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ELEKTROINSTALLATION IN SONDERBEREICHEN
Der Tod in der Badewanne (1) Diese sind auf den Berührungs-
strom zurückzuführen, der vom
Haartrockner aus durch den Kör-
Ereignisanalysen von Stromunfällen per der Verunglückten zum geer-
deten metallenen Brauseschlauch
und neue Denkansätze der Badewanne geflossen ist.
Die technischen Erhebungen
HUBERT BACHL, GOTTFRIED BIEGELMEIER, FRANZ TAUBENKORB Immer nach dem Unfall zeigten Folgen-
wieder gibt es tödliche Unfälle durch in die Badewanne fal- des: Die Verbraucheranlage des
Einfamilienhauses war genullt.
lende Betriebsmittel. Analysen aktueller Stromunfälle und Zusätzlich zu den Überstrom-
Selbstversuche eines Autors sollen die Grauzone dieses Be- Schutzeinrichtungen (LS-Schal-
tern) waren noch zwei Fehler-
reichs der Elektrotechnik mit konkreten Zahlen belegen. Der strom-Schutzschalter für das
erste Beitragsteil befasst sich mit den Unfallhergängen, der Wohnhaus und für die Heizungsan-
lage, mit einem Nennstrom von
zweite Teil mit den Selbstversuchen und Bewertungen. 40 A und einem Nennfehlerstrom
von 0,3 A, einge-
Die meisten tödlichen Elektro- baut.
unfälle im Haushalt geschehen im Nach den zurzeit
Badezimmer. Viele dieser Unfälle gültigen Errich-
ereignen sich, während sich der tungsbestimmungen
Verunglückte in der Badewanne wären letztere nicht
befindet. In der Literatur wurde erforderlich, da die
über die technischen Hintergrün- LS-Schalter für den
de derartiger Unfälle schon häufi- Fehlerschutz ausrei-
ger berichtet [1]. chen. Dagegen fehl-
te der Zusatzschutz
Tödlicher Badewannenunfall für das Badezimmer
wurde näher untersucht durch einen Fehler-
strom-Schutzschal-
Ein tragischer Unfall, der sich ter mit einem Nenn-
kürzlich in Österreich ereignete, fehlerstrom ≤ 0,03
soll im Folgenden beschrieben A.
werden. Eine Messung
Während ein Schulmädchen in Bild 1: Am Unfallort verwendete Messschaltung zur Abschätzung des Badewassers er-
der Wanne ein Bad nahm, rutsch- des Körperstroms gab eine Leitfähig-
te ein ausgeschalteter Haartrock- 1 – Haartrockner, der den Unfall verursacht hatte keit χ = 524 µs/cm
ner der Schutzklasse II, der aber 2 – Fehlerstromschutzschalter der Anlage (spezifischer Wider-
noch in der Steckdose steckte, 3 – Metallener Abfluss/Brauseschlauch stand χ = 19 Ω) bei
vom neben der Badewanne be- Anmerkung: Die Erdungen sind im Bild nicht eingezeichnet, da einem pH-Wert von
findlichen Waschbecken in die deren Lage und Widerstand nicht festgestellt werden konnten. Ei- 7,6.
Wanne und berührte im Wasser ne Potentialausgleichsleitung war augenscheinlich nicht vorhan- Zusätzlich wur-
die Hand und seitlich den Körper den. Der in das Badewasser hängende metallene und geerdete de bei einem etwa
des Mädchens. Die Steckdose war Brauseschlauch ist ebenfalls nicht eingezeichnet. Der Haartrock- den Unfallbedin-
in einem Spiegelschrank, der ner wurde für die Messung ausgeschaltet, der einpolige Ausschal- gungen entspre-
über dem neben der Wanne ange- ter lag im Neutralleiter (ungünstige Steckerposition) chenden Wasser-
ordneten Waschbecken montiert stand eine Strom-
war, eingebaut. Nachträgliche messung bei einge-
Messungen bestätigten, dass das tauchtem Haar-
Kind infolge der starken Elektri- trockner durchge-
sierung wohl nicht in der Lage führt. Das Gerät
war, aus der Wanne zu steigen. wurde dabei über
Da sonst niemand im Haus war, ein Amperemeter
kann davon ausgegangen wer- an die nächst gele-
den, dass die Stromeinwirkung gene 230-V-Steck-
lange angedauert hat. Das dose angesteckt.
Mädchen wurde tot in der Wanne Bild 1 zeigt die
Messschaltung.
Ing. Hubert Bachl, Geschäftsführer und Das einpolig aus-
technischer Leiter, Cooperative Testing geschaltete Gerät
Institute (CTI), Wien wurde in der un-
Prof. Ing. Dr. phil. Gottfried Biegelmeier, Bild 2: Elektrische Leitfähigkeit von Leitungswasser in Abhängig- günstigeren Stecker-
staatlich bef. und beeid. Ingenieurkonsu- keit von der Temperatur position, bei im
lent für Elektrotechnik, Wien Wasser hängendem
Dr. Franz Taubenkorb, Abteilungsleiter aufgefunden und wies seitlich an Brauseschlauch, einmal in der
im österreichischen Bundesministerium der Handaußenseite und an bei- Mitte der Wanne und einmal am
für Wirtschaft und Arbeit, Wien den Füßen Strommarken auf. dem Abfluss und dem Brause-
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SCHUTZMASSNAHMEN
Der Tod in der Badewanne (2) nach Bild 5 angewendet. Bei eini-
gen Versuchen wurde auch ein
Fehlerstromschutzschalter mit ei-
Ereignisanalysen von Stromunfällen nem Nennwert des Auslösefehler-
stroms von 30 mA in die Schaltung
und neue Denkansätze eingebaut, um das Auslöseverhal-
ten feststellen zu können.
Die Versuche wurden im Bade-
HUBERT BACHL, GOTTFRIED BIEGELMEIER, FRANZ TAUBENKORB Tödli-
zimmer einer Neubauwohnung
che Unfälle durch in die Badewanne fallende Betriebsmittel mit einer emaillierten Badewanne
durchgeführt, bei der der metalle-
sind Gegenstand dieses zweiteiligen Beitrags. Der zweite Teil
ne Abfluss und die Wanne gemein-
befasst sich mit den Selbstversuchen eines der Autoren und sam an die Schutzleitung ange-
schlossen waren.
der Bewertung aller geschilderten Ergebnisse.
Die Versuche wurden mit und
ohne Anfassen des Haartrockners
Zur Bestätigung der Überle- sich wie im ersten Beitragsteil be- durchgeführt, wobei die Versuchs-
gungen zum Einfluss des Be- richtet, ein Fehlerstrom ergeben, person bei einigen Versuchen in
triebszustands und der Stecker- der mit 0,5 bis 1 A wesentlich über der Wanne liegend den Haartrock-
position wurden zwei schutziso- den im Laborversuch ermittelten ner und/oder die Wasserarmatur
lierte Haartrockner (A und B) an Werten lag. Hauptursache dafür Bild 6: Selbstver-
dem Wannenende, das dem geer- war der etwa um den Faktor zwei such in der Ba-
deten Abfluss gegenüberliegt, in niedrigere spezifische Widerstand dewanne, Gerät
eine mit normalem Leitungswas- des Wassers gegenüber den La- mit rechter Hand
ser (ρ = 35 Ωm) gefüllte Badewan- borversuchen. umfasst, Füße
ne getaucht. Hierbei wurden die berühren den
Fehlerströme in Abhängigkeit vom Versuche mit Menschen in Abfluss nicht
Einschaltzustand der Geräte und der Badewanne
Um die tatsächlichen Ströme im
menschlichen Körper zu messen
und die physiologischen Reaktio- berührte. Eine ausführliche Dar-
nen zu erkennen, wenn ein stellung der Versuchsergebnisse
Mensch in der Badewanne den findet sich in [1].
verschiedenen Unfallsituationen Zusammenfassend kann hierzu
unterworfen wird, hat der zweit- gesagt werden, dass ein Haar-
genannte Autor schon 1986 trockner, der am Fußende in die
Selbstversuche durchgeführt. Bei Wanne fällt, während die Beine
diesen wurde eine Messschaltung das geerdete Abflussventil nicht
Tabelle 6: Feh- der Steckerposition gemes- berühren, eine kaum spür-
lerströme von sen. Die Messergebnisse sind bare Elektrisierung verur-
Haartrocknern aus Tabelle 6 ersichtlich. sacht. Ein funktionstüchti-
in der Bade- Für die folgend beschrie- ger 30 mA Fehlerstrom-
wanne benen Selbstversuche wurde Schutzschalter schaltet, wie
ein schutzisolierter Haar- bei allen anderen Versuchs-
trockner verwendet, dessen anordnungen auch, sofort
charakteristische Betriebs- aus, wenn das Gerät in die
daten aus Tabelle 7 entnom- Wanne fällt. Berührt der
men werden können. Mensch mit einem Fuß den
Bei Messungen, die nach Abfluss, so fließt bereits bei
dem kürzlich in Österreich 75 V ein Fehlerstrom von
bekannt gewordenen tödli- 130 mA. Der Teilfehlerstrom
chen Badewannenunfall durch das Bein verursacht
durchgeführt wurden, hat eine Bewegungshemmung
in jenem Fuß, der den Ab-
Ing. Hubert Bachl, Geschäftsführer fluss berührt.
und technischer Leiter, Cooperati- Wird der Haartrockner in
ve Testing Institute (CTI), Wien Bild 5: Messanordnung zur Messung von Betriebsströmen der Hand gehalten und die
Prof. Ing. Dr. phil. Gottfried Biegel- undFehlerströmen eines in eine Badewanne gefallenen Gerä- Füße berühren den Abfluss
meier, staatlich bef. und beeid. In- tes mit einem Menschen in der Wanne nicht (Bild 6), dann sind be-
genieurkonsulent für Elektrotech- IT – Isoliertransformator für regelbare Wechselspannung reits bei 100 V die Wirkun-
nik, Wien 1 – Versuchsgerät gen sehr stark (Fehlerstrom
Dr. Franz Taubenkorb, Abteilungs- 2 – Fehlerstromschutzschalter 15 mA bei unkritischer
leiter im österreichischen Bundes- 3 – Erdungsanschluss des Abflusses Steckerposition).
ministerium für Wirtschaft und Ar- 4 – Anschlussnocken an der Badewanne Wie bei dem eingangs be-
beit, Wien 5 – Überbrückungsschalter für den Fehlerstromschutzschalter schriebenen tödlichen Bade-
6 – Körper der Versuchsperson unter verschiedenenVersuchs- wannenunfall werden die
Fortsetzung aus »de« 23/2003 bedingungen Verhältnisse sofort lebens-
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krampf im ganzen Körper und da- Fragestellungen nach jedem Elek- Da selbst Techniker oft nicht
mit zur Unbeweglichkeit. Der Tod trounfall klar: wissen, dass auch ein ausgeschal-
tritt schnell ein und es können – 1. Warum hat der Basisschutz ver- teter Haartrockner, wenn dieser
wie der eingangs beschriebene sagt? noch mit der Steckdose verbunden
Unfall zeigt – sogar unter Wasser 2. Warum hat der Fehlerschutz ist, einen tödlichen Elektrounfall
Strommarken auftreten. versagt? verursachen kann, wenn er in die
Der folgende Versuch bestätigt, 3. Warum hat der Zusatzschutz – Badewanne fällt, sollte überlegt
dass die Unfallgefahr im Badezim- falls vorhanden – versagt? werden, ob nicht eine entspre-
mer kaum größer als z.B. in der Zu dem beschriebenen tragi- chende Aufklärungskampagne –
Küche ist – vorausgesetzt, dass schen Badewannenunfall lauten etwa über die Medien – hier wirk-
sich keine Person in der Badewan- die Antworten: samer ist.
ne befindet: Die Versuchsperson Zu 1.: Weil der Haartrockner in
stand dabei mit nassen Füßen ne- die Wanne gefallen ist und den Literatur der zweiten Folge
ben der Wanne auf dem kerami- Körper des Mädchens berührt hat.
schen Fliesenboden und versuchte Zu 2.: Trotz Nullung konnten die [1] Biegelmeier, G. und Rabitsch, G.: Kör-
den Haartrockner aus der Wanne Überstrom-Schutzeinrichtungen perströme und Berührungsspannun-
zu nehmen. Es zeigte sich erwar- nicht ansprechen, weil der Fehler- gen in der Badewanne, E. u. M.
tungsgemäß, dass diese Unfallsi- strom zu klein war. 103/1986, H3, S. 50 ff.
tuation unkritisch ist. Infolge des Zu 3.: Der Fehlerstrom-Schutz- [5] Hörmann, W.: Neue Bestimmung für
hohen Standortwiderstandes ist schalter hatte einen Nennfehler- Räume mit Badewanne oder Dusche,
selbst bei nassen Fließen kaum ei- strom I∆n ≤ 0,3 A und ist daher für »de« 23/2001 S. 24 ff; »de« 24/2001, S.
37 ff.; »de« 3/2002, S. 34
ne Elektrisierung spürbar, solange den Zusatzschutz nicht geeignet.
[6] Altmann, S., Jühling, J., Kiebach, K.
nicht gleichzeitig ein geerdetes Trotzdem hätte er bei einem Feh- und Zürneck, H.: Elektrounfälle in
Teil berührt wird. lerstrom IF = 0,5 A bis 1A auslösen Deutschland, Schriftenreihe der Bun-
Dann aber ist die Gefährdung müssen. Da er sowohl beim Betäti- desanstalt für Arbeitsschutz und Ar-
bei einem Stromweg Hand – Hand gen der Prüfeinrichtung, wie auch beitsmedizin – Forschung Fb 941 –
nicht größer als in allen anderen bei der Prüfung mit einem Anla- Dortmund/Berlin 2002
Räumen. Beim Versuch wurde die genprüfgerät nicht ausgelöst hat (Ende des Beitrags)
Spannung bis auf 100 V gesteigert, war seine Schutzfunktion nicht ge-
wobei die Elektrisierung kaum geben.
spürbar war. Beim ins Wasser ge-
tauchten Haartrockner kam es je- Fazit
doch im Gerät, im Engegebiet in
der Nähe der aktiven Teile, zu ei- Für einen weit-
ner starken Erwärmung, sodass es reichenden Schutz
nicht mehr möglich war, den Griff vor einem elektri-
des Haartrockners weiter in der schen Schlag in
Hand zu halten. der Badewanne
Ein Überdenken der beschrie- sind Fehlerstrom-
benen technischen Gegebenheiten Schutzschalter mit
führt dazu, die Kompliziertheit der hoher Auslösezu-
Normen für Räume mit Badewan- verlässigkeit und
ne oder Dusche, und dabei insbe- einem Nennfeh-
sondere die Berechtigung der lerstrom von
Schutzbereiche, zu hinterfragen I∆n ≤ 30 mA als
[5]. Wirklich notwendig und be- Zusatzschutz für
rechtigt ist sicher die Forderung Steckdosen unbe-
nach dem Zusatzschutz mit Feh- dingt notwendig.
lerstrom-Schutzschaltern mit ei- Die Errichtungs-
nem Nennfehlerstrom I∆n ≤ 30 mA. normen für die
Die ordnungsgemäße Funktion Badezimmerin-
dieser Schalter vorausgesetzt, stallation könnten
können damit tödliche Unfälle in vereinfacht wer-
der Badewanne verhindert wer- den und sich mög-
den. licherweise, zu-
Abschließend sei noch auf ei- züglich der für an-
nen Missstand hingewiesen, der dere Räume übli-
aus der Sicht der Autoren durch chen Anforderun-
eine ungenügende technische Aus- gen, auf den Po-
wertung von Elektrounfällen ent- tentialausgleich
steht. Es gibt zwar ausgezeichnete im Wannenbe-
statistische Aufzeichnungen über reich beschrän-
Unfallszahlen, geordnet nach ver- ken. Die derzeit
schiedenen Klassifikationen [6], genormten
aber die Darstellung der Unfallur- Schutzbereiche er-
sachen und Folgerungen für die scheinen aus Sicht
Verbesserung der Normung er- der Autoren nicht
folgt nur selten. Dabei sind die notwendig.
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