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II. F e u e r u n d B r e n n s t o f f s i n d w e d e r i d e n t i s c h n o c h
verschieden.
Der M ä d h y a m i k a erwidert: Gewiß würde es sich so verhal
ten, wenn Feuer und Brennstoff wirkliche [unabhängige und an
sich seiende Realitäten] wären. Das ist aber nicht der Fall. W a
rum ? — Wenn Feuer und Brennstoff wirklich sind, dann müssen
sie vom Standpunkt der realistischen L ogik ( = iha) notwendiger
weise entweder identisch ( ekatvena) oder verschieden (anyatvena)
sein. Um zu zeigen, daß beide (Möglichkeiten j falsch sind, sagt
der Lehrer (1):
» W e n n des F e u e r m i t d e m B r e n n s t o f f i d e n t i s c h ist,
So f o l g t daraus die I d e n t i t ä t des A g e n s und des Obj ekts.
Und w ä r e das F e u e r v o n de m B r e n n s t o f f v e r s c h i e d e n ,
Da n n w ü r d e es a u c h o h n e den B r e n n s t o f f e n t s t e h e n « .
Der Brennstoff ist das, was verbrannt wird ( idhyate yat tad
indhanam) 6), das zu verbrennende H olz usw. Der Agens (kartar),
‘ ) Zum svabhäva des Elements prtlnvi als dessen nljam atmlyam sva-
rupam gehört die Festigkeit (kharatva); die Flüssigkeit (sneha, dravatva)
ist der svabhäva des ap ; tejas ist gekennzeichnet durch die H itze (usnatva)
und rayu durch die Bewegung (irana). Vgl. Abh. Kosa I S. 22; R osenberg ,
Problemy, S. 159; S ic h e r b a t s k y , The Central Conception, S. 99.
6) Auch der P u d g a l a v ä d i n ( = V ä t s I p ut r l y a) in dem I X Buch
des Abh. Kosa beruft sich auf die Analogie skandha: atman = upädana: tipil-
dutar = indhana: agni. Vgl. Stchekbatsky, The Soul Theory o f the Bud-
dhists, Bull, de l ’Acad. des Sciences de Russie, 1919, S. 830 und D e ua V au A k
P oussin , L ’Abhidharmakosa, 7— 9, S. 234.
•) Damit wird das indhana als das unmittelbare Objekt (kurman)
definiert, auf das die Aktion des Agens gerichtet ist. Vgl. die Kttsiktt zu
P amimi f, 49: kartah kriyayä yad aptum istatanmm tat karakam karma-
samjnam bhavati.
30 STANISLAW SCHAYER
Nimmt man an, daß das Feuer eine isolierte Existenz für
sieh (prthaif-bhüta) gegenüber dem Brennstoff besitzt, dann er
geben sich daraus [folgende Konsequenzen]: 1) daß es ewig bren
nen würde, 2) daß es durch den Brennstoff nicht verursacht sei,
3) daß alles Bemühen umsonst sei und 4) daß es untätig ( = akar-
mnka — ein kartar ohne karmnu) sei.
Um den Sinn [dieses Argumentes] klarzumachen sagt der
Lehrer (3):
» W e i l a u f das a n d e r e n i c h t be z og e n,
D e s h a l b i s t es d u r c h den Z ü n d s t o f f ni c ht v e r u r s a c h t ;
[ A l l e s ] B e m ü h e n w ü r d e g ä n z l i c h u m s o n s t sein,
W e n n es e w i g e n t f l a m m t i s t « .
syat geht hervor, daß es sich uro das Bemühen der Menschen handelt, das
erlöschende Feuer wieder zu entfachen, das brennende zu erhalten usw.
“) Das Verursachtsein ist nur ein besonderer F all der Korrelativität.
Ein Gegenstand, welcher in seinem An-und-für-sich-Sein verharrt, welcher
prthak ist und svabkämiia existiert, kann weder Ursache noch F o lge sein.
Daher lehnen die Mädhyamikas den hinayänistischen B egriff des dharma
und der pratityatä ab.
,0) Man vergesse nicht, daß das Feuer dem pudgala, der Verbrennungs
prozeß dem samsd.ru, der Brennstoff den fünf upädäna-skandhas entspricht.
Die Konsequenzen des Ewig-entbrannt-seins würden die Möglichkeit der
Erlösung ausschließen.
32 STANISLAW SCHAYER
**) A lso: das Feuer besitzt im bestimmten Sinne die Realität, es ma
nifestiert sich aber stets in Korrelation zu dem eben ( = im gegebenen Mo
ment) brennenden Brennstoff. Das entspricht der These des V ä t s i p u t r i y a
in Abh. K . I X : pratyutpannädhyahnikopattä-skundhan upädäya pudgalah
prajnapyate. Vgl. S tch ebbatsky , The Soul Theory, S. 953, und de l a V a ll e e
P oussin , L ’Abhidharmakosa, 7— 9, S. 233*.
FEUER UND BRENNSTOFF 33
» I s t es v e r s c h i e d e n , s o w i r d es n i c h t e r r e i c h e n ,
N i c h t e r r e i c h t h a b e n d , w i r d es n i c h t b r e n n e n ,
N i c h t b r e n n e n d , w i r d es n i c h t e rl ö sc he n ,
N i c h t erlöschend, w i r d es in sei nem W esen v e r h a r r e n «1®).
Wenn das Feuer gegenüber dem Brennstoff ein »anderes«
ist, dann, eben infolge des Andersseins, wird es den Brennstoff
nie »erreichen« (na präpwuyat), so wie es die Finsteris nie »erreicht«.
Infolge des Nicht-Erreichens u) wird es auch nicht brennen können,
gleichsam wie wenn es sich in einer zu großen Entfernung be
fände. Bas ist der Sinn. Und wenn es so ist, dann ist auch die Defi
nition des Brennstoffs als dessen, was eben brennt, nicht richtig.
Ferner: auch das Erlöschen des Feuers würde nicht möglich
sein. Nicht erloschen, würde das Feuer in seinem Charakter als
entflammt [ewig] verharren. [Im Text der Kärika steht vor lih-
f/avän ein vä\. vä kann zweierlei bedeuten: 1) eine Alternative
( mkalpa). 2) eine Konjunktion (samuccaya). Im Sinne der Alter
native ist folgendes gemeint: Entweder verharrt das Feuer ewig
in seinem Wesen [als brennendes], oder auch kommt es nie mit
dem Brennstoff in Berührung ( = erreicht es nie den Brennstoff).
Im Sinne der Konjunktion bedeutet aber der Satz: Wenn das
Feuer [gegenüber dem Brennstoff] ein anderes (anya — prthak) ist,
dann wird es [den Brennstoff! nicht erreichen, und es wird nicht
brennen, und es wird nicht erlöschen, und es wird in seinem W e
sen verharren. [In beiden Fällen haben wir dasselbe Ergebnis;
daß] die These des Andersseins [zu unannehmbaren Konsequen
zen führt und] daher falsch ist.
Unser O p p o n e n t wendet ein: Du argumentierst: »W enn
Feuer und Brennstoff verschiedenen sind, dann erreicht das Feuer
den Brennstoff nicht, nicht erreicht habend, brennt es nicht, nicht
**) Die Theorie der prthag-dharmas schließt die M öglichkeit der prü p ti
aus. Das ist in der Tat ein wichtiges und w ohl nicht widerlegbares Argu
ment gegen die hmayänistische Philosophie. Die Einführung durch die Vai-
hhä^ikas einer besonderen, die Elemente im samtüna vereinigenden K raft
( prüpti als besonderer dharrna) ist nur eine Verlegenheitshypothese. Sie
wurde bereits von den Sauträntikas abgelehnt, die auch in dieser Hinsicht
Vorläufer des Mahäyäna sind.
3*
36 STANISLAW SCHAYER
IV , W i d e r l e g u n g d e r p a r a s p a r ap e ks a .
S. 13®— 14* und 19*—22B. Über die Verwandtschaft des sarvästi-väda und des
sat-karya-räda vgl. S tch ebbatsky , The Central Conception, S. 43—47 und
H. J acobi, Über das ursprüngliche Yogasystem, S. 43 ff.
,?) apcksate — sich nach etwas umsehen = in Korrelation stehen. Auch
das polnische *wzglQdny* bedeutet wörtlich »hinblickend«.
38 STANISLAW SCHAYER
» W e n n es s o w ä r e , d a n n a u c h o h n e d as F e u e r
W ü r d e d e r B r e n n s t o f f e i n B r e n n s t o f f s ei n« .
[Man kann nicht annehmen, daß der Brenstoff zuerst irreal ist].
W äre der Brennstoff irreal, dann würde das Feuer in Korrelation
zum Brenstoff nicht stehen können. Denn die Korrelation zum
Nichtseienden ist nicht denkbar. Also muß angenommen werden,
daß der Brennstoff [unabhängig vor dem Feueur und somit auch]
ohne das Feuer (nirar/mka) existiert. Das ist aber auch nicht
möglich: [der Brennstoff ohne das Feuer, also ein nicht brennen
der Brennstoff, ist überhaupt kein Brennstoff].
Der G e g n e r wendet ein: W ir lehren, daß die Realität des
Brennstoffs durch die Realität des Feuers und die Realität des
Feuers durch die Realität des Brennstoffs gleichzeitig bedingt
ist. W eil wir keinem [von diesen Korrelaten] die Priorität in wir
klicher Existenz zuschreiben, deshalb hat es keinen Sinn zu fra
gen: »Welches von diesen ist das früher Gegebene, worauf Feuer
und Brennstoff bezogen sind«.
Der M ä d h y a m i k a erwidert: Stellt man sich auf den Stand
punkt dieser [Gleielizeitigkeitstheorie], dann ist beides: Feuer und
Brennstoff irreal. Denn [also sagt der Lehrer (10)]:
» W e n n 17®) a u f d e n G e g e n s t a n d A, w e l c h e r s e l b s t
I n K o r r e l a t i o n z um G e g e n s t a n d B d i e R e a l i t ä t er-
[ wi r b t ,
E b e n d i e s e r G e g e n s t a n d B b e z o g e n w e r d e n muß,
[ Um s e i n e r s e i t s d i e R e a l i t ä t zu e r w e r b e n ] ,
W a s i n K o r r e l a t i o n woz u e r w i r b t dann di e R e a l i t ä t ? «
[ E r s t e s S c h e m a : A — Brennstoff; B = Feuer]. Der Ge
genstand »Feuer« erwirbt die Realität (sidhyati) in Korrelation
zmn Gegenstand »Brennstoff« und eben dieser Gegenstand »Brenn
stoff«, worauf das Feuer notwendig bezogen werden muß, um
die Realität in seinem Eigensein (atma-siädld) zu erwrerben, er
wirbt seinerseits die Realität in Korrelation zum Gegenstand
»Feuer«. [Wenn man die Richtigkeit dieser Sätze zugleich be
hauptet], so soll man doch sagen: was in Korrelation wozu er
wirbt die Realität ?
Die These: »der Brennstoff existiert wirklich auch dann,
■wenn das Feuer [noch] nicht wirklich ist« wurde als falsch nach
gewiesen. Wenn aber diese These falsch ist, wie kann das Feuer
die Realität [in Korrelation zum Brennstoff] erwerben, da es doch
die Ursache (hetu) des [Brennstoffs] ist und der Brennstoff ohne
seine Ursache (kärana) gar nicht existiert?
[ Z w e i t e s S c h e m a : B = Brennstoff; A — Feuer] Der Ge
genstand »Brennstoff« erwirbt die Realität in Korrelation zum
Gegenstand »Feuer« und eben dieser Gegenstand »Feuer«, worauf
das Feuer notwendig bezogen werden muß, um die Realität in
seinem Eigensein zu erwerben, erwirbt seinerseits die Realität
in Korrelation zum Gegenstand »Brennstoff«. [Wenn man die
Richtigkeit dieser Sätze zugleich behauptet], so soll man doch
sagen: was in Korrelation wozu erwirbt die Realität?
[Die Argumentation wie oben]: Die These »das Feuer exis
tiert wirklich auch dann, wenn der Brennstoff [noch] nicht wirk
lich ist« wnrde als falsch nachgewiesen. Wenn aber diese These
falsch ist, wie kann der Brennstoff die Realität [in Korrelation
zu] Feuer erwerben 1S), da er doch die Ursache des Feuers ist und
das Feuer ohne seine Ursache gar nicht existiert ?
Die Behauptung, daß Feuer und Brennstoff in gegenseitiger
Korrelation (parasparüpeksaya) die Realität erwerben, ist aber auch
deshalb falsch, weil weder der [bereits] realisierte (siädha) noch
der [noch] nicht realisierte (nsiddha) [Gegenstand] in Korrelation
stehen können. Um das festzustellen, sagt der Lehrer (11):
,E) prasetsyati fehlt im Text, muß aber ergänzt werden w ie oben 20811
40 STANISLAW SCHAYEB
» W e n n e i n G e g e n s t a n d in K o r r e l a t i o n R e a l i t ä t er wi r bt ,
W i e kann er als ni c ht r e a l i s i e r t e r Ge g e n s t a nd in K o r r e
l at i on st ehen?
W en n er aber als r e a l i s i e r t e r Ge g e n s t a n d in K o r r e l a t i o n
[steht,
So i s t di e K o r r e l a t i o n e b e n f a l l s l o g i s c h u n m ö g l i c h « .
V. D a s F e u e r i s t n i c h t i m B r e n n s t o f f e n t h a l t e n .
K r i t i k der a b h iv y a k ti- T h e o r ie .
[ D e r G e g n e r ] : W ozu diese Subtilitäten ( suksmika) gegen
über unserer Lehre? W ir sagen doch nur dieses: weil mit Evi
denz (pratyaksatas) wahrgenommen wird, daß das Feuer den Brenn
stoff verbrennt, deshalb ist beides: Feuer und Brennstoff wirklich.
Der M ä d h y a m i k a erwidert: Gewiß würde das der Fall
sein, wenn [man sagen könnte, daß] das Feuer den Brennstoff
verbrennt. Aber das Feuer verbrennt nicht. Und ferner: wenn es
möglich wäre [zu sagen], daß das Feuer im Brennstoff enthalten
ist, so würde gewiß [die Behauptung zuläßig sein, daß] das Feuer
den Brennstoff verbrennt. Indessen auch das ist unmöglich.
[Der Lehrer] sagt (13 a—b):
» Da s F e u e r k o m m t n i c h t v o n a n d e r w ä r t s ,
I m B r e n n s t o f f i s t das F e u e r n i c h t zu f i n d e n « .
[W ir untersuchen eine folgende Alternative: Entweder exis
tiert das Feuer als unabhängige Substanz außerhalb des Brenn
stoffs, es kommt von anderwärts und dringt in den Brennstoff
Theorie der prasajya-vakyani vgl. P r. 16‘ , 55u — 588, S tch erbatskv , N ir -
väna, S. 49.
42 STANISLAW SCHAYER
hinein, oder ist das Feuer stets im Brennstoff enthalten *°). Bei
des ist falsch], 1) Von anderwärts, aus irgendeinem außerhalb
des Brennstoffs (gelogenen Orte| kommt das Feuer nicht Denn
ein solches Kommen [müßte gesehen werden|, wird [aber] nicht
gesehen. [Ferner auch deshalb, weil weder das »Kommen« eines
von dem Brennstoff unabhängigen (nirindhana) noch eines mit
dem Brennstoff in Verbindung stehenden (sendhana) Feuers mög
lich ist]. Nimmt man an, daß das Feuer [außerhalb des Brenn
stoffs] ohne Brennstoff [existiert und erst nachträglich in den
Brennstoff eindringt j, dann ist ein solches Feuer nicht verursacht
( ahetuka) und daher irreal. Nimmt man an, daß ein mit dem
Brennstoff in Verbindung stehendes Feuer [in den Brennstoff
von anderwärts] kommend eindringt, dann ist dieses [Eindringen]
ohne Zweck (prayojanabhavät). 2) Und auch in dem Brennstoff
ist das Feuer nicht enthalten. Denn auch hier können dieselben
Einwände ( paryamiyoga) gestellt werden sl). Und [außerdem] er
gibt sich der Fehler eines r e g r e s s u s i n i n f i n i t u m lÄ). [Es
steht also fest:J das Feuer kommt nicht von anderwärts und auch*5 1
*°) Die erste These, welche im Feuer eine unsichtbare, frei in <ler W elt
umherfliegende Substanz erblickt, steht im Einklang mit der magischen
Weltanschanung, die w ir im Atharva- Veda und in den Brähmanas studieren
können. Die zw eite These vom Enthaltensein des FeuerB im Brennstoff (in
unsichtbarer Gestalt) ist eine populäre Antizipation der Lehre von der abhi-
vyakti. Beide Thesen implizieren die Vorstellung, daß die Flamme nicht
etwa ein Erzeugnis der Reihhölzer ist, sondern daß sie unabhängig und an
sich existiert und nur gelegentlich des Reibens der Reibhölzer in Erschei
nung tritt. Dementsprechend ist auch das Erlöschen keine Vernichtung, son
dern lediglich ein Unsichtbarwerden und eine Rückkehr zu dem ursprüng
lichen Zustand. A u f die W ichtigkeit dieser populären Auffassung für das
Problem des nireäna hat bereits F . O. S chkadek, Journal o f the P a li Text
Society, 1904 1905, S. 167 hingewiesen. Vgl. ferner O. .SntAuss, Indische
Philosophie, 8. 98; A . B. K k i t h , Buddhist Philosophy in India and Ceylon,
8. 65 und de la V all.be P oiissjn, Nirväna, 8. 146.
51) Auch hier kann nach demselben prasaiiya-Scheraa argumentiert,
w erden: w ie ist das Feuer, welches im indhana erhalten ist ? Ist es sa-
indhana , oder nir-indhanti ? Beides ist falsch: wegen des ahetiikatia (1) und
wegen des nihprayojanatca (2).
2S) Dieses Argument verstehe ich nicht. AJcutobhaya TU). Fers. ( W a l -
lf-sek, S. 64) hat »w eil sein Anfang zwecklos wäre». Möglicherweise muß
auch in unserem T e x t anstatt anavasthä-prasaiiga ärambha-vaiyartliya-pra-
saiiga gelesen werden.
FEUER UND BRENNSTOFF 43
in dem Brennholz ist das Feuer nicht enthalten, [weil es dort gar
nicht wahrgenommen wird 2*J.
[Der S ä m k h y a ergreift das Wort. Er sagt]: Das Feuer,,
welches [im Brennstoff als in seiner causa materialis] wirklich
enthalten ist, wird »zunächst« nicht wahrgenommen, weil die ent
faltenden Ursachen ( abhivyahjaka - pratyaya) fehlen. So wie das
Grundwasser ( mulodalcavat)**). Wenn sich aber infolge des R ei
bens der Hölzer die entfaltenden Ursachen eingestellt haben, dann
wird es »nachher« wahrgenommen. Tn dieser Passung verdient
wohl die [Theorie von dem Enthaltensein des Feuers im Brenn
stoff] eine nähere Erwägung.
[Der M ä d h y a m i k a erwidertj: Was wird durch [die K o
operation der entfaltenden Ursachen in dem Beispiel des Grund
wassers und in ähnlichen Fällen [neu] geschaffen? Die Substanz
(das Wasser) wird nicht geschaffen, weil sie [bereits] realiter
existiert Sagt man aber, daß das [Neue |, welches geschaffen wird,
eben die Entfaltung (abhivyakti) ist, dann erhebt sich die Frage:
was versteht man unter »Entfaltung«? Versteht man unter Ent
faltung die »Manifestation« ( prakasalä) [des Unsichtbaren], dann
ist eben diese [Manifestation] das [Neue], welches geschaffen wurde.
Denn sie war vorher nicht gegeben. A u f diese Weise wird aber
der [Standpunkt des] sat-karya-väda, [auf dem du stehst, prinzipiell]
verlassen. Denn [du gibst zu, daß] etwas zunächst irreal war und
nachher wirklich wurde. [Und ferner]: weil die Substanz (svarüpa)
von den entfaltenden Ursachen unabhängig ist, so sind diese
entfaltenden Ursachen wie Luftblumen auf nichts korrelativ be
zogen ( = die säpeksatä der abhivyanjaJea-pratyayas ist khapuspa-
vat) und somit völlig irreal.
[Die Unmöglichkeit der Entfaltungstheorie kann auch wie
folgt nachgewiesen werden]. W ir stellen die Frage: wie ist der
Gegenstand, dessen Entfaltung stattfinden soll? Ist er entfaltet
**) Akutubhuya, Chin. Vers. ( W alles * « S. 71): W eil beim Spalten von
Brennholz, (obwohl) gesucht, das Brennen nicht erreichbar ist.
“ ) Diese Erklärung des mülodaka verdanke ich Herrn Prof. S t , S t a -
siak aus Lw ow . Das Gleichnis vom Grundwasser ist mir aus der Lektüre
I n d e r K r i t i k des G e h e n d e n , d e s s c h o n G e g a n g e n e n
[ und d e s n o c h n i c h t G e g a n g e n e n « .
VI. D a s f ü n f g l i e d r i g e Schema.
«Das F e u e r i s t m i t d e m B r e n n s t o f f n i c h t i d e n t i s c h ,
A u ß e r h a l b d e s B r e n n s t o f f s g i b t es k e i n F e u e r ,
Das F e u e r h a t n i c h t d e n B r e n n s t o f f ,
I m F e u e r i s t kei n B r e n n s t o f f und i m B r e n n s t o f f kei n
[Feuer«.
»In d e r U n t e r s u c h u n g ü b e r F e u e r und B r e n n s t o f f
I s t d a r g e l e g t w o r d e n g a n z und v o l l s t ä n d i g
Di e Me t h o d e f ür das P r o b l e m des ätman und des upäääna
U n d z u g l e i c h f ü r T o p f un d T u c h u n d so w e i t e r « .
" ) Der Begriff der Seele ist der intentionale Gegenstand des Ich-ge-
fükls. Erst die Hypostasierung eines solchen Gegenstands ergibt die sat-
käya-drsti.
48 STANISLAW SCHAYEK
die Ursachen des Topfes, der Topf ist die Wirkung; die Scher
ben usw. die Indigo-Tinktur usw. sind die Teile, der T opf ist
das Ganze; mit einem breiten Boden, mit herabhängenden Lippen,
mit einem langen Hals usw. das sind die Merkmale, der Topf
ist der Merkmalsträger; die blaue Farbe usw. das sind die A ttri
bute, der Topf ist die Substanz. Hat man in diesem Sinne die
Bedeutung [jener Hauptkategorien] festgelegt, so ist dann die
selbe Methode der Widerlegung, wie in der Untersuchung über
Feuer und Brennstoff in Anwendung zu bringen. Die [ausführli
chere] Erklärung [dieses Parallelismus in der Behandlung] des
Gegenständlichen überhaupt und des Begrifspaares ätman upä-
tlätia ist aus unserem Traktat »D ie Einführung in das System
der Mädhyamikas« zu entnehmen.
Es steht also fest, daß so wie das karman und der käraka
auch der ätman und das upadäna und ferner überhaupt alles Ge
genständliche ( = Topf usw.) nur eine relative [nicht absolute]
Wirklichkeit besitzt ( = parasparäpek$ikyäm siddhau vyavasthi-
täyäm). Nim gibt es aber Individuen, die sich aus Hochmut ein
bilden, den richtigen Sinn der Lehre des Tathägata verstanden
zu haben. W eil sie [in den ketzerischen Thesen] die [authentische]
Lehre des Sugata zu sehen glauben, gelangen sie in ihrer Hyper
ignoranz zu der Überzeugung, daß die von den ketzerischen Sys
temen willkürlich aufgestellten (updkalpita) Kategorien [wirklich
existieren]. [Über solche Individuen sagt der Lehrer (16):
» D i e j e n i g e n , w e l c h e s ei es d i e K o e x i s t e n z ,
S e i es das G e s o n d e r t s e i h
D e s ätman u n d d e r bhävas l e h r e n ,
H a l t e ich n ich t f ü r K e n n e r des S i n n e s der L e h r e «
**) dtpaitkara ist hier vielleicht ein Epithet des Adibuddha. V gl. S a r a t
C h anhra D as Tib. Engl. Biet. s. v. mar-me-mzad-pa.