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FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

Ableit-/Fehler- und/oder
Differenzströme ➊ RCM (Differenzstromüberwachung)
Gerät zum Erfassen/Anzeigen eines Wech-
Ursachen, Probleme, Konsequenzen selstroms (der Summe/Differenz mehrerer
Wechselströme) auf der Grundlage des
K. Bödeker, Berlin; R. Kindermann, Nürnberg Erfassens des Magnetfelds des betreffen-
den Stroms (der Summe/Differenz der Ma-
Die Ursachen, Bezeichnungen, Zusammenhänge und Einwirkungen von Ab- gnetfelder mehrerer Ströme) Quelle: Bender

leit- und Fehlerströmen sind leider oft ungenügend bekannt. Bei der Unter- ➋ RCD (Fehler-
suchung derselben bleibt dann unklar, welcher der Ströme eigentlich ge- strom-/Differenz-
stromschutz-
messen wurde, welche Ursache dahinter steckt und wie die Messergeb- schalter)
nisse, z. B. eines Differenz- oder Schutzleiterstroms, zu bewerten sind. Im Gerät mit dem Mess-
prinzip wie beim RCM
Beitrag werden diese Zusammenhang übersichtlich dargestellt. (Bild 1), jedoch mit
Kontaktapparat, der
beim Überschreiten
bis ➎). Was dagegen fehlt, sind Vorgaben eines eingestellten
1 Ableit- und Fehlerströme oder Vorschläge, die dem Praktiker zeigen, Grenzwerts das Ab-
wie er diesen Strömen auf die Spur kommen schalten der über-
wachten Anlage vor-
In unseren elektrischen Anlagen sind sie kann und was er zu tun hat, um sie in den Griff nimmt Quelle: ABB
inzwischen „zu Hause“, die Ableitströme. Sie zu bekommen. Dies wäre eigentlich Sache der
stören den Betriebsablauf und verursachen dafür zuständigen Sicherheits-Normen [4][5] ➌ Strommesszange
Messgerät zum Erfas-
mitunter erhebliche Störungen und Schäden oder der Hersteller der Betriebsmittel/Geräte.
sen/Anzeigen eines
[1][2]. Leider sind sie zum größten Teil eine Leider wird über die Notwendigkeit des Ent- Wechselstroms (der
unvermeidbare Konsequenz der eingesetzten deckens und Messens dieser Ströme nur Summe/Differenz
„modernen“ Technik und deren Bauelemente. wenig, eigentlich fast gar nichts ausgesagt. mehrerer Wechsel-
Hinzu kommen die Fehlerströme. Auch sie Ebenso unbefriedigend ist die Information ströme) auf der
sind eine praktisch unvermeidbare Folge der über die Fachpresse. In einigen Fachbeiträgen Grundlage des Erfas-
sens des Magnet-
zwangsläufig auftretenden, mehr oder weniger [1][2][6] werden zwar das technische Problem
felds des betreffen-
„betriebsmäßigen“ Beanspruchungen und und die daraus abzuleitenden Aufgaben sach- den Stroms (der Sum-
Beschädigungen der Isolationen [3]. dienlich und neutral beschrieben. Es gibt je- me/Differenz der Ma-
doch vielfach Veröffentlichungen, in denen die gnetfelder mehrerer
1.1 Notwendigkeit von Messungen Bezeichnungen der Ströme (Tafel ➊) unrichtig Ströme) Quelle: LEM
Wer für eine elektrische Anlage verantwortlich verwendet und/oder Rezepte, Geräte, Mess-
ist tut gut daran, über Ableit- und Fehlerströ- einrichtungen, Systeme usw. empfohlen bzw.
me gut informiert zu sein. Genau daran hapert angepriesen werden, ohne die technischen
es leider oft. oder ökonomischen Grenzen und Konsequen-
Alle in diesem Zusammenhang interessieren- zen ihres Einsatzes ausreichend zu benen-
den Ströme (Tafel ➊), wurden nicht neu ent- nen. Offen bleibt dann auch,
deckt. Sie haben allerdings erheblich an • welche technischen Besonderheiten der
Bedeutung gewonnen. Um eine Anlage ord- einsetzbaren Gerätetechnik (Bilder ➊ bis
nungsgemäß betreiben und deren Zustand ➎) sowie der zu überwachenden Anlagen
beurteilen zu können (Tafel ➋), müssen die- zu beachten sind und
se Ströme rechtzeitig erkannt werden. • welchen Aufwand das Errichten sowie das ➍ Isolationswiderstandsmessgerät
Es ist daher erforderlich, durch gelegentliches Betreiben einer ständigen Messung/Über- Messgerät zum Ermitteln des Isolations-
widerstands in elektrischen Anlagen
Messen und/oder durch ständiges Überwa- wachung erfordern [7].
Quelle: GMC
chen festzustellen,
• ob und wo sie in der jeweiligen elektrischen 1.3 Erforderliches Fachwissen
Anlage fließen, Ein Elektropraktiker, der in seiner Anlage eine
• wo und wie sie entstehen – Bauelemente, solche Überwachung einrichten und dann be-
Isolierungen, Isolationsfehler – sowie treiben will, muss bis in das Detail wissen,
• ob und welche Störungen sie verursachen wovon die Rede ist. Nur wenn er sich intensiv
könnten. informiert und weiß, was in seiner Anlage
durch die „Leiter strömt“, kann er die vorge-
1.2 Ungenügende fachliche schlagenen Lösungen sowie die einzusetzen-
Vorgaben de Gerätetechnik vor dem Hintergrund seiner
Es fehlt nicht an Vorschlägen, wie gemessen konkreten Betriebsbedingungen richtig beur-
und überwacht werden soll. Die erforderliche teilen und einsetzen. ➎ Prüfgerät für ortsveränderliche,
Gerätetechnik steht zur Verfügung (Bilder ➊ Um die genannten Forderungen umzusetzen, vorzugsweise steckbare elektrische
muss er Betriebsmittel
Gerät zum Messen des Schutzleiter- und
Autoren • die Möglichkeiten und Grenzen der zur Ver-
des Isolationswiderstands und der Ab-
Dipl.-Ing. Klaus Bödeker ist freier Fachjour- fügung stehenden Messmethoden – beson- leitströme (Schutzleiterstrom, Berüh-
nalist, Berlin; Dipl.-Ing. Robert Kindermann ders der Isolationswiderstandsmessung rungsstrom – unterschiedliche Messver-
ist Mitarbeiter der Firma Gossen-Metra- und der Differenzstrommessung/-überwa- fahren) Quelle: GMC
watt, Nürnberg.
chung – kennen sowie dann

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• die Notwendigkeit des Messens/Überwa- Der Umstand, dass es den Differenzstrom


chens der Ableit-/Fehlerströme in seiner eigentlich gar nicht gibt, erschwert es, einen
Anlage feststellen, Überblick zu gewinnen. Er ist eine durch die
• Orte, Zeitpunkte und Art der Messung die- Messgeräte (Bilder ➊, ➌ oder ➎) indirekt
ser Ströme richtig auswählen und messbare oder, wenn die Teilströme bekannt
• die mitunter „rätselhaften“ Messergebnis- sind, durch die Addition der Stromvektoren
se entwirren und beurteilen können. (Bilder ➐ und ➑) zu errechnende Größe.
Am Rande sei vermerkt, dass auch die seiner-
zeit eingeführte Bezeichnung des nach dem
Ursache und Definition gleichen Differenzstromprinzip arbeitenden
2 der Ableit- und Fehlerströme „Fehlerstrom-Schutzschalters“, als schlechter
Kompromiss anzusehen ist.
Ausgangspunkte der in Tafel ➊ genannten Wer sich in dieser Stromvielfalt nicht verirren
Ströme sind die Bauelemente der Anlage im will, muss erkennen, dass alle behandelten
normalen, d. h. betriebsmäßigen, und im feh- Ströme (Tafel ➊, Nummer 1 bis 9) letztlich
lerhaften Zustand. Um sie vollständig und sys- Ableitströme und/oder Fehlerströme sind
tematisch betrachten zu können ist es sinn- (Bild ➏). Sie wurden lediglich mit unter-
voll, am Anschlusspunkt der zu betrachtenden schiedlichen Bezeichnungen ausgestattet,
Anlage mit dem oder den in den Außenleitern weil sie
fließenden Strömen zu beginnen (Bild ➏). Aus • auf bestimmten, aber unterschiedlichen
ihnen werden dann in der jeweiligen Anlage Wegen fließen oder
• nützliche Betriebsströme (I L und I N) sowie • mit einer bestimmten Mess-Methode ermit-
• ungebetene Ableit- oder Fehlerströme (I PE telt werden oder
und I PA, Tafel ➊), • an bestimmten unterschiedlichen Orten ge-
die dann auf unterschiedlichen Wegen zurück messen werden oder
zum Anschlusspunkt oder zur Stromquelle • eine ganz bestimmte Ursache haben.
gelangen.
Aus Bild ➐ ist zu entnehmen, welcher Zu-
sammenhang zwischen den Strömen in einem Durchführen von Ableit-/
Betriebsmittel besteht, wie sie richtig benannt 3 Fehlerstrom-Messungen
werden sollten bzw. warum sie ihre Namen
tragen. Bild ➑ zeigt den gleichen Sachverhalt 3.1 Ableitstrom
für einen Anlagenteil. Der Ableitstrom eines Betriebsmittels kann
Leider gibt es nicht für alle Ströme offizielle aus zwei Anteilen bestehen:
Definitionen. Zum Teil bestehen sogar „norm- • Über ordnungsgemäße Isolierungen der
gerechte“ Widersprüche [8][9]. Diese machen Leitungen/Bauelemente fließende Ableit-
es oftmals erforderlich, beim Verwenden ströme IA (Tafel ➊ – Nr. 1.1).
eines bestimmten Fachausdrucks – z. B. des Der Wert dieser Ströme ist gering und liegt
Schutzleiterstroms (Tafel ➊ – Nr. 4, Bild ➏) meist weit unter 1 mA. Er hat auch einen ka-
– auch gleichzeitig deutlich zu machen, in pazitiven Anteil, der jedoch sehr sehr klein
welchem Zusammenhang er angewandt ist und in der Darstellung (Bild ➐) vernach-
wird, lässigt wird.
• als „Strom im Schutzleiter“ der Anlage oder • Hinzu kommen die Ableitströme I AC der
• als Kenngröße „Schutzleiterstrom“ gegebenenfalls vorhandenen EMV-Beschal-
eines Geräts. tungen (Tafel ➊ – Nr. 1.2).
Ebenso muss beim Differenzstrom beachtet Ihre Werte liegen bei Geräten im Bereich
werden, dass er in den Normen für einen ganz von 1 bis zu 20 mA und bei Maschinen-
bestimmten Fall definiert wurde. Er ist die steuerungen mitunter bei 1 A und noch dar-
„Differenz der Ströme aller aktiven Leiter (3 L über.
und N) am netzseitigen Eingang/Anschluss“ Wichtig ist die Feststellung, dass
(Tafel ➊ – Nr. 3; Bild ➏). Technisch oder • diese beiden Ableitströme im normalen,
mathematisch gesehen ist aber auch die d. h. im ungestörten Betrieb (betriebsmä-
Differenz der Ströme anderer Leiter, z. B der ßig) vorhanden sind und
drei Außenleiter, ein „Differenzstrom“ und • sich in einem Stromkreis oder Anlagenteil
könnte ebenfalls so bezeichnet werden. geometrisch addieren.
Zu beachten ist daher bei diesen Überlegun- Ihr Gesamtwert kann sehr groß werden und,
gen auch, dass mit den Differenzstrom-Über- wie Tafel ➋ zeigt,
wachungsgeräten (RCM, s. Bild ➊) – und • den betrieblichen Ablauf stören oder/und
ebenso mit den nach dem gleichen „Differenz- • Schäden verursachen.
Mess-Prinzip“ funktionierenden Strommess- Das heißt: Dem Betreiber einer elektrischen
zangen (Bild ➌) – auch Anlage bleibt gar nichts anderes übrig, als
• andere Stromdifferenzen, z. B. die der sich über das Vorhandensein und die Werte
Außenleiter L1 + L2 + L3 oder der Außen- dieser an den verschiedensten Stellen der
leiter und des PEN-Leiters, und Anlage betriebsmäßig vorhandenen Ableit-
• die Ströme in einem einzelnen Leiter, z. B. ströme gründlich zu informieren. Nur wer sich
die Schutz- oder Neutralleiterströme, dieser „Herausforderung“ stellt, kann seine
gemessen werden können. Anlage im Griff behalten.

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FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

Tafel ➊ Definition und Besonderheiten der Ableit-, Fehler- und weiterer Ströme
Nr. Benennung Definition Zusammenhang Besonderheit
1.1 Ableitstrom Strom der ... Summe der Ableitströme z. B. Der Strom hat einen ohmschen und einen kapazitiven Anteil.
... über eine einwandfreie der über die gesamte Länge Er ist praktisch nicht messbar (<< 1 mA), die Ströme addieren
Isolation fließt einer Leitung gleichmäßig sich in Drehstromsystemen zu Null.
verteilten Isolationswider-
stände und -kapazitäten
1.2 ... durch EMV-Beschaltungen Kapazitiver Strom IAC (1 ... 10 mA ... einige A), er ist wesentlich
betriebsmäßig hervorgerufen höher als der Strom der Leitungskapazitäten. In Drehstromsys-
wird temen addieren sich die Ströme bei symmetrisch angeordneten
Beschaltungen zu Null.
2 Fehlerstrom ...über eine defekte Isolation fließt immer gemeinsam mit Sich anbahnende Isolationsfehler mit ihren im Vergleich zu IAC
(Fehlerstelle) fließt den Ableitströmen der Isolie- geringen Fehlerströmen lassen sich durch eine Strommessung
rung/Beschaltungen in einem nicht lokalisieren.
Leiter
3 Differenzstrom ... die Summe der Ströme ist, Summe der Ableit- und Fehler- Im Drehstromsystem werden infolge ihrer Phasenlage
(dieser Strom die am netzseitigen Anschluss ströme, die von den Außen- • die sich zu Null addierenden symmetrischen Ableit-/Fehler-
existiert nicht, er z. B. eines Anlagenteils durch leitern des Anlageteils zu ströme und
ist eine Mess- alle aktiven Leiter fließen zu PE- oder PA-Leitern fließen • die sich teilweise aufhebenden Ableit-/Fehlerströme der ein-
bzw. Rechengröße) phasigen Gebrauchsgeräte
nicht erfasst.
3.1 Ableit-/Fehlerstrom ... eine mögliche Bezeichnung Diese Bezeichnung weist darauf hin, dass es sich bei dem Differenzstrom zumeist um eine
für den Differenzstrom ist Summe von Ableitströmen aus verschiedenen Quellen, mit unterschiedlicher Phasenlage und
oft um ein Gemisch von Ableit- und Fehlerströmen handelt.
4.1 Schutzleiterstrom ... in einem Schutzleiter (PE) Summe von Ableit- und Fehler- Allgemeine Definition nach DIN VDE 100-200.
fließt strömen
4.2 ... im Gerät zum Schutzleiter Definition gilt speziell für Geräte.
(SL) fließt Nach DIN VDE 0702 ein Kennwert für den Zustand eines Geräts.
5 Potentialleiterstrom ... in einem PA-Leiter fließt Enthält möglicherweise Streuströme anderer Anlagen.
6 Berührungsstrom ... von berührbaren leitfähi- Summe von Ableit-/Fehler- Im Prinzip ist natürlich auch jeder andere durch eine Berührung z. B.
gen Teilen über die bedie- strömen, die jedoch erst im von zwei aktiven Leitern entstehende Strom ein Berührungsstrom.
nende/berührende Person Moment des Berührens auf- Bei elektrischen Geräten ist der Berührungsstrom ein Kennwert
zur Erde fließt treten können für deren Zustand.
7 Körperstrom ... auf beliebigem Weg und aus beliebigem Anlass durch Ursache muss nicht immer eine Berührung leitfähiger Teile sein.
den Körper einer Person oder eines Nutztieres fließt
8 Leckstrom ... in den DIN-VDE-Normen international definiert als Bezeichnungen wie „Leckstromzange“ sind falsch und irreführend.
(aus der engl. nicht definiert ist Fehlerstrom
Sprache falsch
übernommen)
9 Streustrom ... als Ableit-/Fehlerstrom erhebliche Stromwerte mög- Der Streustrom kann auch den Schutzleiter der Anlage belasten.
aus einer fremden Anlage lich,
kommt und als Ableit-/Fehler- Korrosions- und Brandgefahr
strom wieder verschwindet
10 Neutralleiterstrom ... im Neutralleiter fließt Summe des/der Außenleiterstroms/ströme, vermindert um die
Ableit-/Fehlerströme, die zu PE- und PA-Leitern fließen.
Notwendig ist diese Messung vor allem in Anlagen, deren Anlagen-
teile/Betriebsmittel Belastungen mit Strömen der 3. Oberschwin-
gung zur Folge haben. Im Drehstromsystem
• kann der Neutralleiterstrom bei symmetrischer Belastung der
Außenleiter Null sein,
• die Ströme 3. Oberschwingung der Außenleiter addieren sich
im Neutralleiter.
11 Rückstrom verwirrende Sammelbezeichnung für alle Ströme, die vom Nicht verwenden!
Außenleiter kommend über N-, PE- und PA-Leiter zurück zur Wenn die Sammelbezeichnung „Rückstrom“ benutzt wird, ist
Stromquelle fließen eine exakte Darstellung zu verlangen.

Tafel ➋ Auswirkungen der Ableit-/Fehlerströme


3.2 Fehlerstrom
Auswirkungen Einschätzung Der Fehlerstrom (Tafel ➊ – Nr. 2) eines Be-
• Erwärmung der PE-/PA-Leiter • meist nur geringfügig triebsmittels oder Anlagenteils unterscheidet
• Erwärmung von Klemmstellen oder • auch deutlich erhöhte Temperaturen sind sich gegenüber dem Ableitstrom dadurch,
ungewollten Kontaktstellen möglich – Brandgefahr! dass er
• Funkenbildung an schlechten Kontakt- • Erschrecken, Lichtbogen, Entzündungen • nicht betriebsmäßig entsteht, sondern das
stellen und beim Öffnen von Klemmen möglich
Ergebnis eines plötzlich oder in einem be-
• Spannungsfälle • in der Regel unter 5 V und nicht störend stimmten Zeitraum entstehenden Isolati-
• elektromagnetische Felder • technische Störungen elektronischer Einrichtungen onsfehlers ist, und
bis zu deren Funktionsversagen
• biologische Störungen bei Lebewesen • keinen bestimmten Wert hat, sondern
kleiner, ebenso groß oder im Kurz-
• Datenverluste • Ursache:
– Übergang von Ableitströmen in elektronische schlussfall wesentlich größer als der Ab-
Komponenten leitstrom sein und sich jederzeit ändern
– elektromagnetische Felder kann, sowie
• Beeinflussung des Auslöseverhaltens • kann zur Notwendigkeit einer Umstellung der • eine andere Phasenlage als der durch die
und vorzeitiges Abschalten der Fehler- Schutzmaßnahmen der betreffenden Anlageteile- EMV-Beschaltungen entstehende (kapazi-
tive) Ableitstrom hat (Bild ➐).
strom-Schutzschalter führen

Um ihn bzw. seine Ursache, den Isolations-

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Bezeichnung des Stroms bzw. des gemessenen Anteils des Ableit-/


Fehlerstroms nach
der Art seines der Mess- der Bezeichnung der Art seines
Entstehens methode des Leiters, in dem Entstehens
er fließt

PA-Leiterstrom IPA

Ableitströme IA Summe der PE-Leiterstrom IPE


Ableit- und auch
Fehler- Schutzleiterstrom ISL
Fehlerströme IF ströme IAF

Körperstrom Berührungs-
strom IB

3L
Außenleiterstrom IL
Betriebs-
Differenzstrommessung
mittel
Neutralleiterstrom IN
PEN N

IPE

direkte
Messung mit
IPA

➏ Erläuterungen zur Bezeichnung der Ströme sowie zum Zusammenhang zwischen


dem Differenzstrom einer Anlage und deren Ableit-, Fehler- und weiteren Strömen
Achtung! Bitte beachten:
Es gilt IA + IF = IAF = IΔ = IL – IN = IPE + IPA (geometrische Addition)

fehler, bereits beim Entstehen erfassen zu handelt. Alle Ströme fließen immer zur glei-
können, chen Zeit und in den gleichen Leitern (Bild
• müssten Messmittel zum Einsatz kommen, ➐). Sie können praktisch auch immer nur als
die Ströme bzw. Stromänderungen mit Wer- gemeinsame Summe – als Ableit-/Fehler-
ten << 1 mA messen können – möglich ist strom (Differenzstrom) – erfasst werden. Es
das, aber nur bei Werten von bestenfalls ist technisch/praktisch nicht möglich, die in
1 mA (Strommesszangen) oder etwa 5 mA einem Betriebsmittel auftretenden oder dann
(Differenzstromüberwachungsgeräte), und in der Anlage fließenden Ableit- und/oder Feh-
• diese Messungen ständig oder zumindest lerströme jeweils getrennt für sich zu messen.
regelmäßig vorgenommen werden. Das heißt dann aber auch: Selbst mit einer
Erschwert wird das Erfassen außerdem, weil ständigen Überwachung der Ableit-/Fehler-
• die Fehlerströme IF oftmals kleiner sind als ströme ist es nicht möglich, entstehende Iso-
die Ableitströme IAC der Beschaltungen und lationsfehler oder solche mit Isolationswider-
sich praktisch hinter diesen verstecken, ständen im Bereich über etwa 0,2 M exakt
• Ströme aus anderen Anlagen (Streuströme) zu erfassen.
das Messergebnis beeinflussen,
• nach den Normenvorgaben betriebsmäßige 3.3 Differenzstrom
Ableitströme von 3,5 mA und mehr je Be- Beim Differenzstrom (Tafel ➊ – Nr. 3), dem
triebsmittel [7] oder je Stromkreis auftreten dritten der hier interessierenden Ströme, han-
dürfen. delt es sich immer um diese eben genannte
Es ist somit gar nicht immer möglich, Fehler- Summe von Ableitströmen und – sofern Isola-
ströme „rechtzeitig“ und exakt, mit einer aus- tionsfehler vorhanden sind – auch von Fehler-
reichenden Gewissheit, zu ermitteln. Sie kön- strömen. Das heißt, mit dem Differenzstrom-
nen mit den üblichen Messmitteln und einem Messverfahren wird immer
vertretbaren Aufwand erst dann sicher ent- • ein „Ableit-/Fehlerstrom“ (Tafel ➊ – Nr.
deckt werden, wenn die betroffene „Isolie- 3.1) des Messobjekts erfasst und
rung“ bereits schwer geschädigt ist1). • dieser dann als Differenzstrom bezeichnet.
Es wird außerdem deutlich, dass bei den Wenn ein Differenzstrom (Ableit-/Fehlerstrom)
meisten Messungen eine Summe von Strö- gemessen wurde oder sein Messwert ange-
men gemessen wird, bei denen es sich fast geben wird, kann dies allein noch keine ab-
immer um ein Gemisch von 1) Ein solcher Isolationsfehler bewirkt einen Fehler-
• mehreren Ableitströmen unterschiedlicher strom von etwa ≤5 mA, der bei den in einer Anlage
Phasenlage und heutzutage üblichen/vorhandenen Ableitströmen
• Fehlerströmen von weit über 5 mA gar nicht bemerkt wird.

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FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

L L
IΔ = ISL N IΔ = ISL + IPA N
PE PE
IL IL
1 2 1 2
ISL IN ISL IN

IAC IAC

Ableitstrom Ableitstrom
Schutzleiter-
der der
strom
Isolierung Isolierung
ISL
IA IA IA IA
Schutzleiter-
strom IF Potential- IF
ISL Fehler- ausgleichs- Fehler-
strom leiterstrom strom
IF IPA IF

Ableitstrom der Kapazitäten Ableitstrom der Kapazitäten IPA


IAC IAC
PA PA

1 Gemessen wird der Schutzleiterstrom

2 Gemessen wird die Differenz der Betriebsströme


IΔ = IL – IN (!)

Sie ist auch die Summe der Ableit- und der Fehlerströme
= IA + IAC + IF (!)
und wird als Differenzstrom bezeichnet.
(!) Achtung: Phasenlage beachten, geometrische Addition ist erforderlich
a) b)

➐ Darstellung der in einem einphasigen Gerät fließenden Ableit-/Fehler- bzw. Differenzströme mit Angabe ihrer Bezeichnungen
a) Der Gerätekörper hat keinen direkten Kontakt mit einem das Erdpotential führenden Teil. Damit gilt für denSchutzleiterstrom ISL im
zum Gerät führenden Schutzleiter der Versorgungsanlage:
• Er ist identisch mit der Summe aller Ableit-/Fehlerströme im Gerät und
• hat den gleichen Wert wie der Messwert des Differenzstroms IΔ.
Es gelten: ISL = IA + IAC + IF und IΔ = ISL
b) Der Gerätekörper hat einen direkten Kontakt mit einem das Erdpotential führenden Teil (PA), über den der Strom IPA fließt. Damit gilt
für den Schutzleiterstrom ISL im zum Gerät führenden Schutzleiter der Versorgungsanlage:
• Er ist nicht identisch mit der Summe der Ableit-/Fehlerströme im Gerät und
• hat nicht den gleichen Wert wie der Messwert des Differenzstroms IΔ.
Es gelten: ISL = IA + IAC + IF – IPA und IΔ = ISL + IPA

schließende Aussage über seine Teilströme und/oder Fehlerströmen den betreffenden An- auf diese Weise den Messwert des Differenz-
(Ableit- oder Fehlerstrom) und über den Zu- lagenteil oder ein Betriebsmittel (Bild ➐b). stroms sachgerecht analysieren und die rich-
stand des Messobjekts, des betreffenden Wird einer dieser Ströme in einer Anlage ge- tigen Schlussfolgerungen ableiten kann.
Anlagenteils oder Betriebsmittels sein. Es ist messen, so ist es Sache der dafür zustän- Natürlich kommt es auch darauf an, dass in
festzustellen: digen Elektrofachkraft, einzuschätzen und zu der jeweiligen Anlage die richtigen Messpunk-
• Ein hoher Differenzstrom kann auch schon entscheiden, te für den Einsatz der Sensoren und für das
im normalen, ungestörten Betrieb entste- • welche Anteile die Ableit- und/oder die Feh- Anlegen der Strommesszangen vorhanden
hen. lerströme an dem Messergebnis haben, sind und letztere ordnungsgemäß positioniert
• Auch ein geringer Differenzstrom kann be- • woher sie kommen, werden können.
reits einen fehlerhaftern Zustand signalisie- • welche Ursachen ihnen zu Grunde liegen
ren. und
Der gemessene Differenzstrom (Ableit-/Feh- • ob etwas gegen sie und/oder ihre Auswir- Auswertung sowie Ableitung
lerstrom) muss daher von einer mit den be- kungen getan werden muss. 4 von Konsequenzen
trieblichen Umständen bestens vertrauten
Elektrofachkraft analysiert werden, bevor eine 3.5 Wahl der Messpunkte Mit dem Messen, Benennen, Notieren und
Bewertung vorgenommen wird und Schlussfol- Da es nicht möglich bzw. nicht sinnvoll ist, Ab- Registrieren von Differenzströmen hat die
gerungen abgeleitet werden. Die am jeweili- leitströme oder Fehlerströme der Betriebsmit- Arbeit – das Erkennen der Störenfriede und
gen Messort vorhandenen Messbedingungen, tel direkt im Betriebsmittel zu messen, be- etwaiger Isolationsfehler – eigentlich erst be-
der Betriebszustand und die Anzahl der ein- steht somit nur die Möglichkeit, zusätzlich zur gonnen. Die Differenz- und/oder Schutzleiter-
geschalteten Betriebsmittel, etwaige Isola- zentralen Messung weitere Messungen von ströme sind mit Geschick und Gespür zu ana-
tionsfehler und andere Einflussfaktoren sind Differenz- und Schutzleiterströmen an geeig- lysieren. Das aber kann oftmals nur ein sehr
dabei zu berücksichtigen. neten Messstellen innerhalb der Anlage und erfahrener Praktiker, der schon vorher etwa
vor einzelnen Stromkreisen oder Betriebsmit- weiß, was herauskommen muss.
3.4 Sonstige Ströme teln vorzunehmen (Bild ➑). Es hängt von den Mit dem Differenzstrom allein, dieser Sum-
Ebenso ist es mit den Schutzleiter-, Potential- Kenntnissen der jeweils verantwortlichen me vieler unterschiedlicher und unbekannter
ausgleichsleiter- oder Berührungsströmen. Elektrofachkraft und ihren Erfahrungen im Um- Stromanteile, kommt es zu keiner Aussage
Mit ihnen verlässt ein Gemisch von Ableit- gang mit ihrer elektrischen Anlage ab, ob sie über den Zustand der einzelnen Betriebs-

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Messen und Prüfen FÜR DIE PRAXIS

Summe der über Erde/PA Differenz- Differenz- Differenzstrom IΔ


zurück fließenden Ströme IX, strom IΔ strom IΔ eines Anlagenteils
gemessen mit der der Anlage eines Betriebs-
Differenzstrommessmethode mittels Dies alles führt zu Abweichungen von dem hier
dargestellten „Idealzustand“ und zu weiteren
Schwierigkeiten bei der Analyse der Ströme.
L1 Auch darauf muss sich der Betriebspraktiker
L2
L3 einstellen, wenn er sich um die Ableit-/Fehler-
N ströme und die Schutzleiter-/Differenzströme
PEN
PE PE
kümmert.
PA
Literatur
Neutralleiter- Schutzleiter- [1] Schmolke, H.: Prüfen und Bewerten des Brand-
strom strom IPE schutzes. Elektropraktiker-Sonderheft „Prüfen
der Anlage und Messen“ 2007, S. 15–20.
[2] Grapenthin, M.: Neutralleiter-, Schutzleiter- und
PA-Leiter-Ströme. Elektropraktiker-Sonderheft
„Prüfen und Messen“ 2007, S. 2–7.
[3] Bödeker, K; Kindermann, R.: Isolationsfehler
IX IX ermitteln. Elektropraktiker-Sonderheft „Prüfen
und Messen“ 2007, S. 8–14.
PA [4] DIN VDE 0100-610 Errichten von Starkstrom-
IX IX anlagen mit Nennspannungen bis 1000 V;
Streustrom Streustrom Prüfungen, Erstprüfungen.
[5] DIN VDE 0105-100 Betrieb von elektrischen
Messung: Differenzstrom Neutralleiterstrom Schutzleiterstrom PA-Leiterstrom Anlagen; Allgemeine Festlegungen.
[6] Kaul, K.-H.: Technologien zur konstanten Isola-
IΔ IN IPE IPA tionsüberwachung. Elektropraktiker, Berlin 59
(2005)2, S. 109–113 und 3, S. 206–208.
➑ Darstellung der Messorte, an denen in einer Wechselstromanlage zu messen ist, [7] BGfE (SD 52); Information zur Sicherstellung
um die Ursachen des Differenzstroms bzw. der Ableit- und Fehlerströme der Anlage der Anforderungen gemäß § 5 UVV-VBG A3.
erkennen zu können [8] DIN VDE 0100-200 Errichten von Niederspan-
nungsanlagen; Begriffe.
[9] DIN VDE 0702 Wiederholungsprüfungen an
elektrischen Geräten.
mittel oder Anlageteile, die ihn verursachen. • So sind die symmetrischen Kapazitäten der [10] Bödeker, K.; Kindermann, R.: Verzicht auf die
Notwendig ist es, den Zusammenhang zwi- EMV-Beschaltung hinsichtlich ihrer Daten Wiederholungsprüfung. Elektropraktiker, Berlin
schen den Strömen und das prinzipielle Vor- (Ableitströme) nicht immer völlig gleich. 59(2005)6, S. 472–474. ■
gehen bei der Analyse der Differenzströme zu • Es können infolge von Schieflast Stern-
kennen. Die zuständige Elektrofachkraft punktverlagerungen und somit unterschied-
muss, ausgehend von den jeweiligen betrieb- liche Spannungen/Ableitströme entstehen.
lichen Gegebenheiten, gründlich überlegen • Bei Maschinensteuerungen ergeben sich
und dann klug entscheiden, um die Möglich- mitunter Schutzleiterströme von weit mehr Fortsetzung ELEKTRO
PRAKTIKER
keiten der Differenzstromüberwachung richtig als 1 ... 10 A.
nutzen zu können. • EMV-Beschaltungen werden bei einigen Ableit/Fehler- und/oder
Sicherlich werden sich immer auch praktische Erzeugnissen nicht zwischen L und SL, son- Differenzströme?
Überraschungen ergeben, deren Hintergründe dern zwischen L und N gelegt, da ja auch Nur gelegentlich oder ständig
in der hier angestellten mehr theoretischen der Neutralleiter das gesuchte Erdpotential überwachen?
Überlegung nicht erwähnt wurden. zur Verfügung stellt.

Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 9 797


EP1007-897-900 20.09.2007 8:12 Uhr Seite 897

Messen und Prüfen FÜR DIE PRAXIS

Ableit-/Fehler- und/oder
Differenzströme
Nur gelegentlich oder ständig überwachen?

K. Bödeker, Berlin; R. Kindermann, Nürnberg


Im ersten Teil dieser Beitragsreihe [1] wurden die Ableit-/Fehlerströme sowie
der Differenzstrom ausführlich erläutert. Nachfolgend wird dargelegt, wie hoch
der Aufwand für das Messen, Überwachen und Auswerten der zu berück-
sichtigenden Ströme ist und wie oft und an wie vielen Stellen einer Anlage
unbedingt gemessen werden muss, um die gewünschten Informationen zu
erhalten.

Analyse der ermittelte Messwert in jedem Moment


1 der Differenzströme durch eine andere Zusammensetzung der Ab-
leit-/Fehlerströme entstanden sein und somit
Je nach dem Messort, den zu überwachenden immer andere Ursachen haben. Die für das
Betriebsmitteln und dem im Messmoment Überwachen/Messen zuständige Elektrofach-
vorhandenen Zustand der Anlage wird der kraft muss trotzdem in der Lage sein, diese
jeweils gemessene Differenzstrom anders Ursachen zu erkennen.
„zusammengesetzt“ sein, andere Anteile von Dass es die Messsonden (RCM) und die
Ableit- und Fehlerströmen enthalten. Dass Strommesszangen gibt, ist ein wahrer Segen.
heißt, an einer bestimmten Messstelle kann Man muss allerdings wissen, wie sie richtig
angewendet werden sowie ihre Grenzen
(Fremdfelder, Oberschwingungen) und die
Autoren möglichen Fehlanzeigen kennen. Dieses ge-
Dipl.-Ing. Klaus Bödeker ist freier Fachjour- hört jedoch heutzutage zum Grundwissen
nalist, Berlin; Dipl.-Ing. Robert Kindermann einer Elektrofachkraft, die eine Anlage zu
ist Mitarbeiter der Firma Gossen-Metrawatt,
betreiben oder zu prüfen hat. Darauf wird in
Nürnberg.
einem folgenden Beitrag näher eingegangen.

Wert des Differenzstroms IΔ eines Wechselstromkreises (Beispiel),


er beträgt:
IΔ1 = ΣIA + ΣIAC (!) ohne Isolationsfehler
IΔ2 = ΣIA + ΣIAC + ΣIF (!) mit Isolationsfehler


L
N
PE
IPE IΔ IΔ IΔ IΔ

IF
IA IAC IA IAC IA IAC

IA IAC
IΔ IΔ
Der Schutzleiterstrom IPE
der Anlage im dargestellten
Fehlerfall beträgt:
IF IPA
IPE2 = IΔ2 – IPA (!) IA IA

IAC Ableitstrom der Beschaltung IA Ableitstrom der Isolierung


PA
IF Fehlerstrom der Isolierung IPA Potentialausgleichsleiterstrom
IΔ Differenzstrom an der jeweiligen Messstelle

geometrische Addition beachten (!)

➊ Prinzip und Besonderheiten der Differenzstrom-(Ableit-/Fehlerstrom-)Über-


wachung einer Wechselstromanlage
Merkmale:
• Der Differenzstrom und der Schutzleiterstrom sind ein Gemisch von Ableit- und Fehlerströmen.
• Um zu klären, aus welchen Teilströmen der Differenzstrom besteht und welche Ursachen
diese haben, sind weitere Messungen notwendig.

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FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

Erschwerend beim Beurteilen des Differenz-


stroms ist, dass in Abhängigkeit von der Art Betriebsmittel ohne Isolationsfehler Betriebsmittel mit Isolationsfehler
der Anlage/Teilanlage (Bilder ➊ bis ➌) und
der von ihr versorgten Betriebsmittel, bei der IΔ1 = IF IΔ2 = IF
Analyse des an zentraler Stelle ermittelten L1
Messwerts, immer andere Zusammenhänge L2
beachtet werden müssen. Infolge der unter- L3
N
schiedlichen Phasenlage der einzelnen Strö-
PE
me und der dadurch erforderlichen geometri-
IPE = IF IPE = IF
schen Addition, ist der Wert des Differenz- IΔ = IF
IPE = IF
stroms zwar ein wichtiges, allein dann doch IΔ
nicht ausreichendes Merkmal für den Zustand IPE = 0
der Anlage. Er kann Differenzstrom Differenzstrom
• einen sehr geringen oder im Prinzip sogar IΔ = 0 IΔ = IF
den Wert Null haben, obwohl in den Anla- bei einem bei einem
genteilen/Betriebsmitteln unzulässig hohe DS-Gerät ohne DS-Gerät mit
Isolationsfehler Isolationsfehler
symmetrische Ableit-/Fehlerströme fließen
oder IF
• als Ergebnis der EMV-Beschaltungen einen
zu hohen, aber trotzdem betriebsmäßigen
Die symmetrischen Ableitströme
Wert aufweisen. • der Beschaltungen IAC und
Zu beachten ist weiterhin, dass Änderungen • der Isolierungen IA IF IPE
des Differenzstroms auftreten können, die (nicht eingezeichnet)
• zwar geringfügig sind, aber auf einen gefähr- addieren sich in beiden Fehlerstrom
Geräten zu Null. IF = IΔ = IPE
lichen Zustand hinweisen oder solche,
• die einen erheblichen Wert haben, aber
durch betriebsmäßige Einflüsse sowie ➋ Prinzip und Besonderheiten der Differenzstrom-(Ableit-/Fehlerstrom-)Über-
wachung einer Drehstromanlage, von der nur Drehstromgeräte versorgt werden
Schaltzustände hervorgerufen wurden. Die Darstellung gilt unter der Voraussetzung, dass die Kondensatoren der EMV-Beschaltungen
Nachstehend wird dies am Beispiel einiger eines jeden Betriebsmittels symmetrisch angeordnet sind und gleiche Daten (Ableitströme)
Anlagenarten gezeigt. haben.
Merkmale:
1.1 Wechselstromanlage • Die Differenzströme enthalten nur die Fehlerströme und nicht die Ableitströme der Geräte.
Die Differenzströme einer Wechselstromanla- • Der Differenzstrom und der Schutzleiterstrom haben im betriebsmäßigen Zustand (kein
ge (Bild ➊) – geometrischen Summen aller in Isolationsfehler, kein Fehlerstrom) den Wert Null.
dieser Anlage entstehenden und sie auf vie- • Ist in einem Betriebsmittel ein Isolationsfehler vorhanden, der einen Fehlerstrom bewirkt,
so gilt IΔ = IF = ISL.
lerlei Wegen verlassende Ableit- oder Fehler-
ströme – können sehr unterschiedliche und
vielfach wechselnde Werte annehmen. Im dar-
gestellten Beispiel müssen der die Anlage auch infolge der sich ja ebenfalls ändern- 1.2 Drehstromanlage
überwachenden Person die typischen Werte den Fremdfelder – mitunter größer sind, als Bei einer Drehstromanlage, die ausschließlich
des „betriebsmäßigen“ Differenzstroms be- die interessierenden, aber noch geringen Drehstrombetriebsmittel, d. h. keine Wech-
kannt sein, die an bestimmten Messpunkten Werte der Fehlerströme und selstromkreise, versorgt (Bild ➋), ist die Ana-
bei bestimmten betriebsmäßigen Zuständen • sich Veränderungen der Ableitströme auch lyse wesentlich einfacher. Die Ableitströme
(mögliche Schalt- und Betriebszustände der durch betriebsmäßige Einflüsse (Erwär- der Isolierungen und der symmetrischen Be-
Arbeitsmittel) auftreten. Nur dann ist es für sie mung, Nässe, Spannungsfall) sowie durch schaltungen (L –PE) der Außenleiter addieren
möglich abzuschätzen, betriebsmäßige Änderungen der Anzahl sich infolge ihrer Phasenlage im Schutzleiter
• ob im jeweiligen momentanen Messwert oder der Belastung der Betriebsmittel er- eines jeden Betriebsmittels zu Null ([1], Bild
auch ein Fehlerstrom enthalten sein kann geben können. 1). Sofern kein Isolationsfehler vorhanden ist
und Um die notwendige Information zu erhalten ist und daher auch kein Fehlerstrom entsteht,
• ob eine Änderung durch einen Fehlerstrom es in jedem Fall erforderlich, auch den Schutz- fließt kein Strom im Schutzleiter. Die Diffe-
hervorgerufen worden sein kann und ein leiterstrom der betreffenden Anlage zu mes- renzstrommessungen der Betriebsmittel und
Isolationsfehler zu suchen ist. sen. der Anlage ergeben den Wert Null.
Gegebenenfalls sind der betreffenden Person Besteht ein erheblicher Unterschied (Bild ➊) Für die Überwachung gilt damit, dass der
bestimmte innerbetrieblich festgelegte Grenz- zwischen dem Differenzstrom (IΔ) und dem Differenzstrom IΔ = Null als betriebsmäßiger
werte vorzugeben. Schutzleiterstrom (IPE), so sollte durch weite- Zustand anzusehen ist. Ein jeder Fehlerstrom,
Das Analysieren einer Differenzstromände- re Messungen festgestellt werden, welche der infolge eines Isolationsfehlers in einem
rung und das Lokalisieren einer eventuellen Schutzleiterströme von welchen Anlageteilen/ Außenleiter auftritt, ist somit einfach zu erken-
Fehlerstelle erfordert in diesem Fall (Bild ➊), Betriebsmitteln kommen und über welche nen. Er kann erfasst und dann durch weitere
dass 5 bis 9 weitere Überwachungsgeräte leitenden Systeme (PA-Leiter) ein weiterer Messungen eindeutig lokalisiert werden, wenn
abgefragt oder entsprechende Messungen Anteil des Differenzstroms (IPA) das Gebäude er die Empfindlichkeitsgrenze des Stromsen-
mit Strommesszangen jeweils an den glei- bzw. die Anlage verlässt. sors oder der Strommesszange erreicht.
chen Messstellen vorgenommen werden. Pro- Es muss beim Beurteilen der Messwerte Problematisch ist hier, dass
blematisch ist dabei, dass immer wieder daran gedacht werden, dass die • die symmetrischen Ableitströme und
• die Fehlerströme geringfügiger Isolations- gemessenen Ströme eine unterschiedliche • eventuell durch Nässe oder Alterung ent-
fehler von den Ableitströmen der EMV-Be- Phasenlage haben und daher nicht wie sonst standene symmetrische Fehlerströme und
schaltungen überdeckt werden (s. Kasten), immer üblich arithmetisch addiert werden • auch einzelne (unsymmetrische) noch ge-
• die Messunsicherheiten der Messmittel – dürfen. ringfügige Isolationsfehler

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der Betriebsmitteln durch die Differenzstrom- leitströme liegenden Fehlerstrom zu erken-


überwachung nicht oder nicht immer erfasst nen und
werden. • so die Übersicht zu behalten.
Ebenso schwierig ist es, die sich bei ver-
1.3 Drehstromanlage, die auch schiedenen Betriebszuständen ergebenden
Wechselstromkreise enthält Ströme IPE in den Schutzleitern innerhalb der
Kompliziert wird die Situation bei Drehstrom- Anlage zu überblicken.
kreisen-/anlagen, von deren Außenleitern Um den gemessenen Differenzstrom am
auch Wechselstromkreise ausgehen (Bild ➌). Eingang der Anlage wenigstens annähernd
Zunächst gilt auch hier der für eine Wech- bewerten zu können ist es unumgänglich, zeit-
selstromanlage (Bild ➊) dargelegte Zusam- gleich auch die Differenzströme in der Anlage
menhang. Hinzu kommt, dass sich die Sum- sowie ständig oder nach Erfordernis die ihnen
me der phasenverschobenen Ableitströme zuzuordnenden Schutz- und Potentialleiter-
der einphasigen Betriebsmittel in Abhängig- ströme zu messen.
keit vom Betriebszustand, vom Zu- oder Ab-
schalten einer unbekannten Zahl von Wech-
selstrom-Verbrauchern, ständig ändern kann. Konsequenzen für die ver-
Es kommt dann auch am jeweiligen Speise- 2 antwortliche Elektrofachkraft
punkt der Wechselstromkreise (Bild ➌, IΔ2)
und auch am Eingang der Drehstromanlage Es ist nicht zu übersehen, dass es nötig und
(Bild ➌, IΔ1) zwangsläufig immer wieder zu immer dringlicher wird, die Ableit- und Fehler-
„betriebsmäßigen“ Änderungen des Differenz- ströme der Anlagen zu erfassen, d. h. regel-
stroms. Damit ist es kaum möglich, mäßig und bei jeder Prüfung zu messen oder
• die betriebsmäßigen „Normalzustände“, ständig zu überwachen. Die so genannte Dif-
d. h. zulässige Werte des Differenzstroms ferenzstromüberwachung ist eine solche Mög-
der Anlage festzustellen und lichkeit. Klar muss aber sein, dass es nicht
• einen geringen oder in der Größenordnung um die Differenzströme geht, sondern darum,
der betriebsmäßigen Änderungen der Ab- • die in den Schutzleitern und in den PA-Sys-
temen fließenden Ableit- und/oder Fehler-
ströme zu erfassen und
Einfluss der Phasenlage der • die von diesen Strömen möglicherweise
Ströme auf die Stromsumme ausgehenden Betriebsstörungen ([1], Tafel
1) zu erkennen.
Der im Schutzleiter (PE, PA) oder einem
fremden leitfähigen Teil fließende Strom
Um dies zu gewährleisten muss die zuständi-
ist (fast) immer die Summe von mehreren ge Elektrofachkraft, der Anlagenverantwortli-
Ableit- oder Fehlerströmen. Dabei ist egal, che,
• unter welchen Bezeichnungen diese Strö- • den Zusammenhang des ermittelten Diffe-
me einzeln oder gemeinsam auftreten, renzstroms und/oder Schutzleiterstroms
• womit und wie sie gemessen werden. mit den anderen Strömen ([1], Tafel 1) so-
Da sie aus mehreren Gründen eine unter- wie deren Ursachen, Wege, Folgen und Stö-
schiedliche Phasenlage haben können, ist rungen vollständig überblicken,
der gemessene Stromwert das Ergebnis • die im Beitrag genannten technischen Gren-
einer durch die Messeinrichtung bewirkten
zen der Differenzstromüberwachung/-mes-
Addition. Dies macht es schwierig und in
vielen Fällen praktisch unmöglich zu er- sung kennen [die Ableitströme addieren
kennen, dass im gemessenen Schutzlei- sich geometrisch und möglicherweise zu
ter- oder Differenzstrom, der im Wesent- Null, während die Fehlerströme nur bei
lichen von den Ableitströmen (IA, IAC) einem entsprechenden Wert (IF größer etwa
bestimmt wird, auch ein geringer Fehler- 0,2 x ∑ IA + IAC) zu erfassen sind],
strom IF (siehe Bild) enthalten ist. • die zu überwachende Anlage hinsichtlich
der technologischen Abläufe sowie der elek-
L trischen Besonderheiten ([1], Bilder 6, 7, 8
N – und Bilder ➊ bis ➌) vollständig durch-
PE schauen und
ISL
ohne • die technischen Möglichkeiten der Strom-
Isolationsfehler messsonden und -zangen sowie ihre Ein-
ISL satzmöglichkeiten in einer Anlage kennen
und richtig nutzen.
IA
Sie muss weiterhin berücksichtigen, dass es
IAC IAC zur rationellen Gestaltung der Differenzstrom-
mit überwachung-/messung und einer einfachen
Isolationsfehler Bewertung der Messwerte z. B. auch erforder-
IA
ISL
lich sein kann,
IF
IF • die zu überwachende Anlage oder die
Stromkreiszuordnung zu ändern,
IA
• zusätzlich oder anstatt der Differenzstrom-
IAC überwachung/-messung eine Schutzleiter-
stromüberwachung/-messung vorzunehmen,

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FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

Differenzströme IΔ Schutzleiterströme IPE = Summen


(siehe Anmerkung a der Ableitsröme IA und IAC
in der Bildunterschrift) (siehe Anmerkung b in der Bildunterschrift)

IΔ1 IΔ2
L1 L1
L2 L2
L3 L3 IAC Ableitstrom
N der Beschaltung
PE
IPE 1 einphasig
IPE IPE IPE

ΣIA dreiphasig,
3 symmetrisch,
IAC IAC ΣIAC IAC Σ=0
IAC 3 1 1 1 IA Ableitstrom
IA IA IA
240° ver- 120° ver- der Isolierung
schoben schoben IPE Schutzleiterströme
der Anlage/Geräte
(Summe der geo-
metrischen Addi-
ΣIAC = 0 tionen der Ströme
IA IA IA an den jeweiligen
ΣIA = 0
Stellen.)

➌ Prinzip und Besonderheiten der Differenzstrom-(Ableit-/Fehlerstrom-)Überwachung einer Drehstromanlage, von der auch
Wechselstromgeräte versorgt werden
Anmerkung a: Die Werte der Differenzströme IΔ (auch der Schutzleiterstrom IPE) des Wechselstromkreises ändern sich ständig
• in Abhängigkeit von Schaltzustand/Anzahl der angeschlossenen fehlerfreien Wechselstrom-Betriebsmittel und/oder
• beim Auftreten von Fehlerströmen (Isolationsfehlern).
Um zu klären, welche Ursachen der Differenzstrom der Anlage hat, sind weitere Messungen der Differenz- und Schutzleiterströme der Betriebs-
mittel und Anlagenteile erforderlich.
Anmerkung b: Dargestellt sind hier die Summen der Ableitströme IA und IAC, die sich infolge ihrer Phasenlage (geometrische Addition !) zwischen
den Wechselstromkreisen teilweise ausgleichen und daher nicht oder nur teilweise beim Messen des Differenzstroms IΔ mit erfasst werden.

• die bisher nicht beachteten Verbindungen • der Aussagekraft der Unterlagen, die vom ten dieser Messung/Überwachung je nach
der PE-Leiter mit den PA-Leitern in der Anla- Hersteller der Differenzstromüberwachungs- Anlagenart mehr oder weniger beschränkt
ge herauszufinden und zu beseitigen oder geräte zur Verfügung gestellt wurden. sind. Erst dann, wenn völlig geklärt wurde,
zu überwachen. • welche Aussagekraft die einzelnen Mess-
Wenn eine Differenzstromüberwachung einge- ergebnisse an den möglichen Messorten
richtet werden soll bzw. wenn über ihre Zweck- 3 Zusammenfassung haben,
mäßigkeit zu entscheiden ist, sollte als Erstes • ob sie ausreichen, um aus ihnen die nöti-
eine gründliche Analyse der zu überwachen- Bei allen Überlegungen und Entscheidungen gen Schlussfolgerungen abzuleiten,
den Anlage und aller Betriebsmittel hinsicht- zur Differenzstrommessung/-überwachung • ob sich der mitunter erhebliche Aufwand
lich der betriebsmäßig oder im Fehlerfall auf- ist immer zu berücksichtigen, dass es nicht wirklich lohnt,
tretenden Ableit-/Fehlerströme und deren direkt um den Differenzstrom geht. Die • ob durch die Differenzstrommessung/
Auswirkungen erfolgen. Dann sind die Mess- eigentlichen Störenfriede sind die im Schutz- -überwachung nicht nur erhebliche Kosten,
orte festzulegen, an denen die auftretenden leiter oder im PA-Leiter fließenden Ableit-/ sondern wirklich auch Einsparungen z. B.
Differenz- bzw. Ableit-/Fehlerströme gemes- Fehlerströme. Deren Ursachen müssen er- bei der Wiederholungsprüfung entstehen
sen werden müssen, um eine Lokalisierung kannt und beseitigt werden. Der zu messen- [2],
ihrer Wege und Entstehungsorte zu ermög- de Differenzstrom ist lediglich Ansatzpunkt ist zu entscheiden, welche Messungen/Über-
lichen. Dabei ist zu bedenken, dass die Not- der Untersuchungen. Eigentlich wäre es ein- wachungen wirklich sinnvoll sind, um die
wendigkeit der dazu nötigen Messungen bzw. deutiger, von der „Schutzleiterstromüberwa- elektrische Anlage sicher und wirtschaftlich
Messstellen möglicherweise erst im Verlauf chung“ oder einer „Ableit-/Fehlerstromüber- zu betreiben.
des späteren Betreibens der Überwachungs- wachung“ zu sprechen. Klar muss auch sein,
anlage erkannt werden kann, d. h. beim dass diese Überwachung keine Schutzmaß- Literatur
Analysieren der Ströme. nahme gegen elektrischen Schlag ist und da- [1] Bödeker, K.; Kindermann, R.: Ableit-/Fehler-
und/oder Differenzströme; Ursachen, Probleme,
Außerdem sollte in diesem Zusammenhang her auch das Anwenden von Überwachungs- Konsequenzen. Elektropraktiker, Berlin 61
geklärt werden, ob es in der betreffenden geräten (RCM) nicht als Ersatz für den (2007)9, S. 792–797.
Anlage infolge der Oberwellenbelastung durch Einsatz von Fehlerstrom-Schutzschaltern [2] BGFE (SD 52); Information zur Sicherstellung der
moderne Arbeitsmittel auch nötig ist, die angeshen werden kann. Anforderungen gemäß § 5 UVV-VBG A3. ■
Neutralleiterströme zu überwachen. Unbestritten ist, dass eine solche regel-
Zweckmäßig ist weiterhin, dass der Anlagen- mäßige Messung oder ständige Überwa-
verantwortliche die Erfahrungen anderer Be- chung – je nach der Art der Anlage – mehr
treiber der Differenzstromüberwachung nutzt. oder weniger erforderlich ist und mit dem
Dies hinsichtlich zunehmenden Einsatz moderner Komponen- Fortsetzung ELEKTRO
• der in diesem Beitrag behandelten techni- ten in unseren Anlagen auch immer notwen- PRAKTIKER
schen Belange, diger wird. Jeder Anlagenverantwortliche soll-
• der rationellen Gestaltung der Überwa- te sich Klarheit darüber verschaffen, ob und Differenzstromüberwachung –
chungsanlage und wann und wie sie bei ihm eingeführt werden Vergleich mit anderen Mess-
• der beim Errichten/Betrieben entstande- sollte. und Prüfverfahren
nen Kosten sowie Dabei ist zu beachten, dass die Möglichkei-

900 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 10


Messen und Prüfen

Ableit-/Fehler- und/oder
Differenzströme?
Vergleich verschiedener Mess- und Prüfverfahren

K. Bödeker, Berlin; R. Kindermann, Nürnberg


In [1] sind die in elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln fließenden Ableit-/
Fehlerströme sowie ihre Summe, der Differenzstrom, ausführlich erläutert.
Zu klären bleibt noch, wo und wann zu messen ist (ständig oder gelegent-
lich), um die gewünschten Informationen zu erhalten, und wie hoch der Auf-
wand für das Messen, Überwachen und Auswerten sein wird. Festzustellen
ist für die jeweilige Anlage außerdem, ob sich diese Maßnahmen positiv auf
den Betriebsablauf und die Anlagensicherheit auswirken.

Betreiben ihrer Anlage [1][2] zu ermöglichen


1 Mess- und Prüfverfahren und
• ob dann kritische Situationen (Überlast,
Der Einsatz von Schutzeinrichtungen, die das Überhitzung, Störfelder) mit der Überwa-
Überwachen und Abschalten der Ableit-/Feh- chung der Ableit-, Fehler-, Streuströme bzw.
lerströme (Differenzströme) bewirken (RCD), des Differenzstroms besser und dann recht-
wird in den Errichtungsnormen [2] der elektri- zeitig erkannt werden und
schen Anlagen verbindlich vorgegeben, wenn • ob der damit entstehende Nutzeffekt den
• dies zum Schutz gegen elektrischen Schlag zusätzlichen Aufwand rechtfertigt.
oder als Zu überlegen ist in diesem Zusammenhang
• Schutz gegen elektrisch gezündete Brände außerdem, ob diese Überwachung der Ab-
erforderlich ist. Bei vorgegebenen Werten des leit-/Fehlerströme (Differenzströme)
Ableit-/Fehlerstroms (Differenzstrom; siehe • auch geeignet ist, um den Zustand der
Kasten auf Seite 1011) muss dann eine Ab- Isolierungen der Anlage (L - PE, N - PE) zu be-
schaltung des betreffenden Stromkreises werten, so dass
durch einen Fehlerstrom-Schutzschalter (RCD) • auf andere, dieser Bewertung dienende
oder ein gleichwertiges Schutzgerät erfolgen. Maßnahmen – z. B. die Isolationswider-
Im Gegensatz dazu wird eine Ableit-/Fehler- standsmessung – verzichtet werden kann,
strom-Überwachung ohne Abschaltung in wie in der Literatur vorgeschlagen wird [3].
den Errichtungsnormen [2] nicht gefordert. Für Zu entscheiden ist weiterhin, ob die ge-
eine solche, sogenannte „Differenzstrom- wünschten Aussagen durch
überwachung“ durch RCM, besteht aus der • das gelegentliche Messen mit Strommess-
Sicht der Sicherheitsnormen keine allgemeine zangen oder
Notwendigkeit. Der Grund hierfür ist, mit ihr • eine ständige Überwachung mit Differenz-
allein kann kein eindeutig definierter Schutz strom-Überwachungsgeräten (RCM) oder
gegen elektrischen Schlag [2] oder Brand- • nur durch Kombination beider Methoden
schutz erreicht werden. Soll eine Schutzmaß- zu erhalten sind.
nahme mit einer RCM errichtet werden, muss Dass heißt, die jeweils verantwortliche Elek-
sie mit einer die jeweiligen Abschaltbedingun- trofachkraft (der Anlagenverantwortliche) hat
gen erfüllenden Abschalteinrichtung kombi- – ebenso wie beim Überwachen/Messen der
niert, also zum RCD qualifiziert werden. Temperaturen, der Neutralleiterbelastung,
des Oberwellenanteils der Spannung oder der
1.1 Notwendige Maßnahmen elektromagnetischen Felder und weiterer ähn-
Über die Notwendigkeit einer Überwachung licher Sachverhalte – selbst zu entscheiden,
der Ableit-/Fehlerströme aus betrieblichen ob und mit welcher Methode sowie in wel-
Gründen entscheidet der Errichter oder der chem Umfang diese Messungen (als Ergän-
Betreiber einer elektrischen Anlage. Das zung der vorbeugenden Instandhaltung und/
heißt: oder Wiederholungsprüfung [4]) vorgenom-
Festgestellt werden muss, men werden sollten.
• ob eine solche Überwachung notwendig ist,
um das ordnungsgemäße und zuverlässige Ohne jede Ausnahme gilt:
Eine Differenzstrom-Überwachung (Ableit-/
Fehlerstrom-Überwachung), die lediglich eine
Autoren Meldung bewirkt – egal wie, wo und wie oft
Dipl.-Ing. Klaus Bödeker ist freier Fachjour- sie erfolgt – ist kein Ersatz für Schutzmaß-
nalist, Berlin; Dipl.-Ing. Robert Kindermann nahmen, die eine Abschaltung bewirken
ist Mitarbeiter der Firma Gossen-Metra- müssen [2][5] und somit den Einsatz von
watt, Nürnberg.
Fehlerstrom-Schutzschaltern erfordern.

Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 11


FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

Es gilt aber auch diese Feststellung: • das Erkennen ihrer Teilströme und deren me der vorbeugenden Instandhaltung bzw. der
Das Überwachen der Differenzströme bzw. Wege sowie Wiederholungsprüfung rechtfertigen.
der Ableit- und Fehlerströme ist letztlich • das Umsetzen der gewonnenen Erkenntnis-
auch eine der Sicherheit von Sachwerten und se in die Betriebspraxis der eigenen Anlage
Personen dienende Maßnahme, die zuneh- können praktikable Ergebnisse gewonnen Überwachung oder Isolations-
mend Bedeutung erlangt. werden. 2 widerstandsmessung
Praktikable Ergebnisse wären z. B.:
Wer in dieser Weise über die Zweckmäßigkeit • Schnelles Erfassen und Beseitigen von 2.1 Allgemeine Situation
des Errichtens und Betreibens einer Ableit-/ Störungen (sehr grober Isolationsfehler L - Der Nutzen einer Ableit-Fehlerstrom(Differenz-
Fehlerstrom-Überwachung (Differenzstrom- PE, Verbindungen N - PE, s. Tafel ➊) in der strom)-Überwachung sowie die Grenzen ihrer
Überwachung) in seiner Anlage zu entschei- elektrischen Anlage. sinnvollen Anwendung wurden im vorstehen-
den hat, kommt nicht umhin, sich sehr gründ- • Erkennen von zu hohen betriebsmäßigen den Abschnitt bzw. in [1] dargelegt. Nutzen
lich zu informieren [1] über Ableitströmen auf den Schutzleitern und Grenzen der Isolationswiderstands-
• die technologischen Abläufen der Anlage, (Schutzleiterströme) und damit von uner- messung können aus den reichlich vorhande-
• die dabei zu erwartenden betriebsmäßigen warteten betriebsmäßigen Zuständen be- nen Erfahrungen – besonders denen der
Ableitströme und ihre Wege in den verschie- stimmter Anlagenteile/Betriebsmittel. letzten Jahre – ziemlich exakt eingeschätzt
denen Anlagenteilen (s. Bilder in [1]) sowie • Vermeiden oder Vermindern der durch werden.
• die Auswirkungen der möglicherweise auf- Störungen entstehenden Produktionsaus- Zu klären ist aber,
tretenden Fehlerströme auf den zu messen- fälle und ein besserer Einblick in die be- • ob bei den Wiederholungsprüfungen einer
den Ableit-Fehlerstrom (Differenzstrom) und trieblichen Abläufe der betreffenden tech- Anlage auf die Isolationswiderstandsmes-
• möglicherweise nötige Konsequenzen, z. B. nologischen und elektrischen Anlagen. sung (L/N - PE) verzichtet werden kann, weil
Änderungen an der Anlage. • Das mit dieser Überwachung entstehende • durch das regelmäßige Messen/Überwa-
Er ist ja schließlich derjenige, der dem nicht- elektronische Tagebuch der Ableit-/Fehler- chen der Ableit-/Fehlerströme (Differenz-
fachkundigen Unternehmer/Betreiber den ströme (auch Neutralleiterströme) ermög- ströme; s. Kasten) die gleichen Aussagen
Griff in den Geldbeutel zu empfehlen und dies licht es, erforderliche Änderungen an der erbracht werden wie bei der Isolationswider-
letztlich zu verantworten hat. Er muss durch Anlage oder in der Betriebsführung zu er- standsmessung.
eine kluge Planung gewährleisten, dass der kennen. Nach DIN VDE 0105-100 wäre es zulässig, bei
mit der Ableit-/Fehlerstrom(Differenzstrom)- Diese unverkennbaren Vorteile rechtfertigen der regelmäßigen Wiederholungsprüfung auf
Überwachung entstehende, zweifellos recht eine solche Überwachung vor allem bei einen Prüfgang – hier die Isolationswider-
erhebliche Aufwand, dann durch eine bessere modernen elektrischen Industrieanlagen, die standsmessung – zu verzichten, wenn eine
Betriebsführung gerechtfertigt werden kann. sich durch die eigenen Ableit-/Fehlerströme andere, ebenso aussagekräftige Messung an-
selbst empfindlich stören und somit ihre eige- gewandt wird.
1.2 Schlussfolgerungen nen Ausfälle provozieren. In Tafel ➊ werden die mit beiden Verfahren
Die technischen oder wirtschaftlichen Achtung! Es ist sehr viel fachliche Kompetenz feststellbaren Zustände/Aussagen gegen-
Schlussfolgerungen ergeben sich nicht be- erforderlich, um im konkreten Fall die techni- übergestellt und miteinander verglichen. Da-
reits durch das Messen der Ableit-/Fehler- schen Zusammenhänge ausreichend genau bei ist zu beachten:
ströme (Differenzströme). Das Messergebnis übersehen und die wirtschaftlichen Konse- • Beide Messverfahren haben infolge der ver-
kann nur ein mehr oder weniger bedeutendes quenzen richtig voraussehen zu können. schiedenen Messspannungsarten (AC oder
Warnsignal sein. Erst durch Eine der zu klärenden Fragen ist dabei, ob die DC) eine völlig andere Messaufgabe. Ihre
• die Analyse der gemessenen Ströme (siehe durch diese Überwachung entstehenden Aus- Messergebnisse beschreiben unterschied-
Bilder 7 bis 11 und Tafel 1 in [1]), sagen den Verzicht auf eine andere Maßnah- liche Kennwerte.

1010 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 11


• mit einem besseren Wirkungsgrad einge-
Differenz- und Leckstrom setzt werden kann.
Der mit Differenzstrom-Überwachungsge- Mit dem Messen des Isolationswiderstands
räten ([1], Bild 1) bzw. ihren Sonden oder kann das Absinken des Isoliervermögens (Iso-
mit Strommesszangen ([1], Bild 3) ge- lationswiderstand) eines Anlagenteils/Strom-
messene kreises von einem Ausgangswert von z. B.
20 M1 oder weniger auf z. B. den Wert RISO
Differenzstrom gleich 1 M1 (IF ~ 0,2 mA) bzw. auf Werte um
ist eine Bezeichnung für die Summe der die 0,3 M1 (IF ~ 1 mA) [4][7] festgestellt wer-
Ableit- und Fehlerströme, die in der be- den. Dies ist mit der Ableit-/Fehlerstrom-
treffenden Anlage bzw. dem Anlagen-
Überwachung/-Messung durch RCM und auch
teil/Betriebsmittel entstehen und an der
Messstelle fließen. Dieser Ableit-/Fehler- beim Einsatz anderer Messmittel nicht eben-
strom ist die eigentliche Ursache von Stö- so genau möglich, da
rungen. • diese geringen Stromwerte durch die Mess-
Bemerkung 1: Die Bezeichnungen Diffe- einrichtungen nicht exakt erfasst werden
renzstrom und Differenzstromüberwa- können
chung lassen nicht deutlich werden, um und
welchen technischen Sachverhalt es geht • infolge der erfahrungsgemäß an den glei-
und welche Zusammenhänge bestehen. chen Messstellen zu erwartenden Summe
Es wäre vor allem im Interesse der Prak-
der betriebsmäßigen kapazitiven Ableitströ-
tiker, nicht von einer Differenzstrom-
überwachung, sondern – korrekter und
me IAC von weit mehr als 1 mA – bis zu
eindeutiger – von einer Ableit-/Fehler- einigen Ampere und bei speziellen Be-
strom-Überwachung zu sprechen. triebsmitteln mehr als 20 A – das Erkennen
Bemerkung 2: Ähnlich unkorrekt ist die der ohmschen Fehlerströme IF im mA-Be-
allgemein gebräuchliche Bezeichnung reich (IAC/IF; IAC >> IF), praktisch unmöglich
„Fehlerstrom“-Schutzschalter, da von ist
diesem Schutzgerät nicht nur der jeweils und
vorhandene Fehlerstrom, sondern die • ein plötzlich entstehender Isolationsfehler/
Summe von Ableit-/Fehlerströmen (Diffe- Fehlerstrom je nach Anlagenart und je nach
renzstrom) erfasst wird.
Belastung/Schaltzustand des überwachten
Leckstrom Objekts andere und sehr unterschiedliche
ist eine in Deutschland nicht definierte Be- Auswirkungen auf den Messwert hat und
zeichnung. Ihre Anwendung führt daher zu somit vom Beobachter nur sehr schwer er-
Irritationen. Auch ihre Verwendung im Zu- kannt werden kann.
sammenhang mit Messgeräten ist nicht Dies gilt selbst dann, wenn der Ableit-/Fehler-
korrekt. So kann mit einer „Leckstrom- strom (Differenzstrom) eines jeden Endstrom-
messzange“ natürlich jeder in einem kreises bzw. für jedes einzelne seiner Be-
Leiter fließende Strom gemessen werden, triebsmittel über eine einzelne Sonde einer
egal ob es sich um einen Betriebs-, Fehler-,
RCM gemessen wird. Das heißt:
Ableit- oder sonstigen Strom handelt.
• Mit der Isolationswiderstandsmessung ist –
sofern die Art des Prüflings ihre (vollstän-
dige/teilweise) Anwendung gestattet –
• Beide Verfahren liefern andere Aussagen -- eine sehr genaue Bewertung des Zu-
über den Zustand der Anlage bzw. der in die stands der Isolation einschließlich etwa
Messung einbezogenen Bauelemente. entstehender Isolationsfehler/Fehler-
• Die Isolationswiderstandsmessung hat ströme möglich sowie
infolge der vorgegebenen hohen Mess- -- das Erkennen der jeweils vorhandenen
nennspannung von 500 V (bis 750 V Leer- bzw. möglichen Gefährdung von Perso-
laufspannung) DC bei manchem Prüfling nen und Sachen.
den Charakter einer möglicherweise zerstö- • Mit der Differenzstrom-Überwachung/
renden Spannungsprüfung. Sich daraus er- -Messung (RCM)
gebende Eigenschaften/Vorteile/Nachteile -- kann – bei jeder Prüflingsart – zwar die
bzw. entstehende Auswirkungen dürfen bei Summe der jeweils vorhandenen, den Be-
dem hier vorzunehmenden Vergleich nicht triebsablauf störenden Ableit-/Fehlerströ-
mit in die Bewertung einbezogen werden. me (Differenzströme) mit ausreichender
Genauigkeit erkannt werden,
2.2 Bewertung der Mess- -- aber zumeist nur eine sehr ungenaue
ergebnisse/Messaussagen oder keine Bewertung der jeweils durch
Beim Bewerten der beiden Messverfahren ist Isolationsfehler entstehenden bzw. mög-
zu bedenken, dass sie völlig unterschiedliche lichen Gefährdung von Personen und
Eigenschaften/Aufgaben haben. Es wäre Sachen erfolgen.
darum abwegig, ihre unterschiedlichen Fähig- Dann ist auch kein sofortiges Erkennen/Beur-
keiten/Eigenschaften (Tafel ➊) als Vor- oder teilen/Lokalisieren eines Isolationsfehlers
Nachteile zu bezeichnen. Vielmehr ist festzu- (Fehlerstromquelle) möglich.
stellen (Tafel ➊), für welche Prüf-/Messauf- Die genannten Einschränkungen ergeben
gabe jedes der beiden Verfahren sich, weil die als Folge eines Isolationsfehlers
• überhaupt geeignet ist oder plötzlich entstehenden oder dann ständig vor-

Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 11


FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

handenen Fehlerströme aus den bereits ge-


nannten Gründen (z. B. IF << IAC) nicht immer Tafel ➊ Vergleich der Ableit-/Fehlerstrommessung (Differenzstrommessung) und
oder nicht sicher erkennbar sind. der Isolationswiderstandsmessung hinsichtlich ihrer Kennwerte sowie der Mög-
lichkeiten zur Beurteilung einer elektrischen Anlage
2.3 Konsequenzen Kennwerte
Die Aussagen der Tafel ➊ machen deutlich: Ausgangsgrößen Ableit-/Fehlerstrom- Isolationswiderstands-
• Keines der beiden Messverfahren kann das messung messung
andere ersetzen. Messspannung AC, mit Betriebsspannung DC, mit 500 V (750 V Leerlauf-
• Durch eine Ableitstrom-/Fehlerstrom(Diffe- spannung ) auch 250 V
renzstrom)-Überwachung/-Messung wer- Art des Messergebnisses Strom unbekannten Phasen- Widerstand (ohmscher) der
winkels, der durch Isolierungen
den die mit einer Isolationswiderstands- • die Widerstände der
messung erreichbaren Aussagen nicht er- Isolierungen (IA) und
bracht. • EMV-Beschaltungen
(L/N – PE) (IAC) hervor-
Eine globale Aussage, wie: „Das Überwachen gerufen wird
des Differenzstroms führt zu Einsparungen bei (IAC>>IA)
der Wiederholungsprüfung“, ist somit fachlich Messobjekt Ableit-/Fehlerstrommessung Isolationswiderstandsmessung
mit Betriebsspannung UB mit Prüfspannung UP
nicht zu begründen [5]. Somit kann das Durch- (erfasste Komponenten)
IAC Ⰷ (IA + IF)
führen der Ableit-Fehlerstrom-(Differenzstrom)-
Überwachung/-Messung nicht als Begrün-
dung dafür dienen, die Isolationswiderstands-
EMV-Be- EMV-Be-
messung entfallen zu lassen. Den Verzicht auf Isolation schaltung Isolation schaltung

eine Isolationswiderstandsmessung – also IA IF UB (AC) UP (DC)


IAC
auf die Möglichkeit, Isolationsfehler der Anla- IAC = 0

ge zu finden – kann der jeweils Verantwort- IP


liche nur mit den eigenen Besonderheiten
PE PE
dieses Messverfahrens begründen. Dieses
IA Ableitstrom (ohmscher) der Isolation (kein Isolationsfehler vorhanden!)
sind vor allem: IF Fehlerstrom über den Isolationsfehler
• Wirkungslosigkeit des Verfahrens an be- IAC kapazitiver Ableitstrom der Beschaltung
IP Prüfstrom bei der Isolationswiderstandsmessung
stimmten Prüflingen (netzspannungsabhän-
gige Schaltelemente, keine berührbaren Möglichkeiten zur Beurteilung
leitfähigen Teile). Eigenschaften, Zustände, erreichbare Aussagen durch Auswertung der Messwerte von:
die ermittelt werden sollen Ableit-/Fehlerstrom Isolationswiderstand
• Nicht zu akzeptierendes Abschalten des (Differenzstrom)
Prüflings zum Zweck der Messung. Ableit-/Fehlerstrom (L-PE), der eine ja nein
• Durch das Adaptieren oder die zu hohe Gefährdung hervorrufen kann (teilweise indirekte Schluss-
Leerlaufspannung entstehende Schäden folgerung möglich)
am zu prüfenden Objekt. ohmscher Widerstand der Isolierun- nein ja
gen zwischen den aktiven Leitern
Wer sich trotzdem dazu entschließt, die Isola- (L/N) und dem Schutzleiter (PE)
tionswiderstandsmessungen an der nunmehr ständige Anwendung ohne ja nein
hinsichtlich ihrer Ableit-/Fehlerströme über- Betriebsunterbrechung
wachten Anlage einzuschränken, der muss im Entstehen begriffene und nein ja
auf folgendes achten: grobe Isolationsfehler L-PE (IAC>>IF)
• Er kann sich bei dieser Entscheidung nicht sehr grobe Isolationsfehler L-PE ja in Stromkreisen mit ja
auf die Normen- oder Literaturangaben be- (R < 0,2 M1) ausschließlich Ds-Betriebs-
(IAC > IF) mitteln
ziehen. nein in Stromkreisen mit
• Im Zusammenhang mit einer Gefährdungs- Ws-Betriebsmitteln
beurteilung muss er sich darüber Klarheit Kurzschluss L-PE (IAC< IF) ja ja
verschaffen, ob und welchen Verzicht auf Kontakte N-PE
Informationen und auf Sicherheit er damit • bei der Messung ja ja
• während des Betriebs ja nein
bewirkt und somit verantworten muss.
Zeitraum der Anwendung ständig oder nur gelegentlich nur gelegentlich
Außerdem muss er dann annähernd wissen,
Anwendung an
• welche anderen Methoden er anwenden • Leistungsteilen/-stromkreisen ja ja
kann, um Isolationsfehler zu finden, • Steuerstromkreisen möglich praktisch nicht möglich
• ob und welche Isolationsfehler L-PE (Werte Erfassen von verminderten Luft- nein nein
von RISO /IF) durch die Differenzstromüber- und Kriechstecken
wachung/-messung entdeckt werden kön- Erfassen von symmetrischen Feh- nein ja
nen (Tafel ➊). lern in Drehstromkreisen
Möglich wäre z. B., die in einer Anlageninstal- Erfassen von Fehlern des
Schutzleiters nein nein
lation vorhandenen Isolationsfehler mit Hilfe
Erfassen von Fehlern der
der Ableit-/Fehlerstrom(Differenzstrom)-Über- Schutzisolierung nein möglich
wachung/-Messung zu entdecken, indem
diese im Leerlauf, d. h. nach der allpoligen Ab-
schaltung aller Betriebsmittel betrieben wird.
Dies aber ist nicht die eigentliche Aufgabe die-
ser Überwachung und könnte ebenso durch 2.4 Fazit Betreiber einer Anlage bietet sich somit die
die Isolationswiderstandsmessung – mit der Beide Messverfahren ergänzen sich hinsicht- Möglichkeit, beide Verfahren zu benutzen, um
gleichen Konsequenz: Abschaltung der Anlage lich der Aussage über den Zustand einer elek- so eine möglichst hohe, auf rationelle Weise
– erfolgen. trischen Anlage/eines Betriebsmittels. Dem erzielte Sicherheit zu gewährleisten. Er sollte

1012 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 11


Messen und Prüfen FÜR DIE PRAXIS

beim Festlegen seiner Prüf- und Instandhal- berücksichtigt. Nur durch eine solche umfas- prüfungen (Tafel ➋). Insofern kann von vorn-
tungsstrategie darüber entscheiden, sende, wohldosierte Kontrolle/Prüfung ist es herein festgestellt werden, dass eine Wieder-
• ob und inwieweit er beide Verfahren und/ bei den modernen Anlagen möglich, der nun holungsprüfung mit dem Prüfumfang nach [7]
oder schon fast uralten und immer wieder richtigen oder [4] trotz der Überwachung vorgenommen
• welches von beiden er wo und wann ein- Forderung zu folgen „ ... entstehende Fehler werden muss. Dies wird auch durch den dies-
setzt oder rechtzeitig zu entdecken“ [3]. bezüglichen Beschluss des zuständigen DKE-
• ob er auf das eine und/oder das andere ver- Auch hier sind allgemeingültige Aussagen wie: Komitees K 211 bestätigt (Tafel ➌).
zichtet. „Bei ständiger Überwachung durch eine EF Eine Überwachung ist auch kein Grund dafür,
kann auf die Wiederholungsprüfung verzichtet die Prüffristen zu verlängern, da die Einzelprü-
Wiederholungsprüfungen oder werden“ [3] wenig hilfreich. Die „ständige fungen nach [7] jeweils andere Bauteile bzw.
3 ständige Instandhaltung Überwachung“ und ebenso die „Wiederho- andere Schutzmaßnahmen betreffen. Die Not-
lungsprüfung“ sind ja hinsichtlich der einzel- wendigkeit der Schutzleiterprüfung und deren
Es zeigt sich bei allen Überlegungen zum nen durchzuführenden Aktivitäten nirgendwo Prüffrist beispielsweise, wird in keiner Weise
Messen des Ableit-/Fehlerstroms (Differenz- exakt definiert. Sie können somit gar nicht vom Zustand der Isolierungen oder durch das
stroms), dass heutzutage die Ableit-/Fehler- exakt gegeneinander abgegrenzt oder ausge- Messen des Ableit-/Fehlerstroms (Schutzlei-
ströme (Differenzströme) in jeder Anlage unter tauscht werden. ter- oder Berührungsstrom) beeinflusst.
Kontrolle gehalten, d. h. mehr oder weniger oft Es ist auch nicht möglich bzw. nicht sinnvoll, Zu beachten ist außerdem, eine Überwachung
gemessen werden müssen. Allein damit wird eine einzelne Aktivität, z. B. des Ableit-/Schutzleiterstroms der einzelnen
schon deutlich, dass es für den Betreiber • das halbjährliche Betätigen von Prüftasten, Geräte erfordert,
einer modernen und oft schwer zu über- • die ständige Differenzstromüberwachung, • das Anordnen von Mess-Sonden vor jeder
blickenden Anlage, • die periodische oder ständige Messung des Anschlussstelle und
• um eine ganz neue Qualität seiner Be- Isolationswiderstands, • das Beobachten des Messwerts jeder die-
triebsführung und nicht um den Austausch • das regelmäßige/gelegentliche Messen ser Sonden.
von Messverfahren geht von Strömen/Temperaturen oder Im Vergleich mit der gegenwärtigen gelegent-
• und es weder sinnvoll noch möglich ist, die • andere messtechnische Maßnahmen, lichen und bekanntlich ausreichenden Prüfung
bisher übliche klassische Trennung zwi- in eine der Schubladen „vorbeugende War- entsteht ein erheblicher zusätzlicher Aufwand,
schen einer regelmäßigen Wiederholungs- tung“, „ständige Überwachung“ oder „Wieder- obwohl z. B. der nach [7] auch zu ermittelnde
prüfung und einer ständigen Instandhaltung holungsprüfung“ zu stecken und dann viel- Berührungsstrom (Ableitstrom) der Geräte
aufrecht zu erhalten. leicht auszutauschen [6]. nicht erfasst wird.
Notwendig ist für ihn eine einzige und einheit- Derartige globale und somit ungenaue Emp- Hinzu kommt, dass es mit dieser Überwa-
liche Sicherheitsstrategie, die so weit wie fehlungen irritieren die jeweils insgesamt für chung erforderlich wird, jede Veränderung an
nötig, alle nötigen/möglichen Prüf-Aktivitäten die Sicherheit verantwortliche Elektrofachkraft jeder Anschlussstelle (Auswechseln, Abschal-
• von der kontinuierlichen Differenzstrom-(Ab- [6][7][8][9]. ten, Umorganisieren des Betriebsablaufs
leit-/Fehlerstrom)-Überwachung durch RCM usw.) an die überwachende Stelle zu melden,
• über die arbeitstäglichen Kontrollen z. B. da damit auch die von ihr zu beachtenden
der FI-Schutzschalter Überwachung der Grenzwerte verändert werden. Die Betriebs-
• und der wöchentlichen oder monatlichen 4 ortsveränderlichen Geräte führung wird auf diese Weise nicht erleichtert
Kontrolle wichtiger Anlagenteile z. B. durch wie es mitunter vermutet wird [3], sondern
Ableit-/Fehlerstrom- und/oder Neutralleiter- Die Ableit-/Fehlerstrom(Differerenzstrom)- erheblich kompliziert und verteuert.
strommessungen Überwachung eines Anlagenteils oder aller für Wenn eine solche Überwachung auch für orts-
• bis zu einer alle zwei oder mehr Jahre nöti- ortsveränderliche Geräte vorgesehenen An- veränderliche Geräte sinnvoll sein soll, dann
gen (Wiederholungs-)Prüfung bestimmter schlussstellen ersetzt bei weitem nicht alle müsste jeder Anschlussstelle ein bestimmtes
Anlagenteile nach DIN VDE 0702 [7] vorgegebenen Einzel- anzuschließendes ortsveränderliches Gerät –
FÜR DIE PRAXIS Messen und Prüfen

Tafel ➋ Vorgaben für die Wiederholungsprüfung nach DIN VDE 0702 [7] und deren Tafel ➌ Protokollauszug der Sitzung
Erfüllung durch die Ableit-/Fehlerstrommessung (Differenzstrom-)Überwachung des DKE-Komitees vom Oktober 2006
Vorgegebene Einzelprüfungen nach DIN VDE 0702 Differenzstromüberwachung
Besichtigen nein Die Diskussion führt zu folgen-
Schutzleiterdurchgang/-widerstand nein dem Ergebnis:
Isolationswiderstandsmessung L/N - PE nein
Isolationswiderstandsmessung zwischen Die Überwachung durch Differenzstrom-Über-
L/N und berührbaren leitfähigen Teilen nein wachungseinrichtungen ersetzt nicht die
Schutzleiterstrommessung Voraussetzungen sind gegeben; eine exakte Wiederholungsprüfung nach DIN VDE 0702,
Erfassung ist nur bei Einzelgeräten mit einer da neben der Isolationswiderstandsmessung/
ihnen zugeordneten Sonde möglich
Ableitstrommessung weitere wichtige Prüfun-
Berührungsstrommessung nein
gen (s. Tafel ➋) erforderlich sind, um die
Funktion der Schutzeinrichtungen nein
Funktion des Geräts nein Sicherheitsanforderungen einzuhalten.

praktisch ortsfest – zugeordnet und das Ein- kreise und Anschlussstellen der ortsverän- • in keiner Weise einen Verzicht auf die Iso-
halten dieser Zuordnung auch ständig kon- derlichen Betriebsmittel strikt von denen lationswiderstandsmessung der Wieder-
trolliert werden. Solche Vorgaben sind prak- der ortsfesten getrennt werden. holungsprüfungen begründet und
tisch nicht umzusetzen. Anderenfalls entsteht an den Messkreisen/ • nicht geeignet ist, um auch die an die Anla-
Auch das Überwachen einer Gruppe von Messstellen, ge anzuschließenden ortsveränderlichen
ortsveränderlichen Geräten, die alle ihren -- sowohl eines Wechselstromkreises Geräte zu überwachen.
Anschlussstellen fest zugeordnet wurden, -- als auch eines Drehstromkreises, Ebenso wichtig ist, dass der Betreiber einer
erbringt keine Änderung der vorstehend ge- mit ortsfesten Betriebsmitteln immer wie- elektrischen Anlage sich nicht der Illusion
nannten Nachteile. Im Gegenteil, das Über- der eine andere und letztlich für die über- hingibt, allein mit dem Einbau einer „Diffe-
wachen des „Summengrenzwerts“ der betref- wachende Person unüberschaubare Situa- renzstrom-Überwachung“ seien etwaige Pro-
fenden Gerätegruppe, das Erkennen der Ur- tion. bleme zu erkennen und zu lösen. Er muss be-
sache einer Differenzstromänderung und • Diese Ableit-/Fehlerstrom- bzw. Differenz- rücksichtigen:
Lokalisieren eines Isolationsfehlers wird dann strom-Überwachung kann auch nicht als • Bereits das Planen einer solchen Überwa-
praktisch unmöglich. Das nach [7][8] gefor- eine Wiederholungsprüfung nach DIN VDE chung erfordert einen erheblichen Aufwand
derte Beurteilen des einzelnen Betriebsmit- 0702 [7] angesehen werden, weil das Ein- und gediegene fachliche Kenntnisse.
tels ist dann gar nicht möglich. halten des geforderten Grenzwerts von • Das Umsetzen der Planung in die Realität
Die Zwecklosigkeit einer solchen Prüfstrategie 3,5 mA für den Schutzleiterstrom durch die kann – je nach Art der vorhandenen Anlage
wird nochmals deutlich wenn man bedenkt, Überwachungsgeräte nicht genau gewähr- und ihrer Betriebsmittel – sehr teuer wer-
dass in einem Unternehmen dann leistet werden kann. den. Es ist zu empfehlen, sich einen Über-
• zwischen den im Einsatz befindlichen und Die vorstehenden Überlegungen lassen nur blick über die bei ähnlichen Industrieanla-
den als Reserve vorhandenen ortsveränder- die Schlussfolgerung zu, dass ein Einbeziehen gen mit dem Einführen der Differenzstrom-
lichen Geräten zu unterscheiden ist und der ortsveränderlichen Geräte in die Diffe- überwachung entstandenen Kosten – und
• Geräte, die an diese Anlage angeschlossen renzstromüberwachung der Anlage technisch Erfahrungen– zu verschaffen.
sind, vor einer eventuellen Inbetriebnahme und ökonomisch nicht zweckmäßig ist (siehe • Das wirkungsvolle Überwachen und Aus-
an einer anderen, nicht überwachten Anla- auch Tafel ➌). werten der Messergebnisse ist nur durch
ge einer Wiederholungsprüfung unterzogen den Einsatz einer erfahrenen verantwort-
werden müssen und lichen Elektrofachkraft möglich.
• hinsichtlich der Erfassung und Kennzeich-
nung zwischen den Geräten mit verschiede- 5 Zusammenfassung
Literatur
[1] Bödeker, K.; Kindermann, R.: Ableit-/Fehler-
nen Prüfzuständen zu unterscheiden ist, und/oder Differenzströme?
wenn die Sicherheit lückenlos gewährleistet Es ist eine sorgfältige Vorbereitung des Ein- – Ursachen, Probleme, Konsequenzen. Elektro-
werden soll. satzes einer Ableit-Fehlerstrom(Differenz- praktiker, Berlin 61(2007)9, S. 792–797.
Und außerdem: Da mit der Differenzstrom- strom)-Überwachung erforderlich, um die – Nur gelegentlich oder ständig überwa-
chen? Elektropraktiker, Berlin 61(2007)10,
überwachung nur die Betriebsmittel der gewünschten Vorteile mit einem möglichst S. 897–900.
Schutzklasse I erfasst werden, ist für die der geringen Aufwand zu erreichen. Je nach Art [2] DIN VDE 0100-410 (VDE 100-410):2007-06
Schutzklassen II und III auch noch ein geson- der Anlage und ihrer Betriebsmittel wird sie Errichten von Niederspannungsanlagen – Teil 4-
dertes Prüfregime erforderlich. anders zu gestalten sein. 41 Schutzmaßnahmen – Schutz gegen elektri-
schen Schlag.
Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewie- Festgestellt wurde, dass eine solche ständige [3] Seibel, D.; Hofheinz, W.: Informationen zur
sen, dass auch einige technische Sachverhal- Überwachung der Ableit-/Fehlerströme wohl Sicherstellung der Anforderungen gemäß § 5
te den Sinn einer solchen Überwachung des künftig zur Grundausstattung einer modernen UVV-BGV A3 SD 52.
Ableit-/Fehlerstroms (Schutzleiterstroms) der elektrischen Industrieanlage und anderer au- [4] DIN VDE 0105-100:2000-06 Betrieb von elektri-
schen Anlagen.
ortsveränderlichen Geräte in Frage stellen: tomatisierter Prozesse gehören wird. [5] DIN VDE 0100-610:2004-08; bzw. DIN VDE
• Bei Anlagenteilen/Stromkreisen, die meh- Nur so sind Betriebsführung, Wartung und Prü- 0100 Teil 600:2008 Errichten von Niederspan-
rere/wechselnde/verschiedene ortsverän- fung auf rationelle Weise zu gewährleisten. nungsanlagen – Teil 6 Prüfung.
derliche Geräte versorgen, können den Deutlich wurde auch, dass der mit ihrem Er- [6] UVV BGV A3 Elektrische Anlagen und Betriebs-
mittel.
Ableit/Fehlerstrom(Differenzstrom)-Über- richten und Betreiben verbundene Aufwand [7] DIN VDE 0702:2004-06 Wiederholungsprüfung
wachungsgeräten bzw. ihren Messstellen nicht durch Einsparungen bei anderen Maß- an elektrischen Geräten.
keine bestimmten Soll- oder Grenzwerte für nahmen der Wartung oder Prüfung finanziert [8] BetrSichV – Betriebssicherheitsverordnung vom
den Ableit-/Fehlerstrom zugeordnet werden. werden kann. Besonders muss darauf hinge- 27.09.2002.
[9] VDE 1000-10:1995-05 Anforderungen an die im
• Um die Überwachung überhaupt möglich zu wiesen werden, dass diese Ableit-/Fehler- Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen.
machen, müssten die betreffenden Strom- strom-Überwachung ■

1014 Elektropraktiker, Berlin 61 (2007) 11


FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit

Permanente Überwachung Bereich auf das Erdungssystem induzieren.


Anteile dieser Störströme fließen als Folge
über Schirmleitungen und elektronische Sys-
von Fehler- und Störströmen teme. Es kommt zu Störungen.
Ziel einer EMV-gerechten Stromversorgung
Teil 1: Störungen verursachende Gegebenheiten sollte es sein, Fehler- und Störströme früh-
zeitig zu erkennen und zu lokalisieren.
H. Muhm, Grünberg Im Folgenden werden sowohl die spezifischen
Gefahren und Schadensursachen erläutert,
Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist eine wesentliche Voraussetzung als auch praxisgerechte Lösungsmöglichkei-
für störungsfreien und zuverlässigen Betrieb elektrischer Geräte und Anlagen. ten einer innovativen Differenzstromüberwa-
chung aufgezeigt. Dadurch wird in modernen
Wesentlich hierfür ist es, Fehler- und Störströme frühzeitig zu erkennen und Elektroinstallationen sowie in hochsensiblen
zu lokalisieren. Im Beitrag werden die spezifischen Gefahren und Schadens- Bereichen eine Betriebssicherheit durch
ursachen erläutert sowie Lösungsmöglichkeiten einer innovativen Differenz- vorbeugende Instandhaltung gewährleistet –
stromüberwachung aufgezeigt. Vorbeugende Instandhaltung gewährleistet in eine Investition, die sich auszahlt.
Elektroinstallationen und hochsensiblen Bereichen eine hohe Betriebssicher-
heit. Dies ist eine Investition, die sich auszahlt.
Ursachen und Folgen einer
2 gestörten Stromversorgung
Grundlegende Forderungen rührungsspannungen zwischen leitfähi- Ungewollte Betriebsunterbrechungen und
1 bezüglich der EMV gen Anlagenteilen und der Erde zu verhin- EMV-Störungen in Stromversorgungen verur-
dern. sachen letztlich immer hohe Kosten. Egal
Eine hohe Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit In der Vergangenheit wurden Schutzleiter- ob es sich dabei um den Ausfall einer ein-
von Stromversorgungen in Industrie und ströme in Gebäudeinstallationen kaum ge- fachen Raumbeleuchtung oder Störungen in
Zweckbauten ist für die Kosteneffizienz und messen, obwohl bei der Installation in Daten- einem umfangreichen, vernetzten EDV-Sys-
Produktivität ein entscheidender Faktor. Uner- netzen hohe Ausgleichströme und Potential- tem handelt. Als Ursache stehen auf der einen
wartete Betriebsunterbrechungen, Funktions- unterschiede zwischen verschiedenen Stock- Seite
störungen und EMV-Probleme kosten Zeit und werksverteilern auffielen und zu Störungen • Isolationsfehler,
Geld. Im Rahmen der vorbeugenden Instand- und Ausfällen führten. • „vagabundierende“ Ströme,
haltung ist es deshalb wichtig, Stromversor- • Überlastungen von Neutralleitern durch
gungen permanent zu überwachen. Differenz- 1.2 EMV-gerechte Installation Oberschwingungen,
strom-Überwachungssysteme (RCMS) erken- Aus den genanten Gründen ist es wichtig, eine • Unterbrechungen von PE- und N-Leitern
nen frühzeitig schwerwiegende Fehler- sowie EMV-gerechte Installation und Verkabelung und
Störströme auf Erdungs- und Schirmleitungen. von im Normalfall stromlosen PE-Leitern zu • nicht zuletzt EMV-Beeinflussungen durch
Sie geben dem Betreiber einer technischen realisieren. In verschiedenen Normen und hohe Störströme auf dem Erdungssystem,
Anlage die Möglichkeit, den Fehler schnell zu Fachpublikationen wird der konsequente und auf der anderen Seite Auswirkungen wie
lokalisieren und zu beheben, bevor es zu einer Aufbau eines TN-S-Systems, der stromlose • ungewollte Betriebsunterbrechungen,
plötzlichen Störung oder Abschaltung des Schutzleiter und Leitungsschirme verspricht, • Brandschäden,
Gesamtbetriebs kommt. Zusätzlich werden als Lösung angesehen. Leider ist oft das • Beeinflussung von Schutzeinrichtungen,
Einsparpotentiale bei den Wiederholungsprü- Gegenteil der Fall. • unerklärliche Funktionsstörungen und
fungen nach der Unfallverhütungsvorschrift Es werden Isolationsfehler, hohe Ableitströme Schäden z. B. an TK-, Brandmelde- und EDV-
BGV A3 und der Betriebssicherheitsverord- oder „vagabundierende“ Ströme durch zu- Anlagen,
nung (BetrSichV) genutzt. sätzliche N-PE-Brücken in den Unterverteilun- • Korrosion an Rohrleitungs- und Blitzschutz-
gen oft als Fehlerursache schnell erkannt. systemen.
1.1 Erdungsmaßnahmen Aber eine weitere Ursache, die weitläufig noch Abhängig vom jeweiligen Schadensort können
Eine wichtige und grundsätzliche EMV- nicht bekannt ist, sind die Versorgungsleitun- Kosten verursacht werden, die leicht einige
Maßnahme ist, eindeutige und ausreichende gen, die induktiv als PE-Strom-Transformator tausend Euro, wenn nicht sogar hundertau-
Erdungsverhältnisse für ein Gerät oder eine wirken und hohe Störströme im Ampere- send Euro erreichen.
Anlage zu schaffen. Dabei ist zwischen
funktionstechnischen und sicherheitstechni-
schen Aufgaben der Erdung zu unterschei-
den.
• Bei einer Erdung mit funktionstechnischen
Aufgaben wird der Schutzleiter als Rücklei-
ter verwendet, welcher z. B. die Störströme
von Filtern ableitet, um eine einwandfreie
Schirmung zu erreichen.
• Die Aufgabe der sicherheitstechnischen
Erdung dient dazu, unzulässig hohe Be-
 Differenzstrom-
Überwachungssys-
Autor tem Typ RCMS460
Dipl.-Ing. Helmut Muhm ist Bereichsleiter
sowie verschiedene
Monitoring Grounded Systems der Dipl.-
Messstromwandler
Ing. W. Bender GmbH & Co. KG, Grünberg.

126 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2


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gelöst, da die Abschaltbedingungen nicht ein-
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mungen als fehlerhafter Zustand einer Isolie- sowie aus EMV-Sicht kritische Werte anneh- für den praktischen Einstieg
rung definiert. Sie entstehen z. B. infolge von men können.
mechanischen, thermischen und chemischen Als Ergänzung zu den bekannten Schutzein- Aus dem Inhalt:
Beschädigungen elektrischer Isolierungen. richtungen bietet sich hier der Einsatz von – Was bietet der Einsatz des EIB?
– Funktionsweise
Aber auch Verschmutzung, Feuchtigkeit oder Differenzstrom-Überwachungsgeräten RCMs – Installationsvorschriften
Schäden durch Flora und Fauna können die (Residual Current Monitor) nach DIN VDE – Blitz- und Überspannungsschutz
Isolierung soweit schädigen, dass über die 0663 an. Diese Geräte ermöglichen eine ge- – Einsatzgebiete der EIB-Technik
– Fachbegriffe und Definitionen
Isolationsfehlerstellen ein ungewollter Fehler- zielte Überwachung von Einzelgeräten oder
strom fließt. Die Höhe dieses Stroms wird von Anlagenteilen und wahlweise eine Meldung,

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derstand und dem Widerstand der Isolations- Schutzeinrichtung erreicht wird. 10 % Preisvorteil
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Der auftretende Fehlerstrom IΔ kann entweder
zwischen aktiven, stromführenden Leitern flie- Differenzstrom-Über-
ßen oder von aktiven, stromführenden Leitern 4 wachungssystem (RCMS) HUSS-MEDIEN GmbH
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E-Mail: bestellung@huss-shop.de
wird die vorgeschaltete Schutzeinrichtung sche Installation oder einen Stromkreis hin- www.huss-shop.de
ausgelöst und der fehlerbehaftete Verbrau- sichtlich des Auftretens eines Differenz- oder
cher oder das Anlagenteil vom Netz getrennt. Störstroms zu überwachen und durch einen
Reicht der Fehlerstrom jedoch nicht aus, um Alarm anzuzeigen, wenn dieser einen festge-
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die Schutzeinrichtung zum Ansprechen zu legten Ansprechdifferenzstrom überschreitet. zu den mir bekannten Geschäftsbedingungen beim huss-shop,
bringen (unvollkommener Kurz- oder Erd- RCMS sind in der Lage, Fehler- bzw. Differenz- HUSS-MEDIEN GmbH, 10400 Berlin

schluss), besteht akute Brandgefahr, wenn und Störströme ab 5 mA zu messen. Dazu KUNDEN-NR.
(siehe Adressaufkleber
die Fehlerleistung einen Wert von etwa 60 W wird der über einen Messstromwandler er- oder letzte Warenrechnung)
(260 mA bei 230 V) an der Fehlerstelle über- fasste Differenzstrom (Bild ) von einer Expl. Bestell-Nr. Titel €/Stück

steigt. Einen sicheren und zuverlässigen Elektronik erfasst und ausgewertet.


Schutz davor bietet der Einsatz von Fehler- Wie im Bild  dargestellt, entspricht im feh- 3-341-01540-7 Frank, EIB/KNX 29,80

strom-Schutzeinrichtungen (RCDs), die z. B. lerfreien System I1 gleich I2. Entsteht aufgrund


mit einem Bemessungsfehlerstrom unterhalb eines Isolationsfehlers RF ein Fehlerstrom IΔ, Firma/Name, Vorname
von 300 mA eine sichere Abschaltung für den der über den Körper bzw. die Erde abfließt,
Gefahrenfall bewirken. ergibt sich laut 1. Kirchhoffschem Satz: Branche/Position/z. Hd.

Gerade im EDV-Bereich hat jedoch eine Ab- IΔ = I1 – I2 Telefon/Fax


schaltung oft weitreichende Folgen, so dass
häufig auf den Einsatz von RCDs verzichtet Durch optische und akustische Anzeigen wird E-Mail
wird. Hinzu kommt das Problem, dass in signalisiert, ob der eingestellte Ansprechdif-
vielen EDV-Bereichen unterbrechungsfreie ferenzstrom und die Ansprechzeit überschrit- Straße, Nr./Postfach
Stromversorgungs(USV)-Anlagen stehen, die ten wurden. Der Meldekontakt des RCMS
nur eine begrenzte Kurzschlussleistung zur kann wahlweise zum Melden oder Schalten Land/PLZ/Ort

Verfügung stellen. Somit werden die Siche- (mit einem Leistungsschalter) eingesetzt
Datum/Unterschrift 1002 ep
rungen bzw. Sicherungsautomaten nicht aus- werden. Die Möglichkeit der Meldung hat den

Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 127


FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit

Vorteil, dass keine unerwartete Abschaltung


erfolgt, wenn die Verfügbarkeit der Anlage ab-
solute Priorität hat. Außerdem sind durch die
bei RCMS vorhandene Messwertanzeige auch
schleichende Veränderungen leicht erkenn-
bar. Das RCMS entspricht DIN EN 62020
(VDE 0663) und ist sowohl für reine Wechsel-
RCMS460-L RCMS460-D
als auch für pulsierende Gleichströme und für
reine Gleichströme – je nach verwendetem
Messstromwandler – einsetzbar. Durch Ver-
wendung von externen Messstromwandlern
sind sie leicht an die gegebenen mechani-
schen Anforderungen anpassbar. Dies gilt ins-
besondere für teilbare und flexible Mess-
stromwandler, die eine Nachrüstung in beste- BMS
henden Anlagen problemlos ermöglichen.
In komplexen Elektroinstallationen bieten sich
RCMS an, die in der Lage sind, pro Gerät bis AN420
zu 12 Messstromwandler bzw. Abgänge
gleichzeitig zu überwachen (Bild ). Diese
geben bei Über- oder Unterschreiten des
vorgegebenen Vor- oder Hauptalarms eine
Meldung für den betreffenden Kanal aus. RCMS460-L RCMS460-L
Es ist möglich, bis zu 90 Differenzstrom-
Auswertegeräte (RCMS 460) über eine RS-
485 Schnittstelle mit einem zentralen Bedien-
und Auswertegerät (MK 800) oder Protokoll-
umsetzer (FTC 470 XET) zu verbinden. Damit   RCMS-Sys-
kann von einer zentralen Stelle aus z. B. eine temaufbau mit Dif-
Leitwarte, ein Rechenzentrum oder ein Ver- ferenzstrom-Aus-
sorgungsabschnitt permanent überwacht wer- wertegerät RCMS
den. Da diese Fehlererkennung während des 460 und Mess-
Betriebs erfolgt, ist keine Abschaltung der An- stromwandlern
lage erforderlich.

Störungen durch
5 „vagabundierende“ Ströme
Obwohl das TN-S-System schon seit längerer
Zeit aus EMV-Gründen gefordert wird (z. B. IEC Störströme in
60 364-4-44), sieht es in der Praxis häufig einem TN-C-System
anders aus. Die Anlagen werden unter Berück- 
sichtigung des Personenschutzes und der
Kostenoptimierung ausgelegt, so dass der N-
Leiter ab einem Querschnitt von 10 mm2 Cu Es sollte in allen Stromversorgungssystemen, schritten wird. Zusätzlich sollte auch das
gemeinsam mit dem PE als PEN-Leiter ge- in denen mit dem Einsatz von informations- Erdungssystem mit einem RCMS überwacht
staltet ist. Dadurch kann sich ein Teil des technischen Anlagen gerechnet wird, das werden, um die Stromfreiheit zu kontrollieren.
Rückleiterstroms (N-Leiter) über alle Er- TN-S-System (Bild
) eingesetzt werden. Die Forderung nach dem TN-S-System ist in
dungssysteme, Potentialausgleichsleitungen Dadurch werden die Rückleiterströme aus vielen Normen und Vorschriften dokumentiert,
und Schirmleitungen verteilen, da der N-Leiter den vielen einzelnen Verbrauchern gezielt zur in denen der Einsatz von informationstechni-
in den Etagenverteilern mit dem PE-/PA-Sys- speisenden Quelle zurückgeführt. Sie können schen Anlagen zu erwarten ist.
tem verbunden ist (Bild ). Als Folge davon nicht „vagabundierend“ über niederohmigere In einem TN-C-System (Bild ) teilt sich in den
fließen im gesamten Gebäude über alle leit- Erdungsverbindungen und Leitungsschirme N-PE-Brücken der N-Leiterstrom auf. Ein Teil
fähigen (metallenen) Leitungen (z. B. Wasser- zum Trafosternpunkt zurückfließen. fließt über den PEN-Leiter und ein uner-
leitungen, Heizungssysteme) hohe Ausgleich- Der N-Leiter darf nur einmal am zentralen wünschter Störstrom über die Schirmleitun-
und Störströme, die Erdungspunkt (ZEP) mit dem PE-/PA-System gen und Gebäudekonstruktionsteile zum Trafo
• zum Teil zu hohen elektromagnetischen eine Verbindung haben (vorzugsweise in der zurück. Bei Unterbrechung des PEN-Leiters
Feldern führen, Niederspannungs-Hauptverteilung). Diese Ver- sind sämtliche Geräte des Netzwerkes ge-
• undefinierte Ausfälle verursachen und bindung sollte mit einem Differenzstrom-Über- fährdet.
• für schwer zu findende Fehler an elektroni- wachungssystem (RCMS) permanent über- In einem TN-S-System fließen N-Leiterströme
schen Systemen verantwortlich sind. wacht werden. Das RCMS zeigt den im direkt zum Trafosternpunkt zurück. Der
Außerdem können Korrosionen an Gas-, Normalfall fließenden kleinen Ausgleichs- Schutzleiter, die Schirmleitungen und die Ge-
Wasser- und Sprinklerleitungen auftreten. Ver- strom an, löst einen Alarm aus, wenn ein bäudekonstruktion führen keinen Störstrom.
stärkt wird dieser Effekt durch die zusätzliche bestimmter Wert, z. B. durch eine zusätzliche Zusätzliche N-PE-Verbindungen werden mit
Belastung des N-/PEN-Leiters mit Ober- N-PE-Verbindung oder durch einen Isolations- einem RCMS-System sofort erkannt und
schwingungsströmen. fehler zwischen Außenleiter, N und Erde, über- lokalisiert.

128 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2


Für optimale
Störungen durch Dies ist auch der Fall, wenn die Geräte weit- Lichtplanung!
6 Oberschwingungen gehend symmetrisch auf die Außenleiter ver-
teilt werden. Unabhängig von der übrigen
Allgemein geht man in der Elektroinstalla- Lastverteilung fließt im N-Leiter die Summe
tionstechnik davon aus, dass die anliegende der in den Außenleitern fließenden 150-Hz-
Aktuell
Spannung eine reine Sinusform aufweist. In Ströme (Bild ). Der hohe Anteil von Strömen
Drehstromsystemen sind die einzelnen Leiter- der 3. harmonischen Oberschwingung kann
spannungen um 120° gegeneinander phasen- dann zu einer Überlastung des N-Leiters
verschoben. Wird die Spannung mit linearen führen und eine nicht unerhebliche Brandge-
Verbrauchern (Widerständen, Induktivitäten, fahr bedeuten. Auch Schraub- bzw. Klemm-
Kapazitäten) belastet, fließt ein ebenfalls verbindungen werden durch den thermody-
linearer Strom, der je nach Last um den ent- namischen Wechsel stark beansprucht und
sprechenden Phasenwinkel verschoben ist. können sich mit der Zeit lockern und zu einer
Die graphische Addition der drei Leiterströme Unterbrechung des N-Leiters führen. Diese
ergibt zu jedem Zeitpunkt den Wert 0, so dass Unterbrechungen können wiederum zu un-
bei symmetrischer Belastung des Drehstrom- kontrollierbaren Sternpunktverschiebungen
netzes der Strom im N-Leiter nahezu 0 A und Spannungserhöhungen führen, die letzt-
beträgt. lich Geräte und Anlageteile zerstören können.
In modernen Elektroinstallationen kommen Nach IEC 60363-3-43 „Schutz von Kabeln
jedoch vermehrt nichtlineare elektrische Ver- und Leitungen bei Überstrom“ ist im Neutral-
braucher (PC´s mit Schaltnetzteilen, Lampen leiter weder eine Überstromerfassung noch
mit elektronischen Vorschaltgeräten, Drucker, eine Abschalteinrichtung erforderlich, wenn Mit CD-ROM
Kopierer, Frequenzumrichter, USV-Anlagen) der Querschnitt des Neutralleiters mindes-
zum Einsatz, die jeweils zwischen einem tens dem Querschnitt der Außenleiter ent-  Mit den erforderlichen Grundlagen für die
Außenleiter und dem N-Leiter angeschlossen spricht. Ist der Querschnitt des Neutralleiters Planung und Errichtung von Beleuchtungs-
anlagen
werden und diesen zusätzlich mit Strömen der geringer als der des Außenleiters, so muss
 Schwerpunktthemen u. a.: aktuelle
3. harmonischen Oberschwingung belasten. hierfür eine Überstromerfassung vorgesehen
Forschungsergebnisse zur Wahrnehmungs-
werden, die eine Überlastung verhindert. Auf physiologie, Änderungen von Normen,
diesen Schutz kann auch verzichtet werden, Einsatz von Beleuchtungssoftware,
wenn der Neutralleiter durch die Schutzein- Dynamische Beleuchtung mit verschiedenen
Leuchtdichten und Farben
richtung der Außenleiter bei Kurzschluss
 Auf der CD-ROM: Tabellen zu lichttech-
geschützt wird und der Höchststrom im nischen Berechnungen und Lampendaten,
Neutralleiter bei normalem Betrieb den Wert farbige Abbildungen, Beispiele zur Tages-
der Strombelastbarkeit des N-Leiters nicht lichtberechnung und ein Lichtberechnungs-
überschreitet. programm von DIAL.

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Nach den praktischen Gegebenheiten ist Baer (Hrsg.), Beleuchtungstechnik,
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im N-Leiter zum Strom IN/3


Datum/Unterschrift 1002 ep

Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2 129


FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit

• die Querschnitte von N- und PE-Leitern nicht • und auch der Einsatz entsprechender Fil- der Leitung mehr statt, wie es bei der 50-Hz-
reduziert, sondern ter kann in Erwägung gezogen werden Grundschwingung der Fall ist. Es entsteht
• für die Oberschwingungslasten ausgelegt (Bild ). vielmehr ein magnetisches Restfeld. Dieses
werden; Ganz wichtig ist eine permanente Überstrom- induziert einen Strom im benachbarten PE-
überwachung des N-Leiters. Dadurch wird das Leiter, wenn dieser als Teil einer PE-Leiter-
Überschreiten von kritischen Werten sofort schleife ausgeführt ist.
UAC
erkannt und gemeldet. Als Stromüberwa- Die Drehstromversorgungsleitung ist somit
IAC
chung empfiehlt es sich hier, Überwachungs- zum „Transformator“ geworden. Hier entste-
L geräte einzusetzen, die mit einem Mess- hen Störspannungen, die zu elektromagne-
PE UDC stromwandler arbeiten, um nicht eine weitere tischen Unverträglichkeiten in elektronischen
N Trennstelle im N-Leiter zu verursachen. Systemen führen. Das Streufeld dieser Ober-
schwingung kann je nach Leitungstyp zwei-
UDC IAC bis sechsmal und bei Einzelleitungen bis zu
Störströme durch Unter- 16mal höher sein als im normalen Strombe-

0
7 brechung des PE-Leiters trieb bei 50 Hz. Es fließen PE-Leiterströme
im hohen Amperebereich.
UAC Die Funktion der zusätzlichen Schutzmaßnah- Die Energieleitungen stellen die Primärwick-
men für Geräte der SK. I hängt entscheidend lung eines „Transformators“ dar. Die Sekun-
100 Fourieranalyse von einem zuverlässigen Schutzleiteran- därwicklung wird durch den mit der Leitung
% schluss innerhalb der Gesamtinstallation ab. mitgeführten PE und die an beiden Enden
Ist der Schutzleiter unterbrochen, so besteht verbundene Abschirmung einer Datenleitung
50 eine erhöhte Gefährdung von Personen durch gebildet. Das durch die Oberschwingungen
hohe Körperströme. (150 Hz, 450 Hz) in den Energieleitungen aus-
0 Außerdem können Fehlerströme anstatt gehende Magnetfeld induziert eine Schutzlei-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 über den PE über Gebäudeteile und Daten- terspannung im PE. Es fließt ein Schutzleiter-
(50 Hz) schirmleitungen zum Sternpunkt zurück- bzw. ein Störstrom über die Abschirmung der
Oberschwingungswelle
fließen und dadurch Anschlussstellen Datenleitungen.
Netzteil mit kapazitiver Glättung beschädigen oder zerstören. Als Maß-
nahme empfiehlt es sich, permanent den
Besonders hohe Einkopplungen sind bei
Stromschienensystemen oder bei nebenein-
Die impulsförmige Stromaufnahme IAC
als Ursache von Oberschwingungen PE-Leiter mit einem Differenzstrom-Über- ander liegenden Einzelleitern zu erwarten.
wachungssystem auf Unterbrechung zu Diese Versorgungsart sollte möglichst ver-
überwachen. mieden werden.
Die elektromagnetische Verträglichkeit und
Reduzierung von Störströmen auf Erdungs-
TN-S-System mit getrenntem und Schirmleitungen in elektrischen Anlagen
8 Funktionsschutzleiter (FPE) kann u. a. erreicht werden durch Vermeidung
oder Verringerung von:
Die Folge von Oberschwingungen ist, dass die • PE-Leiterschleifen (Bild ),
150-Hz-Stromanteile in L1, L2 und L3 durch • induktiven Einkopplungen,
ihre Phasengleichheit sich im N-Leiter addie- • Störaussendungen der Störquellen, in de-
 Vermeidung von PE-Leiter- ren. Der Betrag dieser drei 150-Hz-Ströme nen sich durch magnetische Felder (trans-
schleifen durch sternförmige Erdung
V galvanische Verbindung (z. B. Steuer- fließt als Summenstrom im N-Leiter zurück formatorische Wirkung) Störströme induzie-
leitung) unbedingt vermeiden; HV Haupt- (Bild ). ren können.
verteiler; UV Unterverteiler; KV Klein- Es findet keine Kompensation der 150-Hz- Außerdem soll erreicht werden, dass auf den
verteiler Quelle: VdS 2349 Ströme und somit auch der Magnetfelder in Verbindungsleitungen zwischen verschiede-
nen Anlagenteilen keine Störströme fließen.
Um einen optimalen Potentialausgleich zu er-
reichen, ist es jedoch sinnvoll, die Elektronik-
masse (0 V) gegen PE-Leiter und Baukörper-
masse zu isolieren. Zum Schutzleiter wird
noch ein zusätzlicher isolierter Funktions-
schutzleiters (FPE) verwendet, der die Elek-
tronikmasse nur einmal am zentralen Er-
dungspunkt mit dem Schutzpotentialaus-
gleich PAS und mit Erde verbindet. Der FPE
sollte getrennt von den Energieleitungen ver-
legt werden (Bild ).
Dies führt zur Reduzierung von Störströmen
auf Elektronikmassen und Schirmleitungen.
Eine permanente Störstromüberwachung des
FPE und des PE auf Stromfreiheit mit einem
Differenzstrom-Überwachungssystem (RCMS)
ist zwingend erforderlich. Zusätzliche Verbin-
dungen zwischen FPE und PE können sofort
lokalisiert werden, wodurch eine hohe Stör-
 Vermeidung von Störströmen in Stromversorgungen von Elektroniksystemen unempfindlichkeit in sensiblen Anlagen der
Informationstechnik gewährleistet wird. 

130 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 2


FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit

Permanente Überwachung Festlegung kann sowohl eine Reduzierung als


auch eine Erweiterung der Prüfintervalle bei
der Isolationsmessung beinhalten.
von Fehler- und Störströmen In Abhängigkeit vom Beanspruchungsgrad der
Arbeitsmittel ist somit eine sicherheitstech-
Teil 2: Maßnahmen zur Vermeidung von Störungen nisch und betriebswirtschaftlich angepasste
Fristenfestlegung der Wiederholungsprüfung
H. Muhm, Grünberg bei Isolationsmessungen möglich.
Abschaltungen für herkömmliche Isolations-
Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist eine wesentliche Voraussetzung messungen, auch nur für kurze Zeiten, gehö-
für störungsfreien und zuverlässigen Betrieb elektrischer Geräte und Anlagen. ren durch den gezielten Einsatz von Differenz-
strom-Überwachungssystemen (RCMS) der
Wesentlich hierfür ist es, Fehler- und Störströme frühzeitig zu erkennen und Vergangenheit an. Die Verfügbarkeit einer
zu lokalisieren. Ergänzend zum Beitrag [1] werden Lösungsmöglichkeiten elektrischen Anlage wird erhöht, Störströme
einer innovativen Differenzstrom-Überwachung aufgezeigt. Dadurch wird in werden in der Entstehungsphase lokalisiert
Elektroinstallationen und hochsensiblen Bereichen eine hohe Betriebssicher- und der Kostenaufwand für die Isolations-
messung bei der Wiederholungsprüfung
heit durch vorbeugende Instandhaltung gewährleistet.
elektrischer Anlagen und Betriebsmittel wird
minimiert.

Einsparpotentiale und Funktionsprüfung. Die Messung des Iso-


9 durch angepasste Prüffristen lationswiderstands ist in Anlagen der Informa- Aufbau und Installation
tionstechnik kaum möglich, da hier eine Ab- 10 eines RCMS
Die Vorgaben der Betriebssicherheitsverord- schaltung erforderlich ist. Zudem stellt diese
nung (BetrSichV) [2] und der Unfallverhütungs- Messung nur eine Momentaufnahme dar. Den Grundaufbau einer Differenzstrom-Über-
vorschrift BGV A3 [3] hinsichtlich der durchzu- Kurze Zeit später kann sich der Isolations- wachung zeigt (Bild ). Bild zeigt die
führenden Wiederholungsprüfungen in orts- widerstand verschlechtern, ohne dass dies Stromkreisüberwachung einer Stromversor-
festen Anlagen sind immer dann erfüllt, wenn sofort bemerkt wird. Die Folgen sind hohe Feh- gung mit bis zu 12 Abgängen (Stromkreise).
sichergestellt ist, dass die elektrischen Be- ler- und Störströme auf Erdungsanlagen. Dargestellt wird auch der jeweils bevorzugte
triebsmittel keine Mängel aufweisen. Der Da der Differenzstrom ein Abbild des Isola- Einbauort der benötigten Messstromwandler
Arbeitgeber hat durch eine Gefährdungsbeur- tionswiderstands ist, können innerhalb orts- zur Ermittlung des Fehlerstroms. Der Einbau-
teilung die notwendigen Maßnahmen für die fester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel ort dient gleichzeitig zur Fehlerorterkennung
sichere Bereitstellung und Benutzung der Ar- Differenzstrom-Überwachungssysteme (RCMS) (Stromkreiszuordnung). Bild 12 zeigt eine
beitsmittel zu ermitteln. Für Arbeitsmittel sind permanent eine selektive Isolationsverschlech- Übersicht mit Versorgungsstromkreisen, de-
insbesondere Art, Umfang und gefährdungs- terung erkennen und eine Meldung an eine ren maximale Anzahl auf 1080 Stromkreise
bezogene Prüffristen zu ermitteln und festzu- ständig besetzte Stelle weiterleiten. Die begrenzt ist. Die Auswahl der Messstrom-
legen. Dabei ist zwingend zu berücksichtigen, gemessenen Differenzströme lassen sich wandler erfolgt nach den Leitungsquerschnit-
dass die erforderlichen Prüffristen von befä- eindeutig den jeweiligen Stromkreisen und ten des zu überwachenden Stromkreises.
higten Personen im Sinne der BetrSichV er- einzelnen Verbrauchern zuordnen. Die Elektro-
mittelt werden. Der Arbeitgeber hat die Ergeb- fachkraft kann nun Anwendungsbeispiel (Bild 13 )
nisse der Prüfungen aufzuzeichnen. • den fehlerhaften Stromkreis oder das Dargestellt ist das Differenzstrom-Überwa-
Die Wiederholungsprüfung umfasst in der Arbeitsmittel vom Netz trennen, chungssystem RCMS460 in einer EMV-gerech-
Regel drei Schritte: Sichtprüfung, Messung • reparieren und ten TN-S-Stromversorgung (im zentralen Er-
• vor der Wiederinbetriebnahme einer Isola- dungspunkt und in wichtigen Unterverteilungen).
tionsprüfung unterziehen. Einzelne Messwerte von den Differenzstrom-
Autor Mit den Differenzstrom-Überwachungssyste- Überwachungssystemen können problemlos
Dipl.-Ing. Helmut Muhm ist Bereichsleiter
men wird es für die Elektrofachkraft möglich, vom Arbeitsplatz der Elektrofachkraft beob-
Monitoring Grounded Systems der Dipl.-
Ing. W. Bender GmbH & Co. KG, Grünberg. eindeutige und zielgerichtete Prüffristen zu er- achtet werden. Veränderungen oder auftre-
mitteln und praxisbezogen festzulegen. Diese tende Fehler- und Störströme in der zu über-

  Differenzstrom-
Überwachungssystem
D in einer Anlage
bestehend aus
RCMS460 und Mess-
stromwandler
D Differenzstrom-
Überwachungsgerät
Typ RCMS 460
M Messstromwandler

Schematische
Darstellung einer
Überwachung der
Stromversorgung von
M bis zu 12 Einzel-
Stromkreisen 

224 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 3


Elektromagnetische Verträglichkeit FÜR DIE PRAXIS

• Verringerung der Oberschwingungsanteile


des Nennstroms.
• Verwendung nichttransformierender Kabel
und Leitungen.

11.2 Spezielle Hinweise


Die konsequente Anwendung des TN-S-Sys-
tems ist die Grundvoraussetzung für eine
EMV-gerechte Elektroinstallation. Trotzdem
können hohe Erdungsströme entstehen und
empfindliche informationstechnische Anlagen
stören. Durch die heutige hohe Oberschwin-
gungsbelastung der Systeme ist ein strom-
freies PE-Leitersystem nur dann erreichbar,
wenn PE-Leiterschleifen konsequent vermie-
den werden.
Wesentlich ist weiterhin, nur Versorgungslei-
tungen zu verwenden, die eine geringe trans-
formatorische Wirkung auf den in der Leitung
mitgeführten PE-Leiter haben. Besonders
hohe Einkopplungen sind bei Stromschienen-
systemen oder bei nebeneinander liegenden
Einzelleitern zu erwarten. Diese Versorgungs-
12 Schematische Darstellung einer Überwachung der Stromversorgung von bis zu art sollte vermieden werden.
1080 Einzel-Stromkreisen Um einen optimalen Potentialausgleich zu
erreichen, kann die getrennte Verwendung
eines Funktionsschutzleiters (FPE) und eines
wachenden Stromversorgung werden gra- • Keine reduzierten Kabelquerschnitte für N- sicherheitstechnischen Schutzleiters (PE)
phisch visualisiert und dokumentiert (Bild und PE-Leiter. sinnvoll sein. Der FPE darf nur einmal am zen-
14 ). Somit kann der betreffende Fehlerort/ • Leitungsquerschnitte für Oberschwingungs- tralen Erdungspunkt (ZEP) mit dem PE ver-
Endstromkreis ermittelt werden. lasten auslegen. bunden werden.
• Keine Einleiterkabel vom Transformator zur Eine permanente EMV-Überwachung ist not-
NSHV (Mehrleiterkabel verwenden). wendig, um die Stromfreiheit des FPE und des
Sichere und EMV-gerechte • Verlegung von Kabeln und Leitungen in ge- PE zu überwachen.
11 Elektroinstallation schirmten Bereichen (metallenen Rohren/ Moderne Differenzstrom-Überwachungssyste-
Schächten). me (RCMS) erfüllen diese permanente EMV-
Für Gebäude mit moderner Informationstech- • Kurze Kabel- und Leitungslängen (keine Überwachung und gewährleisten eine hohe
nik muss sich die Elektrotechnik an den herr- Reserve). Störunempfindlichkeit elektronischer Systeme.
schenden EMV-Bedingungen orientieren und • Keine PEN-Leiter im gesamten Gebäude. Innerhalb ortsfester elektrischer Anlagen und
anpassen. Es ist die Aufgabe eines Anlagen- • Verdrosselte Kompensationsanlagen ver- Betriebsmittel bieten Differenzstrom-Über-
planers, die Anforderungen hinsichtlich des wenden. wachungssysteme zusätzlich eine optimale
Blitz- und Überspannungsschutzes sowie des • Differenzstrom-Überwachungssysteme ver- Möglichkeit zur Beurteilung von Isolationsver-
Schutzes bei Überstrom und gegen elektri- wenden. schlechterungen sowie von zusätzlich einge-
schen Schlag mit der EMV in Einklang zu brin- • Permanentes Energiemonitoring wichtiger bauten N-PE-Brücken und Störströmen auf Er-
gen. Parameter. dungs- und Schirmleitungen. Die gemessenen
• Anlagen prüffähig aufbauen – Messpunkte Fehlerströme lassen sich eindeutig den jewei-
11.1 Grundlegende Forderungen für EMV-Messungen zugänglich ausfüh- ligen Stromkreisen und Verbrauchern zuord-
• Schaffung und Erhaltung eines stromtrag- ren. nen. Somit ist eine anlagenbezogene sicher-
fähigen, niederohmigen und fremdspan- • Dokumentation und Beschriftung von Lei- heitstechnische Zustandsbewertung möglich.
nungsarmen Potentialausgleichs. tungen und Erdungspunkten. Dabei ist das Messverfahren der anzuwen-
• Umrüstung vom TN-C- bzw. TN-C-S-System • Verringerung der induktiven Kopplung durch denden Differenzstrom-Überwachungssyste-
auf durchgängiges 5-Leiter-TN-S-System ab größeren Abstand zwischen N- und PE-Leiter me und die Messstromwandlerinstallation an-
einspeisendem Transformator. (etwa 20 ... 30 cm) und Reduzierung der lagenspezifisch auszuwählen. Im Rahmen der
• Nachweislich keine Nenn- und Störströme Leiterschleifenfläche. ständigen Überwachung können solche Über-
auf dem PE-/PA-System. • Verwendung von Stromversorgungsleitun- wachungseinrichtungen die geforderte „konti-
• Keine Mehrfacherdung des PEN-Leiters bei gen mit konzentrischer Anordnung des PE nuierliche“ messtechnische Prüfung sicher-
Mehrfacheinspeisung. als Kabelschirm (NYCW, NYCWY). stellen.

Switching on the future


FÜR DIE PRAXIS Elektromagnetische Verträglichkeit

Über die zeitliche Dokumentation und graphi-


sche Darstellung des Anlagenverhaltens, z. B.
Senkung oder Erhöhung der Differenz- und
Störströme ist es möglich, angepasste wie-
derkehrende Prüffristen für die elektrischen
Arbeitsmittel festzulegen. Die bisherigen prak-
tischen Erfahrungen zeigen eindeutig, dass
mit Differenzstrom-Überwachungssystemen
eine Erhöhung der Verfügbarkeit und Zuver-
lässigkeit sensibler informationstechnischer
Anlagen erreicht wird.

Vorteile durch
12 die Anwendung von RCMS
Die Vorteile lassen sich zusammenfassen:
Optimierte Instandhaltung
• Permanente Überwachung anstatt kosten-
und personalintensiver Anlagenprüfung
nach BGV A3 und BetrSichV in längeren
Zeitabständen.
• Instandhaltungsmaßnahmen können anla-
genspezifisch durchgeführt werden.
• Zentrale Information über Veränderungen
des Anlagenzustands.
• Modernes Facility Management durch Fern-
diagnose über Internet/Ethernet.
Höhere Betriebs-/Anlagensicherheit
• Präventive Sicherheit zum Schutz von Men-
schen vor Gefährdungen durch elektrischen
Strom.
• Störungen und unerwartete Betriebsunter-
brechungen sensibler Einrichtungen werden
13 Schematische Darstellung einer Überwachung der Stromversorgung
minimiert.
IΔ Überwachung Differenz-, Fehler-, Störströme; IN Überwachung N-Leiter (Unterbrechung/ • Isolationsfehler bei neu installierten Anla-
Überstrom); IPE Überwachung PE-Leiter (Unterbrechung/Überstrom); IPEN – PE Überwachung gen und Geräten werden sofort lokalisiert.
Brücke PEN – PE; IPE – PAS Überwachung Brücke PE – PAS • TN-S-Systeme werden auf unerwünschte
Anmerkung: Im normalen Betrieb des TN-Systems mit Mehrfacheinspeisung wird der PEN- zusätzliche N-PE-Brücken überwacht.
Leiter nur mit seiner Funktion als Neutralleiter verwendet. • Störströme auf Schirmleitungen werden
permanent überwacht.
Höhere Wirtschaftlichkeit
• Keine teuren und ungeplanten Anlagenstill-
stände.
• Weniger Zeit-/Personalaufwand für die In-
standhaltung.
• Mögliche Kosteneinsparung durch niedri-
gere Versicherungsprämien.
Höhere Brandsicherheit
• Fehler- und Störströme werden schon in der
Entstehungsphase erkannt.
• Überlastung von N-Leitern wird erkannt.
• Brandgefahren in elektrischen Anlagen wer-
den reduziert.

Literatur
[1] Muhm, H.: Permanente Überwachung von Fehler-
und Störströmen – Teil 1: Störungen verursa-
chende Gegebenheiten. Elektropraktiker, Berlin
64(2010)2, S. 126–130.
[2] Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) –
BGBl. Nr. 70 vom 27. September 2002, S.
3777, zuletzt geändert durch Artikel 9 der Ver-
ordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S.
3758).
[3] Unfallverhütungsvorschrift BGV A3 (vorherige
VBG 4) Elektrische Anlagen und Betriebsmittel.
In der Fassung vom 1. Januar 1997.
14 Zeitlicher Verlauf des Fehler- oder Störstroms eines überwachten Stromkreises


226 Elektropraktiker, Berlin 64 (2010) 3

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