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ÖWAV-Klärschlammtagung 2018

Klärschlammstrategie der Stadt Wien

DI Dr. Lukas Egle, Magistrat der Stadt Wien, MA 48


Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark

ÖWAV-Klärschlammtagung 2018 | 15./16. November 2018 | Wels 1 / 20


Inhalt
I. Abwasserreinigung in Wien: Historisch, Status Quo und Vision
II. Herausforderungen für ein Nährstoff-Recycling
1. KSA-Qualität
2. KSA-Eigenschaft
3. Verfahrensauswahl Phosphorrecycling
a. Thermo-chemische Verfahren
b. Nass-chemische Verfahren
c. Düngemittelindustrie
4. Rechtliche Rahmenbedingungen
a. Exkurs: STRUBIAS-Arbeitsgruppe
III. Schlussfolgerungen
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I. Entwicklung der Abwasser- und
Schlammbehandlung in Wien
• Bis 1980: Teilweise Abwasserreinigung bzw. Einleitung von ungereinigtem
Abwasser in die Donau
• Systemwandel 1: 1980 Inbetriebnahme der Hauptkläranlage und der
Klärschlammverbrennung
– Verbot der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung in Wien
– Verbrennung des Klärschlamm in drei Wirbelschichtöfen (WSO 1-3), teilweise mit
Ersatzbrennstoffen
– KS-Menge: 180.000 t entwässerter Klärschlamm (33 % TS)
– KSA-Menge: ~12.000 t/a (8,5-10 % P)
– P-Menge: 1.100 t/a
– Entsorgungsautarkie: Gesicherte Deponierung der KSA auf der Deponie Rautenweg

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Status Quo – Lineare Nährstoffflüsse
Nahrungs- Düngemittel-
mittel import

Abwasser
(Stadt Wien)

Hauptkläranlage Wien (ebs)


KSA
Klär-
schlamm
Wien Energie: 3 Wirbelschichtöfen Reststoffdeponie Rautenweg (MA 48)

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I. Entwicklung der Abwasser- und
Schlammbehandlung in Wien
• Bis 1980: Teilweise Abwasserreinigung bzw. Einleitung von ungereinigtem
Abwasser in die Donau
• Systemwandel 1: 1980 Inbetriebnahme der Hauptkläranlage und der
Klärschlammverbrennung
– Verbot der landwirtschaftlichen Klärschlammverwertung
– Verbrennung des Klärschlamm in drei Wirbelschichtöfen (WSO 1-3), teilweise mit
Ersatzbrennstoffen
– Entsorgungsautarkie: Gesicherte Deponierung der KSA auf der Deponie Rautenweg
• Systemwandel 2: Ab 2018 Adaptierungen und Ergänzungen bei der
Schlammbehandlung. Autarkieprinzip: Monoverbrennung von
Klärschlamm
• Systemwandel 3: Vision  Schließung von unterbrochenen Stoffkreisläufen
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Vision – Zirkuläre Nährstoffflüsse
Nahrungs- Düngemittel-
mittel import

Abwasser P-Produkt
(Stadt Wien)
12.000 t KSA/a
Recycling- 1.100 t P/a
prozess 20% Wien & NÖ

KSA

Hauptkläranlage Wien (ebs)


KSA
Klär-
schlamm
Wien Energie: 3 Wirbelschichtöfen Reststoffdeponie Rautenweg (MA 48)

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1. Herausforderung: KSA-Qualität
• Schwankende KSA-Qualität im Hinblick auf P aber auch
unerwünschte Makro- und Mikroelemente

Abwasser der Stadt

Mitverbrennung
von
Ersatzbrennstoffen

wien.gv.at

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1. Herausforderungen KSA-Qualität
Ergebnisse des einjährigen Klärschlamm-Monitorings

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1. Herausforderungen KSA-Qualität
Ergebnisse des einjährigen Klärschlamm-Monitorings

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Thermische KS-Behandlung
(>850°C, >2sec)
Vorteile:
+ Zerstörung organische Verunreinigungen (Hormone, Arzneimittelrückstände,
Parameter laut DMVO (AOX, Dioxine/Furane, PAK, PCB, PFT, Organochlor-
pestizide))  TOC: <0,1%
+ Zerstörung „Mikroplastik“
+ Aufkonzentrierung des Phosphors
+ Senke für volatile Schwermetalle wie z.B. Quecksilber
+ Steriles (Hygienisierung), lagerfähiges und transportfähiges Endprodukt (Asche)
Nachteile:
– Bindungsform des Phosphors
– Verlust Kohlenstoff und Stickstoff
– Aufkonzentrierung von Metallen
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Verbesserung der KSA-Qualität
Klärschlamm und
Tiermehl aus dem
Umland
Abwasser der Stadt
Maßnahmen gegen
Schadstoffeinleitungen

Monoverbrennung

wien.gv.at

Schlammfaulung

Art des Fällmittels


Sandfang Trocknung

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2. Herausforderung: KSA-Eigenschaft

• Eigenschaften einer Klärschlammasche Gesamt


P2O5
24,24
Ptotal
10,6

– Starke chemische Bindung des Phosphors Wasserlöslich


Ameisensäurelöslich
0
4,47
0
18%

– Metalle und Schwermetalle anthropogen bedingt Zitronensäurelöslich


Neutralammoncitrat
7,16
1,90
30%
8%

– Unerwünschte Begleitelemente in
hohen Konzentrationen wie Fe und Al
– Weitere „wertvolle“ (z.B. CaO) und
– „wertlose“(z.B. SiO2) und Begleitelemente in
hoher Konzentrationen
– Pulverförmig  Staubförmig

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KSA-Zusammensetzung
Vergleich Rohphosphat und KSA
KSA
• Unterschiedliche
Schwermetall enthalten
• Deutlich weniger Cd
• Andere Elemente teilweise
höher (Ni, Pb)
• Hohe Fe- und Al-Gehalte
• Wertlose Begleitelemente
• Mikronährstoffe
(z.B. Cu*, Zn*, B, Mn, Se)
*Gleichzeitig Schwermetall aber auch
Mikronährstoff
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3. Herausforderung: Verfahrensauswahl
Thermo-chemische Verfahren Fragestellungen:
• Energiebedarf (Verfahren bei ~ 1.000 °C bzw.
über dem Ascheschmelzpunkt > 1.500°C)
• Verwertung/Behandlung/Entsorgung der
Reststoffe?
• Verbleib der Inhaltstoffe wie z.B. Schwermetalle
im Prozess
• Qualität der Rezyklate (Pflanzenverfügbarkeit,
P-Gehalt, Schwermetallgehalte, …)
© Outotec • Vermarktung der P-Rezyklate
 Bedarf/Akzeptanz in der Landwirtschaft
 Konkurrenz zur chemischen Industrie
 Kommune als Rohstofferzeuger?
• Kosten der Verfahren

© RecoPhos Universität Leoben

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3. Herausforderung: Verfahrensauswahl
Phosphorsäureherstellung (z.B. EcoPhos, TetraPhos, Phos4Life, EasyMiningSE, PARFORCE)
Fragestellungen:
• Verwertung/Behandlung/Entsorgung der
verbleibende Asche und Reststoffe?
• Charakteristik des Outputs (H3PO4, CaP, MAP)
• Verbleib der Schwermetalle
• Vermarktung der P-Produkte
 Konkurrenz zur chemischen Industrie
 Absatzmärkte
 Kommune als Rohstofferzeuger
• Einsatz der Fe und Al-Verbindungen (z.B. Fällmittel
in der Kläranlage) oder des Gipses
• Einsatz der Cl-Verbindungen Mg- und CaCl2 als
Streumittel oder Einleitung in einen Vorfluter
• Kosten der Verfahren
• Vertriebsmodelle der Verfahrensanbieter (ÖPP)
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3. Herausforderung: Verfahrensauswahl
Düngemittelindustrie
Fragestellungen
• Verwertung/Behandlung/Entsorgung der
Nitrophos-Prozess verbleibende Reststoffe (z.B. Mineralik)
• Verbleib der Inhaltstoffe wie z.B.
Schwermetalle im Prozess
• Vermarktung der P-Rezyklate
 Bekannte standardisierte
Düngemittelqualität
Extraktion  Bestehende Absatzwege
 Keine Konkurrenz zur
chemischen Industrie
 Kommune ist nicht Rohstofferzeuger
• Keine Kosten für ein eigenes Verfahren

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4. Herausforderung: Rechtlicher Rahmen
• Düngemittelrecht:
Wurde adaptiert  Verbrennungsrückstände sind nicht mehr verboten
• Düngemittelverordnung:
– KSA ist in Österreich derzeit kein erlaubter Ausgangsstoff zur Herstellung von P-Dünger
– Zulassung wäre nur per Bescheid möglich
– Novellierung der EU-Düngemittelverordnung in Arbeit – Positive Signale aus der EU
Arbeitsgruppe (STRUBIAS)
• AbfallverzeichnisVO: Klärschlammasche ist eigentlich ein gefährlicher Abfall 
Ausstufung erforderlich (HP 14 Kriterien/Ökotoxizität)
• Novelle AbfallverzeichnisVO: Eigene Schlüsselnummer für KSA in Aussicht
• AWG: Definition Abfallende  Ab wann verliert ein Abfall seine Abfalleigenschaft
– AWG § 5, Abs. 1: „…gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen
gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus
Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden.“
– Wichtig für alle Rückgewinnungsprozesse und Düngemittelindustrie
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STRUBIAS Arbeitsgruppe
• Ziel der Arbeitsgruppe bestand darin, Düngemittelkriterien für Struvit (MAP),
aschebasierte Produkte (z.B. Klärschlammasche) und Biokohlen festzulegen
(Harmonisierung der europäischen Düngemittelverordnung)
• Es wurden die Kriterien festgelegt, welche Sekundärrohstoffe als potentielle direkte
Düngemittel bzw. als Ausgangsstoffe zur Düngemittelherstellung zugelassen werden.
• Klärschlamm und in weiterer Folge Klärschlammaschen sollen laut dem aktuellen
Entwurf der Arbeitsgruppe als Dünger und Ausgangsstoff zur Düngemittelherstellung
zugelassen werden, wenn bei der Verbrennung, der Verarbeitung und anschließend im
Produkt definierte Kriterien (PFC-Kriterien) eingehalten werden.
• Die Aschen verlieren dadurch den Abfallstatus (End-of-Waste), können mit dem CE-
label gekennzeichnet und in ganz Europa verkauft werden.
• Klärschlamm ist KEIN zugelassenes Inputmaterial für die Pyrolyse (Ergebnis einer
Risikobewertung).
• Die STRUBIAS AG hat ihre Berichte fertiggestellt und gibt Ende 2018 eine nicht bindende
Empfehlung an die EU Kommission.
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III. Schlussfolgerungen
• Nährstoffrecycling ist mit zahlreichen Herausforderungen verknüpft
• Die Stadt Wien stellt die Weichen für ein zukünftiges P-Recycling
– Schlammbehandlung (Faulung, Trocknung)
– Monoverbrennung
• Auswahl des Ansatzes zur P-Rückgewinnung erfolgt unter
Berücksichtigung zahlreicher Faktoren:
– Derzeit jedoch noch keine endgültige Technologie-Auswahl
• Rechtlichen Rahmenbedingen für ein P-Recycling aus KSA
– In Österreich gegeben
– Anpassungen auf EU Ebene noch erforderlich

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Vielen Dank für Ihr Interesse

DI Dr. Lukas Egle


Magistrat der Stadt Wien
MA 48 | Abfallwirtschaft,
Straßenreinigung und Fuhrpark
Einsiedlergasse 2 | 1050 Wien
Tel: +43 1 58817-48375
Fax: +43 1 58817-99-48375
E-Mail: lukas.egle@wien.gv.at

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