX1 und COX23 . COX1 ist für die Säureregulation und
die Bildung der Magenschleimhaut zuständig, daher ist eine Medikamentöse inhibation bei
Magenbeschwerden kontraindiziert. Leukotine treten im Zusammenhang mit Allergien auf.

13.3.3. Gasförmige Mediatoren


Gase haben den Vorteil das sie Membranen ungehindert durchdringen können. Als mediatoren
werden im Körper NO und CO eingesetzt, wobei CO stabiler ist und dadurch eine längere
Wirkungszeit hat.
Die Bildung von NO erfolgt in Endothelzellen aus Arginin und Sauerstoff.
N O−Synthetase
Arg + O2 −−−−−−−−−−→ Citrulin + NO

Das Signal hierzu erfolgt hormonell, über G–Protein, IP3 und Ca 2+ .


Die Wirkung von NO liegt in der aktivierung der Guanylatcyclase welche cGMP bildet das
die Proteinkinase G aktiviert. Der Effekt liegt in der Relaxierung von glatter Muskulatur und
Weitstellung der Gefäße, auch im Schwellkörper, daher ist NO ein Sexualfaktor.

13.3.4. Biogene Amine


Mastzellen sezernieren in großer Geschwindigkeit Histamin, Heparin und andere, und bilden
ebenfalls Leuktrine und Prostaglandine.
Histamin reguliert die Säureproduktion im Körper und tritt im Gefolge allergischer Reaktionen
auf, Serotonin ist ein Verstärkender Neurotransmitter.

3
Diese können von Acetylsalicylsäure irreversibel inhibiert werden
Teil V.

Embryologie
71

14. Embryogenese

14.1. Meiose
In der Genetik werden haploide Chromosomensätze aus 23 Chromosomen mit dem Buchstaben
n versehen, und die Geschlechtschromosomen werden unter dem Buchstaben c zusammenge-
fasst. Der normale menschliche Chromosomensatz wird somit als 2n2c abgekürzt (→ Kapitel
7.2).
Bei der Meiose kommt es also zu folgenden Schritten:
Reduktionsteilung Reifeteilung
2n2c → 2n4c → cross over → n2c → nc

14.2. Spermatogenese
Spermatogonien reifen in der Pubertät[5] mitotisch zu Spermatozyten I. Ordnung heran und
werden durch die I. meiotische Teilung zu Spermatozyten II. Ordnung. Die noch unreifen
Spermatiden entstehen nach der II. meiotischen Teilung und werden durch die Histogenese zu
reifen Spermien. Für alle Schritte ist Testosteron notwendig, dessen Ausschüttung durch LH
induziert wird, außerdem wird Follikel stimulierendes Hormon (FSH) benötigt[5].

14.2.1. Aktivierung
Spermien sind an ihrem Speicherort, dem Nebenhoden, unbeweglich. Erst durch den alkalischen
pH–Wert des Ejakulats und die Energieversorgung durch die darin enthaltene Fructose werden
Spermien beweglich.

14.2.2. Kapazitation
Zur erfolgreichen Befruchtung müssen bestimmte Glykoproteine von der Hülle des Spermiums
entfernt werden. Dies geschieht durch das Sekret des Uterus. Findet die Befruchtung in vitro
statt, so muss dieser Schritt künstlich erfolgen.

14.3. Urkeimzellen
Urkeimzellen werden indifferent angelegt und vermehren sich mitotisch im Dottersack. Sie dif-
ferenzieren sich zu Oogonien und weiter zu primären Oozyten welche dann eine Hülle aus
flachem Epithel erhalten und somit zu Primordialfollikeln werden, welche bis zum Follikel-
sprung in der Prophase der I. Reifeteilung arretiert werden[5]. Beim Follikelsprung ist die I.
Reifeteilung abgeschlossen und die II. Reifeteilung ist bis zur Befruchtung in der Metapha-
se arretiert. Dieses langziehen der Reifeteilung expremiert die Zellen für Schädigungen, daher
nimmt mit steigendem Alter der Mutter die Wahrscheinlichkeit für Chromosomendefekte zu[5].
72 14. Embryogenese

Follikel werden in der Embryonalentwicklung angelegt und gehen danach kontinuierlich zu


Grunde (Atresie) bis es zur Menopause kommt.

14.3.1. Follikelreifung
Es kommt zunächst zu einem Gonadotropin unabhängigem Wachstum und Reifung zum Terti-
ärfollikel, ausgelöst durch lokale Faktoren. Auf diesem Weg gehen sehr viele Follikel verloren1 .
Das Hypophysenhormon Gonadotropin lässt den am weitesten Fortgeschrittenen Follikel weiter
Reifen und Inhibin ausschütten welches die Reifung der umliegenden Follikel blockiert.
Eine Hormonelle Steuerung sorgt dafür das sich die Ovarien bei jedem Zyklus abwechseln.

14.4. Embryonalentwicklung
14.4.1. Differenzierung
Die ersten Zelle des Embryos sind Omnipotent, sie können sich also zu jeder Art im mensch-
lichen Körper sowie in der Plazenta vorkommender Zellen ausdifferenzieren. Nach der Kom-
paktion entstehen multipotente Zellen, die nur noch zur Ausbildung des menschlichen Körpers
geeignet sind.

14.4.2. Nidation – 2. Entwicklungswoche


Die befruchtete Eizelle nistet sich nun (im Idealfall) im Uterus ein und wird zu Zytotrophoblast
(innere Schicht) und Syntiotrophoblast (äußere Schicht)[5]. Der Syntiotrophoblast ist eine viel-
kernige Zellschicht welche Lakunen enthält in die mütterliches Blut einströmen kann, dadurch
ist die Entstehung eines uteroplazentären Kreislaufes möglich[5]. Dort wächst der Trophoblast
immer weiter in das mütterliche Gewebe ein bis er die Gefäße erreicht, dies ist der Zeitpunkt
an dem er seine Versorgung auf mütterliches Blut umstellt. Die Hofbauer–Zellen bilden die
Plazentaschranke, und damit den Ort des eigentlichen Blutübertritts. Die Permeabilität der
Plazentaschranke bestimmt die Nahrung des Embryos.

Deciduale Reaktion Die umliegenden Bindegewebe bilden tight junctions um die Implanta-
tionsstellen abzuschotten. Das Endometrium während der Schwangerschaft wird als Decidua
bezeichnet, und ist reich an Glykogen und Lipiden um den Trophoblast während der Nidation
zu versorgen.

Der primäre Dottersack löst sich nun von der Innenseite des Trophoblasten und schwimmt
als sekundärer Dottersack frei in dessen Lumen welches mit Mesoderm ausgeleidet ist und als
Chorionhöhle bezeichnet wird. Der Embryo ist über einen Haftstiel der später zur Nabelschnur
wird mit dem Chorion verbunden.
Zu dieser Zeit beginnt im Syntiotrophoblasten[5] auch die Produktion von HCG in signifikanten
Mengen, was als Signal zur Früherkennung der Schwangerschaft genutzt werden kann.

14.4.3. Gastrulation
Das mittlere Keimblatt des Mesoderms gliedert sich nun weiter auf (→ Tabelle 14.1).
1
Analog: Die Atresie der Studierenden
14.4. Embryonalentwicklung 73

Bereich des Mesoderms Gliedert sich auf in


axiales Mesoderm → chorda dorsalis
paraxiales Mesoderm → Somiten
intermediäres Mesoderm → Ursegmentstiele
viszerales und parietales Blatt → Seitenplattenmesoderm

Tabelle 14.1.: Die Ausdifferenzierung des Mesoderms.

Defekter Bereich Fehlbildung


Neuroporus Anterior → Anencephalus
Neuroporus Posterior → Spina Bifida
→ Spina Bifida Occulta
→ Spina Bifida Aperta

Tabelle 14.2.: Mögliche Defekte bei der Ausbildung des Neurahlrohrs und ihre Folgen (Spi-
na Bifida: unvollständig/nicht geschlossene Wirbelbögen; –occulta: gespaltenes

Rückrat“; –aperta: mehr als 2 Wirbel).

14.4.4. Somiten
Der Beginn der Somitenbildung ist in der 3. Woche angesiedelt und die Entwicklung dauert
bis zum Ende der 5. Woche an. In dieser Zeit entstehen 42 – 44 Somitenpaare.

Sklerotome Sie sind ein lockerer Zellverband, welcher aus den Somiten hervorgeht[8], und der
als Anlage der Spina dient, wobei ein Sklerotom der Ursprung eines Bewegungssegmentes2 ist.
Die Aufgliederung erfolgt in eine axiale und eine paraxiale Mesenchymzone[8]. Aus der axialen
Zone geht später die Zwischenwirbelscheibe hervor, während sich die die paraxiale Zone weiter
in einen kranialen und einen kaudalen Anteil differenziert, wobei aus dem kranialen Anteil
die späteren Bindegewebsscheiden der Nervenäste werden, und der kaudale Anteil als Anlage
für Wirbelbögen, deren Wurzeln und Fortsätze sowie der Rippen dient[8]. Der Schluss der
Wirbelbögen erfolgt ab dem ersten, die Verschmelzung mit dem Wirbelkörper zwischen dem
dritten und dem sechsten Lebensjahr[8]. Die Muskulatur der Segmente wird in den Dermato
Myotomen angelegt, welche die Zwischenwirbelscheiben überdecken und damit eine spätere
aktive Bewegung der Wirbelsäule ermöglichen[8]. Die Haut sowie das subkutane Gewebe ist in
den Dermatotomen angelegt.

14.4.5. Neurulation – 3. Entwicklungswoche


Zum Ende der 3. Entwicklungswoche bildet sich auf dem Ektoderm die Neuralplatte, welche
Falten aufwirft die zur Neuralrinne werden und im Zuge weiterer Umformung bildet sich das
Neuralrohr. Aus dessen kranialem Anteil wird sich das Gehirn entwickeln, während aus dem
kaudalen Anteil das Rückenmark entstehen wird.

2
Zu einem Bewegungssegment zählen die Zwischenwirbelscheibe, Gelenke sowie sämtliche zugeordneten Weich-
teile inklusive der Muskeln[8].
Teil VI.

Genetik
77

15. Genetische Defekte

15.1. Ursachen
In der I. und II. Meiotischen Teilung kommt es zu Fehlverteilungen (eng. nondisjunction) der
Chromatiden. Dabei werden Schwesterchromatiden nicht getrennt uns entstehen folglich in der
ersten Phase Zellen mit beiden elterlichen Chromosomensätzen sowie Zellen ohne Erbinforma-
tion. Treten erstere in Phase zwei ein entstehen dabei Zellen mit drei Chromosomen. Tritt der
Defekt erst in der zweiten Phase auf so entstehen ebenfalls Zellen mit drei Chromosomen und
Zellen mit nur einem Chromosom.
Solche Anomalien sind bei etwa 0,5% aller Patienten nachweisbar. Sie führen in 30% aller Fälle
zu einem mitunter schon recht frühen Spontanabort, etwa 50% dieser sind auf Chromosomen-
anomalien zurückzuführen.

Mosaik In einer frühen embryonalen Phase kann es auch in der Mitose zu Fehlverteilungen
kommen die sich dann im Zuge der Entwicklung mitschleppt und ausbreitet, es kommen also
normale wie fehlerhafte Chromosomensätze im Organismus. Man spricht in diesem Fall von
einem Mosaik.

Lyon–Hypothese In eukaryotischen Zellen ist immer nur ein X–Chromosom aktiviert, über-
zählige werden durch spezielle Mechanismen inaktiviert. Die Inaktivierung erfolgt in einer
frühen Entwicklungsphase zufällig, bleibt daraufhin aber bei weiterer Teilung konsistent.

15.1.1. Autosomenanomalien
Man unterscheidet nicht lebensfähige Monosomien und bedingt lebensfähige Trisomien, je
nachdem ob ein Chromosom einmal zu wenig oder zu oft vorhanden ist.

Translokationstrisomie Wenn ein überzähliges Chromosom an ein anderes angeknüpft wird,


so spricht man von einer Translokationstrisomie. Besonders häufig tritt dies bei den Chromo-
somen 13, 14, 15, 21 (60%, davon sind 32 (14;21)) und 21 mit 22 (40%, davon 80% (21;21))
auf.
Das prominenteste Beispiel dafür ist die Trisomie 21 die auch als Down–Syndrom bekannt ist.

Freie Trisomie Bei diesem Krankheitsbild entsteht in der Regel kein Lebensfähiges Embryo,
allerdings ist das Wiederholungsrisiko bei einer zweiten Schwangerschaft sehr gering.

15.1.2. Deletionssyndrome
Diese Erkrankungen werden durch fehlende Teile eines Chromosoms hervorgerufen. Ist der
fehlende Teil nur sehr klein, so spricht man von Mikrodeletionssyndromen. Es kommt in beiden
Fällen zu geistiger Retardierung und Dysmorphie.
78 15. Genetische Defekte

15.2. Klassische Krankheitsbilder


Cri–du–chat–Syndrom: Das Weinen dieser Kinder klingt wie das schreien von Katzen[5], die
Lebenserwartung ist nicht wesentlich eingeschränkt.
Ursache: partielle Deletion[5]
Symptome: Kraniofaziale Dysmorphiezeichen mit Mikrozephalie, rundes Gesicht, Hypertelo-
rismus, angedeutete antimongoloide Lidachsenstellung, Epikanthus, Schnutenmund, Zahnstel-
lungsanomalien, Muskelhypotonie in frühem Kindesalter, Herzfehler, Hirn- und Nierenfehlbil-
dungen selten, psychomotorische und geistige Entwicklungsretardierung (IQ unter 20)
Chromosomensatz: 46,XY,del(5p)
Gendefekt: 5p–Deletion
Erbgang: —
Inzidenz: 1 :?

Cystische Fibrose: Es kommt zur abnormen Sekretion der exokrinena Drüsen mit Erhöhten
Schweißelektrolyten, zu Malabsorption, Leberzirrhose und Herzinsuffizienz.
Ursache: Störungen des Chlorionentransports durch die apikale Epithelmembran exokriner
Drüsen aufgrund einer Mutation im CFTR-Gen (Ionenkanal) → Kapitel 11.1
Symptome: Abnorme Sekretion der exokrinen Drüsen, Erhöhte Schweißelektrolyte, Mekoniu-
mileus, Pankreasinsuffizienz, Gallengangsverschlüsse, Chron. Lungenerkrankung, Azoospermie
Genlokalisation: 7q31 – q32, CFTR–Gen
Gendefekt: Mutation
Erbgang: Autosomal-rezessiv (AR)
Inzidenz: 1 : 2000

Kartagener Syndrom: Durch fehlende oder abnorme Dyneinarme gehemmte Beweglichkeit


von Cilien und Geißeln. Elektronenmikroskopisch sind fehlende oder abnorme Dyneinarme des
respiratorischen Epithels oder der Spermiengeißeln zu beobachten.
Ursache: Fehlende oder abnorme Dyneinarme in Cilien oder Flagellen → Kapitel 6.5.5
Symptome: Bronchiektasen, Pneumonien, männliche Infertilität sowie weibliche subfertilität,
chronischer Schnupfen, Nasenpolypen, chronische Mittelohr– oder Nasenhöhlenentzündungen,
Verlust des Geruchssinnes
Genlokalisation: 9p13–p21
Gendefekt: Mutationen
Erbgang: autosomal-rezessiv (AR)
Inzidenz: 1 : 20000 − 60000
15.2. Klassische Krankheitsbilder 79

Klinefelter–Syndrom: Dies ist die häufigste Störung der Sexualdifferenzierung, es kommt zur
Ausbildung männlicher primärer und weiblicher sekundärer Geschlechtsmerkmale. In etwa 80%
der Fälle wird ein Barr–Körperchen gebildet.[5]
Ursache: Nondisjunction der XX–Chromosomen[5]
Symptome: Sterilität, Gynäkomastie1 , geistige Behinderung,[5] Männlicher Habitus, Hypogo-
nadismus, Chromatin-positiver Zellkernbefund (Barr-Körperchen nachweisbar)
Chromosomensatz: 47 XXY, 48 XXXY [5]
Gendefekt: Nondisjunction[5]
Erbgang: —
Inzidenz: 1 : 500 ♂[5]

Mucopolysaccharidose II Typ (Hunter): Einlagerung von Mucopolysacchariden (Glykosami-


noglykanen GAGs) in Lysosomen unterschiedlicher Zellen, dadurch kommt es zur Verdickung
von Haut und Schleimhäuten, Versteifung der Gelenke und der Vergrößerung von Organen.
Ursache: Einlagerung von Mucopolysaccharidenin Lysosomen → Kapitel 6.5.5
Symptome: Kleinwuchs, Makrocephalie, Hydrocephalie, grobe Facies (’Wasserspeiergesicht’),
verdickte Zunge, dicke Lippen, Schleimhautverdickung, Diarrhoe, mentale Retardierung, Herz-
klappenverdickung, Nabel- und Leistenbrüche, Vergrößerung von Leber und Milz, Wirbelsäu-
lenverkrümmung (Kyphose), aufgetriebene Knochen, Gelenksversteifung, progressiver Hörver-
lust
Genlokalisation: Xq28
Gendefekt: IDS-Gen (Iduronat-Sulfatase)
Erbgang: X-chromosomal rezessiv
Inzidenz: 1 : 78000 ♂

Triple–X–Syndrom: Diese Patienten sind weitgehend unauffällig wenn auch unfruchtbar, wes-
halb die Diagnose meist im Rahmen einer Fertilitätsbehandlung gestellt wird.
Ursache: Drittes X–Chromosom
Symptome: Leitsymptom ist eine fakultative sekundäre Amenorrhoe2
Chromosomensatz: 47 XXX
Gendefekt: ?
Erbgang: ?
Inzidenz: 1 : 1000 ♀

1
Brustentwicklung
2
Menstruation setzt in der Pubertät normal ein und hört darauf folgend wieder auf, manchmal erst als verfrühte
Menopause.
80 15. Genetische Defekte

Triploidie: ?
Ursache: ?
Symptome: niedriges Geburtsgewicht, disproportionierter kleiner Rumpf im Verhältnis zur
Kopfgröße; multiple Fehlbildungen: Neuralrohrdefekte, Iriskolobom, Syndaktylie, intersexuel-
les Genitale; ungewöhnlich große, zystische Plazenta - partielle Blasenmole (wenn zusätzlicher
Chromosomensatz von Vater stammt)
Chromosomensatz: 69,XXX / XXY / XYY
Gendefekt: ?
Erbgang: ?
Inzidenz: 1 :?

Trisomie 21: auch Down Syndrom oder Mongolismus. Diese Kinder neigen zu Leukämie, Hy-
pothyroidie und vorzeitiger Alterung, ab einem Alter von etwa 35 Jahren zeigen sich Symptome
von Morbus Alzheimer.[5]
Ursache: ?
Symptome: Wachstumsrückstand, mentale Retardierung unterschiedlich starker Ausprägung,
kraniofaziale Anomalien (schrägstehende Augen, flaches Gesicht, kleine Ohren), Herzfehler,
Hypotonie[5]
Chromosomensatz: 47,XY,+21
Gendefekt: Translationstrisomie
Erbgang: nondisjunction in der Meiose[5]
Inzidenz: 1 : 2000 bei Müttern unter 25; 1 : 300 bei Müttern über 35; 1 : 100 bei Müttern über
45[5]

Turner Syndrom: Eine Krankheit die weibliche Patienten betrifft die nur ein X–Chromosom
haben. Es ist die einzige Monosomie die mit dem Leben vereinbar ist. Patientinnen haben ein
weibliches äußeres bei fehlenden Gonaden.[5]
Ursache: Fehlendes X–Chromosom
Symptome: Infertilität, Wachstumsstöhrungen, leichter Intelligenzminderung, primärer Ame-
norhoe3 , Herzfehlbildungen sowie cubitus valvus4
Chromosomensatz: 45 X[5]
Gendefekt: Monosomie[5]
Erbgang: Meist nondisjunction der väterlichen Meiose[5].
Inzidenz: 1 : 2500 ♀

Wolf–Syndrom: ?
Ursache: ?
Symptome: Mikrozephalie, hohe Stirn, Hypertelorismus, antimongoloide Lidachse, Iriskolobo-
me, Lippen– Kiefer– Gaumenspalte, Mikrognathie, Herzfehler, Hirn-, Nierenfehlbildungen
Chromosomensatz: 46,XY,del(4p)
Gendefekt: 4p–Deletion
Erbgang: —
Inzidenz: 1 :?
3
Die Mestruation setzt nie ein
4
Fehlstellung das Ellenbogens, der Unterarm weist nach außen
15.2. Klassische Krankheitsbilder 81

XYY–Syndrom: ?
Ursache: ?
Symptome: Hohe Körpergröße (meist über 180 cm), keine pathologischen Organbefunde. Nicht
obligat: Verhaltensstörungen, Aggressivität, Labilität, Haltlosigkeit
Chromosomensatz: 47 XYY
Gendefekt: ?
Erbgang: ?
Inzidenz: 1 : 1000 ♂

Zellweger–Syndrom: Durch ein Fehlen von peroxisomalen Membranenzymen kann es nicht


zur β–Oxidation langkettiger Fettsäuren kommen.
Ursache: Fehlen peroxisomaler Membranenzyme (→ Kapitel 6.5.5). Bei Störungen der Bioge-
nese wird entweder die Bildung der Membran gestört, in diesem Fall sind keine Peroxysomen
im Elektronenmikroskop sichtbar, oder der Proteinimport in die Organelle ist blockiert, in die-
sem Fall finden sich für die Peroxysomen typische Proteine im Zytosol.
Symptome: Wachstumsretardierung, Muskelhypotonie (floppy infant), Atmungs- und Fütte-
rungsprobleme, Krämpfe, Myelinisierungsdefekte, Polymicro- und Pachygyrie des Gehirns, fa-
ziale Dysmorphien mit hoher Stirn und weit offenen Fontanellen, Vergrößerung der Leber,
Fehlbildung des Gallengangs, Leberzirrhose, glomeruläre Nierenzysten, grauer Star, Chondro-
dysplasia punctata
Genlokalisation: Peroxin–Gene PEX1 - PEX6
Gendefekt: ?
Erbgang: ?
Inzidenz: 1 :?
83

Literaturverzeichnis
[1] Alberts: Molecular Biology of the Cell, 5. Auflage 2008, Garland Science

[2] Guyton, Hall: Pocket Companion to Textbook of Medical Physiology, 11. Auflage 2006,
Elsevier/Saunders

[3] Fuchs: Allgemeine Mikrobiologie, 8. Auflage 2006, Thieme–Verlag

[4] Löffler, Petrides: Biochemie & Pathobiochemie, 7. Auflage 2003, Springer–Verlag

[5] Sadler: Medizinische Embryologie, 11. Auflage 2008, Thieme–Verlag

[6] Schmidt, Lang: Physiologie des Menschen, 30. Auflage 2007, Springer–Verlag

[7] Wachtler: Histologie, 7. Auflage 2005, Facultas Universitätsverlag

[8] Waldeyer: Anatomie des Menschen, 17. Auflage 2003, Walter de Gruyter

Das könnte Ihnen auch gefallen