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Erregung, Wechselstromtechnik 2
Lernziel
Nach Durcharbeit von Kap. 2 sollen beherrscht werden:
In der Informationstechnik
Relativ gering sind die Nachteile des Wechselstroms: Energiependeln zwischen Energie-
speichern verursacht Blindleistung und die Wechselmagnetfelder stromführender Leitun-
gen können Störungen verursachen.
Positiv dagegen bieten Wechselstromnetzwerke durch Zusammenwirken von Durch-
flutungs- und Induktionsgesetz viele neuartige Phänomene:
das Netzwerk enthält nur Elemente, deren räumliche Ausdehnung keinen Einfluss auf
das elektrische Verhalten hat. Dann gibt es Ersatzschaltbilder.
das Netzwerk arbeitet im eingeschwungenen Zustand (Abb. 1.1.2) mit Quellen gleicher
Frequenz.
Ansatzverfahren Bei sinusförmiger Erregung eines linearen Netzwerks erfüllen die Mo-
mentanwerte aller Zweigströme und -spannungen zu jedem Zeitpunkt die Kirchhoff’schen
Gleichungen. Deshalb wird eine gesuchte Zweiggröße allein durch ihre Zeitfunktion be-
stimmt. Das ist bei stationärer harmonischer Erregung wieder eine harmonische Größe
mit unbekannter Amplitude und Phase, weil die Frequenz durch die Erregung festliegt.
Dieses Ansatzverfahren hat drei Merkmale (Tab. 2.1):
Tab. 2.1 Analyse eines harmonisch stationär erregten dynamischen Netzwerks im Zeitbereich
Analyseverfahren
Netzwerk- (KHG, Maschenstrom-,
Netzwerk
elemente Knotenspannungsverfahren)
Stationäre Erregung
Netzwerk-DGl oder x1 t xˆ cos ωt φx oder
DGl-System
x2 t xˆ sin ωt φx
Stationärer Lösungsansatz
y1 t yˆ1 cos ωt φy oder
y2 t yˆ 2 sin ωt φy
Für die stationäre Lösung der Netzwerkdifferenzialgleichung (1.1.9) genügt ein An-
satz y.t/ vom Erregungstyp (Störgröße). Er lautet bei harmonischer Erregung x.t/ D
X cos.!t C 'x /
mit unbekannter Amplitude Y und Phase 'y . Aus Sicht der Differenzialgleichung handelt
es sich um eine partikuläre Lösung. Einsetzen von y.t/ in die Netzwerkgleichung ergibt
zwei algebraische Gleichungen für die Unbekannten Y und 'y . Ein Koeffizientenvergleich
liefert sie. Dabei ist Amplitudenproportionalität zwischen Y und X zu erwarten. Das be-
stätigt die im Zusammenhang mit (1.1.2) bereits ausgesprochene Behauptung, wonach
eine Netzwerkfunktion F zwischen der Netzwerkerregung als Ursache und der Wirkung
auch im Wechselstromfall zu erwarten ist
Y.!/ Wirkung
F .!/ D D Amplitudengang;
X.!/ Ursache (2.1.1b)
'f .!/ D 'y .!/ 'x .!/ Phasengang:
1
Der Frequenzgang F .j!/ D jF .j!/j exp j'f . j!/ D F .j!/ exp j'f . j!/ ist eine komplexwertige
Größe, er wird in Abschn. 2.2 vertieft.
2.1 Netzwerkanalyse im Zeitbereich 79
Fließt durch ein Netzwerkelement ein zeitveränderlicher Strom, so stellt sich die Span-
nung als Wirkung gemäß seiner u;i-Beziehung ein
Z
1 duC
Kondensator uC D idt bzw. i D C
C dt
Z (2.1.2)
di 1
Spule uL D L bzw. i D uL dt:
dt L
duC
Erregung i.t/ D iO sin.!t C 'i /; Elementbeziehung iC D C ;
dt
Maschenregel uC .t/ u.t/ D 0; Knotenregel iC .t/ i.t/ D 0:
80 2 Netzwerke bei stationärer harmonischer Erregung, Wechselstromtechnik
uR(t) ωt τ /2 ωt τ /2 ωt
φi φz φi
-φz φu
φu u L( t )
φi φu
uR und i in Phase uC eilt 90o nach o
uL eilt 90 vor
a b c
u(t) u(t)~i(t)
jIm{u(t)} i(t) u(t)=û sin(ωt+φu) p(t) p( t )
ωt t=0 p(t)
i(t) u(t) û i(t) 2
U /R
û sinφu
i(t) î û
u(t)
φu=φi Re{u(t)} 0 0
R τ 2τ ωt τ 2τ ωt
φu=φi φu=φi
p(t)
Abb. 2.1.1 Spannung, Strom und Leistung am Ohm’schen Widerstand. a Zeigerbilder. b Liniendia-
gramm. c Momentaner und zeitlicher Mittelwert der Leistung
2.1 Netzwerkanalyse im Zeitbereich 81
Beim Kondensator ist der Momentanwert der Spannung uC .t/ D uO sin.!t C 'u / propor-
tional dem Integral des Stromes
Z
1
uC .t/ D uO C sin.!t C 'u / D i./d
C
iO iO
D cos.!t C 'i / D sin.!t C 'i =2/
!C !C „ ƒ‚ …
„ƒ‚… ' u
uO C
uO C 1
DZD ; 'i D 'u C =2; 'z D 'u 'i D =2: (2.1.4)
iOC !C
Hier wird der Lösungsansatz transparent: man vergleicht die Unbekannten uO C und 'u
mit dem Ergebnis des Integrals nach Amplitude und Phase und erhält als Quotient der
Scheitelwerte den Scheinwiderstand Z D 1=.! C / des Kondensators und den Phasenwin-
kel 'z zwischen Spannung und Strom. Das negative Vorzeichen berücksichtigen wir später
durch Einführung des kapazitiven Blindwiderstandes XC D 1=.! C /. Er verursacht den
Spannungsabfall uC am Kondensator bei eingeprägtem Strom und berücksichtigt die Pha-
sennacheilung.
Insgesamt eilt der Kondensatorstrom der Spannung eine Viertelperiode voraus oder
die Kondensatorspannung dem Strom um 90ı nach: es muss nämlich zunächst Ladung
zugeführt werden, ehe sich die Spannung ändern kann. Im Liniendiagramm (Abb. 2.1.2a)
ist deshalb die u-Kurve gegenüber der i-Kurve nach rechts verschoben und im Zeigerdia-
gramm eilt der Strom- dem Spannungszeiger vor. (2.1.4) zeigt Proportionalität zwischen
den Effektiv- bzw. Scheitelwerten, dagegen nicht zwischen den Momentanwerten!2
Spule L Wir verfahren sinngemäß zum Kondensator und gehen von der Elementebezie-
hung und dem Spulenstrom i als Erregung aus. Die Spannung uL .t/ D uO L sin.!t C 'u /
ist proportional dem Differenzial des Stromes
di
D !LiO cos.!t C 'i /
uL .t/ D uO L sin.!t C 'u / D L
dt
!LiO sin.!t C 'i C =2/:
D „ƒ‚…
„ ƒ‚ …
uO L 'u
Der Vergleich unterstrichener Terme (mit sin.˛ C =2/ D cos ˛) liefert als Quotient der
Scheitelwerte den Scheinwiderstand Z D !L der Spule. Dazu gehört der Phasenwin-
kel 'z zwischen Spannung und Strom.
2
Zur Phasenbewertung sollte immer das Ursache-Wirkungsprinzip herangezogen werden!
82 2 Netzwerke bei stationärer harmonischer Erregung, Wechselstromtechnik
a
iC(t)
iC~duC/dt
jIm{uC(t)}
C
uC(t) uC(t) uC(t)=ûC sin(ωt+φu)
ωt uC(t) iC(t) iC(t)=îC sin(ωt+φi)
p(t)
ûC t=0
p(t) φi ûC p( t ) p(t)=0
φu îC
îC τ /2 3τ /2
0 τ 0
iC(t) Re{uC(t)} 2τ ωt τ 2τ ωt
φi φi
φ φu φu
φ=φi-φu=τ /2
b
iL(t)
uL~diL/dt
jIm{uL(t)}
uL(t) uL(t)=ûL sin(ωt+φu)
L uL(t)
ωt iL(t) iL(t)=îL sin(ωt+φi)
t=0
uL(t) iL(t) ûL p(t) p(t) p(t)=0
p(t) ûL îL
φu τ 2τ
φi 0 τ 2τ ωt 0 τ /2 3τ /2 2π ωt
Re{uL(t)}
îL φu φi
φu
φz=φu-φi=τ /2
Abb. 2.1.2 Spannung, Strom und Leistung an Kondensator und Spule. a Zeiger- und Liniendia-
gramm, Verlauf der Momentanleistung p.t /. b Dto. für die Spule
uO L
D Z D !L; 'i D 'u =2; 'z D 'u 'i D C =2: (2.1.5)
iO
Wir vertiefen das Ergebnis und führen dazu die Begriffe Wirk- und Blindwiderstand
(Abschn. 2.1.3) ein. Dafür ist das Leistungsverhalten hilfreich.