Z E IT U NG FÜ R D E U T S C H LA N D
Samstag, 29. Juli 2023 · Nr. 174 / 30 E1
Zahl der
Hitzetoten soll
halbiert werden
itz. BERLIN. Ein nationaler Hitze-
schutzplan soll dafür sorgen, dass sich
die Zahl der Hitzetoten in Deutsch-
land 2023 mehr als halbiert. Statt der
8000 Fälle von 2022 wolle man die
Zahl auf weniger als 4000 drücken,
kündigte Bundesgesundheitsminister
Karl Lauterbach (SPD) bei der Vor-
stellung des Papiers am Freitag in Ber-
lin an. Nach Angaben des Robert-
Koch-Instituts wurden zwischen April
und Mitte Juli in der Übersterblich-
keitsstatistik 1510 Todesfälle durch
Hitze gezählt, davon 880 von Perso-
nen im Alter von 85 oder mehr Jah-
ren. Derzeit verläuft der Sommer hier-
zulande mild, aber Südeuropa klagt
über Hitze. 2022 seien in der EU
60.000 Personen auf diese Weise ums
Leben gekommen, zwei Drittel von
ihnen in Spanien, Italien und der Bun-
desrepublik. Der deutsche Plan soll
sich an dem französischen Vorbild seit
2004 orientieren. Es geht um Schu-
lung, Information, Prävention und – je
nach Warnstufen des Deutschen Wet-
terdienstes – um festgelegte Abläufe
in Pflegeheimen, Krankenhäusern,
Kommunen, bei Hausärzten und im
Gesundheitsdienst. Alte, Kranke und
Pflegebedürftige könnten über Besu-
che, Anrufe, Apps oder Textnachrich-
ten gewarnt, betreut und in Sicherheit
gebracht werden. (Siehe Wirtschaft,
Seite 18.)
Todeszonen
in der Ostsee
Der dänische Vejle Fjord
ist kollabiert. Das droht auch
anderen Buchten. Das hat
viele Gründe.
Politik, Seite 3
Wie regieren?
Ein SPD- und ein CDU-Mann
geben Einblick in die Fallstricke
der Kommunalpolitik. Können
sie die Brandmauer halten?
Politik, Seite 2
Der Hass an der Ruhr
1923 besetzte französisches
und belgisches Militär das
Ruhrgebiet. Eine Ausstellung in
Essen erinnert daran.
Feuilleton, Seite 12
Chinas Cyberkrieger
Chinesische Hacker haben sich
Zugriff auf Microsoft-E-Mail-
Konten verschafft. Das dürfte
nur die Spitze des Eisbergs sein.
Unternehmen, Seite 24
Fäuste für ein Halleluja
Faustball ist dynamisch
und integrativ – aber kaum
einer merkt’s. Die WM
soll das ändern.
Sport, Seite 32
Alt, aber nicht konservativ
Die CDU in Hessen will davon
profitieren, dass der Anteil
älterer Wähler so hoch ist wie
nie. Das könnte schiefgehen.
Rhein-Main-Zeitung, Seite 1
Briefe an die Herausgeber, Seite 12
General ernennt sich zu
De-facto-Präsident Nigers
F.A.Z. FRANKFURT. Nach dem Militär-
putsch in Niger hat der Chef der Präsiden-
tengarde, General Omar Tchiani, die
Macht in dem Sahelstaat übernommen. In
einer am Freitag im nationalen Fernsehen
RTN übertragenen Rede sprach Tchiani
als Präsident des „Nationalrates zur Ret-
tung des Vaterlandes“, der am Mittwoch
die gewählte demokratische Regierung um
Präsident Mohamed Bazoum abgesetzt
hatte. Tchiani begründete die Machtergrei-
fung vor allem mit der schlechten Sicher-
heitslage sowie der schlechten Regie-
rungsführung im wirtschaftlichen und
sozialen Bereich. (Siehe Seite 6.)
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HERAUSGEGEBEN VON GERALD BRAUNBERGER, JÜRGEN KAUBE, CARSTEN KNOP, BERTHOLD KOHLER
Martin Walser gestorben
Literatur als Auskunft – So verstand Martin Walser sein
Schaffen. Über Thomas Mann hat der 1927 geborene
Schriftsteller einmal gesagt: „Was er wirklich dachte und
empfand, teilt sich in seinen Romanen und Erzählungen
unwillkürlich und vertrauenswürdiger mit als in den Texten,
Deutschlands Wirtschaft stagniert
Die Inflation geht zurück
Ampel streitet über subventionierten Strompreis / Inflationsrate bei 6,2 Prozent
jpen./sibi. FRANKFURT. Die deutsche
Wirtschaft ist auch im zweiten Quartal
nicht gewachsen. In den Monaten April
bis Juni habe das Bruttoinlandsprodukt
gegenüber dem Vorquartal stagniert,
teilte das Statistische Bundesamt am
Freitag mit. Ende vergangenen Jahres
und zu Beginn dieses Jahres war die
Wirtschaftsleistung jeweils leicht ge-
schrumpft, wodurch Deutschland in die
Rezession gerutscht war. Volkswirte hat-
ten nun mit einem kleinen Zuwachs ge-
rechnet. Doch vor allem die unter fehlen-
den Aufträgen und hohen Energiekosten
leidende Industrie verhinderte eine
Trendwende. Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) bezeichnete die
Konjunkturzahlen als „alles andere als
zufriedenstellend“. Als Ursache nannte
Chrupalla will „Alternative für Europa“
AfD soll mehr Einfluss in Brüssel nehmen / Bundesparteitag in Magdeburg
fhau. MAGDEBURG. Die AfD hat auf
ihrem Bundesparteitag ihren Willen zur
Macht in Deutschland und der EU be-
kräftigt. Am Freitag stimmten die De-
legierten in Magdeburg einem Antrag des
Bundesvorstands zu, wonach die AfD der
Europapartei „Identität und Demokratie“
beitreten soll. In dieser sind bereits ande-
re rechte Parteien organisiert. Neben der
Vernetzung verspricht sich die AfD auch
zusätzliche Finanzmittel aus dem EU-
Haushalt von dem Beitritt.
Die Bedeutung der politischen Arbeit
in Brüssel hob AfD-Bundessprecher Tino
Chrupalla in seiner Rede auf dem Partei-
tag hervor. Man wolle nicht nur eine Al-
ternative für Deutschland sein, sondern
auch eine „Alternative für Europa“ wer-
den. Chrupalla nahm außerdem Bezug
Frau in Singapur
hingerichtet
fäh. SINGAPUR. Am Freitag haben die
singapurischen Behörden das Todesurteil
gegen eine 45 Jahre alte Frau vollstreckt.
Dies bestätigte das zentrale Rauschgiftde-
zernat des Stadtstaats. Aktivisten gehen
davon aus, dass es sich dabei um die erste
Hinrichtung einer Frau seit 20 Jahren
handelt. In den vergangenen Monaten
soll Singapur laut Aktivisten 15 Men-
schen wegen Drogendelikten hingerichtet
haben. Auch die Frau war 2018 verurteilt
worden, weil Diamorphin bei ihr gefun-
den wurde. Für die kommende Woche soll
eine weitere Hinrichtung geplant sein.
(Siehe Seite 6; Kommentar Seite 8.)
in denen er moralisch-politisch recht haben musste.“
Dass er damit auch über sich selbst sprach, war klar.
Das Foto, das Martin Walser an seinem Schreibtisch in
Nußdorf zeigt, entstand 1998. Dort ist er in der Nacht
auf Freitag gestorben. Seite 9
er den Fachkräftemangel, zu langatmige
Genehmigungsverfahren sowie die bis
zum vergangenen Jahr bestehende hohe
Abhängigkeit von russischem Gas, die
nachwirke.
Habeck will vor allem energieintensive
Unternehmen mit einem staatlich subven-
tionierten Strompreis unterstützen. Bun-
desfinanzminister Christian Lindner
(FDP) lehnt diese Maßnahme bislang ab.
Habeck sagte dazu: „Die Zeit drängt, und
wir müssen hier schnell zu Entscheidun-
gen kommen.“ Klassische Konjunkturpro-
gramme lehnt Habeck ab. Die schon jetzt
hohe Inflation könne durch staatliche
Ausgabenprogramme zusätzlich befeuert
werden, sagte er. Unterdessen meldete das
Statistische Bundesamt nach einer ersten
Schätzung, dass die Inflationsrate in
auf die Debatte der vergangenen Tage
über die sogenannte Brandmauer zwi-
schen CDU und AfD. „Sogar Friedrich
Merz will inzwischen lieber Parteichef
der AfD sein“, spottete er über den Vor-
sitzenden der CDU. Dieser habe schließ-
lich davon gesprochen, dass die CDU
eine „Alternative für Deutschland mit
Substanz“ sei. Dies kommentierte Chru-
palla in der Magdeburger Messehalle mit
dem Ruf: „Wir sind das Original, liebe
Freunde, und niemand anders.“
Der Bundessprecher mahnte die AfD
zur Geschlossenheit. In den vergangenen
Monaten habe die Partei Einigkeit und
Harmonie gezeigt. So solle sie weiterma-
chen; es zeige, „wie wir auch in Zukunft
gestalten wollen“. Chrupallas Hoffnung
dürfte von seiner Partei im Verlauf des
Zwei Tote bei Brand in
Hochhaus in Berlin
dpa/AFP. BERLIN. Bei einem Brand in
einem Berliner Hochhaus sind zwei Men-
schen ums Leben gekommen, die aus der
zwölften Etage in die Tiefe sprangen. „Es
hat hinter ihnen gebrannt, sie konnten
wohl die Hitze nicht mehr aushalten“, sag-
te ein Sprecher der Feuerwehr am Freitag-
abend. Die Rettungskräfte seien noch da-
bei gewesen, die Rettungsgeräte aufzu-
bauen, darunter auch ein Sprungpolster.
Die beiden Erwachsenen starben trotz Re-
animation noch an der Unfallstelle. Über
die Brandursache war zunächst nichts be-
kannt. Das Feuer konnte laut dem Spre-
cher schnell gelöscht werden.
Foto Barbara Klemm
Deutschland im Juli leicht zurückgegan-
gen ist. Sie sank von 6,4 auf 6,2 Prozent.
Noch im Juni war Deutschland das einzige
Land im Euroraum gewesen, in dem die
Inflationsrate weiter gestiegen war.
Während Nahrungsmittel zwar auf
Jahressicht der wichtigste Inflationstrei-
ber blieben, sanken beispielsweise die
Preise für Obst und Gemüse im Vergleich
zum Vormonat. Energie verteuerte sich
im Schnitt auf Jahressicht; die gesunke-
nen Preise für Benzin, Diesel und Heizöl
drückten die Inflationsrate aber etwas.
Das Ifo-Institut warnte unterdessen auf-
grund einer Umfrage unter Unternehmen
davor, dass der Rückgang der hiesigen In-
flation sich länger hinziehen könnte als
bislang erwartet. (Siehe Wirtschaft, Seiten
17 und 19.)
Wochenendes nur teilweise erfüllt wer-
den. An diesem Samstag beginnt die
fünftägige Europawahlversammlung der
AfD in Magdeburg. Viele Delegierte er-
warten Streit um die Frage, wer welchen
Platz auf der Liste bekommt. Neben Be-
gehrlichkeiten der jeweiligen Landesver-
bände spielen auch persönliche Abnei-
gungen und Konflikte zwischen EU-
Skeptikern und EU-Feinden eine Rolle.
Als aussichtsreichster, wenn auch um-
strittener Kandidat für die Spitzenkandi-
datur gilt der Europaabgeordnete Maxi-
milian Krah. Wie Chrupalla dringt er auf
eine Vernetzung in der EU. „Die Brüsse-
ler AfD muss sich als Teil des großen
Flottenverbandes AfD mit der Bundes-
tagsfraktion als Herzstück verstehen“,
sagte er der F.A.Z. (Siehe Seite 2.)
Frachter in der Nordsee
weiterhin in Brand
fesc. FRANKFURT. Erstmals nach Aus-
bruch des Feuers auf einem Autofrachter
vor der niederländischen Küste haben
Bergungsexperten das Schiff betreten.
Das teilte die Küstenwache am Freitag
mit. Den Spezialisten sei es gelungen, den
Frachter stabil mit einem Schlepper zu
verbinden. Danach seien sie wieder von
Bord gegangen. Das Schiff brannte wei-
terhin, Feuer und Rauch nahmen aber ab,
wie die Küstenwache mitteilte. Die Ge-
fahr einer Umweltkatastrophe sei noch
nicht gebannt. Es war unklar, wohin der
Frachter geschleppt werden sollte. (Siehe
Deutschland und die Welt.)
Das leichte Spiel der AfD
Von Jasper von Altenbockum
ine bessere und billigere Pres-
E se hätte sich die AfD für ihr
langes Wochenende in Mag-
deburg nicht wünschen können. Sie
musste gar nichts dafür tun. Erst er-
klärte der CDU-Vorsitzende, wie mit
der AfD (nicht) umzugehen sei, dann
wurde ihm fast schon in AfD-Manier
das Wort im Munde umgedreht, und
heraus kam eine CDU, die mit der
AfD womöglich zusammenarbeiten
wolle. Das sind zwar Fake News, aber
welche, die nicht dafür gehalten wer-
den. Wieso wünscht sich die AfD da
noch eine „Gegenöffentlichkeit“,
wenn doch die Öffentlichkeit offen-
bar nichts Schöneres kennt, als dass
sich ihre etablierten Protagonisten
gegenseitig die Beine stellen?
Sie braucht diese Gegenöffentlich-
keit aus einem ganz anderen Grunde
gar nicht mehr: Sie hat sie schon. Dort
werden Inhalte auf radikale bis hass-
erfüllte Weise verbreitet, die offenbar
effektiver ist als eine auf Moral ge-
trimmte Abscheu. Die beruhigt zwar
das öffentliche, vor allem aber das
eigene Gewissen, bewahrt nur leider
davor, eigene Fehler, Versäumnisse
Deutsches Sorgenkind
Von Andreas Platthaus
artin Walser ist gestorben,
M fast ein Jahrhundert alt.
Acht Monate nach dem Tod
des um zwei Jahre jüngeren Hans
Magnus Enzensberger. Damit sind die
letzten beiden der drei Großen ihrer
literarischen Generation gegangen;
Günter Grass, wie Walser Jahrgang
1927, starb 2015. „Ehen in Philipps-
burg“ von Walser und „Die Verteidi-
gung der Wölfe“ von Enzensberger
erschienen jeweils 1957, zwei Jahre
später folgte Grass mit „Die Blech-
trommel“. Die drei Schriftsteller wur-
den fortan parallel über mehr als ein
halbes Jahrhundert hinweg als Reprä-
sentanten ihres Landes wahrgenom-
men. Nicht immer zu ihrem Glück;
auch nicht immer zu seinem.
„Deutsche Sorgen“ – so hätte außer
Walser aber nur Grass einen eigenen
Essay betiteln können; Enzensberger
focht im Gegensatz zu den anderen
beiden mit dem Florett, nicht mit dem
Säbel, und deshalb war er für Walser
zwar Mitstreiter im publizistischen
Kampf, etwa gegen den Vietnamkrieg
(Walsers beide Aufsätze zum Thema
standen 1967 in Enzensbergers
„Kursbuch“), aber nicht satisfaktions-
fähig. Sie waren getrennt durch die
Fronterfahrung, die Walser als Sieb-
zehnjähriger noch machen musste
und die Enzensberger als dem Jünge-
ren erspart geblieben war. Grass da-
gegen hatte sie auch gemacht.
Als Walsers Aufsatz „Deutsche
Sorgen“ am 5. Dezember 1989 in der
F.A.Z. erschien, trug er noch den Ti-
tel „Zum Stand der deutschen Dinge“
(den späteren bekam er 1997 in der
Werkausgabe und behielt ihn seit-
dem bei allen Nachdrucken, da er von
Walser selbst stammt). Er war als
Antwort auf Günter Grass formu-
liert, der nach dem Mauerfall eine
Beibehaltung der deutschen Zwei-
staatlichkeit gefordert hatte. Walser
dagegen war trotz zwischenzeitlich
weit links von Grass stehender Posi-
tion (einen offenen Brief an Erich
Honecker unterschrieb er 1974 mit
„sozialistischen Grüßen“) in den
Achtzigerjahren zum unbedingten
Befürworter einer Wiedervereini-
gung geworden – schon um die deut-
sche Schuld abtragen zu können, die
er in dem epochemachenden Aufsatz
„Unser Auschwitz“ 1965 konstatiert
hatte. Die schien ihm zu groß für
einen einzelnen Teilstaat.
In „Deutsche Sorgen“ nun prokla-
mierte er: „Deutsche Geschichte darf
auch einmal gutgehen.“ Und sie gab
ihm im Jahr darauf recht. Das resultie-
rende Glücksgefühl bestärkte Walser
in seiner Überzeugung, der politischs-
te Kopf unter den deutschen Schrift-
stellern zu sein, zumindest der poli-
tisch zurechnungsfähigste – für den
literarisch zurechnungsfähigsten hielt
er sich schon länger. Deshalb traf ihn
Kritik hart, und der Einschnitt der
Paulskirchenrede von 1998 anlässlich
3,70 € F. A. Z. im Internet: faz.net
und blinde Flecken zu erkennen. Viel
ist in Deutschland deshalb von Nazis,
Rechtsextremismus, Verfassungsfein-
den, Demokraten gegen rechts und
Lehren aus der Geschichte zu hören,
aber nur sehr wenig von Argumenten,
die den Inhalt der AfD aufspießen,
zerpflücken oder überflüssig machen.
Für die Wahlkämpfe im Herbst, erst
recht aber im nächsten Jahr, wenn die
Europawahl und die Landtagswahlen
in Ostdeutschland anstehen, ist das
eine denkbar schlechte Vorbereitung.
In Magdeburg präsentiert sich eine
Partei, die Deutschland aus der EU
führen will, die das Europäische Par-
lament für eine Fehlkonstruktion hält
und den Euro abschaffen will; eine
Partei, die Schengen einschränken,
eine „Festung Europa“ bauen und die
Einwanderung rückgängig machen
will; eine Partei, die in allem, was sie
tut, auf die nationalistische Karte
setzt. Wenn sie nicht gerade dabei
sind, die AfD als Waffe gegen sich
selbst einzusetzen: Dagegen die bes-
seren Argumente zu finden sollte für
Grüne, SPD, FDP, CDU und CSU
doch wohl ein Leichtes sein. Oder?
der Entgegennahme des Friedens-
preises – neben dem Büchnerpreis
von 1981 die wichtigste Auszeich-
nung, die Walser erhalten hat – war
bitter für ihn. Alles, was er von „Unser
Auschwitz“ an als Analytiker der
deutschen Vergangenheit geleistet
hatte, sollte gegenstandslos geworden
sein? Was er nicht begriff, war, wie
sehr er sich in den 33 Jahren Abstand
gewandelt hatte und dass er die „Mo-
ralkeule“, die er nun gegen sein Land
geschwungen sah, ehedem selbst ge-
führt hatte – und das mit Recht. Der
fragwürdige Begriff schlug auf ihn
selbst zurück; auch der junge Walser
hätte es dem alten nicht verziehen.
In der Folge verlegte sich ausge-
rechnet der alte, bislang stets gefeier-
te Autor auf einen Ratschlag, den er
Drei Autoren standen für
Deutschland. Mit Martin
Walser ist nun der letzte
von ihnen gestorben.
1962 in seinem „Brief an einen ganz
jungen Autor“ erteilt hatte: „Gib Dich
so scheu, wie Du bist.“ Das war Wal-
ser tatsächlich, nur hatte es niemand
bemerkt, weil er die Scheu mit den
großen Themen zu kaschieren ge-
wusst hatte. Den Romanen und Er-
zählungen merkt man die Scheu mehr
an als den Essays – zum Glück der
Letzteren, denn Entschiedenheit ist
eine essayistische Tugend. Aber Wal-
sers Fiktion wiederum profitierte von
der emotionalen Skrupulosität des
Schriftstellers, die unvergessliche Fi-
guren hervorbrachte wie Hans Beu-
mann aus den „Ehen in Philipps-
burg“, das „Wahlverwandtschaften“-
verwandte Personal in der Novelle
„Ein fliehendes Pferd“ (1978) oder
Alfred Dorn in „Die Verteidigung der
Kindheit“, Walsers blitzschnellem
belletristischen Kommentar zur gera-
de überwundenen deutsch-deutschen
Teilung, erschienen 1991.
Walser lebte fürs Schreiben, und er
schrieb, um zu leben. Das Existenziel-
le dieser Konstellation unterschied
ihn von Grass und Enzensberger, die
jeweils noch Betätigungsfelder abseits
ihrer eigenen Bücher hatten – Grass
als politischer und politisierender
Publizist, Enzensberger als Literatur-
vermittler zwischen den Kulturen. So
erschien auch im höchsten Alter von
Walser mit der Zuverlässigkeit eines
Uhrwerks noch ein Buch nach dem
anderen. Dasjenige, was ihm zuletzt
am wichtigsten gewesen sein dürfte,
war die Essaysammlung „Ewig aktu-
ell“ von 2017. Der letzte Text darin
schließt mit den Sätzen: „Deutsch ist,
dazulernen zu können. Seit ich erlebt
habe, wie die deutsche Teilung über-
wunden wurde, glaube ich an Fort-
schritt.“ Das Sorgenkind war daheim.
SE I TE 2 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
FRAKTUR
Dialektik
in in diesen wilden Zeiten
E hierzulande häufig zu verneh-
mender Wunsch lautet, es
möge doch bitte schön wieder so
werden wie früher. Wobei die Un-
einigkeit ja schon bei der Definition
losgeht. Für die einen bedeutet „frü-
her“ das Zurück zum Anfang eines
Tages, an dessen Ende sich wieder
mal ein Dutzend Handwerker trotz
üppiger Boni weigerten, eine Wär-
mepumpe in ihrer Datsche zu instal-
lieren. Für die anderen ist es die
Rückkehr in eine vermeintlich besse-
re Jugend, und für ganz andere gar in
eine Zeit, als Deutschlands Staats-
oberhaupt noch ein Anagramm von
„früher“ war.
Apropos: Hätte der „Führer“ mit
der AfD zusammengearbeitet? Ver-
mutlich nein, denn Koalitionen waren
nicht so sein Ding. Und auf kommu-
naler Ebene? Nebbich! Hypothe-
tische Fragen, sagte schon stets Ange-
la Merkel, stellten sich nicht. Wobei
das nicht ganz richtig ist, denn die
Fragen wurden ja gestellt, nur hat sie
diese nie beantwortet – und damit
ihren Teil zu dem Problemberg beige-
tragen, den wir nun mühsam über-
winden müssen.
Ihr Nachnachfolger Friedrich Merz
dagegen stellt sich gerne selbst hypo-
thetische Fragen und beantwortet sie
auch gleich. Wenn er Parteichef wür-
de, traue er sich zu, die AfD zu halbie-
ren, hatte er bei seiner Bewerbung um
den CDU-Vorsitz gesagt. Wobei man
präzisieren muss, dass er nicht die
Partei spalten, sondern deren Wahl-
ergebnisse halbieren wollte. Dann
wurde er Vorsitzender, woraufhin sich
die AfD-Ergebnisse verdoppelten und
die CDU zusehends spaltet. Das wie-
derum ist kein Unfall oder gar Unver-
mögen, sondern Dialektik. Also, für
Foto Picture Alliance
Toter Wald: Sind die Grünen der
Hauptgegner der Natur?
uns prechtige Hobbyphilosophen ver-
einfacht ausgedrückt, der Versuch,
mittels gezielten Widerspruchs zu
einer höheren Wahrheit (Kanzler-
amt) zu gelangen.
Ob Merz damit jetzt schon in einer
Reihe mit Hegel, Engels und Marx
steht, muss sich erst noch erweisen.
Denn seit geraumer Zeit zeigt er rhe-
torische Unschärfen. Wie von Wer-
ner Heisenberg – für unsere jüngeren
Leser: ein Physik-Influencer – be-
schrieben, stimmen auch beim CDU-
Vorsitzenden Ort (ZDF-Sommer-
interview) und Impuls (Zusammen-
arbeit mit der AfD) nicht immer
überein, es kommt zu Unbestimmt-
heitsrelationen. Daran arbeiten sich
dann Nichtnaturwissenschaftler wie
wir Journalisten ab. Wie immer ver-
geblich. Woraufhin der Vorsitzende
seine Aussage präzisieren, also
nachschärfen muss, was in diesem
Fall jedoch die Unschärfe, wie wir
Augenoptiker sagen, colaflaschen-
bodenartig verschärft hat.
Bei der Eröffnung des sächsischen
Verbindungsbüros in Brüssel vor vie-
len Jahren lief übrigens mal ein Mann
mit großem Knall in eines der boden-
tiefen Glasfenster, die hinaus zum
Garten führten. Wie sich herausstell-
te, war es der Chef der Augenoptiker-
innung. Womit wir wieder bei Fried-
rich Merz wären, um den sich nun
sogar der „Hauptgegner“ Grüne Ge-
danken macht. So brachte Robert
Habeck jetzt mit seiner demonstrativ
geäußerten Sorge vor einer „orientie-
rungslosen und irrlichternden Partei“
den CDU-Vorsitzenden verbal schon
mal ins Pflegeheim.
Dabei versuchen sich die Grünen
selbst oft vergeblich in Dialektik. Der
sächsische Umweltminister Wolfram
Günther etwa erklärte neulich, man
müsse im Kampf gegen den Klima-
wandel „noch eine Schippe draufle-
gen“. Wie Dampflokfreunde wissen,
heißt das nichts anderes als noch
mehr Kohle in den Kessel zu schau-
feln. Will Günther damit die klimati-
sche Lage also noch anheizen, um
dann knallharte Gegenmaßnahmen
durchsetzen zu können? Dann glaubt
er vermutlich auch, dass die eben neu
verkündete Nationale Wasserstoff-
strategie unmittelbar beim Löschen
von Waldbränden hilft.
Mit dem Glauben ist es ohnehin so
eine Sache: Im Thüringer Wald ma-
chen manche Leute die Grünen dafür
verantwortlich, dass der Wald stirbt,
„weil er nicht mehr gedüngt werden
darf, seit die Ökos mitregieren“. Tat-
sächlich sind mittlerweile große Flä-
chen tot, und noch mehr als über die
Ursachen wird gestritten, was damit
passieren soll. Anders als manche
Naturschutzexperten, die hier in ganz
eigener Dialektik der Natur einfach
ihren Lauf lassen wollen, ist die über-
wiegende Zahl der Förster nahezu
einhellig der Meinung: Das wird man
ja wohl noch sägen dürfen! lock.
FPM
Harmonie mit Hindernissen
Beim Parteitag der AfD
ist die Stimmung gut.
Das könnte sich
am Wochenende ändern,
wenn es um Posten
in Brüssel geht.
Von Friederike Haupt,
Magdeburg
T
ino Chrupalla wünscht sich Har-
monie. „Einigkeit und Harmo-
nie“, um genau zu sein, und
außerdem „Harmonie und Ei-
nigkeit“. So sagt er es in seiner Rede, mit
der er am Freitagmorgen den Bundespar-
teitag der AfD in Magdeburg eröffnet.
Und gerade weil der Bundessprecher den
Frieden in seiner Partei so deutlich be-
schwört, ahnen viele: Er fürchtet Krieg.
Vor einem Jahr musste die AfD ihren Par-
teitag vorzeitig beenden, weil sie sich in
einen erbitterten Streit um eine Europa-
Resolution verwickelt hatte. Niemand
weiß, wie es diesmal wird.
Das Thema Europa ist weiter heikel,
Skeptiker und Feinde der Europäischen
Union stehen einander in der Partei un-
versöhnlich gegenüber. Und in den nächs-
ten Tagen will die AfD nicht nur ihr Euro-
pawahlprogramm beschließen, was schon
reichlich Konfliktstoff bietet, sondern
auch noch dreißig Listenplätze besetzen.
Chrupalla versucht in seiner Eröffnungs-
rede allen einzuschärfen, dass diesmal al-
les disziplinierter laufen muss als zuletzt.
„Wir wollen Programmarbeiten leisten“,
schwört er die rund sechshundert De-
legierten ein. Skeptikern, die finden, dass
die AfD eine deutsche Partei sei und sich
auf Deutschland konzentrieren solle, be-
gegnet er mit der Erklärung, dass es der
Partei helfe, die Arbeit in Deutschland in
Brüssel zu flankieren. „Europapolitik ist
von enormer Bedeutung.“ Die AfD habe
„wertvolle Zeit“ verloren, weil die Dele-
gation in Brüssel zu lange unter dem Ein-
fluss des früheren Bundessprechers Jörg
Meuthen gestanden habe.
Doch Chrupalla schlägt auch selbstzu-
friedene Töne an. Die Stimmung in der
Partei ist schließlich gerade gut, wegen
des großen Zuspruchs in Umfragen und
den hitzigen Debatten um Brandmauern,
in denen die AfD sich bequem zurückleh-
nen kann. „Sogar Friedrich Merz will in-
zwischen lieber Parteichef der AfD sein“,
spottet Chrupalla, denn der spreche von
seiner eigenen Partei, der CDU, schließ-
lich als „Alternative für Deutschland mit
Substanz“. Da kommt Stimmung auf in
der Messehalle.
Was heißt schon Brandmauer?
Mit der AfD will kaum ein Kommunalpolitiker zusammenarbeiten – aber das ist leichter gesagt als getan / Von Stephan Klenner
Die politische Arbeit in einem Kreistag
oder Gemeinderat folgt anderen Regeln
als im Bundestag oder einem Landespar-
lament. Anders als die dortigen Abgeord-
neten sind die Mitglieder kommunaler
Vertretungen ehrenamtlich tätig. Sie
kontrollieren die Arbeit der hauptamtli-
chen Bürgermeister und Landräte. Um
ins Amt zu gelangen, sind diese aber fast
nie von den Ehrenamtlichen abhängig.
Das Kommunalrecht fast aller Bundes-
länder sieht eine Direktwahl vor.
Wollen die Hauptamtlichen ihre politi-
schen Vorstellungen durchsetzen, brau-
chen sie trotzdem eine Mehrheit in den
Vertretungen. Diese ist nicht immer
leicht zu bekommen: Koalitionen in
Kreistagen und Gemeinderäten sind sel-
tener als auf Bundes- oder Landesebene.
Viele Bürgermeister und Landräte müs-
sen für jede Abstimmung neue Mehrhei-
ten organisieren. Sie verstehen sich als
Kommunikatoren, sprechen eigentlich
mit allen. Das erschwert es, eine Brand-
mauer zu einer Fraktion zu ziehen. Um
eine Kooperation mit der AfD auszu-
schließen, reicht kein Parteitagsbeschluss
zu Beginn der Wahlperiode. Vielmehr
handelt es sich um eine Daueraufgabe,
die viel Zeit und Nerven kostet.
Fast alle Amtsträger nehmen sich
trotzdem vor, ihre Mehrheiten ohne die
AfD zustande zu bringen. Das ist auch in
Thüringen so: „Der Duktus der öffentli-
chen Debatte über die Brandmauer stört
mich. Natürlich darf ich keine Partei be-
nachteiligen. Es hat aber schon etwas mit
Haltung zu tun, wie intensiv ich mit Par-
teivertretern kommuniziere. Ich bin da
sehr klar“, sagt Onno Eckert (SPD),
Landrat des Landkreises Gotha. Er
möchte nicht mit der AfD zusammen-
arbeiten. Auch sein Amtskollege Rein-
hard Krebs (CDU) im benachbarten
Wartburgkreis versucht das zu vermei-
den. Beide Landräte haben aber schon Si-
tuationen erlebt, in denen das nicht ein-
fach war – auch wenn beide noch nie
einen AfD-Antrag unterstützt haben.
In beiden Kreistagen ist es üblich, mit
wechselnden Mehrheiten zu arbeiten.
Das hat Vorteile: Viele Kommunalpoliti-
ker fühlen sich so freier. Sie haben den
Eindruck, ihre Entscheidungen an der
Sache auszurichten, nicht an Parteivorga-
ben. Auch Eckert und Krebs haben damit
Politik
Harmonisch? Maximilian Krah, Tino Chrupalla, Alice Weidel und Hans-Holger Malcomeß in Magdeburg
Auf Chrupallas Rede folgen einige Pro-
grammpunkte, die Routine sind. Tätig-
keits- und Rechenschaftsberichte werden
vorgestellt. Ein Antrag des Bundesvor-
stands, wonach die AfD der Europapartei
„Identität und Demokratie“ beitreten soll,
in der verschiedene rechte Parteien sich
zusammengetan haben, wird mit großer
Mehrheit angenommen. Das beschäftigt
manche Delegierte weniger als die Tatsa-
che, dass Björn Höcke nicht gekommen
ist. Er werde erst an diesem Samstag er-
scheinen, hört man, er sei auf dem Heim-
weg aus dem Urlaub.
Mehr als das Tagesprogramm beschäf-
tigt die Delegierten in Magdeburg das,
was für den nächsten Tag bevorsteht: die
Kür des Spitzenkandidaten für die Euro-
pawahl. Als aussichtsreichster Kandidat
gilt der EU-Abgeordnete Maximilian
Krah. Er zählt zum völkischen Flügel und
ist gut vernetzt unter Neurechten und
Rechtsextremen. Nicht nur deshalb ist er
in seiner Partei umstritten; er gilt als unsi-
cherer Kantonist, etwa weil er im EU-Par-
lament mehrfach von seiner Fraktion sus-
pendiert wurde, unter anderem wegen
Betrugsverdachts. Krah selbst verbreitet,
gute Erfahrungen gemacht. Die Mehr-
heitsfindung ist manchmal aber auch un-
übersichtlich, insbesondere wenn die In-
teressen der Städte und Gemeinden
betroffen sind: „Es kommt dann auch ein-
mal vor, dass die Mitglieder der Fraktio-
nen uneinheitlich abstimmen, weil sie
sich an ihrer Herkunftsgemeinde orien-
tieren, nicht an der Parteilinie“, berichtet
Reinhard Krebs. Im Wartburgkreis war
das bei Schulsanierungen der Fall.
Dass wechselnde Mehrheiten in den
Kommunen so verbreitet sind, liegt nicht
nur an den Vorlieben der Politiker. Es
hat auch juristische Gründe. In kaum
einem Bundesland gilt bei Kommunal-
wahlen noch eine Sperrklausel. Früher
war das anders. Mehrere Gerichte haben
sie dann aber verworfen. Die Richter ar-
gumentierten, für die Funktionsfähigkeit
kommunaler Vertretungen seien Zu-
gangshürden nicht erforderlich. Kreista-
Gibt jetzt den Takt an: der neue Landrat
von Sonneberg, Robert Sesselmann
(AfD), am Landratsamt Foto dpa
das hätten ihm seine Kollegen aus der
AfD-Delegation eingebrockt, um ihm zu
schaden. Zu Beginn des Parteitags gibt er
sich zuversichtlich. „Es ist klar, dass ich
bereit bin anzutreten“, sagt er der F.A.Z.
Sein wichtigstes Ziel in Brüssel sei, das
Netzwerk der AfD auszubauen. Es könne
nicht sein, dass – wie bisher – jeder für
sich arbeite. „Die Brüsseler AfD muss
sich als Teil des großen Flottenverbandes
AfD mit der Bundestagsfraktion als Herz-
stück verstehen.“ Mit Blick auf die Feh-
den innerhalb der aktuellen AfD-Delega-
tion in Brüssel und Kämpfe von
„Beutegemeinschaften“, wie es AfD-in-
tern heißt, gibt der Chrupalla-Vertraute
Krah sich versöhnlich: „Wir wollen keine
zerstrittene Partei mehr sein.“
Doch zumindest für die Europawahl-
versammlung am Wochenende scheint
Streit programmiert. Ein Telegramkanal
widmete sich in den vergangenen Wo-
chen und Monaten exklusiv der Kampa-
gne gegen Krah. Dort wird mit den Mit-
teln, mit denen die AfD sonst Stimmung
gegen Grüne und Migranten macht,
gegen den eigenen Rechtsaußen agitiert.
„Kriegstreiber Krah“, „Krah heißt Lüge“,
ge und Gemeinderäte sind deshalb oft
fragmentierter als Bundestag und Lan-
desparlamente. Oft ist ein Koalitionsver-
trag aufgrund des Wahlergebnisses
kaum erreichbar.
Wegen der fehlenden Sperrklausel zie-
hen etliche Parteien nur mit wenigen
Vertretern in den Kreistag oder Gemein-
derat ein. Manchmal gelingt es nur einer
einzigen Person. Da Einzelkämpfer kaum
jeden Ausschuss besuchen können,
schließen sie sich oft mit anderen Kom-
munalpolitikern zusammen. Anders als
auf Bundes- oder Landesebene sind Frak-
tionen, die aus Mitgliedern unterschiedli-
cher Parteien bestehen, keine Rarität.
Nach jeder Wahl finden sich neue Zusam-
menschlüsse. Auch weil bei Kommunal-
wahlen auf Parteilisten oft Nichtmitglie-
der kandidieren, bestehen untereinander
wenig Vorbehalte. Die weltanschauliche
Flexibilität mancher Kommunalpolitiker
ist groß: Nach der Kommunalwahl 2019
gründeten im sächsischen Gohrisch zwei
CDU-Leute, ein AfD-Mann und ein Par-
teiloser, der über die Grünen-Liste ge-
wählt wurde, eine gemeinsame Fraktion.
Dass das eine Zusammenarbeit ist, lässt
sich nicht bestreiten.
An anderer Stelle ist es komplizierter,
den Beginn einer Zusammenarbeit zu de-
finieren. In den Kreistagen und Gemein-
deräten sind unterschiedliche Entschei-
dungen zu treffen: Wird bestimmt, wie
lange der Kreistag einen Tagesordnungs-
punkt behandelt, handelt es sich um eine
Verfahrensfrage. Stimmen die Abgeord-
neten über eine Schulsanierung ab, tref-
fen sie eine Sachentscheidung. Entsen-
den sie Vertreter in die Versammlung
eines kommunalen Zweckverbandes,
handelt es sich um eine Personenwahl.
Wer die Brandmauer stabil halten will,
könnte auf die Idee kommen, selbst in
Verfahrensfragen nicht mit der AfD zu
sprechen. Das wird aber nicht einmal im
Bundestag durchgehalten: Im Ältestenrat
spricht die Bundestagspräsidentin auch
mit AfD-Vertretern über die Tagesord-
nung. Auf kommunaler Ebene sind Ver-
fahrensabstimmungen besonders wich-
tig, um die Funktionsfähigkeit der
Vertretungen zu gewährleisten. Kreistage
und Gemeinderäte tagen mitunter nur al-
le zwei Monate. Die Gremien kommen
meistens nach Feierabend zusammen.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Foto Jens Gyarmaty
„Zwei fette Lügen – der klassische Krah-
sche Doppelwumms!“, heißt es dort zwi-
schen unvorteilhaften Fotos des Politi-
kers, Fotomontagen – etwa auf Lenin-
Plakate – und angeblichen Screenshots
aus internen Chats, die Gossensprache
Krahs dokumentieren sollen, etwa die
Formulierung, manche in der Partei be-
gehrten einen „Arschfick“. Krah sagt, er
werde dagegen juristisch vorgehen, die
Zitate seien erfunden und die Gruppe
diene der Verleumdung seiner Person.
Seine Anhänger befürchten aber auch an-
dere Versuche, Krah als EU-Spitzenkan-
didaten zu verhindern. So mutmaßen sie,
es werde eine Nein-Stimmen-Kampagne
geben, orchestriert von Leuten aus dem
versprengten Gemäßigten-Lager. Den-
noch herrscht aber am Freitag die Auffas-
sung vor, Krah werde es wohl knapp
schaffen, auch weil die Konkurrenz mau
sei. Weitere Debatten dürfte es auch über
die folgenden Listenplätze geben.
Der Parteitag der AfD wird von Protes-
ten und Demonstrationen gegen die Par-
tei begleitet. Die Delegierten werden von
der Polizei und dem Sicherheitsdienst
„Mekka Security“ geschützt.
Und dann ist viel zu erledigen. Zeit ist in
der Kommunalpolitik deshalb besonders
kostbar. Fast überall ist es üblich, be-
stimmte Tagesordnungspunkte ohne
Aussprache abzustimmen. Das müssen
aber alle Fraktionen mittragen.
Wer eine Fraktion aus Verfahrensab-
sprachen ausschließt, muss damit rech-
nen, dass die Außenseiter sich revanchie-
ren. Das Kommunalrecht bietet dazu
allerhand Möglichkeiten. Wichtige Ent-
scheidungen lassen sich so empfindlich
verzögern. Im Extremfall kommt es zur
„Sprengung“ ganzer Sitzungen, etwa
durch einen Antrag auf Feststellung der
Beschlussfähigkeit zu später Stunde.
Kreistage und Gemeindevertretungen
bringt das schnell an die Grenzen ihrer
Handlungsfähigkeit. Fast überall hat sich
deshalb durchgesetzt, dass sich in Verfah-
rensfragen alle Fraktionen mit der AfD
zumindest informell abstimmen.
Viele Kommunalpolitiker versuchen,
zumindest bei Sachfragen eine rote Linie
zu der Partei zu ziehen. Diese lassen sich
von Verfahrensfragen aber in Kreistagen
und Gemeinderäten nicht immer so
leicht trennen wie im Land- oder Bundes-
tag. In etlichen Bundesländern sind „Par-
lamentspräsidenten“ in Kommunalver-
tretungen nicht vorgesehen.
Bürgermeister und Landräte leiten dort
die Sitzungen. Gleichzeitig sind sie An-
tragsteller der meisten Sachanträge. Tref-
fen sie dann alle Fraktionsvorsitzenden
zur Sitzungsvorbereitung, was vielerorts
vorgeschrieben ist, mischen sich schnell
Debatten über Verfahrensabläufe und in-
haltliche Themen.
Selbst wenn das nicht passiert, bleiben
Fallstricke: Zwar ist es ein Leichtes, als
Fraktion mit der AfD keinen gemeinsa-
men Antrag zu stellen. Aber wie sollen
Kommunalpolitiker damit umgehen,
wenn ihre Kollegen hinter der Brand-
mauer etwas beantragen, das sie selbst
eigentlich richtig finden?
Onno Eckert hat genau das vor einiger
Zeit in Gotha erlebt: Da stellte die AfD
einen Antrag zur Übernahme der Schü-
lerbeförderungskosten und griff damit
eine Forderung seiner Sozialdemokraten
aus der vergangenen Wahlperiode auf.
Es war schwer, damit umzugehen: Hätte
die SPD dem AfD-Antrag zugestimmt,
wäre die Aufregung groß gewesen. Bei
Einigkeit bei
CDU und AfD
Stuttgarter Debatte um
neue Flüchtlingsheime
rso. STUTTGART. Wenn CDU und
AfD im Stuttgarter Gemeinderat
eine Mehrheit hätten, gäbe es bei
einem Thema Einigkeit, eventuell
gar einen gemeinsamen Beschluss:
Beide Ratsfraktionen lehnen näm-
lich den Bau zusätzlicher Flücht-
lingsunterkünfte auf dem Gebiet der
baden-württembergischen Landes-
hauptstadt ab. Im Gemeinderat
haben Grüne, SPD und einige Split-
tergruppen mit 35 Stimmen die
Mehrheit; CDU und AfD kommen
nur auf 16 Stimmen. Aber die Zu-
gewinne der AfD in Umfragen – so-
gar im wohlstandsverwöhnten Ba-
den-Württemberg bekämen sie
19 Prozent, wenn jetzt eine Land-
tagswahl wäre – und die gleichzeiti-
ge Schwäche der CDU verändern die
Stimmungslage selbst in der Stutt-
garter Kommunalpolitik. Und zwar
so deutlich, dass sich der ehemalige
Oberbürgermeister Fritz Kuhn
(Grüne) kürzlich politisch zurück-
meldete und gegen die restriktive
Flüchtlingspolitik der CDU demon-
strierte.
Kuhns Nachfolger Frank Nopper
(CDU), der sich an den in den sozia-
len Medien geäußerten Meinungen
orientiert, reagiert auf die neue Stim-
mungslage: Seine Teilnahme am
Christopher Street Day (CSD) sagte
er ab, was der feierfreudige Oberbür-
germeister zunächst mit einem Paral-
leltermin begründete. Gegen die
Demonstranten der Letzten Genera-
tion und ihre Klebeaktionen ließ er
eine Allgemeinverfügung verhängen.
Außerdem betrachtet er die Flücht-
lingsaufnahme nur als Pflichtaufga-
be; er warnte vor einer sich „weiter
zuspitzenden Konkurrenzsituation“
zwischen einheimischer Bevölkerung
und Geflüchteten, stimmte aber für
den Ausbau zusätzlicher Flüchtlings-
unterkünfte.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende
Alexander Kotz stellte in Aussicht,
mit seiner Fraktion für AfD-Anträge
zu stimmen, sofern diese „eine ver-
nünftige, die Stadt nach vorn bringen-
de Idee“ beinhalteten. Die AfD fordert
in Anträgen zum Beispiel, das Glo-
ckenspiel am Rathausturm die Natio-
nalhymne spielen zu lassen und in
städtischen Einrichtungen keine
„Ekel-Insekten“ ins Essen zu mischen.
Die Landes-CDU untersagt seit 2019
per Beschluss „jegliches Zusammen-
wirken mit der AfD und ihren geisti-
gen Brandstiftern“. Was das für die
Kommunalpolitik heißt, müssen Nop-
per und Kotz noch klären.
einem „Nein“ hätte sie entgegen ihrer
Überzeugung gehandelt. Am Ende gab es
einen Änderungsantrag, der noch groß-
zügiger Kosten übernahm als der Ur-
sprungsantrag der AfD. Das war ein
gangbarer Weg. Er lässt sich aber nicht
auf jede Sachfrage übertragen: Hätte die
AfD etwa die Benennung einer Sporthal-
le nach Willy Brandt beantragt, wäre es
wohl kaum möglich gewesen, diesem
Ansinnen als Sozialdemokrat nicht zuzu-
stimmen.
Noch komplizierter wird es, wenn der
Bürgermeister oder Landrat von der AfD
gestellt wird: Seine Anträge sind dann
Vorlagen der Verwaltung. Geht es um
Neubauten, sind diese samt Anlagen
schnell mehrere Hundert Seiten lang.
Das alles mit Änderungsanträgen umzu-
formulieren ist schon praktisch schwer
möglich. Handelt es sich um ein Projekt,
das alle realisieren wollen, wirkt dieses
Vorgehen zudem schnell unglaubwürdig.
Personalentscheidungen folgen im
Kommunalrecht ebenfalls eigenen Re-
geln. Die Geschäftsordnungen der
meisten Kreistage und Gemeinderäte
sehen vor, die Gremien entsprechend
dem Wahlergebnis zu besetzen. Onno
Eckert möchte daran festhalten: „Eine
Änderung der Geschäftsordnung, um
der AfD keine Vertreter mehr in kom-
munalen Gremien zuzugestehen, lehne
ich ab. Dass alle Parteien entsprechend
ihres Wahlergebnisses vertreten sind,
entspricht demokratischen Grundsät-
zen. Das ist keine Zusammenarbeit. Wer
das ändert, drängt die AfD in eine Op-
ferrolle, die sie selbst gern einnimmt.
Das sollte man nicht machen“, sagt der
SPD-Mann.
Im Wartburgkreis gibt es zwei Kran-
kenhäuser, an denen der Kreis beteiligt
ist und deren Aufsichtsrat besetzt. Auch
dort ist die AfD vertreten. Wie gestaltet
sich das Miteinander der Mitglieder? „Im
Aufsichtsrat bin ich verpflichtet, mit al-
len anderen Aufsichtsratsmitgliedern zu
reden. Würde ich das nicht tun, wäre das
nicht gut für die Krankenhäuser. Ich ha-
be eine Sachverantwortung“, sagt CDU-
Mann Reinhard Krebs. Er fügt aber hin-
zu: „Würden die AfD-Aufsichtsrats-
mitglieder das Gremium für AfD-
Ideologie nutzen, würde ich natürlich
einschreiten.“
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
V
or den kleinen roten
Holzhütten sitzen ein
paar Männer in der Mor-
gensonne. Am Steg vor
ihnen liegen Boote, aber
raus zum Fischen fährt
heute keiner. Es gebe keine Fische mehr
hier im Vejle Fjord, sagt Benny Villadsen,
der Mitglied im örtlichen Amateurfi-
scherverein ist, zu dem das Gelände ge-
hört. Villadsen lebt seit Ende der Neunzi-
gerjahre in Vejle. Damals sei am Steg
alles voller Seegras gewesen, sagt er, man
habe mit den Booten erst mal zwei-, drei-
hundert Meter rauspaddeln müssen, da-
mit sich all die Pflanzen nicht in der Mo-
torschraube verhedderten. Heute? Unter
Wasser alles kahl, die Bucht sei tot.
Unterwasseraufnahmen aus dem Vejle
Fjord sorgten kürzlich in Dänemark für
Aufsehen. Forscher hatten die Bucht kar-
tographiert und mit einer Art Schlitten
unter Wasser 70 Stunden Filmmaterial
aufgenommen. Sie sahen dabei nur einen
einzigen Fisch.
Der Vejle Fjord dürfte Forschern zufol-
ge der Endpunkt einer Entwicklung sein,
die vielen Regionen in der Ostsee droht.
Schon länger gibt es in dem Meer soge-
nannte Todeszonen ohne Sauerstoff.
Lange Zeit waren sie nur im tiefen Was-
ser. Doch sie werden mehr, und es gibt sie
zunehmend auch küstennah. Grund ist
vor allem die anhaltende Einleitung von
Nitraten. Hinzu kommen Überfischung
und Erwärmung.
„Lange hat das Wasser alles wegge-
steckt, vor fünf bis sechs Jahren aber ist
es kollabiert“, sagt Mads Fjeldsø Chris-
tensen. Er ist Biologe und arbeitet bei der
Stadt Vejle. „Das Ökosystem ist komplett
aus dem Gleichgewicht. Im Vejle Fjord
gibt es keine Fische mehr“, sagt er. Kein
Dorsch, keine Plattfische, gar nichts. Für
sie sei ein Leben am Grund unmöglich,
dort gebe es kaum noch Sauerstoff. Ab
und an verirre sich an der Oberfläche
noch ein Fisch in die Förde – und ver-
schwinde dann wieder.
Christensen fährt mit uns raus, das
Boot steuert Villadsen, der Mann vom Fi-
scherverein. Die Umgebung ist idyllisch:
Vorbei ziehen einstöckige Häuschen, in
den Gärten am Mast der Wimpel mit dem
Dannebrog, der dänischen Flagge. Chris-
tensen deutet auf ein größeres Haus, das
gehöre den Besitzern der Lego-Firma,
sagt er, einer der reichsten Familien der
Region. Das Haus ist nicht riesig, und di-
rekt daneben befindet sich ein öffentli-
cher Strand. „Ihr solltet das Gebäude mal
von der Rückseite sehen“, sagt Christen-
sen und lacht. In Dänemark stellt man
seinen Reichtum nicht zur Schau.
Christensen überprüft an diesem Tag
die Muschelzucht draußen im Fjord. Sie
ist Teil eines Projekts der Kommune, das
den Niedergang des Fjords aufhalten soll.
Es wird überwiegend von einer privaten
Stiftung finanziert. Dafür werden Mies-
muscheln gezüchtet und später wieder
ausgesetzt, Steinhaufen im Wasser er-
richtet und Seegras ausgepflanzt. Alles in
der Hoffnung, so wieder Leben in den
Meeresarm zu bringen.
Christensen beugt sich vom Bootsrand
hinab, hebt ein Seil hoch, das an zweien
der Hunderten Bojen befestigt ist, die hier
SCHWEDEN
DÄNEMARK Liepaja
Vejle
Ostsee
Flensburg
DEUTSCHLAND POLEN
Vejle
Vejle
Gro
Vejle Fjord
ßer
B elt
Odense
DÄNEMARK
K l ei
Fünen
ner
Be
lt
Flensburger
Flensburg Förde
DEUTSCHLAND Ostsee
30 km Kiel Mapcreator.io/OSM.org/
F.A.Z.-Karte sie.
im Wasser liegen. Am Seil befinden sich
Tausende kleine schwarze Pünktchen. Es
sind winzige Miesmuscheln. Bisher sehe
es gut aus, sagt Christensen und lacht. Die
Muscheln werden später, wenn sie größer
sind, von einem Boot aus eingesammelt
und an bestimmten Stellen ins Wasser ge-
kippt. Von dort sollen sie sich dann aus-
breiten, so zumindest die Theorie. „So
kreieren wir Leben auf dem Grund des
Fjords“, sagt Christensen. Allerdings sei
noch unklar, ob sich die Muschelbestände
dann wirklich von selbst regenerierten.
Von den Seegrasflächen, die es einst in
der Förde gab, sind noch etwa zehn Pro-
zent vorhanden – mit weitreichenden
Folgen für das Leben unter Wasser, denn
Seegraswiesen gelten als Kindergarten
für Fische. Zudem speichern sie große
Mengen von Kohlendioxid. Im Rahmen
des Projektes wird Seegras ausgepflanzt.
Das ist mühsam, denn dafür muss jede
einzelne Pflanze mit kleinen Nadeln von
Tauchern im Boden verankert werden.
Weil es in tieferen Schichten aufgrund
des trüben, nährstoffreichen Wassers
nicht genügend Licht gibt, kann das See-
gras nur in einer Tiefe von einem bis 1,5
Metern gepflanzt werden. Weiter unten
würde es sofort eingehen. Bisher wurde
eine Fläche von insgesamt rund 5,7 Hek-
„So kreieren wir Leben auf dem Grund des Fjords“: Mads Fjeldsø Christensen inspiziert ein künstlich angelegtes Steinriff.
tar bepflanzt. Hilfe kam dabei von Frei-
willigen unter anderem aus Marburg.
Christensen sagt dazu, das Engagement
aus Deutschland habe ihn „umgehauen“.
Wenn er in Dänemark Freiwillige suchen
würde für eine Aktion in Deutschland,
würden kaum so viele helfen.
Zudem wurden im Rahmen des Pro-
jekts eigens aus Schweden angekarrte
Steine in den Fjord gekippt, um wieder
Riffe und damit Habitate für Fische zu ge-
nerieren. 8750 Steine waren es im ver-
gangenen Jahr. Das ist etwas absurd,
schließlich hatte man über Jahrzehnte
aus dem Fjord alle Steine herausgefischt.
Aber ohne Steine und Buchten gibt es
unter Wasser kein Leben.
Die Bedingungen auf dem Boden des
Fjords sind miserabel: Die hohe Nitratbe-
lastung durch den Eintrag von Dünger
sorgt für Algenwachstum, deren Verrot-
tung wiederum viel Sauerstoff ver-
braucht. Drei bis vier Meter tief ist die
Matschschicht teilweise in der Förde.
Dort gibt es kaum Fische, kaum noch
Seegras, kaum noch Muscheln. Dafür Un-
mengen an Krabben. Deren Zahl sei „ex-
plodiert“, sagt Christensen. 35 Tonnen
Krabben haben sie mit Reusen aus der
Bucht gefischt, denn die Krabben fressen
die kleinen Fische, Muscheln und knab-
LETTLAND
berten an den Seegraswurzeln. Jede
weibliche Krabbe könne 200.000 Eier le-
gen, pro Quadratmeter in der Förde gebe
LITAUEN es rund drei Krabben, das mache etwa
100 Millionen insgesamt. Irgendwann
hätten sie aufgegeben, die Tiere zu fan-
gen, sagt Christensen. „Das müssen die
Fische machen.“
Seine Hoffnung ist, dass das Ökosys-
tem im Fjord mit etwas Anstupsen durch
das Projekt wieder ins Laufen kommt und
sich selbst regeneriert. Vom „Kickstart“
spricht er. Doch gibt es Anlass zur Sorge:
Das Projekt, das Forscher der Universität
Süddänemark begleiten, gibt es seit vier
Jahren. Langsam müsste eine Ausbrei-
tung des Seegrases feststellbar, die nächs-
te Generation der Muscheln zu sehen
sein, und auch die Fische müssten wieder
zurückkommen. „Aber das sehen wir bis-
her nicht“, sagt Christensen. Was sie hin-
Lolland
gegen sehen: Algen, die rasch auf den
eben drapierten Steinen wachsen.
Manchmal sogar Algen, die auf Fischen
wachsen, wenn es sie denn noch gibt.
Fehmarn Hauptproblem aus Sicht des Biologen
ist, dass sich an den Rahmenbedingun-
gen nichts ändert. An den vielen Nitra-
ten, die über den Fluss in die Bucht kom-
men und das Algenwachstum anregen. In
Dänemark würden die Flüsse renaturiert,
die Heidelandschaft wiederhergestellt,
die Wälder geschützt, über das Meer aber
werde kaum diskutiert, sagt Christensen.
Erst jetzt erfolge das nach und nach,
nachdem kaum einer mehr einen Fisch
fange, auch die Amateurfischer nicht.
„Wüssten die Leute, wie es unter Wasser
aussieht, wäre schon viel früher Druck
entstanden“, sagt er.
Christensen schimpft über die Schwei-
nezucht und die Agrarindustrie, über die
18 Millionen Schweine in einem Land
mit knapp sechs Millionen Einwohnern.
Der Dung landet auf den Feldern, das be-
lastete Wasser gelangt über die Flüsse ins
Meer. „Wir haben unser Meer wie eine
Müllhalde behandelt. Und jetzt müssen
wir zuschauen, wie es kollabiert“, sagt er.
Die Landwirtschaft sei für 82 Prozent der
Verschmutzung im Vejle Fjord verant-
wortlich, mehr als zwei Drittel davon
komme über den Fluss.
Nachdem das Video aus der Förde mit
dem einsamen Fisch publik wurde, re-
agierte Dänemarks Regierung. Es sei be-
ängstigend, wenn der Meeresboden wie
eine Wüste aussehe und Jahr für Jahr
von Sauerstoffmangel und Fischsterben
zu hören sei, sagte vor einigen Wochen
Dänemarks Umweltminister Magnus
Politik SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 3
Heunicke. Er gab damals bekannt, dass
Totes
weitere Gewässer renaturiert, der Stick-
stoff reduziert und Barrieren in Gewäs-
sern reduziert werden sollen. Vom däni-
schen Naturschutzverband hieß es dazu
prompt, das sei viel zu wenig.
„Wir warten seit Jahren auf die Regie-
rung und nichts passiert“, sagt Christen-
sen. Auch die EU bleibe untätig. „Fuck
Meer
EU“, hätten sie sich irgendwann gesagt,
dann müssten sie eben lokal tätig wer-
den. Ihr Projekt wird vermutlich verlän-
gert, dann aber mit breiterem Ansatz.
Denn in Vejle wird auch überlegt, wie
man sich gegen den steigenden Meeres-
spiegel wappnen kann.
Die Förde steht für viele Buchten in
der Ostsee. Immer wieder gibt es auch
andernorts Berichte über Sauerstoffar-
Der dänische Vejle Fjord ist kollabiert. mut. So wurden etwa in der Eckernför-
der Bucht kürzlich viele tote Schollen
Fische gibt es kaum noch. angeschwemmt. Ursache waren wohl
Westwinde gewesen, die das sauerstoff-
Seegras sucht man vergeblich. reiche Oberflächenwasser aus der Bucht
getrieben hatten, zurück blieb Wasser,
Vielen Buchten der Ostsee droht das die Fische verenden ließ. In Liepaja
in Lettland führte ein Unfall Anfang die-
ein ähnliches Schicksal. ser Woche dazu, dass schwefelhaltiger
Schlamm in die Ostsee geschwemmt
Doch an den Ursachen ändert wurde. Solche kleinen und großen Ka-
tastrophen kommen zum schleichenden
sich so gut wie nichts. Tod hinzu.
„Auch die Flensburger Förde steht vor
dem Kippen“, sagt Stephan Klein-
Von Julian Staib, Vejle. schmidt, Dezernent für Projektkoordi-
nierung in Flensburg und zugleich Stadt-
Fotos Daniel Pilar rat und Vizebürgermeister im dänischen
Sønderborg, wo er lebt. Er wisse, dass
grenzüberschreitende Zusammenarbeit
viel Geduld erfordere, zugleich sei in der
Sache Eile geboten, sagt Kleinschmidt.
Vejle sei ein Vorbild, in Flensburg plane
man ein ähnliches Projekt: mit neuen
Steinriffen und der Auspflanzung von
Seegras, gefördert hoffentlich durch EU-
Gelder. Allerdings frühestens ab dem
kommenden Jahr. Und auch in Flens-
burg ist klar: Wenn an der Ursache der
schlechten Wasserqualität nichts geän-
dert wird, helfen auch derlei Projekte
wenig. Notwendig seien dafür weniger
Maßnahmen im Wasser als an Land, sagt
Kleinschmidt. „Die Zeit drängt.“
Bis vor wenigen Jahren wurden in der
Flensburger Förde noch Miesmuscheln
gefischt, man riss sie mit Netzen aus
dem Boden – mit gravierenden Folgen
für das Leben auch anderer Tiere auf
dem Meeresgrund. In der Innenförde ist
das seit 2019 untersagt. Kürzlich hat die
dänische Regierung angekündigt, die
Muschelfischerei auch auf dänischer Sei-
te der Förde sowie im Vejle Fjord zu
untersagen. Allerdings kommt der
Schritt reichlich spät – in beiden Förden
gibt es kaum noch Miesmuscheln.
Krabbenplage, Muschelsterben: Plantage für die Zucht von Miesmuscheln Forscher, mit denen man darüber
spricht, halten den Kipppunkt unter
Wasser schon längst für überschritten –
mit unabsehbaren Folgen. Thorsten
Reusch, Ökologe am Helmholtz-Zen-
trum für Ozeanforschung Kiel (GEO-
MAR) sagt, sauerstoffarme „Todes-
zonen“, in denen keine Wirbeltiere
leben können, breiteten sich in tiefen
Bereichen der Ostsee immer weiter aus.
Rund zehn Prozent der Ostsee seien da-
von betroffen. Doch gebe es diese „To-
deszonen“ mittlerweile zunehmend
auch in flacheren Bereichen, wie etwa
dem Vejle Fjord. Die sauerstoffarmen
Gebiete in flacheren Bereichen seien
„episodisch“, je nach Strömung, Saison
und Wind.
Hauptursache dafür ist laut Reusch die
zu hohe Nährstoffeinleitung, hinzu kom-
me aber eine zunehmende Erwärmung,
die dazu führe, dass die Thermoschich-
tung starrer werde, die Umwälzung des
Wassers fehle. Dadurch wüchsen die Al-
gen noch besser – und die Mikroben ver-
„Keine Fische mehr“: Christensen im Vejle Fjord brauchten dann noch mehr Sauerstoff.
In den vergangenen zwanzig Jahren hat
sich die Ostsee demnach um ein bis an-
derthalb Grad erwärmt. Bisher kam das
Meer damit erstaunlich gut zurecht.
Aber wie das weitergeht, ist unklar.
Mit Sorge blicken Forscher derzeit auf
die aktuelle enorme globale Erwär-
mung, die sich auch im Nordatlantik
zeigt. Der war zuletzt laut Reusch je
nach Region bis zu fünf Grad wärmer,
als er eigentlich um die Jahreszeit sein
sollte. Das sei äußerst beunruhigend und
überrasche fast alle Ozeanografen, sagt
Reusch. Vielleicht liege das daran, dass
die Meere – die als eine Art Klimaanlage
funktionierten und Wärme speicherten
– nun gewissermaßen „voll“ seien. „Die
Klimaanlage schafft’s nicht mehr.“
Am Montag
Die Gegenwart
Das Humboldt-Forum erläutert auf
einer Tafel die Inschrift der Kuppel des
Berliner Schlosses. Was darauf zu lesen ist,
bedarf seinerseits der Erläuterung.
Hauptgrund für die prekären Fischbe-
stände in der Ostsee aber sei vor allem
die Überfischung, so Reusch. Jahrelang
seien zu hohe Fangquoten durchgesetzt
worden. Er verweist darauf, dass es der-
zeit viele Schollen gibt – zumindest in je-
nen Gebieten, in denen noch ausrei-
chend Sauerstoff vorhanden ist. „Die
Scholle freut sich, dass der Dorsch weg
ist“, sagt auch Rainer Froese, Meeresbio-
loge beim GEOMAR in Kiel. Seinen An-
gaben nach sind die Bestände von He-
ring und Dorsch „massiv überfischt trotz
regelmäßiger Warnungen“. Die Ostsee
sei ein ohnehin artenarmes Ökosystem.
Fehlten darin einige wichtige Arten, ge-
rate alles aus dem Gleichgewicht. Platt-
fische hätten mittlerweile so gut wie kei-
ne Räuber mehr. „Die vermehren sich
wie verrückt, und wir haben keine Ah-
nung, was mit dem gesamten System
passiert.“ Noch kämen die Plattfische
auch mit der Erwärmung zurecht, aber
wer weiß, wie lange.
Froese bezeichnet den Zustand der
Ostsee als „katastrophal“, notwendig sei-
en Fangstopps, zudem eine drastische
Reduzierung des Nitrateinflusses. Froese
arbeitet für seine Forschungen mit Fi-
schern in der Kieler Bucht zusammen.
Die berichteten regelmäßig, dass ihre
Ein neuer Anfang? Noch sind die ge-
züchteten Muscheln winzig. Ob sich der
Bestand regeneriert, ist unsicher.
Netze beim Einholen nach Gülle stänken.
Kein Wunder, komme die Gülle doch bei
Regen direkt von den Feldern über die
Flüsse in die Ostsee und bleibe mit dem
Süßwasser eher an der Oberfläche.
Ist das System reparabel? „Man muss
hoffen, dass ein Wunder passiert“, sagt
Froese. Das System sei „angeschlagen
und außer Kontrolle“. Was die Fischbe-
stände angehe, sei zu hoffen, dass die
sehr kleinen Bestände von Dorsch, Sprot-
ten und Hering zufällig zu den richtigen
Bedingungen am richtigen Ort ablaich-
ten und sich so etwas stabilisierten. Not-
wendig wäre dafür, dass sie einige Jahre
gar nicht mehr gefischt werden dürften.
Wie viele Fische entnommen werden
dürfen, entscheidet die EU jährlich auf
Grundlage der Daten des Internationa-
len Rats für Meeresforschung (ICES).
Der listet im Internet die aktuellen Be-
stände und den „Fischereidruck“ auf, den
ein Bestand aushalten kann. An den
Daten wird deutlich, dass etwa der
Dorsch seit Jahren gefährdet ist, auch da-
mals schon, als die Fänge noch nicht ge-
nügend reduziert wurden. Über Jahr-
zehnte seien die vorgegebenen Fänge
höher als die Zuwächse von Dorsch und
Hering gewesen, sagt Froese. Das sei
eine „völlig verfehlte Politik“.
Seit Jahren gebe es Warnungen, jedoch
„überhaupt kein Problembewusstsein.“
„Die Hoffnung, dass sich die Politik än-
dert, habe ich nicht mehr.“ Was sich
neben der Überfischung vor allem än-
dern müsse, sei die Landwirtschaft, sagt
auch Reusch. Was die Einleitung von Ni-
traten angehe, unterschieden sich
Deutschland und Dänemark kaum. Zur
Einleitung von Nährstoffen in das Wasser
gibt es EU-Vorgaben, doch die werden re-
gelmäßig überschritten. Gegen die Bun-
desrepublik etwa lief bis vor Kurzem ein
EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen
zu hoher Nitratwerte im Grundwasser.
Das abzustellen bezeichnet Reusch als
„Jahrhundertaufgabe“, und dazu gehöre
eine veränderte Landwirtschaft. Er wolle
kein „Bauernbashing“ betreiben, sagt
Reusch. Aber es gebe nun mal kein Men-
schenrecht auf Fleisch. Wer ein Schnitzel
für 3,99 Euro das Kilo kaufe, müsse sich
nicht wundern, dass das schlimme Folgen
für die Umwelt habe.
SE I TE 4 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4 Politik FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG

G Wenn Lehrer und Schüler

iorgia Meloni weiß, dass ihr
das viele vor ihrem Amts-
antritt nicht zugetraut hät-
ten. Umso nachdrücklicher
fiel ihr Bekenntnis zur
transatlantischen Partnerschaft aus, das
sie am Donnerstag im Oval Office des
Weißen Hauses ablegte: Sie pries die „his-
torisch engen Beziehungen“ beider Län-
der, die „Regierungen überdauert – unab-
hängig von der politischen Couleur“. Wie
um jeden Zweifel zu zerstreuen, versi-
cherte Meloni dann: „In schwierigen Zei-
ten wissen wir, wer unsere Freunde sind.“
Sie glaube, die westlichen Staaten hätten
gezeigt, „dass sie aufeinander zählen kön-
nen“. Dann schob Meloni noch einen
Halbsatz nach, der sich auch als Anspie-
lung auf Joe Biden verstehen ließ –
„mehr, als mancher gedacht hätte“.
Im September noch hatte Biden kurz
nach dem Wahlsieg Melonis Zweifel an
ihrer demokratischen Gesinnung geäu-
ßert. Die Demokratie stehe auf dem
Spiel, beklagte er während einer Spen-
denveranstaltung der Demokraten. Als
Beispiel dafür nannte er den Wahlaus-
gang in Italien. Meloni ihrerseits hatte im
Februar 2022 eine Rede beim CPAC-Kon-
gress in Orlando gehalten, einem Treffen
des rechten Flügels der Republikaner.
Von kritischen Tönen war am Donnerstag
zumindest öffentlich nichts mehr zu hö-
ren. Präsident Biden begrüßte Meloni
wärmstens bei ihrem ersten Besuch im
Weißen Haus. „Wir sind Freunde gewor-
den“, sagte er zur Eröffnung des Treffens
„Wir sind Freunde geworden“: Giorgia Meloni und Joe Biden am Donnerstag im Weißen Haus
„Neuen Seidenstraße“ beteiligt, einem
Amerikas internationalen Infrastrukturprojekt Pe-
kings. Das läuft der amerikanischen Chi-
na-Politik zuwider, die das ostasiatische
Land als ihren größten Widersacher ver-
steht. Melonis Regierung will die Koope-
Regeln erfinden sollen
Ist der Genderstern in Klausuren ein Fehler? Das ist
oft nicht klar geregelt / Von Heike Schmoll, Berlin
Baden-Württemberg gehört zu den
Ländern, die es ihren Lehrern im
Grunde völlig freistellen, ob sie gen-
dern oder nicht. Die Kultusministerin
Theresa Schopper (Grüne) findet es
gut, „wenn Lehrkräfte gemeinsam mit
ihren Schülerinnen und Schülern auch
eine Schreibweise bezüglich der Son-
derformen beim Gendern vereinba-
ren“. Der Sprecher des Kultusministe-
riums legt das eigentlich klare
Regelwerk des Rates für Deutsche
Rechtschreibung gegenüber der F.A.Z.
auf seine Weise aus. Der Rat „bekräf-
tigt, dass allen Menschen mit ge-
schlechtergerechter Sprache begegnet
werden soll und sie sensibel angespro-
Foto AP chen werden sollen“. Er betrachte je-
doch Schreibweisen mit Genderstern,
Binnen-I, Gender-Gap und Schräg-
strich ohne Ergänzungsstrich weiter-
hin nicht als Kernbestand der deut-
schen Orthographie.
„Beurteilungs- und Korrekturrichtli-
Die
temberg hatte Anfang des Jahres an
das Kultusministerium appelliert, die
Akzeptanz für das Gendern an Schu-
len zu steigern. Sternchen oder Dop-
pelpunkt sollten in Prüfungen nicht
mehr als Fehler markiert werden. Das
Kultusministerium entgegnet, es ken-
ne keine Fälle, in denen geschlechter-
gerechte Sprache in Klausuren ange-
strichen worden sei. Ähnlich lax geht
Niedersachsen mit dem Gendern in
Schulen um.
Klare Regelungen gibt es dagegen in
drei Ländern. In Schleswig-Holstein
werden Genderformen in schriftlichen
Arbeiten als Fehler markiert und an-
schließend als Folgefehler gekennzeich-
net. Das hat das Bildungsministerium
im September 2021 noch einmal klarge-
stellt. Das gilt insbesondere für Gender-
stern (Asterisk), Binnen-I, Gender-Gap
(Unterstrich) oder Schrägstrich. Recht-

nien für Prüfungen enthalten ebenfalls

und scherzte später, er habe ja alles rich-
tig gemacht, die Enkelin eines Italieners
zu heiraten. In einer gemeinsamen Stel-
lungnahme versicherten Biden und Melo-
ni einander nach dem Treffen der „un-
erschütterlichen Beziehung“ und „tiefen
Freundschaft“ beider Länder.
Ein zentrales Thema des anderthalb-
stündigen Gesprächs war der Ukraine-
krieg. Als NATO-Verbündete sei die
transatlantische Partnerschaft der „Eck-
stein unserer gemeinsamen Sicherheit“,
äußerte Biden vorab und pries die „sehr
starke Unterstützung“ der Italiener für
die Ukraine. Meloni erwiderte, sie sei
stolz, dass Italien von Beginn an eine
entscheidende Rolle dabei gespielt habe.
„Wer an den Frieden glaubt, sollte zu den
stärksten Unterstützern der ukrainischen
Sache gehören.“
Über das weitere Vorgehen angesichts
des Ukrainekriegs herrschte zwischen
Meloni und Biden offenbar mehr Einig-
keit als zwischen ihrem Vorgänger Mario
Draghi und dem amerikanischen Präsi-
denten. Draghi hatte im Mai 2022 in Wa-
shington gesagt, man müsse „alle Kanäle
Italiener zuerst
In Washington bekommt Giorgia Meloni
viel Lob. Dabei hatte Joe Biden sich im Herbst
noch kritisch geäußert.
Von Thomas Jansen und Sofia Dreisbach,
Washington
für den Frieden, für einen Waffenstill-
stand und die Aufnahme glaubwürdiger
Verhandlungen nutzen“.
Meloni sagte nach einem Treffen mit
ranghohen Republikanern im Kongress
denn auch, sie sei „offensichtlich“ auf Li-
nie der Republikaner. Das hindere sie je-
doch nicht daran, ein „ausgezeichnetes
Verhältnis“ zum demokratischen Präsi-
denten Biden zu haben. Dass Biden sich
während des Besuchs mit Kritik an der
italienischen Regierung zurückhalten
würde, war schon in den Äußerungen
John Kirbys vor dem Besuch angeklun-
gen. Der Sprecher des Nationalen Sicher-
heitsrats hob hervor, dass Biden Men-
schenrechte auf der ganzen Welt
unterstütze. Es liege jedoch bei den Ita-
lienern, zu entscheiden, „wer ihre Regie-
rung ist“. Italien sei eine Demokratie,
„und der Präsident respektiert das“.
Ein heikleres Thema war in Washing-
ton das Verhältnis zu China. Italien hat
sich 2019 als einziger G-7-Staat an der
ration beenden, sucht aber noch nach
einem Weg, China dabei nicht vor den
Kopf zu stoßen. Vor dem Besuch war spe-
kuliert worden, Meloni könne den Aus-
stieg aus dem Projekt in Washington an-
kündigen. Beim kurzen gemeinsamen
Auftritt mit Biden am Donnerstag kam
das Thema nicht zur Sprache. In einer
Pressekonferenz nach dem Treffen äußer-
te Meloni jedoch, die Vereinigten Staaten
zwängen niemanden zu einer bestimmten
China-Politik. Washington wisse, „dass
wir vertrauenswürdig sind“. Es habe Prio-
rität, die Lieferkettenabhängigkeit von
China zu verringern.
Dass Meloni Vorsitzende einer Partei
ist, die mit dem Slogan „Italien und die
Italiener zuerst“ in den Wahlkampf gezo-
gen ist, konnte sie jedoch auch in Wa-
shington nicht verleugnen: Noch bevor
sie ihr transatlantisches Bekenntnis ab-
legte, würdigte sie die Rolle „von Millio-
nen Amerikanern italienischer Abstam-
mung“. Italien sei damit „ein integraler
Bestandteil der großartigen amerikani-
schen Nation und hat zu dessen Kultur
und Identität beigetragen“.
keine Aussagen zum Gendern“. Da
Genderschreibweisen in Zeichenform
nicht dem Amtlichen Regelwerk für
die deutsche Orthographie entsprä-
chen, könnten sie als Fehler gewertet
werden, aber sie müssen nicht als Feh-
ler gewertet werden.
Ministerpräsident Winfried Kret-
schmann (Grüne) hält überhaupt
nichts von den Genderschreibweisen in
der Schule. „Wir haben riesige Proble-
me und müssen uns nicht aufamseln an
Gendersternchen“, sagte er gegenüber
dem SWR. Es sei schon schlimm genug,
dass viele Grundschüler nicht lesen
könnten. „Man muss es denen nicht
noch erschweren, indem man in der
Schule Dinge schreibt, die man gar
nicht spricht.“ Unterstützt wird Kret-
schmann vom Verband Bildung und Er-
ziehung (VBE) und dem Philologen-
verband. Unter den Philologen gebe es
einen Konsens, dass in der Primarstufe
und in der Sekundarstufe I nicht gegen-
dert werde, um das Regelwerk zu üben,
heißt es gegenüber der F.A.Z. Doch
was danach geschieht, liegt eben in der
Hand des einzelnen Lehrers.
Bei der Gewerkschaft Erziehung und
Wissenschaft (GEW) ist das anders:
Der Sprecher des größten deutschen
Landesverbandes in Baden-Württem-
zeitig vor der Landtagswahl hat auch das
bayerische Kultusministerium für den 1.
August einen Erlass herausgegeben, wo-
nach die Amtliche Regelung der deut-
schen Rechtschreibung „in der jeweils
gültigen Fassung“ die „verbindliche
Grundlage des Unterrichts an den Schu-
len bildet“.
Am weitesten geht die sächsische Re-
gelung. Im Juli wurde der Erlass an die
Schulleiter vom August 2021 insofern
verschärft, als auch Kooperationspart-
ner von Schulen an das Amtliche Regel-
werk der deutschen Rechtschreibung
gebunden sind. Alle Mitarbeiter im
Staatsministerium für Kultus, im Lan-
desamt für Schule und Bildung und jeder
Einzelne in den Schulen hat sich nach
Auffassung des Kultusministers Chris-
tian Piwarz (CDU) an die Regeln zu hal-
ten. In Verträgen sei deshalb dafür zu
sorgen, dass die Auftragnehmer sich
verpflichteten, bei der Verwendung
einer geschlechtergerechten Sprache
und Schreibung Sonderzeichen auszu-
schließen (Asterisk, Doppelpunkt,
Unterstrich und Großbuchstaben I).
Widerstandslos hingenommen wur-
de diese neue Bestimmung des Kultus-
ministeriums keineswegs. Kurz nach
der Veröffentlichung kursierte sie auf
Twitter, und die Wogen schlugen hoch.
Der Landesschülerrat war erwartungs-
gemäß dagegen und hielt den Erlass
für „falsch und unnötig“, auch die

Drei weitere Anklagepunkte gegen Trump
Früherer US-Präsident soll versucht haben, Beweise zu zerstören / Zweiter Mitarbeiter angeklagt
fia. WASHINGTON. Donald Trump be-
richtete in der vergangenen Woche schon
von der nächsten geplanten Anklage
gegen ihn, diesmal im Fall der Gescheh-
nisse rund um den Sturm auf das Kapitol
am 6. Januar 2021. Doch statt einer drit-
ten Anklage innerhalb von vier Monaten
weitete Sonderermittler Jack Smith am
Donnerstag eine schon bestehende aus.
Demnach werden dem früheren Präsi-
denten in der Geheimdokumentenaffäre
drei weitere Straftatbestände vorgewor-
fen. Bislang ging es um 37 Anklagepunk-
te in sieben separaten Anklagen, da-
runter Verschwörung zur Behinderung
der Ermittlungen, Falschaussagen und
das vorsätzliche Zurückhalten von Doku-
menten der Landesverteidigung.
In der erweiterten Anklageschrift
heißt es zum Einen, Trump habe ver-
sucht, Videoaufzeichnungen aus seinem
Anwesen Mar-a-Lago zu vernichten, um
Informationen vor dem FBI und einer
Geschworenenjury zu verbergen. In einer
ausführlichen Passage wird beschrieben,
wie Trump nach der Aufforderung des
FBI, die Aufnahmen zur Verfügung zu
stellen, Mitarbeiter im vergangenen Juni
mit der Löschung der jüngsten Videos be-
auftragte. Das stellt den zweiten neuen
Anklagepunkt dar: Neben dem Versuch,
Beweise zu zerstören, gehört auch das
Anstiften weiterer Personen dazu.
Neben Trumps Mitarbeiter Walt Nauta
ist nun auch Carlos de Oliveira, der frü-
here Hausverwalter in Mar-a-Lago, ange-
klagt. Er soll an den Straftaten mitbetei-
ligt gewesen sein, etwa dem Verräumen
von Boxen mit Geheiminformationen
und dem versuchten Löschen der Video-
aufnahmen. Ein dritter neuer Anklage-
punkt zielt auf das Spionagegesetz ab,
gegen das Trump verstoßen haben soll,
als er mehreren Mitarbeitern von Details
aus einem streng geheimen Dokument
berichtete. Bei dem Treffen im Juli 2021
in seinem Golfclub in New Jersey hatte
Trump von einem „streng vertraulichen“
Papier gesprochen – in der Öffentlichkeit
behauptet er jedoch noch immer, er habe
alle Dokumente vor der Mitnahme frei-
gegeben. Laut Anklageschrift soll es sich
bei dem Dokument damals um die „Dar-
stellung militärischer Aktivitäten in
einem fremden Land“ gehandelt haben.
Trump und Nauta haben sich für nicht
schuldig bekannt; de Oliveira soll am
Montag in Miami angeklagt werden. In
einer Reaktion auf „Truth Social“ be-
schimpfte Trump Sonderermittler Smith
am Donnerstagabend abermals als „min-
derbemittelt“. Die zuständige Richterin
Aileen Cannon hatte in der vergangenen
Woche festgelegt, dass der Prozess wegen
der Dokumentenaffäre im Mai nächsten
Jahres vor dem Bezirksgericht von Süd-
florida beginnen soll. Es wird jedoch da-
mit gerechnet, dass Trumps Verteidiger
versuchen, das Datum hinauszuzögern.
Sie hatten sich ursprünglich dafür einge-
setzt, die Verhandlung bis nach der Präsi-
dentenwahl im November 2024 zu ver-
schieben.
Die aktualisierte Anklageschrift wurde
an demselben Tag veröffentlicht, an dem
Anwälte Trumps in Washington mit
Staatsanwälten aus dem Büro des Son-
derermittlers Smith zusammentrafen.
Dabei ging es um die wahrscheinlich dro-
hende dritte Anklage Trumps in diesem
Jahr, die mit seinen Bemühungen zusam-
menhängt, das Ergebnis der Präsidenten-
wahl 2020 zu kippen. In einem kurzen Vi-
deo äußerte Trump an Donnerstag in
diesem Zusammenhang: „Sie verfolgen
nicht die Leute, die in den Wahlen betro-
gen haben.“ Sie seien nur hinter denen
her, die vom Betrug berichtet hätten.
berg gendert hörbar und meint gegen-
über der F.A.Z., die Lehrer seien doch
Profis genug, die richtigen Maßstäbe
im Umgang mit gendergerechter Spra-
che zu setzen, da brauche man nicht
weitere Vorschriften. In Heidelberg hat
eine Stoppt-Gendern-Initiative inzwi-
schen 12.000 Unterschriften gesam-
melt. Der Initiator der Unterschriften-
aktion erhofft sich davon, die Parteien
im Landtag zu einer gesetzlichen Rege-
lung zu bringen.
Im Februar wäre es beinahe schon
einmal so weit gewesen, da hatte die
FDP die Empfehlung des Rates für
deutsche Rechtschreibung zum Gen-
dern eingebracht, um diese rechtsver-
bindlich für Ämter, Behörden und
Schulen zu machen. Die CDU wollte
den Antrag unterstützen. Als jedoch
die AfD im Landtag dem Antrag eben-
falls zustimmen wollte, knickte die
CDU ein und stimmte geschlossen da-
gegen. Kein Binnen-I dieser Welt sei
es wert, dass die AfD zur Mehrheitsbe-
schafferin werde, gaben sich damals
die Christdemokraten überzeugt. Der
Landesschülerbeirat in Baden-Würt-
GEW Sachsen ist anderer Meinung als
das Kultusministerium, sieht das Gan-
ze aber pragmatisch und verweist auf
„zahlreiche andere Probleme an unse-
ren Schulen, die deutlich wichtiger als
das Gendern sind und rasch gelöst
werden müssen, etwa der Lehrkräfte-
mangel und die Digitalisierung“. Der
sächsische Lehrerverband indessen hat
den Erlass begrüßt und hält ihn für
„richtig und vernünftig“. Die Schüler
sollten „erst einmal ordentlich schrei-
ben lernen“ und dafür gebe es eindeu-
tige Regeln. Angesichts der „Irrungen
und Wirrungen“ über die korrekte
Schreibung sei es Zeit gewesen für eine
klare Ansage des Kultusministeriums.
In Sachsen wird das Gendern als Feh-
ler markiert, etwa in Aufsätzen oder
Klassenarbeiten. Die Mehrheit der Be-
völkerung hat sich in Sachsen in reprä-
sentativen Umfragen gegen das Gen-
dern in Schulen ausgesprochen. Knapp
80 Prozent sind dagegen. Umso absur-
der findet die Pressestelle des Kultusmi-
nisteriums, dass sie sich für die Einhal-
tung des Amtlichen Regelwerks recht-
fertigen muss.

Wichtiges in Kürze

Viele afghanische Ortskräfte
bekamen kein Visum
Die Bundesregierung hat einem Medien-
bericht zufolge vielen afghanischen Orts-
kräften, die für ein deutsches Polizeipro-
jekt tätig waren, ein Visum verweigert.
Die Bundesregierung habe sie abgewie-
sen, obwohl die Gesellschaft für Interna-
tionale Zusammenarbeit (GIZ) zu der
Einschätzung gekommen sei, dass es sich
bei den Menschen um potentiell oder
auch „besonders gefährdete“ Personen
handele, heißt es in dem am Freitag ver-
öffentlichten Bericht von WDR, NDR,
„Süddeutscher Zeitung“ und dem Investi-
gativbüro „Lighthouse Reports“. epd
142 Verfahren wegen
Angriffen auf Klimaaktivisten
Wegen Übergriffen auf sogenannte Kli-
makleber haben Strafverfolgungsbehör-
den bundesweit bisher mindestens 142
Ermittlungsverfahren gegen Autofahrer
oder Passanten eingeleitet. Wie der
Rundfunk Berlin-Brandenburg unter Be-
rufung auf 47 Ermittlungsbehörden aus
verschiedenen deutschen Städten be-
richtete, in denen Blockadeaktionen der
Gruppe Letzte Generation stattgefun-
den haben, gehe es dabei in den meisten
Fällen um Körperverletzung. Auch we-
gen mutmaßlicher Nötigung und Belei-
digung werde ermittelt. Allein 99 der Er-
mittlungsverfahren seien von der
Berliner Polizei eingeleitet worden, hieß
es in dem Bericht. In zwei Fällen seien
demnach bislang Strafbefehle beantragt
worden. AFP
Richter in Hongkong verwirft
Verbot von Protest-Hymne
Ein Richter in Hongkong hat ein Verbot
eines während der prodemokratischen
Demonstrationen von 2019 populär ge-
wordenen Liedes abgelehnt. Er sei nicht
überzeugt, dass das von der Hongkonger
Regierung beantragte Verbot der Hymne
„Glory to Hong Kong“ „gerecht und an-
gemessen“ wäre, sagte Richter Anthony
Chan am Freitag. Den Antrag weise er
deshalb zurück. Der Richter verwies auf
Risiken für die Meinungsfreiheit im Falle
eines Verbots des Liedes. AFP
Aung San Suu Kyi
in den Hausarrest verlegt
Myanmars Militärregime hat die inhaftier-
te Friedensnobelpreisträgerin Aung San
Suu Kyi offenbar wieder in den Hausarrest
verlegt. Die nationale Demokratie-Ikone
ist Agenturberichten vom Freitag zufolge
Anfang der Woche aus dem Gefängnis in
der Hauptstadt Naypyidaw in eine Wohn-
anlage für Regierungsmitarbeiter gebracht
worden. Suu Kyi hatte bis zum Militär-
putsch im Februar 2021 als Staatsrätin die
Regierung angeführt. Infolge des Putsches
war sie unter anderem wegen Korruption
zu 33 Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Menschenrechtler sprachen von einem
Schauprozess. Abgesehen von den Haft-
erleichterungen bekommen erstmals aus-
gewählte ausländische Politiker Zugang zu
ihr, darunter vor wenigen Wochen der
thailändische Außenminister. Zudem soll
ein Treffen mit einem chinesischen Regie-
rungsvertreter geplant sein. fäh.

Frankfurter Zeitung
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FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Traueranzeigen SAMSTAG, 29. JULI 2023 · NR. 174 · SEITE 5

In tiefer Trauer und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von meinem

geliebten Mann, unserem fürsorglichen Vater, Schwiegervater, Bruder
und Schwager
Von guten Mächten wunderbar geborgen,

Prof. Dr. Klaus Heller erwarten wir getrost, was kommen mag
Dietrich Bonhoefer
* 18. 12. 1937 † 12. 7. 2023

Wir vermissen Dich:

Deine Margrit In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied
Deine Maija
Deine Inka und Hartmut
Dein Eberhard und Lucienne

Wir haben im engsten Familienkreise von ihm Abschied genommen. Für zugedachte Anteilnahme danken wir herzlich. Roland Ernst
* 11. 11. 1936 † 24. 7. 2023

Es ist was es ist sagt die Liebe

Mit allen seinen Tiefen, seinen Höhen
Roll‘ ich das Leben ab vor deinem Blick Erich Fried
Wenn du das große Spiel der Welt gesehen Dr. Sigrid Menges-Ernst
So kehrst du reicher in dich selbst zurück Mast- und Schotbruch
Johanna Gräfn Douglas und Axel Graf Douglas
In Liebe und Dankbarkeit verabschieden wir uns von Frank Heide Dr. Falk Ernst und Uta Ernst
Hamburg 28. Januar 1935 Heidelberg 25. Juli 2023 Niklas Zech und Johanna Schaaf
Dagmar Ernst
Dr. rer. pol. Thomas Geer Ingrid Kaup

* 6. 9. 1937 † 7. 7. 2023
Isabelle Heide und Reto Liechti mit Livia
Patrick und Julia Heide geb. Theill mit Alina
Alice und Tilman Tschöke mit Noël, Atréju und Flaminia
Anina Hübner geb. Heide mit Vincent und Emilia Thomas Oberniedermayr
Felix und Anja Kaup geb. Balser
In Gedanken bist Du bei uns. mit Karlotta, Edgar und Juri Julian und Anja Oberniedermayr mit Karl, Leonie und Joseph
Moritz und Katharina Kaup geb. Schnell
mit Leonard, Jonathan, Charlotte und Pauline Merlin Talard
Anja Geer und Dr. Nadja Geer
Hanna Stross und Kinder Verwandte und Freunde
Dr. Johanna und Tom O’Donnell mit Finlay und Quinn
Dr. Rudolf und Edith Geer und Kinder Fee Ernst-Linke und Tim Linke mit Emil
Bergstraße 99, 69121 Heidelberg
Eine Seebestattung fndet im engsten Familienkreis statt.
Fritz Ernst
Die Beisetzung fndet am 4. August 2023 um 14.00 Uhr
in der Aussegnungskapelle des Überlinger Friedhofs statt, Wunsch des Verstorbenen wäre eine Spende unter „Frank Heide“ an die
Friedhofstraße 53, 88662 Überlingen Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schi brüchiger, die Seenotretter
IBAN: DE36 2905 0101 0001 0720 16, Sparkasse Bremen.

Der Trauergottesdienst fndet statt am Freitag, dem 4. August 2023,

In tiefer Trauer und großer Dankbarkeit nehmen wir Abschied Traueranzeigen um 11.30 Uhr in der Johanneskirche in Heidelberg-Neuenheim
von unserem Firmengründer und Seniorchef und Nachrufe Anstelle von Blumen und Kränzen bitten wir um eine Spende an die
Auskunft und Beratung:
Telefon (069) 7591-2279
Johannesgemeinde Heidelberg für die Restaurierung der Kirchenorgel,
Telefax (069) 7591-808923 IBAN: DE02 6725 0020 0001 0085 79, BIC: SOLADES1HDB,
traueranzeigen@faz.de
im Betref: Roland Ernst
Alle Anzeigen und Informationen
unter lebenswege.faz.net

Du hast jeden Raum mit Sonne geflutet

Hast jeden Verdruss ins Gegenteil verkehrt Wir trauern um

Dipl. Ing. Karl Rekers Deine sanfmütge Güte

Dein unbändiger Stolz

der am 20. Juli 2023 im Alter von 93 Jahren verstorben ist.

Das Leben ist nicht fair
(H. Grönemeyer)
Roland Ernst
Stifer und Unternehmer
* 11. November 1936 † 24. Juli 2023
Nach dem Abschluss seines Maschinenbaustudiums an der TU Hannover gründete er
am 01. November 1955, gemeinsam mit seiner späteren Ehefrau Klärchen, die Firma Rudolf M. Häberle Roland Ernst war erfolgreicher Unternehmer und engagierter Förderer
“Dipl.-Ing. Karl Rekers“ in der Betriebsschlosserei des elterlichen Betonwerkes. 26. Juni 1950 – 22. Juli 2023 von Wissenschaf und Kunst. Über die Errichtung der gemeinnützigen
Mit seinem ausgeprägten Erfindergeist und seiner unerschöpflichen Tatkraft hat unser Gründer Roland Ernst Stifung für Gesundheitswesen zusammen mit dem
sein Unternehmen über viele Jahrzehnte entscheidend geprägt und dessen Werdegang In unendlicher Liebe Freistaat Sachsen im Jahr 1996 in Dresden hat er in herausragender
bis heute maßgeblich beeinflusst. Marina Häberle Render Weise die medizinische Forschung gefördert. Wir haben Roland Ernst
immer als klugen, großzügigen, verantwortungsvollen und herzlichen
Zugleich im Namen aller Anverwandten Menschen geschätzt, der die Ziele der Stifung kenntnisreich mit viel
Er gilt nach wie vor als Visionär und Pionier in der Entwicklung vollautomatisch gesteuerter
Maschinen und Anlagen für die Beton- und Baustoffindustrie. persönlichem Engagement zum Wohle der sächsischen Wissenschaf
Wir nehmen in aller Stlle Abschied. verfolgt hat.
Weit über seinen Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand hinaus blieben ihm die Belange seines Mit großer Dankbarkeit werden wir die Stifung in seinem Sinne fortführen.
Unternehmens und das Wohl aller Beschäftigten immer wichtig.
Allensbach, im Juli 2023 Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.
Dabei haben ihn seine Freundlichkeit, seine wertschätzende Haltung und sein offenes
Interesse besonders ausgezeichnet.
Traueradresse: Bestatungsinsttut Keller, Vorstand, Stifungsrat und Geschäfsführung der
Wir sind sehr dankbar für das Lebenswerk unseres Gründers. Mit ihm verlieren wir einen c/o Sterbefall Rudolf M. Häberle, Markthallenstr. 18, Roland Ernst Stifung für Gesundheitswesen
wahren Menschen, der uns immer ein Vorbild bleiben wird. 78315 Radolfzell am Bodensee
Unser ganzes Mitgefühl gilt seiner Familie.

Für Personen, die Karl Rekers gedenken möchten, ist auf Initiative der Familie
ein Spendenkonto eingerichtet worden: "Freunde u. Förderer St. Johannes Stift Spelle e.V.",
IBAN: DE53 2806 9994 0110 9006 00, "Karl Rekers". Mein geliebter Mann, unser Vater, Bruder, Mit großer Anteilnahme nehmen wir Abschied von
Großvater, Schwager und Onkel ist plötzlich und
Geschäftsleitung, Belegschaft und Betriebsrat der
unerwartet von uns gegangen.
In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied.
REKERS GmbH Maschinen- und Anlagenbau Roland Ernst
Prof. Dr. Helmut Fischer * 11. 11. 1936 † 24. 7. 2023
 5. September 1934 † 23. Juli 2023
Roland Ernst war ein herausragender Unternehmer und als
Ich sterbe als Agnostiker. Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit In liebevoller Erinnerung Gründervater maßgeblich am heutigen Erfolg der Recura
Jetzt lasse ich mich überraschen. zum Abschied sein und Neubeginne!
Ilsemarie Fischer geb. von Bauer Unternehmensgruppe beteiligt. Zudem widmete er sich
Hermann Hesse
Jost Fischer und Katrin Krüger sein Leben lang der Förderung von Wissenschaf
Arnd Fischer und Maria Fischer - Witzmann mit Kai und Forschung im Gesundheitswesen.
Dr. Alfred Dickersbach und alle Anverwandten
* 6. November 1931 † 18. Juli 2023
Rechtsanwalt Wir werden ihm stets ein ehrendes Andenken bewahren.
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht a. D. Kondolenzanschrift: Familie Fischer
c/o Bestattungshaus Busse-Kümpel, Königstr. 2 a, 53773 Hennef Unser tief empfundenes Mitgefühl gilt seiner Familie.
In tiefer Trauer Die heilige Messe wird am Mittwoch, dem 2. August 2023, um 12.30 Uhr
Angelika Dickersbach in der Pfarrkirche St. Katharina, Stadt Blankenberg gehalten.
Dr. Volker und Safia Dickersbach Anschließend findet die Beerdigung von der Trauerhalle aus statt. Recura Kliniken SE
Alexander und Nicole Dickersbach mit Carla und Nikolas
Philipp und Ilka Dickersbach mit Juli und Nike
Katharina Dickersbach und Michael Kloß
Helene Dickersbach
Manfred Dickersbach mit Manuel und Wolfram
Wolfgang Dickersbach und Kirsten Zubrod mit David
In stiller Erinnerung
Die Trauerfeier findet im engsten Familien- und Freundeskreis statt.
„Lebenswege“, das Trauerportal der F.A.Z., bietet Hinterbliebenen Raum,
Entsprechend dem letzten Willen des Verstorbenen weisen wir auf die Möglichkeit hin, anstelle von ihrem Schmerz angemessen Ausdruck zu verleihen.
Blumen oder Kränzen dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V., Commerzbank Kassel,
IBAN: DE23 5204 0021 0322 2999 00, eine Spende (Förderernummer: 21921-0666479-0) zukommen
zu lassen.

Mehr erfahren Sie unter lebenswege.faz.net

SE I TE 6 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Ein General übernimmt die Macht
Nach dem Putsch in
Niger hat sich der Chef
der Präsidentengarde
zum neuen Präsidenten
ernannt.
Von Claudia Bröll,
Kapstadt
D
er Mann, der den nigrischen
Präsidenten Mohamed Ba-
zoum beschützen sollte, hat
nach einem Militärputsch die
Macht in dem westafrikanischen Land
übernommen. Am Freitag erklärte sich
der Chef der Präsidentengarde, General
Abdourahmane Tchiani, selbst zum
Staatsoberhaupt. In einer Fernsehanspra-
che begründete er den Sturz der Regie-
rung unter anderem mit der Sicherheitsla-
ge, wirtschaftlichen Nöten und Kor-
ruption. Der heute 63 Jahre alte Bazoum
hatte 2021 die Präsidentschaftswahl ge-
wonnen. Es war der erste friedliche und
demokratische Machtwechsel in Niger seit
der Unabhängigkeit von Frankreich 1960.
Am Freitag wurde Bazoum angeblich wei-
terhin im Präsidentenpalast festgehalten.
Es gehe ihm gut, hieß es.
Einige Mitglieder der Präsidentengarde
hatten am Mittwochmorgen den Präsiden-
tenpalast blockiert und Bazoum festge-
nommen. In der Nacht danach teilte eine
Gruppe uniformierter Männer im Fernse-
hen mit, die Regierung gestürzt zu haben.
Tchiani, dessen Vorname Omar geläufiger
ist, war nicht in der Aufnahme zu sehen.
Später schlossen sich das nationale Militär
und alle Sicherheitseinheiten den Put-
schisten an. Der 62 Jahre alte Tchiani
führte die Präsidentengarde seit 2011, er
galt als Vertrauter des vorigen Präsiden-
ten Mahamadou Issoufou, wurde von ihm
zum General befördert. Nach der Amts-
übergabe hatte ihn Bazoum übernommen.
Doch in jüngster Zeit gab es Berichte, der
Präsident wolle den Chef der Garde abset-
zen. Tchianis Machtübernahme schürt
jetzt Spekulationen, der vorige Präsident
könnte hinter dem Putsch stecken. Issou-
fou hatte in den Wahlen 2021 nicht mehr
kandidiert, sondern sich an die Begren-
zung auf zwei Amtszeiten in der Verfas-
sung gehalten. Im gleichen Jahr erhielt er
den Mo-Ibrahim-Preis für gute Regie-
rungsführung in Afrika. Er galt wie Ba-
zoum als Partner westlicher Staaten.
Der Sturz der Regierung wurde nun
weithin scharf verurteilt. Das französische
Außenministerium teilte am Freitag mit,
die neue Staatsführung unter Tchiani
Hinrichtungen
in Singapur
fäh. SINGAPUR. Eine Reihe von
Hinrichtungen in Singapur hat die
Kritik von Menschenrechtlern und
Aktivisten nach sich gezogen. Wie das
zentrale Rauschgiftdezernat bestätig-
te, vollstreckten die Behörden am
Freitag das Todesurteil gegen eine 45
Jahre alte Staatsbürgerin des südost-
asiatischen Stadtstaats. Demzufolge,
was bisher öffentlich ist, war es das
erste Mal seit 20 Jahren, dass in Singa-
pur wieder eine Frau hingerichtet
wurde. Anti-Todesstrafe-Aktivisten
sind sich aber nicht ganz sicher, ob es
nicht weitere Fälle gegeben hat, die
nicht bekanntwurden.
Bereits am Mittwoch war ein 57
Jahre alter Mann hingerichtet worden.
Für den 3. August sei eine weitere
Vollstreckung geplant, teilte das
Transformative Justice Collective,
eine Aktivistengruppe aus Singapur,
am Freitag auf Twitter mit. In allen
diesen Fällen handelt es sich um To-
desurteile aufgrund von Drogendelik-
ten. In Singapur wird bei einem Besitz
ab 15 Gramm reinem Heroin, dem so-
genannten Diamorphin, bei nachge-
wiesener Schuld automatisch die To-
desstrafe verhängt. Bei der am Freitag
gehängten Frau, die im Jahr 2018 ver-
urteilt worden war, waren Drogen mit
einem Anteil von 31 Gramm dieser
Substanz gefunden worden. Sie sollen
für den Weiterverkauf bestimmt ge-
wesen sein. Der am Mittwoch gehäng-
te 57 Jahre alte Singapurer soll etwa
50 Gramm Diamorphin besessen ha-
ben. Eine vergleichbare Menge war
bei dem Mann gefunden worden, der
in der kommenden Woche gehängt
werden soll. Seit Einführung der To-
desstrafe sei die Menge der geschmug-
gelten Drogen gesunken, argumen-
tiert die Regierung.
Den Aktivisten zufolge wurden seit
dem 30. März 2022 15 Menschen auf-
grund von Drogendelikten hingerich-
tet, in etwa eine Person pro Monat.
Der britische Milliardär Richard Bran-
son, der weltweit für die Abschaffung
der Todesstrafe eintritt, rief Singapur
auf, seinen „Amoklauf“ zu beenden.
„Es ist beschämend, dass die Regie-
rung Singapurs weiterhin Menschen
wegen gewaltloser Drogendelikte er-
hängen lässt und sich damit Ländern
wie Nordkorea und Iran anschließt“,
schrieb er auf Twitter.
Neuer Anführer: General Omar Tchiani am Freitag im nationalen Fernsehen von Niger
Militärregierungen und Putsche im Sahel
2020
Putsch
MAURETANIEN
MALI
SENEGAL
BURKINA FASO
GHANA
Sahel-Allianz CÔTE
D‘IVOIRE
Sahel-Länder
Küstenländer TOGO BENIN 2022
Quellen: BMZ, Reuters
1000 km
nicht anzuerkennen. Es betrachte den de-
mokratisch gewählten Bazoum als den
„einzigen Präsidenten Nigers“. Zuvor hat-
te Frankreichs Außenministerin Catheri-
ne Colonna gesagt, sie halte den Putsch
noch nicht „für endgültig“. „Wenn Sie
mich von einem Putschversuch sprechen
hören, dann deshalb, weil wir die Dinge
nicht für endgültig halten“, sagte sie. Auch
der russische Außenminister forderte die
„Rückkehr zu einer verfassungsmäßigen
Das Momentum im Luftkampf
Moskau setzt auf Hubschrauber, Kiew fehlt mobile Luftabwehr / Von Gregor Grosse
Ein groß angelegter Durchbruchsversuch
an der südlichen Front brachte jüngst wie-
der neuen Schwung in die ukrainische
Gegenoffensive. Dennoch kommt sie bis-
lang langsamer voran, als es von vielen
westlichen Beobachtern erwartet worden
war. Das liegt auch daran, dass Kiew im
Luftkampf zunehmend ins Hintertreffen
gerät. Den russischen Luftstreitkräften,
die auf dem Papier klar überlegen sind,
gelingt es offenbar, ukrainische Vorstöße
aufzuhalten oder zumindest zu verlangsa-
men. „Das Momentum im Luftkrieg hat
sich in die Richtung Russlands verscho-
ben“, sagt Kelly Grieco, die sich für die
Denkfabrik Stimson Center in Washing-
ton D.C. mit modernem Luftkampf be-
schäftigt. „Das ist aber nicht unumkehr-
bar“, immerhin sei der Luftkampf
dynamisch.
Derzeit setzen die Russen die Ukrainer
mit einer angepassten Taktik unter Druck:
Moskau verwendet in Frontnähe verstärkt
Kampfhubschrauber, besonders solche
vom Typ Kamow Ka-52 Alligator, die zu
den modernsten des Landes zählen. Ka-
mow Ka-52 sind zweisitzige Hubschrau-
ber mit einer Höchstgeschwindigkeit von
circa 300 km/h und einer praktischen
Reichweite von etwa 450 Kilometern. Sie
seien unter anderem mit lasergesteuerten
9K121-Vikhr-Raketen bewaffnet, erklärt
Grieco. Die Luft-Boden-Panzerabwehr-
lenkwaffen könnten bewegliche Ziele in
einer Entfernung von bis zu zehn Kilome-
tern treffen. Das britische Verteidigungs-
ministerium vermutet zudem, dass Russ-
land seine Streitkräfte im Süden
zumindest mit einer kleinen Anzahl neuer
Ka-52M-Varianten erweitert habe. Dabei
handele es sich um stark modifizierte
Fluggeräte, die auf den Erfahrungen der
Russen in Syrien beruhen. Eine wichtige
Verbesserung ist demnach die Ausrüstung
mit einer neuen panzerbrechenden Luft-
Boden-Rakete (LMUR), mit einer Reich-
weite von ungefähr 15 Kilometern.
Die Russen setzten die Hubschrauber in
der Regel direkt am Ende der maximalen
Raketendistanz ein, so Grieco. Dadurch
seien sie knapp außerhalb der Reichweite
schultergestützter Flugabwehrlenkwaffen
(MANPADS). Anders ausgedrückt: Sie
nutzen die kleine Lücke, in der sie von
ihren Hubschraubern aus Raketen abfeu-
ern können, ohne von feindlichen Luft-
Nahbereichs-Abwehrsystemen getroffen
werden zu können. Es scheint, als ob sich
diese Taktik gegen vorrückende Panzer-
Politik
2021
Militärregierung 2023
Putsch
NIGER
TSCHAD
2021
Militärregierung
2020
Putsch
Putsch Mapcreator.io/OSM.org/F.A.Z.-Karte sjs
Ordnung“. Der Chef der russischen Söld-
ner-Gruppe Wagner, Jewgenij Prigoschin,
indes soll auf Telegram den Putsch geprie-
sen haben. Die Vereinten Nationen kün-
digten an, ihre humanitäre Arbeit in Niger
vorübergehend auszusetzen. Einem Spre-
cher zufolge sind dort 4,3 Millionen Men-
schen auf Hilfe angewiesen.
2017 hatten Deutschland, Frankreich
und die EU die „Sahel-Allianz“ mit den
fünf Sahel-Ländern Burkina Faso, Mali,
verbände bezahlt macht. So sollen Ka-
mow Ka-52 an der Abwehr eines Angriffs
der 47. Mechanisierten Brigade in der Re-
gion Saporischschja beteiligt gewesen
sein. Bei dem Angriffsversuch zu Beginn
der Gegenoffensive wurden mehrere
westliche Panzer beschädigt.
Die vom Westen vorrangig bereitge-
stellten Abwehrsysteme seien für die Luft-
verteidigung an der Front nicht so gut ge-
eignet, sagt Grieco: Patriots oder
NASAMS sind groß und sperrig. Laut
Grieco wären sie in Frontnähe „sehr ver-
wundbar“ und nicht mobil genug, um an
der Seite ukrainischer Panzer und Infante-
rie vorzurücken. Zudem verfügt die Ukrai-
ne bislang nur über zwei Patriot-Systeme,
die zum Schutz der Hauptstadt eingesetzt
werden. Die Luftverteidigung an der
Front beschreibt Grieco als „Katz-und-
Maus-Spiel“: Wenn das Radar eingeschal-
tet werde, um ein Ziel anzuvisieren, sei
das Luftabwehrsystem erkennbar für den
Feind und „die Uhr fängt an zu ticken“.
Sobald man geschossen habe, müsse das
System schnell „heruntergefahren“ und
verlegt werden. Bei Patriots würde das un-
gefähr eine Stunde dauern. Stattdessen
benötige die Ukraine mehr mobile und gut
zu tarnende Alternativen wie die ameri-
kanische Avenger-Luftabwehr oder deut-
sche Flugabwehrkanonenpanzer Gepard.
Auch die Ukraine habe ihre Luftvertei-
digungsstrategie angepasst, sagt Grieco.
Sie vermutet, dass mehr mobile Verteidi-
gungssysteme mit kurzer Reichweite an
die Front verlegt werden. Sicher sei das al-
lerdings nicht, die Ukraine hält sich mit
Informationen zur Gegenoffensive be-
deckt. Kiew berichtet, seit Beginn der
Gegenoffensive zehn russische Hub-
schrauber zerstört zu haben. Laut der Re-
chercheplattform Oryx hat Moskau seit
Kriegsbeginn insgesamt 39 Kamow Ka-52
verloren, die Dunkelziffer könnte höher
liegen. „Eine erstaunliche Verlustrate“,
wie Grieco anmerkt. Vor dem Krieg wur-
de der russische Bestand auf ungefähr 150
geschätzt, wovon vermutlich nicht alle
einsatzfähig waren. Aufgrund der laserge-
stützten Raketen müssten die Hubschrau-
ber beim Anvisieren eine gewisse Zeit still
in der Luft schweben, so Grieco. Ein Fens-
ter, das die ukrainische Luftverteidigung,
falls sie in Reichweite ist, nutzen kann.
Prinzipiell seien Hubschrauber ein leich-
tes Ziel. Daher sei unklar, wie lange Russ-
land seine Taktik durchhalten könne. Bis-
lang sind die Verluste für Russland wohl
Foto ORTN/AFP
Mauretanien, Niger und Tschad geschlos-
sen. Nach einer Putsch-Serie hat jetzt nur
noch Mauretanien einen demokratisch ge-
wählten Präsidenten. Die Militärübernah-
me in Niger ist die sechste in dieser Re-
gion seit 2020. Damals hatte zuerst das
Militär in Mali geputscht, später stürzte
der Militärführer Assimi Goïta die über-
gangsweise eingesetzte zivile Regierung.
In Burkina Faso setzte das Militär 2021
Präsident Roch Kaboré ab. Zunächst über-
nahm Putschführer Paul-Henri Damiba
die Regierung, im September wurde er
von dem jetzigen Militärführer Ibrahim
Traoré nach einer Meuterei von Soldaten
vertrieben. Damiba galt als westlich
orientiert, unter Traoré hat sich Burkina
Faso wie Mali Russland zugewandt. In
Tschad wiederum trat der Präsidenten-
sohn Mahamat Idriss Déby, ein General,
im April 2021 die Nachfolge seines getöte-
ten Vaters an. In der Verfassung wäre der
Parlamentssprecher vorgesehen gewesen.
Der Putsch in Niger ist nicht nur ein
heftiger Rückschlag für die Demokratie-
bemühungen in Westafrika, sondern auch
für die aus Mali und Burkina Faso abgezo-
genen französischen Streitkräfte sowie für
die Bundeswehr und die übrigen Beteilig-
ten an der UN-Friedensmission MINUS-
MA, die ihren Abzug aus Mali über Niger
organisieren wollten.
noch verkraftbar, der Nutzen scheint zu
überwiegen.
Dazu komme, dass Moskau vermehrt
kleine Drohnen zur Aufklärung und Über-
wachung einsetze, sagt Grieco, um militä-
rische Bewegungen der Ukraine zu identi-
fizieren und mögliche Ziele dann unter
Artilleriebeschuss zu nehmen. Für beide
Seiten spielen unbemannte Fluggeräte
eine wichtige Rolle. Insbesondere kleine-
re Drohnen, die häufig unter zehn Kilo-
gramm wiegen, werden auf dem Schlacht-
feld intensiv genutzt: Sie sind leicht zu
bedienen, einfach zu beschaffen – und vor
allem billig. Im Zuge der Gegenoffensive
verwende Moskau sie auch, um ukraini-
sche Minenräumfahrzeuge aufzuspüren,
so Grieco. Diese sind von großer Bedeu-
tung für Kiew, um die riesigen russischen
Minenfelder zu überwinden. „Den Russen
ist klar, dass ukrainische Panzer und In-
fanterie nicht vorrücken können, wenn sie
diese Minenräumfahrzeuge ins Visier
nehmen.“
Doch selbst wenn Russland den Luft-
kampf in Frontnähe derzeit zu dominie-
ren scheint, ist es von einer uneinge-
schränkten Luftüberlegenheit noch weit
entfernt. Denn Kampfflugzeuge wurden
bislang weder von Russland noch der
Ukraine besonders wirkungsvoll einge-
setzt. Das liegt an äußerst effektiven bo-
dengestützten Flugabwehrsystemen auf
beiden Seiten. Die russische Luftwaffe ist
dadurch gezwungen, ihre Einsätze über
der Ukraine in niedriger Höhe zu fliegen –
dort kann sie allerdings ins Visier von
MANPADS geraten. Viele Luftangriffe
führt Moskau deshalb mit Raketen aus
dem eigenen Luftraum. Diese Taktik sei
nicht sehr effektiv, sagt Grieco, vor allem
nicht gegen mobile Ziele. Allerdings kön-
nen auch ukrainische Kampfflugzeuge
wenig gegen moderne russische Abwehr-
systeme wie die S-400 ausrichten. Zudem
fehlt es der ukrainischen Luftabwehr nicht
nur an Munition. Durch massive russische
Raketen- und Drohnenangriffe auf Städte
im Hinterland werden Systeme fernab der
Front gebunden.
Grundsätzlich sei die ukrainische Luft-
abwehr jedoch nach wie vor robust, sagt
Grieco. Aber Kiew benötige dringend
mehr Abwehrsysteme, insbesondere mit
kurzer Reichweite, um den Luftraum um-
kämpft zu halten. „Wenn die Ukraine die-
se Fähigkeit verliert, wird es Russland
wahrscheinlich gelingen, den Verlauf des
Krieges zu ändern.“
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Ein russischer Hubschrauber
für Simbabwe
Auf dem Russland-Afrika-Gipfel verspricht Putin
kostenloses Getreide und militärische Hilfe
clb./ogl. KAPSTADT/FRANKFURT.
Mit kostenlosen Getreidelieferungen
hat Russlands Präsident Wladimir Pu-
tin die afrikanischen Staats- und Regie-
rungschefs auf dem zweiten Russland-
Afrika-Gipfel in Sankt Petersburg
umworben. Sechs afrikanische Staaten
mit engen Beziehungen zu Moskau sol-
len jeweils zwischen 25.000 und 50.000
Tonnen erhalten. Dabei handelt es sich
um Simbabwe, Mali, Burkina Faso, So-
malia, Eritrea und die Zentralafrikani-
sche Republik. Die Lieferung von Ge-
treide war eines der wichtigsten
Themen auf dem Gipfel, nachdem
Russland Mitte Juli das Abkommen
über ukrainische Getreidetransporte
über das Schwarze Meer hatte auslau-
fen lassen. Das sorgte bei einigen afri-
kanischen Staaten für großen Unmut.
Der Krieg in der Ukraine war auch
jenseits der Getreidelieferungen The-
ma. Die aus Südafrika angereiste Dele-
gation nutzte den Gipfel, um die von
sieben afrikanischen Regierungen ge-
startete Friedensmission voranzutrei-
ben. Präsident Cyril Ramaphosa äußer-
te die Hoffnung, dass „konstruktives
Engagement und Verhandlungen“ zu
einem Ende des Krieges zwischen
Russland und der Ukraine führen könn-
ten. Putin sagte am Freitag, er prüfe die
Vorschläge. „Früher hatten ausschließ-
lich Länder mit sogenannten entwickel-
ten Demokratien ein Monopol auf jegli-
che Vermittlungsmissionen“, sagte er.
„Nun ist auch Afrika bereit, bei der Lö-
sung von Problemen zu helfen, die
außerhalb seiner primären Interessen
zu liegen scheinen.“
Die südafrikanische Außenministe-
rin Naledi Pandor betonte zudem, es
habe bereits einige Vereinbarungen ge-
geben, insbesondere im Bereich der
„digitalen Innovation, der Zusammen-
arbeit in der Weltraumwissenschaft
und der Stärkung der Kontakte“. In
einem Interview mit dem russischen
Staatsfernsehen pries sie die „sehr
wichtigen“ Beziehungen zu Russland.
„Wir haben deutlich gemacht, dass
Russland ein Freund ist, und wir haben
seit vielen, vielen Jahren eine koopera-
tive Partnerschaft.“ Pandor äußerte
sich besorgt über die Vereinten Natio-
nen. „Von Zeit zu Zeit wurden die Ver-
einten Nationen für politische Zwecke
benutzt. Die einen haben sie zu einer
Waffe gegen die anderen gemacht.
Dem müssen wir ein Ende setzen.“ Am
Samstag soll Ramaphosa Gespräche
mit seinem russischen Amtskollegen
führen. Es ist das erste Treffen seit der
Drohnenkopien für Pjöngjang
Nordkorea präsentiert auf Parade neue Waffen
Nordkorea hat auf einer Militärparade
in der Hauptstadt Pjöngjang am Don-
nerstag Interkontinentalraketen und
neue Drohnen präsentiert. Im Staats-
fernsehen, das die Veranstaltung einen
Tag später übertrug, war zu sehen, wie
Machthaber Kim Jong-un auf der Eh-
rentribüne den vorbeimarschierenden
Soldaten salutierte. Neben ihm standen
der russische Verteidigungsminister
Sergej Schojgu und das Mitglied des chi-
nesischen Politbüros Li Hongzhong.
Dass solch ranghohe Vertreter der
Zurschaustellung von Raketen, die mit
Atomsprengköpfen bestückt werden
könnten, beiwohnten, werten Beobach-
ter als Signal, dass Russland und China
die atomare Aufrüstung Nordkoreas
dulden. „Die Botschaft ist klar: Kim hat
die Unterstützung zweier mächtiger re-
gionaler Partner“, schrieb der Nordko-
rea-Forscher Ankit Panda auf X, ehe-
mals Twitter. Im Sicherheitsrat der
Vereinten Nationen hatten Russland
und China zuletzt von westlichen Staa-
ten geforderte Resolutionen gegen
Nordkorea blockiert.
In einer Rede vor Kim und den aus-
ländischen Gästen warf der nordkorea-
nische Verteidigungsminister Kang
Sun-nam den Vereinigten Staaten vor,
zusammen mit den „Handlangern“ in
Südkorea den Plan für einen Atomkrieg
voranzutreiben. „Die Frage ist nun
nicht mehr, ob auf der koreanischen
Halbinsel ein Atomkrieg ausbrechen
Jubel für Waffen: Eine Drohne rollt am Donnerstag durch Pjöngjang
Mitteilung, dass Putin nicht zum
BRICS-Gipfeltreffen im August in Jo-
hannesburg anreisen, sondern virtuell
daran teilnehmen werde.
Für Gesprächsstoff sorgte in Sankt
Petersburg das Geschenk eines Hub-
schraubers an Simbabwes Präsident
Emmerson Mnangagwa. Putin wies am
Freitag darauf hin, dass die Situation in
vielen Regionen Afrikas instabil sei.
Russland biete Hilfe bei der Bekämp-
fung dieser Bedrohungen an. „Wir sind
an einer engen Zusammenarbeit zwi-
schen den Ordnungskräften, Sicher-
heitsstrukturen und Spezialeinheiten
der Russischen Föderation und den af-
rikanischen Ländern interessiert“, sag-
te Putin. Russland habe bereits mit
mehr als 40 afrikanischen Staaten Mili-
tärabkommen geschlossen. Zudem er-
hielten sie ein breites Spektrum an
Waffen und Technik, sagte Putin. „Ein
Teil dieser Lieferungen läuft auf einer
unentgeltlichen Grundlage mit dem
Ziel einer Stärkung der Sicherheit und
der Souveränität der Staaten.“
Die Reaktionen auf das Gipfeltreffen
auf dem Kontinent sind bisher zurück-
haltend. Einige Kommentatoren erin-
nerten daran, dass die kostenlosen Ge-
treidelieferungen an sechs Staaten
nicht das Hauptproblem afrikanischer
Staaten lösten, den abermaligen An-
stieg der Getreidepreise auf dem Welt-
markt. Der prominente simbabwische
Journalist Hopewell Chin’ono schrieb
in den sozialen Medien, Russland hätte
Simbabwe lieber Röntgengeräte und
Maschinen für die Strahlentherapie
gegen Krebs schenken sollen statt eines
Hubschraubers. „Das ist so, als ob man
zu einem reichen Freund geht und er
einem eine teure Flasche Whisky
schenkt, wenn die Kinder mit leerem
Magen ins Bett gehen.“
17 Staatschefs waren nach Sankt Pe-
tersburg gereist, weniger als halb so
viele wie noch zum ersten Russland-
Afrika-Gipfel 2019 in Sotschi. Die Prä-
sidenten wichtiger Staaten wie Nigeria,
der Demokratischen Republik Kongo
und Kenia hatten ihre Teilnahme abge-
sagt. Vor vier Jahren hatte der Kreml
den Abschluss von Verträgen in einer
Höhe von 12,5 Milliarden Dollar ange-
kündigt, wobei es sich vor allem um
Absichtserklärungen handelte. Einige
bezogen sich auf schon existierende
Abkommen im militärisch-technischen
Bereich. Das wohl größte zivile Pro-
jekt, das seitdem angegangen wurde,
ist der Bau eines Kernkraftwerks in
Ägypten.
wird, sondern vielmehr, wer ihn wann
und wie beginnen wird“, sagte er wei-
ter. Die Verbündeten hätten eine
„selbstzerstörerische Entscheidung ge-
troffen, die ihr Schicksal besiegeln
wird“. Machthaber Kim wandte sich,
anders als bei vergangenen Paraden,
nicht an die Zuschauer.
Zu Beginn der Übertragung zeigte
das Staatsfernsehen eine Drohne im
Flug über den Kim-Il-sung-Platz, über
den die Parade führte. Zuschauer wink-
ten der Drohne mit nordkoreanischen
Fähnchen zu. Am Vortag hatten die
Staatsmedien über zwei neue Drohnen-
modelle berichtet. Beobachter wiesen
laut südkoreanischen Medien darauf
hin, dass sie den amerikanischen Mo-
dellen MQ-9 Reaper und RQ-4 Global
Hawk ähnelten. Letzteres Modell wird
auch von der südkoreanischen Armee
verwendet. Der südkoreanische Militär-
experte Shin Jong-woo äußerte gegen-
über der Nachrichtenagentur Yonhap
die Vermutung, Nordkorea könne das
Modell kopiert haben mit der Absicht,
dass es bei einem möglichen Einsatz in
Südkorea schwerer als feindliche Droh-
nen zu identifizieren sei.
Anlass der Parade war der 70. Jahres-
tag der Unterzeichnung des Waffenstill-
standsabkommens zwischen den Partei-
en des Koreakrieges. Nordkorea feiert
den 27. Juli als „Tag des Sieges“. Der
Krieg wurde jedoch formal nie durch
ein Friedensabkommen beendet. asch.
Foto KCNA/AFP
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Brände in
Griechenland
eingedämmt
F.A.Z. FRANKFURT. In Griechen-
land sind die Brände in allen Regio-
nen des Landes unter Kontrolle ge-
bracht oder gelöscht worden. Dies hat
am Freitag der griechische Minister
für Bürgerschutz, Vassilis Kikilias, im
staatlichen Fernsehen mitgeteilt. Die
Einsatzkräfte seien aber weiterhin auf
„dem Kriegspfad gegen die Flammen“
auf den Inseln Rhodos, Korfu und Eu-
böa sowie in der Region Thessalien,
sagte eine Sprecherin der Feuerwehr.
Auch der Brand in einer Kaserne der
Luftwaffe in Nea Anchialos nahe der
Stadt Volos konnte inzwischen ein-
gedämmt werden. Das Feuer war am
Donnerstag ausgebrochen und hatte
mehrere Explosionen in einem Muni-
tionslager ausgelöst. Nach Angaben
der Küstenwache wurden am Abend
mehr als 130 Menschen aus der
Gemeinde in Sicherheit gebracht.
In den vergangenen zehn Tagen
sind in Griechenland 667 Wald- und
Buschbrände gezählt worden, knapp
50.000 Hektar Wald und Vegetation
gingen nach Schätzungen des Athener
Observatoriums in Flammen auf.
Fünf Menschen kamen ums Leben,
74 Feuerwehrleute wurden verletzt.
Mehr als 20.000 Menschen mussten in
Sicherheit gebracht werden. Laut
Ministerpräsident Kyriakos Mitsota-
kis muss Griechenland weitere Maß-
nahmen ergreifen, um die Folgen des
Klimawandels abzufedern. Dazu ge-
höre auch eine stärkere Prävention
gegen Waldbrände.
Im Süden Italiens lodern indes
noch immer Wald- und Flächenbrän-
de. Bislang kamen drei Menschen ums
Leben. Neben Sizilien ist abermals die
Region Apulien betroffen. In der Pro-
vinz Lecce im Salento im Süden der
Region erreichte ein Brand am Don-
nerstagabend einige Häuser und nä-
herte sich der Küste. In den sozialen
Medien kursierten Videos, wie Men-
schen vom Strand der Gemeinde
Ugento vor den Flammen flohen. In
langen Nachteinsätzen konnte die
Feuerwehr dort jedoch die kritischs-
ten Brände unter Kontrolle bringen.
Seit vergangenem Sonntag sind die
Feuerwehrleute in Süditalien zu mehr
als 3200 Einsätzen ausgerückt. Auch
in Sizilien ist die Feuerwehr weiterhin
im Einsatz. Vor allem der Norden
rund um die Hauptstadt Palermo ist
von den Bränden betroffen.
Michael Bamberg
geht in Ruhestand
rso. TÜBINGEN. Als Michael Bam-
berg 1988 eine Professur für Radio-
onkologie an der Universität Tübin-
gen antrat, konnte niemand wissen,
dass der Mediziner die Universitäts-
klinik vor allem politisch für mehr als
zwei Jahrzehnte prägen würde. Am
Donnerstagabend verabschiedete die
Universität Tübingen den 75 Jahre al-
ten Bamberg in
den Ruhestand.
Foto Uniklinikum Tübingen
Er war unter den
Leitenden ärztli-
chen Direktoren
der deutschen
Universitätsklini-
ken eine Ausnah-
meerscheinung:
Er führte das heu-
te zehntgrößte Universitätsklinikum
insgesamt 26 Jahre lang – menschlich
nahbar, mit hohem politischen und
diplomatischen Geschick sowie un-
erschütterlichem Optimismus.
Bamberg sitzt seit vielen Jahren für
die CDU im Kreisrat, blieb aber poli-
tisch ein unabhängiger Kopf. Auf der
Festveranstaltung bekam er den Titel
„Baumeister“ verliehen: Die neue
Augenklinik, das Nationale Zentrum
für Tumormedizin und ein weiteres
Zentrum zur Erforschung bösartiger
Tumore und ihrer Entstehungsbedin-
gungen durch Infektionen und Stoff-
wechselprozesse sind Bambergs Ver-
dienste. Der Arzt Bamberg war mit
der Gründung einer Fachgesellschaft
1995 daran beteiligt, die Radioonko-
logie als eigenständiges Fach in
Deutschland zu etablieren. Dass es in
Deutschland einen Nationalen Krebs-
plan gibt, die Behandlungsmethoden
in einem Dreistufenmodell reflektiert
werden, 60 Prozent der Krebspatien-
ten heute in zertifizierten Zentren
therapiert werden können, geht auch
auf Bambergs ärztliches Engagement
zurück. Der parteilose Oberbürger-
meister Boris Palmer teilte ihm am
Donnerstag mit, dass der Gemeinde-
rat ihn zum Ehrenbürger ernannt hat.
Nachfolger Bambergs wird Jens
Maschmann, der seit 2021 die gleiche
Funktion am Universitätsklinikum
Würzburg innehatte. Es gelte nun, die
Klinik von einem „Reparaturbetrieb“
auch zu einer auf Prävention orien-
tierten Institution weiterzuentwi-
ckeln. Ziel sei es, mit elektronischen
Überwachungstechniken die Vitalität
möglichst vieler Menschen lange zu
erhalten und chronische Erkrankun-
gen zu behandeln.
Deutschland und die Welt
Inzwischen mehr Privat- als Geschäftsmann: Michael Holm, der heute 80 Jahre alt wird, im Garten seiner Villa in Weilheim
Und nebenbei noch Schlagerstar
W
enn’s nur immer so einfach
wäre: Der Autor, im
Urlaub, hat eine Blockade
beim Texten. Also setzt er
sich ins Auto und fährt von Reit im Winkl
über die Autobahn zurück nach Mün-
chen. Der Weg führt bei Iffeldorf über
eine Brücke. „Und ich fuhr da so drüber“,
erzählt Michael Holm. Die Melodie, von
Rainer Pietsch komponiert, hatte er im
Kopf. „Brücke, Brücke. Ich kann eine
Brücke. Ein Lied kann eine Brücke.“ Das
war’s. Noch ein kurzer Stopp auf dem
nächsten Rastplatz, den Rest der Zeilen
aufschreiben – und fertig war das Lied
von Joy Fleming, mit dem die stimmge-
waltige Sängerin beim Eurovision Song
Contest (ESC) im Jahr 1975 dann aller-
dings gnadenlos unterging.
Sehr zum Verdruss nicht nur des Au-
tors: „Ein Lied kann eine Brücke sein“ ist
bis heute unter ESC-Fans Kult und gilt als
die deutsche Grand-Prix-Hymne über-
haupt. Doch warum reichte es dann nur
für den drittletzten Platz beim ESC in
Stockholm? Eine gängige Erklärung lau-
tet: Schuld daran war das überaus unvor-
teilhafte grüne Kleid, das Joy Fleming an
dem Abend trug und das sie später aus
Wut zerschnitten haben soll. „Unsinn“,
sagt Texter Michael Holm. „Deutschland
durfte in jenen Jahren noch keinen Sieger
stellen.“
Ein wenig Verbitterung ist bis heute
herauszuhören, wenn Michael Holm vom
Schicksal „eines meiner gelungensten
Werke, an dem ich beteiligt war“, erzählt.
Immerhin hatte selbst Frank Sinatra da-
nach noch Interesse an dem Lied in einer
englischen Version („A Bridge Of Love,
Across The Sea“) – verwarf diese Idee
dann aber doch. Vielleicht weil es die ers-
te klassische Disco-Produktion war, wie
Holm sagt. Zumindest in Deutschland.
Man könnte auch einfach sagen: Es war
ein Lied zur Unzeit, das in Europa nicht
ankam. Und Joy Fleming eine Urgewalt,
die die Juroren einfach überforderte. Das
wiederum lässt auch der Autor gelten.
Michael Holm hat zu sich nach Weil-
heim in Oberbayern eingeladen. Es gibt
Kaffee und Kuchen, den seine Frau Bea-
te, genannt „Bimbi“, beim Bäcker be-
sorgt hat. Bis zum ESC und Joy Fleming
Zwei Gruppenvergewaltigungen erschüttern Berlin
Ein tatverdächtiger Drogenhändler aus dem Görlitzer Park wird festgenommen / Von Markus Wehner, Berlin
In Berlin ermittelt die Polizei in zwei Fäl-
len mutmaßlicher Gruppenvergewalti-
gung. Eine der Taten hat sich im Görlitzer
Park im Ortsteil Kreuzberg ereignet. Dabei
sollen mehrere Männer, offenbar Drogen-
händler, eine 27 Jahre alte Frau vor den
Augen ihres gleichaltrigen Freundes ver-
gewaltigt haben. Das teilten Polizei und
Staatsanwaltschaft mit. Die Männer sollen
das Paar zuerst ausgeraubt haben, dabei
den Mann verletzt und zu Boden gebracht
haben, bevor sie die Frau vergewaltigten.
Zu der Tat kam es in den frühen Mor-
genstunden des 21. Juni. Polizei und
Staatsanwaltschaft äußerten sich aber erst
jetzt, nachdem am Donnerstag ein 22 Jah-
re alter Tatverdächtiger festgenommen
worden war. Bei dem Mann, der in Unter-
suchungshaft ist, handelt es sich um einen
Somalier, wie ein Sprecher der Staats-
anwaltschaft der F.A.Z. bestätigte. Zudem
fahndet die Polizei nach zwei weiteren Tat-
verdächtigen. Alle drei Personen sind we-
gen des Handels mit Rauschgift bekannt.
Für viele ist Michael Holm „Mr. Mendocino“.
Dabei war er als Texter, Verleger und
Produzent viel erfolgreicher.
Von Peter-Philipp Schmitt, Weilheim
ist es an diesem Nachmittag noch weit.
Erst einmal gilt es zu klären, als was Mi-
chael Holm sich sieht. „Autor, Sänger,
Verleger“, sagt er. Und fügt hinzu: „Es
kommt immer darauf an, wer mich
fragt.“ Dass er weithin nur als Schlager-
sänger wahrgenommen werde, störe ihn
überhaupt nicht. „Der Udo Jürgens hat
immer gesagt: Ich bin Schlagersänger.
And what’s good enough for Udo, is
good enough for me.“
Anders als Udo Jürgens war Holm aber
nur phasenweise Schlagersänger. Er war es
vor allem in den Sechziger- und Siebziger-
jahren, und er ist es jetzt wieder im Ren-
tenalter. Das unterscheidet ihn von einer
Reihe von Kollegen, die trotzig zu allen
Zeiten weitermachten. Bis zur völligen
Erfolglosigkeit. Gerade auch in den Acht-
zigern, als die Neue Deutsche Welle über
das Land hereinbrach und den Schlager
überrollte. „Ich fand das toll, was die jun-
gen Leute da machten, und ich wusste, das
kann ich nicht“, sagt Holm.
Holm hatte schon 1979 seinen eigenen
Musikverlag gegründet, mit einem auch im
Ausland allgemein verständlichen Namen:
Autobahn. Und zugleich auch ein Musik-
projekt, Cusco, dessen Instrumentalmusik
im Stile von New Age bis heute riesige Er-
folge vor allem in Japan, Südkorea und den
Vereinigten Staaten feiert. Allein dreimal
war Cusco für den Grammy nominiert, zu-
letzt im Jahr 2004 als „Best New Age
Album“. Anfang der Nullerjahre war aus
Holm aber auch schon wieder ein Schla-
gersänger geworden. Und das eher unbe-
absichtigt. Schuld daran war ein gewisser
Guildo Horn, für den Holm 1997 das
Album „Danke!“ produziert hatte. Das
wiederum führte zur ESC-Teilnahme
Horns 1998 und letztlich einem großen
Schlager-Revival, das auch Michael Holm
wieder auf die Bühne brachte.
Der Görlitzer Park gilt seit Langem als kri-
minalitätsbelasteter Ort. Dort verkaufen
vor allem afrikanische Dealer offen Dro-
gen. Mit einer größeren Polizeipräsenz ist
es bisher nicht gelungen, des Problems
Herr zu werden.
Eine weitere mutmaßliche Gruppenver-
gewaltigung sowie sexuelle Übergriffe hat-
te es in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni
am Schlachtensee im Südwesten Berlins
gegeben. Betroffen waren mindestens drei
Frauen. Dort sollen zunächst 50 bis 70 Per-
sonen in der Nacht an dem beliebten See
gefeiert haben, dabei soll es zu Prügeleien
gekommen sein. Anlass waren offenbar
die Übergriffe gegen die Frauen. Eine ver-
gewaltigte Jugendliche soll erst 14 Jahre
alt sein, wie die Staatsanwaltschaft bestä-
tigte. Im Zuge der Ermittlungen konnte
die Polizei die Namen von vier Tatverdäch-
tigen im Alter zwischen 14 und 19 Jahren
feststellen. Mitte Juli fanden Durch-
suchungen in deren Wohnungen statt. Die
Verdächtigen befinden sich weiter auf
„,Mendocino‘ habe ich vorgestern das
letzte Mal gesungen“, erzählt Holm. „Beim
Open R Festival in Uelzen.“ Da war er mit
Altstars wie Thomas Anders oder Boney
M. feat. Liz Mitchell, aber auch Jüngeren
wie Anna-Maria Zimmermann oder Ross
Antony, Teil des sogenannten Schlager-
Marathons. Einige Tausend Zuschauer
wollten auch ihn sehen, beim Inselfieber
in Oberhausen Anfang September werden
es sogar einige Zehntausend sein.
Musik war schon früh Holms Leben.
„Statt einem selbst gemalten Bild habe ich
meinen Eltern zu Weihnachten ein Lied
geschenkt.“ Holm lernte Querflöte, brach-
te sich das Gitarrespielen selbst bei. In der
Unterprima veröffentlichte er schon sein
erstes Album, und das nicht als Lothar
Bernhard Walter, sondern unter dem
Künstlernamen Michael Holm. „Ich wäre
sonst von der Schule geflogen“, sagt Holm.
„Michael“ wählte er, weil es ein Name ist,
den er schon immer mochte. Und Holm?
„Ich bin ein gebürtiger Stettiner und habe
eine gewisse Affinität zum Nördlichen.“
Und so nahm er den Holm etwa aus der
Insel Bornholm und wurde zu Michael
Holm. „Es klingt ja einfach auch gut.“
Holm wollte trotz musikalischer Ambi-
tionen Anwalt werden. Er studierte Jura in
Berlin, bis ihn der Erfolg überfiel, wie er
sagt. Nicht als Sänger, sondern als Autor
des Musikverlegers Peter Meisel und des-
sen Produktionsfirma Hansa. Mit Liedern
unter anderen für Howard Carpendale,
Erik Silvester, Siw Malmkvist und Petula
Clark. Sein erster Hit: „Irgendjemand liebt
auch dich“, den er zusammen mit Chris-
tian Bruhn für Roy Black schrieb. Neben-
her nahm Holm auch Gesangsstunden bei
dem ungarischen Tenor Ernest Garay.
Auf einen Hit aber musste der Sänger
Holm lange warten. Darum auch musste
ihn sein Freund Giorgio Moroder erst dazu
freiem Fuß, die Auswertung beschlag-
nahmter Datenträger dauert an. Nach An-
gaben der Staatsanwaltschaft hat der Fall
nichts mit der Vergewaltigung im Görlit-
zer Park zu tun. Zuständig für beide Fälle
ist die Ermittlungsgruppe „Calor“, spa-
nisch für Hitze, beim Landeskriminalamt
Berlin. An dem Tag der Vorfälle am
Schlachtensee war es besonders heiß.
Polizei und Staatsanwaltschaft rechtfer-
tigten sich nach Kritik in den Medien, dass
sie sich so lange zur Vergewaltigung im
Görlitzer Park nicht geäußert hatten. Um
Täter zu ermitteln, sei es oft wichtig, dass
sie nicht durch Berichterstattung gewarnt
würden, sagte der Sprecher der Staats-
anwaltschaft der F.A.Z. Auch gehe es um
Opferschutz. Wenn Ermittlungen und
Vernehmungen noch liefen, sei es nicht
hilfreich, wenn traumatisierte Opfer über
das Erlittene in den Medien lesen müss-
ten. „Wenn es eine akute Gefährdung
gegeben hätte, dann hätten wir Hinweise
erteilt.“ Das sei nicht der Fall gewesen.
Foto Thomas Dashuber
überreden, über das Mädchen in Mendo-
cino zu singen. Damals war es gang und
gäbe, erfolgreiche Lieder aus Amerika
oder England ins Deutsche zu übersetzen
und neu interpretieren zu lassen. Das
erwartete das deutsche Publikum sogar.
Oft waren die deutschen Versionen sogar
erfolgreicher als das Original, so wie im
Fall von „Mendocino“, das der Amerika-
ner Doug Sahm 1968 geschrieben hatte.
Für Holm war es der Durchbruch – auch
als Schlagerstar. Er wurde Dauergast in
der ZDF-Hitparade, die 1969 an den Start
ging. Die Schlagerwelt aber blieb ihm
irgendwie fremd. In seiner gerade erschie-
nenen Autobiographie „Rückkehr nach
Mendocino“ beleuchtet er diese scheinbar
heitere Welt auch kritisch: „Machotum mit
offenem Sexismus, verbale Gewalt und
Homophobie waren so allgegenwärtig wie
der Qualm der Zigaretten.“ Truck Branss
etwa, der Regisseur der Hitparade, habe in
jeder Sendung einen Künstler verbal hin-
gerichtet, erzählt Holm. Künstler wie der
nicht offen schwule Rex Gildo, der 1999
nach einem Auftritt in einem Möbelhaus
Suizid beging, sind letztlich wohl auch
daran kaputtgegangen. Holm wehrte sich.
„Branss habe ich gesagt, dass ich in mei-
nem kleinen Finger mehr Musikalität habe
als er in seinem ganzen Körper. Später
kam er dann und sagte: Du Arschloch.
Lass uns ein Bier trinken gehen.“
Nur einmal schaffte Holm es als Sänger
auf Platz eins in den deutschen Charts:
1974 mit „Tränen lügen nicht“. Danach
gab es noch ein paar Achtungserfolge. Was
wenige wissen: Als Texter gelangen ihm
Schlagerperlen, die bis heute auf fast jeder
Party und in jedem Festzelt zu hören sind:
etwa Rex Gildos „Fiesta Mexicana“, das er
mit Ralph Siegel schrieb. „Das wurde zeit-
weise so oft gespielt, dass ich alleine dafür
100.000 Mark im Jahr bekommen habe.“
Holm war ein Großverdiener. Auch als
Werbekomponist, etwa für den Jingle der
Dresdner Bank „Mit dem grünen Band der
Sympathie“. Er verdient aber auch heute
noch genug, unter anderem dank Cusco.
Singen müsste er längst nicht mehr. „Mei-
ne Frau sagt immer: ,Schatzelchen, solan-
ge du Spaß hast, machst du das.‘“ Und der
Schlagersänger Michael Holm, der an die-
sem Samstag 80 Jahre alt wird, hat Spaß.
Der Vorfall hat die Diskussion darüber
belebt, wie Sicherheit im Görlitzer Park
geschaffen werden kann. Laut Angaben
der Innenverwaltung auf eine Anfrage der
Linken-Fraktion im Berliner Abgeordne-
tenhaus kam es im ersten halben Jahr im
Park zu acht Fällen in der Kategorie „Ver-
gewaltigung, sexueller Übergriff oder se-
xuelle Nötigung“. Für eine Serie entspre-
chender Taten gibt es aber nach Angaben
der Staatsanwaltschaft keine Erkenntnis-
se. Immer wieder wurde vorgeschlagen,
den weitläufigen Park einzuzäunen und
nachts zu schließen. Die Gewerkschaft der
Polizei (GdP) regte an, dass es einen priva-
ten Sicherheitsdienst und „mehr Licht“ im
Park geben solle. Der CDU-Innenpolitiker
Burkhard Dregger sagte am Freitag, im
Park solle Videoüberwachung eingeführt
werden. Damit könnten erhebliche Erfol-
ge bei Ermittlungen erzielt werden. Der
neue Senat aus CDU und SPD hatte ver-
einbart, an kriminalitätsbelasteten Orten
Berlins Videoaufklärung einzuführen.
NR. 1 7 4 · SE I TE 7
SAM S TAG, 2 9 . J U L I 2 0 2 3
Autofrachter
in der Nordsee
brennt weiter
FRANKFURT. Zwar ist die Gefahr
noch nicht gebannt, aber die aktuellen
Entwicklungen geben Grund zur Zu-
versicht: Das Feuer auf dem seit
Dienstagnacht brennenden Auto-
frachter Fremantle Highway hat nach-
gelassen, auch die Temperatur an
Bord ist gesunken. Das teilte die nie-
derländische Küstenwache am Freitag
mit. Das 200 Meter lange Schiff befin-
de sich etwa 17 Kilometer nördlich
der Wattenmeerinsel Terschelling in
stabiler Lage. Mittels einer Notverbin-
dung sei der Frachter mit einem
Schlepper verbunden und könne in
Position gehalten werden. Am Freitag
sollte ein Flugzeug der Küstenwache
Aufnahmen machen und die Tempe-
ratur an Bord kontrollieren. Experten
des Bergungsunternehmens wollten
einen Plan erstellen, um das Schiff ab-
schleppen zu können.
Bisher ging man davon aus, dass 25
der 3783 Autos auf dem Frachter über
einen elektrischen Antrieb verfügen.
Die niederländische Nachrichten-
agentur ANP meldete allerdings am
Freitag, dass sich 500 Elektroautos an
Bord befinden könnten. Die Agentur
beruft sich auf Angaben des Unter-
nehmens K Line, das die Fremantle
Highway vom japanischen Reeder ge-
chartert hat. Was das für die Lösch-
arbeiten bedeuten könnte, ist aller-
dings noch unklar. Zwar gibt es
Hinweise darauf, dass das Feuer in der
Batterie eines Elektroautos seinen
Anfang nahm. Doch die genaue Ursa-
che ist weiterhin noch nicht bekannt.
Weil es im Inneren des Schiffs wei-
ter brennt, ist es für die Einsatzkräfte
schwierig, das Feuer zu kontrollieren.
Bisher waren die Temperaturen zu
hoch, um an Bord gehen zu können.
Nach Angaben von Lars Tober von der
Gesellschaft für Sicherheitstechnik
und Schiffssicherheit Ostsee sind aber
nicht allein die Lithium-Ionen-Akkus
dafür verantwortlich, dass das Schiff
noch tagelang brennen könnte. Tober
bestätigte am Freitag gegenüber der
F.A.Z. Angaben des ADAC zu den
Faktoren, die beeinflussen, wie stark
ein Auto brennt. Es komme darauf an,
wie viel Kunststoff in einem Fahrzeug
verbaut ist und nicht, ob es sich um
einen Verbrenner oder ein Elektro-
auto handele. Ein Lithium-Ionen-
Akku brenne ohne Kühlung maximal
20 bis 30 Minuten. Gerate ein Auto-
frachter in Brand, seien die wirkliche
Gefahr aber nicht die Elektroautos,
sondern das Schweröl, das aus dem
Schifftank austreten könnte.
Dass es im Fall des Frachters vor
der niederländischen Küste wirklich
dazu kommen könnte, hält Stefan
Krüger, Professor am Institut für Ent-
werfen von Schiffen und Schiffs-
sicherheit der TU Hamburg, derzeit
für unwahrscheinlich. „Die Außen-
haut des Schiffs scheint in Ordnung zu
sein und die Lage relativ stabil“, sagt
Krüger. „Wahrscheinlich werden die
Einsatzkräfte das Schiff einfach so
lange brennen lassen, bis die Tempe-
ratur niedrig genug ist, um es ab-
schleppen zu können.“ Die Gefahr
einer Umweltkatastrophe trete ein,
wenn ein struktureller Schaden an der
Außenhaut vorhanden sei oder das
Schiff sinke. Danach sähe es aber der-
zeit nicht aus. FELIX SCHWARZ
Kurze Meldungen
Laura Dahlmeier steigt auf
Die Nachricht klang begeistert: „Ab-
solut umwerfend“ sei der Pamir,
schrieb die frühere Biathletin Laura
Dahlmeier am Donnerstag auf Insta-
gram. Mit ihrem Bruder Pirmin habe
sie in dem Hochgebirge in Zentral-
asien den 7105 Meter hohen Pik Kor-
schenewskaja bestiegen, teilte sie mit,
begleitet von einem Gipfelbild der
beiden. Der dritthöchste Berg des ta-
dschikischen Pamir wurde 1910 vom
Geographen Nikolai Leopoldowitsch
Korschenewski entdeckt und nach
dessen Ehefrau benannt. Laura und
Pirmin Dahlmeier hoffen, dass noch
weitere Gipfelerlebnisse folgen:
„Drückt uns die Daumen“, schrieb die
29 Jahre alte Bergführerin. nle.
Russell Crowe erinnert sich
Nach Sinéad O’Connors Tod hat sich
der Oscarpreisträger Russell Crowe in
den sozialen Medien an eine Begeg-
nung mit der Sängerin in Irland erin-
nert. O’Connor verbrachte demnach
im Jahr 2022 einen Abend mit Crowe
und seinen Bekannten in einem Pub,
trank Tee und diskutierte über Politik,
Musik und die Benachteiligung indi-
gener Völker, etwa in Australien,
Crowes Heimat. „Ich bekam die Gele-
genheit, ihr zu sagen, dass sie zu mei-
nen Helden gehört“, twitterte er am
Mittwoch. O’Connor verabschiedete
sich schließlich mit einer Umarmung
und ließ Crowe und seine Begleiter
beeindruckt zurück: „Wir saßen da
und dachten, was für eine erstaunliche
Frau sie ist.“ ceh.
SE I TE 8 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Brutal
Von Peter Sturm
ie Todesgrenze liegt bei 15
D Gramm. Wer nachweislich so
viel oder mehr reines Heroin
mit sich führt, wird in Singapur auto-
matisch dem Henker übergeben. In
dieser Woche sind dieser brutalen
Praxis wieder mehrere Menschen
zum Opfer gefallen. Das sei, sagt die
Regierung des ob seiner sprichwört-
lichen Sauberkeit bei vielen hoch an-
gesehenen südostasiatischen Landes,
zur Abschreckung notwendig. Wenn
es aber darum geht, den „Erfolg“ der
Maßnahme zu dokumentieren, wird
die Regierung vage. Die Menge der
geschmuggelten Drogen sei seit der
Einführung der obligatorischen To-
desstrafe zurückgegangen, heißt es.
Wenn aber schon die Androhung der
schlimmsten aller Strafen nicht dazu
führt, dass der Schmuggel versiegt,
stellen sich nicht nur moralische Fra-
gen, sondern ganz praktische.
Moralisch begibt sich jeder Staat,
der die Todesstrafe praktiziert, auf
das Niveau derer, die er vom Leben
zum Tode befördert. Und bis heute
ist nicht belegt worden, dass die To-
desstrafe Kriminelle von ihrem Tun
abschreckt. Allerdings muss man lei-
der auch konstatieren, dass es bei
vielen Menschen ein diffuses Bedürf-
nis gibt, schwere Verbrechen mit
dem Tode zu bestrafen. Somit kön-
nen sich auch demokratisch legiti-
mierte Regierungen wie die in Japan
oder – mit leichten Einschränkungen
– Singapur darauf berufen, auch den
Willen des Volkes zu erfüllen, wenn
sie Menschen von Staats wegen um-
bringen. Aber die zivilisierte Welt
darf dazu nicht schweigen.
Die Hand reichen
Von Reinhard Müller
ollkommen zu Recht wird
V Russland international ge-
ächtet und sanktioniert –
jedenfalls von den Staaten, denen
Souveränität, territoriale Integrität
und das Selbstbestimmungsrecht der
Völker noch etwas bedeuten. Ange-
sichts des verbrecherischen Angriffs-
kriegs gegen die Ukraine ist es auch
richtig, Russland von sportlichen Er-
eignissen auszuschließen. Wenn rus-
sische Sportler dennoch eingeladen
werden, steht es jedem frei, damit auf
seine Weise umzugehen. Das ist
nicht einfach, geht es doch um die
sportliche Existenz.
Wer sich jedoch bereitfindet, mit
einer russischen Gegnerin die Klinge
zu kreuzen, und ihr ja dadurch schon
Respekt erweist, wie jetzt bei der
Fecht-WM, sollte auch die Größe zur
üblichen abschließenden Handrei-
chung haben. Deren Verweigerung
durch eine ukrainische Sportlerin
muss freilich nicht gleich mit der Dis-
qualifikation bestraft werden. Zu er-
innern ist aber auch daran, dass nicht
jeder Russe mit Putin gleichzusetzen
ist. Nicht nur, weil man irgendwann
wieder miteinander umgehen muss,
sondern weil wir auch im Angriffs-
krieg und vor dem Hintergrund des
Mordens menschlich bleiben müs-
sen. Die Ukraine lebt das auf dem
Schlachtfeld vor: Gefangene werden
in der Regel nach dem humanitären
Völkerrecht behandelt. Gerade weil
der Kreml sich nicht darum schert,
muss unsere Hand jedem Menschen
gegenüber ausgestreckt bleiben.
Sommerangebot
sichern und gewinnen
M
anchmal öffnen Kanzler
vor den Augen aller ihren
Instrumentenkasten und
erklären, was da so drin
ist. Olaf Scholz hat das kürzlich getan,
während der Sommerpressekonferenz.
Er sprach über die Klimapolitik seiner
Regierung, aber man darf annehmen,
dass das Prinzip, das er da formulierte,
von allgemeiner Gültigkeit für seine Ar-
beit als Kanzler ist. Es lautet: Jede Maß-
nahme der Regierung sollte so angelegt
sein, dass sie in einer Volksabstimmung
eine Mehrheit bekäme.
Sollte das die Maxime von Regie-
rungshandeln sein? Wie viele Gesetze
hätten seit der Gründung der Bundesre-
publik wohl eine Mehrheit in der Bevöl-
kerung bekommen, hätte man sie direkt
darüber abstimmen lassen? Und glaubt
Scholz, dass die bisherigen Maßnahmen
seiner Ampelregierung dieses Kriterium
erfüllten?
Aber dieser Satz von Scholz ist auch
sehr aufschlussreich. Weil er grundsätz-
lich formuliert, welche Methode und Ab-
sicht Scholz mit seiner Politik verfolgt.
Wie eine Schablone, die man über ein-
zelne Politikinhalte legen kann, wodurch
die Konturen deutlicher werden.
Nicht nur Scholz hat einen Instrumen-
tenkasten. Kanzler vor ihm haben früher
oder später ebenfalls das Besteck, mit
dem sie Politik machen, auf den Tisch
gelegt. Interessant ist der Vergleich vor
allem mit Angela Merkel und Gerhard
Schröder. Merkel war Scholz’ Vorgänge-
rin im Amt, er ihr Finanzminister. Ver-
mutlich kann man nicht überschätzen,
wie viel Scholz sich bei ihr abgeschaut
hat, wie intensiv er das Kanzlersein aus
nächster Nähe studiert hat. Merkel und
Scholz sind in unterschiedlichen Partei-
en, aber ähneln einander in ihrer ruhi-
gen, analytischen Art. Merkel formulier-
te ihren politischen Leitsatz
entsprechend bescheiden: als eine Poli-
tik der kleinen Schritte. Des Auf-Sicht-
Fahrens, und trotzdem ein Problem vom
Ende her zu denken.
Schröder war wie Scholz ein sozialde-
mokratischer Kanzler. Auch ihn erlebte
Scholz aus der Nähe, er war einige Zeit
Generalsekretär unter dem Parteivorsit-
zenden Schröder. Und doch sind sie ganz
unterschiedliche Politikertypen. Schrö-
ders Politik- und Führungsprinzip lässt
sich schwer in Worte fassen. Es war kein
theoretisches Konzept, es war eher kör-
perlich angelegt: Schröder betrieb Poli-
tik als Kampfsport, er benutzte brachiale
politische Gewalt, um seine Vorstellun-
gen durchzusetzen.
Jeder Regierungschef befindet sich in
einem Spannungsfeld aus Verändern
und Bewahren. Deutsche Regierungs-
chefs vielleicht besonders, weil die
Deutschen als durchaus zukunftsfreudig
gelten, aber Abenteuer und politische
Experimente in aller Regel ablehnen.
Der Wert der Sicherheit, in verschiede-
nen Ausprägungen, bestimmte lange
Strecken der Kanzlerschaft von Merkel,
und auch schon die von Scholz. Scholz
hatte direkt nach seinem Wahlsieg die
Parole ausgegeben, nun breche ein so-
zialdemokratisches Jahrzehnt an. Inzwi-
schen sagt er das nicht mehr. Was nach
Sicherheit einer auf Dauer angelegten
Herrschaft klingen sollte, hört sich für
viele Bürger jetzt womöglich eher nach
einer Drohung an.
Merkel und Scholz scheinen auf den
ersten Blick weite Teile ihres jeweiligen
Politikprinzips zu teilen. Doch gestartet
sind sie an unterschiedlichen Enden.
Merkel hatte vor ihrer ersten Kanzle-
rinnenschaft einen Veränderungswahl-
kampf geführt. Sie machte allerdings die
Erfahrung, dass der Umbau des Steuer-
und Sozialsystems bei den Wählern
schlecht ankam. Merkel zog daraus ihre
Schlüsse. Von nun an suchte sie den
Konsens, ihre Wahlkämpfe führte sie oh-
ne furchterregende Veränderungsan-
kündigungen.
Dass sich die Koalition aus SPD, Grü-
nen und FDP „Fortschrittskoalition“
nennt, verdeckt, dass zumindest die SPD
mit ihrem Spitzenkandidaten Scholz ei-
nen Wahlkampf des Bewahrens geführt
hatte – und damit an die späte Merkel-
Tradition anknüpfte. Das Leitmotiv für
6 Ausgaben der
Sonntagszeitung für
nur 6 Euro.
Lassen Sie sich inspirieren und erfrischen Sie Ihren Geist
in den schönsten Wochen des Jahres mit vielfältigen Themen
von Politik und Wirtschaft bis Leben und Reisen.
Zeitgeschehen
Wie regieren sie?
Ob Volkswille oder Politik
der kleinen Schritte: Kanzler müssen
ihren eigenen Stil finden.
Was haben die Führungsprinzipien
von Schröder, Merkel und Scholz
gemeinsam – und
was unterscheidet sie?
Von Mona Jaeger
Drei Kanzler 2005: Schröder regierte sehr anders als seine Nachfolger
Scholz im Wahlkampf war der Begriff
Respekt. Es ist ein schützender Begriff,
der dem Wähler sagen soll: Du bist in
Ordnung, wie du bist – mit deinem Be-
ruf, deiner Bildung, deinen politischen
Befürchtungen und Ängsten. Politischen
Ausdruck fand der Respekt vor allem im
Versprechen, den Mindestlohn auf zwölf
Euro zu erhöhen. Es war eine Maßnah-
me, auf die das Scholz’sche Diktum der
Volksabstimmung wohl sogar zutreffen
würde. Der Mindestlohn und seine (mo-
derate) Anpassung sind weitgehend un-
strittig.
Als Scholz noch Hamburger Bürger-
meister war, hat er den Satz formuliert,
der ihm inzwischen am häufigsten vor-
gehalten wird: Wer Führung bestellt, be-
kommt sie auch. Inzwischen muss man
annehmen, dass Scholz etwas anderes
unter Führung versteht als viele andere.
Beispiel Panzerlieferungen an die Uk-
raine: Kritiker in der FDP, der Opposi-
tion und den Medien warfen Scholz vor,
er helfe dem überfallenen Land zu zö-
gerlich – er führe nicht. Scholz hingegen
verstand seine abwägende Haltung, und
dass er sich nicht zu Handlungen treiben
lässt, als Ausdruck wahrer Führungs-
stärke. In der Logik von Scholz dürfte es
deswegen auch keinen Widerspruch ge-
ben zwischen dem postulierten Füh-
rungsanspruch und der Orientierung an
einem etwaigen Volkswillen.
Merkel musste rasch erkennen, dass
ihr Veränderungswille nicht nur
schlecht bei den Wählern ankam, son-
dern die Welt auch so schnell ins Rut-
schen geriet, dass die Krisenkanzlerin
retten musste, was zu retten war, ob bei
der Staatsschuldenkrise, der Wahl Do-
nald Trumps oder der Migrationskrise.
Foto Getty
Auch die Welt von Scholz geriet sehr
schnell ins Rutschen. Nur gut zwei Mo-
nate nach seiner Vereidigung überfiel
Russland die Ukraine, und der Kanzler
hielt vor dem Bundestag seine Zeiten-
wende-Rede. Aus der Botschaft des Be-
wahrens musste – zumindest auf dem
Feld der Sicherheitspolitik und der Aus-
stattung der Bundeswehr – eine Bot-
schaft der Veränderung werden.
S
cholz ging damit ins Risiko.
Merkel war nur in wenigen, ent-
scheidenden Momenten zum Ri-
siko bereit, wenn es nicht mehr
anders zu gehen schien – auch darin ist
ihr Nachfolger ihr ähnlich. Bei ihr war es
die Loslösung von Helmut Kohl, und
auch die Entscheidung, endgültig aus
der Atomkraft auszusteigen. Das war
dann nicht die Politik der kleinen Schrit-
te, sondern ein großer Satz.
Auffällig bei all diesen Entscheidun-
gen, bei Merkel wie bei Scholz: Sie wur-
den von den Kanzlern vorab nicht kom-
muniziert, die Öffentlichkeit, aber auch
die eigene Partei, Fraktion und Koalition
wurden überrumpelt.
Ausgerechnet dem Kanzler, der wohl
am meisten seinen Instinkten vertraute,
kann man bei seinem zentralen politi-
schen Projekt nicht den Vorwurf machen,
er habe alle überfallen. Denn Gerhard
Schröder hatte schon lange, sogar vor sei-
ner Zeit als Bundeskanzler, angekündigt,
die soziale Marktwirtschaft reformieren
zu wollen. Davon wollte man nur in der
SPD später nichts mehr hören, weil man
Schröder ja alles Sozialdemokratische an
seiner Politik absprechen wollte und die
Partei lieber als Opfer des Macht- und Me-
dienkanzlers betrachtete.
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FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Schröders Politiktyp wirkte viele Jah-
re aus der Zeit gefallen. Inzwischen sind
Machertypen wie er in einigen Kreisen
wieder populär – auch oder gerade weil
ihnen etwas Populistisches anhaftet.
Schröder hatte als Kanzler vermutlich
kein stringentes Politik- und Führungs-
prinzip. Er war das Prinzip und ließ die
Dinge weniger laufen als seine beiden
Nachfolger. Er sprang auf Themen,
wenn er sich etwas davon versprach. Sei-
ne Verantwortung als Politiker fand auch
Ausdruck in seinem Alleinunterhalter-
sein. Insofern war Schröder wohl am
nächsten dran am Volkswillen, und ließ
sich auch am ehesten von Umfragen und
Landtagswahlen beeinflussen. So kam
es nach der verlorenen Landtagswahl in
Nordrhein-Westfalen 2005 zu den Neu-
wahlen, die ihn das Amt kosten sollten.
Schröder hatte wohl eine Reihe von
Grundsätzen und Maximen, an denen er
sich so lange orientierte, bis sie der
Wirklichkeit nicht mehr standhielten.
Sein Blick war nicht von Illusionen oder
Ideologien verstellt. Schröder hatte
kaum Freude an konzeptionellem Den-
ken, ihm fehlte wohl auch die Geduld,
die Merkel und Scholz nahezu endlos zu
haben scheinen.
D
ie Verbindung zum Volk such-
te Schröder unmittelbar (Re-
gieren durch „Bild, BamS und
Glotze“). Da ist es fast konse-
quent, dass das Menschenfischerhafte
ihm in der eigenen Partei abging. Die
SPD hatte nie ein einfaches und nur sel-
ten ein gutes Verhältnis zu Schröder –
vor seiner Kanzlerschaft, währenddes-
sen und danach. Ausgerechnet die Agen-
da-Reformen wollte und konnte Schrö-
der der eigenen Partei und Fraktion
nicht vermitteln. Das überließ er ande-
ren: Franz Müntefering – und Olaf
Scholz. Das konnte nicht lange gut ge-
hen. Es musste der Punkt kommen, an
dem die Partei ihrem eigenen Kanzler
nicht mehr folgte.
Da liegen Vergleiche mit der Zeiten-
wende-Rede und -Politik von Scholz na-
he. Doch offenbar bemüht sich Scholz,
seine Politik besser intern zu vermitteln.
Auch der Druck der beiden Koalitions-
partner und der Opposition lassen die
SPD enger zusammenrücken. Selbst die
Parteilinke, die lange Zeit ein verklärtes
Russlandbild pflegte und große Zweifel
an der Sinnhaftigkeit einer gut ausge-
statteten Bundeswehr vor sich hertrug,
hat Scholz derzeit nicht zu fürchten.
Etwas haben die Politikprinzipien der
drei Kanzler gemeinsam: Mit ihnen soll-
te auf Dauer die Macht gesichert wer-
den, indem die politische Mitte besetzt
wird. Der Begriff tauchte bei Schröder
als „Neue Mitte“ auf, und Merkel knüpf-
te daran an, indem sie die CDU stark in
die Mitte verschob, dabei neue Wähler-
gruppen gewann und andere verlor.
Scholz stellt sich an den Platz, den Mer-
kel hinterließ. Man darf schon anneh-
men, dass er vieles aus dem SPD-Pro-
gramm gut findet, etwa eine Vermö-
gensteuer. Aber wird er sich als Kanzler
in einer Koalition dafür verkämpfen?
Eher unwahrscheinlich.
Scholz und einigen anderen in der
SPD geht es darum, kulturelle Hegemo-
nie zu schaffen. Der Begriff wurde von
dem marxistischen Intellektuellen Anto-
nio Gramsci geprägt, er wird inzwischen
aber von nahezu allen politischen Rich-
tungen verwendet. Es geht dabei um die
Produktion zustimmungsfähiger Ideen.
Merkel schaffte das, indem sie asymme-
trische Demobilisierung betrieb. Da-
durch stabilisierte sie zwar die Unions-
parteien einstweilen, schwächte aber vor
allem die andere Volkspartei SPD, und
nahm in Kauf, dass der Rechtspopulis-
mus in Deutschland deutlich erstarkte.
Ein Ergebnis dieser Politik ist derzeit
zu beobachten. Die AfD erlebt in den
Umfragen Höhenflüge, wird in erste kom-
munale Ämter gewählt. Olaf Scholz, der
aktuelle Bundeskanzler, für den die Ruhe
eine fundamentale Voraussetzung für al-
les Weitere ist, macht das augenscheinlich
nicht nervös. Entscheidend für ihn ist die
nächste Bundestagswahl, im Herbst 2025,
wenn das Prinzip Scholz auf die Probe ge-
stellt wird.
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Hafize Gaye ERKAN Foto Reuters
Erdoğans
Notenbankerin
Als die neue türkische Zentralbank-
chefin Hafize Gaye Erkan am Don-
nerstag verkündete, dass sie zum
Jahresende eine Inflationsrate von
58 Prozent erwarte, wurde das von
Marktbeobachtern positiv bewertet.
Zwar war es eine düstere Prognose,
aber diese dürfte der Realität viel
näher kommen als jene 22 Prozent,
die Erkans Vorgänger vorausgesagt
hatte. Die Glaubwürdigkeit der
Notenbank wiederherzustellen ge-
hört zu den wichtigsten Aufgaben
der früheren Wall-Street-Bankerin.
Ausländische Investoren hatten das
Vertrauen in die Institution ver-
loren, weil Präsident Recep Tayyip
Erdoğan wechselnden Zentralbank-
chefs seine desaströse Niedrigzins-
politik aufzwang.
Die Notenbank sei „komplett un-
abhängig“, versicherte Erkan am
Donnerstag. Es war ihr erster gro-
ßer Auftritt seit ihrer Ernennung im
Juni. Zweimal hat sie bisher den
Leitzins erhöht, allerdings deutlich
zaghafter, als Analysten angesichts
der Inflation für ratsam hielten. Das
lässt vermuten, dass Erdoğan der
obersten Notenbankerin eben doch
nur begrenzten Freiraum gewährt.
Erkans Inflationsprognose rückt
den Präsidenten in kein gutes Licht.
Sie machte deutlich, dass sein Wahl-
kampfversprechen, die Inflation auf
einen einstelligen Wert zu drücken,
für die nächsten zweieinhalb Jahre
unrealistisch bleibt. Viele Türken
fühlen sich betrogen, weil Erdoğan
direkt nach den Wahlen Umsatz-
steuern und Gebühren erhöht hat.
Die 44 Jahre alte Erkan hat eine
steile Karriere in den Vereinigten
Staaten hinter sich. Zuvor hatte sie
am renommierten „Istanbuler Jun-
gengymnasium“, in dem längst auch
Mädchen unterrichtet werden,
Deutsch gelernt. Sie wurde an der
Princeton University in Rekordzeit
promoviert und arbeitete in leiten-
der Funktion bei der Investment-
bank Goldman Sachs. Sie war
Ko-Vorstandschefin der First Repu-
blic Bank, die sie rechtzeitig genug
verließ, um nicht mit deren Nieder-
gang in Verbindung gebracht zu
werden. Laut der Nachrichtenagen-
tur Bloomberg sicherte sie sich bei
ihrem Ausscheiden Sonderzahlun-
gen von 23 Millionen Dollar. Zwi-
schenzeitlich gehörte sie dem Auf-
sichtsrat des Luxusschmuckanbie-
ters Tiffany an. Zuletzt leitete sie
den amerikanischen Immobilienfi-
nanzierer Greystone.
Erkan ist die erste Frau an der
Spitze der türkischen Zentralbank.
Erdoğan nannte sie in einer Rede
„unsere Schwester“. Sie ist verheira-
tet und hat laut türkischen Medien
einen kleinen Sohn. Am Freitag
stellte der Präsident ihr einen eben-
falls amerikanisch geprägten Stell-
vertreter an die Seite. Einen frühe-
ren Berater der amerikanischen
Notenbank Fed. Auch das dient
wohl der Operation Glaubwürdig-
keit. FRIEDERIKE BÖGE
PR23053
faz.net/angebot-sommer
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG Feuilleton NR. 1 7 4 · SE I TE 9
SAM S TAG, 2 9 . J U L I 2 0 2 3

H
alte mir den Jungen
nicht von der Arbeit
ab.“ So beginnt Martin
Walsers Roman „Die
Verteidigung der Kind-
heit“ aus dem Jahr
1991. Da war Walser schon vierundsech-
zig Jahre alt, und man konnte in diesem
Auftaktsatz, den eine Mutter zu ihrem
Mann über den gemeinsamen Sohn
spricht, leicht das Ideal seines Verfassers
wiedererkennen: Die Arbeit war Walsers
Leben, und niemand hatte das Recht, ihn
davon abhalten. Heute, nachdem er in ge-
radezu biblischem Alter gestorben ist,
kann man sagen, dass er gemäß dieser
Überzeugung auch bis zuletzt gehandelt
hat. Das war der Segen seiner Existenz
als Schriftsteller und bisweilen der Fluch
seiner Existenz als Mensch.
Bis 2022 ist über Jahrzehnte hinweg
zumindest jährlich ein neues Buch von
Martin Walser erschienen, das letzte hieß
„Das Traumbuch – Postkarten aus dem
Schlaf“. Man musste Sorge haben, als für
dieses Jahr kein neuer Titel angekündigt
war: Das Schreiben hielt ihn am Leben.
Das und die unbezwingbare Neugier auf
die Liebe: „Ich kann nur aus Liebe schrei-
ben. Liebe ist mein Hauptbeweggrund“,
hielt er 2015 fest.
Man hat oft gesagt, dass in Walsers
Figuren mit ihrer geradezu verzweifelten
Leidenschaft, die andere wiederum ver-
zweifeln ließ, vor allem er selbst steckte –
in den Männern genauso wie in den Frau-
en. Welche Enthüllungen die zweifellos
auch nach der jüngsten Biographie von
Jochen Hieber („Der Romantiker vom
Bodensee“, 2022) noch kommenden Le-
bens- und Werkbeschreibungen dieses
Autors, der die Bundesrepublik litera-
risch und politisch so geprägt hat wie
sonst nur seine beiden Generationskolle-
gen Günter Grass und Hans Magnus En-
zensberger (aber sie noch genauer beob-
achtet hat: die Bundesrepublik und
ebenso diese Generationskollegen), auch
in privaten Dingen bieten mögen – nichts
wird besser Auskunft über den liebenden
Menschen Walser geben als etwa sein
Debütroman „Ehen in Philippsburg“ aus
dem Jahr 1957, sein größter Erfolg, die
Novelle „Ein fliehendes Pferd“ von 1978,
oder Teile seines immer knapper werden-
des Alterswerks wie (natürlich) „Ein lie-
bender Mann“ (2008) oder „Das drei-
zehnte Kapitel“ (2012). Immer intensiver
hat Walser die Liebe beschworen, je
mehr sie ihm altersbedingt entglitt. Weil
ein Satz stimmt, den Susanne Klingen-
stein einmal über ihn geschrieben hat:
„Aus der Fülle des Nichthabens ent-
stehen Walsers Romane.“
Seine Essays dagegen, zeitlebens treue
Begleiter des fiktionalen Werks, ent-
standen aus der Fülle des Rechthabens –
in Walsers Augen: „Aber was soll ich ma-
chen, wenn ich es besser weiß, zumindest
anders weiß“, schrieb er 2002. Häufig
hatte er ja auch recht. Sein Aufsatz
„Unser Auschwitz“ anlässlich der Frank-
furter Prozesse, erschienen 1965, ist ein
bis heute gültiges Wort zur deutschen
Schuldfrage. Er endete hellsichtig: „Mög-
lich, es wird uns gegen Ende des Jahrhun-
derts wieder so langweilig, wie es den
feineren Menschen schon zu Jahr-
hundertanfang war. Am Ende kommen
wir wieder auf Ideen. Und das ist gern der
Anfang des Schrecklichen.“ Wie wahr.
1998 trug Walser in der Frankfurter
Paulskirche zum Dank für die Verleihung
des Friedenspreises des Deutschen Buch-
handels seine „Erfahrungen beim Verfas-
sen einer Sonntagsrede“ vor.
Diese Rede, die Walsers letztes Le-
bensviertel überschattet hat, ist gewiss
oft missverstanden worden, aber Walsers
argumentative Kunst bestand mittler-
weile vor allem darin, missverständlich
zu sein. Von der früheren Rücksichts-
losigkeit des Essayisten gerade sich selbst
gegenüber – man lese nur den kurzen
Geburtstagsgruß von 1982 an Heinrich
Böll – ist wenig geblieben; in der Pauls-
kirchen-Rede klang nunmehr dezidiert
das Credo auf, dass niemand das Recht
habe, ihn zu stören oder gar zu verstören:
„Möchte vergangen sein wie Schnee, / mitgeteilt dem See, / viele Male gefroren, viele Male getaut, / abwesend ohne Laut“: Martin Walser in Nußdorf, 2012.
Was aber an Unruhe
bleibt, stiften die Dichter
Sein Leben währte fast ein Jahrhundert lang, und alles, was die Literatur der
Bundesrepublik Deutschland ausmacht, hat er mitbestimmt. Er war umstritten
wie kein anderer Schriftsteller seiner Bedeutung, und er war zu jedem
Konflikt bereit und gewappnet. Doch unter der Rüstung steckte ein sensibler
Mann, der sich vor allem als Liebender verstand: Zum Tod von Martin Walser.
Seine fiktionale Prosa litt mit. Hatte sie
zuvor einen sachlich-eleganten Tonfall,
der mit dem von John Updike vergleich-
bar war (und dementsprechend auch im
Ausland Erfolg hatte), so wurde sie nun
traditioneller in dem Sinne, dass Walser
deutsche Stiltraditionen aus Romantik
oder Expressionismus aufnahm. Der
stark autobiographische Roman „Der
springende Brunnen“ war 1998 kurz vor
der Friedenspreisverleihung erschienen
und derart Fiktion in eigener Sache, dass
ihm das neue Pathos von Walsers Stil
einen Beiklang von Selbstgefälligkeit
gab. Trotzdem war er das letzte Groß-
werk des Schriftstellers, vom Umfang her
und auch in der Gunst des Publikums. Es
gab aber auch regelrechte Ausfälle, etwa
die Romanfarce „Tod eines Kritikers“ aus
dem Jahr 2002, in der leider ebenfalls er-
kennbar viel von Walser selbst steckte,
von seiner Empfindlichkeit, Selbst-
gerechtigkeit, Rachsucht, aber eben auch
wieder der Liebe, hier indes zur eigenen
Literatur, die er gegen einen vermeint-
lichen Verächter verteidigen zu müssen
meinte, der im Buch als jüdischer Kritiker
André Ehrl-König auftritt, in dem nur all-
zu leicht Marcel Reich-Ranicki zu erken-
nen war. Walser, dieser gewaltige Mann,
war überaus sensibel, was Widerspruch
anging, und weit mehr als persönliche
dem er als Hörspielredakteur beim Süd-
deutschen Rundfunk gearbeitet hatte und
für seinen Sender die wichtigste Kontakt-
person zur jungen deutschen Literatur-
szene geworden war, gelang ihm schließ-
lich mit „Ehen in Philippsburg“ ein
Sensationserfolg, der ihm auch den ers-
ten Hermann-Hesse-Preis der Stadt
Karlsruhe einbrachte, womit der literari-
sche Karriereweg geebnet war. Walser
beschritt ihn fortan energisch; Gerad-
linigkeit schätzte er, Rastlosigkeit war
ihm selbstverständlich. Den Büchner-
preis erhielt er 1981, der zeitweise erhoff-
te Nobelpreis blieb aus.
Foto Frank Röth
dementsprechend auch als ganz buch-
stäbliche Heimkehr, die ihren sichtbars-
ten Ausdruck in einer Buchvorstellung in
Überlingen am Bodensee fand, ganz nahe
am Wohnort Nußdorf, in einer Region, in
der Walser tief verwurzelt, aber auf sei-
nen zahlreichen Lesereisen kaum auf-
getreten ist. Das Kurhaus von Überlingen
platzte dementsprechend aus allen Näh-
ten, und die Erscheinung des großen
greisen Walsers am Lesepult hatte in der
Tat etwas von einem Propheten, der nun-
mehr wieder sicher sein durfte, im eige-
nen Lande etwas zu gelten.
Zwei Jahre später beging er seinen
neunzigsten Geburtstag mit einer Ver-
anstaltung im Stuttgarter Literaturhaus,
auf der die von dem Antiquar Heribert
Tenschert, dem engsten Freund der spä-
ten Jahre, veranstaltete neue Werkausga-
be vorgestellt wurde. Es wird Walser ge-
troffen haben, dass der Rowohlt-Verlag,
seit dem Weggang von Suhrkamp im Jahr
2004 – Grund war nicht zuletzt „Tod
eines Kritikers“ – seine neue publi-
zistische Heimat, ihm diese Bestätigung
seiner Lebensleistung verwehrt hatte;
nunmehr aber gab es eine bibliophil aus-
gestattete Edition zumindest für die
happy few. Was er acht Jahre zuvor in
Peking bei der Entgegennahme eines
Preises für die chinesische Übersetzung
seines Romans „Ein liebender Mann“
mit Blick auf seine Leser gesagt hatte:
„Das ist das Entscheidende: dass Litera-
tur eine Auskunft ist über uns selbst“,
das bemaß er nun nicht mehr nach einem
potentiellen (chinesischen) Publikum
von Millionen, sondern nur nach ein
paar Hundert.
Gedenkpolitiker
Von Hubert Spiegel
artin Walser ist tot. Wie
M wird die Nachwelt, wie wer-
den wir ihn in Erinnerung
behalten? „Solange etwas ist, ist es
nicht das, das es gewesen sein wird.“
So lautet der erste Satz von Walsers
autobiographisch grundiertem Ro-
man „Ein springender Brunnen“. Was
wird Walser nun, da er nicht mehr ist,
für uns gewesen sein? Sein program-
matischer Eröffnungssatz war auch
indirektes Bekenntnis zur Unschärfe
allen historischen Erinnerns. Also er-
innern wir uns. London, 2002: Walser
liest am dortigen Goethe-Institut. Vor
Veranstaltungsbeginn ist er schlechter
Stimmung, unleidlich, gereizt, aber
nichts davon lässt er das Publikum
spüren. Es liegt ihm zu Füßen, wie
schon so oft. Doch nach der Lesung ist
Walsers Stimmung erstaunlicherweise
noch viel schlechter. Warum? Es liegt
am Hotel. Walser ist im Carlton unter-
gebracht, aber zu seinem großen Är-
ger ist es kein sündteures Ritz-Carl-
ton, sondern irgendein anderes Carl-
ton, ein Londoner Feld-, Wald- und
Wiesen-Carlton. Jeder außer ihm, ist
Walser überzeugt, habe das vorher ge-
wusst. Der berühmte Autor ist tief-
gekränkt. Eine andere Erinnerung:
Ein Städtchen in Sachsen im Wahljahr
2005. Günter Grass ist noch einmal
für die SPD unterwegs. Der Ort ist we-
nig anheimelnd, das Hotel geradezu
schrecklich. Aber das Schlimmste
kommt erst noch: Für Grass wurde
kein Zimmer reserviert. Außer einer
jungen Auszubildenden ist niemand
im Haus. Günter Grass? Nobelpreis-
träger? Sagt ihr nichts, nie gehört. Der
örtliche SPD-Kandidat verliert die
Geduld und wird laut. Sofort schnei-
det Grass ihm das Wort ab und tröstet
die verschreckte Auszubildende: Alles
werde sich klären, und bis dahin sei er
zufrieden, wenn er einen Kaffee und
ein Stückchen Kuchen bekommen
könne. Grass ist hochzufrieden, er hat
die Prüfung glänzend bestanden. Aber
gilt das auch für seine Begleiter?
Grass schaut sie der Reihe nach an:
Ob sie die souveräne Demonstration
nobelpreiswürdiger Bescheidenheit
wohl hinreichend zu würdigen wis-
sen? Der Tiefgekränkte, der Hoch-
zufriedene, der Impulsive, der aus aus-
gestellter Kränkbarkeit Energie und
moralisches Kapital gewann, und der
Kontrollierte, der seine Kräfte bün-
delte, um sie umso gezielter einsetzen
zu können, wenn es ihm wichtig er-
schien. Literaturbetriebsmachtmen-
schen, oh ja, das waren sie beide, und
beiden war ihr Nachruhm keineswegs
egal. Während Walser jahrzehntelang
Selbstaussage auf Selbstaussage häuf-
te, ein unermüdlich Schürfender in
der Mine der eigenen Seele, dachte
Grass institutionell und symbolpoli-
tisch, gründete Stiftungen, unterstütz-
te Dichterhäuser. Ein Hotelname war
nicht wichtig, wichtig war der direkte
Zugang vom selbsterrichteten Grass-
Haus in Lübeck zur benachbarten Ge-
denkstätte für Willy Brandt, die von
der Bundesrepublik betrieben wird.
Bislang gibt es kein Martin-Walser-
Haus. Falsch, würde Walser jetzt sa-

„Je bekannter ein Schriftsteller wird, des-
to mehr gilt er als zuständig für dies und
das und auch noch für das. Zuständig ist
er aber nur für sich selbst und auch das
nur, wenn er sich das nicht ausreden
lässt; und gerade dadurch, dass er nur für
sich selber zuständig ist, kann er brauch-
bar werden auch für andere, weil eben
das Wichtige nur wichtig ist, weil wir es
alle gemeinsam haben; diese Brauch-
barkeit kann aber nicht angestrebt und
nicht bedient werden; sie ergibt sich nur
in der unschuldig schönsten Zusammen-
arbeit der Welt: Das ist die zwischen
Autor und Leser.“ Eine Zusammenarbeit,
die definitionsgemäß in Isolation von-
einander stattfindet.
Dabei war es doch Walser selbst ge-
wesen, der sich in den Sechzigerjahren
politisch engagiert hatte, für Willy
Brandt und Vietnam und eben dies und
das und auch noch für das. Der solipsisti-
sche Rückzug erfolgte dann nicht zufällig
nach der deutschen Wiedervereinigung,
die Walser euphorisch begleitet hatte –
„Die Verteidigung der Kindheit“ ist das
schönste literarische Zeugnis dafür –, ehe
er in den Neunzigerjahren von der ent-
täuschten und deshalb für ihn so ent-
täuschenden Stimmung in Deutschland
abgestoßen wurde, speziell publizistisch.
1994 spottete er: „Von gelegentlichen
Besuchen in deutschen Feuilleton-Quar-
tieren weiß ich, dass man in diesen
Räumen da, wo wir Vorhänge haben,
Schwärme schwarzer Raben hin und her
fliegen lässt, um das im Übrigen glänzen-
de Dasein ein bisschen eindüstern zu
können.“
Bilder und Zeiten
im E-Paper
Susan G. Pedersen: Was der Krieg
um Abessinien von 1935/36 uns über
den heutigen in der Ukraine lehrt
Stefan Müller-Doohm: Leben in
einem Bild von Max Beckmann
Susanne Klingenstein: Max
Weinreichs Pionierleistungen für die
jiddische Sprachforschung
Andreas Mayer:
Balzacs seltsame
„Opium“-Erzählung
www.faz.net/
bilder-zeiten
Attacken verletzten ihn Angriffe auf das,
was er mehr und mehr als das Ureigenste
seiner selbst ansah: die Texte.
Mit ihnen versuchte er auch, die Wun-
den zu heilen, die man ihm schlug, aber
sie vernarbten nur oberflächlich. Wenn
man liest, was Walser 1980 über Reich-
Ranicki geschrieben hat, vier Jahre nach
dessen harscher Kritik am Roman „Jen-
seits der Liebe“, dann wünschte man
sich, der Schriftsteller hätte konsequent
danach gehandelt: „R-R rennt mir im
Traum nach und will mit mir reden. Ich
bin schon fast versucht, darauf einzuge-
hen. Aber ich spüre: Wenn ich mit ihm
rede, rede ich mit ihm wie immer. Alles,
was er mir getan hat, löst sich dann auf in
ein intellektuelles Hin und Her. Es ist
dann nur noch eine Frage, wer mehr
recht hat, er oder ich. Eine Frage also,
wer besser formulieren kann. Und darum
kann es nicht gehen, das merke ich noch
rechtzeitig und renne fort.“
Aber Weglaufen war für Martin Walser
auf Dauer keine Option. Der 1927 in
Wasserburg am Bodensee geborene Sohn
einer Gastwirts- und Obsthändlerfamilie,
der im Alter von zehn Jahren schon den
Vater verloren hatte, wurde Flakhelfer
und für die letzten Monate noch Soldat
im Zweiten Weltkrieg, in dem der ältere
Bruder bereits gefallen war. Die Erfah-
rung des doppelten Verlusts, auch des
Existenzkampfs der Familie nach Kriegs-
ende, bestimmte den unermüdlichen
Arbeitseinsatz des späteren Schrift-
stellers ebenso wie seinen unbedingten
Einsatz für die literarische Moderne. Pro-
moviert wurde er über Kafka, und nach-
I
m neunten Lebensjahrzehnt
entdeckte Walser die Meta-
physik für sich. Die Novelle
„Mein Jenseits“ von 2010 ist
das Meisterstück seines „Spät-
dienstes“, wie er 2018 ein Buch
mit Aufzeichnungen betitelte, damit
aber vor allem seine nimmermüde
Pflichterfüllung als nunmehriger Nestor
der deutschen Literatur meinte. In „Mein
Jenseits“ wurden die langjährigen The-
men Martin Walsers, die Liebe, die
Kunst, die Literatur, die Philosophie,
noch erweitert durch die Religion. Das
war der Auftakt zu einer kleinen Serie
von Romanen wie „Muttersohn“ oder
„Das dreizehnte Kapitel“, aber auch der
Aphorismensammlung „Meßmers Mo-
mente“, die sich mit theologisch-christli-
chen Fragen beschäftigten. Und als hätte
Walsers Literatur doch einmal Umwege
eingeschlagen, führte ihn diese Beschäf-
tigung über die Motive des Alten Testa-
ments zu dem 1917 gestorbenen jiddi-
schen Schriftsteller Sholem Yankev
Abramovitsh, dessen Werk er als Paralle-
le zum eigenen entdeckte.
2015 widmete Walser dieser Ent-
deckung sein letztes großes Buch: „Shme-
kendike blumen – Ein Denkmal/A der-
monung für Sholem Yankev Abramo-
vitsh“. Damit streckte er auch die Hand
aus zu den unverändert zahlreichen Kriti-
kern seiner Friedenspreisrede. Er in-
szenierte seine Lektüre von Abramovitsh
aber zugleich als Rückkehr zu den Wur-
zeln der ihn unverändert faszinierenden
Literatur von Kafka, als Erfahrung einer
Unio mystica mit dem eigenen Volk und
Als am Bemerkenswertesten aber
empfand Walser in Stuttgart, dass er kurz
zuvor einige Tausend Euro im Lotto ge-
wonnen hatte. Seine Triumphe wurden
immer privater, immer egozentrischer,
und so auch die letzten Bücher. Die Öff-
nung, die die essayistische Respektsbe-
kundung für Abramovitsh verheißen hat-
te, war keine; „Spätdienst“ (2018) etwa
sammelte im Guten wie im Schlechten
noch einmal bruchstückartige Bekennt-
nisse seiner thematischen Obsessionen
aus fünf Jahrzehnten, „Das Traumbuch“
von 2022 Notate dessen, was Walser im
Schlaf geschenkt wurde. Und sein letzter
noch zu Lebzeiten publizierter Text, er-
schienen vor einem Jahr in der Wochen-
zeitung „Die Zeit“, galt der Aussicht auf
die Zeit nach seinem Tod. Wenigstens
eines soll da bleiben wie zu Lebzeiten:
Der Schlussabsatz hob selbstbewusst an
mit der Feststellung „Der Neid ist die
höchste Form der Bewunderung“.
Martin Walser starb in der Nacht auf
den gestrigen Freitag. Er wurde sechs-
undneunzig Jahre alt. Er publizierte mehr
als fünfzig Bücher. Das sind kalte Zahlen.
Was bleiben wird, ist seine heiße Leiden-
schaft. „Wo dieser Tote jetzt hingehörte,
wussten die Vertrauten, auch ohne dass
ein Testament es befahl“, heißt es am En-
de der „Verteidigung der Kindheit“. Der
Held dieses Buches wird in Berlin be-
erdigt, Martin Walser dagegen seine letz-
te Ruhe im heimischen Nußdorf finden.
Aber der Ort, wo er weiterleben wird, ist
die deutsche Literaturgeschichte: als
einer ihrer größten Kraftspender. Und
Unruhestifter. ANDREAS PLATTHAUS
gen. Denn für ihn war jedes Haus, in
dem seine Bücher gelesen wurden, ein
Martin-Walser-Haus.
St. Egidien
bleibt zu
Die Nürnberger Ausstellung „Jesus
liebt“ mit Bildern Rosa von Praun-
heims (F.A.Z. von Donnerstag) wird
nicht wiedereröffnet. Der geschäfts-
führende Pfarrer Martin Brons von
der Kirchengemeinde St. Egidien und
St. Sebald begründete die einstimmig
getroffene Entscheidung so: „Die Auf-
gabe der Kirche ist es, in der Kraft des
Evangeliums zu einen, zu heilen und
zu versöhnen. Wir bedauern sehr, dass
die Ausstellung das Gegenteil bewirkt
hat. Wir (...) müssen erkennen, dass
die Themen derzeit nicht angemessen
kommuniziert und diskutiert werden
können.“ Die Schau war am 25. Juli
aufgrund von Protesten gegen sexuell
explizite homoerotische Bilder ge-
schlossen worden. Der Förderverein
Christopher Street Day Nürnberg lob-
te den Mut der Gemeinde, die Aus-
stellung überhaupt zu zeigen. Brons
betonte, der Kirchenvorstand sei da-
von überzeugt, „dass eine Diskussion
über Homosexualität und Kirche, über
Queerness und weiterführende Fra-
gen zur Sexualität in der Kirche ge-
führt werden muss“. F.A.Z.
SE I TE 1 0 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
M Die Rache der Seehasen
it Wien werden Tho-
mas Bernhards Werk
und Leben gemeinhin
nicht assoziiert, eher
mit Traunstein, Salz-
burg und Ohlsdorf. Nur so ist zu erklä-
ren, dass es dieses Buch nicht schon
längst gibt: „Thomas Bernhards Wien“
beleuchtet in zweihundert alphabeti-
schen Stichwörtern von Akademiethea-
ter bis Zwölf-Apostel-Keller die – natur-
gemäß – ambivalente Beziehung des
österreichischen Nationalschriftstellers
und Staatsfeindes zu seiner Hauptstadt.
Am Ende des sogenannten Skandalro-
mans „Holzfällen – Eine Erregung“
(1984) gesteht der Erzähler, „daß dieses
verhaßte, mir immer verhaßt gewesene
Wien“ ihm „aufeinmal jetzt wieder doch
das beste, mein bestes Wien“ sei und
„daß diese Menschen, die ich immer ge-
haßt habe und die ich hasse und die ich
immer hassen werde, doch die besten
Menschen sind“, kurzum: „daß ich die-
ses Wien hasse und doch lieben muß“.
Auf dem Humus der bernhardschen
Wort- und Wertverdrehungskunst ge-
deiht in diesem handlichen Lexikon ein
üppiges topographisches Verzeichnis, in
dem die Menschen als handelnde Perso-
nen nur über ihre Wohnadressen, Wir-
kungsstätten, Stammlokale und Auf-
trittsorte in Augenschein treten, wobei
ausgedachte und reale Mitwirkende in
schönster Harmonie koexistieren. So fi-
guriert die von Bernhard verehrte ältere
Kollegin Jeannie Ebner unter den Lem-
mata „Schüttelstraße“ (als Gastgeberin)
und „Kaisermühlen“ (als Spaziergenos-
sin jenseits der Donau), während die
„Billrothstraße“ auf ihr literarisches
Pendant in „Holzfällen“ verweist: Jean-
nie Billroth, die der Erzähler als Virginia
Woolf von Wien verspottet – er habe sie
einmal geliebt, würde sie nun aber
„schon länger als zwanzig Jahre“ has-
Martin Huber,
Wolfgang Straub:
„Thomas Bernhards
Wien“.
Korrektur Verlag,
Mattighofen 2023.
326 S., Abb., geb., 29,– €.
sen. Das reale, jedenfalls vertraute Ver-
hältnis zur heute nahezu vergessenen
Mentorin Jeannie Ebner spiegelt sich
wiederum in einem bis dato unbekann-
ten „Blödel-Foto“.
Thomas Bernhard hat nicht nur seine
frühe Kindheit mit den Großeltern
Freumbichler in einer Wiener „Sub-
standardwohnung“ verbracht, er nutzte
von 1957 an ein Zimmer in der Döblin-
ger Wohnung seiner „Lebensfreundin“,
der im Werk auch als „Tante“ aufschei-
nenden begüterten Hofratswitwe Hed-
wig Stavianicek. Neben „Holzfällen“,
der Rückschau auf Bernhards erste Geh-
versuche auf dem Wiener Literaturpar-
kett, gehören „Wittgensteins Neffe –
Eine Freundschaft“ und der dem Kunst-
historischen Museum geweihte Roman
„Alte Meister“, zugleich Requiem für die
verstorbene Gefährtin, zu den Texten
mit starkem Wiener Lokalkolorit. Doch
auch die weniger populären Erzählun-
gen „Gehen“ und „Die Billigesser“ sind
konkret in der Wiener Straßenland-
schaft angesiedelt.
Jeder Eintrag des Kompendiums be-
ginnt mit einer historischen Informa-
tion. Dass Bernhards Wien-Texte einen
Zeitraum von 36 Jahren umspannen,
von einem Zeitungsartikel 1952 und der
daraus hervorgegangenen Erzählung
„Großer, unbegreiflicher Hunger“ bis
zum finalen Drama „Heldenplatz“, er-
fährt man in dem schmucken Buch
ebenso, wie dass das Wort „Wien“ im
gedruckten Werk mehr als achthundert
Mal vorkommt. Aber „Thomas Bern-
hards Wien“ punktet nicht mit Statistik,
sondern mit der ebenso reizvollen wie
ertragreichen Verknüpfung von Künst-
lerbiographie, Textanalyse und Stadt-
geschichte. Die Autoren, beide Germa-
nisten, die als Schüler Wendelin
Schmidt-Denglers gleichwohl mit Pfiff
und Witz zu schreiben verstehen, sind
dafür prädestiniert: Martin Huber als
Bernhard-Spezialist der ersten Stunde
Wenn die Laubbläser dröhnen
Von sehr vielen Geräuschen aller Lautstärken: Kai-Ove Kessler versucht sich an einer Weltgeschichte des Lärms
Es sind zuweilen Außenseiter des Fachs,
die sich an die schwierigen, aber anre-
genden Geschichten machen – an die Ge-
schichte des Todes und des Sex, der Gerü-
che und Gefühle. Und warum nicht an
eine Geschichte des Lärms? Der Journa-
list, Musiker und Historiker Kai-Ove
Kessler hat es gewagt: „Die Welt ist laut“
heißt sein dickes Buch.
Dass die Welt im zwanzigsten und
auch im neunzehnten Jahrhundert nicht
besser, aber lauter gewesen sei als heute,
darf als die wichtigste Einsicht gelten, die
der Autor gewonnen hat. Damals sei der
Lärm „brutaler“ gewesen: Die Autos zir-
kulierten ohne lärmdämpfende Auspuf-
fe, auf dem Kopfsteinpflaster ratterten
eisenbeschlagene Kutschenräder, im
Dorf hämmerte der Schmied, mitten in
der Stadt die Stahlpresse. Das Zeitalter
der Industrialisierung kannte weder
Lärmschutzwände noch Elektromobile
noch schalldichte Fenster, und noch im
achtzehnten Jahrhundert waren gesetz-
lich verordnete Ruhezonen und -zeiten
Ein bislang unbekanntes „Blödel-Foto“: Thomas Bernhard mit seiner Mentorin Jeannie Ebner
Kaffeehausaufsuchkrank
Heikle Stadt für einen Mann wie Thomas Bernhard: Ein profundes und klug
kommentiertes Buch nimmt sich Wiens als Lebensort des Schriftstellers an.
und einer der besten Kenner des Nach-
lasses, Wolfgang Straub als Fachmann
für Literatur und Tourismus und die
Netzwerke der Nachkriegszeit.
So schafft dieses mit Plänen, Fotos
und Registern vortrefflich ausgestattete
Buch dank stupender Werkkenntnis und
Recherchesorgfalt ein Myzel literari-
scher und biographischer Verweise, Zi-
tate, Motive. Es ist ein profunder Führer
durch Bernhards Œuvre, aber auch
durch die österreichische Hauptstadt
und ihre Geschichte. Die Straßen und
Plätze, Geschäfte, Kaffeehäuser und
Hotels, Theater, Museen und Spitäler
werden in Bernhards Lyrik, Prosa und
Dramatik nicht anschaulich beschrie-
ben, doch sie sind „mit Bedacht
gewählt“, sie repräsentieren nationale
Gedächtnisorte oder „Heterotopien“ im
Sinne Foucaults, abseitige Un-Orte wie
den Zentralfriedhof oder die „Irren-
anstalt“ Steinhof. In ihrem literarischen
Einsatz nimmt der „Raum-Schriftstel-
nahezu unbekannt. Wer lärmen wollte,
ob nun aus beruflichen Gründen oder
weil er betrunken war, der tat dies, auch
wenn die Nachbarn sich darob wiederholt
beschwerten.
Und noch eine Erkenntnis bietet Kess-
ler: Der organisierte Kampf gegen den
Lärm, der am Ende des neunzehnten
Jahrhunderts Fahrt aufnahm, doch lange
wirkungslos verpuffte, war meist ein
Klassenkampf. Es waren bürgerliche In-
tellektuelle, Schriftstellerinnen und
Künstler, die sich über die unzivilisierten,
viel zu lauten Werktätigen erregten, über
die Marktschreier, Milchfrauen und
Nachtschwärmer.
Hier könnte das originelle Thema, das
Kai-Ove Kessler gewählt hat, wirklich
interessant werden: Was wurde wann
und unter welchen Umständen und von
wem als „Lärm“ empfunden – und was
gerade nicht, sondern im Gegenteil als
Wohlklang, als „Musik in den Ohren“?
Diese paradoxe Dimension der Lärmge-
schichte entgeht dem Autor nicht völlig,
Literatur und Sachbuch
ler“ (Huber/Straub) oft eine kleine Ver-
schiebung gegenüber der realen Topo-
graphie vor. Wien-Klischees werden von
ihm zugleich bedient und widerlegt, der
„Kaffeehausaufsuchkrankheit“ seines
Alter Egos, dessen Leiden unter Kü-
chendunst und Zigarettenqualm, wird
das Café als Erholungsort gegenüberge-
stellt. Mit seinem großzügigen product
placement – vom Schuhmacher Scheer
und der Papierwarenhandlung Huber &
Morgen im Bücher-Podcast
Keine Angst vor der
Dunkelheit: Tilman
Spreckelsen und
Fridtjof Küchemann
über Sommerlektüre
für junge Leser
faz.net/buecher-podcast
wie sein Hinweis auf die soziale Dimen-
sion der Wahrnehmung akustischer
Emissionen belegt. Aber er hat es ver-
säumt, dazu vor dem Schreiben seines
Buchs ein paar konzeptionelle Überle-
gungen anzustellen.
Denn dieses handelt nicht von der Ge-
schichte des Lärms, sondern von der Ge-
schichte der mit der Erde und darüber hi-
naus verbundenen Geräusche vom
Urknall bis heute. Nur: Wer hätte den Ur-
knall überhaupt wahrnehmen können
(außer dem lieben Gott) und wer, ein paar
Milliarden Jahre später, den Wind, der
über die Savanne strich? Niemand. Also
ist es müßig, über Dezibel zu mutmaßen.
Und Bach und Beethoven galten den
Zuhörern und Zuhörerinnen im Konzert-
saal gewiss nicht als Lärm. Aber auch da-
von handelt das Buch. Als Musiker nimmt
der Autor lebhaften Anteil an der euro-
päischen Musikgeschichte. Einen Kom-
ponisten nach dem anderen lässt er, sie
fast wie im Lexikon mit ihren Lebens-
daten versehend, Revue passieren. Immer
Foto Korrektur Verlag
Lerner über den Juwelier Fischmeister,
die Konditorei Gerstner bis zum Nobel-
schneider Kniže – erscheint Bernhard
geradezu als Pionier der Pop-Literatur
oder eher: Snob-Literatur.
Die Grenze zwischen Kunst und Le-
ben scheint auch in der Exegese immer
wieder vorsätzlich verwischt: „Es ist
schwer vorstellbar, aber es gibt Men-
schen, denen eine Sachertorte nicht
schmeckt“, lautet der Kommentar der
Autoren – zu einer Bühnenfigur. Auch
gegenüber ihrem Gegenstand halten sie
wohltuende Distanz und zeigen, dass
das Autofiktionale bei Bernhard mit
Betonung auf „fiktional“ zu verstehen
ist. Der Gebrauch des Genderstern-
chens und dass Jeannie Ebner als
„Stammgästin“ des Cafés Raimund auf-
tritt, hätte dem rebellischen Konserva-
tiven wohl kaum gefallen. Aber wo
steht, dass sich eine intelligente Werk-
pflege nicht von ihrem Objekt emanzi-
pieren darf? DANIELA STRIGL
lauter seien die Orchester geworden, lernt
der Leser, bis zur Klimax bei Wagner.
Kesslers Lärmgeschichte ist eigentlich
eine Geräuschgeschichte, aber keine
Klanggeschichte, wie er einmal meint,
denn der Klang ist ein als angenehm
wahrgenommenes Geräusch. Diese
Lärmgeschichte ist zudem sehr deutsch,
Kai-Ove Kessler:
„Die Welt ist laut“. Eine
Geschichte des Lärms.
Rowohlt Verlag,
Hamburg 2023.
432 S., geb., 26,– €.
auch wenn etwa das im zwanzigsten Jahr-
hundert sehr laute New York, die in Japan
detonierenden Atombomben und auch
Indien und Afrika vorkommen. Dem im-
pliziten Anspruch nach ist das Buch eine
Weltgeschichte.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Ned Beaumans „Der gemeine Lumpfisch“ ist ein
düsterer Blick in die Zukunft – und ein großer Spaß
Eine Wespe, die ihr Ei in einer Spinne ab-
legt, welche daraufhin zombiehaft fern-
gesteuertes Verhalten zeigt und ein un-
gewöhnliches Netz aus wenigen, dafür
besonders stabilen Strängen webt, die die
aus dem Hinterleib der sterbenden Spin-
ne kriechende Wespenlarve zum Kokon
umbaut: Das klingt nicht wie das Tier, an
dem sich überzeugend begründen ließe,
dass das Artensterben dringend auf-
gehalten werden muss. Die Beweis-
führung der Intelligenzbegutachterin
Karin Resaint – solche Berufe gibt es in
Ned Beaumans „Der gemeine Lump-
fisch“ –, warum gerade ein so bizarr-
gruselig anmutendes Produkt der Evolu-
tion einen Eigenwert hat und sich der
Mensch mit jeder ausgerotteten Art am
Universum vergeht, ist allein schon ein
Grund, diesen Roman zu lesen.
Karin Resaint ist die einzige wider-
ständige Figur in der sehr wiedererkenn-
baren Welt einer nahen Zukunft, in der
alles eingetreten ist, was im Moment
noch düstere Prognose ist: Die Erde hat
sich um über zwei Grad erwärmt, Brän-
de, Überschwemmungen, Zoonosen sind
normal geworden, Nahrungsmittel wie
Kaffee dagegen selten. Das in unserer
realen Welt von 2023 im Schatten des
Klimawandels stehende Artensterben ist
im Aufmerksamkeitslevel nach oben ge-
schnellt, und wie mühelos Ned Beauman
das plausibel macht, zeigt, wie sehr er die
Krisenlagen unserer Tage durchdrungen
und weitergedacht hat. Die Chinesen ha-
ben versehentlich den Großen Panda
ausgerottet und der Verlust dieses pelzi-
gen Lieblingstiers hat die Menschheit
dann doch aufgeschreckt. Konferenzen
wurden einberufen, eine Weltkommis-
sion zur Bekämpfung des Artensterbens
eingesetzt. Zwölf Jahre später hat sich
der Markt die guten Vorsätze einverleibt
und als „Extinktionsindustrie“ wieder
ausgespuckt. Der Ablasshandel per „Aus-
löschungszertfikat“ hatte – der CO2-
Emissionshandel lässt grüßen – nie den
intendierten Effekt. Global agierende
Unternehmen zahlen bereitwillig den
Preis, den es hat, für das Verschwinden
einer Art verantwortlich zu sein. Über-
haupt wird das mit dem Aussterben nicht
mehr so eng gesehen, es gibt schließlich
Biobanken mit Tier-DNA für eine Rück-
kehr, wenn die Technik soweit ist.
Etwas unangenehm, weil teuer, wird es
für die Unternehmen nur, wenn sie eine
besonders intelligente Art verschwinden
lassen. Das festzustellen ist der Job der
Biologin Karin Resaint, die überzeugt ist,
im Zuge der Überprüfung eines Projekts
zum Abbau von Ferromanganknollen
eine der intelligentesten Spezies über-
haupt entdeckt zu haben: den Gemeinen
Lumpfisch, einen dicklippigen, etwas fra-
gend dreinschauenden Vertreter der Fa-
milie der Seehasen. Dummerweise zer-
stören falsch programmierte Roboter, die
die Knollen vom Meeresgrund sammeln,
dessen letztes Habitat in der Ostsee, be-
vor Resaint ihr Forschungsergebnis pub-
Ned Beauman:
„Der gemeine Lumpfisch“.
Roman.
Aus dem Englischen von
Marion Hertle. Liebeskind,
München 2023. 368 S.,
geb., 24,– €.
lik machen kann. Der Umweltverträg-
lichkeitskoordinator der verantwortli-
chen Tiefseebergbau-Firma wiederum,
ein Mittvierziger namens Mark Halyard,
hat einen ganz anderen Grund, am Fort-
leben des Fisches interessiert zu sein. Der
hat mit einem Bereicherungsversuch sei-
nerseits an den Auslöschungszertifikaten
zu tun, der Gefahr läuft aufzufliegen.
Sie will den Fisch retten, er seinen
Kopf, das ist der Ausgangspunkt für ei-
nen rasanten Roadtrip durch Nord-
europa. Stationen sind ein mit be-
drohten Tierarten vollgestopftes Natur-
Der deutsche Fokus indes wird nir-
gends so deutlich wie bei den vielen Er-
findern und Technikern, die der Autor
mit Hingabe vorstellt; alle die deutschen
Männer, die irgendein Gerät erfunden
haben, das sich bewegt und – gewollt
oder nicht – „Lärm“ produziert, allen
voran das Automobil. Über weite Stre-
cken liest sich das Buch wie eine kon-
ventionelle, biographisch angelegte
Technikgeschichte.
Der Autor schreibt flott und flüssig,
aber er übertreibt die Anschaulichkeit. Er
haut, um in seine Diktion zu wechseln,
permanent auf die Pauke. Ein Superlativ
folgt auf den anderen, der „lauteste Lärm
der Weltgeschichte“ (ein Vulkanaus-
bruch), ihr „erster Lärm“ (das Herstellen
des Faustkeils) und der „erste Führer-
schein der Weltgeschichte“ (ausgestellt
in Deutschland), der den Weg zum Auto-
lärm bahnte. Die meisten Lärmvorfälle
indes, die Kessler vorbringt, dürften die
meisten Menschen gar nie tangiert ha-
ben, nämlich alle, die auf dem Land in
schutzgebiet in Estland, dessen Inhaber
einen lukrativen Handel mit Aus-
löschungszertifikaten betreiben, ein fin-
nisches Lager für Gastarbeiter aus einem
Land, das nur noch Hermit Kingdom ge-
nannt wird, seit es sich durch seinen
Austritt aus der EU und seine Ab-
schottungspolitik in eine schlechte wirt-
schaftliche Lage gebracht hat, und eine
künstliche Insel, auf der Wohlhabende
komfortabel leben und Biotechnologie-
firmen unbeeinträchtigt von staatlichen
Regularien forschen.
Der achtundreißigjährige Brite Ned
Beauman, der mit seinem Roman „Egon
Loesers erstaunlicher Mechanismus zur
beinahe augenblicklichen Beförderung
eines Menschen von Ort zu Ort“ für den
Booker Prize nominiert war, hat die
Ned Beauman Foto Gary Doak/Laif
Gegenwart so sorgfältig studiert, dass sie
weich in sein dystopisches Morgen glei-
tet. Darin ist Realität, was an techno-
logieverliebten Problemlösungsideen
heute so herumgeistert. Projekte zur
baldigen Kolonisierung der Meere sind
en vogue, praktisch dabei auch, dass man
sich auf schwimmenden Inseln nicht um
den steigenden Meeresspiegel sorgen
muss. Künstlich erzeugte Meerwasser-
nebel, die Wolken so beeinflussen, dass
sie mehr Sonnenlicht reflektieren, gehö-
ren zum Repertoire des Geoengineering,
im Roman treiben entsprechende Konst-
ruktionen als riesige Wracks über die
Meere, sie haben dann doch eher Stürme
als Wolken produziert. Beauman hat sei-
ne KI-getriebene Hightech-Welt mit pral-
len Details angereichert, für die er ver-
blüffende Bilder findet. Einmal gibt es
aus künstlichem Gewebe erzeugtes und
mit einer Diamantklinge hauchdünn ge-
säbeltes Carpaccio – „es war, als wollte
man die Oberflächenspannung von
einem Glas Wasser essen“.
Entlang des gut geschnürten Plots ent-
faltet sich die wohl tiefgreifendste Ausei-
nandersetzung mit der moralischen Di-
mension des Artensterbens, die es in
einem Roman in letzter Zeit gab. Der
bequeme Allerweltstyp Halyard, dessen
kriminelle Energie sich sympathischer-
weise aus der Sehnsucht nach den un-
bezahlbar gewordenen Nahrungsmitteln
seiner Kindheit speist – das müssten die
Zwanzigerjahre des 21. Jahrhunderts
gewesen sein –, lässt sich von der kühl-
entschlossenen Karin Resaint gerne he-
rausfordern, die mit einem verzweifelten
Plan den Menschen die Augen öffnen
will.
„Der gemeine Lumpfisch“ ist zugleich
ein großer Spaß und von tiefer Melancho-
lie, die sich wie ein Schatten über die
Sommerhitze legen wird, in der man die-
ses Buch an einem trägen Urlaubstag le-
sen könnte. Aufgehellt nur von dem Ge-
fühl, dass, solange Autoren wie Beauman
uns unsere selbstzerstörerischen Umtrie-
be so klug vor Augen führen, die Hoff-
nung nicht verloren ist. PETRA AHNE
abgelegenen Dörfern lebten, ob nun in
Asien oder in Deutschland.
Die Superlative kombiniert Kessler mit
bunten, lautmalerischen, aber auch abge-
griffenen Wendungen: das emsige Trei-
ben der Mägde (das im ganzen Haus zu
hören war), das prasselnde Feuer, die
stampfende Lokomotive, die ratternde
Kutsche, kreischende Bremsen, das in der
Mauer krachend zum Stillstand gekom-
mene Auto. Sogar die Stille wird dröh-
nend laut. Irgendwann mag man das
nicht mehr lesen, auch nicht die Stilblü-
ten und die schiefe Grammatik, „das Ad-
renalin des Geschehens“, die Ziegelöfen,
die „prasselten, um erste Bauten aus
Stein zu errichten“.
Weniger wäre mehr gewesen: weniger
Stoff und historische Zeiten. Denn das
Thema ist gut gewählt und akut. Die Welt
mag zwar leiser geworden sein, aber sie
ist an vielen Orten noch immer so laut,
dass sie neuerdings sogar krank macht.
Auch von diesem Phänomen berichtet
Kessler. URS HAFNER
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Geschichte
ist jetzt
Der Dokumentarfilmer
Ken Burns wird siebzig
Wie in der Kunst gibt es auch im Film
Individuen, die der Form, in der sie
arbeiten, einen entscheidenden Ent-
wicklungsschub gegeben haben. Beim
Dokumentarfilm ist das der Amerika-
ner Ken Burns. Natürlich gab es auch
vor ihm schon Regisseure, die histori-
sches Bildmaterial, Fotografien, Dru-
cke und Gemälde, mit dem Auge der
Kamera gelesen haben – mit Zooms
und Schwenks auf Details, mit langsa-
men Fahrten über die Oberfläche und
fließenden Übergängen von einem
Bild zum anderen, meist mithilfe einer
Apparatur, die auf Englisch „rostrum
camera“ heißt und bei der das Doku-
ment so auf einem Tisch fixiert wird,
dass es von der darüber hängenden
Filmkamera wie eine Landschaft
durchstreift werden kann.
Aber erst Ken Burns hat dieses Ver-
fahren zur künstlerischen Erzählform
gemacht. Wobei „Kunst“ im Doku-
mentarfilmgenre ein problematischer
Begriff ist, denn hier geht es schließ-
lich um Wahrheit; bei Burns jedoch
kann man ihn nicht vermeiden. Nach
seinen frühen Filmen über die Brook-
lyn Bridge, die New Yorker Freiheits-
statue und den Kongress der Vereinig-
ten Staaten war es vor allem seine
neunteilige Dokumentation von 1990
über den Amerikanischen Bürger-
krieg, die ihn auch außerhalb seines
Heimatlands bekannt machte.
Denn so wie Burns hatte noch nie-
mand die visuelle Überlieferung zum
Sprechen gebracht – nicht nur
Schlachtengemälde und die gespensti-
schen Fotografien der Toten von Get-
tysburg und Chancellorsville, sondern
auch Porträt- und Alltagsfotos, Hand-
schriften und Zeitungsseiten von da-
mals. Sie alle verwob Burns mit Zita-
ten aus Briefen und Tagebüchern der
Zeitgenossen, Experten-Interviews,
neu eingespielten Traditionals und
Kriegsliedern und einer elegisch-sug-
gestiven Titelmelodie des Komponis-
ten Jay Ungar zu einem Klang- und
Bildteppich, der auch beim Wiederse-
hen im deutschen Fernsehen vor ein
paar Jahren nichts von seinem Zauber
verloren hatte. Dabei folgte Burns bei
„The Civil War“ wie bei den vielen an-
deren Dokumentationen, die er seit-
her gedreht hat, der Maxime, von al-
lem nur das Beste zu verwenden: Die
Texte werden von berühmten Schau-
spielern eingesprochen, das Bildmate-
rial stammt aus den großen Archiven
der Welt, und die Musik ist so aufwen-
dig produziert, dass selbst der Sound-
track zu der Bürgerkriegsserie in
Amerika zum Bestseller wurde.
Mit dem wachsenden Erfolg seiner
Filme geriet Burns freilich immer öf-
ter ins Visier öffentlicher Kritik. Dem
„Civil War“-Epos warf man vor, es las-
Ken Burns Foto Picture Alliance
se einem Historiker der Südstaaten zu
viel Redezeit, einer Dokumentation
über die Geschichte des Jazz kreidete
man rassistische Tendenzen an, und
über die vierzehnstündige Serie „The
War“ über den Zweiten Weltkrieg aus
amerikanischer Sicht hieß es, als sie
2007 ausgestrahlt wurde, sie gebe den
Erfahrungen der Latino-Einwanderer
zu wenig Raum. Dabei ist es nicht die
politische, sondern die ästhetische
Ebene, auf der Burns’ zweites großes
Kriegspanorama gelegentlich ins Stol-
pern kommt, weil es Bilder, die von
Propagandakompanien gemacht wur-
den, wie found footage behandelt.
Mit „The War“ und „The Vietnam
War“ (2017) ist Burns so etwas wie
der offizielle Dokumentarist der Ver-
einigten Staaten geworden. Dass sein
kritischer Blick dadurch nicht getrübt
wurde, zeigt der Dreiteiler über Ame-
rika und den Holocaust, den er letztes
Jahr herausgebracht hat. Darin entfal-
tet er in sieben Stunden das Drama
der Rassen- und Immigrationspolitik
seines Landes im frühen zwanzigsten
Jahrhundert, durch die Hunderttau-
senden europäischer Juden nach 1933
die Möglichkeit zur Einwanderung ge-
nommen wurde. „Geschichte“, hat
Ken Burns gesagt, „war nicht, sie ist.
Sie ist jetzt.“ Heute wird er siebzig
Jahre alt. ANDREAS KILB
Grasgeflüster, nur musikalisch berauschend: Figaro (Krzysztof Bączyk) belauscht Susanna (Sabine Devieilhe).
G
elegenheit macht Liebe.
Und wo ein Wille ist, ist
auch ein Gebüsch. In Wolf-
gang Amadé Mozarts Oper
„Le nozze di Figaro“ gibt
es Gelegenheiten in Hülle und Fülle. In
der Inszenierung von Martin Kušej bei
den Salzburger Festspielen gibt es am
Ende all der vielen Irrungen und Wir-
rungen der Liebe auch ein Gebüsch. Auf
kleinen Hügeln wuchert mannshoch das
Gras, in dem sich die Figuren suchen und
finden oder nicht finden.
Figaro ergeht sich in seinem Zürnen
über die vermeintlich untreuen Frauen.
Susanna kniet nieder und stimmt ihren
versöhnlichen Gesang an. Mächtige
Mannsbilder schleppen enthäutetes Wild
durchs nachtdunkle Gelände. Der Graf
bittet um Verzeihung für das Unverzeihli-
che: das wirre Ende einer dämlich-dürfti-
gen Posse, zu der Mozarts Oper aller
Opern her- und zugerichtet wurde, auch
durch Eingriffe in die Szene und die inne-
re Handlung der Rezitative. In den
deutschsprachigen Übertiteln werden die
hintersinnig-anspielungsreichen Texte
des Librettos im jedermännischen Boule-
vardstil dargereicht.
Während der Ouvertüre stehen elf tris-
te Figuren auf der Bühne und blicken mü-
de und träge ins Publikum. Sie bewegen
sich nur, um zur Zigarette oder zur Fla-
sche zu greifen. Der Ort des Geschehens
ist ein Hotel, dessen Räume im Verlauf
der Handlung hin- und hergeschoben
werden. Zu Beginn: rechts eine Bar, links
der Hauseingang. Er öffnet sich, es
knallt, ein Mann stürzt mit durchschosse-
ner Brust auf den Boden.
Während die hellwache Susanna in
der Bar den benommenen Figaro darü-
Die Staatsministerin ist betroffen und schaut zu
Mitarbeiter der Arolsen Archives erheben massive Mobbingvorwürfe gegen die Leitung der Behörde
Die Arolsen Archives in der gleichnami-
gen hessischen Kurstadt sind eine un-
scheinbare Institution mit einem großen
Auftrag. Sie sammeln alles, was man über
Opfer und Verfolgte des NS-Regimes in
Erfahrung bringen kann, und geben es an
Überlebende und Angehörige weiter. Vor
sieben Jahren übernahm die Französin
Floriane Azoulay die Leitung der Behör-
de und verordnete ihr einen Imagewech-
sel. Sie sollte nun nicht mehr nur archi-
vieren und restituieren, sondern sich auf
den sozialen Medien mit Hashtag-Kam-
pagnen präsentieren. Die neue Sichtbar-
keit war nicht jedermanns Sache. Unter
den Archivaren meinten nicht wenige, sie
halte sie von der eigentlichen Arbeit ab.
Azoulay kam als Modernisiererin und
ausgewiesene Expertin für Menschen-
rechts- und Diversitätsthemen nach Hes-
sen. Zuvor hatte sie eine Abteilung für
Toleranz und Antidiskriminierung bei
der OSZE geleitet. Inzwischen meinen
viele, dass ihr Führungsstil mit Respekt
und Toleranz nur wenig zu tun habe. In
einem Dossier, das der Rechtsanwalt Da-
niel Vogel Anfang März an die Bundesbe-
auftragte für Kultur und Medien schickte,
werfen mehr als 25 aktuelle und ehemali-
ge Mitarbeiter Azoulay und Vizedirektor
Steffen Baumheier vor, an dem Archiv
eine Kultur der Angst geschaffen zu ha-
ben. Mitarbeiter, heißt es in dem Schrei-
ben, würden systematisch drangsaliert.
Einer Kollegin sei beispielsweise die zu-
gesagte Festanstellung gestrichen wor-
den, als sie ihre Schwangerschaft be-
kannt gegeben habe, wird auf Nachfrage
dieser Zeitung ausgeführt. Als sie dies
Feuilleton
Spießerei der
Unmoral
Der Dirigent Raphaël Pichon rettet Martin Kušejs
desaströse Inszenierung von Mozarts „Figaro“.
Von Jürgen Kesting, Salzburg
ber aufklärt, was ihr und ihm im Hoch-
zeitszimmer bevorsteht, kniet ein Mann
neben dem Toten nieder und leert ihm
die Taschen. Knalliger Auftakt zu einer
wüsten und zugleich unendlich tristen
Sex-and-Crime-Ballade. Dies mit der
Folge eines quälend widersprüchlichen
Verhältnisses zwischen dem inneren
Geschehen, der Musik, und der äußeren
Handlung, die durch Eingriffe in die Re-
zitative „gestrafft“ wurde.
Beginn Akt II: Während die Contessa
– „Porgi amor“ – ihre Wehklage über das
Welken der Liebe anstimmt, blickt sie
auf Gustave Courbets bitteres Gleich-
nisbild über den „Ursprung der Welt“:
auf die Vulva, während auf der größeren
rechten Seite der Bühne eine nackte
Frau auf dem Rand einer Badewanne für
ein Schaumbad sitzt. Nach dem Fenster-
sprung des Cherubino erlischt das Licht
im Theater. Das Publikum ist so ver-
ihrem Team mitgeteilt habe, sei ihr ein
Disziplinarverfahren angehängt worden.
In dem Dossier wird von Krankheit, De-
pressionen und Angstzuständen infolge
der Einschüchterung berichtet. In einem
späteren Brief werfen die Mitarbeiter der
Direktion außerdem Veruntreuung und
Vetternwirtschaft vor.
Die Direktion beschreiben sie als Tan-
dem mit klarer Rollenaufteilung. Azoulay
übe ihre Herrschaft aus, indem sie in Un-
gnade gefallene Mitarbeiter ignoriere
und ausgrenze. Die Schmutzarbeit ver-
richte Vizedirektor Baumheier, dem sa-
distische Freude an der persönlichen De-
montage bescheinigt wird. Beliebtes
Druckmittel sei die Drohung mit der Zer-
rüttung des Arbeitsverhältnisses. Wenn
ein Mitarbeiter einer Vertragsauflösung
nicht zustimme, setze man ihn psychisch
unter Druck. Drohungen wie „Ich mache
dir das Leben zur Hölle“ oder „Die provo-
ziere ich so lange, bis sie etwas Falsches
sagt“ seien üblich gewesen.
Die ungewöhnlich hohe Personalfluk-
tuation der vergangenen Jahre scheint
die Vorwürfe zu bestätigen. Mindestens
25 Mitarbeiter haben laut dem Schreiben
ihren Vertrag seit dem Amtsantritt der
Direktion vorzeitig gekündigt. Auch der
Betriebsrat beklagt in einer Stellungnah-
me eine Angstkultur. Die Direktion
nimmt zu den Vorwürfen auf Nachfrage
nicht konkret Stellung. Sie verweist auf
eine entsprechende Absprache mit ihrem
Aufsichtsgremium.
Der Stein war ins Rollen gekommen,
als eine Mitarbeiterin im Frühjahr die
Missstände intern angesprochen hatte.
wirrt (oder auch nur ahnungslos?), dass
es wie zu einem Aktende Beifall
klatscht. Es wird hell, und zu sehen ist
der müllsackgefüllte Hinterhof, in den
Cherubino gesprungen ist. Zu Beginn
des dritten Aktes erwachen Susanna
und der Graf nach amourös verbrachten
Stunden. Als Lover nimmersatt lässt
sich der Graf auch von einer nackten
Prostituierten in die Socken und Kla-
motten helfen und entlohnt sie mit
einem Bündel von Geldscheinen. Und
wenn ein Chor auftritt, um dem Grafen
für die Abschaffung des „Rechtes der
ersten Nacht“ zu danken, stehen junge
Mädchen vor den Fenstern und klat-
schen ihre blutbefleckten weißen Klei-
der an die Scheiben.
Ein böser Blick auf eine verrottete Ge-
sellschaft? Nein, vielmehr eine kokette
Spießerei der Unmoral. Das Ärgernis:
Dass die Szene in kaum einer Sekunde
Daraufhin war ihr fristlos gekündigt wor-
den. Nachdem die Vorwürfe durch die
Gruppe der Beschwerdeführer, deren Teil
sie war, öffentlich gemacht worden wa-
ren, schob man eine zweite Kündigung
nach. Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht
wird erst im Herbst weiterverhandelt.
Das Dossier der Mitarbeiter liegt neben
Staatsministerin Roth auch dem Auswärti-
gen Amt und dem Internationalen Aus-
schuss vor, einem Gremium aus elf Natio-
nen, das die Arolsen Archives kontrolliert.
Seit Juli hat Ebba Scholl vom Auswärtigen
Amt den Vorsitz inne. Alleiniger Finanz-
geber der Archives ist mit 16,4 Millionen
Euro jährlich die Bundesbeauftragte für
Kultur. Das sollte den Beschwerdeführern
eigentlich Hoffnung geben, dass die Auf-
klärung mit Nachdruck betrieben wird.
Danach sieht es aber nicht aus. Roth teilte
mit, sie nehme die Vorwürfe betroffen zur
Kenntnis, erkannte Missstände seien so-
fort abzustellen.
In Abstimmung mit dem Internationa-
len Ausschuss wurde eine Kanzlei mit der
Untersuchung der Vorwürfe beauftragt.
Auf der Basis ihres Abschlussberichts
will man entscheiden, wie mit der Situa-
tion umzugehen ist. Zunächst sollte der
Bericht Anfang August vorliegen, nun ist
von Herbst die Rede. Wichtiger als das
Datum ist aber die Frage: Wem wird der
Bericht außer dem Bundeskulturministe-
rium, dem Auswärtigen Amt und dem
Internationalen Ausschuss vorliegen?
Auf Nachfrage gibt keine der drei Institu-
tionen darauf eine Antwort.
Die Beschwerdeführer fordern, dass
auch ihnen Einblick in das Dokument ge-
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 1 1
mit der Musik zur Deckung gebracht
wird, nicht einmal mit dem äußeren Ge-
schehen. Im Begleittext des gewohnt
salzburgisch-opulenten Programmhefts
spricht Olaf A. Schmitt, der Dramaturg
der Produktion, von der „sehnsuchtsge-
triebenen Elektrizität“, von der die Figu-
ren gesteuert werden. Wenn sie denn auf
der Bühne entsprechend verkörpert wor-
den wären!
Umso versöhnlicher, dass sich Mozarts
Musikgestalten nicht einfach zu unbe-
darften Typen dekonstruieren lassen.
Diese Gestalten bekommen insbesondere
bei den Protagonistinnen ein fein ge-
zeichnetes Profil, geschärft durch die
Führung des französischen Dirigenten
Raphaël Pichon. Er sichert dem Klang
der Wiener Philharmoniker, nach einem
Kaltstart in der Ouvertüre, ein klares,
markantes Relief. Sein Gespür für die Be-
gleitung der Sänger – für die Entwicklung
und dramatische Spannung der Arien –
SALZBURGER FESTSPIELE
ist rundum überzeugend.
Als Vertreter der historischen Auffüh-
rungspraxis geben die Sänger den Wor-
ten in den Rezitativen durch Appoggiatu-
ren ihren Sinn, in den Arien das
melodische Gewicht. Ob Cherubino in
„Non so più“ oder Figaro in „Non più an-
drai“, die zweiten Strophen der Arien
werden ebenso kunst- wie geschmackvoll
ausgeziert. Zum Höhepunkt gerät Susan-
nas „Deh vieni“ im vierten Akt. Die
geben wird. Ihre Sorge ist groß, dass die
Affäre lautlos entsorgt wird. Es gilt unter
ihnen als offenes Geheimnis, dass die Ver-
treter mehrerer Staaten im Internationa-
len Ausschuss die Direktorin um jeden
Preis im Amt halten wollen. Der Aus-
schuss hat in ihren Augen vieles dafür ge-
tan, um Zweifel an seiner Neutralität zu
wecken. Der Direktion sei aus Steuergel-
dern ein Anwalt und ein Medienberater fi-
nanziert worden, was als klares Signal der
Parteilichkeit zu werten sei. Eine Nachfra-
ge dieser Zeitung, ob dies stimme, lässt der
Ausschuss unbeantwortet. Außerdem, so
die Klage der Mitarbeiter, sei nichts unter-
nommen worden, um sie während der lau-
fenden Untersuchung vor weiteren Angrif-
fen zu schützen, obwohl die Schikanen
seither andauerten, wie 23 namentlich ge-
nannte Mitarbeiter in einem neuerlichen
Brief an Staatsministerin Roth beklagen.
Der größte Schock kam aber erst noch.
Laut einer Mitteilung der Arolsen Archi-
ves hat der Internationale Ausschuss den
Untersuchungszeitraum begründungslos
auf die Zeit vom 8. März 2021 bis zum 8.
März 2023 beschränkt. Damit fällt ein
Großteil der erhobenen Vorwürfe unter
den Tisch. Laut Daniel Vogel zählt dazu
der Verdacht der Veruntreuung und der
Vetternwirtschaft. Der möglicherweise
systematische Charakter des Mobbings,
sagt er, könne jetzt kaum noch nachge-
wiesen werden. Das Gleiche gelte für
neuerliche Manipulationen während der
Untersuchung, die es laut Vogel mehr-
fach gegeben hat.
Auf lückenlose Aufklärung, wie sie das
Auswärtige Amt gefordert hatte, darf
Foto Matthias Horn
schlanke Stimme der französischen So-
pranistin Sabine Devieilhe bezaubert so-
wohl durch ihren weit tragenden Glo-
ckenklang als auch den kantablen Fluss
in der mittleren Lage. Die Kadenz der
Arie wurde zu einem Meisterstück ex-
pressiven Ziergesangs. Auch die Partie
der Gräfin war mit dem mahagonitim-
brierten Sopran von Adriana Gonzáles
trefflich besetzt.
Wunderbar die Bindung der zentralen
Phrasen in „Dove sono“, beachtlich der
Triller in dem von Pichon eindringlich
beschleunigten Schlussteil der Arie. Lea
Desandre hatte leichte Probleme, den
kurzen Noten in „Non so più“ klangli-
chen Nachdruck zu geben, verzauberte
aber durch Kantabilität in „Voi che sape-
te“ – ebenso durch die Anmut der Dar-
stellung. Sehr schön der reiche und dun-
kel timbrierte Klang, mit dem Serafina
Starke aus Barbarinas „L’ho perduta“
eine vokale Gemme formte. Die Prota-
gonisten wurden mit gröberen Konturen
gezeichnet. Der Stimme von Andrè
Schuen, zuletzt in Salzburg ein famoser
Guglielmo, fehlte es, gerade in rezitativi-
schen Passagen, an klanglicher Präg-
nanz, auch im Duett mit Susanna, in dem
sie eigentlich einen kosenden Ton
braucht. In der großen Arie wurde sie
forciert, sodass eine geschmeidige For-
mung der Koloraturen nicht möglich war
(und schon gar nicht der Triller). Der
Bass Krzysztof Bączyk setzte seine
klangreiche Stimme mit großer Kraft
ein, bildete aber die Vokale mit einem
recht monotonen Einheitsklang. Die Ar-
tikulation rascher Passagen blieb dabei
meist auf der Strecke, so wie auch Peter
Kalmán im Sillabato von „La vendetta“
die Silben purzeln ließ.
niemand mehr hoffen. Die beiden invol-
vierten Ministerien scheint das aber nicht
sonderlich zu stören. Auf Nachfrage neh-
men weder das Bundeskulturministerium
noch das Auswärtige Amt Stellung zu der
willkürlich erscheinenden Eingrenzung
des Untersuchungszeitraums. Man
schiebt sich wechselseitig die Verantwor-
tung zu. Tatsächlich entscheidet allein
der Ausschuss, wie mit dem Bericht um-
zugehen ist. Bei personellen Konsequen-
zen muss das Votum einstimmig sein. Eb-
ba Scholl als Vorsitzende des Gremiums
sollte aber dafür sorgen können, dass gel-
tendes Recht durchgesetzt wird. Auch der
Bundesbeauftragten für Kultur als Finan-
zier der Arolsen Archives fehlt es nicht an
Druckmitteln, um eine umfassende Auf-
klärung einzufordern. Nach Vogels An-
sicht hätte die Ministerin sogar die
Pflicht, gesetzwidriges Verhalten nicht zu
finanzieren.
Die Duldung potentieller Willkürherr-
schaft und undurchsichtigen Gebarens
würde schlecht zu einer Ministerin pas-
sen, die bei jedem Anlass für Transparenz
und Respekt wirbt. Es wäre allerdings –
siehe Documenta – nicht das erste Mal,
dass das Handeln hinter den Worten von
Roth zurückbleibt. Die Arolsen Archives
(damals ITS) waren in den Neunzigerjah-
ren schon einmal von einer weitreichen-
den Mobbingaffäre betroffen, damals
unter dem Direktor Charles-Claude Bie-
dermann, der nach einer ARD-Investiga-
tivrecherche gestürzt wurde. Über den
aktuellen Fall wird mittlerweile interna-
tional berichtet. Roth wird ihn nicht aus-
sitzen können. THOMAS THIEL
SE I TE 1 2 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Der Hass an
der Ruhr
ist real
Als das Ruhrgebiet seinen Namen
erhielt: Eine Ausstellung über die
Ruhrbesetzung von 1923 bis 1925
E
s war, als wäre der Krieg zu-
rückgekehrt. Im Januar des
Jahres 1923 besetzten fünf
französische Divisionen sowie
mehrere belgische Einheiten das Ruhr-
gebiet. Die ehemaligen Kriegsgegner des
Deutschen Kaiserreiches zogen mit In-
fanterie, Kavallerie, Panzer, Fahrradver-
bänden sowie mehreren mit Maschinen-
gewehren ausgerüsteten Einheiten ins
industrielle Herz der Weimarer Repu-
blik. Die „Schweizer Illustrierte Zeitung“
brachte auf dem Titelblatt ihrer Ausgabe
vom 20. Januar 1923 ein Foto, das einen
französischen Panzer im Essener Stadt-
zentrum zeigt. Er ist umringt von Sol-
daten, von denen einer sich lässig an den
Koloss lehnt, beide Hände aufs Metall
gelegt, fast so, als wolle er den Panzer
umarmen.
Etwa 130 Menschen kamen während
der Ruhrbesetzung ums Leben. Sie wur-
den erschossen oder fielen Unfällen oder
Anschlägen zum Opfer. Albert Leo Schla-
geter, ein ehemaliger nationalistischer
Freikorps-Angehöriger, wurde wegen
mehrerer Sprengstoffanschläge von
einem französischen Militärgericht zum
Tode verurteilt und hingerichtet. Die Na-
tionalsozialisten ernannten Schlageter
später zum „ersten Soldaten des Dritten
Reiches“ und entfesselten einen regel-
rechten Schlageter-Kult.
Die Ruhrbesetzung, die bis 1925 an-
dauern sollte, traf ein mächtiges, aber
bereits geschwächtes Industriegebiet,
das ein knappes Jahrzehnt voller Ent-
behrungen hinter sich hatte. Spätestens
seit 1916, so Heinrich Theodor Grütter
im Katalog zur Ausstellung „Hände weg
vom Ruhrgebiet! Die Ruhrbesetzung
1923 bis 1925“, herrschten kriegsbe-
dingte Hungersnöte, denen mehr als
70.000 Menschen zum Opfer fielen –
mehr, als im Zweiten Weltkrieg durch
Bombenangriffe im Ruhrgebiet ums Le-
ben kamen. Grütter, der Direktor des
Essener Ruhr Museums, spricht von
einer jahrelangen „permanenten Aus-
nahmesituation“, in der die Repara-
tionsforderungen von französischer und
belgischer Seite als maßlos empfunden
wurden. Die Besetzung, mit der
Deutschland zur Zahlung der im Versail-
ler Vertrag vereinbarten Reparationen
gezwungen werden sollte, kam nicht un-
erwartet. Aber sie hatte Folgen unvor-
hergesehenen Ausmaßes.
Nachdem die Regierung den passiven
Widerstand ausgerufen hatte, wurden
Bürgermeister und Kommunalbeamte,
die sich einer Zusammenarbeit mit den
Besatzern verweigert hatten, ausgewie-
sen, ebenso Mitarbeiter von Polizei,
Zoll, Finanzbehörden und Reichsbahn,
insgesamt etwa 140.000 Menschen. Sie
Ein nachdenkliches, wissenschaftliches Temperament
Hartwig Fischer tritt überraschend als Direktor des British Museum zurück / Von Gina Thomas, London
Seit einiger Zeit war spürbar, dass die
Dinge beim British Museum nicht zum
Besten standen. Dennoch überrascht der
am Freitag bekannt gewordene Rücktritt
Hartwig Fischers als Direktor. Er bleibt
im Amt, bis die Suche nach einem Nach-
folger beendet ist, um im Laufe des
nächsten Jahres einen reibungslosen
Übergang zu gewährleisten. Aus Dresden
kommend, wo er fünf Jahre lang die
Staatlichen Kunstsammlungen leitete,
trat Fischer im April 2016 in London als
erster ausländischer Direktor des Mu-
seums seit 1827 die Nachfolge Neil Mac-
Gregors an. Fischers Rücktrittsankündi-
gung für 2024 geht der Veröffentlichung
eines seit mindestens fünf Jahren in Aus-
sicht gestellten Masterplanes für eine
„dringend notwendige“ Generalüberho-
lung des Gebäudes und der Präsentation
der Sammlung voraus. Dieses als Fischers
Mission dargestellte Projekt soll nun
nach vielen Verzögerungen im Herbst
vorgestellt werden, verbunden mit der
Ankündigung eines internationalen
Architekturwettbewerbes.
Dieser Ablauf wirft umso mehr die
Frage nach dem Zeitpunkt der Rücktritts-
verkündung auf. Fischer erklärt, sich auf
die nächste Phase seiner Karriere zu freu-
en, in der er sich „außerhalb des institu-
tionellen Rahmens eines einzigen Mu-
seums in der Rettung und Erhaltung des
Kulturerbes“ in Zeiten des Klimawandels
und der Konflikte engagieren will. Das
Museum würdigt seinen Beitrag zu dem
mit Kosten in Höhe von bis zu einer Mil-
liarde Pfund veranschlagten Großvorha-
ben sowie zu der Planung für das neue
Depot, das im nächsten Jahr in Reading
eröffnet wird. Es hebt seinen Einsatz in
kurzfristig
zu ersetzen
war unmög-
lich. Vor allem
die Reichsbahn,
die von den Fran-
zosen in Eigenre-
gie betrieben wurde,
erwies sich als unlös-
bares Problem. Die her-
beigeholten französischen
Eisenbahner waren von dem
komplizierten Gleissystem über-
fordert, Unfälle häuften sich, Sabo-
tageakte wie etwa die Sprengung der
Hochfelder Rheinbrücke am 30. Juni
1923, bei der neun belgische Soldaten
sowie mehrere Zivilisten getötet wur-
den, kamen hinzu. Der ungarische
Schriftsteller Sándor Márai notierte im
Februar 1923 während einer Ruhrge-
bietsreise: „Auf dem Essener Bahnhof
standen verlassene Züge im Regen, die
Franzosen konnten nicht mit dem kom-
plizierten Weichensystem umgehen, die
Kohlenzüge waren eingefroren, die Ar-
mada der bajonettbewaffneten senega-
lesischen Neger wurde mit den sabotie-
renden deutschen Eisenbahnern nicht
fertig, das Weichensystem des Essener
Bahnhofs versteht nur, wer dort aufge-
wachsen ist; mich tröstet, dass schon
ein Weichensystem stärker sein kann
als die Macht.“
Die Ausstellung im Ruhr Museum be-
leuchtet in sechs Kapiteln und mit über
zweihundert Objekten die politischen
Hintergründe der Ruhrbesetzung, sie
schildert den Alltag der Bevölkerung,
ihre Verarmung, die durch die bald ein-
setzende Hyperinflation dramatisch be-
schleunigt wird, und sie erzählt vom Pro-
pagandakrieg, der von beiden Seiten mit
großem Aufwand betrieben wird. Wäh-
rend Franzosen und Belgier ihr Vorge-
hen als gerecht, angemessen und dem
Versailler Vertrag entsprechend darstel-
len wollen, schlägt die deutsche Seite oft
unverhohlen nationalistische und auch
rassistische Töne an: Dass seit Kriegsen-
de auch etwa 25.000 sogenannte „Kolo-
nialsoldaten“ aus Nordafrika, Madagas-
kar, dem Senegal und Vietnam im
Rheinland stationiert waren, wurde als
„Schwarze Schmach“ gebrandmarkt. Auf
zahlreichen Plakaten wurden rassistische
Zerrbilder schwarzer Soldaten gezeigt,
die meist spärlich bekleidete oder nackte
deutsche Frauen bedrohen, rauben, fes-
seln, schänden. Die Ausstellung zeigt
unter anderem Blätter der Zeitschriften
„Simplicissimus“ und „Kladderadatsch“,
die auf übelste Weise die Legende vom
schwarzen Vergewaltiger befördern. Be-
sonders bizarr: eine Medaille von 1920,
die auf der einen Seite den behelmten
der Pandemie, eine Reihe bahnbrechen-
der Ausstellungen, die Erweiterung
internationaler Partnerschaften und For-
schungsvorhaben sowie die Einleitung
des Übergangs zur Nutzung nachhaltige-
rer Energiequellen hervor.
Die offizielle Mitteilung trägt Züge
einer schönfärbenden Anerkennung.
Spätestens Ende vergangenen Jahres, als
bekannt wurde, dass der Kuratoriums-
vorsitzende George Osborne sich im Al-
leingang auf geheime Gespräche mit dem
griechischen Ministerpräsidenten Kyria-
Hartwig Fischer im Hof des von ihm
geleiteten British Museum Foto Laif
Feuilleton
Kopf eines schwarzen Soldaten, auf der
anderen Seite eine an einen Phallus ge-
fesselte weiße Frau zeigt.
Mitunter nahm die Propaganda gerade-
zu pornographische Züge an, häufig bil-
dete ein weiblicher Körper ein zentrales
Motiv der Darstellung. Frauen waren ent-
weder wehrlose Opfer oder ehrlose Ver-
räterinnen, die sich mit den Besatzern
eingelassen hatten. Sie wurden ebenso
wie Kollaborateure öffentlich bloßge-
stellt. Zu den bedrückendsten Objekten
der überaus reichhaltigen, oftmals über-
raschenden und mit vielen Leihgaben aus
Frankreich aufwartenden Ausstellung
zählt ein Plakat mit einem Foto von zwei
namentlich genannten jungen Frauen aus
Essen-Steele mit einem französischen
Soldaten. Als Überschrift dient die Frage
„Sind das deutsche Mädels?“ Dann folgt
die Aufforderung „Merkt sie Euch!“
U
nter der dem Brief eines
französischen Soldaten ent-
nommenen Überschrift „Die
Deutschen sind nicht
schrecklich“ vergegenwärtigt ein ande-
res Kapitel der Ausstellung den Alltag
der Besatzer, die einerseits Suppenkü-
chen für die notleidende Bevölkerung
einrichten mussten, andererseits in der
Furcht vor lebensgefährlichen Sabotage-
akten lebten. Ein Hemingway-Zitat
steht über einem weiteren Kapitel, das
der Wahrnehmung und Interpretation
der Ruhrbesetzung durch Intellektuelle
gewidmet ist. Während Rilke die deut-
sche Unfähigkeit zur Unterwerfung
unter die Sieger anprangerte, beklagte
Heinrich Mann mit kosmopolitscher
Nonchalance die „abgenutzten Streitig-
keiten der alten Nationalstaaten“. He-
mingway, der als Europakorrespondent
des kanadischen „Toronto Star“ mit Sitz
in Paris eine zehnteilige Artikelserie
über das deutsch-französische Verhält-
nis verfasste, erlebte das Ruhrgebiet als
den „rotesten Teil Deutschlands“ und
kos Mitsotakis über eine mögliche Lö-
sung des Streits um die Parthenon-Skulp-
turen im British Museum eingelassen
hatte, ließ das auffällige Schweigen des
Direktors in dieser Frage aufhorchen.
Nach außen hin wirkte es, als sei er von
dem seine politischen Beziehungen aus
seiner Zeit als Finanzminister nutzenden
Osborne hintergangen worden.
Überhaupt hapert es mit der Kommu-
nikationspolitik des Museums. Es
herrscht Unklarheit über die vor 27 Jah-
ren geschlossene Partnerschaft mit dem
Sponsor BP, die das British Museum wie-
derholt zur Zielscheibe von Ökoaktivis-
ten werden ließ. Britische Medien berich-
teten Anfang Juni, dass das Museum die
bislang größte Kultureinrichtung sei, die
sich von dem Unternehmen getrennt ha-
be. Grüne Aktivisten feierten die Mel-
dung als „massiven Sieg“. Das Museum
teilte jedoch mit, dass nach dem im Feb-
ruar nicht mehr verlängerten Fünfjahres-
vertrag mit dem Ölkonzern noch keine
Entscheidung über die künftige Partner-
schaft getroffen worden sei.
Bezeichnend war freilich auch die laut-
lose Anerkennung, dass es im Hinblick
auf ägyptische Restitutionsforderungen
vielleicht nicht ratsam war, das Erneue-
rungsprojekt nach dem Stein von Rosette
zu benennen, so sehr das seit 1802 im
Museum bewahrte Objekt, das den
Schlüssel zur Entzifferung der Hierogly-
phen lieferte, als transkulturelles Symbol
dienen mag. Das „Rosetta-Projekt“ wur-
de kürzlich stillschweigend in Masterplan
umbenannt.
Im Zusammenhang mit den großen He-
rausforderungen, denen sich alle histori-
schen Kultureinrichtungen der westlichen
Ein
französischer
Soldat ent-
menscht zum
Deutsche fressenden
King Kong: Schießscheibe
zur Ruhrbesetzung, 1923
Foto Arne Psille / Stiftung DHM Berlin
die Arbeiterschaft als „entschieden un-
patriotisch“.
Hemingway berichtete auch über den
„Blutsamstag“ bei Krupp, als französi-
sche Soldaten, die Firmenfahrzeuge re-
quirieren wollten, mit protestierenden
Arbeitern zusammenstießen. Die elf
Soldaten fühlten sich bedroht und eröff-
neten das Feuer, dreizehn Arbeiter wur-
den getötet. Die „Frankfurter Zeitung“
zitierte in ihrer Ausgabe vom 3. April
1923 aus einem Schreiben des ausgewie-
senen Düsseldorfer Regierungspräsi-
denten Walther Grützner an den fran-
zösischen General Degoutte: „Es gibt
kein Verbrechen und Vergehen des
deutschen Strafgesetzbuchs, ja der Kri-
minalgesetzgebung der gesamten Kul-
turwelt, das Ihre Truppen auf deut-
schem Boden seit dem 22. Januar 1923
nicht begangen haben.“
Gleichwohl bescheinigte Hemingway
den Franzosen, sie würden die Besat-
zung „bewundernswert“ organisieren
und Zusammenstöße mit der Bevölke-
rung vermeiden. Dass dennoch ständig
Gewalt in der Luft lag, zwischen Besat-
zern und Besetzten, zwischen den erbit-
terten Gegnern des Ersten Weltkriegs,
in dem die Deutschen schrecklich in
Frankreich und Belgien gewütet hatten,
aber auch innerhalb der deutschen Be-
völkerung, zwischen Linken und Rech-
ten, machte Hemingway unmissver-
ständlich deutlich: „Hate in the Ruhr is
real. You feel the hate in the Ruhr as an
actual concrete thing.“ Der Begriff
Ruhrgebiet tauchte übrigens erstmals
während der Ruhrbesetzung auf. Nach
innen wie nach außen, in der Selbst-
wie in der Fremdwahrnehmung hatten
die Jahre der Ruhrbesetzung erhebli-
chen Anteil an der Identitätsbildung
der Region. HUBERT SPIEGEL
Hände weg vom Ruhrgebiet! Die Ruhrbe-
setzung 1923 bis 1925. Ruhr Museum Essen;
bis 27. August. Der Katalog kostet 24,95 Euro.
Welt im Fieber der postkolonialen Debat-
ten stellen müssen, ließ die Außendarstel-
lung ebenfalls zu wünschen übrig. Weder
zu den Parthenon-Skulpturen noch zu
den anderen von Restitutionsforderungen
betroffenen Sammlungsobjekten wie den
Benin-Bronzen schien das Museum eine
Strategie entwickelt zu haben.
In der Pressemitteilung zu Fischers
Rücktritt findet auch das Gemeinschafts-
projekt der Getty-Stiftung, des British
Museum und der Staatlichen Museen zu
Berlin Erwähnung, dem Chhatrapati Shi-
vaji Maharaj Vastu Sangrahalaya Mu-
seum in Mumbai Leihgaben und Fach-
wissen für eine Galerie des Altertums zur
Verfügung zu stellen, um die indische
Kultur in einen größeren globalen Zu-
sammenhang zu stellen. Fischer war
maßgeblich an der Lancierung der
archäologischen Grabungen beteiligt, die
dem Bau des neuen Museums westafrika-
nischer Kunst in Benin-Stadt vorausge-
hen. Die mangelnde Aufmerksamkeit für
dieses Projekt gehört ebenfalls zu den
Versäumnissen der Kommunikation des
Museums unter Fischer. Sie war nach der
Ära MacGregor, in der die internationale
Außenwirkung des Museums so erfolg-
reich gepflegt wurde, umso auffälliger.
Fischer schien nach dieser Ära mit sei-
nem nachdenklichen, wissenschaftlichen
Temperament der geeignete Kandidat
für die interne Konsolidierung zu sein.
Dass er sich nicht durchzusetzen ver-
mochte, mag auch an der britischen Mu-
seumskultur liegen, deren uneindeutige
Machtstrukturen für einen mit den büro-
kratischen kontinentaleuropäischen Ver-
hältnissen vertrauten Direktor schwer
durchdringbar sind.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
| BRIEFE AN DIE HERAUSGEBER
Rückbesinnung auf den Markt
Zum Artikel „Kehrtwende zur Markt-
wirtschaft“ (F.A.Z. vom 19. Juli) von
Gerald Braunberger: Auch dieser Kom-
mentar beschreibt das drängende Prob-
lem. Die Ampel bewegt sich systema-
tisch in Richtung Planwirtschaft mit
wachsender Bevormundung. Wir müs-
sen uns bewusst machen, dass in
Deutschland eine kleine, durchgrünte
Minderheit mit sozialistischem Hinter-
grund unser erfolgreiches Wirtschafts-
modell und System bekämpft. Ange-
führt von der 14-Prozent-Partei „Die
Grünen“ mit einem radikalen Flügel,
der nun offensichtlich wegwill von der
modernen Industriegesellschaft.
Die „große Transformation“ ist klar
ein Projekt von Degrowth, also De-
industrialisierung und Sozialismus
durch die Klima-Hintertür. Der mediale
Mainstream ist auf absehbare Zeit links-
grün und deutet alle Informationen ent-
sprechend. Wer politisch überzeugen
will, muss, so schwer es auch sein mag,
gegen diesen Strom anschwimmen. Die
Linke ist dabei, zu verkrusten und die
Zeichen der Zeit zu verkennen, sie lebt
in der Vergangenheit. Wirtschaftlich
können wir aber mit diesem degenerati-
ven Denken und Kommunizieren nicht
mehr erfolgreich sein.
Keine gute Entwicklung
In der F.A.Z. vom 18. Juli analysiert
und beklagt Reinhard Müller unter der
Überschrift „So kann es nicht weiter-
gehen“ die heillosen Zustände in der
Asylpolitik. Philip Eppelsheim be-
schreibt in derselben Ausgabe unter
„Wenn Multikulti baden geht“ anhand
der wiederholten gewalttätigen Vor-
kommnisse in deutschen Freibädern
die mangelhafte oder auch gänzlich
fehlende Integration vieler türkischer
und arabischer junger Männer in die
deutsche Gesellschaft sowie die be-
sonderen Konsequenzen, die dies be-
sonders für junge Frauen hat.
Beide Artikel haben einen sehr guten
Wirklichkeitsbezug. Als ich solche Prob-
leme und ihre Ursachen 2010 in
„Deutschland schafft sich ab“ und später
in anderen Publikationen ansprach, vor
ihrer weiteren Zunahme warnte und zu-
Erpressung des Westens
Zum Leserbrief „Neue Variante der
Wegwerfgesellschaft“ von Dr. Michael
Karl (F.A.Z. vom 24. Juli): Nur schein-
bar setzt sich der Verfasser mit dem
Auftreten einer kleinen Gruppe Kiewer
Raver und dem gleichzeitigen Überle-
benskampf vieler Ukrainer auseinander.
Mit dem Habitus eines Intellektuellen
will er vielmehr Zweifel an der Sinnhaf-
tigkeit des Widerstands gegen den ver-
brecherischen Angriffskrieg Russlands
gegen die Ukraine säen. Er diskreditiert
und beleidigt die politische Führung der
Ukraine mit der Aussage: „. . . weil wir
das Gesicht der politischen Ukraine me-
dial durch Personen vertreten sehen, die
als Profisportler, Kabarettisten oder
diplomatische Amateure mit Neigung
zum Krawall bekannt wurden“. Putins
Auftritte und die seiner Gefolgschaft
scheint er auszublenden.
Die westliche Berichterstattung über
den Krieg ist nach seiner Auffassung
eine „auf Dauer geschaltete Medien-
schablone westlicher Angriffskriegs-
rhetorik“. Verwechselt der Verfasser
hier gleichgeschaltete russische Medien
mit den westlichen Medien? Den muti-
gen Überlebenskampf der Ukraine
kommentiert er in unerträglicher Weise
Sonnenblumenstich
Mit großem Vergnügen habe ich den
Beitrag „Bestechung“ von Stefan Trinks
in der F.A.Z. vom 19. Juni gelesen, in
dem die seit Jahren immer kurioser
werdenden Auswüchse der Vermark-
tung von sogenannten „Ikonen“ der
Kunstwelt darin kulminieren, dass man
sich nun im Rembrandt-Haus in Ams-
terdam eine Woche lang von einem be-
sonders angesagten Tattoo-Stecher ein
von Rembrandt inspiriertes Motiv ste-
chen lassen kann. Dass diese grandiose
Idee der Direktorin des Hauses, damit
ein junges Publikum anzusprechen und
für Rembrandt zu begeistern, die er-
hoffte Wirkung zeitigen könnte, wird in
dem Beitrag ja bereits vom Autor be-
zweifelt.
Vielleicht sollen die künftigen Träge-
rinnen und Träger dieser Tattoos aber
In Hirn und Herz getroffen
Zu dem Gedicht „Abreißkalender“ von
Durs Grünbein (F.A.Z. vom 25. Juli):
Die F.A.Z. ist für viele ihrer Artikel zu
loben. Ich schätze besonders, dass sie
auch widersprechende Ansichten ihrer
Mitarbeiter druckt. Die Leser erfahren
hierdurch, wie wichtig es ist, dass alle
Aspekte eines Themas diskutiert wer-
den, bevor es entscheidungsreif ist.
Der Grund aber für diesen Leser-
brief ist mein Dank für das Gedicht von
Durs Grünbein „Abreißkalender“. Sein
|
Es stellt sich die Frage, wer am Ende
dann noch den Wohlfahrtsstaat mit sei-
nen explodierenden Kosten und An-
sprüchen finanzieren soll. Mit Beispie-
len aus jüngster grüner Politik wie dem
GEG sowie der komplett verkorksten
Energiepolitik wird dies nun auch der
uninformierteren Öffentlichkeit zuneh-
mend klar. Vielen geht es jetzt konkret
an den Geldbeutel im Degrowth-Mo-
dus, und viele haben die schamlose
ideologische Bevormundung satt.
Außerdem wird den meisten zuneh-
mend bewusst, welch blamables Bild
wir international abgeben.
Die breite demokratische Mitte ist
jedenfalls in wachsender Mehrheit. Die
bürgerlichen Parteien sollten sich des-
halb sehr schnell nach links wieder
deutlicher abgrenzen und klar für einen
korrigierten Kurs der Vernunft werben.
Im Zentrum steht hier die CDU/CSU,
die sich zuversichtlich auf bewährte
Positionierungen rückbesinnen sollte,
und zwar auf breiter Themenagenda
und nicht nur in Schwimmbad- und
Asylrechtsmissbrauch. Das hieße eine
klare Abkehr vom Merkel-Kurs. Kehrt-
wende zur Marktwirtschaft eben!
THOMAS M. ADAM, EISENBERG/PFALZ
dem konkrete Lösungsvorschläge mach-
te, wurde ich beschimpft und ausge-
grenzt. Da ich in den Folgejahren nicht
nachließ, auf die Missstände hinzuwei-
sen, wurde ich schließlich 2020 aus der
SPD ausgeschlossen.
Solche Entwicklungen und andere Er-
eignisse werden von Millionen von Bür-
gern in Deutschland sorgfältig regist-
riert. Sie führen zu einer allgemeinen
Erosion des Grundvertrauens in die Lö-
sungskapazitäten unserer Gesellschaft
und den Lösungswillen der politisch
Verantwortlichen. So muss man sich,
wie Philip Eppelsheim richtig schreibt,
„nicht wundern, wenn sich mehr und
mehr Bürger nach einer politischen Al-
ternative umschauen“ – sicherlich keine
gute Entwicklung.
DR. THILO SARRAZIN, BERLIN
so: „. . . dass wir es hier mit einer höchst
zugespitzten Tollkühnheit und Risiko-
bereitschaft auf ukrainischer Seite zu
tun haben“, und weiter: „Sind da toll-
kühne Spieltheoretiker am Werk, deren
finale Vorstellung von Freiheit das ,an-
ything goes‘ ist?“ Ein Schlag ins Ge-
sicht aller, die sich dem Aggressor nicht
beugen wollen.
Fassungslos ist man über seine weite-
ren Aussagen, beispielsweise: „So böse
Putin sein mag, so seltsam muss anmu-
ten, dass sich der Angegriffene nicht
versteckt und verkriecht“. Die Ukraine
erpresse Geld und Waffen, doch keiner
habe den Mumm, dies auszusprechen,
so der Verfasser.
Was er mit seiner unterkomplexen
Betrachtung des ukrainischen Wider-
standes bei ukrainischen Lesern anrich-
tet, scheint dem Leserbriefschreiber
egal zu sein. Zum verzweifelten Kampf
der Ukrainer fragt er: „Wird hier an
einer neuen Variante von Wegwerfge-
sellschaft gebastelt – unter Einschluss
des kalkulierten Wegwerfens von
menschlichem Leben?“ Mehr Zynismus
geht nicht. Putin dankt.
GÜNTHER SEICHE, CELLE
auch einfach zeitlebens kostenlos Wer-
bung laufen, quasi als lebende Plakat-
säulen für das Museum. Dies würde die
Vermarktung noch mal auf eine ganz
andere Stufe heben. Frei nach dem
Motto „Je ausgefallener die Idee, desto
mehr begeisterte Follower“ werden si-
cher auch bald andere Museen folgen.
Man könnte danach gleich mit seinem
frisch gestochenen Rembrandt-Tattoo
direkt ins nicht weit entfernte Van-
Gogh-Museum wandern und sich dort
zum fünfzigjährigen Museumsjubiläum
noch ein paar Sonnenblumen auf die
Haut tätowieren lassen. Selbst die Ams-
terdamer Tourismus-Zentrale könnte
dann ob der kostenlosen Werbung ihr
Glück kaum fassen.
GÜNTER WAGNER, BRUCHSAL
scharfer und trauriger Blick hat mich in
Herz und Hirn getroffen. Um ihm zu
antworten: Ja, das „Verstummen“ ist
unüberhörbar. Obwohl niemand will,
dass der „Krieg zum Abreißkalender“
und die „Pünktlichkeit der Post“ wichti-
ger wird, geschieht genau dies im All-
tag. Vielleicht können Gedichte doch
manchmal dazu beitragen, Leser wach-
zurütteln.
DR. URSULA WOLF, KRONBERG
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Traumgebilde, zum Greifen nah
W
ährend in Bayreuth die
Wagner-Festspiele stattfin-
den, veranstaltet das be-
nachbarte Bamberg seine
Kunst- und Antiquitätenwochen: So wird
das zauberhaft schöne, an Sehenswürdig-
keiten reiche Oberfranken regelmäßig zu
einem sommerlichen Brennpunkt der
Künste. Die Augmented-Reality-Brille,
mit der die Neuinszenierung des „Parsi-
fal“ dieses Mal die Oper dem Digitalzeit-
alter nahebringt, wäre in Bamberg aller-
dings unbrauchbar. Was dort an Schätzen
zu finden ist, kommt noch ohne Avatare
aus: Künstler früherer Jahrhunderte kul-
tivierten andere Arten der Realitätser-
weiterung, indem sie Mythen und Phan-
tasien glaubhaft Bild und Form verliehen.
Oder Allegorien wie diese: Fama führt
Hersalia aus dem Schlachtfeld in den
Himmel empor auf einem Gemälde, das
nach dem Achtzigjährigen Krieg der Nie-
derlande mit Spanien den Frieden von
1648 symbolisieren dürfte. Es ziert einen
musealen Kabinettschrank, den um 1650
Künstler in Antwerpen gestalteten, da-
mals Hochburg solcher in ganz Europa
gefragten Luxusmöbel. Bei geöffneten
Türen des aus exotischem Padouk- und
Ebenholz gebauten, mit farbigen Intar-
sien, glänzenden Beschlägen sowie mit
roter Folie hinterlegtem Schildpatt ver-
sehenen Kabinetts rankt sich um ein ver-
spiegeltes Perspektiv ein Bilderreigen
Ovid’scher Metamorphosen. Der Kunst-
händler Christian Eduard Franke gibt
dem edlen Stück, das er für 450.000 Euro
anbietet, einen Ehrenplatz in seinem neu-
en Gartensaal, der bei der Präsentation
des breiten Angebots helfen wird. Selbi-
ges umfasst Vitrinenobjekte, wie die
goldmontierte Tabatière, die der bedeu-
tende Dresdner Goldschmied und Leiter
des Grünen Gewölbes Johann Christian
Neuber um 1780 in Steinmosaik ausführ-
te, das er wie geflochtenes Stroh ausse-
hen ließ (186.000 Euro), und es reicht bis
zum monumentalen Braunschweiger
Schrank, der auf seinen breiten Löwen-
pranken einst im Schloss Langenstein
stand, einem Besitztum des Prinzen
Heinrich von Preußen.
Vielfalt in hoher Qualität ist ein Mar-
kenzeichen der dicht beieinander in
Bambergs Altstadt gelegenen Kunst-
handlungen. Die älteste führt heute Mat-
thias Wenzel als Sohn des Firmengrün-
derpaares. Er zeigt eine Stutzuhr des
Bamberger Hofuhrmachers Leopold
Hoys, die ein geschnitzter Chronos
krönt und zwei Melodien anschla-
gen kann (28.000), sowie eine leise
lächelnde Maria der Verkündi-
gung. In Köln um 1350/60 geschaf-
fen, trägt sie ihren goldenen Um-
hang noch immer in der
originalen Farbfassung (68.000).
In ihrer grazil schlichten Anmu-
tung, der auch einige Fragmentie-
rungen nichts anhaben können,
würde sich die Skulptur bestens
Oskar Skaller und der falsche Rubens
Die Geschichte eines in London versteigerten Porträts / Von Gabriela von Wallenberg und Nils Büttner
Ein kürzlich beim Auktionshaus Bon-
hams in London für 44.800 Pfund mit
Aufgeld verkauftes Porträt eines bärtigen
Mannes gibt Anlass, an den Mann zu erin-
nern, dem es von 1917 bis 1932 gehörte:
dem Unternehmer, Politiker und Kunst-
sammler Oskar Skaller. Die Jahre, in
denen sich das Porträt in seinem Besitz
befand, waren die glücklichsten seines Le-
bens: Skaller war geschäftlich erfolgreich,
besaß eine bedeutende Kunstsammlung,
war als Sozialdemokrat politisch aktiv
und führte mit seiner Frau in der Schlüter-
straße 45, dem späteren Hotel Bogota, ein
offenes Haus, in dem sich Vertreter aus
Politik, Wirtschaft, Kunst und Gesell-
schaft trafen.
Geboren wurde Skaller 1874 als jüngs-
tes Kind seiner Eltern in Ostrowo im heu-
tigen Polen. Anders als seine zwei Brüder
verließ er die Schule ohne Abitur. Diesen
Makel konnte er wettmachen, indem er
Pharmazie studierte, was noch ohne Rei-
feprüfung möglich war. 1900 bestand er
an der Universität Berlin das Staatsexa-
men. Damals mussten Apotheker rund
zwanzig Jahre warten, bis sie eine eigene
Apotheke führen durften. Viele wichen
daher ins Drogeriewesen oder wurden
Vertrauensapotheker der Krankenkas-
sen. Auch Skaller ging diesen Weg. Er
kaufte eine Drogerie, gründete eine Ver-
bandstofffabrik und später Fabriken für
medizinischen Bedarf. 1917, mitten im
Ersten Weltkrieg, kaufte er die Herstel-
lungs- und Großhandelsfirma für Kran-
kenhausausrüstungen M. Pech GmbH.
Vier Jahre später brachte er seine Unter-
nehmen in die Oskar Skaller AG ein, wo-
bei er auch im Ausland erfolgreich war.
1919/20 war Skaller SPD-Abgeordne-
ter der Stadtverordnetenversammlung
von Charlottenburg; wegen der Einge-
meindung Charlottenburgs in Groß-Ber-
lin am 1. Oktober 1920 war die Legisla-
turperiode allerdings nur kurz. Seine
soziale Ader als Unternehmer zeigte er,
als er 1921 seinen Mitarbeitern Gratifika-
tionen zahlte. 50.000 Mark gingen vom
Reingewinn an die Oskar Skaller Stiftung
für gewerbliche Arbeiter. Mit führenden
Mitgliedern der SPD war er befreundet.
Dass Skaller den Einstieg der INAG
AG, eines Unternehmens, das man heute
eine „Heuschrecke“ nennen würde, im
Es braucht kein Hightech, um sich verzaubern
zu lassen: Die Kunst- und Antiquitätenhändler
in Bamberg beweisen es Jahr für Jahr.
Bei Christian Eduard Franke: Kabinett mit Szenen
aus Ovids Metamorphosen, Antwerpen um 1650;
bei Wenzel: Johann Leopold Hoys, Stutzuhr mit
Carillon, um 1760; bei Senger: Jörg Lederer oder
Umfeld, „Heilige Maria Magdalena“, um 1520
Fotos Christian Eduard Franke, Wenzel, Senger Bamberg
Januar 1922 in seine Firma zuließ, dürfte
er wenig später bereut haben. Der INAG-
Vorsitzende Karl Wilhelm Zitzmann trieb
Skallers Unternehmen in Beteiligungen
abseits des Kerngeschäfts, erhöhte mas-
siv den Finanzbedarf, kam vor Gericht
und wurde 1926 wegen Untreue ver-
urteilt. Da Skaller seine Unternehmen of-
fensichtlich nicht allein weiterführen
konnte, wurde die Heilmittelversorgung
Deutscher Krankenkassen Großaktionär
bei der Oskar Skaller AG.
Stolz seines früheren Besitzers: „Porträt
eines bärtigen Mannes“ aus holländi-
scher Schule, das jüngst bei Bonhams
44.800 Pfund einspielte Foto Bonhams
Skaller war einer der Ersten in
Deutschland, der sich für persische Kera-
mik interessierte. Einige Stücke aus sei-
nem Besitz befinden sich heute in Berli-
ner und Münchner Museen. Seine
bedeutende Sammlung wurde 1927 bei
Cassirer und Helbing versteigert, angeb-
lich um Skallers Kollektion moderner
Kunst ergänzen zu können, die vor allem
französische und deutsche Impressionis-
ten umfasste. Wie viele Kaufleute seiner
Zeit ließ Skaller sich von Max Lieber-
mann porträtieren. Künstler wie den
ständig klammen Berliner Philosophen
Kunstmarkt
und Satiriker Salomo Friedlaender mit
dem Künstlernamen Mynona unterstütz-
te er finanziell. Friedlaender widmete
Skaller 1925 eines seiner Bücher; später
schrieb er jedoch in sein Notizbuch: „Rei-
chen, fetten Burschen habe ich Bücher
gewidmet. – Das bereue ich.“
Die gesellschaftlichen Umwälzungen
und wirtschaftlichen Verwerfungen
nach dem Ersten Weltkrieg führten zu
einer Dynamisierung des Kunsthandels.
Über Jahrhunderte hinweg in Schlössern
und auf Adelssitzen verwahrte Kunst-
schätze kamen auf den Markt, da vor al-
lem Adelige lieber Kunst- als Grundbe-
sitz verkauften. Wer es sich leisten
konnte, kaufte und krönte seine Samm-
lung mit einem Rubens. Auch Skaller be-
saß einen Rubens, den er als Werk eines
unbekannten flämischen Malers 1917
auf einer Auktion erworben hatte. Zehn
Jahre später bescheinigte der Direktor
der Berliner Gemäldegalerie, Wilhelm
von Bode, Skaller, dass dieses Gemälde
Peter Paul Rubens zuzuschreiben sei.
Anlässlich des 350. Geburtstags des flä-
mischen Meisters wurde das „Brustbild
eines Mannes“ in Siegen, Rubens’ Ge-
burtsstadt, ausgestellt. Skaller stellte
auch andere Bilder seiner Sammlung
Museen leihweise zur Verfügung – si-
cher mit großem Stolz.
Der Börsencrash von 1929 brachte
Skaller in wirtschaftliche Schwierigkei-
ten. Er musste 1932 nicht nur die Schlü-
terstraße 45 verlassen und in die Würt-
tembergische Straße 36/37 ziehen,
sondern sich auch von Teilen seiner
Sammlung trennen. Zunächst fand sich
für den Rubens kein Käufer, doch am
2. Februar 1932 kam das Bild dann in
Berlin unter den Hammer. Sein Käufer
war vermutlich der in Warschau lebende
Sammler Max Graubard, der sich vom
damals führenden Rubens-Kenner Lud-
wig Burchard nochmals die Eigenhän-
digkeit des Gemäldes bestätigen ließ,
bevor er es am 15. Mai 1935 zu einem
nochmals höheren Preis wiederum in
Berlin versteigern ließ. Dort erwarb es
der jüdische Arzt Hans Langer, der es
wenig später bei seiner Emigration mit
nach Südafrika nahm.
Am 29. Juli 1939 floh Oskar Skaller,
gleichfalls jüdischer Herkunft, mit seiner
mit moderner Kunst vertragen. Diese hat
in Bamberg dank des Internationalen
Künstlerhauses Villa Concordia und de-
ren Stipendiatenprogramm ebenfalls
einen festen Platz in Bamberg, und lang-
sam sickert sie auch in den dortigen
Kunsthandel ein.
Im Familienunternehmen Senger tes-
tet die jetzt aktive Generation unter Füh-
rung von Thomas Herzog den Doppel-
pass: Gerade lieferte man dem
Rheinischen Landesmuseum Conrad Fe-
lixmüllers Gemälde „Kind vor Hochofen“
von 1927 zur Ansicht nach Bonn; das
Aushängeschild bei Senger aber bleibt
die gotische Skulptur. Aus entsprechen-
der Fülle sei eine Maria Magdalena ge-
griffen, die dem Umkreis des Allgäuer
Bildschnitzers Jörg Lederer zugeordnet
wird (58.000). In ihrem mit Liebe und
Sachverstand renovierten Altstadthaus
zum „Roten Hahn“ stehen die Händler
und Restauratoren Schmidt-Felderhoff
voll hinter älterer Kunst. Zu erwerben ist
hier das Gemälde eines pittoresken, ver-
mutlich in Mechelen gelegenen Kanals,
den der Belgier Joseph Ignace van Hoey
1879 ins Bild setzte (4500). Eine Rarität
ist der große Bayreuther Schrank, der Ro-
sen auf blaugrundigem Rankenmuster
blühen lässt (14.000).
Als Pionierin für modernes Kunsthand-
werk vor Ort kann sich Julia Heiss in
ihrem kleinen, ganz mit Silber gefüllten
Geschäft fühlen. Es ist eine Fundgrube
für Stücke dänischer Meister, etwa Tisch-
silber von Hans Hansen oder ein stromli-
nienförmiges Schälchen von Lasse Baeh-
ring (1300). Einen Bogen zur Kunst von
heute schlägt die über die Regnitz durchs
Alte Rathaus führende Brücke zur
AOA;87 Galerie in der Austraße. Sie zeigt
schwarze, Schatten werfende Filzschnitte
von Bodo Korsig. Verstärkung für die zeit-
genössische Kunst bringt auch Thomas
Eller: Zurück nach Jahren in Berlin und
Peking, eröffnete der ehemalige „Art-
net“-Mitarbeiter und Kulturmanager
THE gallery in einer alten Mühle im na-
hen Mürsbach und gastiert während der
Sommerwochen in einem Schauraum des
Kunstauktionshauses Schlosser. Große,
auf Naturerscheinungen gründende Lein-
wände von Werner Knaupp (je 23.000)
präsentiert er neben Werken des 1986
verstorbenen sowjetischen Künstlers Wa-
dim Sidur. Zu dessen bekanntesten öffent-
lich zugänglichen Werken in Deutschland
gehört das Treblinka-Denkmal in Berlin-
Charlottenburg. In der UdSSR war Sidur
in Ungnade gefallen: Seine erotischen und
politisch kritischen Zeichnungen (ab
3700) durfte er dort zu Lebzeiten ebenso
wenig zeigen wie seine abstrahierten
Menschendarstellungen, die mit ihren
häufigen Bezügen zu Krieg und Frieden
wieder Aktualität erlangt haben (Alumi-
niumgüsse ab 35.000). BRITA SACHS
Bamberger Kunst- und Antiquitäten-
wochenn, täglich bis 24. August
Frau nach Südafrika, wo die Töchter
Marianne und Hannah schon lebten.
Marianne hatte in Berlin Reinhold Cassi-
rer, einen Neffen des Kunsthändlers Paul
Cassirer, geheiratet, der nach der Schei-
dung die spätere Literaturnobelpreisträ-
gerin Nadine Gordimer heiratete. Skaller
starb wenige Monate nach seiner Frau
am 21. Oktober 1944 in Johannesburg.
In den Sozialistischen Mitteilungen, die
sich an deutsche Sozialisten in London
wandten, wurde 1945 berichtet, dass Ot-
to Wels, der den Generalstreik gegen den
Kapp-Putsch ausgerufen hatte, in Skal-
lers Berliner Wohnung in der Schlüter-
straße 45 für mehrere Tage Unterschlupf
gefunden hatte.
In Johannesburg befand sich von 1935
an auch das von Skaller als Rubens ge-
kaufte Bildnis eines Mannes. In diesem
Jahr war infolge der antisemitischen Poli-
tik der Nationalsozialisten auch der Ru-
bens-Forscher Ludwig Burchard mit sei-
ner Familie nach England emigriert.
Nach anfänglichen Schwierigkeiten ge-
lang es ihm, seine Kennerschaft zur Le-
bensgrundlage zu machen. Mehr als vier-
zig Jahre arbeitete er an der Vorbereitung
eines Werkverzeichnisses von Rubens.
Die enorme Fluktuation von Werken auf
dem internationalen Kunstmarkt trug er-
heblich dazu bei, das Wissen über Rubens
zu mehren und die Kenntnis seines male-
rischen Stils zu verbessern. Das aus sei-
nem Sichtfeld verschwundene Gemälde
aus Skallers früherem Besitz hat Bur-
chard in Fotos dokumentiert. In der stetig
gewachsenen Dokumentation hat er sei-
ne einst geäußerte Meinung über den ver-
meintlichen Rubens widerrufen, der von
der aktuellen Forschung als Werk eines
unbekannten holländischen Malers ange-
sehen wird. Doch auch ohne Kenntnis
des Malers oder der dargestellten Person
bleibt dieses Gemälde mit seiner wech-
selvollen Geschichte ein beeindrucken-
des historisches Dokument.
Gabriela von Wallenberg lehrt als Juristin
an der Ostbayerischen Technischen Hoch-
schule Regensburg; Nils Büttner ist Vorsit-
zender des Centrum Rubenianum und hat an
der Staatlichen Akademie der Bildenden
Künste Stuttgart den Lehrstuhl für Mittlere
und Neuere Kunstgeschichte inne.
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 1 3
Diese Sommertage an der Ostsee
Vorschau auf die 49. Ahrenshooper Kunstauktion
Wie in jedem Sommer locken die Veran-
stalter der Ahrenshooper Kunstauktionen
am 5. August zur Versteigerung von hun-
dert Gemälden und Arbeiten auf Papier in
die Strandhalle des Ostseebades. Vollmun-
dig als „absolutes Highlight“ gepriesen,
behauptet Carl Malchins wolkenverhange-
ner „Sommerweg zur Mühle mit Blick auf
Schwerin“, der 22.000 bis 26.000 Euro ein-
spielen soll, eine der beiden attraktivsten
Positionen. Im Schätzpreis übertroffen
wird das charakteristische Bild des Mit-
gründers der Ahrenshooper Künstlerkolo-
nie durch Elisabeth von Eickens „Dornen-
haus im winterlichen Tauschnee“ (Taxe
24.000 bis 28.000 Euro), dessen Zweitfas-
sung bis zum 24. September in der Hallen-
ser Kunsthalle Talstraße zu besichtigen ist.
Bei Wanderungen auf Rügen fiel dem
gebürtigen Amerikaner Lyonel Feininger
der monumentale Holzbaukörper der
„Bockwindmühle“ ins Auge. Mit 12.000
bis 14.000 Euro liegt die Schätzung der
1901 ausgeführten Bleistiftzeichnung über
derjenigen der elf Jahre später entstande-
Taxiert auf bis zu 26.000 Euro: Carl Malchin, „Sommerweg zur Mühle mit Blick auf
Schwerin“, 1902, Öl auf Leinwand, 54,5 mal 115 Zentimeter
Wer sind Hunter Bidens Sammler?
Präsidentensohn bleibt im Visier der Republikaner
Die Republikaner in den Vereinigten Staa-
ten wollen es seit Monaten wissen: Wer
kauft die Bilder Hunter Bidens, des spät
zum Künstler berufenen, juristisch in Tur-
bulenzen geratenen und dem Weißen
Haus wie kaum ein Zweiter persönlich na-
hestehenden Sohns des Präsidenten? In
der New Yorker Galerie Georges Bergès
wurden Werke Hunter Bidens nach Anga-
ben seines Händlers für bis zu 225.000
Dollar vermittelt. Die Käufer bleiben ano-
nym: So hatten es Anwälte des Weißen
Hauses erwirkt, damit der Präsidenten-
sohn ohne Wissen um die Identität der
Sammler seiner kreativen Profession
überhaupt nachgehen könne. Der republi-
kanische Vorsitzende des Ausschusses für
Aufsicht und Rechenschaft im Abgeord-
netenhaus, James Comer, forderte da-
gegen Anfang des Jahres (F.A.Z. vom 18.
Februar) von dem Galeristen die Offenle-
gung der Käuferliste und stellte den Ver-
dacht politischer Einflussnahme auf Joe
Biden in den Raum.
Es blieb bei der Forderung der Republi-
kaner, die Hunter Biden seit Jahren zur
Zielscheibe politischer Attacken machen.
Doch just als eine Richterin im Bundesstaat
Delaware nun eine zwischen Hunter Biden
und der Staatsanwaltschaft ausgehandelte
Vereinbarung, eine Anklage wegen eines
mutmaßlichen Steuerdelikts und angeblich
Ruth Bader
Ginsburgs Kragen
Was für die britische Königin Elisabeth II.
Broschen waren, waren für die amerikani-
sche Supreme-Court-Richterin Ruth Ba-
der Ginsburg selbst gewählte Kragen zur
Amtsrobe: modische Statements und sub-
tile Zeichen für alle, die sie lesen konnten.
Am 21. September kommt ein Lieblings-
nen, für 6000 bis 9000 Euro abrufbaren
Kaltnadelradierung „Das Tor“ („The
Gate“) – jenes berühmte Blatt, das Feinin-
gers Stilwende zum Kubismus ankündigt.
Nicht weniger als 8000 bis 10.000 Euro
erbringen soll Ernst Wilhelm Nays 1936
datierte Rohrfederzeichnung „Fischer am
Strand“, auf der die Eigner der Segelboote
auf wundersame Weise mit ihren Schiffen
verschmelzen. Auf einem Jugendwerk des
Berliner Secessionisten Walter Leistikow
navigieren „Krabbenfischer“ auf weitem
Meer (3600/4600). Die Worpsweder Moor-
landschaft inspirierte Otto Modersohn,
den Ehemann der weit populäreren Paula,
zu „Spätsommertag an der Wümme“
(11.000/14.000). Als einzige Skulptur im
Parcours zweidimensionaler Darstellun-
gen fällt bei einer Taxe von 8000 bis 11.000
Euro die Kleinplastik „Haarkämmende“
von Gerhard Marcks auf, eine 1971 bei
Barth in Rinteln gegossene Bronze, die auf
ein Gipsmodell zurückgeht, das der im
„Dritten Reich“ verfemte Bildhauer 1944
vorgeformt hatte. CAMILLA BLECHEN
Foto Ahrenshooper
unerlaubten Waffenbesitzes betreffend,
vom Tisch wischte, war das Bilderkaufthe-
ma medial wieder auf dem Tisch. Das
Nachrichtenportal „Business Insider“ will
interne Papiere der Galerie Georges Bergès
zu Gesicht bekommen haben und berich-
tet, ein anonymer Käufer habe 875.000
Dollar für elf Kunstwerke Hunter Bidens
gezahlt. Eine andere Käuferin sei Elizabeth
Hirsh Naftali und damit eine wichtige
Spenderin der Demokraten, die von Joe Bi-
den auf einen – unbezahlten – Posten in der
Kommission zur Bewahrung des amerika-
nischen Erbes im Ausland berufen wurde.
Als weiteren Sammler Hunter Bidens
nennt das Portal Kevin Morris, einen Geld-
geber und Freund des Präsidentensohns.
Ein handfester Skandal lässt sich daraus
noch nicht konstruieren, wiewohl es unver-
dächtiger – aber auch unwahrscheinlicher –
gewesen wäre, hätten stramme Republika-
ner Gemälde Hunter Bidens erstanden. Die
Galerie ließ wissen, sie handele nach
„höchsten ethischen Standards der Bran-
che“ und werde die Namen ihrer Kunden
nicht preisgeben. Für Joe Biden, der 2024
für eine zweite Amtszeit kandidieren will,
ist die Angelegenheit dennoch politisch hei-
kel. Im Kongress laufen gegen seinen Sohn
Untersuchungen wegen Korruptionsvor-
würfen im Kontext von Geschäften in Chi-
na und der Ukraine. URSULA SCHEER
stück der liberalen Juristin, die 2020 im
Alter von 87 Jahren starb und die Neube-
setzung ihres Stuhls durch Donald Trump
nicht mehr verhindern konnte, beim Auk-
tionshaus Potomack zum Aufruf. „The Pe-
gasus“, wie das geflügelte Pferd der grie-
chischen Mythologie, heißt der aus
Silberfedern geformte Kragen von Stella
& Dot: Schmuck und Rüstung zugleich, ta-
xiert auf 200.000 bis 400.000 Dollar. Ein
Teil des Erlöses soll einer juristischen Stif-
tung zugutekommen. eer.
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Kanalflut
Von Michael Hanfeld
reisfrage: Wovon haben ARD
P und ZDF noch mehr als von
Fernseh- (21) und Radiopro-
grammen (69)? Von Social-Media-
Kanälen selbstverständlich. Wie viele
es genau sind, hat der Evangelische
Pressedienst (epd) erfragt. Demnach
kommt das ZDF zurzeit auf 101 Auf-
tritte bei Sozialmedienkonzernen, die
ARD auf 692 (im April hatte es noch
geheißen, es seien „rund 800“). Im
Gegensatz zur Zählung des ZDF dürf-
D
te die Kanalflut der ARD realistisch
beziffert sein. Das ZDF zählt nämlich
nicht vollständig durch. Nicht genannt
würden die Twitter- beziehungsweise
jetzt „X-Kanäle“ der Partnerprogram-
me, der Landes- und der Auslandsstu-
dios und die ZDF-Unternehmens-
accounts bei X sowie jene, die nicht
aktuell befüllt werden. Bleiben immer
noch 29 Kanäle bei Youtube, 28 bei
Instagram, 16 Accounts auf Facebook,
13 bei X (Twitter), 12 bei Tiktok, zwei
bei Mastodon und einer bei Linkedin.
Die ARD kommt nach epd-Angaben
zurzeit auf 202 Accounts auf Face-
book, 191 auf Instagram, 150 Kanäle
auf Youtube, 101 bei X (Twitter) und
auf 48 bei Tiktok. Auf Snapchat, Pin-
terest, Twitch, Linkedin und Masto-
don sei die ARD ebenfalls vertreten.
Eine „grundsätzliche Reduzierung“
planten die Sender nicht, schreibt der
Evangelische Pressedienst. Auch an
diesem Beispiel kann man demzufol-
ge ablesen, wie es um die Reformfä-
higkeit der Öffentlich-Rechtlichen be-
stellt ist. Wenn jemand fragt, ob das
nicht zu viel sei, machen sie noch
mehr. Dabei reichte für das ZDF doch
ein Account von Jan Böhmermann,
um dem journalistischen Profil des
Senders Ausdruck zu verleihen. Die
Einlassung des Satire-Minderleisters,
bei der CDU handele es sich um „Na-
zis mit Substanz“. hat das einmal
mehr eindrucksvoll bestätigt.
Live as if you were to die tomorrow
Learn as if you were to live forever
(M. Gandhi)
Unser liebenswerter Bruder, Schwager, Onkel und Cousin musste sich einer tückischen
Erkrankung geschlagen geben
Sein Leben war erfüllt vom einfühlsamen Wirken als Chirurg, von breiter wissenschaftlicher
Neugier, von großzügiger Hilfsbereitschaft, von inniger Familienverbundenheit und von einem
großen Freundeskreis, mit dem er die Sportbegeisterung und Reisefreudigkeit teilte.
So behalten wir dich in Erinnerung.
Die Trauerfeier findet statt am Dienstag, dem 15. August 2023, um 11.00 Uhr in der Marktkirche
Poppenbüttel, Poppenbüttler Markt 2, 22399 Hamburg. Die Seebeisetzung in der Kieler Bucht erfolgt
zu einem späteren Zeitpunkt im engsten Familienkreis.
Anstelle von zugedachten Blumen wäre eine Spende zugunsten der Hamburger Tafel im Sinne
des Verstorbenen, IBAN: DE65 2005 0550 1217 1305 15, BIC: HASPDEHHXXX, Vermerk:
Dieter Holzrichter.
Saviano muss weichen
Die italienische Regierung
will die öffentlich-
rechtliche Anstalt Rai in
ihrem Sinne ausrichten.
Sie streicht jetzt auch
die Programme des
Anti-Mafia-Journalisten
Roberto Saviano.
Von Christian Schubert,
Rom
ass neue Regierungen nach der
Wahl ihre Vertrauensleute in
der staatlichen Rundfunkan-
stalt Rai auf Schlüsselposten
platzieren, gehört zu den Ritualen der
Machtwechsel in Rom. Ministerpräsiden-
tin Giorgia Meloni und ihre Mitstreiter ge-
hen dabei jedoch besonders rabiat vor.
Wenn ihre Politik heute insgesamt als
weitgehend moderat gilt, besonders vergli-
chen mit ihren früheren rechten Extrem-
positionen, so passt dieses Bild nicht zu
ihrer Medienpolitik. Jüngstes Opfer der
neuen Gesinnungsvorgaben ist der be-
kannte Anti-Mafia-Journalist und Schrift-
steller Roberto Saviano.
Seine schon produzierte Staffel mit vier
Fernsehsendungen unter dem Titel „Insi-
der“, in der er für gewöhnlich wichtige
Zeugen gegen das organisierte Verbrechen
zu Wort kommen lässt, ist überraschend
gestrichen worden, obwohl sie der Sender
erst vor drei Wochen als Teil des neuen
Herbstprogramms bekanntgegeben hatte.
Als Begründung nennt die Rai-Führung
einen Ethik-Kodex für die Mitarbeiter,
gegen den Saviano verstoßen haben soll.
Der Journalist liegt seit Jahren im gericht-
lichen Clinch mit Matteo Salvini, dem Vor-
sitzenden der Regierungspartei Lega und
heutigem Infrastrukturminister, denn er
hatte ihn 2018 als „Minister des schlechten
Lebens“ bezeichnet. Saviano beschimpfte
zudem Salvini und auch Meloni im Zusam-
menhang mit ihrer Flüchtlingspolitik als
„Bastarde“, wogegen Meloni auch als Mi-
nisterpräsidentin gerichtlich vorgeht.
An der seriösen Arbeit des Journalisten,
der wie kaum ein anderer die Mafia kennt,
Dieter Holzrichter
Dr. med. habil.
* 13. 10. 1940 † 17. 7. 2023
In stiller Trauer
Dr. Vera und Prof. em. Dr. Volker Dietz
Dr. Fabian Dietz-Vellmer und Susanne Vellmer mit Familie
Franziska und David Diallo mit Familie
Sebastian Dietz
Ute Brune
Werner, Jutta und Carolin Kaessmann
Gustav Adolf und Faith Holzrichter
Michael Klein für alle Hamburger Freunde/innen
Medien
Roberto Saviano am 1. Februar dieses Jahres beim Verlassen des Gerichts (Citta Giudiziaria) in Rom, nach seiner Aussage zur
gegen ihn gerichteten Verleumdungsklage des stellvertretenden Ministerpräsidenten, Matteo Salvini
sie unermüdlich anprangert und wegen
Bedrohungen immer noch seine wechseln-
den Aufenthaltsorte verschweigen muss,
zweifelt jedoch kaum jemand. Daher hat
nun auch die Rai-Präsidentin Marinella
Soldi für ihn Partei ergriffen. Sie geht da-
mit auf Konfrontationskurs zu dem unter
Meloni im Mai ernannten Rai-Vorstands-
vorsitzenden Roberto Sergio, der Savianos
Rausschmiss bekanntgegeben und be-
gründet hatte. Die Rai-Präsidentin vertei-
digt Savianos Sendungen als „ein Produkt
im Sinne des öffentlichen Dienstes, das
sich mit der Mafia und der Legalität be-
schäftigt“. Nun müsse eine Lösung im In-
teresse der Zuschauer und des Unterneh-
mens mit seinem öffentlich-rechtlichen
Auftrag gefunden werden, sagte sie. Die
erste Staffel der Sendung, die im vergange-
nen Jahr lief, habe höhere Einschaltquo-
ten gehabt als der Durchschnitt der Pro-
gramme in diesem Segment.
Umgehend wurde die Rai-Präsidentin
daraufhin zur Zielscheibe rechter Politiker.
Ihr Angriff auf den Vorstandsvorsitzenden
Sergio sei unvereinbar mit ihrer „überpar-
teilichen“ Rolle als Präsidentin; daher
müsse sie sich entscheiden, ob sie bei der
Anstalt bleibe, donnerten die Abgeordne-
ten der Partei Lega, die nach Fratelli d’Ita-
lia (FdI) die zweitstärkste Regierungspar-
tei ist, in einer gemeinsamen Erklärung.
Die FdI-Abgeordnete Augusta Montaruli
forderte, „nicht mit zweierlei Maß zu mes-
sen“. Damit spielte sie auf die kürzliche
Entlassung des Rai-Journalisten Fabio Fa-
zio an. Der Moderator einer seit 20 Jahren
laufenden Talkshow musste gehen, weil er
in einem Zeitungsbeitrag eine junge Frau
in einer anderen Affäre angegriffen hatte:
Die Frau wirft dem Sohn des Senatspräsi-
denten und FdI-Mitgründers Ignazio La
Russa, vor, sie vergewaltigt zu haben.
Für die Rai-Präsidentin Soldi sind die
Fälle nicht vergleichbar. Saviano griff den
Unterschied in einem Video auf Twitter
ebenfalls auf: „Fazio attackiert eine hilflo-
se Frau – ich greife in meiner Sendung die
Mächtigen an.“ Genau das sei unter der
Regierung Meloni nicht gewünscht.
Der nun ausgebrochene Machtkampf
zwischen der Rai-Präsidentin, die eine
Aufsichtsrolle hat, und dem operativ agie-
renden Vorstandsvorsitzenden sorgt bei
den Rai-Mitarbeitern für erhebliche Ver-
unsicherung. Die Regierung hatte Roberto
Sergio Mitte Mai zum neuen Vorstands-
chef gemacht. Er gilt als Kommunika-
tionsexperte und arbeitet seit zwei Jahr-
zehnten auf verschiedenen Posten bei der
Millionen erhoben ihre Stimme
Khaled Drareni trat für demokratischen Wandel in seinem Land ein und musste in
Haft. Wir fragen ihn, wie es um die Pressefreiheit in Algerien und Nordafrika steht.
Der algerische Journalist Khaled Drare-
ni, der im Frühjahr 2020 wegen seiner
mutigen Berichterstattung über die De-
mokratiebewegung Hirak und die Kor-
ruption in seinem Land verhaftet und im
August 2020 zu drei Jahren Gefängnis
verurteilt worden war, kam nach elf Mo-
naten frei und macht weiter. Seit April
2022 fungiert er als Regionalvertreter der
Vereinigung Reporters sans frontières
(RSF) in ganz Nordafrika von Maureta-
nien bis Sudan, allesamt Länder, die die
Meinungs- und Pressefreiheit missachten,
Journalisten bedrohen und Medienunter-
nehmen gängeln. Der 40-Jährige war ein
echter Star unter den algerischen Journa-
listen. Er schrieb für die Zeitungen „La
Tribune“ und „Algérie News“, moderier-
te Rundfunk- und Fernsehsendungen in
französischer und arabischer Sprache,
war Anchorman des Kanals 19 Info und
leitete das Online-Magazin Casbah Tri-
bune. So erreichte er auch junge Leute,
die mehr als die Hälfte der algerischen
Bevölkerung ausmachen und den Hirak
vorantrieben, darunter erstmals sehr viele
junge Frauen, bis die Corona-Pandemie
den freitäglichen Straßenprotesten gegen
das autoritäre Regime ein Ende setzte. Bei
seinem Besuch in der deutschen Zentrale
von Reporter ohne Grenzen in Berlin
konnte wir ihm Fragen zur Lage der Pres-
se in Nordafrika stellen.
Wie ist die Lage der Pressefreiheit in
Ihrem Land?
Paradoxerweise hat sich die Lage seit
2019, dem Beginn des Aufstands, ver-
schlechtert. Das ist paradox, weil Millio-
nen ihre Stimme erhoben, aber die Medien
deren Schwung nicht mitnahmen und eine
Art Selbstzensur betrieben.
Wie unterscheiden sich die arabophonen
und frankophonen Medien?
Dazu muss man wissen, dass die überwäl-
tigende Mehrheit der Algerierinnen und
Algerier nur arabischsprachigen Medien
folgt. Die französischsprachigen haben
massiv an Publikum verloren, seit die
Zeitungen „Liberté“ und „El Watan“ in
finanzielle Probleme gestürzt wurden.
Lange genossen die französischsprachi-
gen Medien mehr Meinungsfreiheit, aber
mittlerweile hat sich die Lage für beide
Sprachen verschlechtert.
Haben die Algerier noch Vertrauen in
das staatliche Fernsehen und die Privat-
medien?
Der Vertrauensverlust ist bei beiden to-
tal. Speziell junge Leute glauben weder
den staatlichen noch den privaten Me-
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Foto AFP
Rai. Seine Gegner werfen ihm vor, sein
Fähnchen immer nach den Wünschen der
jeweiligen Regierung auszurichten. Er sei
„ein bescheidener Beamter, ein Büroange-
stellter der Lega“, wetterte Saviano.
Schärfere Kanten hat dagegen der
neue Generaldirektor Giampaolo Rossi,
den Sergio umgehend einstellte. Das Ma-
gazin „L’Espresso“ bezeichnete ihn als
den „No-Vax-Ideologen von Giorgia Me-
loni“. Für Fratelli d’Italia organisierte er
Veranstaltungen und schrieb konservati-
ve Manifeste. In einer Kolumne für die
rechtsstehende Zeitung „Il Giornale“ be-
zeichnete er Feministinnen als „Gesin-
del“ sowie „Nigerianer und Gutmen-
schen“ als „Abschaum dieses Landes“. Er
lobte häufig Wladimir Putin und nannte
den angesehenen Präsidenten der italie-
nischen Republik, Sergio Mattarella, ein
„institutionelles Desaster“.
Unter diesen politischen Vorzeichen hat
eine Reihe bekannter Journalisten die Rai-
Sender verlassen. Von „Tele Meloni“ ist die
Rede. Die Einflussnahme erfolgt auf allen
Ebenen. Ein erfahrener Auslandsjourna-
list hat kürzlich berichtet, dass seine Vor-
gesetzten vor allem Berichte über die
Probleme durch Migration verlangen. Der
Mann möchte lieber anonym bleiben.
dien, sie verlassen sich allein auf die so-
zialen Medien und Blogs, das Internet ist
die Hauptinformationsquelle. Was unsere
Arbeit als Journalisten natürlich enorm
erschwert, weil im Netz zirkulierende In-
formationen selten nach unseren Stan-
dards verifiziert werden.
Sieht es in den beiden anderen Ma-
ghrebstaaten Marokko und Tunesien
besser aus?
Ich würde die Lage in allen drei Ländern
als miserabel beschreiben. Wir sind glei-
Khaled Drareni Foto AFP
chermaßen besorgt über die inhaftierten
Journalisten, drei in Marokko (Omar Ra-
di, Soulaiman Raissouni, Taoufik Bou-
achrine), einer in Algerien.
Das ist Ihsane el-Kadi, über den die
F.A.Z. berichtet hat. Algerien steht heu-
te an 146. Stelle unter 180 Ländern im
RSF World Press Freedom Index, fünf
Plätze tiefer als 2019 und 27 tiefer als
2015.
Tunesien beunruhigt uns am meisten,
weil da ein Land einen enormen Schritt
zurück macht, das 2011 an der Spitze der
arabischen Revolution stand. Auch dorti-
ge Journalisten verlieren Freiheiten, die
sie sich erkämpft hatten, ein Kollege ist
gerade zu fünf Jahren Gefängnis ver-
urteilt worden.
Welche Bilanz ziehen sie zur algerischen
Demokratiebewegung, dem Hirak?
Meine Bilanz ist gemischt. Es war eine
großartige Bewegung, die 20 Millionen
Gegen den
Kopf getreten
Prozess zu Angriff
auf ZDF-Drehteam
Erst im Januar 2024 soll der Prozess
zu einem Angriff auf ein ZDF-Team
in Berlin am Rande einer Demon-
stration gegen die damaligen Coro-
na-Maßnahmen beginnen – drei Jah-
re und neun Monate nach der Tat.
Drei Männer und eine Frau müssen
sich wegen gefährlicher Körperver-
letzung vor dem Amtsgericht Tier-
garten verantworten, wie eine Ge-
richtssprecherin sagte. Beschuldigt
sind zwei Männer aus Berlin sowie
eine Frau und ihr Bruder aus Baden-
Württemberg. Laut Anklage sollen
sie am 1. Mai 2020 auf das ZDF-Team
eingetreten und eingeschlagen ha-
ben, zum Teil mit Metallstangen.
Das Team hatte 2020 bei einer
Demonstration gegen die staatlichen
Corona-Maßnahmen gefilmt, es war
im Auftrag der ZDF-Sendung „heute-
show“ unterwegs. In einer Seitenstra-
ße in der Nähe des Alexanderplatzes
war das Team angegriffen worden.
Nach Angaben der Polizei waren da-
ran bis zu 25 vermummte, schwarz
gekleidete Menschen beteiligt.
Der für politisch motivierte Taten
zuständige Staatsschutz des Landes-
kriminalamtes (LKA) übernahm die
Ermittlungen. Diese gestalteten sich
teils kompliziert. In mehreren Aufru-
fen suchten Ermittler nach Zeugen
und baten um Foto- und Videoaufnah-
men. Am Tatort waren auch DNA-
Spuren gesichert worden. Nach einem
Gerichtsbeschluss durften die Ermitt-
ler schließlich von sechs Verdächtigen
DNA-Proben nehmen und verwen-
den. Die Verdächtigen – und die nun
Angeklagten – werden der Linksextre-
men-Szene zugeordnet. Nach der
DNA-Analyse ist die Berliner Staats-
anwaltschaft davon überzeugt, dass
die vier Beschuldigten das ZDF-Team
– Journalisten und Wachleute – an-
griffen. Vermummt sollen sie ihre Op-
fer niedergeschlagen und den am Bo-
den liegenden Menschen „mit großer
Wucht“ gegen die Köpfe getreten ha-
ben. Zwei der Opfer verloren nach
Angaben der Staatsanwaltschaft zeit-
weilig das Bewusstsein. Die Angegrif-
fenen wurden teils erheblich verletzt,
einige Wunden mussten chirurgisch
behandelt werden. dpa/F.A.Z.
Menschen große Hoffnung gemacht hat.
Covid hat sie zum totalen Stillstand ge-
bracht, aber wir sind ein mutiges Volk,
das weiter Hoffnung hat und die Zukunft
unseres Landes gestalten wird.
Hat der Hirak auch selbst politische
Fehler gemacht?
Sie haben recht, 2019 wollte die Bewe-
gung bewusst keine politischen Füh-
rungspersönlichkeiten, weil sie glaubte:
Der Hirak, das ist das Volk. Es gab einige
bekannte Anführer, die dann auch ver-
haftet wurden, aber keine Sprecher der
Bewegung. Das hat viele Demonstranten
enttäuscht, die sich politische Repräsen-
tanten gewünscht hätten. Dazu gehört
die Frage, ob sich 2019 nicht auch Kandi-
daten des Hirak an den Wahlen hätten
beteiligen sollen. So blieb es bei einer
spontanen Bewegung ohne organisatori-
sches Rückgrat.
Inhaftiert und verurteilt wurde Drareni
wegen „Gefährdung der Integrität des
nationalen Territoriums und weil er an-
geblich keine Lizenz als Korrespondent
des französischen TV-5-Kanals hatte.
Der Verlust der Freiheit war hart, aber
Drareni ist stolz, seine berufliche Ehre
verteidigt zu haben – auch schon vor sei-
ner Verhaftung, als man ihm für sein
Schweigen sogar eine Wohnung und
einen hohen Posten angeboten hatte. Im
Gefängnis Koléa saß er zusammen mit
Hunderten weiterer politischer Gefange-
ner.
11 Monate Gefängnis steckt man nicht
leicht weg. Wenn man draußen ist,
glaubt man, da laufe noch der Traum
von der Befreiung, den man so oft ge-
träumt hat. Aber als ich vor den Toren
des Gefängnisses stand und mich da
Dutzende von Freunden empfingen,
wusste ich, wie mir die nationale und
internationale Unterstützung geholfen
hat. So froh ich bin, frei zu sein, weiß ich
doch, dass solange auch nur ein einziger
Journalist im Gefängnis ist, wir alle im
Knast sind.
Wie kann man in einer so prekären Situ-
ation in ganz Nordafrika den Job als Re-
präsentant von RSF in der Region aus-
üben?
Das ist natürlich nicht einfach, vor al-
lem dort, wo es militärische Konflikte
gibt wie in Sudan und in Libyen. Aber es
ist eine sehr ehrenvolle Mission, Journa-
listen zu unterstützen, die dringend unse-
re Hilfe benötigen.
Das Gespräch führte Claus Leggewie.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Fernsehen am Samstag
ARD
8.55 Die Pfefferkörner 9.50 Tagess. 9.55
Panda, Gorilla & Co. 11.30 Quarks im Ers-
ten 12.00 Tagess. 12.15 Die Tierärzte
13.00 In aller Freundschaft 13.45 Tagess.
14.00 St. Josef am Berg – Stürmische Zei-
ten. Dt. Komödie, 2018 15.30 Liebe am
Fjord – Das Alter der Erde. Dt. Drama, 2016
17.00 Tagesschau. Magazin 17.10 Brisant
17.50 Tagesschau 18.00 Sportschau.
Fußball: 2. Bundesliga, 1. Spieltag, 1. FC
Kaiserslautern – FC St. Pauli, Hannover
96 – SV Elversberg, VfL Osnabrück –
Karlsruher SC, SV Wehen Wiesbaden – 1.
FC Magdeburg / ca. 18.55 Leichtathletik:
True Athletes Classics, Weitsprung Da-
men, 3000 m Hindernis Damen, Stab-
hochsprung Herren, aus Leverkusen
19.50 Wetter vor acht 19.57 Lotto
20.00 Tagesschau
20.15 Sportabzeichen für Anfänger
Dt. Komödie mit Andrea Sawatz-
ki, Christian Berkel. Regie:
Thomas Roth, 2020. Sportmuffel
Bertram Dinkler provoziert
beim Elternabend eine unge-
wöhnliche Wette mit der allein-
erziehenden Stefanie Eckhoff.
21.45 Familie ist ein Fest – Taufalarm
Dt. Komödie mit Amelie Kiefer,
Reza Brojerdi, V. Trauttmansdorff
Regie: Sebastian Hilger, 2021
23.15 Tagesthemen
23.35 Wort zum Sonntag Ansprache
23.40 Bericht vom Parteitag der AfD
23.55 Inas Nacht Zu Gast: Oliver
Welke, Dietmar Wischmeyer,
Ingrid Andress, UWE
0.55 Die Füchsin Im goldenen Käfig
Dt. Kriminalfilm mit Lina Wendel
Regie: Sabine Derflinger, 2019
ZDF Neo
17.50 Die glorreichen 10 19.20 Sketch
History 19.45 Böhmi brutzelt 20.15 Con-
go. Amerik. Abenteuerfilm, 1995 21.50
Dinge Erklärt – Kurzgesagt 22.00 Ana-
conda. Amerik. Horrorfilm, 1997 23.20
Anacondas: Die Jagd nach der Blut-Or-
chidee. Amerik./Austral. Horrorthriller,
2004 0.50 Congo. Amerik. Abenteuerfilm
mit Dylan Walsh, Laura Linney, 1995
Phoenix
16.30 Mit dem Zug ... 17.15 Abenteuer
Freiheit 19.30 Zum Nordkap mit Hurtig-
ruten – Polarlicht, Fjorde, Influencer
20.00 Tagess. 20.15 Der Flussbaumeister:
Wie Tulla den Rhein begradigte. Dt. Do-
kudrama, 2020 21.45 Johannes Kepler,
der Himmelsstürmer. Dt. Dokumentar-
film, 2021 23.15 Mythen der Gegen-
wart – Von der Platte bis zur Autobahn
0.00 Wunderbauten der Geschichte
Pro Sieben
17.20 ProSieben :newstime 17.30 Formel
E: FIA-WM. Aus London 19.10 Friends
20.10 Fußball: Weltmeisterschaft der
Frauen. Highlights 20.15 Darüber staunt
die Welt 3.00 Mom 22.35 Darüber staunt
die Welt 0.50 Darüber staunt die Welt
Fernsehen am Sonntag
ARD
5.30 HobbyMania – Tausch mit mir dein
Hobby! 5.55 Geschichten von überall 6.10
Tagesschau 6.15 Fußball: Weltmeister-
schaft der Frauen. 6.30 Vorrunde, Gruppe
H: Südkorea – Marokko, aus Adelaide
(AUS); 9.00 Vorrunde, Gruppe A: Schweiz –
Neuseeland, aus Dunedin (NZ); 11.30 Vor-
runde, Gruppe H: Deutschland – Kolum-
bien, aus Sydney (AUS); 14.00 Vorrunde,
Gruppe A: Norwegen – Philippinen, Zsfg.
aus Auckland (NZ) 14.30 Tagesschau
14.45 Der Ranger – Paradies Heimat. Ent-
scheidungen. Dt. Drama, 2019 16.15 Hof-
geschichten 17.00 Brisant 17.44 Fern-
sehlotterie 17.45 Tagesschau 18.00
Bericht aus Berlin – Sommerinterview
18.30 Weltspiegel. Russland: Urlaub in
Zeiten des Krieges 19.15 Sportschau
20.00 Tagesschau
20.15 Tatort Die goldene Zeit. Dt. Krimi
mit Wotan Wilke Möhring,
Franziska Weisz, Michael Thomas.
Regie: Mia Spengler, 2019
21.45 Maria Wern, Kripo Gotland
Raues Land. Schwed. Krimi mit
Eva Röse, Erik Johansson, Allan
Svensson. Regie: Johan Lundin,
2020. Auf der Nachbarinsel Fårö
bekommt es Kommissarin Maria
Wern mit einer abgeschiedenen
Dorfgemeinschaft zu tun.
23.15 Tagesthemen
23.35 ttt Magazin. Ende der China-
Illusion – ein neuer Umgang mit
der Supermacht / Das Prinzip
„Teile und Herrsche“ im Gesell-
schaftsdrama„Black Box“
0.05 Der Hunderteinjährige, der die
Rechnung nicht bezahlte und
verschwand Schwed. Komödie
mit Robert Gustafsson, 2016
ZDF Neo
16.10 Anthropozän – Das Zeitalter des
Menschen 17.40 Die glorreichen 10
19.10 Sketch History 19.30 Like a Loser
20.15 Survivors 23.45 Böhmi brutzelt
0.15 Maithink X. Magazin
Phoenix
18.30 Johannes Kepler, der Himmelsstür-
mer. Dt. Dokumentarfilm, 2021 20.00 Ta-
gess. 20.15 History 360° – Geschichte der
Menschheit 23.15 ZDF Magazin Royale
23.45 Extra 3 im Ersten – Das Beste 0.15
persönlich 0.45 Abenteuer Arktis
Pro Sieben
19.25 Galileo X-Plorer 20.10 Fußball:
Weltmeisterschaft der Frauen. Highlights
20.15 Infinite. Amerik. Actionthriller,
2021 22.25 Deepwater Horizon. Amerik.
Katastrophenfilm, 2016 0.35 Extreme Ra-
ge. Amerik./Dt. Actionfilm, 2003
Tele 5
18.20 Die 50 besten Shark-Week-Mo-
mente 20.15 Land Shark. Chin. Abenteu-
erfilm, 2020 22.05 Swim. Amerik. Horror,
2021 23.50 Piranhas. Amerik./Holländ.
Horrorkomödie, 1978 1.35 Infomercial
Aktualisiertes und ausgewähltes Programm
ZDF
9.05 Fußball: Weltmeisterschaft der Frau-
en. Aus Mainz 9.30 Fußball: Weltmeister-
schaft der Frauen. Aus Wellington (NZ).
Vorrunde Gruppe G: Schweden – Italien
11.30 Fußball: Weltmeisterschaft der
Frauen. Aus Mainz 12.00 Fußball: Welt-
meisterschaft der Frauen. Aus Brisbane
(AUS). Vorrunde Gruppe F: Frankreich –
Brasilien 14.00 Fußball: Weltmeister-
schaft der Frauen. Aus Mainz 14.30 Fuß-
ball: Weltmeisterschaft der Frauen. Aus
Perth (AUS). Vorrunde Gruppe F: Pana-
ma – Jamaika 16.30 Fußball: Weltmeis-
terschaft der Frauen. aus Mainz mit Sven
Voss. Aus Mainz 17.00 heute Xpress
17.05 Länderspiegel 17.35 plan b 18.05
SOKO München. Krimiserie 19.00 heute
19.20 Wetter 19.25 Der Bergdoktor
20.15 Ein starkes Team Scharfe
Schnitte. Dt. Krimi mit Florian
Martens, S. Stappenbeck, Arnfried
Lerche. Regie: Martin Kinkel,
2020. Der Inhaber eines exklusi-
ven Friseursalons wurde ermor-
det. Otto und Linett ermitteln
in der Berliner Schickeria.
21.45 Der Alte Krimiserie
22.45 heute journal
23.00 Sportstudio FIFA Frauen-WM:
Schweden – Italien, Frankreich
– Brasilien, Panama – Jamaika /
Schwimm-WM: Zsfg. aus Fukuo-
ka / Fußball: 2. Liga, 1. Spieltag:
Düsseldorf – Hertha BSC, 1. FC
K’lautern – FC St. Pauli, Hannover
96 – SV Elversberg, VfL Osna-
brück – Karlsruher SC, SV Wehen
Wiesbaden – 1. FC Magdeburg,
Hamburger SV – FC Schalke 04
0.00 heute Xpress
Tele 5
16.20 Relic Hunter 20.15 Shark Season –
Angriff aus der Tiefe. Amerik. Thriller,
2020 22.00 Megalodon Rising. Amerik.
Actionfilm, 2021 23.50 Shark Attack. Aus-
tral./Kanad. Horror, 2009 1.30 Aquarium
of the Dead. Amerik. Horror, 2021
KIKA
16.35 Ernest & Rebecca 17.50 Super
Wings 18.10 Der kleine Drache Kokos-
nuss 18.35 Meine Freundin Conni 18.50
Sandmann 19.00 Power Players 19.25
Checker Tobi 19.50 logo! 20.00 KiKA Live
20.10 Checkpoint. Show 20.35 LÄUFT!
Hessen
17.15 Sommerinterviews im hr 17.40
maintower weekend 18.15 Klimazeit
18.45 Kochs anders 19.30 hessenschau
20.00 Tagess. 20.15 Vom Lago Maggiore
zum Gardasee 21.45 Hessische Hütten –
zu Hause in den Bergen 23.15 Mord auf
Shetland. Die Schatten der Vergangen-
heit. Engl. Krimi, 2017 1.10 Wild Republic
NDR
18.00 Nordtour 18.45 DAS! 19.30 Regi-
onal 20.00 Tagesschau 20.15 Kaum zu
Aktualisiertes und ausgewähltes Programm
ZDF
7.10 Das Dschungelbuch 7.20 Bibi Blocks-
berg 7.45 Madita 8.10 Pippi Langstrumpf
8.35 Michel aus Lönneberga 9.00 heute
Xpress 9.03 Too toxic to handle: Job – De-
saster 9.30 Ev. Gottesdienst 10.15 Bares
für Rares – Lieblingsstücke 13.33 heute
Xpress 13.35 ZDF-Fernsehgarten 15.50
Mein Zuhause richtig schön 16.35 Mein
fabelhaftes Ferienhaus 17.15 heute
17.25 sportstudio reportage 18.10 Die
Rosenheim-Cops. Krimiserie. Der Tod
mag Krimis 18.55 Aktion Mensch 19.00
heute 19.10 Berlin direkt – Sommerin-
terview 19.30 Dino-Jäger – Auf der Spur
der Urzeit-Giganten. Dokumentation.
Die einst verbreitete Vorstellung von der
Entstehung des Lebens geriet mit der Er-
forschung von Dinosauriern ins Wanken.
20.15 Malibu – Ein Zelt für drei
Dt. Komödie mit Karla Nina
Diedrich, Tom Radisch, Lewe
Wagner. Regie: Luise Brinkmann,
2022. Jantje und Stefan wollen
den maroden Campingplatz
„Malibu“ übernehmen. Doch der
Preis für die Familie ist eine
Fernbeziehung. Während Jantje
den Platz auf Vordermann bringt,
bleibt Stefan in der Stadt und
geht seinem Job nach.
21.45 heute journal
22.15 Karen Pirie – Echo einer Mord-
nacht Krimiserie. Das große
Lügen. Mit Lauren Lyle
23.40 Paparazzi – Die dreistesten
Fotografen der Geschichte
Dokumentation
0.25 heute Xpress
0.30 Inspector Barnaby Treu bis in
den Tod. Engl. Krimi mit John
Nettles. Regie: Baz Taylor, 1998
KIKA
17.00 1, 2 oder 3 17.30 Trudes Tier 17.50
Super Wings 18.10 Der kleine Drache Ko-
kosnuss 18.35 Meine Freundin Conni
18.50 Sandmann 19.00 Power Players
19.25 pur+ 19.50 logo! 20.00 Team Tims-
ter. Serie 20.15 stark! 20.30 Te Kopae
Hessen
18.30 Goodbye Allah – Zeinab glaubt
nicht mehr 19.00 Tobis Urlaubstrip 19.30
hessenschau 20.00 Tagess. 20.15 Immer
wieder sonntags 22.10 Dings vom Dach
22.55 strassen stars 23.25 Ich trage einen
großen Namen 23.55 strassen stars 0.25
Atomkraft Forever. Dt. Dokufilm, 2020
NDR
17.00 Bingo! 18.00 Regional 18.45 DAS!
19.30 Regional 20.00 Tagesschau 20.15
Mal eben raus! Urlaubstipps ganz nah
21.45 Kaum zu glauben! (4) 22.45 Na
siehste! – Das TV Kult-Quiz mit Elton
23.30 Quizduell – Olymp. Show 0.20
Nordseereport 1.05 NDR Talk Show
RBB
16.15 In aller Fr 17.05 In aller Fr. 17.53
Sandmännchen 18.00 UM6 18.30 Gar-
ARTE
6.45 Rapa Nui, Gladiatoren der Südsee
7.20 Montenegro – Der Eselretter 8.15
360° – Geo-Reportage 9.10 Guinea-Bis-
sau – Die mächtigen Frauen von Orango
10.25 Stadt Land Kunst (3+2) 11.45 Zu
Tisch ... 12.10 Der Schwarzwald rund ums
Jahr (1–2/2) 13.40 Guédelon II – Die
Burg-Baustelle. Engl./Franz. Dokumen-
tarfilm, 2019 15.15 Mission Wildnis (1–
2/3) 16.45 Wenn Europa brennt – Die
Macht des Feuers 17.40 Arte Reportage
18.30 Moldawien – Ein Land im Auf-
bruch. Dokumentation. Der Bericht stellt
Frauen in Moldawien vor, die versuchen,
den Menschen in dem armen Land Per-
spektiven aufzuzeigen. 19.20 Arte Jour-
nal. Magazin 19.40 Kourou – Palmen, Ra-
keten, Gefängnisinseln. Dokumentation
20.15 Glanz und Pracht – Die
Pariser Oper Garnier Franz.
Dokumentarfilm. Regie: Patrick
Cabouat, 2020. Unter Napoléon
III. sollte Paris zur Welthauptstadt
werden und einen prunkvollen
Kulturpalast bekommen. Der
Architekt Charles Garnier wurde
für den Bau eines neuen Opern-
hauses verpflichtet. Schicksals-
schlägen zum Trotz gelang
Garnier die Fertigstellung des
Opernhauses. Der Schriftsteller
Gaston Leroux verhalf ihm 1910
zu Ruhm, indem er es zum
Schauplatz seines Romans„Das
Phantom der Oper“ machte.
21.45 Macbeth Oper. Live von den
Salzburger Festspielen 2023
0.40 Vier Brüder, fünf Schwestern.
Die Kennedys Dt. Dokumentar-
film. Regie: André Schäfer, 2023
glauben! XXL 22.15 NDR Quizshow – Pro-
mi Special 0.00 Frühstück bei Tiffany.
Amerik. Romanze, 1961 1.50 Nordtour
RBB
18.00 UM6 18.30 Das Traumschüff – Wie
ein Theater über die Havel wandert 19.00
Heimatjournal 19.30 Abendschau 20.00
Tagess. 20.15 Neu in unserer Familie –
Ein Baby für alle (2/2) Dt. Komödie, 2016
21.45 rbb24 22.00 Mordkommission Is-
tanbul. Der Preis des Lebens. Dt. Krimi,
2011 23.30 Ein Mordsteam. Franz. Ac-
tionkomödie, 2012 1.00 Der Hauptge-
winn. Dt. Drama, 2020 1.20 Käthe und
ich – Das Findelkind. Dt. Drama, 2019
WDR
19.30 Lokalzeit 20.00 Tagess. 20.15 Der
Urbino-Krimi: Mord im Olivenhain. Dt.
Kriminalfilm, 2016 21.40 Torsten Sträter –
Schnee, der auf Ceran fällt 23.10 Das Le-
ben ist kein Pausenhof 0.40 Der Urbino-
Krimi: Mord im Olivenhain. Dt.
Kriminalfilm mit Leonardo Nigro, 2016
MDR
19.00 Regional 19.30 MDR aktuell 19.50
Mein schönster Sommer (5/5) 20.15
ARTE
12.25 AC/DC – Forever Young. Dokumen-
tation 13.20 Der Mann aus dem Westen.
Amerik. Western mit Gary Cooper, 1958
14.55 Hans Hass – Pionier der Tiefe 15.40
Zauber der Korallenriffe: Der Indische
Ozean 16.25 Twist (4/9) Der schöne
Schein – Die Kunst der Illusion 17.00
Georgia O’Keeffe – Künstlerin im Wilden
Westen 17.50 Sternstunden der Musik.
Der Rosenkavalier mit Herbert von Kara-
jan 18.40 Zu Tisch ... (3/3) im Friaul 19.10
Arte Journal 19.30 Moldawien – Ein Land
im Wandel (2/2) Dokumentation. Einmal
im Jahr wird es laut in Butuceni. Das Dorf
liegt im Osten Moldawiens, zwischen Fel-
sen und Weinbergen. In der gottverlas-
senen Gegend organisiert Anatolie Bot-
naru ein Open-Air-Opernfestival.
20.15 O Brother, Where Art Thou? – Ei-
ne Mississippi-Odyssee Engl./
Franz./Amerik. Komödie mit
George Clooney, John Turturro,
Tim Blake Nelson. Regie: Joel
Coen, Ethan Coen, 2000. Missis-
sippi, 1937: Die geflohenen
Häftlinge Everett, Pete und
Delmar erleben das Abenteuer
ihres Lebens. Zwischen einer
Millionenbeute und ihnen
stehen der Ku-Klux-Klan sowie
übereifrige Polizisten.
21.55 Harry vs. William – Der royale
Bruderzwist Dokumentation
22.50 Royale Paare: Die neue
Generation Reportage
23.45 Richard Wagner: Das Rheingold
Oper. Aus der Staatsoper Unter
den Linden, Berlin von Richard
Wagner Mit Michael Volle
2.25 Sandstern Dt./Belg./Luxebm.
Drama mit Roland Kagan, 2018
tenzeit 19.00 Die Spur der Täter 19.30
Abendschau 20.00 Tagess. 20.15 Tieri-
sches Hamburg – Natur in der Millionen-
stadt 21.00 Münchens grüne Lungen
21.45 rbb24 22.00 Unser Verein:„Ha, Ho,
He! Hertha BSC!“. Dt. Dokumentation,
2022 23.30 Wallander. Der Feind im
Schatten. Engl./Schwed./Amerik./Dt. Kri-
mi, 2015 1.00 Mordkommission Istanbul.
Der Preis des Lebens. Dt. Krimi, 2011
WDR
16.25 Rentnercops 18.00 Hunde verste-
hen! 18.45 Aktuelle Stunde. Magazin
19.30 Lokalzeit-Geschichten 20.00 Ta-
gess. 20.15 Wunderschön! 21.45 Tatort.
Spargelzeit. Dt. Krimi, 2010 23.15 Mor-
den im Norden 0.50 Rentnercops. Serie
1.40 Rockpalast. Konzert
MDR
18.05 Brisant 18.52 Sandmännchen
19.00 Regional 19.30 MDR aktuell 19.50
Auf den Spuren der Ku’damm-Raser
20.15 Abenteuer Saale: Die ultimative
Bootstour mit Mario, Linda, Robin 21.45
Aktuell 22.00 MDR Zeitreise 22.30 Die
neuen Kinder von Golzow. Dt. Dokumen-
tarfilm, 2017 0.00 Auf den Spuren der
Ku’damm-Raser 0.25 Meine Schlagerwelt
Feuilleton
3 sat
7.30 Alpenpanorama. Reihe 9.00 ZIB
9.05 Die magische Welt der Bäume 9.35
Bilder aus Südtirol 9.55 Aufgetischt
10.45 Almleben in Hinterstoder 11.30
Almleben rund um den Hochlantsch
12.15 Liebesg’schichten und Heiratssa-
chen (2/10) 13.00 ZIB 13.10 Notizen aus
dem Ausland 13.15 quer 14.00 Länder-
magazin 14.30 Kunst & Krempel 15.00
Grünes Glück – Gärten für die Seele
15.30 Norwegen – Land der Polarlichter
16.00 Rätselhafte Phänomene (1–2/2)
Dokumentationsreihe 17.30 Die Herbst-
zeitlosen. Schweiz. Komödie mit Monica
Gubser, 2006 19.00 heute 19.18 3sat-
Wetter 19.20 Wagnerdämmerung (1/2)
Zu Gast: Katharina Wagner, Claudia Roth,
Georg von Waldenfels. Dokumentation
20.00 Tagesschau
20.15 Parsifal Oper von Richard
Wagner Mit Andreas Schager,
Elina Garanca. Pablo Heras-Casa-
do dirigiert Wagners„Parsifal“
2023 in einer technisch ambitio-
nierten Inszenierung von Jay
Scheib. Dabei verwischen die
Grenzen zwischen Oper und
„Augmented Reality“. Mit speziel-
len AR-Brillen ist das Gesamt-
kunstwerk als erweiterte Raum-
erfahrung erlebbar. Weitere
Highlights sind die„Parsifal“-De-
büts von Elīna Garanča und
Joseph Calleja. Mit Spannung
wird die Premiere des„Parsifal“
bei den Richard-Wagner-Fest-
spielen in Bayreuth erwartet.
0.35 lebens.art Magazin
Die neuen Jedermänner – Die
„Salzburger Festspiele“ beginnen
Sommer-Spaß 22.45 Das Gipfeltreffen
23.15 Ein Fünffach-Mörder auf der Flucht
(1–2) 0.25 Brisant 1.00 Regionalliga
SWR
17.30 Essgeschichten 18.00 Aktuell
18.15 Menschen und Momente 18.45
Stadt – Land ... (10) 19.30 Akt. 20.00 Ta-
gess. 20.15 Sommer-Spaß 22.50 Die
größten Disco-Kulthits 0.50 The Pier –
Die fremde Seite der Liebe (9–10)
BR
19.00 WG mit Wildtier – Neues Bauen in
der Stadt 19.30 Kunst & Krempel 20.00
Tagess. 20.15 Paradies 505. Ein Nieder-
bayernkrimi. Dt. Kriminalfilm, 2013 21.45
BR24 22.00 Mein Gott, Anna! Dt. Komö-
die, 2008 23.30 Käthe und ich – Zurück
ins Leben. Dt. Drama, 2020 1.00 Licht
über dem Wasser. Dt. Romanze, 2009
RTL 2
16.15 Die Schnäppchenhäuser 17.15 Der
Trödeltrupp 18.15 Bella Italia (8) 20.15
Pop-Giganten 22.20 Reeperbahn privat!
Das wahre Leben auf dem Kiez (4) 0.20
Sex Secrets – Das macht Deutschland an!
(2) 1.15 exklusiv – die reportage
3 sat
6.10 Schneewittchen und die sieben
Gaukler. Schweiz./Dt. Komödie mit Cate-
rina Valente, 1962 7.55 Die Standesbe-
amtin. Schweiz. Liebeskomödie, 2009
9.30 Flitzer. Schweiz. Komödie, 2017
11.00 Frühling im Herbst. Schweiz. Ko-
mödie mit Therese Affolter, 2009 12.35
Liebling, lass uns scheiden! Schweiz. Ko-
mödie, 2010 14.00 Liebe und andere Un-
fälle. Schweiz. Komödie, 2012 15.30 Hei-
di. Schweiz. Heimatfilm, 1952 17.10
Heidi und Peter. Schweiz. Kinderfilm,
1955 18.35 Schellen-Ursli. Schweiz. Fa-
milienfilm mit Jonas Hartmann, Marcus
Signer, T. Maria Zindel. Regie: Xavier Kol-
ler, 2015. Uorsin will beim Chalandamarz
kein „Schellen-Ursli“ sein, sondern eine
grosse Glocke tragen. Dafür wagt er vieles.
20.15 Homo Faber Dt./GR/Franz./GBA/
Engl. Drama mit Sam Shepard,
Julie Delpy, Barbara Sukowa.
Regie: Volker Schlöndorff, Folker
Šlendorf, 1991. Der 50-jährige
Ingenieur Walter Faber lernt auf
einer Reise die viel jüngere
Sabeth kennen und beginnt eine
Liebesbeziehung mit ihr. Walter
und Sabeth wissen nicht, dass
sie Vater und Tochter sind.
22.00 Justiz Dt./Schweiz. Gerichtsfilm
mit Maximilian Schell, Anna
Thalbach, Thomas Heinze
Regie: Hans W. Geißendörfer,
1993. Regierungsrat Dr. Kohler
begeht einen Mord und wird
verurteilt. Der junge Anwalt Spät
rollt den Fall wieder auf.
23.45 Amur senza fin – Liebe ohne
Ende Schweiz. Komödie, 2018
1.15 Homo Faber Dt./GR/Franz./
GBA/Engl. Drama, 1991
1.55 Der DNA-Detektiv: Familiensuche
per Speichelprobe. Dokumentation
SWR
16.00 Expedition in die Heimat 16.45 Le-
cker aufs Land (1) 17.30 Zum Woodstock
der Blasmusik – Die Brassers und ihr gro-
ßer Traum 18.00 Aktuell 18.15 Ich trage
einen großen Namen 18.45 Treffpunkt
19.15 Die Fallers 19.45 Aktuell 20.00 Ta-
gess. 20.15 Sagenhaft. Reportagereihe
21.45 Sport 22.30 Talk Show 0.35 The
Pier – Die fremde Seite der Liebe
BR
16.00 BR24 16.15 Unser Land 16.45 Eu-
ropa-Reportage 17.15 Aufgegabelt von
Alexander Herrmann 17.45 Schwaben
und Altbayern 18.30 BR24 18.45 Bergauf,
bergab 19.15 Unter unserem Himmel
20.00 Tagess. 20.15 Heißmann + Rassau
21.45 BR24. Magazin 22.00 Klassik Open
Air Luitpoldhain 2023 1.00 Grünwald Co-
medy 1.45 Asül für alle. Show
RTL 2
16.20 Dragon Ball 17.15 Mein neuer Alter
(2) 18.15 GRIP. Magazin 20.15 The
Watch – Nachbarn der 3. Art. Amerik. Ko-
RTL
5.45 Der Blaulicht-Report. Doku-Soap
7.45 Eine schrecklich nette Familie. . Co-
medyserie. Studioluft / Bringt mir das
Geld von Al Bundy / Die fürchterlichen
Verwandten / Reise in die Vergangen-
heit / Die Erscheinung / Der Rekord /
Männerurlaub / Der König der Klos 11.45
Barbara Salesch – Das Strafgericht. Soap
13.45 Ulrich Wetzel – Das Strafgericht
16.45 Explosiv. Magazin 17.45 Gala. Ma-
gazin. Moderation: Annika Lau 18.45 Ak-
tuell 19.03 Wetter 19.04 Klima Update.
Magazin. Moderation: Christian Häckl,
Bernd Fuchs 19.05 Life – Menschen, Mo-
mente, Geschichten. Mag. Moderation:
Annika Begiebing. „Life“ – das Magazin
bei RTL – berichtet über Menschen und
Momente, die bewegen und begeistern.
20.15 Big Bounce – Die Trampolin
Show Mit Vincent Stenzel,
Chris-Anthony Stenzel, Daniel
Schmidt, Uwe Rothe, Silke
Sollfrank, Antonia Quindel,
Raphael Kuchenbecker, Jacqueli-
ne Kuchenbecker, Joh Kuchenbe-
cker. Moderation: Daniel Hart-
wich, Wolff-Christoph Fuss.„Big
Bounce“ heute u.a. mit: Vincent
Stenzel und sein Bruder Chris-An-
thony Stenzel, Daniel Schmidt.
22.30 Höher, schneller, weiter – Die
außergewöhnlichsten Kandida-
ten Heute zeigen wir herzerwär-
mende Kandidaten-Geschichten
und erstaunliche Talente.
0.00 Take Me Out Dateshow
Moderation: Ralf Schmitz
1.05 Take Me Out Dateshow
Moderation: Ralf Schmitz
2.00 Take Me Out Dateshow
Super RTL
18.00 Paw Patrol – 18.30 Grizzy 19.25
Tom und Jerry 19.45 Angelo! Serie (2)
20.15 Home – Ein smektakulärer Trip.
Amerik. Animationsfilm, 2015 22.00
Trennung mit Hindernissen. Amerik. Lie-
beskomödie, 2006 0.15 Teleshopping
Kabel 1
16.30 Hawaii Five-0 20.15 Navy CIS: L.A.
Werkstatt des Grauens / Rache auf Rus-
sisch / Switch ist wieder da / Trümmer im
Wald / Werkstatt des Grauens / Rache auf
Russisch 1.55 Navy CIS: L.A. Serie
Vox
19.10 Tierbabys – süß und wild! (3) 20.15
Great White – Hol tief Luft. Austral./Engl./
Amerik. Thriller, 2021 22.00 Lara Croft:
Tomb Raider – Die Wiege des Lebens.
Amerik./Dt./Japan./Engl./Hongkong. Ac-
tionfilm, 2003 0.15 Medical Detectives
ARD-alpha
19.30 Global Us 20.00 Tagess. 20.15 Der
Staat ist für den Menschen da. Der Ver-
fassungskonvent von Herrenchiemsee.
Dt. Dokumentarfilm, 2009 21.15 70 Jah-
re Grundgesetz 22.00 Mit dem Zug ...
RTL
5.00 Die Superhändler. Show. Gameboy
Set / Silberne Spardose / Emaille Schild
Bouillon KUB / Captains Chair / Goldarm-
band mit verschiedenen Achaten / Ta-
bakschneidemaschine / Holzkutsche /
Konvolut Murano Glas / Design Schirm-
ständer / Porzellanfigur von Hutschen-
reuther / National Holzkasse / Martinelli
Stehlampe „Serpente“ / Stoppuhr /
Champagne Geiling Schild / Mario Valen-
tino Duffle Bag / Konditorei Schriftzug /
Bronzefigur von Claudius Marioton /
Sparkasten / Friseurstuhl 60er 9.45 Die
Superhändler – 4 Räume, 1 Deal 10.45
Die Superhändler – 4 Räume, 1 Deal
11.45 Top Dog Germany (6) 14.00 Martin
Rütter – Die Welpen kommen 18.45 Ak-
tuell 19.03 Wetter 19.05 Exclusiv. Mag.
20.15 Stirb langsam 4.0
Amerik./Engl. Actionfilm mit
Bruce Willis, Timothy Olyphant,
Maggie Q. Regie: Len Wiseman,
2007. Der Terrorist Thomas
Gabriel plant die Computernetz-
werke Amerikas lahmzulegen.
Als Gabriel die Tochter des
Polizisten McClane entführt,
versucht dieser mit Hilfe eines
Hackers, Lucy zu befreien.
22.35 stern TV am Sonntag
Magazin. Aktuelle Studiogäste,
spannende Hintergründe,
bewegende Schicksale und
fesselnde Reportagen.
0.05 Stirb langsam 4.0 Amerik./Engl.
Actionfilm mit Bruce Willis,
Timothy Olyphant, Maggie Q.
Regie: Len Wiseman, 2007
2.40 CSI: Den Tätern auf der Spur (6)
Krimiserie. Mein eigen Fleisch
und Blut. Mit William Petersen
mödie, 2012 22.20 Vivarium. Irisch./
Belg./Dän. Horrorfilm mit Imogen Poots.
Regie: Lorcan Finnegan, 2019 0.20 The
Watch. Art. Amerik. Komödie, 2012
Super RTL
16.20 Schwammkopf (5) 16.55 Woozle
G. 17.20 ALVINNN!!! 18.00 Paw Patrol –
18.30 Grizzy 19.25 Tom und Jerry 19.45
Angelo! Serie (3) 20.15 Rizzoli & Isles (2–
4+2) Krimiserie. Der Würger von Boston /
Voodoo / Tod auf dem Campus / Der
Würger von Boston 23.55 Kamera läuft!
Die lustigsten Clips aus dem Netz 0.25
Teleshoppingsendung. Magazin
Kabel 1
16.10 Mein Lokal, Dein Lokal – Der Profi
kommt 18.10 Die Poolbauer – jetzt
wird’s nass! 20.15 Yes we camp! 22.20
Abenteuer Leben am Sonntag. Magazin
0.20 Yes we camp! Dokumentationsreihe
Vox
16.00 Biete Rostlaube, suche Traumauto
17.00 Auto mobil – Das Vox Automaga-
zin 18.10 Ab ins Beet! Soap (9–10) 20.15
Kitchen Impossible (9) 23.40 Prominent!
0.25 Medical Detectives. Dokureihe
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 1 5
www.faz.net/tv
SAT 1
5.25 Die dreisten drei – Die Comedy-WG.
Show 5.50 Auf Streife 6.05 Auf Streife –
Die Spezialisten. Doku-Soap. Galgen-
männchen / Blutsbande / Herzeleid /
Schmerzlichen Glückwunsch / Die (Alb)
Traumreise 10.35 Magnum 11.35 Mag-
num. Krimiserie 12.30 Magnum. Krimise-
rie 13.30 Magnum. Krimiserie 14.25 Bay-
watch – Die Rettungsschwimmer von
Malibu 15.20 Baywatch – Die Rettungs-
schwimmer von Malibu 16.10 Baywatch –
Die Rettungsschwimmer von Malibu
16.59 So gesehen 17.00 Baywatch – Die
Rettungsschwimmer von Malibu. Ac-
tionserie. Filmteam am Strand. Mit David
Hasselhoff 18.00 Baywatch – Die Ret-
tungsschwimmer von Malibu 18.55 Bay-
watch. Serie 19.55 SAT.1 :newstime
20.10 Fußball: Weltmeisterschaft
der Frauen Highlights
20.15 Scooby! Voll verwedelt Amerik./
Kanad. Animationsfilm. Regie:
Tony Cervone, 2020. Shaggy,
Velma, Daphne und Fred stehen
vor einer großen Herausforde-
rung; sie müssen ihren bisher
größten Fall lösen: Gemeinsam
mit der dänischen Dogge Scooby-
Doo begeben sich die Detektive
auf eine abenteuerliche Monster-
jagd. Ein mysteriöser Geisterhund
droht nämlich, die Menschheit
auszulöschen. Bei dem Abenteuer
geraten Shaggy und besonders
Scooby in große Gefahr.
22.05 Baywatch Engl./Chin./Amerik.
Actionkomödie mit Dwayne
Johnson, Zac Efron, 2017
0.10 Born 2 Die Amerik.
Actionfilm mit Jet Li, 2003
22.45 Nationalpark Dovrefjell – Molte-
beeren und Moschusochsen 23.30 Euro-
päische Nationalparks – Schweiz 0.15
Europäische Nationalparks – Gran Para-
diso 1.00 Der Staat ist für den Menschen
da. Der Verfassungskonvent von Herren-
chiemsee. Dt. Dokumentarfilm, 2009
WELT
Stündlich Nachrichten 16.05 Giant Hubs
(3) 16.55 Spektakuläre Konstruktionen
(4) 18.05 Seilbahn der Superlative – Die
höchste Baustelle Deutschlands 19.00
Fliegende Intensivstation – Ein Rettungs-
helikopter entsteht 20.05 Mega Maschi-
nen – Giganten der Baustelle 21.05 Die
spektakulärste Achterbahn Europas ent-
steht 22.05 Mega Transport (3) 23.05
Vom Passagierjet zum Cargo-Flieger 0.05
Landen, Löschen, Laden – Cargo-Dreh-
kreuz Leipzig 1.10 Abschlepper der Su-
perlative – 1000 Tonnen am Haken
ntv
Stündlich Nachrichten 16.10 Der Wahr-
heit auf der Spur (6) 17.05 Gotteskrieger
(3) 18.30 Auslandsreport 19.10 Deluxe
20.15 Wildes Afrika (5–6) 22.05 Rückkehr
der Urzeit-Giganten (5–6) 0.20 Rätselhaf-
te Phänomene (5–6) 1.55 Wildes Afrika
www.faz.net/tv
SAT 1
9.00 Frühstücksfernsehen am So. 10.50
Mutige Meister! Handwerk statt Studium
11.50 Wer soll das bezahlen? 13.50 111
15.40 Asterix bei den Olympischen Spie-
len. Franz./Dt./Span./Ital./Belg. Komödie,
2008 18.05 Scooby! Voll verwedelt. Ame-
rik./Kanad. Animationsfilm. Regie: Tony
Cervone, 2020. Shaggy, Velma, Daphne
und Fred stehen vor einer großen Her-
ausforderung; sie müssen ihren bisher
größten Fall lösen: Gemeinsam mit der
dänischen Dogge Scooby-Doo begeben
sich die Detektive auf eine abenteuerli-
che Monsterjagd. Ein mysteriöser Geis-
terhund droht nämlich, die Menschheit
auszulöschen. Bei dem Abenteuer gera-
ten Shaggy und besonders Scooby in
große Gefahr. 19.55 SAT.1 :newstime
20.10 Fußball: Weltmeisterschaft
der Frauen Highlights
20.15 (T)Raumschiff Surprise – Perio-
de 1 Dt. Sci-Fi-Komödie mit
Michael Herbig, Rick Kavanian,
Christian Tramitz. Regie: Michael
Herbig, 2004. Der Erde droht
Gefahr von finsteren Marsbewoh-
nern. Einzige Rettung ist die
exaltierte Besatzung des Raum-
schiffs„Surprise“. Königin Meta-
pha setzt auf Käpt’n Kork, Mr.
Spuck und Ingenieur Schrotty –
doch die haben anderes im Sinn.
22.05 Das fünfte Element Franz./Engl./
Amerik. Sci-Fi-Film mit Bruce
Willis, Gary Oldman, 1997
0.40 (T)Raumschiff Surprise –
Periode 1 Dt. Sci-Fi-Komödie mit
Michael Herbig, 2004
2.15 Das fünfte Element Franz./Engl./
Amerik. Sci-Fi-Film mit Bruce
Willis, Gary Oldman, 1997
ARD-alpha
17.20 W wie Wissen – Spezial 17.50 Ein-
fach genial 18.15 Quarks 19.00 alpha-
Centauri 19.15 Schätze der Welt 19.30
RESPEKT. Reihe 20.00 Tagess. 20.15 Die
Weltreisende – Pionierin des Nordens
21.00 Die wunderbare Reise der Selma
Lagerlöf 21.45 Draw a Line. Richard Sie-
gal und das Ballet of Difference. Dt. Bal-
lett, 2019 23.05 Capriccio 23.35 Die Welt-
reisende – Pionierin des Nordens 0.20
Die wunderbare Reise der Selma Lagerlöf
1.05 Die Tagesschau 2002 1.20 Bob Ross
WELT
Stündlich Nachrichten 16.05 Lost Places
18.00 Die Welt am Abend 18.10 Traum-
züge (4+2) 20.05 Mayday – Alarm im
Cockpit (9+9) 21.55 Lost Places (1+66)
23.50 Strangest Things (8+7) 1.30 May-
day – Alarm im Cockpit (9) Dokureihe
ntv
Stündlich Nachrichten 16.10 Rückkehr
der Urzeit-Giganten (6) 17.05 Extrem-
wetter (8) 18.30 PS 19.10 Wissen 20.15
Katastrophen, die Deutschland beweg-
ten (9–10) 22.05 First 48 – Am Tatort mit
den US-Ermittlern (3–5) 1.10 Katastro-
phen, die Deutschland bewegten (9–10)
Radio am Samstag
HÖRSPIEL
15.05 „Ulissas – eine weibliche Odyssee“
– BR 2 Von Cordelia Dvorak, ca. 84 Min.
17.04 „Blutsbande“ – WDR 5
Von Joan Rang Christensen, ca. 56 Min.
19.04 „Simpel“ – WDR 5
Von Cordula Dickmeiß, ca. 56 Min.
19.04 „Der Termin“ – WDR 3
Von Rebekka David, ca. 56 Min.
19.05 „KI-Mom“ – Staffel 1 (3+4/10) – SWR 2
Von Serotonin, ca. 55 Min.
KLASSIK
12.05 Divertimento – BR-Klassik
Zum 120. Geburtstag von Werner Schmidt-
Boelcke. Gershwin: „Strike up the band“,
Ouvertüre (Leitung: Ian Sutherland); Lehár:
„Das Land des Lächelns“, Chinesischer Hoch-
zeitszug (Leitung: Willi Boskovsky); Busoni:
Divertimento B-Dur op. 52 (Emmanuel
Pahud, Flöte; Leitung: Ivan Repušic); Künne-
ke „Tänzerische Suite“ op. 26 (Leitung: Robert
Hanell), ca. 55 Min.
20.00 André-Ernest-Modeste Grétry: „Zemira e
Azor“ – HR 2
Komische Oper. Mit Amelia Scicolone
(Zemira), Patrick Kabongo (Azor), Raphael
Wittmer (Ali), Thomas Berau (Sandro), Seun-
ghee Kho (Fatima), Maria Polanska (Lesbia),
Akademie für Alte Musik Berlin, Bernhard
Forck (Leitung), ca. 180 Min.
FEATURE & MAGAZIN
9.05 Bayern 2 am Samstagvormittag – BR 2
Wolfgang Cramer, Klima- und Vegetations-
wissenschaftler: Mittelmeer-Sehnsucht und
Klimawandel / Jennifer Johnston, ARD: Fuß-
ballstimmung in Neuseeland / Prof. Dr.
Christoph Spinner, Infektiologe: Historischer
Erfolg in Australien – Ein Ende der HIV-Epi-
demie auch in Europa möglich?,
ca. 175 Min.
9.10 Das Wochenendjournal – Deutschland-
funk Von Bebra nach Brieskow – fünf Jahre
deutsche Einheit, ca. 50 Min.
11.05 Lesart – Deutschlandfunk Kultur
Überraschung: Unsere Lieblingsbücher des
Monats, ca. 55 Min.
13.05 Breitband – Deutschlandfunk Kultur
Der Bonify-Hack: Welche Schufa-Daten
waren öffentlich einsehbar?, ca. 55 Min.
14.05 Campus und Karriere – Deutschlandfunk
Berufsfindung nach der Schule – Wege zur
passenden Karriere, ca. 55 Min.
16.05 Büchermarkt – Deutschlandfunk
Thé Tjong-Khing: „Torte für alle!“ / Julia Will-
mann: „Ganz oben fliegt Lili“ / David Blum:
„Kollektorgang“, ca. 25 Min.
17.05 Streitkultur – Deutschlandfunk
Droht eine Normalisierung der AfD?,
ca. 25 Min.
17.05 Jazz & Politik – BR 2
Im Nebel des Krieges, ca. 50 Min.
18.05 Feature – Deutschlandfunk Kultur
Voice Versa Staffel zwei − Sprachen auf
Arbeit (Folgen 23+24), ca. 55 Min.
LESUNG
20.05 Studio LCB – Deutschlandfunk
Aus dem Literarischen Colloquium Berlin.
Herta Müller: „Eine Fliege kommt durch
einen halben Wald“, ca. 115 Min.
Auf die Sprachgepflogenheiten der
Fernsehsender in ihren Programmhinweisen
hat die F.A.Z. keinen Einfluss
Radio am Sonntag
HÖRSPIEL
14.00 „Caro ermittelt – 3. Fall: Böser Wolf am
Telefon“ – RBB Kulturradio
Von Caroline Labusch, ca. 60 Min.
17.04 „Gespräche mit Lebenden und Toten“
– SR2 Von Frank Werner, ca. 81 Min.
18.20 „Königliche Hoheit“ – SWR 2
Von Walther Franke-Ruta, ca. 100 Min.
KLASSIK
12.05 Tafel-Confect to go – BR-Klassik
J.S. Bach: Brandenburgisches Konzert Nr. 1
F-Dur BWV 1046 (Hofkapelle München, Vio-
line und Leitung: Rüdiger Lotter);
von der Vogelweide: „Under der linden“ (Per-
Sonat); Senfl: „Ach Elslein, liebes Elselein“
(Capella Antiqua Bambergensis); Càrceres
„Ríu ríu chíu“; Anonymus: La folia (Joel Fre-
deriksen, Laute; Ensemble Phoenix Munich),
ca. 55 Min.
15.05 Wunsch:Musik – BR-Klassik
Ihr Wunsch ist uns Musik, ca. 115 Min.
20.00 Klassik Open Air Nürnberg – RBB Kultur-
radio Feste Feiern – Das Abschiedskonzert
von Joana Mallwitz, ca. 180 Min.
FEATURE & MAGAZIN
9.05 Bayern 2 am Sonntagvormittag – BR 2
Gespräch mit Dieter Richter, Autor von „Der
Süden“ / Lothar Günther Buchheim: Die Tro-
pen von Feldafing / Zwischen Presssack und
Lavendel / Mein Leben als Mensch: Im
Dunstkreis des Knoblauchs / So war das
Heimatsoundfestival in Oberammergau,
ca. 55 Min.
14.05 Religionen – Deutschlandfunk Kultur
Paarbeziehungen im Koran – Keine Rede
von der Rippe Adams. Gespräch mit der
islamischen Theologin Dina El Omari /
Queerness, Mission, Kolonialismus: Wie
Museen Vielfalt wiederentdecken. Von Mirja-
na Jandik / Queere Geflüchtete aus Uganda
in Kenia: Gott ist nicht für Homophobie. Von
Bettina Rühl / Hilfe oder Hindernis auf dem
Weg? Paarbeziehungen buddhistisch gese-
hen. Von Milena Reinecke, ca. 55 Min.
18.05 Feature – Deutschlandfunk Kultur
Biohacking. Den Körper optimieren für die
beste sportliche Leistung, ca. 25 Min.
20.05 Freistil – Deutschlandfunk
Zum Mars! Der Traum vom Roten Planeten,
ca. 55 Min.
23.05 Fazit – Deutschlandfunk Kultur
Morgen 90. Geburtstag von Cees Noo-
boom / Nach Haneke: Karin Henkel insze-
niert in Salzburg „Liebe“, ca. 55 Min.
LESUNG
12.30 radioTexte am Sonntag – BR 2
Herman Melville: „Bartleby“ (1/3), ca. 30 Min.
GOTTESDIENSTE
10.00 Katholischer Gottesdienst – MDR Kultur
Mit Pfarrer Johannes Schaan. (Pfarrei St.
Bernhard Stralsund), ca. 60 Min.
10.05 Evangelischer Gottesdienst – Deutsch-
landfunk (Aus der Ordenskirche St. Geor-
gen in Bayreuth), ca. 55 Min.
Auf die Sprachgepflogenheiten der
Fernsehsender in ihren Programmhinweisen
hat die F.A.Z. keinen Einfluss
SE I TE 1 6 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Frau Cline, die deutsche Übersetzung Ihres
neuen Romans „Die Einladung“ hat uns in
Deutschland beinahe zeitgleich mit der
Nachricht von der Festnahme eines Serien-
mörders erreicht, der jahrelang ein norma-
les Familienleben auf Long Island führte.
Sie haben vor einigen Jahren dort gelebt . . .
Nicht auf Long Island. Ich habe während
meines Studiums in Brooklyn gelebt und
die Gegend nur hin und wieder besucht.
Jedenfalls beschreiben Sie in „Die Einla-
dung“ sehr detailreich die exklusive, in
sich geschlossene Gesellschaft der Hamp-
tons. An Ihre Formulierung „kein Ort für
Außenseiter“ musste ich denken, als ich
von dem bürgerlichen Leben des Serien-
mörders Rex Heuermann las.
Ich habe davon gehört. Die Gegend, in der
mein Buch spielt, liegt zwar in der Nähe
des Strandes, wo der Serienmörder einige
seiner Opfer ablegte, ist aber ein sehr spe-
zifischer, nahezu abgeriegelter Bereich
der Hamptons weiter im Osten. Als ich die
Gegend zum ersten Mal sah, war ich von
der Schönheit der Landschaft und ihrem
eigenen Licht überwältigt. Dann fiel mir
die merkwürdige soziale Hierarchie dieses
Ortes auf. Was Machtstrukturen angeht,
ist es eine Miniaturversion von New York.
Sehr viele Menschen arbeiten für eine
kleine exklusive Gruppe von Hausbesit-
zern. Es gibt keine Hotels, keine Orte für
Touristen. Wer an den Strand will, braucht
einen Anwohnerparkausweis. An diesen
Ort muss man gehören.
Alex, Ihre Protagonistin, ist eine junge
Frau ohne Skrupel, die sich durch die Vil-
len dieser Gegend stiehlt, lügt und schläft.
Sie lässt sich von reichen Männern aus-
halten. Daran ist nichts Glamouröses,
und das Chaos, das sie hinterlässt, ist
groß. Umso erstaunlicher, wie sympa-
thisch sie einem ist.
Ich bin immer etwas überrascht, wenn Le-
ser sie eine Soziopathin nennen. Ich habe
das nie so empfunden, aber es wäre auch
keine sehr produktive Einstellung zu mei-
nen Figuren. Ich fand das Szenario einer
Außenseiterin in einer Gemeinschaft mit
spezifischen Regeln und Codes spannend.
Ich mochte Alex immer. Die Idee eines
guten Menschen ist auch nur eine Ge-
schichte, die wir uns selbst erzählen.
Wussten Sie, als Sie Ihre Figur anlegten,
wie Alex enden würde?
Alex ist eine Person, die sich wirklich weit
von der Realität entfernt hat. Ich war an
dem Moment interessiert, in dem jemand
nach einer langen Zeit, in der er sich et-
was vorgemacht, sich eingeredet hat, dass
alles okay wäre, auf eine Wand stößt. Und
seinen Selbstbetrug anerkennen muss.
Wir kennen den Wunsch von Frauen, aus
ihrem Körper herauszutreten, um sich zu
schützen. Bei Alex ist das Gegenteil der
Fall: Sie genießt die Macht, die entsteht,
wenn sie zum Objekt wird. Aber es ist
eine Art Fake-Macht.
So habe ich es mir vorgestellt. Alex’ Macht
entsteht aus ihrer Degradierung zum Ob-
jekt. Das ist keine komfortable Erzählsitu-
ation, ich denke, wir bevorzugen Erzäh-
lungen, in denen Frauenfiguren bewusster
mit sich umgehen. Aber meine Arbeit
kreist um Sexualität und Machtstrukturen,
ich interessiere mich dafür, wie die Dinge
wirklich sind, nicht dafür, wie wir sie uns
wünschen. Für diese Figur in dieser Welt
ist das Szenario realistisch.
Die literarische Gegenwart bemüht sich
sehr um neue Frauenfiguren, Frauen, die
ihre Gefühle verstehen und nach ihnen
handeln, nicht so fremdbestimmt sind.
Für mich ist das so uninteressant! Ich
möchte nichts von Menschen lesen, die
FRANKFURTER ANTHOLOGIE
Cees Nooteboom
Und heute Nacht
Und heute Nacht, in der steinernen Stille
meines Zimmers, im Haus auf der Insel,
unterm Netz der Sterne, die Palmen reglos,
diese anderen Stimmen, Auden und Frost
und Elizabeth Bishop, Pound und Cummings
und Sylvia Plath, Worte auf meinen Schultern,
an den Fenstern, Dichter, Gedichte,
sich regende Stimmen, die die Welt
erklären, damals, einst, jetzt, hinter mir,
neben mir, im Zeitmaß
der Motte gegen das Licht, Sätze,
einst laut gesprochen in einem anderen Raum,
jetzt bei mir reingeschneit,
wie die Umarmung von Freunden, die Münder
von all diesen Toten ein lebender Atem,
das immer fließende Wasser,
von dem ich lebe,
und Du.
Aus dem Niederländischen von Ard Posthuma.
Literarisches Leben
Die Illusion von Güte
Emma Cline über ihren neuen Roman „Die Einladung“,
die exklusive Gesellschaft der Hamptons, Schreiben im
Hotel, Selbstbetrug und unkomfortable Erzählsituationen.
Sie schrieb ihren ersten Entwurf für „Die Einladung“ im Jahr 2015: Emma Cline
sich korrekt verhalten, sich selbst ver- tion gelesen, die Erfahrung, außerhalb
wirklicht haben und korrekte politische seiner eigenen Lebensrealität zu stehen,
Positionen vertreten, ich möchte meinen sich abzukoppeln. Ich habe mich gefragt,
Figuren keine Moral aufhalsen. Ich finde wie es stilistisch zu bewerkstelligen ist,
das nicht ehrlich, so ist das Leben nicht. wenn ein Körper gewissermaßen besetzt
ist, wenn der Körper etwas erlebt und
Das Ergebnis ist, dass Körper und Seele der Geist etwas anderes.
ihrer Protagonistin weit auseinander-
driften. Welche Rolle spielt Geld?
Als ich „Die Einladung“ schrieb, habe Ich denke, Geld kann Menschen in Zu-
ich viel über das Konzept der Dissozia- stände bringen, in denen sie sich extrem
Joachim Sartorius
Der Schwimmer im Meer der Poesie
Louis Couperus, ein von Cees Noote-
boom sehr geschätzter niederländischer
Autor, sagte einmal: „Ich habe drei Tin-
tenfässer.“ Diesen Ausspruch zitiert Noo-
teboom oft und gerne. Er bezieht ihn auf
sein eigenes Schaffen, das drei große Be-
reiche umfasst, Romane, Gedichte und
Reisebücher. Berühmter als mit seinen
Gedichten, die oft philosophisch kühl
und unergründlich sind, ist er mit seinen
Romanen bei uns geworden. Den Durch-
bruch brachte „Die folgende Geschich-
te“, 1991 von Marcel Reich-Ranicki im
Literarischen Quartett hoch gelobt. Vo-
rausgegangen waren „Rituale“, „Ein Lied
von Sein und Schein“ und das wunderbar
verspielte, märchenhafte „In den nieder-
ländischen Bergen“.
Parallel zu den Romanen schrieb Noo-
teboom immerfort Gedichte. Einmal sag-
te er, in den Gedichten, nicht in den Ro-
manen stecke Kern und Grund seines
Werkes. Und wiederum parallel zur Poe-
sie und zu den Romanen entstanden Rei-
sebücher, die in seinem eigenen Land er-
folgreich, ja geradezu populär wurden:
Eindrücke von Burma bis Bolivien, von
Japan bis Spanien mit so rätselhaften Ti-
teln wie „Der Umweg nach Santiago“,
„Der Buddha hinter dem Bretterzaun“
oder „533 Tage. Berichte von der Insel“.
Diese Insel ist Menorca, die zweitgrößte
der Baleareninseln, weit weniger über-
laufen als Mallorca oder Ibiza. Hier, in re-
lativer Abgeschiedenheit, besitzt Cees
Nooteboom ein von Kakteen und Palmen
umstandenes „steinernes“ Haus, in dem
Foto Brad Torchia/Laif
verhalten. Sie können ihr Ego oder ihre
Pathologien in großem Stil ausleben. In
dieser Welt beeinflusst das Innenleben
einer Person auch sehr viele andere Men-
schen, die von ihm abhängig sind.
Wie fühlen Sie sich in die Köpfe anderer
Menschen ein?
Am sinnvollsten schien es mir in diesem
Fall in der dritten Person. Wir befinden
uns im Kopf der Figur, aber ich habe die
er seit Jahrzehnten die Sommermonate
verbringt, schreibt und meditiert. Hier
wird er in diesen Tagen auch seinen
neunzigsten Geburtstag feiern, ohne viel
Aufhebens, mit seiner Frau, der Fotogra-
fin Simone Sassen.
Für das Gedicht „Und heute Nacht, in
der steinernen Stille“, Teil eines 2003
veröffentlichten Zyklus mit dem Titel
„Hin und Her. Briefe an einen Dichter“,
bildet dieses Haus den Rahmen. In der
Stille seines Zimmers hört er andere
Stimmen, Stimmen von Dichterinnen
und Dichtern. Ihre Worte lassen sich auf
seinen Schultern nieder, an den Fenstern.
Es kommt ihm vor, als gebe das Auf und
Ab der Motte um die einzige Lampe den
Takt der Einsätze vor. Die Motte wirbelt
dem Verglühen entgegen, torkelt, fängt
sich noch einmal. Der beobachtende
Dichter mag ihren Tanz mit dem Festzug
der Gedichte durch sein Zimmer verglei-
chen. Ihre Stimmen erklären ihm die
Welt. Ein Kosmos entsteht, räumlich und
zeitlich, Vergangenheit und Gegenwart,
Zurückliegendes und gerade neben ihm
Geschehendes umfassend.
Auch die eigenen Gedichte weisen
eine Vielzahl an Sujets auf. Der Nomade
Nooteboom liest sie überall auf, im Zug,
im Flugzeug, in der Natur, am Strand, in
Büchern. Inspirierend sind die Begeg-
nungen mit Malern, mit Francisco de
Zurbarán, mit Miguel Ybáñez und Max
Neumann, inspirierend vor allem auch
der Dialog mit seinen Kollegen, den
Dichtern aus allen Ländern und Epo-
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Entscheidung getroffen, meiner Protago-
nistin keine Hintergrundgeschichte zu
geben. Sie sollte eher eine Skizze bleiben,
wie eine Geschichte, die sie sich selbst
erzählt, während der Leser ihren Charak-
ter anhand dessen, was sie tut und sieht,
kennenlernen kann.
Wie haben Sie sich der exklusiven Ge-
sellschaft, in der sie sich bewegt, litera-
risch angenähert?
Mein Aufgabe war, nicht zu übertreiben.
Es gibt einfache Wege, diese Gegend und
ihre Bewohner zu beschreiben, man
könnte damit anfangen, den Namen eines
Ortes zu nennen. Ich suche eher eine Art
traumhafte Atmosphäre. In einem Traum
haben Orte keine Namen. Es sind die
Details, die Erklärungen liefern. Was
tragen die Frauen, welche kleinen institu-
tionalisierten Gesten gibt es.
Das erfordert große Beobachtungsgabe.
Das gilt für jede Art des Schreibens.
Es kommt auf die Beobachtung an und auf
die Linse, durch die Sie die Welt sehen.
Über Ihren Kurzgeschichtenband
„Daddy“ haben Sie einmal gesagt, dass
Sie es als erfrischend empfunden ha-
ben, in die Köpfe von Männern zu
schlüpfen, die sich nicht auf die emo-
tionalen Welten anderer einstellen müs-
sen oder wollen. Mit dem neuen Roman
haben Sie schon vor acht Jahren begon-
nen. War es diesmal schwieriger?
Es war durchaus unterhaltsam, sich in
einem Bewusstsein einzufinden, das kei-
ne Schuld kennt und keine Skrupel.
Manches am Schreiben ist pures Vergnü-
gen. Es stimmt, den ersten Entwurf habe
ich 2015 geschrieben. Es waren nur ein
paar Seiten über diese Figur, aber noch
als ich an meinen Kurzgeschichten
arbeitete, kamen meine Gedanken im-
mer wieder zurück zu diesem kleinen
Entwurf und der Figur. Das ist das
Unterbewusstsein. Es entwickelt die Per-
son weiter, selbst wenn man mit etwas
ganz anderem beschäftigt ist, bis zu dem
Punkt, an dem es das Einzige ist, woran
man arbeiten möchte.
Und dann?
Mein kreativer Prozess ist nicht sehr
verträglich. Ich schreibe nicht jeden Tag
ein bisschen. Ich muss Zeit einplanen
und mich ganz in meiner Geschichte
verlieren. Ich möchte den Ton, den
Traum aufrechterhalten. Dafür muss ich
mich abschotten von der Welt. Meine
Idealvorstellung ist das Schreiben im
Hotel. Keine Verpflichtungen, und dort
kann man sich wirklich fokussieren.
Haben Sie das mal versucht?
Ein paarmal. Es ist wie im Limbo.
Aber ist die Inspiration von außen nicht
essenziell?
Natürlich. Schriftsteller müssen draußen
in der Welt sein. Aber zu dem Zeitpunkt,
an dem ich genug gesammelt habe, ver-
lasse ich sie und verschließe mich.
Wie erzeugen Sie Spannung?
„Die Einladung“ ist eine Geschichte
über eine Person, die sich sieben Tage
lang durch eine Welt treiben lässt, in die
sie nicht gehört. Die Aufgabe war, ihr
eine Vorwärtsbewegung zu verleihen,
den Druck zu erhöhen, hier und da die
Schrauben anzuziehen. Die Batterie von
Alex’ Telefon ist so ein Aspekt. Wir sind
heute alle ständig verbunden, allein die
Idee, kein Handy zur Hand zu haben, ist
seltsam und problematisch. Und ich ver-
suche, mir jedes Kapitel wie eine eigene
Kurzgeschichte mit ihrer eigenen inne-
ren Spannung vorzustellen.
chen. An diesem Abend in Menorca, als
das Gedicht entstand, unter Sternen und
stummen Palmen, muss er sich mit der
angelsächsischen und amerikanischen
Lyrik der Moderne befasst haben. Es ist
eine Anrufung der Großen dieses Sprach-
raums, allesamt schon tot, doch ihr Atem
lebt, belebt ihn, umfängt ihn. In einem
früheren Zyklus – von 2001 – spricht er
mit Vergil, mit den Argentiniern Roberto
Juarroz und Jorge Luis Borges, beide
dichtende Philosophen, und dem für ihn
wichtigen, weil metaphysisch veranlag-
ten Nordamerikaner Wallace Stevens.
Einen großen Raum nimmt das poetolo-
gische Gespräch mit allen diesen Dich-
tern ein. Die Kollegen loben und umar-
men einander.
Im Vorspruch zu seinem „Museum der
modernen Poesie“ hat Hans Magnus En-
zensberger die These formuliert, es gebe
so etwas wie eine Moderne der Poesie.
Octavio Paz sprach von einer „planetari-
schen Einheit“ der Dichtung, egal in wel-
cher Sprache geschrieben und wo ent-
standen. Das ist alles Unfug. Es gibt
heute eine ungeheure Verschiedenheit
der poetischen Hervorbringungen. Es
gibt den Reichtum, dass jedes Gedicht
eines anderen anders und fremd und aus-
schließlich auf seine Weise da ist. Mit
„Weltpoesie“ ist daher heute etwas ande-
res angesprochen: die Bezüge, der Aus-
tausch, das Gespräch über Fremdheiten
hinweg. Es gibt ein phantastisches, un-
fassbar großes Gespinst von realen und
imaginären Begegnungen der Dichter,
Meine Kollegen und ich diskutieren noch
darüber, ob die Geschichte nun ein offe-
nes Ende hat oder nicht.
In letzter Zeit drängt es mich zu Enden,
die nichts ausbuchstabieren. Es ist ja
nicht so, als bekämen wir am Ende unse-
res Lebens Lösungen präsentiert, als
fügte sich alles zu einem befriedigenden
Abschluss. Ich finde, dieses Ende war un-
ausweichlich für Alex.
Was passiert mit Ihren Figuren, wenn
Ihre Geschichten fertig sind?
Ich denke dann nicht mehr darüber
nach. Es ist wie mit jemandem, mit dem
man lange zusammengelebt hat und der
geht. Oder stellen Sie sich eine Figur
aus einem Traum vor, sie existiert nur in
dieser Welt.
Ist Fiktion eine Zuflucht?
Manchmal kann es so vergnüglich sein,
dass man ganz davon verzehrt wird. Wir
Schriftsteller können uns glücklich schät-
zen, weil wir uns so versenken dürfen.
Zugleich ist es ein merkwürdiges Leben,
so viel selbst zu bestimmende Zeit. Man
ist viel allein. Es ist eine interessante,
manchmal verstörende Erfahrung, sich
auf diese Weise mit der Welt in Bezie-
hung zu setzen.
Am Ende ist es doch frustrierend, welche
Macht Männer wie Simon in Ihrem Buch
haben. Seit Jahren beschäftigen Sie sich
mit mächtigen Männern und Machtmiss-
brauch. Hat sich seit MeToo etwas zum
Besseren gewendet?
Das ist auch ein Vorteil an diesem Beruf.
Ich bin froh, dass ich mich zu Fragen nach
unserer sich verändernden Kultur nicht
öffentlich äußern muss. Es ist außerhalb
meines Wirkungsbereichs. In meiner Fik-
tion kommen solche Fragen natürlich auf.
Aber ich arbeite sie nicht willentlich ab.
Ich habe keine Meinung dazu.
Vor ein paar Jahren haben Sie aber noch
Gastbeiträge in Zeitungen veröffentlicht.
Ich erinnere mich an einen Beitrag, in
dem Sie schilderten, wie Sie mit Anfang
zwanzig nachts aufwachten, weil ein
Mann Sie würgte. Eine ähnliche Szene
spielt sich in „Die Einladung“ ab. Ha-
ben Sie wirklich keine Meinung dazu?
Ich denke, meine Gefühle verändern
sich. Das ist etwas, was ich nicht mehr
tun würde. Bei diesen Themen ist es
schwer, sich einen wahrhaftigen Ein-
druck zu verschaffen. Hat sich wirklich
etwas verändert, oder ist es einfach sehr
laut um das Thema geworden?
Das klingt ein bisschen desillusioniert.
Nein. Ich schätze es nur inzwischen sehr,
als Romanautorin abseits stehen zu dür-
fen in einer Zeit, in der jeder eine Mei-
nung zu allem hat. Die Menschen defi-
nieren sich über ihre starken Gefühle:
Ich hasse dieses, ich liebe jenes, dies
macht jemanden zu einer schlechten Per-
son, das zu einer guten. All diese hefti-
gen Proklamationen zu unserer Haltung
und politischen Position. Ich spüre, dass
ich immer glücklicher damit bin, am
Rand zu stehen.
Ist es schwieriger geworden, sich als
Schriftstellerin öffentlich zu äußern?
Ich empfinde es nicht so. Ich habe keine
Probleme damit, mich in meinen Texten
frei auszudrücken. Wenn es Widerstand
oder Polemiken gibt, weiß ich nichts da-
von. Ich will es nicht wissen. Ich fühle mich
nicht in meinem Ausdruck erstickt. Ich ha-
be Freunde, denen es so geht. Aber ich
glaube, wir haben als Schriftsteller großes
Glück, und ich fühle mich nicht zensiert.
Die Fragen stellte Elena Witzeck.
Redaktion Hubert Spiegel
und es gibt die Freundschaft der Dichter,
das Freundschaft stiftende Gespräch.
Dieses Gedicht macht auf gelassene,
eindrückliche Weise deutlich, dass Cees
Nooteboom Teil dieses Gespinstes ist und
dass er sich selbst in einem großen Konti-
nuum der Dichtung sieht. Dieses Gedicht
ist ein herrliches Bekenntnis zur lebens-
spendenden Kraft der Poesie, für ihn,
aber auch für alle Mitmenschen. Nichts
anderes ist mit dem „Du“ am Ende des
Gedichts gemeint. Poesie, sagt Cees Noo-
teboom, ist „immer fließendes Wasser“.
Er lebt von diesem Wasser, lebt von der
Poesie und in der Poesie.
Cees Nooteboom: „Gesammelte Werke. Band 1:
Gedichte“. Hrsg. von Susanne Schaber.
Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2003.
418 S., geb., 34,90 €.
Von Joachim Sartorius ist zuletzt erschienen:
„Die Versuchung von Syrakus“. Mare Verlag,
Hamburg 2023. 179 S., geb., 20,– €.
Mit dem Handy scannen:
Eine Gedichtlesung von Thomas Huber finden
Sie unter www.faz.net/anthologie.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
16
14
12
10
8 Französischer Höhenflug
6
4
2 wunder. Aber es ist schon be-
0 Wirtschaft seit der Erholung vom Co-
–2 2017
–4
Wirtschaftswachstum in
–6 Deutschland und Frankreich
Veränderung zum Vorquartal in Prozent1)
–8
1) Preis-, saison- und kalenderbereinigt.
–10 Quellen: Statistisches Bundesamt; Insee /Foto Frank Röth/F.A.Z.-Grafik Brocker
E
igentlich sollte es am Freitag
endlich mal wieder bessere Kon-
junkturnachrichten geben. Doch
die Hoffnung, dass die deutsche
Wirtschaft im zweiten Quartal zumindest
ein wenig gewachsen ist, wurde ent-
täuscht. Das preisbereinigte Bruttoin-
landsprodukt (BIP) stagnierte in den Mo-
naten April bis Juni im Vergleich zum
ersten Quartal, teilte das Statistische Bun-
desamt nach einer Schätzung mit. Die pri-
vaten Verbraucher hätten zwar wieder
mehr Geld als zu Jahresbeginn ausgege-
ben, insgesamt reichte es aber nicht, um
nach zwei Quartalen mit schrumpfender
Wirtschaft wieder ein Plus zu schaffen.
„Die Probleme kommen von allen Sei-
ten: Die Inflation hat die Konsumnach-
frage ausgezehrt, der Export leidet unter
einer globalen Investitionsgüterschwä-
che und die Industrie zusätzlich unter
hohen Energiepreisen“, kommentierte
Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-
bank. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolks-
Von Johannes
Pennekamp, Frankfurt,
Manfred Schäfers, Berlin,
und Niklas Záboji, Paris
wirtin der KfW, betonte die Probleme der
Industrie: „Als bedeutendem Hersteller
von Investitionsgütern bläst Deutschland
der Gegenwind durch die globale geld-
politische Straffung besonders heftig ins
Gesicht“, sagte sie. In den energieinten-
siven Industriezweigen bleibe die preisli-
che Wettbewerbsfähigkeit eine „handfes-
te Herausforderung“.
Bundeswirtschaftsminister Robert Ha-
beck (Grüne) bezeichnete die Zahlen als
„alles andere als zufriedenstellend“. Um
Jetzt geht auch in Deutschland die Inflation zurück
Inflationsrate sinkt im Juli auf 6,2 Prozent / Zumindest die Preise an der Tankstelle ziehen aber schon wieder an
sibi. FRANKFURT. Die Inflation in
Deutschland ist im Juli etwas zurückge-
gangen. Wie das Statistische Bundesamt
am Freitag nach einer ersten Schätzung
mitteilte, sank die Inflationsrate nach der
nationalen Berechnungsweise des Ver-
braucherpreis-Index (VPI) von 6,4 auf 6,2
Prozent. Nach der europäischen Berech-
nungsweise des Harmonisierten Verbrau-
cherpreisindex (HVPI), der für Vergleiche
mit anderen Ländern verwendet wird,
ging sie von 6,8 auf 6,5 Prozent zurück.
Auch die Kernrate der Inflation ohne die
schwankungsanfälligen Preise für Energie
und Nahrungsmittel sank von 5,8 Prozent
im Juni auf 5,5 Prozent im Juli.
Damit macht sich nun die „disinflatio-
näre“ Entwicklung mit sinkenden Infla-
tionsraten, die im Juni schon in fast allen
anderen Euroländern zu beobachten war,
auch in Deutschland bemerkbar. Im Juni
war Deutschland noch die Ausnahme im
Euroraum gewesen: Nur hier war die Infla-
tionsrate noch gestiegen, in Kroatien hatte
sie stagniert.
Mittlerweile sind die Energiepreise
nach dem extremen Höhenflug im vori-
gen Jahr zum Teil zu einem entlastenden
Faktor für die Verbraucher geworden.
Auf Jahressicht sind insbesondere die
Preise für Benzin, Diesel und Heizöl ge-
fallen. Allerdings: Zuletzt wurde diese
Entwicklung wieder etwas wackelig. Die
Ölstaaten haben ihre Ölförderung ge-
drosselt – im Nachgang stiegen auch die
SCHUTZ VOR HITZE
Wie Minister Lauterbach die
Zahl der Hitzetoten hierzulande
halbieren will.
Wirtschaft, Seite 18
2018 2019
Wirtschaft tritt
auf der Stelle
Auch im zweiten Quartal ist das
Bruttoinlandsprodukt nicht gewachsen.
Minister Habeck ist unzufrieden, lehnt aber
Konjunkturpakete ab. Besser läuft es in
Frankreich, kurzfristig jedenfalls.
energieintensiven Betrieben zu helfen,
pochte Habeck abermals auf den von ihm
geforderten und vom Finanzminister bis-
lang zurückgewiesenen Industriestrom-
preis. „Die Zeit drängt, und wir müssen
hier schnell zu Entscheidungen kommen“,
sagte Habeck. Klassische Konjunkturpro-
gramme lehnte er mit Verweis auf die ho-
he Inflation ab, die durch zusätzliche
Nachfrage befeuert werden könne.
Wachstum meldeten die Statistiker le-
diglich für die Schulden. Die Staatsver-
schuldung sei Ende 2022 auf 2368 Milliar-
den Euro gestiegen. Zwei Drittel davon
entfallen auf den Bund. Seine Schulden
sind weiter gewachsen (um 70 Milliarden
Euro), die der Länder sanken im selben
Zeitraum (um 31,7 Milliarden Euro). Die
Schulden der Gemeinden erhöhten sich im
Vorjahresvergleich um 6,9 Milliarden
Euro. Das Statistische Bundesamt kommt
nunmehr auf eine staatliche Pro-Kopf-Ver-
schuldung von 28.164 Euro.
Um die öffentlichen Schulden beurtei-
len zu können, setzt man sie ins Verhältnis
zur Leistungsfähigkeit. Für den Staat zieht
Spritpreise wieder; sicher nicht ganz zu-
fällig in der Urlaubsreisewelle. Super E10
kostete plötzlich wieder mehr als 1,80
Euro je Liter. Damit waren Benzin und
Diesel im Juli zwar im Schnitt billiger als
vor einem Jahr – aber doch wieder etwas
teurer als im Juni.
Nahrungsmittel hingegen sind weiter-
hin deutlich teurer als vor einem Jahr.
Von Monat zu Monat aber sind zumindest
die Preise einiger Lebensmittel wie Obst
und Gemüse gesunken. Was genau alles
teurer geworden ist, verraten die schon
detaillierter veröffentlichten Inflations-
zahlen für Nordrhein-Westfalen, die
Inflation in Deutschland
Verbraucherpreise
Veränderung zum Vorjahresmonat
in Prozent
10
8 6,2
6 Kraftstoffe –5,1
4 9,0
2 Gaststätten-
0
1.2022 7.2023
Quelle: Destatis/Information und Technik Nordrhein-Westfalen
WENIGER SCHACHTELN, MEHR SERVICE
Der Schuhhändler Görtz steht vor
einer Runderneuerung. Zentrale
Rolle soll ein Lieferdienst spielen.
Unternehmen, Seite 20
Wirtschaft
17,4
8,9
2020 2021
Deutschland
+5,1%
Veränderung
seit 4. Quartal 2016
–9,2
–13,1
man dazu das Bruttoinlandsprodukt he-
ran. Ende 2021 betrug diese Quote 69,3
Prozent, vergangenes Jahr sank sie nach
Angaben der Bundesbank auf 66,3 Pro-
zent. Damit liegt sie weiterhin über der
Obergrenze zum Schutz des Euros, die bei
60 Prozent gezogen wurde. Für dieses Jahr
sagt die Bundesregierung einen leichten
Anstieg auf rund 67,75 Prozent voraus – da
hat sie die geplante Kreditaufnahme im
Wirtschaftsstabilisierungsfonds voll be-
rücksichtigt. Diese Zahl ist aber noch mit
Unsicherheit behaftet.
Die Rezession in Deutschland machte
im zweiten Quartal somit eine Pause, sie
dürfte aber schnell zurückkommen. Der
Internationale Währungsfonds hat
Deutschland für das Gesamtjahr ein
Schrumpfen des BIP um 0,3 Prozent
prognostiziert. Damit steht Deutschland
unter den Industrieländern auf dem letz-
ten Platz. Besser läuft es im Nachbarland
Frankreich. Wie das Statistikamt Insee
am Freitag mitteilte, legte die französi-
sche Wirtschaftsleistung im Vergleich
zum Vorquartal um 0,5 Prozent zu – trotz
meistens relativ repräsentativ für
Deutschland sind. So verteuerte sich Brot
auf Jahressicht um 17,3 Prozent, gegen-
über dem Vormonat Juni um 0,4 Prozent.
Der Preis von Fleisch stieg auf Jahressicht
um 5,9 Prozent im Preis, gegenüber dem
Vormonat um 0,6 Prozent. Billiger zu-
mindest gegenüber dem Vormonat wur-
den Obst mit minus 0,6 Prozent, Gemüse
mit minus 2 Prozent sowie Molkereipro-
dukte und Eier mit minus 1,7 Prozent.
Vieles, was mit dem Urlaub zu tun hat,
war im Juli dagegen teurer als im Juni.
Kraftstoff wurde 0,7 Prozent teurer, Ho-
telübernachtungen stiegen um 1,5 Pro-
Nordrhein-Westfalen: Preisveränderungen
bei ausgewählten Gütergruppen in Prozent
(Basisjahr 2020 = 100)
Brot und Getreide- 17,3
erzeugnisse
–0,4
Fleisch und 5,9
Fleischwaren 0,6 Veränderung
gegenüber:
0,7
dem gleichen
Monat des
Pauschalreisen
11,2 Vorjahres
8,3
dienstleistungen 0,4 dem
Vormonat
Übernachtungen 8,4
1,5
F.A.Z.-Grafik sjs.
CHINAS CYBERKRIEGER RÜSTEN AUF
Hacker haben sich Zugriff auf
Konten von Microsoft verschafft.
Die Angriffe werden raffinierter.
Unternehmen, Seite 24
0,5
0,0
2022 2023
Frankreich
+ 7,4%
Veränderung
seit 4. Quartal 2016
Industriepark Höchst
(in Frankfurt am Main)
hoher Inflation, Zinsanstieg und Flaute
im Privatkonsum. Während der Konsum
um 0,4 Prozent gesunken ist, kamen
außergewöhnlich starke Impulse aus dem
Export. Er wuchs um 2,6 Prozent.
Frankreichs Finanz- und Wirtschafts-
minister Bruno Le Maire sprach im Radio
von einer „bemerkenswerten Leistung“.
Er bestätigte das Ziel von einem Prozent
Wachstum für das Gesamtjahr, nachdem
unter anderem die Banque de France zu-
letzt deutlich weniger prognostiziert hat-
te. „Der französischen Wirtschaft geht es
gut“, sagte Le Maire. Dabei sind die un-
erwarteten 0,5 Prozent Wachstum im
zweiten Quartal „sehr verzerrt“, sagt Sté-
phane Colliac, Ökonom der BNP Paribas.
Denn das starke Exportplus gehe zu mehr
als der Hälfte auf das Konto der Luft-
fahrtindustrie und damit eines Sektors, in
dem die Ausfuhr schon mal abrupt
schwanke. „Wir wissen, dass es bei den
Flugzeuglieferungen manchmal zu kalen-
darischen Effekten kommt“, sagt Colliac.
Im ersten Quartal war Frankreichs Ex-
port noch um 0,8 Prozent geschrumpft.
Lieferengpässe und Sondereffekte durch
Chinas Wiederöffnung führen zu weite-
ren Verzerrungen im Außenhandel, so-
dass die Quartalszahlen die tatsächliche
Wirtschaftsleistung nur eingeschränkt
widerspiegeln. Vor allem aber ist un-
wahrscheinlich, dass der Export und da-
mit das Wachstum auch in der zweiten
Jahreshälfte so florieren werden wie im
zweiten Quartal.
„Die Dauerhaftigkeit dieser Dynamik
ist fraglich“, meint Ökonom Colliac. Der
Rohstoffbezug bleibe ein Hemmschuh,
insbesondere von seltenen Erden aus
China. Nachdem es zu Produktionsrück-
gängen und temporären Fabrikschlie-
ßungen in Europa gekommen war, habe
sich die Lage gebessert. Endgültig besei-
tigt seien die Probleme aber nicht für die
Auto- und Luftfahrtindustrie. („Schick-
salsfrage Energiekosten“, Seite 19.)
zent im Preis. „Nach der Pandemie haben
die Verbraucher Nachholbedarf, sie wol-
len reisen und essen gehen“, sagt der
Ökonom Holger Schmieding vom Ham-
burger Bankhaus Berenberg. Ihre Reise-
lust zeige sich auch in hohen Preisen für
Pauschalreisen, die im Juli 9 Prozent teu-
rer waren als im Vorjahresmonat und
11,2 Prozent teurer als im Vormonat.
Unter dem Einfluss des beginnenden
Sommerschlussverkaufs sei hingegen die
Teuerungsrate für Bekleidung von 5,2 auf
2,8 Prozent zurückgegangen. „Insgesamt
geht der Preisdruck etwas schneller zu-
rück als erwartet“, meinte Schmieding.
Für den Jahresverlauf rechnen die
meisten Ökonomen mit einem weiteren
Rückgang der Inflation – auch die Euro-
päische Zentralbank, die am Donnerstag
zum neunten Mal in Folge die Zinsen an-
gehoben hatte. Das Münchner Ifo-Institut
warnte allerdings am Freitag, dass sich
die Beruhigung womöglich hinziehen
könnte. Es verwies auf eine Umfrage, der
zufolge die Preiserwartungen der deut-
schen Unternehmen im Juli wieder leicht
gestiegen seien; der entsprechende Index
habe von 16,3 auf 16,4 zugelegt. „Erst-
mals seit Oktober 2022 hat der Anteil der
Unternehmen, die per saldo ihre Preise
anheben wollen, nicht weiter abgenom-
men“, sagte Ifo-Konjunkturchef Timo
Wollmershäuser. „Damit dürfte sich der
Rückgang insbesondere der heimischen
Inflation weiter hinziehen.“
Von Niklas Záboji
in paar starke Quartale ma-
E
chen noch kein Wirtschafts-
merkenswert, dass die französische
rona-Schock nicht viel, aber doch
merklich besser abgeschnitten hat als
die des großen Nachbarn Deutsch-
land. Dieser Trend hat sich im zwei-
ten Quartal verfestigt. Während die
deutsche Wirtschaft auf der Stelle
trat, gab es in Frankreich ein stattli-
ches Wachstumsplus von 0,5 Prozent
– und das ausgerechnet wegen eines
kräftigen Exports, eigentlich eine
deutsche Domäne. Sogar den
schrumpfenden Konsum hat die Aus-
fuhr mehr als ausgeglichen.
Während man in Berlin nach aktu-
ellem Stand froh sein kann, wenn
die deutsche Wirtschaftsleistung in
diesem Jahr nicht schrumpft, kann
man sich in Paris berechtigte Hoff-
nungen machen, am Ende bei einem
Prozent Wachstum herauszukom-
men. Das erhöht die Verteilungs-
spielräume und lindert den Sanie-
rungsdruck auf die angespannten
französischen Staatsfinanzen zu-
mindest etwas. Doch so verständlich
Finanz- und Wirtschaftsminister
Leinen los für grüne Schiffe
Von Susanne Preuß
ontainerschiffe und Hafenkrä-
C ne werden vielfach als Sym-
bolbild für den Welthandel ge-
nutzt. Aus gutem Grund: 90 Prozent
des gesamten Warentransports erfol-
gen auf dem Seeweg, 100.000 Schiffe
sind dafür im Einsatz. Als diese Ma-
schinerie während der Corona-Pan-
demie ins Stocken geriet, wurde vie-
len die große Bedeutung der
Schifffahrt für die deutsche Versor-
gung erstmals bewusst. Weit weniger
beachtet wurde, dass die Schifffahrt
rund 3 Prozent der globalen CO2-
Emissionen verursacht, mehr als ganz
Deutschland. Und während hierzu-
lande erbittert über Wärmepumpen
und Tempolimit gestritten wird, gab
man sich in der International Mariti-
me Organization (IMO) lange mit
dem Jahr 2100 für die Dekarbonisie-
rung der Schifffahrt zufrieden – ein
Datum, das von den heute Verant-
wortlichen niemand erleben wird.
Kein Wunder, dass sich nichts be-
wegte. Selbst die Container-Reeder
schienen eher damit beschäftigt,
nach Anlagemöglichkeiten für ihre
üppigen Gewinne aus der Corona-
Zeit zu suchen als nach klimafreund-
lichen Konzepten. Nachhaltigkeit
war nicht Teil der Strategie, sondern
vielfach nur ein Schlagwort in Fir-
menpräsentationen. Urteilt man aus
rein betriebswirtschaftlicher Sicht,
ist das Abwarten nachvollziehbar: In
diesem Geschäft spielt die Konkur-
renz auf dem Weltmarkt, da kann
man sich keine Fehlinvestitionen
leisten. Für Unsicherheit sorgt, dass
der beste Weg zur grünen Schifffahrt
noch nicht definiert ist.
Jetzt müsste Bewegung in die Sa-
che kommen. Bis „um das Jahr 2050
herum“ sollen die Emissionen auf
null gesenkt werden, so der Be-
schluss der Weltschifffahrtsorganisa-
tion IMO, einer Unterorganisation
der Vereinten Nationen. Wer ob des
schwammigen Zeitpunkts aufheult,
sollte anerkennen, dass es zuvor na-
hezu aussichtslos schien, alle 175
IMO-Staaten zur Zustimmung zu
bewegen. Widerstand gab es aus Öl-
staaten und Schwellenländern, die
steigende Transportkosten fürchten.
China soll an Länder des globalen
Südens appelliert haben, scharfe Kli-
maziele zu blockieren. Umso erfreu-
licher, dass sich die IMO-Länder
sogar auf eine global gültige Beprei-
sung für Treibhausgase von 2027 an
geeinigt haben, sodass Europa mit
seiner CO2-Politik nicht allein bleibt.
Auch die ziemlich kurzfristigen Zwi-
schenziele für 2030 und 2040 brin-
gen Dynamik ins Geschehen.
Zum Glück muss die Branche nicht
bei null anfangen. Schließlich ist der
IMO-Beschluss nicht die alleinige
Leitlinie für die Unternehmen. Viele
NR. 1 7 4 · SE I TE 1 7
SAM S TAG, 2 9 . J U L I 2 0 2 3
Bruno Le Maires Freude über den
unverhofften Konjunkturimpuls
auch ist, die Korken sollte er nicht zu
früh knallen lassen. Denn viel
spricht dafür, dass die starken Quar-
talszahlen positiven Sondereffekten
im Außenhandel geschuldet sind –
und wenig dafür, dass der Höhenflug
der Exporteure in der zweiten Jah-
reshälfte anhält.
Hinzu kommt: Frankreichs Wirt-
schaft mag die deutsche aktuell über-
flügeln, während es seit der Euroein-
führung bislang praktisch durchweg
andersherum war. Mit Blick auf die
Wachstumsraten Amerikas, Chinas
und aufstrebender Schwellenländer
hinkt die siebtgrößte Volkswirtschaft
der Welt trotzdem genauso hinterher.
Und das, obwohl die französische Re-
gierung seit Beginn des jüngsten
Energiepreisschocks zweistellige
Milliardenbeträge aus der Staatskas-
se mobilisiert hat, um Kaufkraft und
Konjunktur zu stabilisieren. Wahr ist
aber auch: In Paris ist man schon län-
ger bemüht, Strukturreformen durch-
zuführen und die Attraktivität Frank-
reichs als Standort für Investoren zu
erhöhen. Davon kann sich Berlin ei-
niges abschauen.
Reeder haben längst eigene Klima-
ziele formuliert, getrieben auch vom
Kapitalmarkt sowie von Kunden, die
ihrerseits mit dem Versprechen eines
klimafreundlichen Transports den
Verbrauchern ein gutes Gewissen be-
reiten wollen. Als Pionier hat sich der
dänische Maersk-Konzern positio-
niert, einer der größten Reeder der
Welt, der schon vor zwei Jahren die
ersten Schiffe mit Methanol-Antrieb
bestellt hat. Der Mut von Maersk
wird belohnt mit der öffentlichkeits-
wirksamen Präsenz der EU-Kommis-
sionspräsidentin Ursula von der Ley-
en, die zur Taufe des weltweit ersten
Containerschiffs mit Methanol-An-
trieb im September nach Kopenha-
gen geladen ist.
Ein klimafreundlicher
Antrieb allein reicht
noch nicht für
einen grünen Transport.
Ob der Maersk-Weg der richtige
ist, ist damit allerdings nicht gesagt.
Aida testet seit Längerem Flüssiggas
LNG für ihre Kreuzfahrtschiffe, die
Reederei MSC neuerdings Brenn-
stoffzellen. All diese Investitionen
sind Teile eines Puzzles, das von vie-
len Akteuren zusammengefügt wer-
den muss. Es braucht ausreichende
Mengen alternativer Kraftstoffe und
ein möglichst dichtes Tankstellen-
netz. In der Zwischenzeit braucht es
Motorenbauer wie MAN, die soge-
nannte Dual-Fuel-Motoren anbieten,
damit fallweise weiter Schiffsdiesel
genutzt werden kann. In den Häfen
sollten möglichst viele Schiffe mit
Landstrom betrieben werden (im
Idealfall aus Windenergie), was In-
vestitionen auf beiden Seiten nötig
macht. Und letztlich ist ein Transport
nur dann klimaneutral, wenn die
Schiffe ressourcenschonend gebaut
werden, mit grünem Stahl.
Grob 300 Milliarden Dollar jähr-
lich erfordert nach einer Studie der
UBS die Dekarbonisierung der
Schifffahrt. Geld für Forschung und
Fortschritt aus der einen Perspektive,
Kosten aus dem anderen Blickwin-
kel. Typische Konsumgüter würden
nicht einmal ein Prozent teurer da-
durch, argumentiert die UBS. Das
kann genug sein, um Konsum zu ver-
ändern und globale Wertschöpfungs-
ketten zu beeinflussen. Umso wichti-
ger ist, dass mit dem IMO-Beschluss
nun klare Ziele vereinbart wurden.
Bedenkt man, dass ein Schiff locker
30 bis 50 Jahre auf den Weltmeeren
unterwegs ist, sollte die Zeit der Aus-
reden jetzt vorbei sein.
SE I TE 1 8 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Wenn die SMS vor Gluthitze warnt
Ein Schutzplan von
Minister Lauterbach soll
die Zahl der Hitzetoten
halbieren. Ärzte helfen
mit, können das aber
bisher nicht abrechnen.
Von Christian Geinitz,
Berlin
E
in brennender Sonnenschirm,
ein Flamingo-Schwimmreifen,
dem im Freibad die Luft aus-
geht, ein 50 Grad zeigendes
Thermometer, das in ein Glas mit Zitro-
nenlimonade fällt, ein schmelzendes Spei-
seeis mit der überschrift „Auf dünnem
Eis . . .“: Mit bunten Plakaten versucht der
Deutsche Hausärzteverband neuerdings
Patienten direkt in den Praxen vor den
Gefahren des Klimawandels zu warnen.
Für die Mediziner und ihre Mitarbeiter
gibt es Schulungen zur Prävention und
zum Gesundheitsschutz gegen die stei-
genden Temperaturen. 2000 Personen ha-
ben schon teilgenommen, im August ste-
hen elf weitere Termine an. Ein „Hitze-
Manual“ auf der Homepage des Verbands
bietet statistisches Material, Checklisten
für die Praxisabläufe im Sommer und erste
Handreichungen zur „Klimasensibilisie-
rung“ und zur „Klimafolgenanpassung“.
Die Befunde sind eindeutig und gravie-
rend: Falls sich die Erderwärmung nicht
wie von den Vereinten Nationen geplant
bei 1,5 Grad im Vergleich zum vorindus-
triellen Zeitalter begrenze lasse, sondern
doppelt so stark steige, werde die Zahl der
Todesfälle und der durch Hitzestress ge-
fährdeten Menschen um das Zwei- bis
Dreifache steigen, heißt es in der Broschü-
re: „Oberhalb von 3 Grad sind dem An-
passungspotential der Menschen und der
bestehenden Gesundheitssysteme Gren-
zen gesetzt.“ Sprich: Dann sind viele Or-
ganismen und Ärzte überfordert – und
werden aufgeben.
Damit es nicht so weit kommt, wollen
die Mitgliedstaaten der Weltklimakonfe-
renz Ende des Jahres in Dubai den Klima-
schutz vorantreiben. Zugleich aber muss
die Anpassung an die bereits erfolgte Erd-
erwärmung verbessert werden. Ein wich-
tiges Einsatzfeld ist dabei die Vorberei-
tung und Ausrichtung der Bevölkerung,
des Gesundheits-, Pflege-, Betreuungs-
und Bildungswesens auf die steigenden
Temperaturen. Ende Juni kündigte Bun-
desgesundheitsminister Karl Lauterbach
(SPD) an, nach dem Vorbild Frankreichs
gemeinsam mit Fachleuten an einem na-
tionalen Hitzeschutzplan zu arbeiten. Am
Freitag stellten er und der Vorsitzende
des Hausärzteverbands, Markus Beier,
das Papier vor, das nach Treffen mit Medi-
Vorentscheidungen für die EZB-Posten sind gefallen
Spanierin für Bankenaufsicht, Italiener fürs Direktorium / Wenig Chancen für Buch / Hoyer-Nachfolge offen
wmu. BRüSSEL. Wenn in der EU meh-
rere Spitzenposten zu annähernd glei-
cher Zeit frei werden, läuft die Wieder-
besetzung so gut wie immer auf ein
Personalpaket hinaus. So wird es auch
im September kommen, wenn die Ent-
scheidungen über Spitzenpositionen in
drei EU-Finanzinstitutionen zu treffen
sind. Schon Ende Oktober wechselt Fa-
bio Panetta, bisher Mitglied im Direkto-
rium der Europäischen Zentralbank
(EZB), an die Spitze der italienischen
Notenbank. Zum Jahresende läuft tur-
nusgemäß die fünfjährige Amtszeit des
Chefs der Bankenaufsicht in der EZB,
des Italieners Andrea Enria, aus. Eben-
falls zu Jahresende tritt nach zwölf Jah-
ren an der Spitze der Europäischen In-
vestitionsbank (EIB) der FDP-Politiker
Werner Hoyer in den Ruhestand.
Zu einer klassischen Paketlösung wird
es nicht kommen, weil für die Wiederbe-
setzung nicht ganz derselbe Personen-
kreis zuständig ist. über die Chefin der
Bankenaufsicht – es wird auf jeden Fall
eine Frau werden – entscheiden der EZB-
Rat, der Wirtschaftsausschuss des EU-
Parlaments und der Rat der EU-Finanz-
minister, wobei Letztere nur die
Ernennung vollziehen. Für die Panetta-
Nachfolge sind dagegen die Mitgliedstaa-
ten zuständig. Laut EU-Vertrag treffen
sogar die Staats- und Regierungschefs die
letzte Entscheidung; wirklich befasst sind
aber die Finanzminister, nachdem sie das
Parlament und den EZB-Rat angehört
haben. Die Minister sind auch – in ihrer
Funktion als Gouverneure der EIB – für
Hoyers Nachfolge zuständig.
Trotz der unterschiedlichen Zuständig-
keiten werden alle Entscheidungen fak-
tisch zur gleichen Zeit und aufeinander
abgestimmt fallen – am 14. September im
EZB-Rat und am 15./16. September am
Rande des informellen EU-Finanzminis-
tertreffens in Santiago de Compostela.
Auch wenn noch nichts offiziell ist, steht
so gut wie fest, wer auf die beiden EZB-
Posten berufen wird: Neue Chefin der
Bankenaufsicht dürfte Margarita Delga-
do werden, die stellvertretende Gouver-
neurin der spanischen Notenbank – und
nicht Bundesbank-Vizepräsidentin Clau-
dia Buch, die noch im Rennen, aber ins
Wichtiger Hitzeschutz: Trinkwasserbrunnen, hier in der Frankfurter Innenstadt in der Liebfrauenstraße
zinern sowie Vertretern der Pflege, der
Kommunen, der Länder und Sozialver-
bände entstanden ist.
Der neun Seiten starke „Hitzeschutz-
plan für Gesundheit“ basiert auf dem
2022 ins Leben gerufenen Klimapakt für
Gesundheit. Kommunale Hitzeaktions-
pläne bis 2025 waren eigentlich schon seit
2020 vorgesehen, doch ist daraus wenig
geworden, weshalb es jetzt zu einem ein-
heitlichen nationalen Vorgehen nach dem
Vorbild Frankreichs kommt. 80 Prozent
der deutschen Ideen entsprächen jenen im
Nachbarland, präzisierte Lauterbach.
Dort haben sich die Prävention und die
Hitzebetreuung vulnerabler Gruppen –
Alter, Kranker, Pflegebedürftiger, Ob-
dachloser, Schwangerer aber auch im
Freien Arbeitender – seit dem „Glutsom-
mer“ 2003 stark verbessert. Daran will die
„konzertierte Aktion Hitze“ in Deutsch-
land ihr eigenes Konzept ausrichten. Wie
es sich im komplexen Bund-Länder-Kom-
munen-Gefüge gehört, erfolgt das hierzu-
lande „unter Beachtung der föderalen Zu-
ständigkeiten und unter Beteiligung aller
Verantwortlichen“. Auch wenn noch
manches unklar ist, sind die Ziele sehr
Hintertreffen geraten ist. Als Nachfolger
Panettas zeichnet sich Piero Cipollone
ab, der Vizegouverneur der italienischen
Notenbank (F.A.Z. vom 14. Juli).
Die Vorentscheidung zu Gunsten Del-
gados und zu Lasten Buchs ist in der ver-
gangenen Woche gefallen. Der EZB-Rat
hatte nach einer Vorauswahl Ende Juni
eine nur die Namen Delgado und Buch
umfassende Vorschlagsliste an den
Wirtschaftsausschuss des EU-Parla-
ments geschickt. Nach einer informellen
Anhörung beider Kandidatinnen haben
die Ausschussmitglieder – offenbar
weitgehend im Konsens – EZB-Präsi-
dentin Christine Lagarde wissen lassen,
dass sie Delgado bevorzugen.
Offiziell begründen die Abgeordneten
das vor allem damit, dass die Spanierin
mehr Erfahrung in der Bankenaufsicht
habe als Buch. Die Deutsche ist dafür in
der Bundesbank erst seit 1. April zustän-
dig, während Delgado schon 2014 erst-
mals zur EZB-Bankenaufsicht kam, wo
sie stellvertretende Generaldirektorin für
die mikroprudenzielle Aufsicht war. 2018
wechselte sie zur spanischen National-
bank. Dem Vernehmen nach setzten sich
Margarita Delgado Foto Getty
Wirtschaft
konkret. Lauterbach wird sich daran mes-
sen lassen müssen. Er kündigte an, die
Zahl der Hitzetoten in diesem Jahr im Ver-
gleich zu 2022 von 8000 auf weniger als
4000 Fälle mehr als zu halbieren. 2022 sei-
en es in Europa 60.000 gewesen, davon
zwei Drittel in drei Ländern: Italien, Spa-
nien und der Bundesrepublik. Im laufen-
den, derzeit milden deutschen Sommer
hat das Robert-Koch-Institut zwischen
April und Mitte Juli 1510 Hitzetote ge-
zählt, davon waren 880 fünfundachtzig
Jahre oder älter; ermittelt wird die Zahl
über die übersterblichkeit.
Das Wichtigste sei die rechtzeitige kol-
lektive Warnung und dann die individuelle
Ansprache der Gefährdeten über Ärzte,
Pfleger, Angehörige, Ehrenamtliche und
über den für Corona aufgestockten Öffent-
lichen Gesundheitsdienst, hieß es. Der
Deutsche Wetterdienst veröffentliche drei
Hitzewarnstufen. Nach Kontakt mit den
Rundfunkanstalten und Kulturstaatssekre-
tärin Claudia Roth (Grüne) werde darüber
im Radio, über soziale Medien, im Internet
und über Apps informiert. Neben den Ärz-
teplakaten gibt es ähnliche breit gestreute
Verhaltensempfehlungen der Bundeszen-
auch die deutschen Abgeordneten kaum
für Buch ein. Begründet wurde das damit,
dass Deutschland für andere EU-Spitzen-
posten das Pulver trocken halten müsse.
Der EZB-Rat ist an das Parlamentsvo-
tum nicht gebunden, und die Kandidatin-
nen werden auch noch offiziell angehört.
Aber aus allen drei Entscheidungsgre-
mien – EZB, Parlament, Ministerrat – ist
zu hören, das Rennen sei so gut wie ge-
laufen, weil sich die Abgeordneten sehr
eindeutig für Delgado ausgesprochen
hätten. Eine (ohnehin ungewöhnliche)
Intervention der Bundesregierung zu
Gunsten Buchs ist offenbar nicht geplant.
Für die Panetta-Nachfolge läuft die Be-
werbungsfrist noch bis Ende August. Bis-
her hat aber nur die italienische Regie-
rung den Kandidaten Cipollone ins Spiel
gebracht. In einigen osteuropäischen
Eurostaaten wird noch diskutiert, einen
eigenen Bewerber ins Rennen zu schi-
cken. Hintergrund ist die Unzufrieden-
heit darüber, dass dem sechsköpfigen
EZB-Direktorium seit Bestehen der
Währungsunion noch nie ein Osteuropä-
er angehört hat. Gegen Deutschland,
Frankreich, Italien (und Spanien) kann
Piero Cipollone Foto Archiv
Foto Frank Rumpenhorst
trale für gesundheitliche Aufklärung. Alle
Pflegeeinrichtungen seien informiert und
instruiert worden, so Lauterbach. Man
hoffe dort auf eine ähnliche Reduktion der
Todesfälle wie während der Pandemie im
Herbst 2022. Die Krankenkassen arbeite-
ten an der direkten Ansprache ihrer Versi-
cherten und an Hitzehotlines. Mit Innen-
ministerin Nancy Faeser denke man über
SMS-Warnungen bei extremer Hitze nach;
im schlimmsten Fall müssten öffentliche
Veranstaltungen ausfallen. über Baumi-
nisterin Klara Geywitz (beide SPD) könne
hitzegerechtes Bauen gefördert werden.
Beier sagte, medizinisch wichtig sei,
bei Hitze auf veränderte Medikamenten-
dosierungen zu achten – etwa die Insulin-
gabe für Diabetiker – und darauf, dass be-
stimmte Herzpatienten mehr tränken, als
sie bei normalem Wetter sollten. Inkonti-
nente Patienten gelte es zu überzeugen,
lieber auf einen Einkaufsbummel zu ver-
zichten, statt aus Vorsicht vor Urinab-
gang zu wenig zu trinken. Bisher könnten
die Ärzte ihre Hitzeberatung nur in Ba-
den-Württemberg bei der Kasse abrech-
nen, so Beier, aber man arbeite an einer
eigenen bundesweiten Ziffer dafür.
ein Bewerber aber nicht durchgesetzt
werden. Bis auf einen kurzen Zeitraum,
in dem Spanien nicht vertreten war, saß
immer ein Angehöriger dieser vier größ-
ten Eurostaaten in dem Gremium. Damit
das so bleibt, dürften diese Länder Cipol-
lone unterstützen. Fachliche Bedenken
gegen ihn gibt es offenbar nicht, weil er
aus der Banca d’Italia kommt. Ein even-
tueller osteuropäischer Bewerber wäre
nur ein Zählkandidat. Er hätte wohl eine
größere Chance, wenn (freilich erst in
vier Jahren) die Nachfolge des Iren Philip
Lane ansteht.
Die Nachfolge Hoyers an der Spitze der
EU-Hausbank EIB ist insofern noch rela-
tiv offen, als dafür vier bis fünf Kandida-
ten im Gespräch sind. Das Bewerberfeld
dürfte sich aber schnell lichten, weil zwei
Anwärter aus Italien und Spanien kom-
men. Dass diese Länder auch noch die
EIB-Spitze stellen, ist aus geographi-
schen Proporzgründen sehr unwahr-
scheinlich. Hinzu kommt, dass der eine
Anwärter, Italiens früherer Finanzminis-
ter Daniele Franco, schon 70 Jahre alt ist.
Ob die andere Aspirantin, Spaniens Fi-
nanzministerin Nadia Calviño, überhaupt
die Unterstützung ihrer Regierung hat, ist
wegen der unübersichtlichen Regierungs-
bildung in Spanien überdies offen.
übrig bleiben zwei skandinavische Be-
werber, die dänische EU-Wettbewerbs-
kommissarin Margrethe Vestager und der
schwedische EIB-Vizepräsident Thomas
Östros, sowie die polnische EIB-Vizeprä-
sidentin Teresa Czerwińska. Aus diesem
Tableau sei nur Vestager für das Amt
denkbar, heißt es in Brüssel. Eine EIB-
Präsidentin, die auf dem „Ticket“ der pol-
nischen Regierungspartei PiS ins Amt ge-
langte, wolle eine weit überwiegende
Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht. Und
der schwedische Kandidat könne die Dä-
nin nicht schlagen, weil sie weit promi-
nenter und eine Frau sei. Unsicher ist, ob
Vestager die Affäre um ihren gescheiter-
ten Vorschlag schadet, eine Amerikane-
rin als Chefökonomin in die Wettbe-
werbsabteilung der Kommission zu be-
rufen. Sollten südliche Mitgliedstaaten
deshalb gegen Vestager votieren, könnte
das gesamte Personalpaket noch einmal
aufgeknüpft werden.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Rom will Umbau der
EU-Förderung
Regierung fordert einen neuen Wiederaufbauplan
chs./wmu. ROM/BRüSSEL. Die ita-
lienische Regierung will einen Großteil
der Projekte im Rahmen des europäi-
schen Wiederaufbauplanes neu ver-
handeln. Wie der zuständige Minister
Raffaele Fitto in Rom mitgeteilt hat,
sollen 144 der 349 mit der EU-Kom-
mission vereinbarten Projekte neu auf-
gestellt werden. Die Regierung reagiert
damit auf die erheblichen Verspätun-
gen, die sich in Italien bei der Umset-
zung der Vorhaben eingestellt haben.
„Änderungen und Ergänzungen“ seien
unvermeidlich, sagte der Minister nach
einer monatelangen Revision. Die Re-
gierung hofft, damit die Projekte noch
rechtzeitig vor der Frist von Mitte 2026
abschließen zu können. Zudem verän-
dert sie einige Akzente, weil die ur-
sprünglichen Programme unter der Re-
gierung von Mario Draghi vereinbart
wurden. Dabei hofft sie auch auf wei-
chere Vorgaben aus Brüssel, deren Ein-
haltung die Bedingung für die Mittel-
überweisung ist.
Italien erhält 190 Milliarden Euro an
vergünstigten Darlehen und Zuschüs-
sen aus dem während der Pandemie be-
schlossenen europäischen Wiederauf-
baufonds – so viel wie kein anderes
EU-Land. Doch es gibt sowohl Verzö-
gerungen bei der Umsetzung von be-
reits gestarteten Projekten als auch bei
den Reformschritten, die Brüssel ver-
langt, bevor Geld fließt. Projekte im
Wert von 15,9 Milliarden Euro sollen
nun aus dem Wiederaufbauplan he-
rausgenommen und auf andere EU-
Programme wie die europäischen Ko-
häsions- und Entwicklungsfonds ver-
legt werden, wo es weniger knappe
Zeitfristen gibt. Beim europäischen
Programm Repower EU sollen 19 Mil-
liarden Euro untergebracht werden.
Betroffen ist eine breite Palette von
Vorhaben von der Bahninfrastruktur
über sozialpolitische Initiativen bis zu
verschiedenen Projekten auf kommu-
naler Ebene. Gerade in kleineren Kom-
munen klemmt es häufig, weil den Ver-
waltungen Fachpersonal fehlt, um
Ausschreibungen vorzunehmen und die
Arbeiten in Gang zu bringen. Kritik ist
darüber entstanden, dass die Regierung
nun auch Projekte gegen überschwem-
mungen aus dem aktuellen Wiederauf-
bauplan herausnimmt. Gerade erst im
Mai war die Region Emilia-Romagna
von einer schweren Flutkatastrophe ge-
283.000 neue Wohnungen
Statistiker sehen Lichtblick für den Wohnungsmarkt
KNA. WIESBADEN. Für Menschen
in Deutschland könnte es langfristig
wieder leichter werden, eine Wohnung
zu finden. Wie das Statistische Bundes-
amt in Wiesbaden am Freitag mitteilte,
vergrößerte sich der Wohnungsbestand
in den vergangenen zehn Jahren um 6,3
Prozent auf rund 2,6 Millionen Woh-
nungen, während die Bevölkerung in
derselben Zeit nur um 4,8 Prozent
(rund 3,8 Millionen) wuchs. Auch die
gesamte Wohnfläche habe sich in die-
ser Zeit um 7,4 Prozent auf rund 4 Mil-
liarden Quadratmeter vergrößert.
Das Statistische Bundesamt bezieht
sich dabei auf Zahlen für das vergange-
ne Jahr. Demnach gab es Ende 2022 in
ganz Deutschland fast 283.000 Wohnun-
gen mehr als im Vorjahr – ein Anstieg
von 0,7 Prozent. Diese Veränderung er-
gibt sich demnach aus 295.300 neu ge-
bauten Wohnungen abzüglich 12.500
Wohnungen, die beispielsweise durch
den Abriss von Gebäuden oder die Um-
widmung von Wohn- zu Gewerbeflä-
chen aus dem Wohnungsbestand fielen.
Arbeitsmarkt
ist stabil
AFP. NüRNBERG. Der Ausblick
am deutschen Arbeitsmarkt ist weit-
gehend stabil. Das Arbeitsmarktba-
rometer des Instituts für Arbeits-
markt- und Berufsforschung (IAB)
verzeichnete nach drei Monaten im
Sinkflug im Juli nur noch einen mini-
malen Rückgang von 0,1 Punkten,
wurde am Freitag mitgeteilt. Da der
Index damit weiter über der neutra-
len Marke von 100 bleibt, sind die
Aussichten insgesamt positiv. Die
Komponente zur Vorhersage der Be-
schäftigung sank im Juli geringfügig
um 0,1 Punkte. „Sie verbleibt mit
104,0 Punkten aber auf hohem
Niveau und zeigt weiterhin eine Zu-
nahme der Beschäftigung an“, er-
klärte das IAB. Die Komponente zur
Vorhersage der Arbeitslosigkeit blieb
nach vier Rückgängen in den Vormo-
naten nun konstant bei 98,0 Punkten.
Das heiße unter anderem: „Die Job-
chancen von Arbeitslosen bleiben
deutlich unter dem Vor-Corona-
Niveau.“ Wegen der Energiekrise ha-
be sich die Arbeitsmarktentwicklung
abgeschwächt, erklärte IAB-Forscher
Enzo Weber. „Aber die Talsohle bei
den Aussichten für die weitere
Arbeitsmarktentwicklung könnte
jetzt erreicht sein.“ Allerdings sei zu
befürchten, dass sich die Arbeitslo-
sigkeit verfestige.
troffen worden, die durch Mängel in der
Infrastruktur verschlimmert wurde. Im
Bahnbereich fallen etwa die Strecken
Rom–Pescara sowie Abschnitte der
Verbindungen Neapel–Bari und Paler-
mo–Catania aus dem Wiederaufbau-
programm. Gerade die diagonal durch
Italien laufenden Strecken sollen das
Bahnnetz verdichten, damit den Passa-
gieren nicht nur Verbindungen entlang
der Küsten zur Verfügung stehen. Mi-
nister Fitto hat versprochen, dass keine
Gelder aus Europa verloren gingen.
Das hängt freilich von der Verhand-
lungsbereitschaft der EU-Kommission
ab. Ein Sprecher in Brüssel sagte, dass
die Kommission „eng mit den italieni-
schen Behörden zusammenarbeitet“.
Man erwarte bis Ende August eine for-
melle Vorlage.
In etlichen Bereichen wünscht sich
Rom auch lockerere Bedingungen für
die Auszahlung der Milliarden, weil
Italien die aktuellen Vereinbarungen
nicht einhalten kann. So sollten die
Zahlungsfristen zur Begleichung von
Rechnungen in der öffentlichen Ver-
waltung bis zum Jahresende auf
durchschnittlich 30 Tage sinken (im
Gesundheitswesen 60 Tage). Diese
Zielmarke will die italienische Regie-
rung nun um 15 Monate verschieben.
Bei der Verkürzung der langen Ge-
richtsverfahren hofft Rom auch auf
Aufschub. Das Gleiche gilt für die Be-
schleunigung bei der öffentlichen
Auftragsvergabe, wo die Regierung
gerade ein neues System eingeführt
hat, das indes gerade für eine schnel-
lere Abwicklung sorgen soll.
Eine Sorge ist Rom nun immerhin
los. Die EU-Kommission hat am Frei-
tag die längere Zeit verzögerte Zah-
lung von 18,5 Milliarden Euro ange-
kündigt. Die notwendige Zustimmung
der Mitgliedstaaten gilt als Formsa-
che. Es handelt sich um die dritte
Tranche des bestehenden Programms.
Verzögert hatte sich die Auszahlung,
weil die Behörde zunächst mit der
Verwirklichung der mit der Regierung
vereinbarten Projekte („Milestones“)
nicht voll zufrieden war. Am Freitag
teilte die Kommission mit, 39 „Mile-
stones“ und 15 vereinbarte Ziele seien
„zufriedenstellend“ erfüllt. Den Be-
trag von rund einer halben Milliarde
Euro verschob die Behörde zur Aus-
zahlung der vierten Tranche.
Insgesamt gab es den Berechnungen
zufolge zum Jahresende 2022 rund 43,4
Millionen Wohnungen in Deutschland,
davon etwa 41,9 Millionen in Wohnge-
bäuden, knapp 1,5 Millionen in Nicht-
wohngebäuden, beispielsweise Haus-
meisterwohnungen in Bürogebäuden.
Auch die durchschnittliche Wohnflä-
che je Wohnung wuchs im Zehnjahres-
vergleich um etwa einen Quadratmeter
auf 92,2 Quadratmeter an. Die Bundes-
behörde weist allerdings darauf hin,
dass die Zahlen einen Trend sichtbar
machten, jedoch keine Auskunft über
die tatsächliche Nutzung des Wohn-
raums gäben.
So zeige die Gesamtwohnfläche bei-
spielsweise nicht das Ausmaß des Leer-
stands von Wohnungen. Auch die
Wohnfläche je Einwohnerin und Ein-
wohner ist laut Bundesamt lediglich
eine theoretische Größe, der die An-
nahme zugrunde liegt, dass der gesam-
te verfügbare Wohnraum bewohnt ist
und jeder Person dieselbe Wohnfläche
zur Verfügung steht.
Grünes Licht für
Umweltzone
AFP. LONDON. Ein britisches Ge-
richt hat grünes Licht für die Auswei-
tung einer in London bereits gelten-
den Umweltzone auf den Großraum
der Hauptstadt gegeben. Der Londo-
ner High Court wies damit am Freitag
eine Klage von fünf konservativ ge-
führten Stadträten zurück, die dem
Londoner Bürgermeister Sadiq Khan
vorwarfen, mit der Ausdehnung der
Ultra Low Emission Zone (ULEZ) ab
Ende August unrechtmäßig zu han-
deln. Das System, das 2019 in der
Londoner Innenstadt eingeführt wor-
den war und die Luftverschmutzung
bekämpfen soll, sieht für besonders
umweltschädliche Fahrzeuge inner-
halb der Zonengrenzen eine Gebühr
von 12,50 Pfund (14,45 Euro) pro Tag
vor. Die ULEZ stößt bei vielen Ein-
wohnern auf Kritik. Die Kläger hatten
Khans Pläne unter anderem deshalb
als unrechtmäßig bezeichnet, weil die-
ser die nötigen bürokratischen Schrit-
te nicht befolgt und zudem nicht genü-
gend Informationen über die für den
29. August geplante Ausweitung der
Zone bereitgestellt habe. Die Klima-
politik des Bürgermeisters machten
Beobachter auch für die Niederlage
seiner Labour-Partei in Uxbridge,
dem früheren Wahlkreis des konser-
vativen Ex-Premierministers Boris
Johnson, verantwortlich.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Energieintensiv: Chemie- und Pharmaproduktion wie hier im Industriepark Höchst im Westen von Frankfurt
C
arsten Richter ist ein Bäcker-
meister von altem Schrot und
Korn und doch sehr modern.
Er leitet von Wolfenbüttel
aus einen 85 Jahre alten Fa-
milienbetrieb mit 15 Filialen und 155 Mit-
arbeitern. Die vierte Generation seiner
Söhne arbeitet schon fleißig mit. Richter
hat viel in sein Unternehmen investiert, er
verbraucht 15 Prozent weniger Gas und 20
Prozent weniger Strom als früher. Auf
dem Dach glitzert eine Solaranlage, die
der Chef noch erweitern will, außerdem
plant er, die Fahrzeugflotte auf Elektro-
autos umzustellen. „Langfristig wollen
wir energieautark werden“, sagt der Vier-
undfünfzigjährige. „Das klappt allerdings
nur, wenn uns die Industriebäckereien
nicht aus dem Markt kegeln.“
Die Gefahr hält er für real, weil die Be-
lastungen für das Handwerk immer mehr
zunähmen. „Die Kosten sind mörderisch,
aber wenn ich die Preise hochsetze, wan-
dern die Kunden erst recht zum Super-
markt ab.“ Besonders stark steigen die
Aufwendungen für Strom. Das Unterneh-
men verbraucht 750.000 Kilowattstunden
im Jahr und könnte theoretisch von der
Preisbremse der Bundesregierung profi-
tieren. Praktisch funktioniert das aber
nicht, denn die Gruppe wird nicht in
ihrer Gesamtheit betrachtet, sondern je-
de Betriebseinheit einzeln. „Anders als
viele Konkurrenten, vor allem die gro-
ßen, stehen wir im Regen“, sagt Richter.
Als Familienunternehmer will er nicht
klagen, sondern sucht nach Lösungen.
Eine besteht darin, dass er die Elektrizi-
tät nicht mehr über längerfristige Verträ-
ge einkauft, sondern über seinen Strom-
versorger am Spotmarkt. Das hat Vorteile
und Tücken, denn die Preise schwanken
stark. Derzeit zahlt der Mittelständler
zwischen 10,5 und 13 Cent je Kilowatt-
stunde. „Das ist nicht schlecht, aber wenn
Robert Habeck Ernst macht, habe ich
trotzdem riesige Wettbewerbsnachteile.“
Was er meint, sind die Überlegungen
des grünen Wirtschaftsministers, einen
Industriestrompreis einzuführen. Dieser
stark subventionierte „Brückenstrom-
preis“ soll für energieintensive Verbrau-
cher bis zu einer begrenzten Strommenge
zeitlich befristet 6 Cent je Kilowattstunde
betragen. Das wären mindestens 40 Pro-
eine Frage: Es wird ungemütli-
K cher. Und wir reden hier nicht
über den gefühlten Herbst, der
mitten im Hochsommer über Deutschland
hereingebrochen ist. Es geht um die wirt-
schaftliche Lage, die sich eingetrübt hat.
Inflation, Wachstumsschwäche, Auftrags-
flaute – hat sich ein perfekter Sturm zu-
sammengebraut?
◆◆◆
VIELE DEBATTEN KEHREN JA in schöner Re-
gelmäßigkeit wieder: Es ist ziemlich genau
zwanzig Jahre her, dass Deutschland als
„kranker Mann“ Europas für die kontinen-
tale Wachstumsschwäche verantwortlich
gemacht wurde. Es folgte eine lange Phase
als „Wachstumslokomotive“ für Europas
größte Volkswirtschaft, bevor nun wieder
die Debatte über den Gesundheitszustand
des deutschen Patienten mit Inbrunst ge-
führt wird. Kein Wunder, hagelte es diese
Woche doch schlechte Nachrichten.
◆◆◆
AM DIENSTAG KAPPTE der Internationale
Währungsfonds seine Wachstumsprogno-
se für die Weltwirtschaft. Am düstersten
Schicksalsfrage
Energiekosten
Die deutsche Wirtschaft leidet unter den hohen Stromkosten.
Robert Habeck will mit einem Industriepreis helfen – doch der
schafft Fehlanreize. Wie kann Energie wieder günstiger werden?
Von Christian Geinitz, Berlin
zent weniger, als Richter bezahlt. „Dann
werden ausgerechnet die Industriebä-
ckereien bevorzugt, die uns ohnehin das
Leben schwer machen“, fürchtet er.
Habecks geplanter Markteingriff ist um-
stritten: wegen der Abgrenzungsschwie-
rigkeiten und wegen der Wettbewerbsver-
zerrungen, vor denen Richter im Kleinen
ebenso graut wie der EU-Kommission im
Großen; wegen des hohen öffentlichen
Geldbedarfs von bis zu 30 Milliarden
Euro; wegen ordnungspolitischer, klima-
und energiepolitischer Bedenken. Denn
ein künstlich verbilligter Tarif reizt nicht
gerade zum Sparen und hält möglicher-
weise Stromerzeuger und -verbraucher am
Leben, die nicht wettbewerbsfähig sind.
Der Sachverständigenrat, die Wirt-
schaftsweisen, lehnen den Industrie-
strompreis mehrheitlich ebenso ab wie
der Wissenschaftliche Beirat im Finanz-
ministerium. Dessen Chef, Christian
Lindner (FDP), steht in dieser Frage in
gewohnter Weise antipodisch zu Habeck.
Schon gar nicht will er den Wirtschafts-
stabilisierungsfonds zweckentfremden.
Die SPD laviert herum, ihr Vorsitzender
Auf einen Espresso
Luxus
geht immer!
Von Sven Astheimer
Die Lounge
Lars Klingbeil fordert den Industrie-
strompreis im Einklang mit den Gewerk-
schaften. Doch Kanzler Olaf Scholz
(SPD) gibt sich wegen der Brüsseler Be-
denken skeptisch. Dabei hatte er selbst
im Wahlkampf 2021 einen Deckel von 4
Cent vorgeschlagen.
Einigkeit besteht immerhin darin, dass
gegen die hohen Preise etwas passieren
muss. Die Langfristlösung lautet, das
Stromangebot auszuweiten. Da Kern-
kraftwerke nicht mehr zur Verfügung ste-
hen, sind Wind und Sonne gefragt. Doch
der Ausbau dauert, zumal die Stromnach-
frage steigt. Im Zuge der Energiewende
sollen der Verkehr, die Wärmeerzeugung
und die Industrie elektrifiziert werden.
Die Betriebe ließen sich über Differenz-
verträge und Kaufvereinbarungen direkt
beim Ökostromerzeuger (PPA) entlasten,
aber auch dafür fehlen die Mengen.
Ausreichende Kontingente in Wind-
parks auf See stehen vermutlich erst von
2030 an zur Verfügung, was für viele
Unternehmen zu spät käme. Schon jetzt
stehen ganze Industriezweige mit dem
Rücken zur Wand. So ist im Juni die Roh-
sieht es demnach für Deutschland aus. Die
Volkswirte aus Washington sagen nun ein
Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts in
diesem Jahr um 0,3 Prozent voraus. Damit
ist Deutschland das unrühmliche Schluss-
licht unter den entwickelten Volkswirt-
schaften, selbst das nicht eben vor Kraft
strotzende Vereinigte Königreich darf
noch mit einem Miniwachstum rechnen.
Dass gleichzeitig auch der Geschäftskli-
maindex des Ifo-Instituts nach unten
rauschte und die Kreditnachfrage der
Unternehmen laut Europäischer Zentral-
bank auf ein Allzeittief gesunken ist,
macht die Sache wahrlich nicht besser.
◆◆◆
DER ZUSAMMENHANG LIEGT auf der Hand.
Die Weltwirtschaft hat ordentlich an
Schwung verloren, die Rückkehr Chinas in
die Weltwirtschaft nach dem langen Coro-
na-Lockdown fällt deutlich weniger stark
aus, als das noch zum Jahreswechsel viele
erwartet hatten. Hohe Inflationsraten las-
sen zudem die Verbraucher ihr Geld zu-
sammenhalten. Die Folge: Die Auftrags-
polster der Unternehmen aus der Pan-
demie schmelzen wie Butter in der Sonne,
stahlproduktion im Vorjahresvergleich
um mehr als 8 Prozent gesunken. Anfang
der Woche warnte der Internationale
Währungsfonds, die Bundesrepublik sei
das einzige Land unter den sieben großen
Industrienationen (G 7), dessen Wirt-
schaft schrumpfe, auch wegen der Ener-
giekosten. Im Münchner Ifo-Institut sinkt
nicht nur der Geschäftsklimaindex im-
mer tiefer, auch das Beschäftigungsbaro-
meter ist auf den schlechtesten Wert seit
zweieinhalb Jahren abgerutscht.
Wie drückend sind die Stromkosten
wirklich? Nach neuen Zahlen des Ener-
gieverbands BDEW zahlen Privathaus-
halte mit einem Jahresverbrauch von
3500 Kilowattstunden für Neuverträge im
Durchschnitt 46,27 Cent je Kilowattstun-
de, so viel wie nie zuvor. Industriekunden
mit 160.000 bis 20 Millionen Kilowatt-
stunden werden mit 26,50 Cent zur Kasse
gebeten. Das ist weniger als 2022, als teil-
weise mehr als 53 Cent gezahlt wurden.
Aber die aktuellen Industrietarife sind
dennoch höher als in jedem anderen Jahr
zuvor. 2021 waren es rund 21 Cent, vor
zehn Jahren nur 15 Cent.
und dahinter tut sich für viele ein großes
schwarzes Loch auf.
◆◆◆
DER WELTGRÖSSTE CHEMIEKONZERN BASF
hat seine Gewinnerwartungen als einer
der Ersten gekappt, viele andere tun es
den Ludwigshafenern in diesen Tagen
gleich. Wenn Unternehmen ihre Bilanzen
für das erste Halbjahr offenlegen, ähneln
sich die Bilder: Im Rückspiegel blicken
die Manager auf gute Zahlen zurück.
Doch der Blick nach vorne treibt Sorgen-
falten auf die Stirn. Europas größter
Autohersteller Volkswagen hat seine Er-
wartungen an die Verkaufszahlen für das
laufende Jahr deshalb nach unten ange-
passt. Die Elektrowende droht ins Sto-
cken zu geraten. Kein Wunder, dass Kon-
zernchef Oliver Blume die Politik in die
Pflicht nimmt. Mehr Ladesäulen, er-
schwinglicher Grüner Strom, dazu neue
Kaufanreize, all das steht auf der Agenda.
Und in China, dem wichtigsten Auto-
markt der Welt, haben sich die Wolfsbur-
ger einen neuen Partner gesucht, um
nicht den Anschluss zu verlieren. Xpeng
heißt der Hoffnungsträger, mit dem VW
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 1 9
Je nach Branche, Unternehmensgröße,
Verbrauch und nicht zuletzt je nach
Standort und Vertrag sind die Belastun-
gen unterschiedlich. Nach Angaben der
Deutschen Industrie- und Handelskam-
mer (DIHK) betrug der Anteil der Ener-
giekosten am Umsatz vor Beginn des
Ukrainekriegs bei Dienstleistern etwa 2
Prozent. In der Industrie waren es 5 bis 6
Prozent. Seitdem haben sich die Quotien-
ten verdoppelt. In der Papierindustrie be-
tragen sie inzwischen fast 30 Prozent und
reichen an die Ausgaben fürs Personal
heran, den größten Kostenblock.
Oft heißt es, die deutsche Industrie
zahle besonders viel für den Strom und
sei deshalb im Wettbewerb benachteiligt.
Mit Blick auf die EU ist das Argument
falsch. Eurostat zufolge liegt Deutschland
in der Mitte. Viel mehr wenden die Dä-
nen oder Italiener auf, viel weniger die
Franzosen, bei denen schon ein gedeckel-
ter Strompreis gilt. Es stimmt jedoch,
dass in den USA oder in Asien Elektrizi-
tät billiger ist. Nach Angaben der Che-
miegewerkschaft IG BCE sind die deut-
schen Tarife siebenmal so hoch wie in
China und viermal so hoch wie in den
USA. Das liegt unter anderem daran,
dass es in diesen Regionen keinen Emis-
sionshandel gibt, und daran, dass dort die
fossile Verstromung sehr günstig ist. Die
Amerikaner nutzen eigenes Schiefergas,
dessen vergleichsweise geringe Grenz-
kosten in der „Merit Order“ den Preis für
alle Erzeugungsarten niedrig halten.
Es lohnt sich, die Bestandteile des
deutschen Strompreises genauer zu be-
trachten. Anders als oft behauptet, ma-
chen die Steuern und Abgaben nur noch
einen Bruchteil aus, seit die EEG-Umla-
ge Mitte vergangenen Jahres abgeschafft
wurde. Von zuletzt 26,50 Cent je Kilo-
wattstunde für Industriekunden fließen
nicht einmal 2,90 Cent in die fünf Umla-
gen, Abgaben, Steuern. Der Löwenanteil
entfällt auf Beschaffung, Vertrieb, auf die
Margen und die Netzentgelte. Drückte
man Letztere, wäre schon viel gewonnen.
Das Beratungsunternehmen PwC und die
DIHK beziffern den Anteil der Netzent-
gelte am Strompreis für Industrie und
Gewerbe auf 15 bis 30 Prozent.
In ihrem Konzept einer „Strompart-
nerschaft“ schlagen sie vor, die Netzent-
künftig Autos entwickeln und bauen will,
die auch die Chinesen wollen.
◆◆◆
DAS „X“ LAG im Trend diese Woche, denn
auch der nimmermüde Elon Musk hat sei-
ne Vorliebe für den drittletzten Buchsta-
ben in unserem Alphabet entdeckt. So
sehr, dass er seinen Kurznachrichten-
dienst Twitter in X umbenannt hat und
damit sogar den blauen Vogel im Logo er-
setzte. Nicht nur Markenexperten schlu-
gen die Hände über dem Kopf zusammen,
doch der exzentrische Milliardär hat be-
stimmt einen genialen Plan im Kopf, der
sich anderen erst später offenbart.
◆◆◆
KOMMEN WIR ABER noch einmal zurück
zur wirtschaftlichen Lage, die alle beschäf-
tigt, die nicht über die Finanzreserven
eines Elon Musk verfügen. Eigentlich wür-
den Zentralbanken in mauen Konjunktur-
phasen dazu neigen, die Leitzinsen zu sen-
ken und den Motor damit anzukurbeln.
Dumm nur, dass vielerorts und vor allem –
wir hatten es befürchtet – in Deutschland
die Inflation immer noch zu hoch ist. Des-
Foto Lucas Bäuml
gelte durch Subventionen um 2 Cent je
Kilowattstunde zu senken und zugleich
Investitionszuschüsse von 25 Prozent an
solche Ökostromerzeuger zu zahlen, die
Direktstromverträge (Green PPA) mit
Unternehmen eingehen. Für diese könn-
te der Strompreis dann um 20 bis 30 Pro-
zent fallen. Zugleich entstünden Anreize,
den Ausbau der Erneuerbaren vorzuzie-
hen, wobei die Kosten für den Bundes-
haushalt mit 2,9 Milliarden Euro im Jahr
überschaubar und gut eingesetzt wären.
Eine weitere Anregung zur Entlastung
ist die Senkung der Stromsteuer von rund
2 Cent je Kilowattstunde auf das europäi-
sche Mindestmaß von 0,05 Cent. Das hat-
ten kürzlich die Energieminister der Bun-
desländer gefordert, auch viele
Ökonomen und Verbände halten das für
einen effektiven und gerechten Weg. Die
„Ökosteuer“ war 1999 eingeführt wor-
den, um – zusammen mit höheren Sätzen
auf Mineralöl – die Rentenbeiträge zu
senken. Sie sollte aber auch zum Sparen
von Strom animieren, der damals vor al-
lem fossil erzeugt wurde.
Diese Lenkungswirkung gilt als nicht
mehr aktuell in einer Zeit, in der die Hälfte
des Stroms aus Erneuerbaren stammt und
die Elektrifizierung der fossilen Sektoren
über erträgliche Strompreise vorangetrie-
ben werden soll. Doch für den Bund ist die
Stromsteuer mit Einnahmen von fast 7
Milliarden Euro im Jahr nicht unerheblich.
Statt sie zu senken, soll das Aufkommen
sogar ausgeweitet werden: Die wichtigste
Ermäßigung, der Spitzenausgleich für
energieintensive Betriebe, ist in Lindners
Etatplan für 2024 nicht mehr vorgesehen.
Auch kleinere Betriebe wie die Bäckerei
von Carsten Richter könnten ihre Strom-
steuer theoretisch senken. Doch das Ver-
fahren ist so aufwendig, dass er seit Jahren
keine Anträge mehr stellt. „Der Energie-
berater hat mich damals fast so viel gekos-
tet wie das, was ich rausgekriegt habe“, er-
innert er sich. „Am besten wäre es, den
Satz für alle zu kappen, das ist fair, unbüro-
kratisch und spart eine Menge Geld.“ Der-
zeit zahlt Richter in Deutschland vierzig-
mal so viel, wie die EU über den
Mindestsatz vorgibt. Sänke die Belastung
auf das Minimum, müsste er nur noch 375
Euro Stromsteuer im Jahr bezahlen –
15.000 Euro weniger als derzeit.
halb hielt die EZB auch an der nächsten
Zinserhöhung fest. Doch für die Wäh-
rungshüter gilt im übertragenen Sinne
eine alte Fußballerweisheit: Nach dem
Zinsschritt ist vor dem Zinsschritt. Für den
Herbst hielt sich EZB-Präsidentin Lagarde
sibyllinisch alle Möglichkeiten offen.
◆◆◆
WAS GIBT ES ALSO Positives nach einer
solch bescheidenen Woche für den Aus-
blick festzuhalten? Zum Beispiel die Er-
kenntnis, dass Luxus immer geht. Der bes-
te Beweis dafür heißt Mercedes-Benz. Der
schwäbische Autohersteller legte gleich-
zeitig mit Volkswagen Zahlen vor, und
auch in Stuttgart sieht man das schwierige
Umfeld. Doch die unter Vorstandschef Ola
Källenius auf Exklusivität getrimmte Mar-
ke scheint rund um den Globus auch in
schwierigen Zeiten immer auf eine solven-
te Käufergruppe zählen zu können. Wäh-
rend der Aktienkurs von Volkswagen in
die Knie ging, zogen die Papiere von Mer-
cedes ordentlich an. Also gönnen wir uns
doch mal wieder was zum Wochenende
und kurbeln damit noch die Wirtschaft an.
Es muss ja nicht gleich ein Mercedes sein.
SE I TE 2 0 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
D Weniger
er neue Eigentümer des
Schuhhändlers Görtz, Bol-
ko Kissling, hat große
Wachstumspläne für die Fi-
lialkette. Bis in fünf Jahren
könnten Hunderte neue Filialen entste-
hen, beschreibt Kissling seine Vision im
Gespräch mit der F.A.Z. Auch einige Ge-
schäfte, die im Zuge der Insolvenz ge-
schlossen wurden, könnten wieder eröff-
net werden. Selbst um das Geschäft an
der Zeil in Frankfurt hat er sich bemüht:
„Das ist ein sehr interessanter Standort.“
An der Zeil hätte er gern den Flagship-
store für sein neues Konzept „Görtz Life-
style“ eröffnet, eine von mehreren Varian-
ten von Görtz-Geschäften in der Zukunft.
Aber der Vermieter macht nicht mit, jetzt
sucht er etwas anderes in Frankfurt. Alles
ist im Fluss. „Wir sind ja erst seit neun Ta-
gen am Machen.“ Seit neun Tagen, so die
Zählweise von Bolko Kissling, ist die In-
solvenz der Ludwig Görtz GmbH und
zweier Tochtergesellschaften durch Be-
schlüsse des Amtsgericht Hamburg been-
det. Seither haben Insolvenzverwalter
oder Gläubiger nichts mehr zu melden.
„Jetzt wird jeder Stein umgedreht“,
kündigt Bodo Kissling an, der jetzt wie-
der häufiger in seiner Geburtsstadt Ham-
burg sein wird, nachdem er sein halbes
Leben als Logistikunternehmer in Los
Angeles und zuletzt in Wien verbracht
hat. Der bisherige Geschäftsführer Frank
Rebermann scheidet aus, der bisherige
Finanzgeschäftsführer Tobias Volkmann
soll erst einmal alleiniger Görtz-Ge-
schäftsführer des stark geschrumpften
Unternehmens sein, das noch 45 Filialen
mit 1000 Mitarbeitern zählt. Einen neuen
CEO werde man erst benennen, wenn
der Umbau abgeschlossen sei.
Mit Görtz als Keimzelle will Bolko
Kissling nun ein Konzept umsetzen, das
ihm schon lange durch den Kopf geht.
Der sterbende stationäre Handel könnte
gerettet werden, wenn Bequemlichkeit
und Einkaufserlebnis verknüpft wür-
den, so die Überzeugung des Unterneh-
mers, der mit Starbucks als Großkunden
seiner früheren Logistikfirma reichlich
Einblicke in kundenzentrierte Ge-
schäftsmodelle bekam. „Unsere Kunden
kommen aus der Mittelschicht, und die-
se wollen wir komplett abdecken, Fami-
lien, auch ältere Menschen. Viele haben
keine Lust, abends nach der Arbeit am
Computer Schuhe zu suchen“, be-
schreibt Kissling die Zielgruppe: „Die
Leute wollen inspiriert werden. Das
wurde lange vernachlässigt.“ Eine star-
ke Orientierung auf die Kunden sollen
die Görtz-Mitarbeiter sich zu eigen ma-
chen, wünscht sich Kissling, und lange
warten will er nicht: die ersten Trai-
nings fürs Personal sind schon im Gan-
ge. Die Winterware ist schließlich schon
während der Insolvenz bestellt worden,
das Geschäft muss weiterlaufen, sagt
Kissling nüchtern. 100 Millionen Euro
Umsatz sollten dieses Jahr trotz
Schrumpfkur realisiert werden. Die
Umbaupläne werden großteils erst im
Jahr 2024 verwirklicht.
O Ärger für CTS Eventim
bwohl Taylor Swift erst im
nächsten Sommer nach
Deutschland kommt, hielt der
über CTS Eventim vollzogene
Vorverkauf schon im Juli die Fans in
Atem. Gut drei Wochen bevor der Ver-
kauf starten sollte, mussten sie sich re-
gistrieren, ohne Garantie auf eine tat-
sächliche Kaufmöglichkeit oder
Informationen über die Eintrittspreise.
Trotz Preisen von bis zu 240 Euro je Ti-
cket, VIP-Angebote außen vor gelassen,
war der Ansturm riesig – und der Frust
unter Fans ohne Ticket groß.
Ärger bekam auch Eventim ab, und das
nicht zum ersten Mal. Europas größter
Veranstaltungs- und Ticketingkonzern
steht seit Langem immer wieder in der
Kritik. Zum einen wegen seiner Markt-
macht. „Das Unternehmen hat bei der Ti-
cketvermarktung Marktanteile von mehr
als 60 Prozent und ist damit als marktbe-
herrschend einzustufen“, sagt Daniel
Zimmer, Professor für Kartell- und Wett-
bewerbsrecht an der Uni Bonn. Der Ti-
cketverkauf ist jedoch nur ein Teil des Ge-
schäftsmodells. „Hinzu kommt, dass die
Firma ihre Macht systematisch auf andere
Marktstufen ausgedehnt hat: Sie agiert
einerseits auch selbst als Veranstalter und
wird damit zum Konkurrenten ihrer eige-
nen Vertragspartner, andererseits kon-
trolliert sie wichtige Event-Locations wie
die Lanxess-Arena in Köln und die Berli-
ner Waldbühne.“
Längst kommt so hierzulande kaum je-
mand mehr an Eventim vorbei. Im vergan-
genen Jahr erwirtschaftete das Unterneh-
men einen Umsatz von gut 1,9 Milliarden
Euro – eine Steigerung von 33 Prozent im
Vergleich zum bisherigen Rekordjahr
2019. Der Großteil davon entfiel auf das
Segment Live Entertainment (gut 1,4 Mil-
liarden Euro). Hier hält Eventim die Mehr-
heit an 34 Veranstaltern in 15 Ländern.
Unter diesen sind der Veranstalter der Fes-
tivals „Hurricane“ und „Southside“ (FKP
Scorpio) oder der Veranstalter von „Rock
am Ring“ und auch die „All Artists Agen-
cy“. Der Rest des Umsatzes ergibt sich aus
dem Ticketing-Geschäft, das im Gegen-
satz zu umsatzstarken, aber eben auch teu-
ren Veranstaltungen für Gewinn-(Ebit-
da-)Margen von mehr als 40 Prozent steht.
„Eventim ist eine Plattform, die auf der
einen Seite Künstler und Veranstalter
und auf der anderen Seite zahlende Kon-
zertbesucher zusammenführt“, sagt Jurist
Zimmer. Bei dieser Art von Plattform ge-
be es sogenannte Netzwerkeffekte. „Je
mehr Künstler eine Plattform unter Ver-
trag hat, desto erfolgreicher wird sie auf
der anderen Marktseite, bei den Käufern
der Karten.“ Dies gelte auch umgekehrt –
Schachteln,
mehr
Service
Der Schuhhändler Görtz
steht vor einer
Runderneuerung.
Zentrale Rolle soll
ein Lieferdienst spielen.
Von Susanne Preuß,
Hamburg
Neues mit Schuhen:
Bolko Kissling, nun
Eigner von Görtz
Weniger Schachteln, mehr Service – so
könnte man zusammenfassen, was Kiss-
ling sich für die Görtz-Geschäfte vor-
stellt. Selbst in Spitaler Straße in Ham-
burg, wo Görtz auf 2500 Quadratmeter
das größte Schuhgeschäft Europas be-
treibt, dominiert noch der Schuhkarton
das Erscheinungsbild und hebt sich damit
gar nicht so sehr ab vom Laden des
marktführenden Schuhdiscounters ge-
genüber. Einen Eindruck von der Zu-
kunft der Görtz-Geschäfte zeigt Bodo
Kissling in der Herrenabteilung im vier-
ten Stockwerk. Dort, wo an der Wand das
Logo einer Schuhmanufaktur prangt und
die Preise für ein Paar Schuhe etwa dem
Preis für einen Kühlschrank ähneln, zie-
hen auf luftig leeren Regalen einzelne
Schuhmodelle die Blicke des potentiellen
Käufers auf sich. So etwa soll das Kon-
zept „Görtz Boutique“ für die etwas teu-
rere Ware aussehen. Unter „Görtz Life-
style“ wiederum gibt es nicht nur Schuhe
zu kaufen, sondern komplette Outfits, die
sich an den Styles von Prominenten
orientieren. Beide Konzepte könnten
Kisslings Plänen zufolge auch Teil von
Der Veranstaltungskonzern steht immer wieder in der Kritik. Juristen sehen
die Marktmacht kritisch – und Verbraucherschützer klagen / Von Ole Kaiser
Mächtig: Am Konzertorganisator Eventim kommt keiner vorbei. Hier ein Konzert von Fanta 4.
je mehr Kunden bei einer Plattform kau-
fen, desto attraktiver ist diese für die
Künstler, so Zimmer. Die marktbeherr-
schende Stellung Eventims resultiere also
aus den grundsätzlichen Funktionsprin-
zipien von Plattformen: „Erfolg führt also
zu weiterem Erfolg, am Ende der Ent-
wicklung kann ein Monopol stehen.“
Im Juli hat der Bundestag eine Ver-
schärfung des Kartellrechts beschlossen,
die die Befugnisse des Bundeskartellamts
erweitert. „Wenn das Amt bei der Unter-
suchung einer Branche eine erhebliche
und fortwährende Störung des Wettbe-
werbs feststellt, kann es eine Reihe von
Maßnahmen ergreifen“, sagt Zimmer. Es
könne im äußersten Fall Unternehmen
dazu verpflichten, Anteile oder Vermö-
gen zu veräußern, „wenn zu erwarten ist,
dass dies zur Beseitigung oder Linderung
der Wettbewerbsstörung führt“.
Es gebe zwar nach wie vor Wettbewerb
im Markt. Das in den USA führende
Unternehmen Ticketmaster – Teil des
weltgrößten Live-Entertainment-Kon-
zerns Live Nation, der wie Eventim auch
Unternehmen
Foto Stefanie Silber
größeren Filialen sein, die weiterhin ein-
fach „Görtz“ heißen.
Das eigentliche Wachstumsprogramm
– „das könnten Hunderte Filialen in den
nächsten fünf Jahren sein“ – ist ganz an-
ders. „Görtz Lounge“ sollen die kleinen
Geschäfte von 250 bis 300 Quadratmeter
heißen, für die der amerikanisch gepräg-
te Investor den Begriff „Neighbourhood-
Store“ verwendet. Hier geht es nicht um
Laufkundschaft in teuren 1-a-Lagen,
sondern um Nachbarschaftsbeziehungen,
die Görtz rund um seine Schuhgeschäfte
in kleinen Städten oder Stadtteilen knüp-
fen will, mit einem fortschrittlichen Lie-
ferdienst als zentralem Element. Von
„Hybrid-Modell“ spricht Kissling: „Hier
werden Schuhe ausgestellt, und man
kann sie auch anprobieren. Wer eine an-
dere Größe braucht oder eine andere Far-
be wünscht oder ein ähnliches Modell,
kann das über einen Bildschirm auswäh-
len, und innerhalb von 24 Stunden sind
die Schuhe da.“ Außerhalb der Ladenzei-
ten sei auch die Auslieferung möglich,
früh morgens oder spät abends, und zwar
auf eine halbe Stunde genau. Damit die
als Veranstalter und Betreiber von Veran-
staltungsorten fungiert und ebenfalls im-
mer wieder in der Kritik steht – vertreibe
zunehmend auch Karten in Europa. Die-
ser Wettbewerb führe jedoch nicht zu sin-
kenden Ticketpreisen. „Im Gegenteil: Die
Entwicklung der Ticketpreise hat in den
letzten Jahren nur eine Richtung gekannt:
nach oben“, so der Jurist. Die Preise ma-
chen freilich nicht die Ticketplattformen,
sondern die Künstler in Absprache mit
ihren Teams und den Veranstaltern.
In der jüngsten Vergangenheit liege
der Anstieg vor allem an Mehrkosten für
die Veranstalter, die über höhere Ticket-
preise refinanziert werden müssten, sagt
Johannes Everke, Geschäftsführer des
Bundesverbands der Konzert- und Ver-
anstaltungswirtschaft (BDKV). „Preis-
treiber sind derzeit besonders Personal-
und Technikkosten, Energiepreise, Ho-
norare oder auch die Inflation selbst.“
Gerade bei Superstars geht der Trend seit
Jahren obendrein hin zu immer aufwen-
digeren Konzerten, die sich viele teuer
bezahlen lassen, etwa mit dem Anbieten
kritische Masse überhaupt für das Ge-
schäftsmodell zustande kommt, will er
das eine mit dem anderen verknüpfen:
„Die Kunden können auch all ihre ande-
ren Onlinekäufe zu uns in den Laden
kommen lassen, und wir liefern dann.“
Ob das alles funktioniert? Diese letzte
Stufe des Onlinehandels, wenn der Pa-
ketbote immer zur falschen Zeit komme
oder die Ware einfach vor die Haustüre
stelle, sei so lästig, dass er mit so einem
Lieferdienst einen echten Mehrwert bie-
te, ist sich Kissling sicher, der als Vater
dreier Söhne das Generve mit der letz-
ten Meile bestens kennt. Für den Schuh-
handel werden gleichzeitig die Kosten
für die Retouren reduziert, so das Kalkül
– schon weil die Kunden aus der Nach-
barschaft es (anders als im Onlinehan-
del) gar nicht wagten, schmutzige oder
kaputte Schuhe zurückzubringen: „Das
ist quasi, wie wenn man Schuhe im Ge-
schäft anprobiert und zurückstellt.“
Außerdem hofft Kissling, dass die Re-
tourenquote sich von den in der Branche
üblichen 60 Prozent auf weniger als die
Hälfte drücken lässt.
Foto Sven Simon
von VIP-Paketen – zumal die Nachfrage
für Konzerte der Topstars in der Regel
das Angebot weit übersteigt.
Das Kartellamt hat sich in der Vergan-
genheit mehrfach mit Eventim befasst und
unter anderem Exklusivvereinbarungen
mit Veranstaltern und Vorverkaufsstellen
untersagt. Kurz zuvor, im November 2017,
stoppte die Behörde auch die geplante
Übernahme der Agentur der Fantasti-
schen Vier, Four Artists. Ein Fall, der da-
mit nicht beendet sein sollte, da in der Fol-
ge ein Großteil der Four-Artists-
Beschäftigten zur neu gegründeten „All
Artists Agency“ wechselten. Es sei aus
wettbewerbsrechtlicher Sicht „ärgerlich“,
dass Eventim das Verbot des Bundeskar-
tellamts von 2017 zum Kauf der Agentur
offenbar unterlaufen habe, sagt Zimmer.
Dennoch habe Eventim „aber keine solch
große gesamtwirtschaftliche Bedeutung,
dass das Kartellamt sein neues Waffenar-
senal ausgerechnet hier zum Einsatz brin-
gen würde“, schätzt der Jurist.
Neben kartellrechtlichen Bedenken ver-
suchen aktuell viele Verbraucher, zivil-
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Noch dieses Jahr will Kissling das
„Lounge“-Konzept an sechs bis acht
Standorten ausprobieren. Dann werde
man sehen, was alles noch mal geändert
und überdacht werden müsse. Man könne
für diese Geschäfte vielleicht auch Partner
ins Boot holen, ein Franchisekonzept wäre
ebenfalls denkbar, stellt Kissling in Aus-
sicht – Gespräche gibt es, entschieden ist
noch nichts. Auch wenn er diese Ge-
schäftsidee schon seit Längerem entwi-
ckelt habe, sagt Kissling, habe sich die Sa-
che doch erst konkretisiert, als er im Zuge
der Görtz-Insolvenz im Mai ein Angebot
abgegeben habe: „Dann musste alles ganz
schnell gehen. Innerhalb von zehn Tagen
musste die Investorenvereinbarung ste-
hen. Jetzt sind wir durchfinanziert für 18
Monate, das war Teil des Insolvenzplans.
Natürlich gibt es auch eine weiter gehende
Finanzplanung. Alles andere ist in Arbeit.“
Dass noch so vieles unklar ist und erst im
Werden entschieden werden kann, stört
den 61 Jahre alten Unternehmer nicht. Er
zieht selbst den Vergleich zu seinem Sport,
dem Polo-spiel. „Das ist Adrenalin pur, das
entspricht meinem Naturell.“
rechtliche Ansprüche gegen Eventim gel-
tend zu machen. Der Verbraucherzentrale
Bundesverband (VZBV) registrierte viel-
fach Kritik von Fans über unvollständige
Erstattungen für Vorverkaufskarten, wenn
Veranstaltungen abgesagt worden sind.
Die Verbraucherzentrale hat daher im
Februar eine Musterfeststellungsklage
gegen Eventim erhoben, der sich bisher
mehr als 3700 Verbraucher angeschlossen
haben. Aus Sicht des VZBV „muss Even-
tim Verbraucherinnen und Verbrauchern
den vollständigen Ticketpreis erstatten –
und das wollen wir mit der Klage errei-
chen“, sagt Patrick Langer, Referent im
Team Musterfeststellungsklage.
Wird eine Veranstaltung abgesagt, be-
auftrage der jeweilige Veranstalter Even-
tim oft mit der Rückabwicklung des Ti-
cketkaufs, so Langer weiter. Dem VZBV
lägen E-Mails vor, in denen Eventim, auf
die offenen Beträge bei der Rückerstat-
tung angesprochen, geantwortet hätte:
„Im Falle einer Veranstaltungsabsage oder
-verlegung erstatten wir den Ticketpreis,
exklusive der Gebühren. Bei den Gebüh-
ren handelt es sich um Entgelte für Leis-
tungen, die bereits durch den Veranstalter
und durch Eventim erbracht wurden.“ Wie
sich diese Gebühren zusammensetzen, sei
„im Detail unklar“, so Langer. „Auch der
Höhe nach ist keine klare Linie erkennbar,
etwa im Sinne eines bestimmten Prozent-
satzes.“ Tendenziell sei aber der einbehal-
tene Betrag umso höher, je höher der Ti-
cketpreis war. Eine Eventim-Sprecherin
bezeichnet die Klage des VZBV auf Anfra-
ge als „offensichtlich unbegründet“. Man
werde sich „gegen diese verteidigen und
ihre Zurückweisung durch das zuständige
Gericht beantragen“. CTS Eventim stehe
im vollen Einklang mit Recht und Gesetz.
Dies sei, „speziell mit Blick auf die hier in
Rede stehende Frage von Erstattungen bei
Absagen oder Verlegungen“, bereits
höchstinstanzlich vom Bundesgerichtshof
entschieden worden.
Dass Fans jedoch bereit sind, diese
Summen für Tickets zu zahlen, könnte für
die kartellrechtliche Einschätzung des
Unternehmens wichtig sein. „Bei der Be-
urteilung könnte auch eine Rolle spielen,
dass diejenigen, die das Kartellrecht ge-
meinhin zu schützen versucht – die Ver-
braucher –, hier selbst zu ihrer misslichen
Lage beitragen: Wer Hunderte von Euro
für eine nicht gerade lebenswichtige Leis-
tung – eine Konzertkarte – ausgibt, wirkt
bereitwillig an der eigenen Ausbeutung
mit“, so Jurist Zimmer. Sollten Ticketbesit-
zer ihre Taylor-Swift-Karte doch wieder
abgeben wollen und über Eventims Fan-
sale verkaufen, verdient der Konzern hier
an Gebühren freilich noch einmal mit.
AMS-Osram
lädt zum
Ausverkauf
ela. WIEN. Im Technikkonzern
AMS-Osram herrscht Kehrausstim-
mung. Weniger ertragreiche Unter-
nehmensteile mit einem Umsatzvo-
lumen bis 400 Millionen Euro sollen
abgestoßen werden, kündigte der
Chip- und Sensorspezialist anlässlich
der Vorlage der Halbjahreszahlen am
Donnerstagabend an. Anleger re-
agierten mit Beifall: Der Kurs der
Aktie stieg am Freitag um rund ein
Fünftel. Der neue Vorstandsvorsit-
zende des österreichisch-deutschen
Halbleiterkonzerns, Aldo Kamper,
will beim Sparprogramm auch Stel-
lenstreichungen nicht ausschließen.
„Wir sind bei der Profitabilität nicht
da, wo sie sein muss“, sagte er am
Freitag. Vom Umbau ist der österrei-
chische Teil ebenso betroffen wie
der frühere Lichtkonzern Osram.
Kamper, der vor wenigen Monaten
vom schwächelnden Autozulieferer
Leoni gekommen war, sieht Hand-
lungsbedarf auf allen Feldern.
Schwerpunkt der neuen Ausrich-
tung liegt auf LED- und Sensorchips
für die Autobranche, die Industrie
und die Medizintechnik. Hingegen
will das Management das Geschäft
mit Prismen und Linsen für Smart-
phones und Computer abstoßen. Da-
von dürfte vor allem der österreichi-
sche Standort Premstätten betroffen
sein. Das Geschäft mit Smartphone-
Bauteilen, das AMS dank des Kun-
den Apple groß gemacht hatte, wird
künftig nur eine untergeordnete Rol-
le spielen. Insgesamt schreibt AMS-
Osram 1,3 Milliarden Euro auf die
Unternehmenswerte von weniger er-
folgreichen Feldern ab – das bringt
im zweiten Quartal einen Verlust in
dieser Höhe. Die Halbleiterschmiede
AMS hatte nach einem langwierigen
Übernahmekampf das Traditions-
unternehmen Osram Licht für vier
Milliarden Euro übernommen, für
das ehemals auch Kamper gearbeitet
hatte. Heute ist die fusionierte AMS-
Osram an der Börse nur noch zwei
Milliarden Euro wert.
Kamper, der zwischenzeitlich den
fast am Zusammenbruch vorbeige-
schrammten Autozulieferer Leoni
geführt hatte, war im Frühjahr zu
AMS-Osram geholt worden. Der
Vorstand soll von Januar an nur noch
aus ihm und Rainer Irle bestehen.
Damit fallen zwei andere Positionen
weg. „Wir haben einen sehr starken
Kern, nun müssen wir die richtigen
Schritte unternehmen, um unsere
Unternehmensleistung zu verbes-
sern“, sagte Kamper. „Die richtungs-
weisenden Entscheidungen sind nun
getroffen.“ Als Kerngeschäft sieht
der Manager das Halbleiterportfolio
mit intelligenten Sensor- und Emit-
terteilen. Bei Chips für die Konsum-
elektronik soll sich die Technik-
schmiede künftig nur noch dort
engagieren, wo sie sich durch Spit-
zeninnovationen vom Wettbewerb
absetzen kann.
Heizöl
verteuert sich
eid. HAMBURG. Im Vergleich zur
Vorwochenerhebung haben sich die
Angebotspreise für Heizöllieferun-
gen in Deutschland verteuert. Nach-
dem die Preise in den vergangenen
Wochen seit Mitte Mai seitwärts ten-
dierten, haben sie nun das höchste
Preisniveau seit mehr als drei Mona-
ten erreicht. Vor dem Hintergrund
der derzeit laufenden Ferien- und
Urlaubszeit sowie der wieder deut-
lich ansteigenden Preise gaben
Händler im Gespräch mit dem EID
an, es weiterhin mit einer geringen
Nachfrage zu tun zu haben.
Am 26. Juli kostete leichtes Heizöl
im Durchschnitt von 15 Städten bei
einer Abnahme von 1000 Litern
113,68 Euro je 100 Liter, bei einer
Abnahme von 3000 Litern 103,99
Euro je 100 Liter und bei einer Ab-
nahme von 5000 Litern 103,99 Euro
je 100 Liter.
Angebotspreise für Lieferungen
in Premiumqualität frei Verwender-
tank, einschließlich Mehrwert-
steuer, EBV, IWO und CO2-Steuer
am 26. Juli.
Die aktuellen Heizölpreise
29. Woche 30. Woche
Berlin 102,23 101,95
Dresden 97,40 103,13
Düsseldorf 96,52 105,10
Frankfurt 96,65 103,32
Hamburg 99,38 105,02
Hannover 99,08 105,07
Karlsruhe 100,93 100,80
Leipzig 97,48 103,25
München 97,95 100,12
Rostock 98,93 104,51
Stuttgart 99,33 104,48
Durchschnittswerte
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Stellenangebote SAMSTAG, 29. JULI 2023 · NR. 174 · SEITE 21

Für die Avacon Netz GmbH, ein Unternehmen des E.ON Konzerns, suchen wir für den Das Bistum Mainz ist eine Diözese der römisch-katholischen Kirche in Deutschland mit
Standort Maintal oder Gießen zum nächstmöglichen Zeitpunkt für den Betrieb unserer 1600jähriger reicher Geschichte und ist damit eines der ältesten Bistümer in Deutschland. Es
Hochspannungsanlagen mit dem Schwerpunkt Sekundärtechnik eine/n hat seinen Sitz in der Stadt Mainz und zählt rund 640.000 Katholiken. Das Gebiet des Bistums
erstreckt sich im Wesentlichen auf die Bundesländer Hessen und Rheinland-Pfalz und unter-
gliedert sich in vier Regionen. Die ursprünglich 136 pastoralen Einheiten wurden 2022 in einem
umfassenden Prozess der pastoralen und strukturellen Erneuerung in 46 Pastoralräume neu
Spezialist*in/Meister*in für gegliedert. Seit 2017 leitet Bischof Prof. Dr. Peter Kohlgraf das Bistum und verantwortet mit
dem Generalvikar, Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, und der Bevollmächtigten des General-
Hochspannungsanlagen (m/w/d) vikars, Frau Ordinariatsdirektorin Stephanie Rieth, sowie den Mitgliedern der Leitungskonfe-
renz die Steuerung und Strategie des Bistums. Mit den vier Grundoptionen des pastoralen
Erneuerungsprozesses – Leben teilen, Glauben teilen, Verantwortung teilen und Ressourcen
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turellen Erneuerung und stellt sich der Frage: Wie können wir als Kirche vor Ort in den kom-
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maßnahmen durch und beteiligst dich Elektroniker*in für Betriebstechnik, nahe bei den Menschen dieser Region sein? Im Bistum sind rund 6.800 Menschen beschäf-
bei der Projektabwicklung in Zusammen­ für Geräte und Systeme oder einer tigt. Zur Diözese gehören 23 kirchliche Schulen, an denen ca. 12.000 Schülerinnen und Schüler
arbeit mit den zentralen Organisations­ vergleichbaren Fachrichtung erfolgreich unterrichtet werden. In rund 180 Kindertageseinrichtungen werden täglich ca. 15.000 Kinder
einheiten sowie internen und externen abgeschlossen. betreut. Darüber hinaus zählen Familien- und Erwachsenenbildungsstätten, Übernachtungs-
und Bildungshäuser zu den Einrichtungen des Bistums. Das sozial-caritative Engagement
Kunden. · Du hast du eine Weiterbildung zum/zur
umfasst 565 Dienste und Einrichtungen der Caritas. Jährlich werden gut 213.000 Menschen
· Du bist verantwortlich für den Betrieb, Techniker*in Elektrotechnik oder die
betreut, beraten und begleitet. Für die Caritas im Bistum Mainz arbeiten ca. 11.600 Menschen.
die Instandhaltung und die Entstörung Meisterprüfung im Elektrohandwerk „Gemeinsam Verantwortung tragen“ ist das Leitmotiv einer Leitungs- und Führungskultur, die
der zugeordneten Hochspannungs­ bzw. der Industrie erfolgreich absolviert. auf allen Ebenen die verschiedenen Kompetenzen der Menschen ernst nimmt: sowohl der Mit-
schaltanlagen. · Du bist bereit, im Rahmen deiner Tätig­ arbeiterinnen und Mitarbeiter als auch der vielen ehrenamtlich Engagierten in den Pfarreien,
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wirtschaftswissenschaftliches Studium, idealiter
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Frankreich dominiert die Luxuswelt stehen unter Renditedruck
Kering übernimmt 30 Audi-Marge sinkt zum Halbjahr, Škoda ist stabil
Prozent an Valentino – hpe. MÜNCHEN. Die Marken des Partnern. Am Donnerstag gab der VW-
Volkswagen-Konzerns sollen profita- Vorstand den Einstieg beim chinesi-
und hat eine Kaufoption bler werden. Im ersten Halbjahr erwirt- schen Elektroautobauer Xpeng be-
schafteten VW, Škoda, Seat, Cupra und kannt, mit knapp 5 Prozent der Anteile,
für die übrigen Anteile. Volkswagen-Nutzfahrzeuge – zusam- für die der Konzern 700 Millionen Dol-
Es wäre bei Weitem mengefasst in der neuen Markengrup- lar zahlte. Mit Xpeng will VW zusam-
pe Core – zwar eine Umsatzrendite von men zwei elektrische Mittelklassemo-
nicht das erste Modehaus 5,5 Prozent, aber es gebe „noch viel delle entwickeln, die von 2026 an auf
Potential“, wie Konzernvorstand Tho- den chinesischen Markt kommen sollen.
aus Italien, das von mas Schäfer am Freitag erklärte: „Am Audi greift hier auf die bereits be-
Paris aus gesteuert wird. Ziel sind wir noch lange nicht.“ Wäh-
rend es Škoda auf eine gleichbleibend
stehende Kooperation mit seinem chi-
nesischen Partner SAIC zurück. Auf
solide Umsatzrendite von 6,6 Prozent Basis einer Plattform, die SAIC zur
Von Christian Schubert, brachte, schrumpfte die Marge bei der Verfügung stellen werde, könne Audi
Rom, und Niklas Záboji, Kernmarke VW von 5,6 auf 3,8 Pro- das Angebot vor Ort schnell erwei-
zent. Künftig sollen die Marken die tern, sagte Finanzchef Jürgen Ritters-
Paris Größenvorteile des Konzerns „so effi- berger am Freitag: „Wir werden richtig
zient wie möglich nutzen“, hieß es. Gas geben.“ Derzeit verkaufen die In-
Die VW-Premiummarke Audi stei- golstädter in China lediglich drei
gerte in den ersten sechs Monaten den elektrische Autos, und zwar die beiden

E
in weiterer großer Name der ita-
lienischen Modewelt dürfte in
absehbarer Zeit französisch
werden: Valentino soll unter das
Dach des in Paris residierenden Luxusgü-
terkonzerns Kering kommen, wie die
Unternehmen am Donnerstagabend be-
kannt gaben. Die jetzigen Eigentümer,
die aus Qatar stammende Fondsgesell-
schaft Mayhoola, haben demnach mit Ke-
ring den Verkauf von 30 Prozent an dem
Modehaus für 1,7 Milliarden Euro in bar
vereinbart. Zusätzlich wollen die beiden
Unternehmen eine strategische Partner-
schaft eingehen. Ein Eintritt von May-
hoola in das Kapital von Kering sei auch
möglich, heißt es.
Valentino ist zwar schon länger kein
italienisches Unternehmen mehr, weil es
der Gründer und Designer Valentino Ga-
ravani, der heute 91 Jahre ist, aus finan-
ziellen Nöten schon vor Jahrzehnten ab-
geben musste. Doch es gilt immer noch
als ein Emblem von „Made in Italy“, an
dem die Italiener hängen. Der Fonds
Mayhoola besitzt Valentino, seit er das
Modehaus im Jahr 2012 der Beteiligungs-
gesellschaft Permira abgekauft hat. Ke-
ring und Mayhoola haben eine Kaufop-
tion vereinbart, nach der Kering bis
spätestens 2028 zu 100 Prozent an Valen-
tino übernehmen darf.
Das Modehaus ist in den 1960er-Jahren
bekannt geworden, als Valentino promi-
nente Damen mit Abendroben im Haute-
Couture-Stil einkleidete. Der Gründer
verließ das Unternehmen im Jahr 2008.
Vergangenes Jahr erzielte Valentino mit
211 Geschäften in 25 Ländern einen Um-
satz von 1,4 Milliarden Euro und einen
Gewinn vor Steuern, Zinsen und Ab-
schreibungen von 350 Millionen Euro.
Der Kering-Chef und -Großaktionär
François-Henri Pinault nannte den Ein-
stieg in Valentino, „das für Eleganz und
Schönheit steht“, eine „erste Etappe in der
Kooperation mit Mayhoola“. Der Valenti-
no-Vorstandsvorsitzende Jacopo Venturini
werde das Unternehmen weiterführen.
FIRMENINDEX Seite
Activision Blizzard...................23
Adidas................................................23
AMS-Osram...................................20
BASF....................................................24
Umsatz um 14 Prozent auf 34,2 Mil- SUVs Q4 und Q5 und den Sportwagen
liarden Euro, jedoch fiel der Gewinn E-tron GT. Den Q5 baut Audi zusam-
um gut ein Viertel auf 3,3 Milliarden men mit SAIC. Wegen des Debakels
Euro. Die Umsatzrendite betrug nur mit der eigenen Softwarearchitektur
noch 10 Prozent, nach 16,5 Prozent im musste Audi mehrere neue Modelle
Vorjahreszeitraum. verschieben. So kommt etwa der in der
Der VW-Konzern kämpft derzeit mit Produktfamilie so dringend benötigte
etlichen Problemen. Neben Logistik- Elektro-SUV Q6 E-tron erst Anfang
schwierigkeiten und erheblichen Verzö- 2024 auf den Markt – mit zwei Jahren
gerungen bei der Softwaresparte Cari- Verspätung.
ad, die viele Modellanläufe belastete, Nach dem vorzeitigen Abschied von
macht dem Vorstand das Geschäft in Vorstandschef Markus Duesmann steht
China große Sorgen. Um in der Elek- Audi derzeit ohnehin vor einem großen
tromobilität den Rückstand gegenüber Umbruch. Für Duesmann schickt
dem Wettbewerb wieder aufzuholen, VW-Konzernchef Oliver Blume im
setzt der VW-Konzern auf eine verstärk- September seinen Strategiechef Gernot
te Zusammenarbeit mit chinesischen Döllner nach Ingolstadt.
Fürs Auge: Model auf einer Präsentation der Modemarke Valentino Foto Reuters
Volle Business-Class-Reihen
Zum Beteiligungskreis von Mayhoola ge- stand wichtigste Marke in dem Konzern. formt. Hinter Gucci und Yves Saint Lau- Lufthansa peilt Rekordgewinn an
hören auch das italienische Modeunter- Doch zuletzt schwächelte sie wieder. Vor rent ist Bottega Veneta die nach Umsatz
nehmen Pal Zileri und das französische allem das Geschäft in den chinesischen drittstärkste Marke in seinem Reich, und dpa-AFX/AFP. LONDON/PARIS. Rückenwind verschafft den Airlines
Modehaus Balmain sowie die türkische Boutiquen lief schlecht. Nachdem Sabato mit dem Schmuckhaus Pomellato und Wenn es um Flüge in der teureren die robuste Nachfrage. Der IAG-Umsatz
Luxuskaufhauskette Beymen. Abgeschlos- de Sarno den seit 2015 amtierenden Ales- dem Modehaus Brioni kamen sukzessive Business-Class oder gar in der First- stieg im zweiten Quartal um 30 Prozent
sen sein soll die Transaktion spätestens sandro Michele Anfang des Jahres als weitere italienische Edelmarken dazu. Class geht, berichten Fluggesellschaf- auf knapp 7,7 Milliarden Euro. Der um
Ende dieses Jahres, wenn die wettbewerbs- Gucci-Kreativdirektor abgelöst hat, ord- Kering ist trotz Gucci-Schwäche hoch- ten von einer aktuell besonders star- Einmaleffekte bereinigte operative Ge-
rechtlichen Genehmigungen vorliegen. nete Kering vergangene Woche einen profitabel und vermeldete am Donners- ken Nachfrage. Die Nachfrage in den winn schoss dabei von 295 Millionen
Schon heute sind beträchtliche Teile weiteren Personalwechsel an. Demnach tag für das erste Halbjahr einen Nettoge- höheren Kategorien erweist sich als Euro im Jahr zuvor auf rund 1,2 Milliar-
der italienischen Luxusgüterindustrie in tritt der ebenfalls seit 2015 amtierende winn von 1,8 Milliarden Euro. Das ist krisenresistent. Das stimmt den Bri- den Euro. Vor allem die spanische Flug-
französischen Händen. Das gilt für den Gucci-Chef Marco Bizzarri, ein Italiener, aber kein Vergleich zu LVMH, das auf tish-Airways-Mutterkonzern IAG opti- gesellschaft Iberia stärkte IAG den Rü-
unangefochtenen Marktführer LVMH bis September ab. Ersetzt werden soll er rund 8,5 Milliarden Euro kommt. Der mistisch für die Hauptsaison. Auch cken. Bei British Airways hinke dagegen
(Louis Vuitton Moët Hennessy), zu des- durch den Franzosen Jean-François Pa- nach Umsatz deutlich kleinere Lederwa- Konkurrent Air France-KLM rechnet der Bedarf von Geschäftsreisenden der
sen 75 Marken unter anderem Bulgari, lus, aktuell stellvertretender Geschäfts- renspezialist Hermès überflügelt Kering mit guten Geschäften im Sommer. Und starken Entwicklung bei Freizeitreisen
Fendi oder Loro Piana gehören, aber führer von Kering und Pinaults rechte ebenfalls mit einem Nettogewinn von 2,2 Carsten Spohr, der Vorstandsvorsit- hinterher. Air France-KLM erlöste we-
auch für Kering. In einer spektakulären Hand – „übergangsweise“, wie die Kon- Milliarden Euro. Auch am Aktienmarkt zende der Deutschen Lufthansa, peilt gen höherer Preise und einer besseren
Übernahmeschlacht gegen LVMH stieg zernzentrale in Paris betont. konnte Pinaults Konzern in den vergan- einen Rekordgewinn an. „Der durch- Auslastung 14 Prozent mehr und er-
der damals noch unter dem Namen Pi- Pinault ist laut dem Wirtschaftsmaga- genen Jahren nicht Schritt halten mit schnittliche Gewinn pro Passagier be- reichte einen Umsatz von 7,6 Milliarden
nault-Printemps-Redoute (PPR) firmie- zin „Challenges“ der aktuell siebtreichste dem Tempo der französischen Konkur- trägt dieses Jahr 15 Euro“, sagte Spohr Euro. Unter dem Strich verdiente der
rende Konzern Ende der 1990er-Jahre Franzose mit einem geschätzten Fami- renz. Hermès kommt mittlerweile auf dem Magazin „Focus“. Konzern 604 Millionen Euro nach 324
bei Gucci ein. Damals noch in keinem gu- lienvermögen von mehr als 30 Milliarden mehr als 200 Milliarden Euro Börsen- IAG-Chef Luis Gallego sagte laut Millionen im Vorjahreszeitraum. Luft-
ten Zustand, brachten die Franzosen die Euro. Verheiratet mit dem Hollywood- wert, rund das Dreifache von Kering. Das einer am Freitag veröffentlichten Mit- hansa legt in der kommenden Woche
Florentiner Traditionsmarke wieder auf Star Salma Hayek, hat er aus dem von sei- von Pinaults Erzrivalen Bernard Arnault teilung, es seien schon 80 Prozent des ihre Halbjahresbilanz vor.
Vordermann. nem Vater in den 1960er-Jahren als Bau- geführte LVMH-Imperium wird von An- zu erwartenden Umsatzes im Passa- Air France-KLM bestätigte die für
Seit 2004 ist Gucci vollständig im Be- stoffhandel gegründeten Unternehmen legern sogar mit deutlich mehr als 400 giergeschäft in der Hauptreisezeit des 2023 und die Zeit bis 2026 gesteckten
sitz von PPR, heute Kering, und mit mehr in den vergangenen knapp 20 Jahren Milliarden Euro bewertet. (Kommentar dritten Quartals gebucht. Bis zum Jah- Ziele. „Ich bin sehr erfreut zu sehen,
als 50 Prozent Umsatzanteil die mit Ab- einen reinen Luxusgüterkonzern ge- Seite 24.) resende will er bei der angebotenen dass sich die Situation an den Flug-
Kapazität das Vor-Corona-Niveau er- häfen deutlich gebessert hat, was
reichen. Bereits deutlich früher hatte KLMs Flughafen-Drehkreuz Amster-
Air France-KLM entsprechende Ziele dam Schiphol mit einschließt“, sagte
Commerzbank............................27 Ergo Versicherung...................26 Kering................................................24 N26.......................................................26 Steinhoff..........................................23 formuliert. Im dritten Quartal will Konzernchef Smith. Der Amsterdamer
Credit Suisse.................................27 Gothaer Versicherung..........26 Görtz ..................................................20 OMV.....................................................23 UBS.......................................................27 Konzernchef Ben Smith das Flugange- Flughafen hatte 2022 für Schlagzeilen
CTS Eventim..................................20 Hypo-Vereinsbank..................27 LVMH..................................................24 Postbank.........................................26 Unicredit..........................................27 bot auf etwa 95 Prozent des Niveaus gesorgt, nachdem fehlendes Personal
Deka....................................................25 Infineon............................................23 Mandiant.........................................24 SAIC.....................................................22 Valentino.........................................24 von 2019 hochfahren. Auf das Ge- und Streiks reihenweise zu unfreiwilli-
Deutsche Bank...................26, 27 ING........................................................26 MHP.....................................................23 Solarisbank...................................25 Volkswagen..................................22 samtjahr gesehen, will er das Niveau gen Annullierungen und Frust bei den
Eon.......................................................24 Intel......................................................24 Microsoft.................................23, 24 Spotify...............................................27 Xpeng................................................22 beibehalten. Reisenden gesorgt hatten.

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Rostock das wechselhafte Schauerwetter Algier 35° 35° 34°
Berlin 26° 25° 22° 23° setzt sich fort. Dabei gehen ge- Casablanca 31° 32° 33°
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gengüsse und Gewitter nieder.
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Diese können örtlich mit Stark- Oslo Stockholm Kairo 40° 39° 39°
Cottbus 27° 26° 23° Hannover 26° regen, Hagel und starken bis stür- Kapstadt 12° 13° 14°
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Düsseldorf 23° 22° 21° Dortmund 25° 27 Grad. Abseits von Schauern London Los Angeles 26° 27° 28°
Leipzig Brüssel Berlin Kiew
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Hamburg, Schleswig-Holstein, Bei wechselnder bis starker Bewöl- Neu Delhi 33° 35° 35°
Norderney 21° 20° 19° möglich. Höchsttemperaturen von kung örtlich zum Teil kräftige Schauer Bukarest 35° 37° 31° Palermo 32° 32° 31°
Mecklenburg-Vorpommern Peking 32° 27° 22°
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ger, in Böen frischer bis starker Wind mit Hagel, Starkregen und Sturm- 29° 30° 31° 26° 25° 23°
Seoul 35° 33° 34°
Oberstdorf 24° 21° 23° nur selten Sonne, gebietsweise kräf- Dubrovnik Prag
tige Regengüsse und Gewitter. Lokal aus Südwest. böen möglich. Maximaltemperaturen Australien und Neuseeland
Osnabrück 24° 22° 22° Helsinki 20° 25° 22° Riga 22° 18° 23°
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Passau 27° 25° 26° und Gewittern ein schwacher bis Istanbul 29° 29° 29° Rom 30° 31° 31° Auckland 14° 15° 15°
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Berlin, Brandenburg, Sachsen- gefahr durch Starkregen und Sturm- Die Wassertemperaturen am Mittel-
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Prognosen der Tageshöchsttemperaturen Wolken örtlich intensive Schauer und Wind aus Süd bis West. www.faz.net Madrid 36° 37° 37° Zürich 24° 24° 25° den langjährigen Mittelwerten.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
M
an stelle sich nur ein-
mal vor, Deutsche-
Bank-Chef Christian
Sewing und Commerz-
bank-Chef Manfred
Knof würden sich halb öffentlich darum
kabbeln, welches ihrer beiden Häuser der
Unicredit die Hypovereinsbank abkaufen
dürfte. Und währenddessen erstellten
Fans der Deutschen Bank und der Com-
merzbank lustige Bilder und Videos, die
die beiden als Ringer darstellen oder als
Filmhelden, die einander bekriegen.
In der Bankenwelt eher schwer vorstell-
bar, in der Welt der Videospiele an der Ta-
gesordnung. Der größte Personenkult
herrscht vermutlich im Moment um Phil
Spencer und Jim Ryan. Spencer ist der
Kopf der Gaming-Sparte von Microsoft
und verantwortlich für die Marke Xbox,
Ryan verantwortet für Sony die Playsta-
tion. Beide sind in ihren Unternehmen
eher Manager aus der zweiten Reihe;
trotzdem zogen sie in den vergangenen
Wochen große Aufmerksamkeit auf sich.
Sie sind zwei Schlüsselfiguren im Streit
um die Übernahme des Videospielherstel-
lers Activision Blizzard durch Microsoft.
Activision produzierte bisher Spiele für
die Plattformen Sonys und Microsofts.
Streit entbrannte vor allem um dessen
Ego-Shooter-Reihe „Call of Duty“, die
vornehmlich auf Playstation-Systemen
gespielt wird. Dass Sony mit dem Wegfall
des Spiels Umsätze wegbrechen könnten,
die wettbewerbsgefährdendes Ausmaß
annehmen könnten, war eines der Haupt-
argumente für Sony, die Übernahme zu
verhindern: Es geht um Milliarden Dollar,
die die jährlichen Titel der Reihe sowie
deren Mobilableger abwerfen.
Anders als Kunden anderer Branchen
fordern Videospieler einen steten Strom
an Kommunikation von den Herstellern
ein. Probleme werden auf Twitter direkt
mit den Entwicklern debattiert, und Kon-
ferenzen, auf denen Neuheiten angekün-
digt werden, ziehen im Internet Millionen
Zuschauer an. So ist es für die Unterneh-
men wichtig, dass der jeweilige Front-
mann der Videospielsparte sich den Spie-
lern glaubhaft als einer der ihren
präsentieren kann – oder zumindest als je-
mand, der ihre Interessen bei den sonst so
gesichtslosen Technologieunternehmen
Sony und Microsoft vertritt. Gewisserma-
ßen werden die Vertreter der Unterneh-
men so zu Geschäftsleuten und Influen-
cern für ihre Marken zugleich. Ein
Kurze Meldungen
Yeezy-Abverkauf im August
Adidas startet im August mit einer wei-
teren Verkaufsaktion der Lagerbestän-
de von Yeezy-Schuhen, die vom umstrit-
tenen Rapper Kanye West designt
wurden. Darunter sollen Bestseller wie
der Yeezy Boost, Yeezy Slide und der
Foam RNR sein, teilte der Sportartikel-
hersteller am Freitag mit. Die erste Ver-
kaufsaktion, die Ende Mai startete, soll
Medienberichten zufolge die Erwartun-
gen von Adidas übertroffen haben. Der
Großteil der Erlöse aus den Verkäufen
soll an gemeinnützige Organisationen
gehen, hatte der Konzern schon zuvor
mitgeteilt. Adidas hatte die lukrative
Kooperation mit dem Musiker im ver-
gangenen Herbst nach dessen wieder-
holten rassistischen und antisemiti-
schen Äußerungen beendet. ikop.
Toyotas Absatz wächst
Der japanische Autohersteller Toyota
hat vom Ende der Chipknappheit und
der steigenden Nachfrage auf dem Hei-
matmarkt profitiert. Der Absatz stieg
im ersten Halbjahr um 5,1 Prozent auf
rund 4,9 Millionen Fahrzeuge, teilte das
Unternehmen am Freitag mit. Allein in
Japan wurde mit 878.215 Autos ein
Drittel mehr verkauft als vor Jahresfrist.
In den USA und in den anderen asiati-
schen Ländern gingen die Verkäufe
dagegen leicht zurück. Reuters
Sanofi hebt Prognose an
Der französische Pharmakonzern Sano-
fi profitiert von der starken Nachfrage
nach seinem Kassenschlager Dupixent
und der Markteinführung neuer Medi-
kamente. Wegen der steigenden Erlöse
mit dem Ekzem- und Asthma-Medika-
ment Dupixent und den wachsenden
Umsätzen mit dem vor kurzem einge-
führten Hämophilie-A-Mittel Altuviiio
hob Sanofi am Freitag seine Prognose
für das Geschäftsjahr 2023 an. Der Kon-
zern erwartetet nun einen Anstieg des
bereinigten Gewinns je Aktie im mittle-
ren einstelligen Prozentbereich statt im
niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Im zweiten Quartal sank der operative
Gewinn vor Zinsen und Steuern um ein
Prozent auf 2,73 Milliarden Euro. Der
währungsbereinigte Umsatz mit Dupi-
xent stieg um 34 Prozent auf 2,56 Mil-
liarden Euro. Reuters
Rückschlag für Jooste
Der frühere Konzernchef des Möbel-
konzerns Steinhoff, Markus Jooste, hat
eine juristische Niederlage erlitten.
Jooste, der nach Überzeugung deut-
scher Staatsanwälte eine zentrale Figur
im milliardenschweren Bilanzskandal
von Steinhoff ist, ist mit seiner Be-
schwerde gegen einen Haftbefehl des
Landgerichts Oldenburg gescheitert.
Vor wenigen Tagen verwarf ein Straf-
Phil Spencer
Die Konsolenkrieger
Sony und Microsoft konkurrieren seit mehr als 20 Jahren
um die Gunst der Videospieler. Zwei Manager sind in diesem
Wettbewerb besonders gefragt.
Personenkult ist die Folge, nicht unähn-
lich dem von Regisseuren oder Musikern.
Microsofts freundliches Gesicht für die-
se Aufgabe ist der 55 Jahre alte Amerika-
ner Phil Spencer. 2014 übernahm er diese
Position von Don Mattrick, der unter Spie-
lern und im Konzern selbst in Ungnade
gefallen war. Mattrick hatte der Marke mit
abfälligen Aussagen über Nutzer und dem
Versuch, ein breiteres Publikum unter Ver-
nachlässigung der Spieler anzusprechen,
großen Schaden zugefügt.
Folglich drehte sich eines der ersten Ge-
spräche zwischen Spencer und dem da-
mals noch nicht lange im Amt befindli-
senat die Beschwerde des südafrika-
nischen Managers, bestätigte eine
Sprecherin des Oberlandesgerichts Ol-
denburg auf Nachfrage. Damit bleibt
der vor wenigen Wochen beantragte
Haftbefehl bestehen, das OLG bejahte
nun aber den Haftgrund der Fluchtge-
fahr (Az. 1 Ws 314/23). Im Fall seiner
Einreise nach Deutschland muss Jooste
mit seiner Festnahme rechnen. Die
Staatsanwaltschaft wirft ihm Anstiftung
zur Bilanzmanipulation vor. Der Ange-
klagte war im Mai nicht zum Prozess-
auftakt in Oldenburg erschienen. Laut
seinem Anwalt darf er Südafrika wegen
der dortigen strafrechtlichen Ermittlun-
gen derzeit nicht verlassen. mj.
OMV stößt auf Gasblase
Der Wiener Erdöl- und Gaskonzern
OMV verringert weiter seine Abhängig-
keit von russischem Erdgas. Am Freitag
wurde ein Gasfund im österreichischen
Wittau gemeldet, die förderbaren Res-
sourcen werden auf 48 Terawattstunden
geschätzt. Die Produktion in Österreich
soll damit um 50 Prozent steigen.
Außerdem hat das Management einen
langfristigen Liefervertrag für Flüssig-
erdgas mit BP unterzeichnet. Zum Halb-
jahr belasteten die gefallenen Preise für
Rohstoffe die Bilanz. Der Umsatz sank
um 35 Prozent auf 19,9 Milliarden Euro.
Der Nettogewinn fiel um 69 Prozent auf
rund 770 Millionen Euro. ela.
Porsche übernimmt MHP
Der Autohersteller Porsche kauft den
restlichen Anteil von 18 Prozent seiner
Beratungstochter MHP, der in Ludwigs-
burg sitzenden internationalen Ma-
nagement- und IT-Beratung. Porsche
übernehme den Anteil von MHP-Mit-
gründer Ralf Hofmann, der Chef des
Unternehmens bleibe, teilte der Dax-
Konzern am Freitag mit. „Wir haben
mit MHP viel vor“, sagte Porsche-Fi-
nanzchef Lutz Meschke. Die Beratung
solle schneller wachsen, auch in zusätz-
lichen Technologiebereichen wie zum
Beispiel Software-as-a-Service. „Zudem
sind wir offen für weitere Akquisitio-
nen.“ MHP beschäftigt mehr als 4000
Mitarbeitende in Deutschland, China,
den USA, Großbritannien und Rumä-
nien und zählt mehr als 300 Kunden,
darunter führende Konzerne. Reuters
Infineon beliefert Solarfirma
Der Solarenergiespezialist Solar Edge
deckt sich mit Halbleitern des Münchner
Chipherstellers Infineon ein. Die beiden
Unternehmen hätten eine mehrjährige
Vereinbarung zur Reservierung von
Kapazitäten (CPA) unterzeichnet, teilte
Infineon am Freitag mit. Dabei werde
Infineon Solar Edge mit Komponenten
beliefern, zusätzlich arbeiteten die bei-
den Unternehmen bei der Entwicklung
künftiger Technologien zusammen.
Unternehmen
| MENSCHEN UND WIRTSCHAFT
Foto Bloomberg Jim Ryan
chen Microsoft-Chef Satya Nadella darum,
ob die Marke Xbox weitergeführt werden
sollte. Offensichtlich konnte Spencer Na-
della überzeugen. Die Xbox gibt es heute
noch, und Spencer wurde mit den Jahren
stetig befördert, bis er es 2022 zum Vor-
standschef Gaming von Microsoft brachte.
Mit Geschick gewann Spencer, der dem
Xbox-Team seit 2001 angehört, das Ver-
trauen der Spieler zurück. Er baute mit
dem Game Pass eines der attraktivsten
und preiswertesten Abomodelle für Vi-
deospiele in der Branche auf. Auch wenn
die Xbox weiterhin von der Playstation in
den Verkaufszahlen geschlagen wird, so
Marketingvorstand Andreas Urschitz
verwies auf die Investitionen in die Ferti-
gungskapazitäten für Siliziumkarbid
(SiC) und Galliumnitrid (GaN). Diese
beiden Materialien werden für Leis-
tungshalbleiter etwa in Wechselrichtern
oder Ladestationen verwendet. Reuters
Fuchs Petrolub erhöht Preise
Der Schmierstoffhersteller Fuchs Petro-
lub hat im ersten Halbjahr von Preis-
erhöhungen profitiert. Das Geschäft in
Nord- und Südamerika wuchs über-
durchschnittlich stark, auch die Regio-
nen Europa, Mittlerer Osten und Afrika
sowie Asien-Pazifik entwickelten sich
positiv. In Asien verdiente Fuchs im Ta-
gesgeschäft jedoch wegen einer zurück-
haltenden wirtschaftlichen Entwick-
lung in China weniger, berichtete das
Unternehmen. Nachdem Fuchs im ers-
ten Halbjahr seine Vorräte und Forde-
rungen ein Stück abbauen konnte, sind
auch wieder freie Barmittel zugeflossen
und der Vorstand wird für die Kennzif-
fer optimistischer. Das Umfeld bleibe
aber weiter stark volatil. dpa-AFX
Procter & Gamble wächst
Der Konsumgüterkonzern Procter &
Gamble hat das Geschäftsjahr 2022/23
mit einem robusten Wachstum abge-
schlossen. Die Umsätze stiegen im vier-
ten Quartal (per Ende Juni) um fünf
Prozent auf 20,6 Milliarden Dollar
(rund 18,6 Milliarden Euro) und damit
stärker als von Analysten im Schnitt er-
wartet, berichtete das Unternehmen am
Freitag in Cincinnati. Organisch – und
damit währungs- und portfoliobereinigt
– kletterten die Erlöse um acht Prozent,
was ebenfalls über den Analystenschät-
zungen lag. Dabei profitierte Procter &
Gamble von Preiserhöhungen, die sie-
ben Prozent des Wachstums ausmach-
ten. Dagegen ging das ausgelieferte Vo-
lumen um ein Prozent zurück. Der
Aktienkurs stieg im vorbörslichen Han-
del um 1,1 Prozent. dpa-AFX
Rheinmetall will reparieren
Der Rüstungskonzern Rheinmetall
plant, Leopard-Panzer und anderes
Kriegsgerät künftig auch in der Ukraine
instand zu setzen. „Wir bilden derzeit
bereits Ukrainer in Deutschland für die-
se Tätigkeit aus“, sagt Unternehmens-
chef Armin Papperger dem „Spiegel“
nach Angaben vom Freitag. „Wir wollen
nach der Sommerpause mit dem Betrieb
beginnen.“ Die Anlage soll Teil eines
Netzes von Reparaturzentren für deut-
sches Kriegsgerät werden, das in der
Ukraine nach Pannen, Verschleiß oder
Beschuss wieder überholt werden muss.
Die Wartung der aus Deutschland gelie-
ferten modernen Leopard-2-A6-Panzer
gilt unter Militärfachleuten als ent-
scheidend für die Durchhaltefähigkeit
der Fahrzeuge. AFP
|
Foto UPI/Laif
hat Microsoft mit seinem Angebot einen
komfortablen Platz.
Phil Spencer selbst gibt sich gern spie-
lernah. Er ist oft für Interviews mit Fach-
medien zu haben, setzt sich für die einfa-
che Erreichbarkeit von Spielen über alle
Plattformen hinweg ein und ist auf Präsen-
tationen immer in T-Shirts zu sehen, auf
denen Logos oder Kunst des Microsoft-
Spieleportfolios zu sehen sind. Dafür ern-
tet er Dank und Anerkennung – selbst
wenn geschäftliches Kalkül dahintersteht.
Wenn Spencer dafür plädiert, dass Spie-
ler aller Plattformen unabhängig von den
Ökosystemen der Hersteller miteinander
dm engagiert sich für die Umwelt
Bewusster Konsum trägt dazu bei, unsere Lebensgrundlage zu erhalten.
Eine Voraussetzung ist das Angebot nachhaltiger Produktalternativen. dm
übernimmt Verantwortung und entwickelt zukunftsfähige Lösungen.
Jedes Produkt, jede Handlung des
Menschen wirkt sich auch auf die
Umwelt aus. Ziel von dm ist es
daher, seine diesbezüglichen Aus-
wirkungen ganzheitlich zu betrach-
ten, diese bestmöglich zu reduzie-
ren und die nicht vermeidbaren
Auswirkungen mit einem umfas-
senden Ansatz auszugleichen.
Ein Herzensprojekt von dm
Mit seinen „Pro Climate“-Pro-
dukten verfolgt dm einen mehr-
dimensionalen, derzeit einzig-
artigen Ansatz. Grundlage sind
Ökobilanzierungen von Pro-
dukten aus dem drogistischen
Kernbereich, beispielsweise von
Shampoo, Waschmittel und Toi-
lettenpapier. Bei der Produktent-
wicklung werden dann auf Basis
der Ökobilanzen nicht nur die
Treibhausgasemissionen wie der
CO2-Ausstoß, sondern auch die
Umweltauswirkungen Eutrophie-
rung, Versauerung, Sommer-
dm-drogerie markt GmbH + Co. KG • Am dm-Platz 1 • 76227 Karlsruhe
smog und Ozonabbau betrachtet
und, wo es möglich ist, reduziert.
Umweltwert schaffen
Nicht vermeidbare Umweltaus-
wirkungen werden nach dem
wissenschaftlich anerkannten
Methodenstandard „Environ-
mental Prices“ der CE Delft in
Umweltkosten umgerechnet.
Für die Kompensation werden
Mehr Informationen auf:
dm.de/liebeumwelt
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 2 3
spielen können sollen, dann geschieht das
freilich nicht nur aus Herzensgüte. Ihm
dürfte bewusst sein, dass Sony die stärkere
Position im Konsolenmarkt hat – die Play-
station 5 verkauft sich rund eineinhalbmal
besser als die Xbox Series S/X. Sollte es
gelingen, die lange gepflegten geschlosse-
nen Systeme zu überwinden, wird wesent-
lich wichtiger, wer die breitere Palette an
Spielen zum besseren Preis bieten kann –
und hier hat Microsoft mit dem Game
Pass einen entscheidenden Vorteil.
Sony aber mauert schon seit Jahren
gegen dieses Vorgehen. Der japanische
Konzern fährt eine Strategie der Exklusi-
vität. Der Mann hinter dieser Strategie ist
der Brite Jim Ryan. Er lenkt die Geschicke
von Sony Interactive Entertainment (SIE)
und damit der Marke Playstation seit
2019. Zuvor hatte der ebenfalls 55 Jahre
alte Manager leitende Positionen in der
europäischen Sparte von SIE inne, und er
war für das globale Marketing der Playsta-
tion verantwortlich. Ryan ist weniger prä-
sent in den Medien und auf Präsentatio-
nen als sein Microsoft-Pendant Spencer.
Er lässt eher die Software für sich spre-
chen, die es nur auf der Playstation gibt.
Reihen wie „The Last of Us“ oder „Hori-
zon“ glänzen mit hohem Produktionswert
und einem Hauch von Hollywood. Unge-
wohnt forsch erschienen daher die Auf-
tritte des sonst zurückhaltenden Ryan
während der Gespräche mit Gerichten
und Kartellbehörden zur Übernahme von
Activision Blizzard durch Microsoft.
Bei aller sachlichen Argumentation
gegen die Übernahme vergriff sich Ryan
auch einige Male im Ton. Lulu Cheng
Meservey, Kommunikationschefin von
Activision Blizzard, teilte im März ein Zi-
tat von Ryan, das vor einem Gespräch
mit europäischen Kartellwächtern hinter
verschlossenen Türen von ihm gekom-
men sein soll. „Ich will keinen neuen
‚Call-of-Duty‘-Deal. Ich will schlicht eu-
ren Zusammenschluss blockieren“, soll
Ryan den Vertretern von Microsoft und
Activision gesagt haben.
Während der Anhörung zur Klage der
amerikanischen Kartellbehörde FTC zur
Übernahme Anfang Juli kamen zudem in-
terne E-Mails zutage, in denen Ryan selbst
den Schaden der Übernahme für Wettbe-
werber anzweifelte. So schnell werde „Call
of Duty“ von der Playstation nicht ver-
schwinden, hieß es darin. Immerhin ver-
diente Microsoft ebenso Geld, wenn die
Spiele auf der Playstation verkauft wür-
GREENZERO GmbH
150 Hektar Land wurden mit der Unterstützung von dm auf den HeimatERBE-
Flächen bereits für den Umwelt- und Naturschutz gesichert.
die Umweltkosten von dm in
Renaturierungsprojekte auf ehe-
maligen Industrieflächen von
HeimatERBE in Deutschland
investiert. Dort werden wert-
volle Lebensräume für Pflanzen
und Tiere geschaffen und damit
dem Verlust von Biodiversität
entgegengewirkt – Umweltwert
entsteht. Dieser wird eingesetzt,
um die Umweltkosten, die durch
die Herstellung und Entsorgung
der Produkte entstanden sind, zu
kompensieren.
dm geht seinen Weg weiter
Gemeinsam mit seinem Partner
GREENZERO hat dm den Ansatz
hinter den „Pro Climate“-Produk-
ten weiterentwickelt und erwei-
tert sein Angebot kontinuierlich.
den. „Uns wird es gut gehen. Mehr als
gut“, schrieb Ryan.
Wahrscheinlich unterstützt durch solche
Aussagen steht Microsoft kurz davor, die
Übernahme abzuschließen. Mit der Absa-
ge der Anhörung durch die FTC in der ver-
gangenen Woche ist in den Vereinigten
Staaten die letzte Hürde gefallen. Eine
Übernahme wäre damit dort erlaubt. Auch
die EU-Kommission ließ sich mit Zuge-
ständnissen von Microsoft beschwichti-
gen. Einzig das britische Pendant zur FTC,
die CMA, sperrt sich noch. Sollte diese Be-
hörde ihre Blockade der Übernahme nicht
aufheben, müsste das fusionierte Geschäft
von Microsoft und Activision Großbritan-
nien verlassen und einen Weg etwa über
eine dritte Partei nehmen, die ihre Spiele
dort vertreibt. Nach dem Sieg Microsofts
in den Vereinigten Staaten und einigen Zu-
geständnissen schlug aber auch die CMA
sanftere Töne an.
Microsoft und Activision haben zudem
eine Verlängerung ihrer Übernahmever-
einbarung ausgehandelt. Nachdem am 18.
Juli die erste Frist abgelaufen war, zu der
Microsoft im Falle eines geplatzten Deals
drei Milliarden Dollar an Activision hätte
zahlen müssen, ist nun der 18. Oktober
Stichtag. Die Fallhöhe für Microsoft wur-
de nochmals um die Hälfte erhöht: Statt
drei Milliarden sollen es nun 4,5 Milliar-
den Dollar sein, falls die Übernahme
kurzfristig nicht zustande kommt. Dass
Microsoft-Chef Nadella auf der Jahres-
pressekonferenz nun nicht das Gaming-
Kronjuwel Activision für Aktionäre ins
Schaufenster stellen konnte, dürfte ein ge-
wisser Dämpfer gewesen sein. Aber die
Chance, dass die Übernahme noch von
der britischen Behörde verhindert wird,
ist sehr gering.
Der Verhandlungserfolg wird am Ende
aber nicht den obersten Köpfen der
Unternehmen zugeschrieben werden –
Satya Nadella hat unter Spielern nur eine
geringe Bedeutung und Activision-Chef
Bobby Kotick einen schlechten Ruf. In
den Bildern und Videos wird es um Phil
Spencer gehen, der eine weitere Trophäe
in seine immer weiter wachsende Samm-
lung hochkarätiger Spielestudios stellen
kann. Ihm gegenüber steht ein in den
Augen des Publikums sich grämender
Jim Ryan, der widerwillig ein Abkom-
men unterschreiben musste, dass „Call of
Duty“ für weitere zehn Jahre nach der
Übernahme auf Sonys Playstation er-
scheinen muss. GREGOR BRUNNER
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Mit Respekt für uns
und unsere Welt
Die Natur ist unsere Lebensgrundlage.
Sie zu erhalten und ihr die Möglichkeit
zur Regeneration zu geben ist Aufgabe
von jedem von uns. Bereits kleine
Schritte im Alltag helfen, den eigenen
ökologischen Fußabdruck zu reduzie-
ren und unsere Umwelt zu schützen.
dm konzentriert sich daher nicht
nur auf seine dm-Produkte, sondern
betrachtet alle Bereiche seines Unter-
nehmens. Schritt für Schritt ist dm
auf dem Weg, seine Auswirkungen zu
ökobilanzieren, sie auf dieser Basis
noch weiter zu reduzieren und die
nicht vermeidbaren Auswirkungen so
gut wie möglich zu kompensieren.
SE I TE 2 4 · NR. 1 7 4
SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3
Ü
blicherweise erfährt die
Öffentlichkeit über gelunge-
ne Cyberoperationen gegen
Regierungen wenig bis gar
nichts. Spionage und Daten-
klau funktionieren am besten aus dem
Untergrund, zu viel Aufmerksamkeit ist
da oft eher hinderlich – vor allem wenn es
um staatliche Akteure geht. Umso spek-
takulärer ist es, wenn dann doch mal eine
Attacke publik wird – so wie Mitte Juli ein
Hacker-Großangriff der mutmaßlich aus
China operierenden Gruppe „Storm-
0558“ auf die Outlook-E-Mail-Konten von
Microsoft.
Die Angreifer hatten sich Zugang zu
von Microsoft gehosteten IT-Systemen
von rund 25 Organisationen verschafft,
wie Microsoft bekannt gab, unter anderem
von Regierungseinrichtungen in West-
europa und den Vereinigten Staaten. Wel-
che genau, verriet der US-Konzern nicht,
unter anderem soll aber das amerikani-
sche Außenministerium betroffen gewe-
sen sein. Die Hacker konnten knapp einen
Monat Mails mitlesen – auch wenn die
kompromittierten Konten laut „Washing-
ton Post“ keiner Geheimhaltungsstufe
unterlagen. „Wir gehen davon aus, dass die
Angreifer sich auf Spionage fokussiert ha-
ben“, schrieb Microsofts Sicherheitschef
Charlie Bell in einem Blogpost.
Dazu entwendeten sie einen sogenann-
ten Signaturschlüssel, stellten sich mit sei-
ner Hilfe eigene Zugangsberechtigungs-
Token zu den Datensystemen aus, öffnen
sich so wichtige Türen und verschafften
sich Zugang zu teilweise offenbar hoch-
sensiblen Informationen. Wie genau der
Schlüssel in die Hände der Hacker gelan-
gen konnte, ist noch unklar. Microsoft hat
den kompromittierten Schlüssel inzwi-
schen gesperrt, sodass auf diesem Wege
keine Zugriffe mehr möglich sind.
Derweil schüren neue Erkenntnisse
des amerikanischen Cloudsicherheits-
unternehmens Wiz Zweifel daran, ob mit
den gefälschten Token tatsächlich nur
Zugriff auf die E-Mail-Systeme erlangt
werden konnte, wovon Microsoft bislang
ausgeht. Der gestohlene Schlüssel hätte
laut Wiz Zugriff auf fast alle Clouddiens-
te Microsofts gewährt, etwa auf Office-
Produkte oder das Kommunikationspro-
gramm Teams. Bislang gibt es aber keine
Hinweise darauf, dass die Hacker die Lü-
cke über die E-Mail-Systeme hinaus ge-
nutzt hätten. Microsoft will sich zu der
Wiz-Analyse bislang nicht äußern.
Zunahme chinesischer Angriffe
Dennoch: Der Vorfall ist wohl nur die
Spitze des Eisbergs. „Es gibt zahlreiche
weitere solcher Fälle, die nicht bekannt
werden“, sagt der deutsch-japanische
Professor für IT-Sicherheitsrecht Dennis-
Kenji Kipker, der sich seit Jahren intensiv
mit der Bedrohung durch chinesische Ha-
cker auseinandersetzt. Zwar ist China
schon seit Langem als Akteur im Cyber-
raum bekannt. Aber auch Dan Schiappa
vom US-Cybersicherheitsspezialisten
Arctic Wolf sagt: „In der IT-Security-
Community warnen wir schon seit eini-
ger Zeit vor einer Zunahme staatlich ge-
sponserter chinesischer Aktivitäten, da
sowohl die innenpolitischen als auch die
geopolitischen Spannungen mit China
weiter zunehmen.“ Die chinesischen Be-
drohungsaktivitäten seien nicht finan-
ziell motiviert, sie konzentrierten sich
auf Spionagetätigkeiten, die sich für lang-
fristige, unentdeckte Angriffe eigneten.
„Es ist wichtig, das Gesamtbild dieses
Vorfalls vor dem Hintergrund des ak-
tuellen Technologiewettlaufs zwischen
China und den USA zu betrachten,
insbesondere im Hinblick auf Künstliche
Intelligenz“, meint Schiappa. „Es ist von
entscheidender Bedeutung, dass For-
schungs-, Entwicklungs- und Regie-
rungsdaten vor neugierigen Blicken ge-
schützt werden, da der Cyberraum zum
neuen Schlachtfeld und KI das neue Mit-
Intel erholt sich
Halbleiterkonzern macht Hoffnung auf Kehrtwende
lid. NEW YORK. Intel liefert erste An-
zeichen für eine Erholung. Der US-
Halbleiterkonzern hat für das zweite
Quartal überraschend einen Gewinn ge-
meldet, nachdem er in den ersten drei
Monaten des Jahres noch den größten
Verlust seiner Unternehmensgeschichte
erlitten hatte. Auch der Umsatz lag über
den Erwartungen. Allerdings bleibt das
Bild gemischt. Die Umsätze fallen noch
immer, und Intel verspricht keine baldi-
ge Rückkehr zu Wachstum. Der Gewinn
erklärt sich zudem mit positiven Steuer-
effekten, ohne sie hätte es einen Verlust
gegeben. Auf dem Wachstumsgebiet mit
Chips, die sich für Anwendungen rund
um Künstliche Intelligenz (KI) eignen,
hat Intel außerdem auch nach eigener
Einschätzung Rückstand.
Die Zahlen kamen an der Börse gut
an. Der Aktienkurs stieg am Freitag zeit-
weise um 7 Prozent. Die Intel-Aktie hat
nun seit Jahresbeginn mehr als 30 Pro-
zent an Wert gewonnen, womit das
Unternehmen aber deutlich hinter Wett-
bewerbern wie Nvidia und Advanced
Micro Devices zurückliegt. Nvidia hat
unlängst als erster Chipanbieter über-
haupt mit seinem Börsenwert die Marke
von einer Billion Dollar überschritten.
Insgesamt meldete Intel für das zwei-
te Quartal einen Umsatz von 12,9 Mil-
liarden Dollar. Das war ein Rückgang
von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr,
Betroffene Apps von Microsoft
Outlook
Die Angreifer können sich innerhalb der gehackten App als Nutzer jedes beliebigen persönlichen Accounts ausgeben
Chinas Hacker rüsten auf
Unbekannte haben sich Zugriff auf Microsoft-E-Mail-Konten verschafft und sollen unter anderem
das amerikanische Außenministerium ausgespäht haben. Die Attacke kommt wohl aus China.
Das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein – und die Angriffe werden immer raffinierter.
Von Stephan Finsterbusch und Maximilian Sachse, Frankfurt
tel im Kalten Krieg der Technologie-
branche wird.“
Erst im Juni hatte der mittlerweile zu
Google Cloud gehörende Cybersicher-
heitsspezialist Mandiant eine Schwach-
stelle in einem E-Mail-Schutzprogramm
des Anbieters Barracuda veröffentlicht,
die „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ von
einer chinesischen Hackergruppe zur
Spionage genutzt worden sei. Ein Drittel
der betroffenen Organisationen waren
Regierungsbehörden, unter anderem das
Außenministerium der Staaten des Ver-
bands Südostasiatischer Nationen. Man-
diant sprach von der „umfangreichsten
Cyberspionage-Kampagne, die seit der
massenhaften Ausnutzung von Microsoft
Exchange Anfang 2021 von einem Be-
drohungsakteur mit chinesischem Hin-
tergrund durchgeführt wurde.“
Den neuen Spionage-Hack durch
„Storm-0558“ wertet Mandiants Chef-
analyst John Hultquist als weiteres Zei-
chen, dass sich „chinesische Cyberspio-
nage von den bekannten Blitzdiebstählen
hin zu einem deutlich raffinierteren An-
satz weiterentwickelt“ habe. Früher seien
die Angreifer forsch vorgegangen. Sie
hätten auf breit angelegte, aufsehenerre-
genden Kampagnen gesetzt, die leicht
aufzudecken gewesen seien. „Mittlerwei-
le gehen die Akteure diskreter vor.“ Chi-
nesische Cyberspione seien führend beim
Einsatz sogenannter „Zero Days“, also
Software-Schwachstellen, die dem An-
bieter unbekannt sind und vor der er sei-
ne Nutzer deshalb nicht schützt. Mit ge-
im ersten Quartal hatte das Minus aber
noch bei 36 Prozent gelegen. In der
größten Sparte mit Chips für Personal-
computer profitiert der Konzern von
einer allgemeinen Markterholung. Die-
ses Geschäft hatte sich nach rasantem
Wachstum inmitten der Pandemie dra-
matisch abgeschwächt, nun aber scheint
es sich wieder zu stabilisieren. Bei Halb-
leitern für Netzwerkrechner (Server),
der zweiten großen Intel-Sparte, hat
sich die Lage ebenfalls aufgehellt, wo-
bei Vorstandschef Pat Gelsinger sagte,
die Erholung dauere etwas länger als er-
wartet. Intels Nettogewinn betrug 1,5
Milliarden Dollar, vor Zinsen und Steu-
ern gab es allerdings einen Betriebsver-
lust von einer Milliarde Dollar.
Intel setzt in beiden großen Sparten
auf KI-Anwendungen, Gelsinger be-
schrieb es als seine Strategie, KI zu
„demokratisieren“. Er gab allerdings
auch zu, dass von der Euphorie rund
um KI derzeit eher andere Anbieter
profitieren. Gelsinger sagte, das eige-
ne Geschäft habe darunter gelitten,
dass viele Kunden ihr Budget für
Halbleiter stärker auf KI ausgerichtet
hätten. Der Intel-Chef verbreitete
aber auch Zuversicht, auf diesem Ge-
biet aufholen zu können. Womöglich
in Anspielung auf Nvidia sagte er,
Kunden suchten derzeit nach Alter-
nativen.
Unternehmen
Wie die Hacker vorgehen
Office Share Point
Angreifer können sich ihre eigenen Zugangs-Token erstellen
Die Hacker erstellen sich Zugangs-Werkzeuge
zum gezielten Angriff auf Nutzer
Die Hacker erstellen mit den gestohlenen Schlüsseln ein Token,
um Zugang zu einzelnen Nutzerkonten bestimmter Datendienste zu erhalten
Quelle: WIZ Research; AYgun COKing; NTPY/Adobe.Stock/F.A.Z.-Grafik Niebel
zielten Angriffen auf Sicherheitsgeräte
hätten sich chinesische Akteure eine
eigene Nische geschaffen. „Wir haben es
mit raffinierteren Kontrahenten zu tun
als je zuvor.“
Auch Jen Easterly, Direktorin der Cy-
bersecurity and Infrastructure Security
Agency (CISA), berichtete im Juni auf
dem Aspen Institute Cyber Summit von
einem Strategiewechsel der Chinesen.
Neben dem Wissenstransfer durch In-
dustriespionage verlagere sich der Fokus
inzwischen immer mehr auch zu Sabota-
geakten. „Im Falle eines Konflikts wird
China mit ziemlicher Sicherheit aggressi-
ve Cyberoperationen einsetzen, um unse-
re kritische Infrastruktur, unsere Pipe-
lines und Eisenbahnlinien anzugreifen,
den Militäreinsatz zu verzögern und ge-
sellschaftliche Panik auszulösen.“
Microsoft sei dabei für Hacker ein be-
sonders beliebtes Angriffsziel, sagt IT-Si-
cherheitsexperte Kipker. Das liege an der
großen Verbreitung der Produktpalette.
Microsofts Office-Produkte kommen in
fast allen größeren Organisationen zum
Einsatz, auch die Bundesregierung nutzt
sie. „Das macht sie für Hacker so attrak-
tiv“, sagt Kipker. Microsofts E-Mail-Soft-
ware Exchange war schon mehrfach das
Ziel von Cyberattacken. Schwachstellen
dort seien für Hacker „eine Goldgrube“.
Er fordert deshalb auch ein Umdenken in
der Softwarebeschaffung der Verwal-
tung: „Das ist nicht nur ein Cybersicher-
heitsproblem, sondern auch ein Wettbe-
werbsproblem.“ Kipker vergleicht das mit
„Das ist es jetzt erst mal für eine Weile“
BASF will keine weitere Produktion in Deutschland schließen
tag. MAINZ. Der Chemiekonzern BASF
geht von einer Erholung der Geschäfte
im zweiten Halbjahr aus. Weitere Anla-
gen will der Konzern in Deutschland
nicht mehr schließen. „Das ist es jetzt erst
mal für eine Weile. Da kommt nichts
nach“, sagte der Vorstandsvorsitzende
Martin Brudermüller.
Zugleich wies er bei der Halbzeitbi-
lanz den Vorwurf zurück, Produktion in
Deutschland zu schließen, um sie woan-
ders aufzumachen. „Es gibt keine Verla-
gerungen.“ Der Konzern produziere je-
weils für den lokalen Markt. So sei die
geplante Großanlage für Ammoniak in
Amerika keine Reaktion auf die Schlie-
ßung in Ludwigshafen. Auch am Stamm-
sitz investiere BASF 2 Milliarden Euro
im Jahr, allerdings „weniger in Wachs-
tum, mehr in Dekarbonisierung und
Transformation“.
Europa ist nach Brudermüllers Worten
„nur beschränkt wettbewerbsfähig“. Das
Kaufinteresse des arabischen Ölkonzerns
Adnoc am Leverkusener Kunststoff-Her-
steller Covestro wertet er auf Nachfrage
als „Alarmzeichen“. Die rückläufigen Be-
wertungen an der Börse zeigten, wie
schwierig die Situation der Chemie-
industrie in Europa sei.
An dem im Bau befindlichen neuen
Großstandort im chinesischen Zhanjiang
macht BASF ungeachtet der politischen
Spannungen keine Abstriche. Das bis zu
Teams
der Widerstandsfähigkeit von Wäldern.
Da sei ein Mischwald auch weniger anfäl-
lig für Schädlinge als eine Monokultur.
Erst am Donnerstag kündigte die EU
eine Untersuchung gegen Microsoft we-
gen eines möglichen Missbrauchs seiner
Marktmacht im Zusammenhang mit
Teams an.
Die Gefahren der Monokultur
Auch Paul Rosenzweig, der lange für das
amerikanische Heimatschutzministerium
arbeitete und mit seinem Unternehmen
Red Branch inzwischen in Washington Be-
hörden und Unternehmen zu Cybersicher-
heit berät, warnt vor den Gefahren einer
Monokultur. Laut einer Umfrage von Mic-
rosofts Wettbewerber Google aus dem
Jahr 2022 nutzen rund drei Viertel der Re-
gierungsangestellten in Amerika haupt-
sächlich Microsoft-Produkte. „Wenn da et-
was passiert, ist das eine enorme Ballung
von Risiken“, sagt Rosenzweig. Eine Di-
versifizierung der Betriebssysteme sei
zentral für die Cybersicherheit.
Zumal Microsoft einer der wenigen
amerikanischen Technologiekonzerne ist,
die in China aktiv sein dürfen. Während
Konkurrenten wie Meta oder Google im
Land verboten sind, hat Microsoft mit vie-
len seiner Produkte weitestgehend freien
Zugang zum Reich der Mitte. Und das
nicht erst seit heute: 1998 eröffnete Bill
Gates in Peking ein Microsoft Research
Lab. Das entwickelte sich zu einer Art Ka-
derschmiede für erfolgreiche Gründer
10 Milliarden Dollar teure Werk sei auf
Kurs, einzelne Anlagen schon in Betrieb.
BASF habe gerade eine Vereinbarung
über den Bau eines Meereswindparkes
mit dem größten privaten Windkraftan-
lagenhersteller Mingyang unterzeichnet.
Für Brudermüller ein „Meilenstein“ auf
dem Weg, den Standort als ersten im Ver-
bund vollständig mit Ökostrom zu betrei-
ben. Finanzielle Details nannte der
BASF-Chef nicht. Er sagte aber, der neue
Standort werde vor allem aus China he-
raus finanziert: mit Krediten chinesischer
und internationaler Banken, zudem
„Barmittel, die von unseren chinesischen
Gruppengesellschaften erwirtschaftet
werden“. So minimiere BASF „die Zufüh-
rung von Liquidität nach China“.
Brudermüller geht davon aus, dass die
globale Nachfrage nach Chemikalien
ihren Tiefpunkt durchschritten hat. „Wir
erwarten keine weitere Abschwächung
mehr.“ Der Lagerabbau seit weitgehend
abgeschlossen, die Chemiekonjunktur
werde sich, wenn auch langsam, erholen.
Die Autoindustrie, wichtigster Kunde der
Chemieindustrie, wird nach Einschät-
zung des BASF-Chefs im zweiten Halb-
jahr zwar an Dynamik verlieren, zudem
wehe den europäischen Herstellern aus
China „Wind von vorne“ entgegen. BASF
produziere aber „Gott sei Dank“ in allen
Weltregionen. Die Kunden seien zwar
noch skeptisch, aber er habe keine Zwei-
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Betroffene Apps der Nutzer
Kunden-App
chinesischer Start-ups, aus denen Konzer-
ne wie Xiaomi, Baidu oder Megvii hervor-
gegangen sind.
Derzeit sollen neun von zehn Compu-
tern in China mit Microsoft-Betriebssys-
temen laufen. Die meisten davon sind al-
lerdings Raubkopien. Oft heißt es, dass es
zwar nicht schwer sei, Software von Mi-
crosoft in China zu finden, aber nahezu
unmöglich, Software von Microsoft zu
finden, für die bezahlt wurde. Jenseits der
Raubkopien aber ist der Konzern mit vie-
len seiner Produkte in China ganz offi-
ziell vertreten: mit der Suchmaschine
Bing, mit dem Karrierenetzwerk Linked-
in, mit der Entwicklerplattform Github.
Chinesen kennen sich also bestens mit
den Details der amerikanischen Program-
me aus. Das lässt sich bei Hackerangriffen
gut nutzen. Chinesische Behörden haben
immer wieder verneint, dass die schlag-
kräftigen Hacker im Reich der Mitte staat-
lich unterstützt werden. Sie verweisen da-
rauf, dass China im Cyberraum selbst Ziel
vieler Angriffe und die amerikanische Na-
tional Security Agency „die größte Ha-
cker-Organisation der Welt“ sei. Auch im
aktuellen Fall wies ein Sprecher des chine-
sischen Außenministeriums die Vorwürfe
zurück und sprach von „Desinformation“,
die von US-amerikanischen Hackerangrif-
fen auf China ablenken solle. Westliche
Geheimdienste allerdings haben wieder-
holt Hacker-Gangs wie Volt Typhoon,
Backdoor Diplomacy, APT 41 oder APT 27
in China ausfindig gemacht, die von Pe-
king unterstützt worden sein könnten.
fel, dass sich die Autoindustrie langfristig
in Richtung Elektrifizierung bewege. Für
BASF sei diese Entwicklung gut, es gebe
mehr Chemie denn je im Auto.
Beim Aufbau einer rein europäischen
Wertschöpfungskette für Batteriechemi-
kalien hat der Konzern allerdings einen
Dämpfer erlitten. Eine eigens in Finn-
land für 350 Millionen Euro errichtete
Fabrik, in der Nickel aus Russland zu
einem Vorprodukt verarbeitet werden
soll, hat nach Klagen von Umweltverbän-
den immer noch keine Betriebserlaubnis.
Der vor Kurzem öffentlichkeitswirksam
von Wirtschaftsminister Robert Habeck
eröffnete erste Batteriechemikalien-
standort im brandenburgischen Schwarz-
heide muss deshalb bis auf Weiteres aus
anderen Weltregionen versorgt werden.
Brudermüller deutete an, dass es mit
zusätzlichen Investitionen in Finnland
eine Betriebserlaubnis geben könnte, da-
mit würde sich aber offenbar die Produk-
tion verteuern. Die Frage sei, „was ist es
dem Markt wert, eine rein europäische
Wertschöpfungskette zu haben“.
Das Werk im finnischen Harjavalta soll
mit grüner Energie betrieben werden,
stößt bei Umweltgruppen aber wegen der
sulfathaltigen Abwässer auf Kritik. Zu-
dem steht der Erzlieferant Nornickel in
der Kritik. Der russische Bergbaukon-
zern gehört dem Putin-nahen Oligarchen
Wladimir Potanin.
Franzosen überall
Von Christian Schubert
G
ucci, Bulgari, Fendi, Loro
Piano, Emilio Pucci, Acqua
di Parma, Bottega Veneta,
Brioni, Pomellato . . . Die Liste italie-
nischer Modehäuser in französischer
Hand ist lang. Hinzu kommen etliche
andere Unternehmen im Besitz
nichtitalienischer Eigentümer, wie
gerade auch der Schuhhersteller Gi-
anvito Rossi, der an den Schweizer
Richemont-Konzern geht. Die Italie-
ner sind oft schön und elegant, doch
zu klein und finanzschwach für die
globale Expansion. Ihnen fehlten
auch Unternehmer-Persönlichkeiten
wie der LVMH-Eigentümer Bernard
Arnault, der mit Ausdauer, Geschick
und teilweise Ruchlosigkeit die Welt
erobert hat. Der Einfluss italieni-
scher Unternehmerfamilien war
auch nicht immer ein Segen, weil er
einen unbelasteten Blick von außen
verhindert. Nicht zuletzt ist die Börse
von Mailand nicht die reichste Platt-
form für die globale Expansion.
So greifen die Franzosen jetzt er-
neut zu: Kering übernimmt 30 Pro-
zent am Modehaus Valentino mit
einer Kaufoption für die restlichen
Anteile. Der in kreativer Hinsicht gro-
ße Name aus Italien hat wirtschaftlich
viele Höhen und Tiefen durchlaufen.
Die vorerst letzten Eigentümer, die
Fondsgesellschaft Mayhoola aus Qa-
tar, haben indes zehn Jahre lang mit
dem Unternehmen gearbeitet und die
Braut somit aufgehübscht. Der Lu-
xuskonzern der französischen Pi-
nault-Familie braucht auch ein fri-
scheres und dynamischeres Image.
An der Börse ist er weit abgeschlagen
vom ultimativen Marktführer LVMH
und vom kleineren Edelanbieter Her-
mès. Auch der italienische Wettbe-
werber Brunello Cucinelli hat ein
deutlich höheres Kurs-Gewinn-Ver-
hältnis. Die Kering-Tochtergesell-
schaft Gucci, die im Konzern wichti-
ger ist als alle anderen Marken, läuft
den Wettbewerbern seit drei Jahren
hinterher, auch die jüngsten Quar-
talsergebnisse enttäuschten. Ein Ma-
nagementwechsel einschließlich der
Kreativdirektion soll nun Besserung
bringen. Ob die angekündigte opera-
tive Umsatzrendite von 35 auf 41 Pro-
zent steigt, ist aber noch offen.
Daraus lernt man: Italienische
Eleganz ist wirtschaftlich nicht im-
mer ein Selbstläufer, auch nicht für
ausländische Eigentümer. Die Inves-
toren blicken mit Interesse auf
Valentino, noch mehr aber auf die
Frage, ob Gucci als das größere
Unternehmen wieder auf Kurs ge-
bracht werden kann.
Eon will Preise
senken
dpa. ESSEN/MÜNCHEN. Deutsch-
lands größter Energieversorger Eon
hat weitere Preissenkungen für
Strom und Gas angekündigt. „Wer
zur Jahresmitte über eine Preisanhe-
bung informiert wurde, kann nach
den aktuellen Planungen in den ers-
ten Monaten des Jahres 2024 grund-
sätzlich mit niedrigeren Arbeitsprei-
sen rechnen“, erklärte ein Firmen-
sprecher am Freitag. Über den
Umfang der Senkungen machte das
Unternehmen zunächst keine Anga-
ben. Der Sprecher bestätigte die An-
kündigungen vom 31. Mai, wonach
Eon zum 1. September bei „Millio-
nen Strom- und Gaskunden“ die
Preise senkt. Die betroffenen Kun-
dinnen und Kunden seien bereits in-
formiert worden. Mit den Preissen-
kungen gibt Eon nach eigenen
Angaben die in den letzten Monaten
gefallenen Großhandelspreise für
Strom und Gas an die Kundinnen
und Kunden weiter.
Den damaligen Angaben zufolge
sollen dabei die Strompreise in der
Grundversorgung im Schnitt um 18
Prozent, die Gaspreise in der Grund-
versorgung um durchschnittlich 28
Prozent sinken. Auch Eon-Kunden
mit Sonderverträgen könnten sich ins-
gesamt auf sinkende Preise einstellen,
hieß es damals. Eon hat in Deutsch-
land 12 Millionen Stromkunden und
gut 2 Millionen Erdgaskunden. Im
ersten Halbjahr verzeichnete Eon
einen Gewinnsprung. Der bereinigte
Konzernüberschuss kletterte gegen-
über dem Vorjahreszeitraum von 1,4
Milliarden auf 2,3 Milliarden Euro.
Als Gründe nannte das Unternehmen
die gesunkenen Beschaffungskosten
im Vertrieb sowie „temporäre Effek-
te“ im Netzgeschäft. Diese würden
später an die Kunden zurückgegeben.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
W
ahrscheinlich war Chris-
topher Brandt seiner
Zeit voraus. Im Jahr
2011 gründete der Ham-
burger Rechtsanwalt die
Climate Concept Foundation. Die Stif-
tung hat sich zum Ziel gesetzt, CO2-Emis-
sionszertifikate auf dem Markt aufzu-
kaufen und anschließend aus dem
Verkehr zu ziehen – indem sie im Stif-
tungsvermögen verbleiben und nicht zum
Ausstoß des Treibhausgases genutzt wer-
den. Mit der Idee ging er zu Tankstellen-
betreibern, die ihre Kunden mit der Idee
hätten locken können, ihren Kraftstoff
klimaneutral zu beziehen.
Doch dieser Teil der Geschichte ist im
Konjunktiv geschrieben. Niemand biss bei
dem Vorschlag an. Die Stiftung aber gab es
weiterhin. „Ich wollte Zertifikate halten
und nie wieder freigeben“, sagt Brandt,
der sich seit seiner Jugend mit Umweltthe-
men beschäftigt. „So ist die Satzung gestal-
tet.“ Und wie es so ist mit Stiftungen, sie
kann auch nicht so leicht ohne Einschalten
staatlicher Behörden geändert werden.
Das ist jetzt ein Vorteil in der zweiten Wel-
le, in der ein solcher Aufkauf von Emis-
sionszertifikaten plötzlich für Teilnehmer
des Finanzmarkts attraktiv geworden ist.
Das wiederum hat mit Hanjo Allinger,
einem Umweltökonomie-Professor, und
Christian Jasperneite, einem Banker, zu
tun. Die beiden haben im Jahr 2020 CAP2
gegründet, ein Unternehmen, das genau
diese Idee verfolgte und nach einem An-
satz suchte, die entzogenen Emissions-
zertifikate rechtssicher aus dem Markt zu
ziehen. „Wir kaufen im Auftrag von Ka-
pitalanlegern und Unternehmen knappe
Rechte auf und sorgen dafür, dass sie nie
wieder in Umlauf gelangen“, sagt Al-
linger, der hauptberuflich Professor für
Volkswirtschaftslehre an der TH Deg-
gendorf ist.
Bislang 40.000 Zertifikate übertragen
Dass die gemeinsame Idee des Trios eine
Bedeutung bekam, hat mit einer Reihe
von Defiziten in der Umweltpolitik, der
Finanzmarktregulierung und der Ausge-
staltung von freiwilligen Kompensations-
geschäften zu tun. Beginnen wir mit die-
sen: Unternehmen können als Ausgleich
für eigene Emissionen in Projekte inves-
tieren, die dafür neue ökologische Sen-
ken (Baum- oder Algenplantagen) oder
CO2-Sparprogramme finanzieren. Ihre
Wirkung ist allerdings intransparent und
oft zweifelhaft. Mit der EU-Taxonomie
zur nachhaltigen Geldanlage werden Fi-
nanzmarktakteure dazu angehalten, ih-
ren Fußabdruck zu verbessern. Entzieht
aber ein Investor Geld von einem Her-
steller fossiler Brennstoffe und investiert
es in einen Windkraftproduzenten, ist der
Klimaeffekt gering, nur das eigene Port-
folio ist bereinigt.
Der Hebel für das Engagement von
CAP2 liegt in der Mechanik des EU-Emis-
sionshandels, der zwar ein wirkungsvolles
Instrument ist, um Treibhausgase planvoll
zu reduzieren. Doch er ist nicht frei von
Defiziten. Deshalb hat er zu Beginn nicht
seine volle Kraft entfaltet. Zunächst wur-
den zu viele Zertifikate und diese zum
Teil kostenlos verteilt. Langsam ver-
knappten sich die Rechte, entstand ein
CO2-Preis und begannen Energieerzeuger
und Industriebetriebe, in klimaschonende
Technik zu investieren. Ein Grund war,
dass seit 2019 Emissionsrechte vom
Mehr Falschgeld
im Umlauf
maf. FRANKFURT. In Deutschland
werden mehr falsche Euro-Bankno-
ten aus dem Verkehr gezogen. Wie
die Deutsche Bundesbank am Freitag
mitteilte, ist die Anzahl der Fälschun-
gen in den ersten sechs Monaten
gegenüber dem zweiten Halbjahr
2022 um 10 Prozent auf knapp 26.700
Scheine gestiegen. Diese hatten einen
Nennwert von 2,9 Millionen Euro.
Auffallend war die hohe Anzahl ge-
fälschter 200- und 500-Euro-Bankno-
ten. Die gefälschten 200-Euro-Schei-
ne erhöhten sich um 87 Prozent auf
4111, während die gefälschten 500-
Euro-Scheine um 293 Prozent auf
2178 hochschnellten. „Mit den ge-
fälschten 200- und 500-Euro-Bankno-
ten wurden vor allem betrügerische
Geschäfte mit Luxuswaren wie
Schmuck, Goldbarren, Uhren und
Autos abgewickelt“, berichtete Burk-
hard Balz, im Vorstand der Bundes-
bank unter anderem zuständig für
Bargeld. Trotz des Anstiegs hält er
das Falschgeldaufkommen weiterhin
für niedrig: „Rein rechnerisch entfie-
len sechs falsche Banknoten auf
10.000 Einwohner.“ Abermals hoch
sei der Anteil einfacher Fälschungen,
auf deren Vorderseite „MovieMoney“
beziehungsweise auf der Rückseite
„Prop copy“ aufgedruckt sei. Nach
40.800 falschen Münzen im zweiten
Halbjahr 2022 waren es in der ersten
Jahreshälfte 2023 rund 49.000 Stück.
FÜR EIN SCHÖNES LÄCHELN
Zahnzusatzversicherungen
sind gefragt. Aber es gibt
viele Fallstricke.
Finanzen, Seite 26
Wie ein Unternehmen in den europäischen Emissionshandel eingreift
So funktioniert der Handel
Beispiel
Anlage A verkauft
überschüssige
100 t CO2-
Emissions-
rechte
Euro-
päischer
Emissions-
handel
400 t Tatsächliche Emissionen
1000 TONNEN
Anlage A 500 t Anlage B
Politisch festgelegte
Emissionsbegrenzung (CAP) je Anlage
Preisentwicklung für Emissionsrechte
in Euro je Tonne Treihausgase (in C02-Äquivalenten)
100
80
>6,8 MRD. EURO
Deutsche Auktionserlöse
60 aus dem europäischen
Emissionshandel 2022
40
20
k.A.
0 2005 bis
März 2005 Jan. 2017
Investoren kaufen
Emissionsrechte
Kapitalanleger misstrauen oft der Kompensation von CO2-Emissionen.
Eine Stiftung glaubt, ein besseres Modell gefunden zu haben.
Markt genommen werden. Eine Marktsta-
bilitätsreserve wurde aufgebaut, die ge-
löscht werden soll. Deutschland tut sich
schwer. „Rechte, die durch die Stilllegung
von Kohlekraftwerken frei werden, wer-
den nicht vom Markt genommen, obwohl
die Bundesregierung dazu verpflichtet
wäre“, sagt Allinger.
Hier kommen nun der Dienstleister und
die Stiftung ins Spiel. Sie bereinigen durch
ihre Aufkäufe den Markt, kaufen auf dem
Sekundärmarkt Emissionsrechte und nut-
zen die Stiftung als eine Art Tresor für die
ewige Lagerung. Von CAP2 aufgekaufte
Zertifikate stehen also nicht mehr zur Ver-
fügung, um damit den eigenen Ausstoß zu
unterlegen. Seit vergangenem Jahr began-
nen die Ankäufe, seither sind 40.000 Zerti-
fikate an die Stiftung übertragen worden.
as für eine Woche. Der Dax
W stieg am Freitag in einem al-
les andere als dynamischen
Handel auf das Allzeithoch von 16.490
Punkte. Auch sonst ist es eine Woche
der Rekorde, Beinaherekorde und unbe-
merkten Rekorde gewesen. Schon am
Montag ging es damit los. Der 100 Wer-
te umfassende, marktbreite F.A.Z.-In-
dex bewegte sich gerade einmal um
rund 0,0012 Prozent (ins Plus). Nur an
fünf Tagen in den vergangenen rund 62
Jahren hatte sich der Index noch weni-
ger bewegt. Das will schon was heißen.
Im Vergleich dazu war der Dax am sel-
ben Tag mit einem Aufschlag von 0,08
Prozent regelrecht hyperaktiv. Durch
den Dienstag langweilten sich die Indi-
zes ähnlich, zeigten aber schon etwas
mehr Nervosität, was dann am Mitt-
woch in Kursverlusten zum Ausdruck
kam. Aber nein, natürlich haben nur
Privatanleger zittrige Hände. Ein echter
Profi steht unberührt wie ein Fels in der
Brandung der Kursbewegungen.
Ja, und dann kam der Donnerstag.
Halleluja. Die europäischen Märkte gin-
gen ab. Während man in New York die
Sache irgendwie mit mehr Normalität
behandelte. Warum? Nun ja, die Ameri-
kaner waren sich halt etwas sicherer,
dass das mit den bösen Zinserhöhungen
auf ihrer Seite des Atlantiks zumindest
fürs Erste ein Ende haben würde. Ob die
EZB den Anlegern denselben Gefallen
BETRIEBSRENTE NEUEN STILS
Risiko, aber auch Chance:
Wie das Sozialpartnermodell
funktioniert.
Finanzen, Seite 27
Finanzen NR. 1 7 4 · SE I TE 2 5
SAM S TAG, 2 9 . J U L I 2 0 2 3
von Unternehmen zu wenig berücksichti-
ge, investieren Leber und seine Leute be-
So entzieht CAP2 dem Markt Emissionsrechte wusst in schlechter bewertete Papiere,
hinter denen aber nach ihrer Wahrneh-
mung Transformations-freudige Mana-
Anlage B Anlage A verkauft Dauerhafte ger stehen. Als Ausgleich investieren sie
kauft überschüssige Cap2 kauft Stilllegung in Emissionsrechte. „Wir lassen die CO2-
100 t CO2- 100 t CO2- 100 t CO2- Rechte kaufen und schenken sie dann
Emissions- Emissions- Emissions- einer Stiftung, die sie in einem Tresor
rechte rechte rechte stilllegt“, sagt er. „Damit opfern wir ein Klimaneutral
Euro-
Klimaschutz- wenig Rendite.“
päischer
stiftung Doch so ganz arm wird er auch nicht, Von Philipp Krohn
Emissions- denn nach einer Empfehlung der Luxem-
handel Cap2 kauft Zertifikate auf und
entzieht sie für immer dem Markt. burger Aufsichtsbehörde sollten die Auf-
ie Klimapolitik stößt in
600 t 400 t Tatsächliche Emissionen
900 TONNEN
500 t
käufer mehr Zertifikate kaufen, als sie
stiften. Die im Unternehmen verbleiben-
den Rechte profitieren von der Verknap-
pung und ihrer mutmaßlichen Wertstei-
D Deutschland an Grenzen.
Der dirigistische Ansatz des
Bundeswirtschaftsministeriums, die
1) Emissionsnachlässe gerung. „Aber wir erreichen mehr als mit Wärmewende anzustoßen, hat viel
für Klimaschutz-
projekte in anderen den unsinnigen Vorgaben der EU, denn Widerspruch ausgelöst. Verstanden
Ländern. wir kommen bei den Emissionen Plus- hat die Regierung aber, dass sie nicht
Anlage A 500 t Anlage B Quellen: Cap2; Minus-Null heraus“, sagt Leber. Die Kos- mehr viel tun kann. In diesem Vaku-
Politisch festgelegte Bloomberg; tenbelastung für die elf Fonds, in denen um kommt dem Green Deal der
Umweltbundesamt /
Emissionsbegrenzung (CAP) je Anlage F.A.Z.-Grafik Brocker Acatis das Instrument nutzt, sei mit 0,2 Europäischen Kommission eine
Prozent verkraftbar. wichtige Bedeutung zu. Unter ande-
rem incentiviert er Finanzmärkte,
Umfang der Emissionsrechte (CAP) und tatsächliche Emissionen Schwarzes Loch für Zertifikate Klimarisiken zu ihrem eigenen Inte-
in Millionen Tonnen C02-Äquivalente im Jahr
Andere Mechanismen könnten nicht ga- resse zu machen. Mit dem Geld der
Phase 1 Phase 2 Phase 3 Phase 4 Investoren wird die Realwirtschaft
2500 CAP inkl. Projekt- ohne Großbritannien rantieren, dass die Marktstabilitätsreser-
ve auf einen Kauf hin weniger Rechte lö- von morgen gebaut. Doch seit Groß-
gutschriften1)
2000 Emissionsrechte (Cap) sche, sagt der Umweltökonom Grischa britannien aus der EU ausgetreten
Perino von der Universität Hamburg. Er ist, fehlt es in Brüssel an einem
1500 berät die Climate Concept Foundation im marktwirtschaftlichen Korrektiv. Die
Taxonomie ist ein Regelwerk, in dem
Kuratorium. Dass die Rechte auf einem
1000 speziell geschützten Emissionshandels- deutsche Gründlichkeit und franzö-
konto der Stiftung bei der EU-Kommis- sischer Regelungswille zusammen-
500 Tatsächliche Emissionen sion gelagert werden und nicht weiter kommen. Investoren müssen nach
der am Emissionshandel
teilnehmenden Anlagen
verkauft werden können, sorge für Si- Wegen suchen, wie sie effektiv zum
0 cherheit. „Auf diese Weise werden die Klimaschutz beitragen können.
2008 bis 2013 bis 2021 bis Zertifikate wirksam dem Markt entzo-
Juli 2023 2007 2012 2020 2030 Kompensationsprojekte sind intrans-
gen, ohne dass die Marktstabilitätsreser- parent und in ihrer Wirkung umstrit-
ve darauf reagiert“, sagt er.
ten. Die Neutralisierung von CO2-
Das Umweltbundesamt, das die Zerti-
fikate in Deutschland in Umlauf bringt, Handelsrechten ist ein kaum
hat das Modell abgesegnet. Aus Perinos
Sicht ist es ein Ansatz, sich den Zielen
des Pariser Klimaabkommens zu nä-
hern. Denn die beschlossenen Reduk-
tionsschritte reichten nicht aus, um sie
bekanntes, aber vielversprechendes
Verfahren, mit dem Anleger nicht
über den Nutzen im Unklaren gelas-
sen werden. Und es ist rechtssicher.
zu erreichen. Die Finanzmärkte als Ak-
teur zu gewinnen, sei erfolgverspre-
chend. „Eine Selbstverpflichtung von
Investoren zum Ausgleich der Treib-
hausgasemissionen ihres Portfolios
setzt klare Anreize zur Reduktion be-
stehender Emissionen und zur Investi- Schon gehört, dass ...?
tion in klimafreundliche Unterneh-
men“, sagt Perino. Marc Renell, bis September vergan-
Er sei im Zusammenspiel der Akteure genen Jahres 20 Jahre Chef der
das schwarze Loch für Zertifikate, inzwischen offenbar geschlossenen
Von Philipp Krohn, Frankfurt scherzt Initiator Christopher Brandt. So- Renell Bank, jetzt in der Sparkassen-
bald diese auf dem Konto der Stiftung ge- Fondsgesellschaft Deka angeheuert
landet sind, sei betrugssicher garantiert, hat? Dort berichtet Renell an
Im Jahr 2021 lag die Gesamtmenge im Für Hendrik Leber hat sich das Modell dass sie nicht mehr woandershin über- Marion Spielmann, die als COO das
EU-Emissionshandel bei 1,6 Milliarden als praktikabel erwiesen. Mit seiner wiesen werden können. Dafür brauchte Geschäft mit digitalen Wertpapieren
Zertifikaten. „Was wir machen, hilft dem Fondsgesellschaft Acatis kann er durch es neben dem Initiator eine zweite Per- ausbaut.
Klimaschutz“, sagt Initiator Brandt. „Die den Aufkauf von Zertifikaten andere fossi- son. In der Stiftung gebe es aber keine
Stiftung ist rein ideell unterwegs und ge- le Aktivitäten neutralisieren. „Wir werden weitere befugte Person. Und an CAP2 vor- N 26 Carina Kozole als Geschäfts-
meinnützig, ich verdiene kein Geld.“ unserem Anspruch gerecht, klimaneutral bei, die Einsicht in das Konto hat, lasse führerin für Risikokontrolle (CRO)
Interessant ist das Modell für Fondsge- zu werden“, sagt der Geschäftsführer der sich auch keine installieren. verpflichtet hat? Die 40 Jahre alte
sellschaften, die einen verbindlicheren Frankfurter Kapitalverwaltungsgesell- Er hätte nichts dagegen, wenn auch Kozole kommt von Unicredit und soll
Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung schaft. Eine Kundenbefragung brachte andere ein solches Modell aufbauten, bei N 26 die Geldwäschebekämpfung
leisten wollen als die zuvor beschriebenen Acatis dazu, ihre Anlage nach den Krite- sagt Brandt. Dem Markt Zertifikate zu verbessern. Da die Finanzaufsicht
Kompensationsgeschäfte. Der Green rien Umwelt, Soziales und Unternehmens- entziehen, führe zu schnelleren Anstren- Bafin hier Mängel in der Digitalbank
Deal der EU, dessen Teil die Taxonomie führung (ESG) umzugestalten. 70 bis gungen gegen den Klimawandel. Wichtig festgestellt hat, darf N 26 seit Novem-
ist, treibt Investoren über verschiedene 80 Prozent des Fondsvermögens sei nach sei, dass das Angebot skalierbar sei und ber 2021 nicht mehr als 50.000 Kun-
Hebel dazu an, sich im Klimaschutz mit diesen Gesichtspunkten umgeschichtet mit leicht auszufüllenden Formularen den im Monat neu aufnehmen.
wachsendem Einsatz zu engagieren. worden. „Wir sind durch Kundenwünsche arbeite. Inzwischen glaubt er, dass sein
„Fonds wollen CO2-Budgets neutralisie- grün geworden“, sagt Leber. Modell auch für Tankstellenbetreiber ge- Chloé Mayenobe, die erst im vergan-
ren. Dafür ist die Stiftung ein Konstrukt, Bei jeder Neuanlage achten die Kapi- eignet wäre. Aber nun gibt es längst eine genen Jahr zur Solarisbank gestoße-
die Sicherheit ist wesentlich“, sagt Stif- talanleger auf den ökologischen Fußab- andere Kundschaft mit genug Kapital, für ne Operations-Chefin (COO), den
tungsvorstand Brandt. druck. Da die Taxonomie das Bemühen die es nützlich in ihrem Bemühen ist. „Banking as a Service“-Spezialisten
schon wieder verlässt?
Hauck Aufhäuser Lampe die 33 Jah-
| BÖRSENWOCHE | re alte Sophia Schelo zum 1. Okto-
ber 2023 von Quintet (Merck Finck)
geholt hat, damit sie für Hauck die
Dax auf Rekordhoch Vermögensverwaltung (Wealth
Management) für die nächste Gene-
ration entwickelt?
tun würde, da war man sich in Europa Mal in Folge zurückging, die Sommerre- niger schlimm, als die Klagen vermuten
eben nicht ganz so sicher. Umso zurück-
haltender war deswegen die Aktienkurs-
entwicklung diesseits des Atlantiks,
zession vor der Tür. Eine Exportindustrie,
die für die kommenden drei Monate mit
Rückgängen rechnet, und schließlich eine
lassen. Angesichts solcher Konjunktur-
daten, heißt es bei Anlegern, sollten sich
die Analysten doch endlich beruhigen.
Muhamad Chahrour, erst 37 Jahre
alt, aber schon neun Jahre Finanz-
vorstand des Brokers Flatex Degiro
während man jenseits des Atlantiks Industrie, die verstärkt über Entlassungen Schließlich sei doch von einer Rezession und seit vergangenem Jahr auch stell-
schon mal ein bisschen vorauskaufte. nachdenkt – das Beschäftigungsbarome- weit und breit nichts zu sehen und schon vertretender Vorstandsvorsitzender,
Und deswegen beschloss man auch, den ter für die deutsche Wirtschaft fiel im Juli gar nicht von einer starken. Ein wenig auf eigenen Wunsch zum Jahresende
Donnerstag dann doch nicht zum Feier- auf den schlechtesten Wert seit fast zwei- möchte man schon argumentieren, dass ausscheidet und dann erst einmal ein
tag zu erklären. Der S&P 500 startete einhalb Jahren. dies auch der Fensterputzer an jedem Sabbatical einlegen will? ham.
fest und schloss knapp behauptet. Buy In den USA hat man dagegen mehr Stockwerk sagte, als er im 50. abgestürzt
the rumour, sell the fact. Anlass zu Optimismus. Gerade am Don- war. Aber das hieße vielleicht, den Pessi-
Natürlich ist es nur die halbe Wahrheit, nerstag. Denn da kamen Wachstums- mismus etwas zu weit zu treiben.
alles auf die Notenbanken zu schieben. daten heraus, die besser ausgefallen wa- Dennoch: Es ist eine Grundeigenschaft
Die Börse
Sie sind ein wichtiger Faktor, aber nicht ren als erwartet. Vor allem der Konsum der Aktienmärkte, immer von der besten Dax Bundesanleihe
der einzige. Schaute man diese Woche zeigte sich stärker als prognostiziert – aller Welten zu träumen. Und die heißt in Punkten Rendite 10 Jahre
nach Deutschland, was sah man? Einen was auch zu dem Schluss verleiten könn- aktuell: 2 – 2 – 2. Das ist nicht die Aufstel-
Ifo-Geschäftsklimaindex, der zum dritten te, das mit der Inflation sei vielleicht we- lung einer Volleyballmannschaft, son-
dern steht für 2 Prozent Wachstum, 2 Pro-
zent Arbeitslosigkeit und 2 Prozent
Gewinner Verlierer Inflation. Zwar glauben nur die wenigsten
Kurse1) am Veränd. Kurse1) am Veränd. daran, dass es genauso kommt. Aber es 2.5.23 28.7.23 1.5.23 28.7.23
Aktie 21.7. 28.7. in % Aktie 21.7. 28.7. in % reicht ja, wenn die Richtung stimmt. Und
HelloFresh 22,59 25,95 14,87 MTU Aero Engines 225,50 211,20 -6,34 man kauft Aktien, weil man damit Geld 27.7.23 28.7.23
Hochtief 79,95 90,00 12,57 SMA Solar Techn. 89,95 86,30 -4,06 verdienen will. Das geht aber nur, wenn F.A.Z.-Index 2502,17 2508,67
Aixtron NA 31,85 35,69 12,06 CompuGroup Med. 47,48 45,92 -3,29 die Welt dazu passt. Und so bestimmt der
Wunsch, die Realität möge so sein, wie Dax 16406,03 16469,75
Kion Group 35,38 38,49 8,79 Commerzbank 11,16 10,82 -3,09
man sie haben will, deren Wahrnehmung. M-Dax 28780,00 28706,20
Puma 56,78 61,50 8,31 Fresenius M. C. St. 48,86 47,39 -3,01 Tec-Dax 3317,10 3302,53
ProSiebenSat.1 8,32 9,00 8,20 Volkswagen Vz. 124,92 121,28 -2,91 Alles also Illusion? Mitnichten. Denn die
Pessimisten sind ja nicht anders. Das ist Euro Stoxx 50 4447,44 4466,50
Adidas NA 172,70 185,14 7,20 K+S NA 17,73 17,22 -2,88
Infineon NA 36,90 39,38 6,72 RWE St. 40,07 38,93 -2,85
das mit den halb vollen und halb leeren F.A.Z.-Euro-Index 152,00 152,12
Gläsern. Ohne Überzeugung geht es an Dow Jones 35282,72 35459,29
Deutsche Börse NA 167,25 176,30 5,41 Evotec 23,63 22,98 -2,75
der Börse nicht. Man sollte nur demütig Nasdaq Index 14050,11 14316,66
genug sein, sich zu erinnern, dass man Bund-Future 132,54 132,88
1) Nicht bereinigte Originalkurse ohne Kurszusätze; erfasst werden die im F.A.Z.-Index enthaltenen Titel. Aktien mit Kursen von weniger als 1 Euro sind sich irren kann. Und einen Gewinn auch
nicht berücksichtigt. Quelle F.A.Z. einstecken. MARTIN HOCK
Tagesgeld Frankfurt 3,48 % 3,45 %
Bundesanl.-Rendite 10 J. 2,43 % 2,49 %
F.A.Z.-Renten-Rend. 10 J. 2,82 % 2,83 %
US-Staatsanl.-Rend. 10 J. 4,00 % 3,96 %
UNTER FROLLEGEN ES LEBE DIE VARIATION! Gold, Spot ($/Unze) 1944,87 1958,82
Rohöl (London $/Barrel) 83,86 84,87
Freundschaften Die Fußballfrauen des DFB 1 Euro in Dollar 1,1125 1,1010
im Job inspirieren – bestechen bei der WM durch 1 Euro in Pfund 0,8589 0,8556
1 Euro in Franken 0,9542 0,9554
und bergen Risiken. Flexibilität. 1 Euro in Yen 155,95 153,35
Beruf und Chance, Seite 29 Sport, Seite 31 Alle Werte Stand: 22:07 Uhr
SE I TE 2 6 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4 Finanzen FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG

Kommunikationschaos
Für ein Lächeln um alte Kontoauszüge
ist noch etwas Die unterschiedliche Praxis zur Löschung von
Kontoauszügen durch Banken sorgt für Verwirrung
jcbe. FRANKFURT. Eine Szene, wie alten Auszügen sei gering, weshalb

Geld übrig sie oft in Deutschland vorkommt: Der

nächste Handwerkerbesuch steht an,
und das vorliegende Angebot soll mit
einem vorherigen Auftrag verglichen
werden. Nichts scheint doch leichter,
Speicherkapazitäten anderswo besser
angelegt seien.
Die übrigen der insgesamt zwölf an-
gefragten Finanzanbieter lassen den
Zugang zu Kontoauszügen während
als auf dem Konto nachzuschauen, wie der gesamten gesetzlichen Aufbewah-
Auch junge Leute zahlen gerne viel Geld damals an den Handwerker rungsfrist von zehn Jahren uneinge-
überwiesen wurde. Das Problem fin- schränkt zu, viele löschen die Auszüge
für eine Zahnzusatzversicherung. det sich schnell: Der im Onlineban- auch danach nicht aus dem Kunden-
king bereitgestellte Kontoauszug wur- postfach. Dies erfahren Kunden bei
Aber es gibt viele Fallstricke. de nicht abgespeichert – nun ist er aus mehreren Anbietern allerdings erst
seinem elektronischen Postfach ver- dann, wenn sie die Informationen von
Von Archibald Preuschat, Frankfurt schwunden. Ist das Dokument damit
für immer verloren?
den Internetseiten der Anbieter direkt
hinterfragen: Die Deutsche Bank
Nein, ist es nicht: Gesetzlich vorge- schreibt in einem Leitfaden zum On-
schrieben ist nach Handelsgesetzbuch linebanking von einer Löschung nach

B
eim Gedanken an einen Zahn- und den tatsächlichen Kosten zumindest Paragraph 257, dass eine Bank Konto- 36 Monaten. Dabei handle es sich je-
arztbesuch graut es vielen – zu teilweise füllt. „Die Inanspruchnahme auszüge zehn Jahre lang aufbewahren doch um eine veraltete Angabe, sagt
Recht: Er kann nicht nur von (ersten) Leistungen ist unter ande- muss. Das Finanzinstitut muss dem eine Sprecherin auf Anfrage. Tatsäch-
schmerzhaft sein, sondern auch rem abhängig von den Tarifleistungen Kunden den Nachweis aber nicht lich gebe es mittlerweile keine zeitli-
sehr teuer. Die gesetzliche Krankenversi- und -inhalten. Dabei wirken insbesonde- zwingend während der gesamten Frist che Befristung mehr. Ähnliche Aussa-
cherung trägt nur einen Teil der Kosten für re eventuelle Wartezeiten, Leistungsbe- gewährleisten, sondern kann den gen kommen von der Postbank: In den
Zahnersatz und übernimmt auch nur die grenzungen in den ersten Vertragsjahren freien Zugang zu den Dokumenten „Informationen zu Ihrem Kontoaus-
Basisversorgung. Mehrkosten für höher- oder dauerhafte Leistungsbegrenzun- zeitlich einschränken und für eine zug“ ist zu lesen, dass Kontoauszüge
wertigen Zahnersatz gehen zulasten der gen“, heißt es seitens der Ergo Versiche- Zweitbereitstellung eine Gebühr ver- nur für zwölf Monate angezeigt wer-
Patienten. Kein Wunder, dass der Markt für rung. Im Klartext: Durchaus marktüblich langen. Die Nachlässigkeit, den Kon- den. Seit Abschluss der Migration von
Zahnzusatzversicherungen, auf dem sich sind Wartezeiten, in denen noch kein Ver- toauszug nicht abzuspeichern, könnte Produktverträgen auf die IT-Plattform
insgesamt 45 Anbieter tummeln, boomt. sicherungsschutz besteht. Auch bei einem also teuer werden. Nachfragen der der Deutschen Bank sei diese Angabe
Hatten 2011 noch 13,2 Millionen Personen sofortigen Versicherungsschutz können F.A.Z. haben ergeben, dass es bei der jedoch nicht mehr korrekt. Neu blie-
eine Zahnzusatzversicherung abgeschlos- in den ersten Jahren Leistungsobergren- Bereitstellung von alten Kontoauszü- ben die Auszüge zeitlich unbeschränkt
Alles in Ordnung? Zahnzusatzversicherungen sind gefragt. Foto Hoa-qui/Laif
sen, waren es 2021 schon 17,8 Millionen, zen gelten, die zumeist so niedrig sind, gen im Onlinebanking bei deutschen im Postfach, heißt es vom Pressespre-
das geht aus Daten des Verbands der Priva- dass die Patienten auf einem guten Teil Kreditinstituten erhebliche Differen- cher. Beide Banken kündigen an, die
ten Krankenversicherung hervor. der Behandlungskosten sitzen bleiben. zen gibt. Nur von wenigen Anbietern irreführende Formulierung zeitnah
Der Markt ist für die Branche lukrativ, Lediglich nach einem Unfall zahlen die sicherungsnehmer zu Beginn erhöhte rechnung eines Versicherers. Die Ergo wird der Zugang zu alten Dokumenten von ihren Portalen zu entfernen.
denn auch junge Leute sind durchaus be- meisten Versicherungen bereits von An- Prämien, die dafür nicht mehr mit dem geht bei einer „hochwertigen Versor- innerhalb der Aufbewahrungsfrist Vertreter von drei angefragten Filia-
reit, in ein strahlendes Lächeln zu inves- fang an die vollen Leistungen. Auch der Alter steigen. Hier sehen wir eine hohe gung“ mit einem Implantat von Kosten zeitlich eingeschränkt. len der Sparkassen reagieren über-
tieren. 16 Euro im Monat sind Deutsche Zahnzustand, besonders die Anzahl der Bestandsdauer“, teilt die Arag mit. Bei von bis zu 4000 Euro pro Zahn aus. Kunden der Deutschen Kreditbank rascht, als die F.A.Z. sie mit einer
im Alter zwischen 18 und 40 Jahren im bereits fehlenden Zähne, kann dazu füh- Tarifen, die nach Art der Schadenversi- Natürlich kann man sich die Versiche- (DKB) können ihre Auszüge während Zugangsfrist von zwölf Monaten kon-
Durchschnitt bereit, für eine Zahnzu- ren, dass eine Zahnzusatzversicherung cherung kalkuliert werden und deren rung sparen und für den Zahnarztbesuch zwölf Monaten kostenfrei einsehen. frontiert. Nach Rücksprache mit dem
satzversicherung zu zahlen, ergab jüngst gar nicht mehr abgeschlossen werden Beiträge altersabhängig steigen, regis- einfach ansparen. Wer vor zehn Jahren Verschieben sie ein Dokument inner- Sparkassen- und Giroverband wird der
eine von der Gothaer Versicherung in kann. Jeder Versicherer hält es anders mit triert der Versicherer eine merklich ge- anfing, monatlich 16 Euro – den Betrag, halb dieser Frist in den Archivordner, Grund für das Missverständnis klar:
Auftrag gegebene Umfrage unter 1009 den Gesundheitsfragen, die beim Ab- ringere Bestandsdauer der Versicherung. der jüngeren Deutschen laut der Umfrage so bleibt dieses auch darüber hinaus Auf einer Ratgeberseite der Finanz-
nach einem systematischen Zufallsver- schluss der Police zu beantworten sind. Lohnt sich der Abschluss einer Zahn- ein strahlendes Lächeln wert ist – in online aufrufbar. Geschieht dieser gruppe wurde fälschlicherweise auf
fahren ausgewählten Bürgern der ent- Einige verzichten auch ganz darauf. zusatzversicherung aber wirklich? Die einen ETF zu investieren, hat heute 2428 Schritt jedoch nicht, so muss der Kun- eine Löschung nach Fristablauf hinge-
sprechenden Altersgruppe. Auch sollte bei Abschluss der Zahnzu- Gothaer rechnet vor: Eine Implantatver- Euro raus. Ein ETF in den MSCI World de bei Bedarf eines alten Konto- wiesen, obwohl es bei den Filialen kei-
Wer sich allerdings für eine Zahnzu- satzversicherung nicht nur auf den Preis sorgung mit Knochenaufbau für zwei hätte beim selben monatlichen Sparbe- auszugs eine Gebühr von 5 Euro pro ne Löschroutine gebe. Die Angabe
satzversicherung entscheidet, der sollte geschaut werden. Bei der Arag Kranken- Zähne inklusive Zahnersatz kostet 4200 trag sogar 3256 Euro gebracht – genug Duplikat bezahlen – dies sei eine Maß- wurde mittlerweile berichtigt. Auch
die Angebote am Markt genau verglei- versicherung heißt es: Die Kosten variie- Euro, wovon 1600 Euro von der gesetzli- für zumindest ein Implantat. nahme zur Kostendeckung, schreibt bei der Neobank N26 verläuft die Kor-
chen und auch das Kleingedruckte in den ren stark, sowohl in Abhängigkeit vom chen Krankenkasse getragen werden. Und eine Zahnzusatzversicherung ist die DKB auf Nachfrage. Bei der ING respondenz nicht ohne Komplikatio-
Versicherungsverträgen ganz genau stu- gewählten Tarif als auch dem Eintritts- Bleiben 2600 Euro, die der Patient zu tra- auch keine Lifestyle-Versicherung. Wer bleiben die Kontoauszüge während nen: Zunächst wird von der Pressestel-
dieren. Insbesondere wenn der Zahnarzt alter. Ein günstiger Tarif kostet bei Ab- gen hat. Im leistungsstärksten Tarif der seine Zähne nicht schön findet, etwa zu drei Jahren direkt verfügbar. Eine le auf eine Zugriffsdauer von vier
schon angedeutet hat, dass eine größere schluss im Alter 35 Jahre 13,92 Euro im Gothaer würden 2210 Euro erstattet wer- lang oder zu kurz, dem hilft auch keine Zweitbereitstellung nach Ablauf der Jahren verwiesen, wobei eine Nachbe-
Behandlung ansteht, und das in den Pa- Monat, der leistungsstärkste Tarif hin- den, dieser kostet über alle Altersgrup- Zahnzusatzversicherung. Die zahlt näm- Frist sei im Leistungskatalog enthal- stellung nicht gebührenpflichtig sei.
tientenakten bereits vermerkt ist. Schon gegen 37,36 Euro. Von der Beitragshöhe pen hinweg 20,51 Euro im Monat, also lich nur bei medizinisch angezeigten Be- ten, eine digitale Zustellung kosten- Später heißt es: Eine Vierjahresfrist
dann zahlen einige Versicherungen – zu- hängt die prozentuale Erstattung bei not- 246,12 Euro im Jahr. Während ein Teen- handlungen. Eine Ausnahme ist die pro- frei. Bestellt der Kunde den Auszug auf behalte sich N26 zwar vor, es werde da-
mindest für die anstehende Behandlung – wendigem Zahnersatz ab. Manch einer ager mit 6,50 Euro im Monat einen ver- fessionelle Zahnreinigung, die zumeist dem Postweg, so würden allerdings die von jedoch gegenwärtig kein Gebrauch
nicht. Ist erst einmal ein Heil- und Kos- kündigt darum auch seine Zahnzusatz- gleichsweise niedrigen Beitrag zahlt, einmal jährlich erstattet wird. Einige Ver- Portokosten in Rechnung gestellt. gemacht. Die Bank biete Kunden wäh-
tenplan erstellt, ist es noch schwieriger, versicherung nach abgeschlossener Be- müssen über 60-Jährige 39 Euro im Mo- sicherer zahlen zudem die Kosten für Beide Institute führen für die Be- rend der gesamten Laufzeit der Nut-
einen Versicherer zu finden, der die Lü- handlung. „Bei der Kalkulation nach Art nat für die Zahnzusatzversicherung be- Bleaching, also das Aufhellen der Zähne schränkung der Zugangsfrist Effi- zungsvereinbarung uneingeschränkten
cke zwischen gesetzlichen Leistungen einer Lebensversicherung zahlt der Ver- rappen. Doch das ist nur eine Beispiel- – für ein schönes Lächeln. zienzgründe an: Die Nachfrage nach Zugang zu Dokumenten.

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UniNachh Akt Glob €* 131,56 / 131,56 3,34 Catella Parken Eur €* 11,30 / 10,76 0,28 Naspa-Fonds € 39,16 / 38,20 2,66 DekaStruk.5Chance+ € 303,82 / 297,86 2,66 RWS-ERTRAG A €* 14,87 / 14,44 0,91 UniImmo:Europa €* 57,29 / 54,56 0,17
UniNachh AktDeu nA €* 87,83 / 87,83 1,86 Catella Wohnen Eur € 10,92 / 10,92 –0,46 RenditDeka € 21,69 / 21,06 –0,28 DekaStruk.5Ertrag+ € 92,42 / 90,61 0,82 UniImmo:Global €* 51,25 / 48,81 0,16
UniNachh AktDeut A €* 238,29 / 226,94 1,89 Focus HealthCare €* 7,92 / 7,92 0,00 RenditDeka TF € 27,21 / 27,21 –0,33 DekaStruk.5Wachst. € 97,63 / 95,72 1,46
UniNachhaltig A Gl €* 153,27 / 145,97 3,38 FocusNordicCities € 0,21 / 0,21 0,00 RentenStratGl TF € 74,47 / 74,47 0,72 Hamb Stiftung D € 940,56 / 922,12 0,99 www.kanam-grund.de
Nachhaltigkeits-Fonds (ESG) UniRak Na.Kon. A €* 103,94 / 101,90 0,34 Immo-Spez-Süddeut. €* 14,60 / 14,60 0,34 RentenStratGlob CF € 77,27 / 75,02 0,74 Hamb Stiftung I € 854,01 / 837,26 0,99 info@kanam-grund.de I Tel. 069-7104110 Universal Investment
UniRak Nach.K-net- €* 101,04 / 101,04 0,30 Multiten. Stiftung €* 13,86 / 13,20 0,30 RentenStratGlob PB € 76,54 / 75,04 0,74 Hamb Stiftung P € 85,31 / 82,03 0,96 Leading Cities € 110,33 / 104,58 0,15 Degussa Univ.Rent €* 48,71 / 47,75 2,02
UniRak Nachh.A net €* 86,48 / 86,48 1,46 PaRhei Dutch Resid €* 13,52 / 13,52 0,15 Rntfds RheinEdit € 28,80 / 27,79 0,43 Hamb Stiftung T € 111,66 / 107,37 0,97 www.franklintempleton.de I info@franklin-
UniRak NachhaltigA €* 92,24 / 89,55 1,49 Sar Sust Prop-EuCi €* 1301 / 1301 0,23 Rntfds RheinEdit oA € 28,48 / 28,48 0,35 LiLux Convert €* 249,12 / 241,86 1,72
Haspa TrendKonz P € 88,18 / 84,79 0,45 templeton.de I Tel. 0800 / 073 80 02
UniZukunft Klima A €* 43,87 / 43,01 0,84 Technologie CF € 70,94 / 68,38 3,14 LiLux-Rent €* 222,77 / 216,28 1,00 Universal-Investment-Luxembourg S.A.
Wirtsch.-reg SüdDE €* 12,79 / 12,18 0,25 Haspa TrendKonz V € 94,31 / 90,68 0,49 FRK FTSE China $* / 23,66 6,21
UniZukunft Kli-neA €* 43,68 / 43,68 0,81 Technologie TF € 54,34 / 54,34 3,06 LBBW Bal. CR 20 € 43,42 / 42,57 0,62 FRK Gl.Fd.Stra.A d €* 11,13 / 10,55 2,11 CondorBalance-UI €* 96,03 / 91,46 1,11
UmweltInvest CF € 209,04 / 201,48 3,95 LBBW Bal. CR 40 € 50,73 / 49,74 1,14 CondorChance-UI €* 99,51 / 94,77 2,98
FRK India Fd. A d €* 93,51 / 88,60 3,70 ODDO BHF Asset Management
Commerz Real UmweltInvest TF € 179,26 / 179,26 3,89 LBBW Bal. CR 75 € 67,32 / 66,00 2,23 CondorTrends-UI €* 104,78 / 99,79 2,82
FRK Innovation A d €* / 14,79 3,75 Legg Mason Dublin Funds Basis-Fonds I Nach €* 140,04 / 140,04 –0,01
info@arete-ethik.ch; www.arete-ethik.ch hausInvest € 45,63 / 43,46 0,02 Weltzins-Invest P € 19,75 / 19,17 –0,11 Priv BaPrem Chance € 165,97 / 156,58 2,67 FRK S&P Par AlClim $* / 36,59 5,56 Legg Mason Global Funds Plc DC Value One I(t) €* 253,39 / 253,39 0,86
PRIME VAL Growth A € 144,96 / 138,05 0,57 Priv BaPrem Ertrag € 46,74 / 44,94 0,09
PRIME VAL IncomeA € 128,59 / 124,84 –0,06 Alte Leipziger Trust TEM East.EuropeA a €* 12,62 / 11,96 6,27 BW Gl Def. HY S(IH) €* / 72,65 0,03 DC Value One P(t) €* 233,50 / 222,38 0,81 Warburg Invest
€uro Short Term € 40,06 / 39,66 0,20 DAVIS FUNDS SICAV Deka Intern. (Lux.) (Deka-Gruppe) TEM Em.Mkts Bd A d €* 2,87 / 2,78 2,37 BW Gl Fi In Prt €* / 133,01 –0,48 FT EuroGovernm. M €* 50,08 / 48,62 –0,21
DMüller Prem Akt € € 88,62 / 85,21 0,61
Aktien Deutschland € 123,33 / 117,46 3,41 1822 Str.Cha.Pl. € 142,07 / 136,61 2,66 TEM Gb ClimCha A d €* 32,30 / 30,60 4,24 BW GlFixIn AbRe Ah €* / 93,20 0,50 Substanz-Fonds €* 1282 / 1244 1,49
Global A $* 49,99 / 47,12 6,92
AL Trust €uro Relax € 49,47 / 48,03 0,63 1822 Str.Chance € 93,94 / 90,76 2,01 TEM Gl.Bd. A d €* 11,26 / 10,92 0,41 CB TacDivInc At $* / 149,37 5,32 Vermögens-Fonds €* 821,25 / 797,33 1,17
Value Fund A $* 76,37 / 71,98 6,92
AL Trust Stab. € 63,60 / 61,75 1,33 1822 Str.Ert.Pl. € 43,03 / 41,98 0,94 TEM Gr.(Eur) Aa €* 21,12 / 20,01 3,92 CB US Ag Gr At $* / 225,66 7,15 W&W Asset Management Dublin
AL Trust Wachst IT € 63,76 / 63,76 2,02 1822 Str.Wachstum € 49,11 / 47,68 1,38 CB US Appr At $* / 317,24 4,71 SouthEast Asian Eq €* / 125,79 3,52
AL Trust Wachstum € 83,77 / 80,55 1,96 ODDO BHF Asset Management Lux.
Berol.Ca.Chance € 66,25 / 64,32 1,90 www.dje.lu I info@dje.lu CB US Eq Sust.L A(A) $* / 243,33 5,32
www.deka.de I Tel. 069 / 7147-652 Trust €uRen IT € 41,50 / 41,50 –0,48 Berol.Ca.Premium € 85,12 / 82,24 2,64 Tel. 00352 26925220 CB US LCapGr At $* / 444,18 4,69 Grand Cru € 178,21 / 176,45 1,05
DBA ausgewogen € 120,65 / 116,01 0,67 Trust €uro Renten € 38,10 / 36,99 –0,49 Berol.Ca.Sicherh. € 40,03 / 39,05 0,83 DJE - Asien PA€ € 177,93 / 169,46 1,35 Grand Cru (CHF) F 127,13 / 125,87 0,97
CB Value At $* / 173,74 7,27
DBA dynamisch € 109,02 / 104,83 0,97 Trust Akt Europa € 56,57 / 53,88 3,53 Berol.Ca.Wachst. € 38,29 / 37,27 1,47 DJE - Concept PA € 129,06 / 122,91 –0,71 F MA EUBal Aa(A) €* / 112,17 0,01
SMS Ars selecta € 58,76 / 56,50 1,55 SONSTIGE FINANZPRODUKTE
DBA konservativ € 101,49 / 99,50 0,17 Trust Chance € 98,93 / 94,22 2,70 www.deka.de I Tel. 069 / 7147-652 DJE Gold&Stabfd PA F 123,49 / 117,61 –1,00
DekaEuAktSpezAV € 135,25 / 135,25 3,44 F MA EuCon Aa(A) €* / 104,74 0,44
DBA moderat € 110,79 / 107,56 0,35 Trust Chance IT € 75,76 / 75,76 2,77 AriDeka CF € 86,08 / 81,78 3,39 DJE-Ag&Ernährung PA € 165,90 / 158,00 3,07 www.hal-privatbank.com
DekaEuAktSpezCF(A) € 197,75 / 190,60 3,44 F MA EUPrf (A) €* / 123,53 1,33
DBA offensiv € 230,22 / 219,26 2,05 Trust Glb Inv IT € 73,57 / 73,57 2,45 ERBA Invest OP € 29,20 / 27,81 1,48 UBS Funds Services Lux S.A. Luxembourg Placement Funds
BasisStrat Flex CF € 111,65 / 107,61 1,84 Deka-EuropaVal.TF € 57,64 / 57,64 3,19 DJE-Alpha Glob PA € 297,93 / 286,47 1,97 F MV APexJ EqGIFAt €* / 135,81 –6,27
Deka-BaAZSt off 23 € 107,26 / 105,16 2,07 Trust Glbl Invest € 116,95 / 111,38 2,49 HAL Europ SmCap Eq € 156,73 / 149,27 2,61 UBS (L) EM Eq P AA $* / 122,70 4,98 Solitär €* 2171 / 2171 1,87
BasisStrat Re.TF A € 93,90 / 93,90 0,51 Deka-FlexZins CF € 969,09 / 964,27 0,47 DJE-Div&Sub P € 518,89 / 494,18 1,76 LM BW GlIncOpt A € €* / 97,90 0,38
Deka-Nach.E.St CF A € 99,17 / 99,17 0,82 Trust Stab IT € 54,76 / 54,76 1,37 HAL Global Bnd Opp € 100,58 / 95,79 –0,85 UBS (L) EM Eq P XA $* / 130,71 4,93 Solitär II €* 1522 / 1522 0,81
BerolinaRent Deka € 37,93 / 36,60 0,41 Deka-FlexZins PB € 971,01 / 971,01 0,47 DJE-Europa PA € 404,04 / 384,80 2,31 LM CB Infr Val A€A €* / 14,60 1,81
Deka-Nachh ManSel € 111,46 / 107,43 1,36 UBS (L) GCB AD T2 €* 185,65 / 180,24 3,00
BW Zielfonds 2025 € 40,48 / 39,69 0,08 Deka-FlexZins TF € 965,74 / 965,74 0,47 DJE-Gold&Ressou PA € 178,78 / 170,27 2,82 HAL MultiAsset Con € 101,99 / 101,99 0,28 LM WA Gl HY A Euro €* / 108,48 0,71
Deka-NachhAkt CF € 261,15 / 251,71 3,29
BW Zielfonds 2030 € 52,40 / 51,37 0,79 DekaGlobAktLRCF(A) € 232,74 / 224,33 1,44 DJE-Mittel&Innov PA € 175,63 / 167,27 5,00 HAL MultiAsset Dyn € 131,74 / 125,47 2,38 MC As L-T Unc M€da €* / 15,27 3,52
Deka-NachhRent CF A € 119,66 / 116,74 0,53
Deka-Europ.Bal. CF € 54,45 / 52,86 0,88 Deka-Indust 4.0 CF € 196,81 / 189,70 1,87 DJE-Renten Glob PA € 133,59 / 130,97 –0,75 MB Fd Max Value € 173,11 / 164,87 3,83 Roy.USSCapOp At $* / 289,11 6,41
Deka-NachStrInv CF € 139,83 / 134,78 2,40
Deka-NachStrInv TF € 130,22 / 130,22 2,34 MB Fund Flex Plus € 61,88 / 61,27 0,56 Royce US SmCo At $* / 246,09 7,44
Nachh Dynamisch CF € 89,57 / 85,30 2,62 MB Fund Max Global € 114,28 / 108,84 1,74 WA Asian Op At €* / 220,84 0,03
Nachh Mlt Asset CF € 102,24 / 99,26 1,82 www.axxion.lu / info@axxion.lu MB Fund Max Pl € 32,75 / 32,75 –3,18 WA ECore+Bd Aa(D) €* / 92,64 –0,20
Nachh Mlt Asset TF € 97,87 / 97,87 1,79 Akrobat-Europa A €* 355,87 / 338,92 2,78 MB Fund S Plus € 84,75 / 80,71 –0,27 WA Gl Credit At(H) €* / 107,78 0,46 www.union-investment.de
Nachhltg Gl Champ CF € 132,02 / 127,25 3,57 Akrobat-Europa B €* 163,57 / 155,78 2,68 DIE BESTEN AKTIENFONDS IM VERGLEICH PTAM Defensiv P. I € 89,74 / 89,74 1,70 WA Gl M St Aa(M) H €* / 69,53 1,05 Tel. 069 589 98-6060
NachSeAkREd CF € 89,39 / 86,16 3,17 PrivFd:Kontr. €* 120,11 / 120,11 1,02
Naspa Na PS-Chance € 61,93 / 59,55 1,82
MAS Val-Priv Inv P €* 379,59 / 361,51 2,23
Preis Performance in %
WA GlCore+Bd Aa(A) $*
WA Macro OpBd Aa €*
/ 91,50
/ 88,30
0,37
0,55 PrivFd:Kontr.pro €* 161,34 / 161,34 2,59
Weiterführende
Naspa Na PS-ChanceP € 125,94 / 119,94 2,42 Titel ISIN 28.7.’23 1 M. 6 M. 1 J. 3 J. 5 J. Lfd. Kosten % WA Multi-Asset Cr. A €* / 93,50 1,02 Uni21.Jahrh.-net- €* 44,80 / 44,80 3,31 Fondsinformationen
Naspa Na PS-Ertrag € 43,33 / 42,48 0,69
Naspa Na PS-Wachst € 42,35 / 41,12 1,21
vdH Kersten Next Gen Res A* LU0470205575 195,56 EUR – 1,82 – 14,85 – 11,92 + 106,55 + 118,07 WWWWWWWWWWWWW 2,36 WA ShD BChip At H €* / 90,49 0,44 UniDeutschl. XS
UniEuroAktien
€* 178,16 / 171,31
€* 91,39 / 87,04
5,07
2,42
finden Sie unter
UBS Fund Solar&Sus Energ A1 LU0405846410 153,42 EUR – 0,62 – 13,81 – 12,61 + 93,66 + 141,03 WWWWWWWWWWWWW 2,41 WA ShD HI BF AtH €* / 134,78 0,46
Naspa-Ak.Gb NachCF € 86,59 / 83,86 1,54 WA US Cor+Bd At $* / 144,60 0,27 UniEuropa-net- €* 87,04 / 87,04 0,98
LRI SA ContrarValEurolA* LU0370217092 105,21 EUR + 6,68 + 2,29 + 28,17 + 89,71 + 11,07 WWWWWWWWWW 1,79
Naspa-Ak.Gb NachTF € 123,06 / 123,06 1,50 LeggM GF Roy.USSCapOp At* IE00B19Z4B17 289,11 USD + 6,41 + 3,77 + 15,95 + 77,55 + 44,35 WWWWWWWWWW 1,94 Telefon +49 89 287238-0 WA US CorBd At $* / 128,68 –0,11 UniEuroRenta €* 59,44 / 57,71 –0,24
BNP Paribas Funds Frank.Temp. FRK India Fd. A d* LU0260862304 88,60 EUR + 3,70 + 11,30 + 7,65 + 71,37 + 49,18 WWWWWWWWWW 1,85 www.hellerich.de, info@hellerich.de WA US Gov.Liq A $* / 113,57 0,37 UniEuroRentaHigh Y €* 31,97 / 31,04 0,81
Aqua €* / 202,90 3,76 Global Flexibel B € 780,18 / 780,18 1,01 UniFav.:Akt. -net- €* 128,55 / 128,55 1,90
Deka GlobalResources CF LU0349172485 95,40 EUR + 6,87 – 6,19 + 10,93 + 70,32 + 39,72 WWWWWWWW 1,52 WA US HY Aa(D) $* / 67,54 3,04
China Equity €* / 155,50 3,45 Unifavorit: Aktien €* 214,65 / 204,43 1,93
Monega L&P Val EM SmCap I* DE000A2JN5G3 70,27 EUR + 2,40 + 0,36 + 11,78 + 66,18 - WWWWWWW 1,23 Weitere Anteilsklassen und Fonds unter
Climate Impact €* / 265,71 4,22 UniFonds €* 58,24 / 55,47 1,81
LeggM GF CB Value At* IE00B19Z3581 173,74 USD + 7,27 + 6,16 + 20,02 + 65,05 + 53,00 WWWWWWWWWW 1,79 www.LeggMason.de
Consumer Inn €* / 288,92 2,43 UniFonds-net- €* 81,73 / 81,73 1,80
Sparinvest Global Value EUR R* LU0138501191 405,55 EUR + 4,14 + 1,34 + 4,89 + 63,79 + 40,99 WWWWWWWWWW 1,91
Disruptive Techno €* / 1957 2,99
faz.net/fondsinfo
Creutz&P C&P Funds ClassiX* LU0113798341 87,16 EUR + 1,68 + 8,55 + 10,89 + 57,76 + 53,95 WWWWWWWW 1,42 UniGlobal €* 369,43 / 351,84 2,90
Tel. +41 41 55 20 255, info@ethius-invest.ch, Energy Transition €* / 766,76 10,31 UniGlobal-net- €* 211,48 / 211,48 3,03
www.ethius-invest.ch LRI Invest S.A.
Euro Equity €* / 704,71 2,50 UniNordamerika €* 543,28 / 517,41 3,31
ETH Global Impact €* 101,03 / 101,03 4,08 Alle dargestellten Investmentfonds sind Teilnehmer am Funds Service, sortiert nach 3-Jahresperformance, berechnet nach BVI Methode. Lau- NW Global Strategy €* 96,47 / 91,88 1,11
Euro HY ShortDu Bd €* / 112,03 0,80 fende Kosten % = Anteil der Verwaltungskosten eines Fonds, hoher Prozentsatz = hoher Kostenanteil. Erscheinungstäglich wechselnde Katego- www.hwb-fonds.com | info@hwb-fonds.com UnionGeldmarktfds €* 47,14 / 47,14 0,30
Health Care Innov €* / 1498 –0,20 Tel +49 651 1704 301 | +352 48 30 48 30 UniRak €* 140,82 / 136,72 0,77 Allgemeine Erläuterungen
rien: Aktien-, Renten-, Geldmarkt-, Misch-, Immobilien- und wertgesicherte Fonds. Keine Anlageberatung und -empfehlung.
SMaRT Food €* / 128,00 2,69 HWB Alex.Str.Ptf R €* 79,38 / 75,60 1,90 UniRak Kons.-net-A €* 105,76 / 105,76 –0,15 Investmentfonds nach Kapitalanlagegesetzbuch
Metzler Asset Management GmbH (KAGB)
BNP Paribas Real Estate HWB Alex.Str.Ptf V €* 79,40 / 75,62 1,89 UniRak Konserva A €* 109,80 / 107,65 –0,11
RWS-Aktienf.Nachh €* 99,10 / 94,38 2,07 Whrg.: Währung (A = Australischer Dollar, € = Euro,
BNP Pa MacStone P € 24,63 / 23,46 0,13 HWB Europe Pf. €* 4,23 / 4,03 1,76 UniRak -net- €* 73,18 / 73,18 0,74 F = Schweizer Franken, £ = Brit. Pfund, ¥ = Japani-
INTER ImmoProfil € 59,31 / 56,49 –0,41 HWB Inter.Pf. €* 4,48 / 4,27 1,43 UniRenta €* 17,01 / 16,51 –0,96 sche Yen, P = Polnischer Zloty, S = Schwedische
Deka-Europ.Bal. TF € 104,63 / 104,63 0,98 Deka-Indust 4.0 TF € 181,05 / 181,05 1,81 DJE-Sht Term Bd PA € 108,82 / 107,74 0,01 HWB Pf. Plus CHF F* 64,43 / 61,36 –0,21 www.meag.com UniStrat: Ausgew. €* 70,32 / 68,27 1,90 Krone, $ = US-Dollar).
ODDO BHF Asset Management
Deka-Europa Akt Str € 85,82 / 81,73 3,88 Deka-Mul Asset Ert € 92,13 / 91,22 0,02 DJE-Zins&Divid PA € 162,03 / 155,80 0,41 HWB Pf. Plus R €* 104,88 / 99,89 2,09 UniStrat: Konserv. €* 69,49 / 67,47 1,01 Ausg.: Ausgabepreis eines Fondsanteils zum ange-
Exk:PolarisBal DRw € 85,81 / 83,31 1,23 privatanleger@meag.com
DekaFonds CF € 127,45 / 121,08 3,45 HMI Chance € 76,38 / 74,16 3,06 gebenen Tag.
Exk:PolsDyn DRw € 104,13 / 101,10 2,43 FMM-Fonds € 648,17 / 617,30 0,50 HWB Pf. Plus V €* 104,90 / 99,90 2,09 Dividende A €* 61,98 / 59,03 2,26
DekaFonds TF € 293,93 / 293,93 3,38 HMI Chance+ € 81,14 / 78,40 3,59 Rückn.: Rücknahmepreis eines Fondsanteils zum an-
Polaris Flexi DRw € 91,56 / 87,20 1,33 HWB Vict.Str.Pf. R €* 1292 / 1230 1,82 EM Rent Nachh. €* 42,81 / 41,16 0,61 gegebenen Tag.
Deka-Global Bal CF € 103,36 / 100,35 0,98 HMI Ertrag+ € 36,63 / 35,91 0,64 Union Investment Luxemburg
Polaris Mod DRw €* 71,96 / 69,86 0,69 HWB Vict.Str.Pf. V €* 1292 / 1231 1,82 ERGO Vermög Ausgew€* 55,10 / 52,73 1,47 NAV.: Nettoinventarwert.
Deka-Global Bal TF € 98,09 / 98,09 0,95 HMI Wachstum € 41,19 / 40,19 1,24 DWS Offene Immobilienfonds PrivFd:Konseq.pro €* 102,89 / 102,89 0,89
PB Balanced € 55,52 / 52,88 0,94 HWB Wdelan + R €* 47,78 / 46,39 0,54 ERGO Vermög Flexi €* 58,01 / 55,25 1,87 Perf.: Performance auf Basis der letzten verfügbaren
Deka-MegaTrends CF € 132,97 / 128,16 3,37 Köln Str.Chance € 67,51 / 66,19 2,01 UniAsia Pac.net €* 134,87 / 134,87 1,46 NAVs (Nettoinventarwerte). Berechnung nach BVI-
PB Europa €* 54,36 / 51,77 2,27 grundb. europa IC: € 41,56 / 39,58 –0,20 HWB Wdelan + V €* 48,09 / 46,69 0,54 ERGO Vermög Robust €* 48,65 / 46,78 0,71
Deka-Na.Div Str CF € 126,66 / 122,08 2,56 Köln Str.Ertrag € 40,75 / 39,95 0,83 UniAsia Pacific A €* 137,59 / 132,30 1,49 Methode.
PB Eurorent € 50,24 / 48,78 –0,45 grundb. europa RC € 41,43 / 39,46 –0,23 EuroBalance €* 61,58 / 59,21 1,21
Deka-Nach Div RhEd € 104,59 / 100,81 3,81 Köln Str.Wachstum € 40,08 / 39,29 1,47 UniAusschü. net- A €* 47,21 / 47,21 2,26 * Fondspreise etc. vom Vortag oder letzt verfügbar.
PB Megatrend € 189,04 / 180,04 3,57 grundb. Fok Deu RC € 56,40 / 53,71 0,22 EuroErtrag €* 65,54 / 63,32 0,89
Deka-Sachwer. CF € 110,74 / 107,51 1,25 KölnStr.Chance+ € 59,98 / 58,80 2,70 UniAusschüttung A €* 48,20 / 46,80 2,30 Ausgabe / Rücknahmepreise werden bei mehr als vier
PB Triselect € 49,02 / 46,69 1,58 IFM Independent Fund Management AG EuroFlex €* 40,85 / 40,45 0,27 Vorkomma- ohne Nachkommastellen abgebildet.
Deka-Sachwer. TF € 104,78 / 104,78 1,22 UnterStrat Eu CF € 173,36 / 167,09 2,54 grundb. Fokus D IC: € 56,82 / 54,11 0,26 UniDividAss net A €* 59,60 / 59,60 3,72
ACATIS FV Akt.Gl. €* 255,32 / 243,16 2,64 EuroInvest A €* 98,41 / 93,72 3,89 Alle Angaben ohne Gewähr, keine Anlageberatung und
www.oekoworld.de DekaSpezial CF € 544,63 / 524,94 3,97 grundb. global IC: € 54,40 / 51,81 0,13 UniDividendenAss A €* 63,10 / 60,67 3,74
DekaTresor € 84,96 / 82,89 0,51 EuroKapital €* 54,19 / 51,61 1,78 UniDyn.Europa A €* 138,30 / 132,98 –1,13 -empfehlung.
Growing Mkts 2.0 € 238,37 / 227,02 4,59 C&P Funds (Creutz & Partners) grundb. global RC € 54,05 / 51,48 0,10
Div.Strateg.CF A € 191,74 / 184,81 2,58 Deka Immobilien Investment EuroRent A €* 27,00 / 26,09 –0,15 UniDynamic Gl. A €* 105,73 / 101,66 2,84
Klima € 105,20 / 100,19 5,47 C&P Funds ClassiX €* 87,16 / 87,16 1,68 INKA Intern. Kapitalanlagegesellschaft FairReturn A €* 52,84 / 51,30 0,99
Öko Rock‘n‘Roll € 148,19 / 141,13 2,98 DivStrategieEur CF € 106,27 / 102,43 3,46 Deka Immob Europa € 50,46 / 47,94 0,13 UniEMGlobal €* 87,80 / 83,62 1,33
C&P Funds QuantiX €* 151,03 / 151,03 3,29 HiYld Spez INKA €* 9559 / 9104 1,63 GlobalAktien €* 53,09 / 50,56 2,72
ÖkoVision Classic € 212,26 / 202,15 1,69 Euro Potential CF € 159,79 / 154,01 5,57 Deka Immob Global € 58,14 / 55,23 0,11 UniEurKap Corp-A €* 35,13 / 34,44 0,50
EuropaBond CF € 95,23 / 92,46 –0,39 Deka-Immo Nordam $ 57,09 / 55,03 –0,06 StSk. Dü. Abs. Ret. €* 108,43 / 103,27 0,61 GlobalBalance DF €* 69,62 / 66,94 1,42 UniEurKap.Co.net A €* 34,94 / 34,94 0,46
Water For Life C € 198,93 / 189,46 2,65
EuropaBond TF € 33,63 / 33,63 –0,41 Deka-ImmoMetropol € 54,58 / 51,85 0,17 GlobalChance DF €* 78,38 / 74,65 1,43 UniEuropa €* 2754 / 2623 1,00
Frankf.Sparinrent € 50,16 / 49,66 0,24 WestInv. InterSel. € 50,25 / 47,74 0,08 Nachhaltigkeit A €* 143,99 / 137,13 5,10 UniGlobal Div A €* 128,66 / 122,53 2,47
Frankf.Sparinvest € 165,40 / 157,52 3,51 ProInvest €* 213,15 / 203,00 1,64 UniGlobal Div-netA €* 120,28 / 120,28 2,45
www.flossbachvonstorch.de
GlobalChampions CF € 297,33 / 286,58 3,51 VermAnlage Komfort €* 60,68 / 58,63 2,20 UniIndustrie 4.0A €* 73,76 / 70,92 3,04
Deka-Vermögensmanagement GmbH Tel. +49 221 33 88 290 VermAnlage Ret A €* 73,59 / 70,76 3,09
Cat Dutch Resid II €* 10,75 / 10,75 0,18 GlobalChampions TF € 258,18 / 258,18 3,45 UniOpti4 €* 96,17 / 96,17 0,33 +49 69 26095760
Mainfr. Strategiekonz. € 179,81 / 179,81 2,45 MuAsset-Balanced R € 166,83 / 158,89 1,96 UniSec. BioPha. €* 172,11 / 165,49 0,60
Cat.Scandia Chance €* 13,69 / 13,69 0,15 Deka-BaAZSt off 25 € 104,77 / 102,72 0,79 fundsservice@infrontfinance.com
www.union-investment.de Catella Bavaria € 11,15 / 10,62 –0,38 Mainfr. Wertkonz. ausg € 95,76 / 95,76 0,95 Deka-PB Wert 4y € 103,96 / 101,42 0,31 MuAsset-DefensiveR € 133,36 / 129,48 1,27 www.ipconcept.com I Die Fonds-Designer UniSec. High Tech. €* 197,38 / 189,79 2,77 Infront publiziert die Fondsdaten im
Tel. 069 589 98-6060 Catella European R € 16,52 / 16,52 0,06 Multi Asset In.CFA € 84,80 / 82,33 2,75 Deka-PfSel ausgew € 107,42 / 104,29 1,45 MuAsset-Growth R € 196,74 / 187,37 2,56 ME Fonds PERGAMONF€ 868,88 / 827,50 5,79 Meridio Funds UniStruktur €* 107,71 / 104,57 1,57 Auftrag der Fondsgesellschaften als
PrivatFonds: Nachh €* 50,98 / 50,98 1,07 Catella MAX € 25,02 / 23,83 –0,71 Multirent-Invest € 29,88 / 29,01 1,33 Deka-PfSel dynam € 121,16 / 117,63 2,06 Multiple Opp R € 307,99 / 293,32 2,52 ME Fonds Special V € 3486 / 3320 1,68 Green Balance P € 151,64 / 144,42 1,89 UniVa. Global A €* 154,27 / 148,34 3,58 besonderen Service für deren Anleger.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Gut vorgesorgt? Teamkonferenz in einem Büro
D
ie große Reform der be-
trieblichen Altersvorsorge
ist nun schon einige Jahre
her. 2017 hatte die Politik
das Betriebsrentenstär-
kungsgesetz verabschiedet, seit 2018 ist
es in Kraft. Und wie der Name sugge-
riert, sollte mithilfe neuer Regelungen
die Vorsorge über den Chef für Arbeitge-
ber und Mitarbeiter attraktiver gestaltet
werden. So müssen sich Arbeitgeber bei-
spielsweise seit 2022 bei Einzahlungen in
eine Pensionskasse, einen Pensionsfonds
oder eine Direktversicherung mit rund
15 Prozent des umgewandelten Entgelts
an der Vorsorge beteiligen. Allerdings
nur dann, wenn der Arbeitgeber seiner-
seits Sozialabgaben spart. Auch können
Arbeitnehmer nun bis zu acht Prozent
der Beitragsbemessungsgrenze der allge-
meinen Rentenversicherung steuerfrei in
einen Vertrag einzahlen. Das sind aktuell
bis zu 584 Euro im Monat. Vor der Re-
form lag die Grenze bei vier Prozent.
Neben anderen Regelungen hat die da-
malige Regierung mit dem Gesetz auch
das sogenannte Sozialpartnermodell
(SPM) eingeführt.
Und weil die Regelungen zur staatlich
geförderten Altersvorsorge jedweder Art
in der Regel komplex sind, haben die ers-
ten Sozialpartnermodelle lange auf sich
warten lassen. Im November 2022 ist das
SPM der Chemiebranche mit der Indus-
triegewerkschaft Bergbau, Chemie, Ener-
gie (IGBCE) und dem Bundesarbeitgeber-
verband Chemie (BAVC) gestartet. Ende
Mai 2022 verständigten sich die Sozial-
partner in der Energiebranche auf einen
Tarifvertrag, die notwendigen Genehmi-
gungen wurden im September 2022 erteilt.
Seit Beginn des Jahres ist das SPM von
Verdi, der Industriegewerkschaft IGBCE,
dem Energieunternehmen Uniper und
weiteren Sozialpartnern auf dem Markt.
„Die bisherigen Zahlen zeigen einen her-
vorragenden Start des Sozialpartnermo-
dells Chemie im ChemiePensionsfonds“,
sagt Lutz Mühl, Geschäftsführer Wirt-
schaft und Sozialpolitik des BAVC. Aktu-
ell habe sich eine hohe zweistellige Zahl
von Unternehmen für das Sozialpartner-
modell im ChemiePensionsfonds ent-
schieden. „Wir sind zuversichtlich, in den
kommenden Wochen die Marke von
100 Betrieben zu erreichen“, sagt Mühl.
Anfang Februar waren es erst 42 Unter-
nehmen. Auch Martin Eisele, Head of
Pension Asset & Liability Management
bei Uniper, berichtet von einem sehr zu-
friedenstellenden Interesse am SPM. Es
bewege sich im Rahmen der Erwartungen.
Damit steht der neue Durchführungs-
weg in der betrieblichen Altersversor-
gung allerdings einem noch recht über-
schaubaren Kreis an Personen zur
Verfügung. Denn in der Regel entschei-
det der Arbeitgeber, welchen Durchfüh-
rungsweg und welches Angebot er seinen
Mitarbeitern unterbreiten möchte. Wei-
tere SPM sind in Arbeit. Dass die Umset-
zung einige Zeit beansprucht, verwun-
dert Experten kaum. „Ich bin stets davon
ausgegangen, dass es dauern wird, bis
sich das Sozialpartnermodell durch-
setzt“, sagt Klaus Stiefermann, Ge-
schäftsführer der aba Arbeitsgemein-
schaft für betriebliche Altersversorgung.
Schließlich setzt die Einführung des So-
zialpartnermodells einen Tarifvertrag
voraus. Und gerade in den vergangenen
Jahren standen wegen Corona und Infla-
tion andere Themen im Zentrum tarif-
politischer Pläne wie etwa Arbeitsplatzsi-
cherung, Gehalt oder mobiles Arbeiten.
Zudem beinhaltet das Sozialpartner-
modell auf dem Markt für Betriebsrenten
eine kleine Revolution. Denn anders als
bei den bisherigen Durchführungswegen
sieht das SPM für die Arbeitnehmer kei-
| DIE VERMÖGENSFRAGE
Betriebsrente
neuen Stils
Beim Sozialpartnermodell verzichten
Arbeitnehmer auf eine garantierte
Auszahlung zu Rentenbeginn. Dafür haben
sie die Chance auf eine höhere Rendite.
Davon profitieren vor allem diejenigen,
die einen entsprechenden Vertrag in
jungen Jahren unterzeichnen.
Von Barbara Brandstetter
ne Garantie mehr vor. Der Arbeitgeber
muss sich lediglich noch um die Überwei-
sung der Beiträge kümmern („pay and
forget“). Die externen Versorgungsträger
müssen den Kunden lediglich eine Ziel-
rente in Aussicht stellen. Deren Höhe
wird allerdings nicht garantiert. Im Ge-
genzug können die Versorgungsträger
die Gelder in risikoreichere Anlagen in-
vestieren. Und die Kunden haben so eine
Chance auf eine höhere Rendite – insbe-
sondere, wenn sie in jungen Jahren ihre
Unterschrift unter einen entsprechenden
Vertrag setzen. In dem Paradigmenwech-
sel sieht Stiefermann – neben der Vorla-
ge eines Tarifvertrags – einen weiteren
Grund für die verzögerte Einführung der
Angebote. „Vor allem auf Arbeitnehmer-
seite muss die Erkenntnis reifen, dass Al-
tersversorgung Sicherheit braucht, Ga-
rantien solche Sicherheiten schaffen
können, das hat aber auch seinen Preis“,
sagt Stiefermann.
Leben mit volatilen Kursen
Beim SPM müssen Anleger also mit vola-
tilen Kursen zurechtkommen – der Preis
für eine mögliche höhere Rendite. „Ein
Sozialpartnermodell ermöglicht ja deut-
lich höhere Startrenten, insofern sind ge-
wisse Schwankungen nach Einschätzung
der Chemie-Sozialpartner durchaus ak-
zeptabel“, sagt BAVC-Geschäftsführer
Mühl. Oskar Goecke, Professor am Insti-
tut für Versicherungswesen an der TH
Köln, hat in der schriftlichen Stellung-
nahme zur öffentlichen Anhörung von
Sachverständigen in Berlin 2017 die Ren-
dite von Investments in eine Aktienanla-
ge mit solchen in sichere Staatsanleihen
verglichen. In dem Beispiel haben Anle-
ger 40 Jahre lang Monat für Monat
100 Euro investiert. Betrachtet wird der
Zeitraum von Januar 1955 bis Dezember
2016. So lassen sich 265 Sparergeneratio-
nen analysieren. Im Schnitt brachte die
sichere Sparanlage ein Kapital von
251.000 Euro, die Aktienanlage jedoch
412.000 Euro. Das sind 161.000 Euro
mehr. Entscheidend ist jedoch die Inves-
titionsperiode. Im schlechtesten Fall hat
das Investment in Aktien 208.080 Euro
gebracht – 67.000 Euro weniger als die si-
chere Anlage. Das betraf Anleger, die von
April 1963 bis März 2003 ihr Geld in Ak-
tien investiert hatten. Im besten Fall ha-
ben Sparer mit dem Investment in Aktien
748.000 Euro erzielt – fast das Dreifache
im Vergleich zur sicheren Geldanlage.
Finanzen
|
Um sinkende Kurse zu Rentenbeginn
oder im Verlauf der Rentenzahlung abzu-
federn, sieht das SPM einen Puffer vor.
„IGBCE und BAVC haben sich, wie im
Gesetz vorgesehen, darauf verständigt,
im Rahmen des Sozialpartnermodells
Chemie immer einen kollektiven Puffer
zu bilden“, sagt Mühl. Hierfür sei im Ta-
rifvertrag ein fixer Sicherungsbeitrag von
fünf Prozent auf alle eingezahlten Beiträ-
ge vorgesehen. Der gebildete Puffer wird
ausschließlich in der Rentenbezugsphase
eingesetzt. Das SPM der Energiebranche
setzt auf einen Sicherungsbeitrag von
vier Prozent. „Insgesamt zahlt der Ar-
beitgeber zusätzliche Beiträge in Höhe
von sieben Prozent, gerechnet auf die
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge.
Davon sind vier Prozent Sicherungsbei-
trag und drei Prozent Kostenbeitrag“,
sagt Eisele von Uniper.
Olaf Stotz, Professor für Asset Ma-
nagement and Pension Economics an
der Frankfurt School of Finance and Ma-
nagement, begrüßt den Wegfall der Ga-
rantien. Schließlich sehe ein Großteil
der staatlich geförderten Vorsorgepro-
dukte eine Garantie vor, die die Rendite
deutlich schmälert. „Ohnehin wird Ver-
brauchern mit den Garantien eine fal-
sche Sicherheit suggeriert“, sagt Stotz.
Denn angegeben werden in der Regel
nominale Garantien. Bei diesen wird die
Inflation nicht berücksichtigt – auch
wenn diese die Kaufkraft im Verlauf der
Zeit kräftig schmälert.
„Je jünger man bei Abschluss ist, desto
rentabler ist das Sozialpartnermodell oh-
ne Garantien“, sagt Stotz. Stotz verdeut-
licht dies an einem Beispiel: Eine 40-jäh-
rige Anlegerin zahlt jeden Monat bis zum
Renteneintritt mit 67 Jahren 100 Euro in
eine betriebliche Altersvorsorge ein. Bei
dieser (nominale Beitragsgarantie) kann
sie nach Abzug der Inflation mit einer
realen Rente von 101,50 Euro rechnen.
Bei einem ETF-Sparplan, der zu 100 Pro-
zent in Aktien weltweit investiert, kann
die Anlegerin eine Rente von 156,10 Euro
erwarten, im schlechtesten Fall wären es
118,80 Euro, im besten Fall 316,60 Euro.
Etwas anders verhält es sich bei älteren
Personen. Sie haben weniger Zeit, um
Schwankungen an den Finanzmärkten
auszugleichen. Gehen wir davon aus, dass
die Anlegerin nun bei Vertragsabschluss
60 Jahre alt ist. In diesem Fall kann die
mit einer realen Rente aus der betriebli-
chen Altersversorgung von 31 Euro rech-
nen. Bei einem Investment in einen ETF-
Foto Picture Alliance
Aktiensparplan liegt die monatliche Ren-
te bei 35,90 Euro, im schlechtesten Fall
bei 31,20 und im besten Fall bei 47,70
Euro. „Ältere Anleger ab 55 Jahren soll-
ten das Risiko abwägen“, sagt Stotz. Aber
auch für sie könne sich ein Investment in
risikoreichere Anlagen rechnen. Arbeit-
nehmer sollten sich also bei ihrem Arbeit-
geber erkundigen, welche Angebote zur
betrieblichen Altersvorsorge in ihrem
Unternehmen existieren.
Partner des SPM der Chemiebranche ist
die R+V Versicherung. Das SPM der Ener-
giebranche nutzt den Metzler Sozialpart-
ner Pensionsfonds. Das SPM der Chemie-
branche sieht eine Mindestaktienquote
von zehn Prozent und einen maximalen
Aktienanteil von 80 Prozent vor. „Beim
SPM der Energiebranche handelt es sich
um ein diversifiziertes Kapitalanlageport-
folio. Aktuell liegt der Aktienanteil über
30 Prozent“, sagt Eisele. Die angestrebte,
aber nicht garantierte, Rendite liege in der
Bandbreite von 3,5 bis 7,5 Prozent und ist
im Tarifvertrag geregelt.
Wie bei einer klassischen Entgeltum-
wandlung können Arbeitnehmer beim
SPM bis zu vier Prozent der Beitragsbe-
messungsgrenze sozialabgaben- und
steuerfrei in einen entsprechenden Ver-
trag einzahlen. Aktuell sind das 292 Euro
im Monat. Steuerfrei sind bis zu acht Pro-
zent der Beitragsbemessungsgrenze der
allgemeinen Rentenversicherung. Ob
und wie viele Sozialversicherungsbeiträ-
ge gespart werden, hängt von der Höhe
des Einkommens ab. Wer etwa einen
Bruttolohn von mehr als 7100 Euro be-
ziehungsweise 7300 Euro im Monat er-
hält, spart keinen Cent Sozialabgaben.
Versteuerung der Auszahlungen
Im Gegenzug müssen die Auszahlungen
im Alter mit dem persönlichen Steuer-
satz versteuert werden. Auch werden für
gesetzlich Versicherte nach Abzug eines
Freibetrags Kranken- und Pflegeversi-
cherungsbeiträge fällig. Im laufenden
Jahr liegt dieser bei 169,75 Euro im Mo-
nat. Durch die Entgeltumwandlung wer-
den Sozialversicherungsansprüche dezi-
miert. Gesetzliche Rente, Arbeitslosen-
oder Elterngeld fallen dann entspre-
chend geringer aus. Und mitunter gibt es
Probleme beim Wechsel des Arbeitge-
bers. Aufgrund der Nachteile stehen eini-
ge Verbraucherschützer der Vorsorge-
form skeptisch gegenüber. „In der Regel
können Verbraucherinnen im Rahmen
der privaten Altersvorsorge kostengüns-
tiger, rentabler und bedarfsgerecht vor-
sorgen“, sagt Niels Nauhauser, Abtei-
lungsleiter Altersvorsorge, Banken,
Kredite bei der Verbraucherzentrale Ba-
den-Württemberg.
Nach der Reform ist de facto vor der
Reform. Im Herbst 2022 wurde der Fach-
dialog zur Stärkung der Betriebsrente ins
Leben gerufen. Es geht wieder einmal um
Ansätze und Ideen, die Betriebsrente zu
stärken. Optimierungsvorschläge gibt es
bereits – insbesondere um die Verbrei-
tung der Betriebsrenten zu verbessern.
„Bislang können sich Nichttarifgebunde-
ne einem Sozialpartnermodell nur dann
anschließen, wenn ansonsten genau die-
ser Tarifvertrag für sie gelten würde. Da
bräuchte es eine Öffnung“, sagt der
Hauptgeschäftsführer des Gesamtver-
bands der Versicherer (GDV) Jörg As-
mussen. Auch gilt es, Details zu regeln,
wie etwa einen möglicher Wechsel von
Mitarbeitern mit einer klassischen be-
trieblichen Altersvorsorge in ein SPM.
„Perspektivisch wäre es wünschenswert,
die Frage des Wechsels von Beschäftigten
mit bestehenden Garantiezusagen in ein
Sozialpartnermodell klarer zu regeln“,
sagt BAVC-Geschäftsführer Mühl.
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 2 7
Europas Banken
sind krisenfester
Institute schneiden im Stresstest besser als früher ab
maf. FRANKFURT. Europas Banken
sind krisenfest. Das ist das Ergebnis der
diesjährigen Stresstests, die am Frei-
tagabend die EU-Bankenaufsicht EBA
und die Europäische Zentralbank
(EZB) veröffentlicht haben. Am Markt
ist das erwartet worden, im Vorfeld leg-
te der europäische Stoxx-Bankenindex
zeitweise um 1,0 Prozent zu. In einer
Krise würde das Eigenkapital der Ban-
ken nach Angaben der EZB um 4,8 Pro-
zentpunkte auf 10,4 Prozent sinken.
Damit wären sie immer noch ausrei-
chend kapitalisiert. Der Kapitalverzehr
fiel geringer aus als in früheren Stress-
tests, was die Aufseher auf die bessere
Ertragslage zurückführten. Das gilt
auch für Deutsche Bank und Commerz-
bank, die eine größere Widerstandsfä-
higkeit zeigten.
In den Stresstests nahmen die Aufse-
her im Krisenszenario eine Verschär-
fung der geopolitischen Spannungen
begleitet von einem Wiederaufleben
der Corona-Pandemie an. Unterstellt
wurden ein Einbruch der Wirtschafts-
leistung in den EU-Staaten in den
Jahren 2023 bis 2025 um insgesamt 6
Prozent und ein Anstieg der Arbeitslo-
senquote um 6,1 Prozentpunkte. Ge-
prüft wurden 70 Institute aus der EU,
darunter 57 Großbanken aus dem
Euroraum. Weitere 41 mittelgroße Ban-
ken durchleuchteten die EZB-Aufseher.
Durchfallen konnte keine Bank, aber
Konsequenzen hat das Abschneiden im
Stresstest schon. Denn die EZB-Aufse-
her werden die Ergebnisse in der jährli-
chen institutsspezifischen Prüfung
(SREP) und den jeweiligen Empfehlun-
gen für die Eigenkapital- und Liquidi-
tätsausstattung berücksichtigen.
Blickt man auf die Kursentwicklung
europäischer Bankenaktien, haben
diese den Stresstest mit den Schiefla-
gen amerikanischer Regionalbanken
und der Notübernahme der Credit
Suisse durch den Schweizer Konkur-
renten UBS gut überstanden. Der
Stoxx-Bankenindex liegt in diesem
Jahr mit 19 Prozent im Plus, während
Abwertung des Yens verhindern
Bank von Japan strafft nun doch ihre Geldpolitik
kann. TOKIO. Spekuliert wurde schon
länger darüber. Nun hat die japanische
Notenbank tatsächlich den Einstieg in
eine straffere Geldpolitik gewagt, nach-
dem sie sich lange – anders als ihre Pen-
dants in den Vereinigten Staaten und
Europa – dagegen gewehrt hatte. Die
Zinsen belassen die Tokioter Notenban-
ker um Gouverneur Kazuo Ueda zwar
weiter auf negativem Niveau, wie die
Bank von Japan am Freitag mitteilte.
Doch ihre umstrittene Renditekurven-
kontrolle will sie künftig flexibler hand-
haben. Die Renditen zehnjähriger japa-
nischer Staatsanleihen können demnach
über die bisherige Obergrenze von 0,5
Prozent steigen. Ziel sei es zwar weiter-
hin, die langfristigen Zinssätze in der
Nähe von null Prozent zu halten, hieß es
in der Mitteilung, doch fortan will die
Notenbank an jedem Geschäftstag
zehnjährige Staatsanleihen zu einem
Prozent kaufen statt der bisherigen
Obergrenze von 0,5 Prozent.
Mit dieser Anpassung wollen die No-
tenbanker die negativen Nebeneffekte
der niedrigen Kreditkosten eindäm-
men und eine noch stärkere Abwertung
des Yens verhindern. Die japanische
Währung hatte in den vergangenen
Monaten drastisch an Wert verloren
und ist zum Beispiel gegenüber dem
Euro so billig wie seit den Neunziger-
jahren nicht mehr.
Auf die Entscheidung der Zentral-
bank reagierten die Märkte am Freitag
mit teils kräftigen Kursschwankungen.
In einer ersten Reaktion stieg der Yen-
Kurs an, und die Aktienkurse an der
Tokioter Börse gaben nach. Der Leitin-
dex Nikkei 225 verlor zwischenzeitlich
2 Prozent und damit so viel wie zuletzt
bei dem letzten großen Markteingriff
der Notenbanker im Dezember. Zu-
gleich stiegen die Renditen zehnjähri-
ger japanischer Staatsanleihen vorü-
bergehend auf 0,575 Prozent, was laut
der Nachrichtenagentur Kyodo News
der höchste Stand seit 2014 war.
Die Steuerung der Renditekurven
hatte die Bank von Japan im Jahr 2016
eingeführt. Dafür versprach sie den
Daniel Ek verkauft Spotify-Aktien
Paket im Wert von 100 Millionen Dollar
bfch. FRANKFURT. Zwei Tage nach
Veröffentlichung der Halbjahreszahlen
des Musikstreaming-Marktführers hat
Spotify-Chef Daniel Ek den Verkauf
von 675.000 Aktien angekündigt. Wie
aus einer Mitteilung des Dienstes an die
US-Börsenaufsicht SEC von Donners-
tag hervorgeht, entspricht der Wert des
von einer Gesellschaft des Schweden
abgegebenen Pakets rund 100 Millio-
nen Dollar. Die Spotify-Aktie hatte
nach Vorlage der Zahlen rund 14 Pro-
zent verloren. Zwar gewann der Dienst
im zweiten Quartal mehr neue Abon-
nenten und monatlich aktive Nutzer als
zuvor prognostiziert. Umsatz und Aus-
der Leitindex für den Euroraum, der
Euro Stoxx 50, um 17 Prozent zugelegt
hat. Die Aktie der italienischen Bank
Unicredit sticht mit einem Kursplus
von 70 Prozent heraus. Die Mutterge-
sellschaft der Hypo-Vereinsbank über-
zeugt die Anleger mit einer guten Er-
tragslage sowie mit hohen
Ausschüttungen in Form von Dividen-
den und Aktienrückkäufen.
Diese müssen aber mit den Aufse-
hern der EZB abgestimmt werden. En-
de März genehmigten sie das Aktien-
rückkaufprogramm in Höhe von 3,3
Milliarden Euro. Zusammen mit der
Dividende schüttete Unicredit 5,2 Mil-
liarden Euro aus. Diesen Betrag will
Vorstandschef Andrea Orcel für das
laufende Jahr auf mindestens 6,5 Mil-
liarden Euro erhöhen. Mitte der Wo-
che erhöhte er die Jahresprognose für
den Nettogewinn von bislang 6,5 auf
mindestens 7,25 Milliarden Euro. Seit
seinem Amtsantritt Anfang 2021 hat
sich der Kurs der Unicredit-Aktie auf
22,50 Euro verdreifacht. Analysten er-
warten einen weiteren Kursanstieg auf
über 28 Euro. Von den 27 Analysten
auf Bloomberg empfehlen 25 die Uni-
credit-Aktie zum Kauf, zwei zum Hal-
ten und keiner zum Verkauf.
Unicredit-Aktie
im Vergleich zum Branchenindex
(Kursniveau Ende 2022=Index 100)
180
Unicredit
160
140
120
100
80
Stoxx-Banken-Index im Tages-
verlauf
30.12.2022 28.7.2023
Quelle: Bloomberg /F.A.Z.-Grafik fbr.
Märkten, so viele japanische Staatsan-
leihen wie nötig aufzukaufen, um die
langfristigen Zinssätze nicht über 0,5
Prozent steigen zu lassen. Auf diese
Weise wollte die Notenbank die Kredit-
vergabe und damit das Wirtschafts-
wachstum und die Inflation ankurbeln.
Wie bei der Europäischen Zentralbank
auch ist das erklärte Ziel der Geldpoli-
tik, die Preissteigerungen stabil um die 2
Prozent zu halten.
Tatsächlich ist die Inflation aber auch
in Japan seit dem Überfall Russlands auf
die Ukraine in ungewohnte Höhen ge-
stiegen. Bei Raten zwischen 3 und 4
Prozent liegen sie aber nicht so weit ent-
fernt vom 2-Prozent-Ziel der Zentral-
bank wie in Europa und Amerika. Zu-
dem hat Japan viele Jahre mit äußerst
niedriger Inflation oder sogar Deflation
hinter sich. Vor diesem Hintergrund
hatte sich Ueda, anders als seine Kolle-
gen von der Europäischen Zentralbank
oder der amerikanischen Federal Reser-
ve, lange gegen eine Straffung gestellt.
Dass die Bank von Japan nun doch
ein wenig die Zügel anzieht, ist ein
Ausdruck davon, dass die Inflation sich
als hartnäckiger erweist, als ihre Gou-
verneure zunächst erwartet hatten. So
hob die Bank von Japan am Freitag ihre
Inflationsprognose für das im März
2024 endende Fiskaljahr nun auf 2,5
Prozent an, nachdem sie zuvor noch
von 1,8 Prozent ausgegangen war. Zu-
letzt lag sie bei 3,3 Prozent.
Dass der Yen sich gegenüber dem Dol-
lar und dem Euro so stark verbilligt hat,
liegt unter anderem daran, dass interna-
tionale Großinvestoren in den Vereinig-
ten Staaten und im Euroraum inzwi-
schen wieder deutlich positive Zinsen
bekommen, während sie in Japan weiter-
hin negativ sind. In den vergangenen Ta-
gen haben sowohl die Fed als auch die
EZB abermals ihre Leitzinsen erhöht.
Der günstige Yen hilft zwar der export-
orientierten japanischen Wirtschaft,
weil er ihre Produkte in anderen Wäh-
rungsräumen verbilligt. Importierte Gü-
ter wie Benzin oder Gas werden durch
die schwache Währung aber teurer.
blick blieben jedoch hinter den Erwar-
tungen zurück. Am Donnerstag notier-
te die Aktie bei 144,5 Dollar (minus
3 Prozent). Die Marktkapitalisierung
beträgt rund 28 Milliarden Dollar.
Stand Ende 2022 war Ek mit 16,5
Prozent der Aktien der größte einzelne
Anteilseigner von Spotify. Der Verkauf
beinhaltet der Mitteilung zufolge
203.435 im Juli 2020 von Spotify direkt
erhaltene Aktien und 471.565, die er im
Mai 2022 für rund für 50 Millionen Dol-
lar am Markt gekauft hatte. Damals
war die Aktie etwas mehr als 100 Dol-
lar wert. Anfang dieses Jahres kostete
sie knapp 80 Euro.
SE I TE 2 8 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4 Finanzen FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG

Dax, M-Dax und Tec-Dax Internationale Finanzmärkte

Börsenwert Xetra Xetra Umsatz
52 Wochen in Mrd. Landeswähr. KGV 27.7.23 28.7.23 Tages Veränd. in % seit 52 Wochen Div.- Tsd St.
Tief Vergleich Hoch Gesamt Streubes. 2023 2024 Schluss Schluss Hoch Tief 27.7. 30.12.22 Hoch Tief Div. Rend. 28.7.
Statistik (aus dem H-Dax)
Tagesgewinner Veränd. % 52-Wochen-Gewinner Veränd. %
Dax macht nach Anstieg eine Pause
WWWWWWWWWWW 11,7 10,8 Dax 16406,03 16469,75 16490,13 16336,42 +0,4 +18,3 16490,13 11862,84 581,11 3,53 3691026 BASF NA +3,10 Gerresheimer +86,53
Nach der Vortagesrally am deutschen Aktien- Frühjahrsaufschwung blieb aus, wie das Bruttoin-
WWWWWWWWWWW 33,33 29,45 0,0 45,1 Adidas NA I 182,10 185,14 186,08 179,62 +1,7 +45,3 186,54 93,40 0,701x 0,38 430 Telefónica Deutschl. +2,42 Hochtief +79,64
WWWWWWWWWWW 105,50 78,29 23,8 19,2 Airbus (NL) I P 131,04 133,48 134,58 130,64 +1,9 +19,8 138,72 86,53 1,801x 1,35 463
Wacker Chemie +2,24 Commerzbank +66,23 markt haben sich die Anleger am Freitag mit wei- landsprodukt zum zweiten Quartal zeigte.
Porsche AG Vz. +2,18 SMA Solar Techn. +65,96
WWWWWWWWWWW 88,45 85,74 9,5 8,4 Allianz vNA I P 218,85 219,30 220,10 218,45 +0,2 +9,2 228,40 156,22 11,401x 5,20 864 teren Engagements zurückgehalten. Das führen- Der M-Dax mit Aktien 50 mittelgroßer börsen-
WWWWWWWWWWW 44,08 44,08 12,7 10,4 BASF NA I P 47,90 49,39 49,59 47,52 +3,1 +6,5 54,04 37,90 3,401x 6,88 5795 Tagesverlierer Veränd. % 52-Wochen-Verlierer Veränd. %
WWWWWWWWWWW 51,48 49,69 7,9 7,2 Bayer NA I P 52,28 52,40 52,54 51,91 +0,2 +8,4 65,66 46,70 2,401x 4,58 1659 Evotec –3,40 Adtran Hold. –61,82
de Börsenbarometer Dax hielt sich stabil, notierter Unternehmen verlor zunächst etwas
WWWWWWWWWWW 30,03 11,66 30,2 27,5 Beiersdorf 117,65 119,15 119,65 117,65 +1,3 +11,1 128,60 93,38 0,701x 0,59 245 Vitesco Techn. Grp.
Nordex
–3,23
–2,94
United Internet NA
Vonovia NA
–46,36
–33,66
nachdem es tags zuvor erstmals seit Mitte Juni die deutlicher, der Verlust begrenzte sich dann aber
WWWWWWWWWWW 64,52 33,23 6,7 6,8 BMW St I 109,96 111,28 111,56 108,62 +1,2 +33,5 113,46 68,44 8,501x 7,64 924 LEG Immobilien –2,63 Verbio –29,33 Hürde von 16.400 Punkten überwunden hatte, auf minus 0,2 Prozent bei 28.721 Zählern. Der
WWWWWWWWWWW 10,96 9,76 13,1 12,1 Brenntag NA 70,04 70,92 71,14 69,60 +1,3 +18,8 77,60 53,58 2,001x 2,82 339
WWWWWWWWWWW 13,54 11,03 6,6 5,5 Commerzbank 10,87 10,82 10,98 10,77 –0,5 +22,4 12,01 6,16 0,201x 1,85 6230
was knapp unter dem Rekordhoch war. Die Aus- Euro Stoxx 50 verbesserte sich um 0,6 Prozent.
WWWWWWWWWWW 14,61 7,89 9,6 7,8 Continental 73,42 73,04 73,06 70,82 –0,5 +30,5 79,24 44,31 1,501x 2,05 331
Dax im Jahresverlauf (Xetra) sicht auf ein Ende der Zinserhöhungen in den Unter den Einzelwerten im Dax richteten sich die
WWWWWWWWWWW 9,56 9,56 51,2 16,6 Covestro 49,13 49,50 49,66 48,75 +0,8 +35,4 50,72 27,69 0,001x 0,00 656 Vereinigten Staaten und im Euroraum hatte die Blicke vor allem auf Eon, den Chemieriesen
WWWWWWWWWWW 28,09 28,09 8,9 8,2 Daimler Truck 34,04 34,13 34,13 33,75 +0,3 +17,9 34,13 22,48 1,301x 3,81 2011
WWWWWWWWWWW 20,63 19,20 5,2 4,6 Deutsche Bank NA 10,20 10,11 10,26 10,09 –0,8 –4,5 12,36 7,25 0,301x 2,97 12648 Börsen in ganz Europa befeuert. BASF und die Deutsche Telekom. Der Versorger
WWWWWWWWWWW 33,50 33,50 18,6 17,8 Deutsche Börse NA I 174,20 176,30 177,45 174,20 +1,2 +9,2 186,35 154,95 3,601x 2,04 513 Bis zum Handelsschluss legte der Dax 0,4 Pro- Eon hatte am Vorabend nach einer Entspannung
WWWWWWWWWWW 58,07 44,42 13,7 12,8 Deutsche Post NA I P 46,89 46,87 46,94 46,05 ±0,0 +33,2 46,94 29,68 1,851x 3,95 1692
WWWWWWWWWWW 99,25 64,54 10,9 10,7 Deutsche Telekom NA W I P 19,80 19,90 19,98 19,61 +0,5 +6,8 23,13 17,35 0,701x 3,52 6822
zent zu, er schloss 14 Punkte unterhalb eines Re- auf dem Energiemarkt seine Gewinnprognosen
WWWWWWWWWWW 30,40 25,47 11,6 11,8 E.ON NA 11,61 11,51 11,79 11,50 –0,8 +23,3 12,29 7,28 0,511x 4,43 5558 kordwert bei 16.476 Punkten. Auf Wochensicht für das laufende Jahr angehoben. BASF bestätigte
WWWWWWWWWWW 16,20 11,84 10,5 9,1 Fresenius 28,69 28,77 28,90 28,48 +0,3 +9,6 29,77 19,69 0,921x 3,20 926 lag das Plus bei etwas mehr als einem Prozent. Al- unterdessen seine erst kürzlich gesenkten Ziele
WWWWWWWWWWW 23,84 11,87 13,5 11,5 Hannover Rück NA 197,10 197,70 198,60 197,00 +0,3 +6,6 206,80 135,55 6,001x 3,03 91
WWWWWWWWWWW 14,42 10,43 7,8 7,5 Heidelberg Materials 73,40 74,66 74,82 72,98 +1,7 +40,1 75,96 38,73 2,601x 3,48 571 lerdings hat sich die Stimmung im Euroraum im und meldete einen deutlichen Umsatz- und Er-
WWWWWWWWWWW 12,65 12,44 17,6 15,8 Henkel Vz. 70,84 71,00 71,26 70,76 +0,2 +9,2 78,84 59,12 1,851x 2,61 298 Juli stark eingetrübt. Obendrein steckt die deut- gebnisrückgang im zweiten Quartal. Die Aktie
WWWWWWWWWWW 51,42 48,26 15,2 14,9 Infineon NA W I 38,91 39,38 39,46 38,01 +1,2 +38,5 39,46 21,87 0,321x 0,81 3332 Schluss: 16469,75 30.12.2022: 13923,59 52 Wochen Hoch/Tief: 16490,13/11862,84 sche Wirtschaft in einer Flaute. Der erhoffte drehte ins Plus und legte um 3,1 Prozent zu. dpa
WWWWWWWWWWW 78,70 61,65 6,1 6,0 Mercedes-Benz I P 72,72 73,56 73,56 71,78 +1,2 +19,8 76,10 50,65 5,201x 7,07 2523
WWWWWWWWWWW 20,72 20,72 17,7 15,8 Merck 160,50 160,35 161,10 159,20 –0,1 –11,4 202,80 145,60 2,201x 1,37 331
WWWWWWWWWWW 11,37 11,02 19,7 17,5 MTU Aero Engines 209,80 211,20 212,10 208,50 +0,7 +4,5 245,10 149,20 3,201x 1,52 177
WWWWWWWWWWW
WWWWWWWWWWW
47,67 47,65
51,13 8,56
10,9
19,1
9,8
17,7
Münch. Rück vNA I
Porsche AG Vz.
348,70
109,85
349,30
112,25
350,40
112,65
347,30
109,25
+0,2
+2,2
+14,9
+18,5
350,40
120,80
218,00
81,00
11,601x
1,011x
3,32
0,90
240
358
Deutsche Börsen Kurse in Euro
WWWWWWWWWWW 8,23 8,23 2,9 2,9 Porsche Vz. 53,80 53,74 53,94 53,10 –0,1 +4,9 74,98 48,38 2,561x 4,76 625 Biotest St. 42,20 42,00 Ferratum Oyj (FI) 3,26 3,28 Jost Werke 51,40 51,30 ProCredit Holding ° 7,48 7,24 EQS Group 25,00 25,10
27.7. 28.7. Uniper NA 5,63 5,56
WWWWWWWWWWW 9,83 9,46 20,4 18,7 Qiagen (NL) W 43,00 42,59 43,20 42,36 –1,0 –9,4 49,37 39,62 0,001x 0,00 439 Biotest Vz. 31,40 31,60 Fielmann 47,58 46,96 KAP 17,30 16,80 Progress 32,80 32,60 United Labels 2,20 2,12 Ernst Russ 5,00 5,03
Frankfurt Schluss Schluss
WWWWWWWWWWW 11,02 10,98 17,9 13,9 Rheinmetall 253,90 253,10 255,30 251,10 –0,3 +36,0 281,30 140,45 4,301x 1,70 169 BMW Vz. Δ 100,00 101,80 First Sensor 57,60 57,60 Katek 13,70 13,65 PSI Software NA 28,60 28,10 USU Software 21,30 21,90 ERWE Immobilien 0,665 0,63
28,96 24,45 9,4 13,8 RWE St. 39,86 38,93 39,94 38,93 –2,3 –6,4 43,96 36,05 0,901x 2,31 2867 Borussia Dortmund 4,25 4,25 flatexDEGIRO 8,86 9,05 Klöckner & Co. NA 8,71 8,68 PVA TePla 20,88 21,74 Va-Q-Tec NA 25,55 25,55 EV Digital Invest 5,75 5,75
WWWWWWWWWWW
151,82 133,33 23,6 20,1 SAP W I P 123,30 123,58 124,02 122,44 +0,2 +28,2 129,54 79,58 2,051x 1,66 1586
Prime Standard Brain Biotech 4,32 4,41 Fortec 27,80 28,70 Knaus Tabbert 61,40 60,60 q.beyond 0,682 0,67 Varta 21,78 20,43 Exasol 3,07 3,02
WWWWWWWWWWW Brockhaus Techn. 22,90 22,20 Fr. Vorwerk Group 10,70 10,50 Koenig & Bauer 18,70 18,18 Qingdao Haier (CN) 1,13 1,13 Villeroy & Boch Vz. 18,40 18,50
WWWWWWWWWWW 13,73 9,89 57,2 45,9 Sartorius Vz. W 373,80 366,70 372,80 362,50 –1,9 –0,7 471,70 291,90 1,441x 0,39 86 1&1 9,93 10,32 Ceconomy St. 2,74 2,72 Francotyp-Postalia 3,26 3,22 KPS NA 1,91 1,88 R. Stahl NA 21,00 22,00 Viscom 9,25 9,40 fashionette 4,57 4,76
11 88 0 Solutions 0,89 0,885 Cenit 12,65 12,60 Fuchs Petrolub St. 30,00 29,55 KWS Saat 56,60 56,40 Rhön-Klinikum 12,00 11,70 Vita 34 NA 4,68 4,87 Formycon 65,80 65,10
WWWWWWWWWWW 12,63 8,22 0,0 24,2 Siemens Energy 15,86 15,80 15,89 15,60 –0,4 –10,1 24,81 10,25 0,001x 0,00 1331 3U Holding 2,69 2,66 CeWe Stiftung 93,60 94,70 Gateway Real Est. 2,66 2,80 Leifheit 19,15 18,65 SAF Holland Δ 13,23 13,23 Volkswagen St. 145,40 145,65 Geratherm Medical 6,75 6,65
WWWWWWWWWWW 59,36 14,17 26,2 22,2 Siemens Health. W 53,50 52,62 53,26 52,42 –1,6 +12,6 58,08 40,32 0,951x 1,81 481 4SC konv. 10,70 10,80 Cherry 4,41 4,43 Gesco NA 22,80 22,40 Leoni NA 0,133 0,122 Salzgitter 31,22 31,12 Voltabox 1,96 1,98 Heliad Eq.Part. konv. 4,16 4,04
WWWWWWWWWWW 123,42 122,04 14,7 14,4 Siemens NA I P 155,68 154,28 155,20 152,66 –0,9 +19,0 167,00 95,07 4,251x 2,75 1377 Aareal Bank 32,80 32,70 Corestate Capital (L) 0,422 0,44 GFT Technologies 26,06 26,64 Logwin NA (L) 246,00 246,00 Sartorius St. 308,50 302,50 Vossloh 40,70 40,40
About You Hold. 6,36 6,36 HELMA Eigenheimbau 5,86 5,68
13,94 13,24 31,0 27,1 Symrise Inh. 99,54 99,76 100,00 98,76 +0,2 –1,9 115,05 90,08 1,051x 1,05 218 Creditshelf 9,30 9,00 Gigaset 0,424 0,44 LPKF Laser&Electr. 8,28 8,00 Schaeffler Vz. 5,85 5,80 Vulcan Energy Res. (AUS)2,78 2,72
WWWWWWWWWWW
Accentro Real Est. 1,39 1,41 CropEnergies 9,13 9,07 GK Software 206,00 195,50 Manz 16,80 16,80 Secunet 209,50 206,00 IBU-Tec Advanced 23,45 22,65
Wacker Neuson NA 23,05 23,45
WWWWWWWWWWW 25,01 22,20 3,7 3,8 Volkswagen Vz. I 120,96 121,28 121,44 118,76 +0,3 +4,2 153,74 112,84 8,761x 7,22 1272 ad pepper media (NL) 2,40 2,32 Data Modul 56,00 56,00 Global Fashion Grp. (L) 0,522 0,515 Masterflex 10,75 10,90 Serviceware 8,40 8,42 Washtec 34,60 34,80
JDC Group 17,35 17,20
WWWWWWWWWWW 17,29 16,44 9,7 9,7 Vonovia NA I 21,18 21,23 21,31 20,72 +0,2 –3,6 33,16 15,27 0,851x 4,00 3018 adesso 108,20 106,00 Delticom 1,91 1,87 Grammer 15,60 15,50 MAX Automation 5,58 5,74 SFC Energy 24,00 24,50 Westwing Group 8,11 7,94 Laiqon 8,16 8,00
Adler Group (L) 0,68 0,649 Demire Real Estate 1,91 1,87 Grand City Prop. (L) 7,75 7,67 MBB 77,30 77,30 SGL Carbon 7,60 7,67 Wüstenr. & Württemb. 15,56 15,76 Media & Games Inv. (SE) 1,17 1,17
WWWWWWWWWWW 8,25 7,31 55,8 33,3 Zalando 31,35 31,29 31,31 30,35 –0,2 –5,5 45,81 19,18 0,001x 0,00 800 Adler Real Estate 8,30 8,28 Dermapharm Holding 43,68 43,70 Grenke NA 25,60 25,55 Mediclin 2,98 2,92 Shelly Group (BG) 15,00 15,40 YOC 12,05 11,95 Mensch & Maschine 53,30 53,90
Adtran Networks 19,90 19,76 Deutsche Konsum REIT 5,88 6,00 H+R 5,12 5,22 Medigene NA 1,86 1,83 Sixt Vz. 68,70 68,50 Zeal Network 33,45 34,10 MPC Münchmeyer 3,04 3,06
All for One Group 39,20 38,80 Deutz 5,03 5,02 Hamborner Reit 6,66 6,54 Medios 17,16 17,56 SLM Solutions Gr. 18,94 18,94
WWWWWWWWWWW 19,2 15,6 M-Dax 28780,00 28706,20 28745,05 28338,28 –0,3 +14,3 29815,39 21456,66 569,36 1,98 506595 Allane 11,50 11,50 DFV Dt. Familienvers. 7,54 7,58 Hamburger Hafen 11,58 11,56 Metro St. 7,83 8,13 SNP 33,40 33,40 Scale
mVISE
Mynaric
0,77 0,805
21,60 21,90
alstria office REIT 4,97 4,99 DIC Asset NA 4,65 4,52 Hapag-Lloyd NA 201,80 202,80 Metro Vz. 7,05 7,05 Softing 6,60 6,65
WWWWWWWWWWW 4,05 4,05 28,4 25,2 Aixtron NA W 35,02 35,69 36,88 34,86 +1,9 +32,3 36,88 22,33 0,311x 0,87 1293 AlzChem Group 19,05 19,40 Nabaltec 19,80 19,55
Diebold Nixdorf (USA) 0,045 0,068 Hawesko 37,60 36,80 Mister Spex 3,86 4,12 Software 31,18 31,08 2G Energy 26,35 25,80
WWWWWWWWWWW 3,76 2,52 9,3 9,8 Aurubis 83,32 83,54 83,54 81,88 +0,3 +9,4 103,15 51,00 1,801x 2,15 27 Amadeus Fire 104,20 104,00 DMG Mori 42,40 42,40 Heidelb. Druck 1,44 1,45 MLP 5,59 5,60 Steinhoff Intern. (NL) 0,003 0,003 Advanced Blockchain 2,65 2,80 Noratis 9,10 9,05
WWWWWWWWWWW 5,02 3,26 19,2 17,5 Bechtle W 40,30 39,86 40,11 38,98 –1,1 +20,6 46,38 32,45 0,651x 1,63 116 Aroundtown (L) 1,42 1,43 Dr. Hönle 22,20 21,70 Heidelberg Pharma 3,61 3,51 Mutares 22,00 21,70 Stemmer Imaging 36,50 36,50 Apontis Pharma 7,90 5,56 Nürnb. Bet. vink. NA 70,50 71,00
WWWWWWWWWWW 1,37 1,37 17,4 12,7 Befesa (L) 34,64 34,22 34,72 33,92 –1,2 –24,1 56,15 29,04 1,252x 3,65 64 Artnet NA 7,80 7,95 Drägerwerk St. 40,20 41,30 Henkel & Co. 63,94 64,10 MVV Energie NA 31,70 31,60 Stratec 51,00 50,60 Artec Technologies 2,14 2,04 Nynomic 34,10 34,10
Aumann 13,74 13,58 Drägerwerk Vz. 45,85 45,65 hGears 4,05 3,95 New Work 105,20 105,20 Südzucker 15,93 15,84 Beaconsmind (CH) 7,00 7,50 Ökoworld NA Vz. 37,10 36,60
WWWWWWWWWWW 9,31 3,82 34,4 29,8 Carl Zeiss Meditec W 105,10 104,10 105,00 102,60 –1,0 –11,7 145,95 96,20 1,101x 1,06 99 Auto1 Group 9,80 9,70 Dt. Beteiligung 30,35 30,30 Highlight Comm. (CH) 3,38 3,40 Nexus 57,90 59,20 Surteco Group 17,50 17,80 Beta Systems Software 42,80 43,00
6,05 3,52 28,5 25,7 CTS Eventim 63,50 63,05 63,40 61,95 –0,7 +5,8 71,70 40,32 1,061x 1,68 108 Basler 15,76 15,58 Blue Cap 21,40 20,80 Pantaflix 0,785 0,775
WWWWWWWWWWW Dt. EuroShop NA 21,70 22,15 HomeToGo (L) 2,90 2,87 NFON 6,68 6,66 Suse (L) 10,75 10,68
Bastei Lübbe 5,30 5,25 Dt. Pfandbriefbank 7,52 7,52 Hornbach Hold. 71,25 72,10 Norma Group NA 16,04 16,38 Süss MicroTec NA 22,00 23,20 Cantourage Grp. 10,34 10,38 Partec 131,00 142,00
WWWWWWWWWWW 11,03 7,60 0,0 0,0 Delivery Hero 41,00 40,92 41,10 39,30 –0,2 –8,6 57,82 29,31 0,001x 0,00 381
BayWa NA 48,50 49,10 DWS Group 31,48 31,88 Hypoport SE 195,20 194,30 Novem Group (L) 10,10 10,20 Synlab 8,75 8,89 Cliq Digital 24,20 24,30 publity 19,95 19,85
WWWWWWWWWWW 1,96 1,38 10,8 9,0 Dürr 28,20 28,32 28,34 27,86 +0,4 –10,2 36,70 19,74 0,701x 2,47 42 BayWa vNA 38,15 38,10 Ecotel Communic. 18,75 18,95 Indus Holding 24,45 24,15 OHB 32,70 31,85 Syzygy 4,16 4,10 cyan 1,69 1,69 Pyramid 1,72 1,70
WWWWWWWWWWW 2,10 1,36 26,6 24,8 Encavis 15,29 15,09 15,30 14,89 –1,3 –18,4 24,78 14,08 0,001x 0,00 267 BB Biotech NA (CH) 46,60 46,60 EDAG Engineer. (CH) 10,50 10,90 Init Innovation 31,10 31,40 OVB Holding 22,00 21,80 Takkt 13,72 13,20 Daltrup & Söhne 11,15 11,20 Pyrum Innovations 50,50 48,80
WWWWWWWWWWW 8,80 3,87 17,3 12,2 Evonik Industries 18,60 18,89 18,99 18,43 +1,5 +5,3 21,70 16,48 1,171x 6,20 700 Beck, Ludwig 28,20 27,20 Einhell Germany Vz. 148,60 151,20 Instone Real 6,24 6,18 Paion AG 5,90 5,70 technotrans NA 25,40 25,30 Datagroup IT Serv. 59,10 59,90 RCM 1,67 1,71
Bertrandt 46,65 46,85 Elmos Semicond. 80,10 79,70 Intershop Communic. 1,82 1,81 paragon GmbH 5,62 5,74 Teles 1,52 1,53 Datron 11,40 11,40 Scherzer & Co. 2,62 2,60
WWWWWWWWWWW 4,07 3,45 675,9 90,8 Evotec W 23,79 22,98 23,11 21,13 –3,4 +50,6 29,71 14,80 0,001x 0,00 993 Bet-at-home.com 3,78 3,94 ElringKlinger NA 7,84 7,83 InTiCa Systems 7,10 7,10 Patrizia 10,88 9,16 The Social Chain 0,336 0,388 Delignit 4,58 4,58
WWWWWWWWWWW 4,40 1,75 13,7 10,7 Fraport 48,60 47,54 48,68 46,54 –2,2 +24,9 54,58 35,56 0,001x 0,00 219 Bike24 2,65 2,65 elumeo 2,52 2,66 InVision – – Petro Welt Techn. (A) 2,20 – thyssenkr. nucera 22,48 22,76 Deutsche Rohstoff 26,55 27,15 SGT German Private Eq. 1,78 1,79
WWWWWWWWWWW 2,71 2,56 13,1 9,8 freenet NA W 22,64 22,76 22,82 22,54 +0,5 +11,5 26,46 18,62 1,681x 7,38 235 Bilfinger 33,42 33,18 Exceet Group (L) 5,80 5,75 Ionos Group 14,20 14,12 Pfeiffer Vacuum 150,00 148,60 tonies SE (L) 4,82 4,90 Dt. Grundst. Aukt. 13,60 13,60 Vectron Systems 5,04 5,28
Biofrontera NA 0,832 0,804 Fabasoft (A) 18,40 18,70 IVU Traffic Techn. 15,30 15,02 PharmaSGP Hold. 26,20 26,50 Traton 19,67 19,58 Edel 4,20 4,12 Veganz Group 16,85 19,95
WWWWWWWWWWW 13,90 9,43 21,0 16,9 Fresenius M. C. St. 48,17 47,39 48,23 47,06 –1,6 +55,0 49,62 25,95 1,121x 2,36 371
WWWWWWWWWWW 2,61 2,61 18,3 16,5 Fuchs Petrolub Vz. 37,92 37,50 38,14 35,82 –1,1 +14,5 39,62 24,72 1,071x 2,85 165
WWWWWWWWWWW 6,91 6,34 16,4 15,4 GEA Group 38,05 38,30 38,51 37,93 +0,7 +0,3 44,52 31,18 0,951x 2,48 266
WWWWWWWWWWW
WWWWWWWWWWW
3,73
8,00
3,73 22,7
1,30 18,7
19,0
K.A.
Gerresheimer
Hella
109,30
72,50
108,00
72,00
109,40
72,30
107,10
71,70
–1,2
–0,7
+72,0
–5,3
113,00
83,55
46,66
65,00
1,251x
2,881x
1,16
4,00
53
7
Europäische Börsen Kurse in Euro / Schweizer Franken
WWWWWWWWWWW 4,47 4,28 29,2 17,6 HelloFresh 25,70 25,95 26,03 25,20 +1,0 +26,4 33,12 15,40 0,001x 0,00 629
Bank of Ireland (IRL) 9,26 9,55 EDP (PT) 4,43 4,35 Hexagon B (SE) 8,90 8,80 Michelin (F) 29,59 29,69 Sainsbury PLC (GB) 3,32 3,31 Swisscom NA (CH) 563,20 564,00
WWWWWWWWWWW 3,29 1,64 22,8 17,6 Hensoldt W 32,20 31,36 33,00 31,14 –2,6 +41,9 37,54 18,98 0,301x 0,96 265 27.7. 28.7. Bankinter (E) 5,89 5,85 Electrolux B fr (SE) 11,33 11,28 Holcim N (CH) 61,64 61,92 Naturgy Energy (E) 27,66 27,58 Saipem (I) 1,47 1,47 TechnipFMC (GB) 15,75 16,58
WWWWWWWWWWW 6,36 1,68 13,1 12,4 Hochtief 90,35 90,00 90,60 89,30 –0,4 +70,8 90,90 45,60 4,001x 4,44 95 Barry Callebaut NA (CH) 1632 1630 Ems-Chemie (CH) 736,00 734,50 Icade (F) 37,96 37,58 NatWest Group (GB) 2,83 2,89 Sampo (FI) 40,47 40,21 Telecom Italia (I) 0,264 0,266
Frankfurt / Schweizer Aktien Zürich
WWWWWWWWWWW 5,15 2,62 20,1 16,1 Hugo Boss NA 73,82 73,22 73,82 72,58 –0,8 +35,2 75,76 44,41 1,001x 1,37 237 BB Biotech NA (CH) 44,40 44,55 Enagás (E) 16,47 16,39 Imerys (F) 32,96 32,50 Next (GB) 83,50 83,00 Sandvik (SE) 18,22 18,10 Telefónica (E) 3,94 3,93
WWWWWWWWWWW 1,67 1,49 16,6 14,9 Jenoptik W 29,28 29,24 29,26 28,86 –0,1 +14,4 33,36 18,44 0,301x 1,03 33 A. B. Foods (GB) 23,90 23,95 Bollore (F) 5,94 5,85 Endesa (E) 19,47 19,59 IMI (GB) 18,94 18,96 Norsk Hydro (N) 5,80 5,72 SCA B fr (SE) 12,09 12,21 Telekom Austria (A) 6,84 6,83
WWWWWWWWWWW 1,63 1,63 13,0 11,9 Jungheinrich 34,00 34,00 34,14 33,58 ±0,0 +27,9 37,22 19,77 0,681x 2,00 32 Abrdn (GB) 2,72 2,72 Bouygues (F) 31,91 33,06 Engie (F) 15,38 15,02 Immofinanz (A) 17,92 17,78 Novozymes B (DK) 45,36 44,94 Schibsted (N) 19,09 19,08 Telenet (BE) 20,86 20,76
WWWWWWWWWWW 3,30 3,20 11,1 13,2 K+S NA 17,29 17,22 17,44 17,08 –0,4 –6,3 24,89 14,35 1,001x 5,81 560 Accor (F) 33,25 33,42 Brit. Land (GB) 3,99 3,91 Equinor ASA (N) 27,50 27,26 Int. Cons. Airlines (E) 1,81 1,85 OC Oerlikon NA (CH) 4,68 4,71 Schindler PS (CH) 211,80 211,10 Telenor (N) 9,82 9,68
WWWWWWWWWWW 5,05 2,69 13,8 10,1 Kion Group 38,02 38,49 38,71 37,31 +1,2 +43,8 46,45 18,66 0,191x 0,49 341 ACS (E) 32,03 31,69 BT Group (GB) 1,45 1,47 Ericsson B fr (SE) 4,68 4,66 InterCont. Hotels (GB) 66,50 67,00 OCI N.V. (NL) 25,85 25,70 Schroders (GB) 5,14 5,40 Telia Comp. (SE) 2,13 2,06
Adecco Group NA (CH) 34,96 35,20 Bunzl (GB) 34,28 33,68 Erste Group Bank (A) 34,11 34,34 Intesa Sanpaolo (I) 2,56 2,60 OMV (A) 41,51 40,66 Scor SE (F) 27,50 27,16 Tenaris (L) 14,86 14,99
WWWWWWWWWWW 10,29 4,22 18,4 16,5 Knorr-Bremse 63,90 63,86 63,86 62,72 –0,1 +25,1 70,46 42,31 1,451x 2,27 153
Aegon (NL) 4,92 4,92 Burberry Group (GB) 25,50 26,25 Eutelsat Comm. (F) 6,18 6,08 Investor B (SE) 18,88 18,76 Orange (F) 10,54 10,35 Scot.&South. En. (GB) 20,40 20,00 Terna (I) 7,69 7,68
WWWWWWWWWWW 3,45 1,66 15,0 12,8 Krones 108,90 109,20 109,80 107,90 +0,3 +4,0 120,30 78,00 1,751x 1,60 11 Bureau Veritas SA (F) 25,33 25,09 Exor (NL) 83,14 84,08 ITV (GB) 0,71 0,809 Orkla (N) 7,24 7,20 SE Banken A fr (SE) 10,98 10,99 Tesco (GB) 3,04 3,04
Aeroports de Paris (F) 129,00 122,60
WWWWWWWWWWW 2,64 2,57 19,4 9,5 Lanxess 30,09 30,59 30,73 29,85 +1,7 –18,9 47,83 25,75 1,051x 3,43 428 Ageas (BE) 38,80 38,54 Caixabank (E) 3,78 3,76 Experian Group (JE) 35,20 35,60 JCDecaux (F) 16,42 16,86 Österreich. Post (A) 32,70 32,70 Semperit (A) 19,64 19,92 Thales (F) 134,10 134,70
WWWWWWWWWWW 4,73 4,64 10,6 11,1 LEG Immobilien 65,48 63,76 64,84 63,22 –2,6 +4,8 90,12 46,17 0,001x 0,00 189 Air France-KLM (F) 1,58 1,53 Capgemini (F) 179,65 169,05 Ferguson PLC (JE) 142,00 145,00 Jeronimo Martins (PT) 25,50 24,86 Pandora A/S (DK) 88,82 90,96 SES S.A. (L) 5,82 5,80 TomTom (NL) 7,87 7,87
WWWWWWWWWWW 10,79 9,01 6,7 6,1 Lufthansa vNA 8,91 9,03 9,11 8,83 +1,4 +16,3 11,16 5,48 0,001x 0,00 5403 Akzo Nobel (NL) 78,80 78,26 Capita PLC (GB) 0,321 0,317 Ferratum Oyj (FI) 3,26 3,28 Julius Bär NA (CH) 63,12 63,00 Partners Group (CH) 993,20 984,00 SGS NA (CH) 84,46 84,70 Tullow Oil PLC (GB) 0,385 0,379
WWWWWWWWWWW 7,56 3,67 46,3 39,0 Nemetschek W 65,84 65,48 65,92 64,54 –0,5 +37,3 75,32 42,78 0,451x 0,69 101 Alfa Laval AB (SE) 33,22 33,08 Carlsberg B (DK) 140,85 139,95 Flughafen Zürich (CH) 187,20 184,10 KBC Group (BE) 67,98 67,90 Pearson (GB) 10,21 9,68 Sika N (CH) 272,00 271,40 UCB (BE) 81,80 80,06
WWWWWWWWWWW 2,03 1,38 0,0 60,8 Nordex W 13,09 12,71 13,25 12,60 –2,9 –3,8 15,63 7,23 0,001x 0,00 713 Alstom (F) 27,04 28,06 Carnival PLC (GB) 15,08 15,08 Fortum (FI) 12,21 12,13 Kerry Group A (IRL) 89,00 89,84 Philips Electr. (NL) 19,16 19,01 Skanska B fr (SE) 14,75 14,48 United Utilities (GB) 11,70 11,60
WWWWWWWWWWW 2,10 1,23 8,0 7,1 ProSiebenSat.1 8,86 9,00 9,00 8,68 +1,5 +7,8 10,23 6,44 0,051x 0,56 553 Amadeus IT (E) 67,70 68,72 Carrefour (F) 18,15 18,31 Fresnillo PLC (GB) 7,31 7,20 Kingfisher (GB) 2,90 2,88 Poste Italiane (I) 10,28 10,36 SKF B fr (SE) 16,94 17,00 UPM-Kymmene (FI) 30,29 30,05
Andritz (A) 48,40 47,70 Casino Guich. (F) 3,08 2,80 GALP (PT) 11,42 11,45 Kinnevik B (SE) 12,55 12,43 Proximus (BE) 7,30 7,11 Smith & Nephew (GB) 13,98 13,91 Valeo (F) 21,71 20,33
WWWWWWWWWWW 9,28 6,26 25,1 18,8 Puma 61,24 61,50 61,96 59,68 +0,4 +8,5 70,88 41,31 0,821x 1,33 568
Anglo American (GB) 28,90 27,70 Centrica (GB) 1,53 1,57 GBL (BE) 73,96 74,26 Klepierre (F) 23,84 23,95 Prudential (GB) 12,60 12,60 Snam Rete Gas (I) 4,82 4,82 Vallourec (F) 11,68 11,57
WWWWWWWWWWW 7,67 3,21 39,4 35,2 Rational 679,00 674,50 678,50 662,50 –0,7 +21,5 705,50 401,00 13,501x 2,00 3 CEZ Inh. (CZ) 39,88 38,88 Geberit NA (CH) 496,60 495,20 Komercni (CZ) 29,06 29,16 Publicis Group (F) 72,26 73,02 Sodexo (F) 92,70 93,80 Veolia Environnem. (F) 30,10 29,95
Antofagasta (GB) 19,10 19,26
WWWWWWWWWWW 1,88 1,31 0,0 0,0 Redcare Pharmacy (NL) 105,00 104,00 105,15 103,00 –1,0 +135,8 110,80 36,51 0,001x 0,00 55 AP Moeller-Maersk (DK) 1832 1848 Christian Dior (F) 771,00 786,00 Gecina (F) 98,75 97,90 Kon. Vopak (NL) 35,67 34,37 Randstad Hold. (NL) 52,74 52,46 Solvay (BE) 106,10 107,00 Vestas Wind (DK) 24,60 24,40
WWWWWWWWWWW 6,00 1,43 10,0 9,0 RTL Group (L) 38,24 38,80 38,84 37,88 +1,5 –1,6 49,64 30,86 4,001x 10,31 36 ArcelorMittal (L) 25,16 25,49 Clariant NA (CH) 14,18 14,30 Generali (I) 19,04 19,19 Kone (FI) 45,96 46,55 Redeia Corporacion (E) 15,29 15,20 Sonova Hold. NA (CH) 244,20 241,70 Vienna Insurance (A) 24,05 24,00
WWWWWWWWWWW 4,55 4,46 27,0 23,4 Scout24 NA 60,46 60,64 60,64 59,46 +0,3 +29,2 61,54 46,12 1,001x 1,65 84 Arkema (F) 92,70 98,20 Coca-Cola HBC (CH) 27,39 27,40 Getinge (SE) 16,80 17,05 Kühne + Nagel NA (CH) 276,50 270,60 Relx (GB) 30,91 30,73 Standard Ch. PLC (GB) 8,29 8,15 Vivendi (F) 8,30 8,14
WWWWWWWWWWW 3,33 1,39 14,8 14,1 Sixt St. 109,40 109,50 110,60 108,80 +0,1 +27,4 132,40 79,90 6,111x 5,58 19 Aryzta NA (CH) 1,51 1,52 Coloplast (DK) 113,95 113,35 Getlink (F) 16,00 15,77 Land Securities (GB) 7,70 7,60 Renault (F) 40,26 40,19 STMicroelectronics (NL) 50,31 48,73 Voest-Alpine (A) 29,20 29,40
WWWWWWWWWWW 2,99 1,23 41,4 26,7 SMA Solar Techn. W 88,30 86,30 88,05 85,45 –2,3 +29,1 112,70 38,42 0,001x 0,00 152 Assa-Abloy AB (SE) 21,58 22,02 Colruyt (BE) 34,98 34,71 Givaudan NA (CH) 2951 2943 Legal & General (GB) 2,75 2,87 Repsol YPF (E) 13,98 13,65 Stora Enso Oyj (FI) 11,01 11,03 Volvo B (SE) 19,84 20,14
WWWWWWWWWWW 1,26 1,26 11,4 11,1 Stabilus S.A 52,20 51,20 51,85 50,65 –1,9 –18,6 66,60 42,62 1,751x 3,42 30 Atlas Copco A (SE) 12,76 12,90 Compass Group (GB) 24,20 23,80 Gjensidige Forsikr. (N) 13,97 14,12 Legrand (F) 90,70 91,30 Rexel (F) 22,10 22,19 Subsea 7 (L) 12,28 11,96 Wärtsilä (FI) 11,43 11,41
Atos (F) 14,36 11,48 Crédit Agricole (F) 11,15 11,30 Grifols (E) 13,48 13,34 Linde PLC (IRL) 351,45 353,90 Richemont (CH) 140,30 140,00 Sulzer NA (CH) 85,60 86,60 Wendel (F) 94,10 93,30
WWWWWWWWWWW 2,48 1,35 15,2 12,5 Ströer & Co. 43,26 43,72 43,72 42,66 +1,1 +0,4 55,80 34,44 1,851x 4,23 37
Aviva PLC (GB) 4,66 4,68 Danske Bank (DK) 21,32 21,49 Hargreaves Lans. (GB) 10,24 10,02 Lindt & Spr. NA (CH) 106000 106600 Rolls-Royce Group (GB) 2,23 2,23 Svenska Handelsbk. (SE) 8,05 8,04 Whitbread (GB) 39,55 40,36
WWWWWWWWWWW 1,77 1,77 10,7 10,5 TAG Immobilien 10,28 10,11 10,33 10,02 –1,7 +67,2 11,29 5,37 0,001x 0,00 609 Babcock Int. (GB) 4,53 4,49 Dassault Systemes (F) 38,48 38,98 Heineken Hold. (NL) 81,65 81,20 London Stock Ex. (GB) 99,00 99,00 Royal KPN (NL) 3,29 3,28 Swatch Group Inh. (CH) 272,70 276,00 Wienerberger (A) 29,82 29,90
WWWWWWWWWWW 14,21 2,98 10,1 9,3 Talanx NA 56,10 56,20 56,60 55,75 +0,2 +26,8 56,60 34,44 2,001x 3,56 109 BAE Systems (GB) 10,92 10,79 DSM-Firmenich (CH) 101,05 101,05 Heineken N.V. (NL) 98,80 97,62 Mapfre (E) 1,82 1,90 RTL Group (L) 38,42 38,58 Swedbank A (SE) 16,87 16,71 Wolters Kluwer (NL) 114,25 112,80
WWWWWWWWWWW 2,78 1,93 18,7 17,9 TeamViewer SE W 15,40 15,45 15,54 15,14 +0,4 +28,3 17,07 7,67 0,001x 0,00 214 Bâloise NA (CH) 137,10 136,60 Easyjet (GB) 5,26 5,21 Hellenic Telecom (GR) 14,30 14,10 Marks & Spencer (GB) 2,32 2,31 Ryanair Holdings (IRL) 16,00 15,90 Swiss Life NA (CH) 558,60 555,80 WPP (JE) 9,75 9,88
WWWWWWWWWWW 7,42 2,19 30,8 22,7 Telefónica Deutschl. W 2,43 2,49 2,50 2,43 +2,4 +8,3 3,15 2,01 0,181x 7,22 5532 Banco Sabadell (E) 1,15 1,14 Edenred (F) 57,18 57,64 Hennes & Mauritz (SE) 15,44 15,36 Mediobanca (I) 11,85 11,84 Sage Group (GB) 10,62 10,76 Swiss Re NA (CH) 93,38 93,40 Yara (N) 37,06 37,18
WWWWWWWWWWW 4,45 3,42 21,8 8,7 thyssenkrupp 7,20 7,16 7,22 7,13 –0,6 +25,6 7,77 4,17 0,151x 2,10 2248
WWWWWWWWWWW 3,06 3,06 18,3 9,4 Vitesco Techn. Grp. 79,00 76,45 78,35 75,55 –3,2 +40,9 80,40 45,96 0,001x 0,00 32
WWWWWWWWWWW 7,37 2,44 17,6 14,9 Wacker Chemie 138,25 141,35 141,70 135,60 +2,2 +18,4 161,55 98,58 12,001x 8,49 105
Übersee Börsen
WWWWWWWWWWW 23,2 19,7 Tec-Dax 3317,10 3302,53 3308,19 3281,33 –0,4 +13,1 3350,46 2588,59 52,21 1,58 918233
Dow Jones Industrial Average New York (USD) Cigna Group 292,75 292,10 Kimberly-Clark 130,32 130,42 UPS 186,52 187,89 NXP Semiconduct. 221,79 223,31
WWWWWWWWWWW 0,70 0,61 28,2 8,3 Adtran Hold. (USA) 9,17 8,93 9,18 8,84 –2,6 –47,1 25,10 7,44 0,09$2x 4,76 33 Citigroup 47,88 47,41 Kroger Co. 48,10 48,52 Valero Energy 125,47 129,07 Paccar Inc. 85,35 85,34
WWWWWWWWWWW 1,75 1,22 60,1 51,4 Atoss Software 218,00 219,50 220,00 214,00 +0,7 +57,7 234,50 109,60 2,831x 1,29 4 Heimatbörse Frankfurt Colgate-Palmolive 77,11 75,62 Lilly (Eli) 454,99 458,48 Waste Managem. 163,97 162,94 Paychex 127,05 126,52
27.7. 28.7. ConAgra Brands 33,11 33,03 Lockheed Mar. 448,64 449,00 Wells Fargo 45,77 46,14
WWWWWWWWWWW 1,01 0,90 19,0 15,6 Cancom 26,24 26,04 26,18 25,74 –0,8 –4,8 36,00 23,04 1,001x 3,84 46 52 Wochen 27.7. 28.7. 28.7. Ver. PayPal 72,03 73,98
Vergleich Dividende Schluss Schluss Schluss in % Heimatbörse ConocoPhillips 115,78 115,93 Loews 62,04 62,19 Western Digital 41,68 42,03
WWWWWWWWWWW 2,44 0,98 21,1 19,2 CompuGroup Med. 46,56 45,92 46,28 45,44 –1,4 +27,6 52,05 30,56 0,501x 1,09 29 Qualcomm Inc. 125,85 129,48
Corning Inc. 33,81 33,76 Lowe’s 234,90 235,09 Weyerhaeuser 34,11 33,67
WWWWWWWWWWW 0,77 0,51 27,2 21,7 Eckert & Ziegler 36,42 36,30 36,50 35,84 –0,3 –21,8 59,00 32,74 0,501x 1,38 21 Abb Vie 148,85 150,85 Crown Castle Inc. 110,10 108,94 Macys 16,25 16,27 Williams Cos. 34,05 34,06 Ryanair 100,29 100,64
WWWWWWWWWWW 3M Co. 1,50$4x 111,19 111,88 101,22 +0,3 Abbott Labor 112,65 112,73 Starbucks 100,78 101,25
WWWWWWWWWWW 1,28 0,82 17,9 14,9 Kontron (A) 19,21 19,36 19,48 19,05 +0,8 +26,6 20,08 13,28 1,001x 5,17 69 CVS Caremark 75,47 74,61 Marsh & McL. 189,51 188,86 Yum! Brands 136,23 136,94
WWWWWWWWWWW American Express 0,60$4x 163,60 165,43 150,80 –1,0 Accenture 318,82 315,55 Danaher Corp. 255,27 260,07 T. Rowe Price 117,11 126,79
0,92 0,89 0,0 0,0 MorphoSys 26,59 26,89 27,36 26,15 +1,1 +103,6 31,34 11,81 0,001x 0,00 198 MasterCard 394,50 392,96
Nasdaq (USD)
WWWWWWWWWWW WWWWWWWWWWW Amgen 2,13$4x 236,05 236,37 214,60 –0,7 Aflac Inc. 72,06 72,39 Deere & Co. 428,62 427,11 Medtronic PLC 88,51 88,25 27.7. 28.7. Tesla 255,71 266,86
WWWWWWWWWWW 1,19 0,77 17,2 13,9 Nagarro 88,15 86,20 89,00 85,95 –2,2 –22,1 135,00 76,35 0,001x 0,00 40 WWWWWWWWWWW Apple Inc. 0,24$4x 193,22 195,83 177,82 +1,1 Agilent Technol. 126,66 126,05 Dell Techs 53,71 52,61 MetLife 62,32 62,56 Adobe 513,97 528,87 Vertex Pharm. 349,64 354,05
WWWWWWWWWWW 1,02 0,44 0,0 283,0 PNE NA 13,48 13,30 13,44 13,12 –1,3 –37,7 24,10 12,16 0,081x 0,60 52 WWWWWWWWWWW Boeing Co. 2,06$4x 233,75 238,69 216,65 +1,7 Air Products & Chem.302,89 303,43 Dominion Energy 53,36 53,50 Morgan Stanley 92,75 91,57 Alphabet Inc. A 129,40 132,58 Wynn Resorts 108,15 108,98
WWWWWWWWWWW 2,35 1,30 12,9 15,8 Siltronic NA 77,40 78,20 79,40 76,95 +1,0 +14,7 87,25 51,65 3,001x 3,84 63 WWWWWWWWWWW Caterpillar Inc. 1,30$4x 258,30 260,43 235,00 ±0,0 Alibaba 95,44 100,55 Duke Energy 94,44 93,34 Newmont Corp. 42,11 42,42 Amazon.com 128,25 132,21
WWWWWWWWWWW 2,58 1,06 6,4 6,0 United Internet NA 13,43 13,42 13,49 13,32 –0,1 –29,0 26,13 12,38 0,501x 3,73 247 WWWWWWWWWWW Chevron Corp. 1,51$4x 159,66 158,87 144,54 –1,3 Allstate
Altria Group Inc.
112,78
45,60
112,46
45,49
Eaton Corp.
Emerson Electric
202,10
91,84
203,30
90,97
Nextera Energy
Norfolk South.
73,27
235,34
72,85
236,66
Applied Mater. 146,14 151,93 Hongkong (HKD) 27.7. 28.7.
WWWWWWWWWWW 2,70 0,69 18,2 16,0 Verbio 42,10 42,51 42,77 41,80 +1,0 –29,9 87,65 29,93 0,201x 0,47 49 WWWWWWWWWWW Cisco Systems 0,39$4x 53,00 52,09 47,03 –3,8 ASML Hold. 708,12 718,37
Bank of China 2,82 2,87
Am. Electric Power 85,26 85,42 Exxon Mobil Corp. 105,42 104,16 Northrop Grumman 445,31 449,68 Autom. Data 250,88 250,61
WWWWWWWWWWW Coca Cola Co. 0,46$4x 62,44 62,48 56,53 –0,7
Am. Intl. Group 60,64 60,16 FedEx Corp. 265,37 268,85 Occidental P. 61,85 62,08 Baidu Inc. 148,03 155,36 BOC (HK) 23,70 23,75
WWWWWWWWWWW Disney Co. 0,88$1x 85,36 86,13 78,37 –0,1 AMD Inc. 111,10 112,96 CCB 4,43 4,48
Ferrari N.V. 317,27 321,82 Omnicom 82,34 82,55 Biogen Inc. 262,79 265,23
WWWWWWWWWWW Dow Inc. 0,70$4x 54,94 55,46 50,00 ±0,0 Americ. Tower Reit 193,23 188,97
Aktien-Indizes Euro Stoxx 50, Stoxx Europe 50
Fiserv Inc. 123,51 124,99 Oracle Corp. 116,40 115,99 BioNTech 105,00 107,42 China Mobile 65,25 65,00
WWWWWWWWWWW Goldman Sachs 2,50$4x 354,51 353,23 323,60 –0,6 Aon PLC 337,06 319,82 Ford Motor 13,73 13,26 Parker Hannifin 397,31 399,57 China Nat. Offs. Oil 12,40 12,44
Booking Hold. 2956 3012
WWWWWWWWWWW Home Depot 2,09$4x 329,71 331,37 301,80 +1,7 Apache Corp. 39,48 40,15 Franklin Resources 28,41 29,51 PepsiCo 188,53 190,31 Broadcom 893,53 899,79 CK Hutchison 48,45 48,45
52 Wochen 52 Wochen 27.7. 28.7. Veränd. in % Heimatbörse Frankfurt WWWWWWWWWWW Honeywell Intl. 1,03$4x 196,41 195,19 178,22 –0,5 Archer-Daniels 85,79 86,39 Freeport-McMoRan 43,29 43,63 Pfizer 36,20 36,07 Cincinnati Fin. 102,62 109,65 Hang Seng Bank 117,00 117,50
IBM 1,66$4x 142,97 143,45 129,85 +0,1 AT&T 14,51 14,45 Gap Inc. 10,12 10,35 Philip Morris 98,58 99,86 Cognizant Techn. 66,29 65,76
Tief Vergleich Hoch Hoch Tief Schluss 22.05 h 27.7. 30.12. WWWWWWWWWWW Ping An Insur. 53,70 56,10
52 Wochen 27.7. 28.7. 28.7. Ver. Baker Hughes 34,66 35,42 General Dynamics 219,82 222,64 PP&L Res. 27,49 27,46
WWWWWWWWWWW Intel Corp. 0,13$4x 34,55 36,83 33,35 +5,8 Comcast A 45,35 45,23 Sun Hung K.P. 99,20 99,15
Vergleich Dividende Schluss Schluss Schluss in % Johnson & Johnson 1,19$4x 173,69 174,48 158,30 +0,3 Bank of America 31,95 31,90 General Electric 115,42 114,39 PPG Ind. 144,80 145,41 Costco 561,83 563,32
Deutsche Indizes WWWWWWWWWWW
Bank of N.Y. Mellon 45,14 44,98 General Mills 75,00 75,45 ProLogis 124,94 123,65
WWWWWWWWWWW 2540,09 1882,45 F.A.Z. 2502,17 2508,67 +0,26 +14,2
WWWWWWWWWWW AB Inbev
WWWWWWWWWWW McDonald’s 1,52$4x 295,19 294,03 269,00 –0,5
Barrick Gold 16,78 16,98 General Motors 38,97 38,05 RTX Corp. 85,17 87,34
CSX Corp.
eBay
33,03
43,66
33,80
45,01
Tokio (JPY) 27.7. 28.7.
WWWWWWWWWWW 4632,02 3202,64 F.A.Z.-Auto- und Zulieferind. 4460,23 4501,60 +0,93 +19,5 0,751x 53,47 53,52 53,45 –0,3 WWWWWWWWWWW Merck & Co. 0,73$4x 105,27 106,34 96,10 –0,5 Baxter Int. Inc. 45,48 47,01 Grainger Inc. 724,67 731,37 Schlumberger 57,02 57,15 Gilead Science 76,51 76,86 Canon Inc. 3759 3616
WWWWWWWWWWW 358,88 223,00 F.A.Z.-Banken 319,55 317,30 –0,70 +4,8 WWWWWWWWWWW ABB NA 0,84F1x 35,30 34,90 – – WWWWWWWWWWW Microsoft 0,68$4x 330,72 338,37 307,25 +1,9 Becton D.& C. 283,59 280,32 Halliburton 37,93 38,16 Sherwin Will. 277,06 280,12 Illumina 189,70 192,44 Honda Motor 4418 4400
WWWWWWWWWWW 4402,13 2844,10 F.A.Z.-Bau und Immobilien 4094,99 4103,13 +0,20 +19,7 WWWWWWWWWWW Adyen 0,001x 1601,20 1674,01674,00 +3,7 WWWWWWWWWWW Morgan (J.P.) 1,00$4x 156,02 156,91 142,00 –1,0 Berkshire Hath. A 531650 533113 Harmony G.ADR 4,19 4,30 Snap 10,33 10,68 Intuit Inc. 496,53 511,84 Japan Tobacco 3106 3097
WWWWWWWWWWW 2544,03 2034,37 F.A.Z.-Chemie und Pharma 2290,46 2305,63 +0,66 +2,8 WWWWWWWWWWW Nike 0,34$4x 107,67 108,62 97,71 –1,6 Berkshire Hath. B 349,31 349,81 Hershey Co. 233,56 235,64 Southern Co. 72,86 72,35 Intuitive-Surgical 323,56 326,53 Mitsub. UFJ Fin. 1079 1136
WWWWWWWWWWW Ahold Delhaize 0,592x 31,74 31,81 31,81 +0,5 Blackrock 729,07 738,34 Hess Corp. 147,92 149,02
WWWWWWWWWWW 714,55 536,25 F.A.Z.-Erneuerb. Energien 601,00 592,55 –1,4 –9,0 WWWWWWWWWWW Procter & Gamble 0,94$4x 152,11 156,41 142,08 +1,8 State Street 70,48 71,17 Kraft Heinz Co 36,20 36,16 Mizuho Financ. 2270 2379
WWWWWWWWWWW Air Liquide 2,951x 161,96 163,70 164,28 +1,4 Salesforce Inc. 0,001x 225,15 225,60 204,60 –1,6 Boston Scientific 52,64 51,69 Howmet Aerospace 50,18 50,43 Stryker 282,01 283,00 Liberty Global A 18,54 18,58
WWWWWWWWWWW 706,80 453,27 F.A.Z.-Grundstoffe 619,03 616,77 –0,37 +6,6 WWWWWWWWWWW Nissan Motor 638 619
WWWWWWWWWWW ASML Hold. 1,692x 652,80 653,00 649,40 +0,8 Travelers Comp. 1,00$4x 174,87 173,26 159,10 +1,7 BP PLC 36,66 36,71 HP Enterprise 17,36 17,26 Sysco 75,50 76,06 Marriott Intl. 195,75 199,61
WWWWWWWWWWW 2594,17 1736,29 F.A.Z.-Handel und Verkehr 2258,61 2253,70 –0,22 +19,0 WWWWWWWWWWW
Bristol-Myers Sq. 60,73 61,41 HP Inc. 32,88 32,63 Target Corp. 134,50 135,00
Softbank 7105 7098
UnitedHealth 1,88$4x 505,23 502,91 455,50 ±0,0 Meta Platforms 311,71 325,48
WWWWWWWWWWW 8974,81 5506,51 F.A.Z.-IT und Elektronik 8548,21 8541,48 –0,08 +23,6 WWWWWWWWWWW AstraZeneca 1,628£2x10700,00 11058 129,45 +3,6
WWWWWWWWWWW
Canadian Pac.Kan.C. 83,08 83,05 Illinois Tool Works 255,61 260,01 Teva Pharmac. 8,42 8,56 Mondelez Intern. 72,36 75,04 Sony Corp. 13210 13040
WWWWWWWWWWW 1995,89 1374,86 F.A.Z.-Konsum, Medien 1969,18 1984,47 +0,78 +17,3 WWWWWWWWWWW Verizon 0,65$4x 33,55 34,03 30,97 +0,9 Capital One 114,02 114,85 Int. Paper 35,40 35,74 Texas Instr. 177,72 178,37 Sumitomo Mit.Fin. 6356 6629
WWWWWWWWWWW AXA 1,701x 28,07 28,18 28,21 +0,9 Netflix 413,17 425,78
WWWWWWWWWWW 1243,26 774,91 F.A.Z.-Maschinenbau 1160,71 1163,43 +0,23 +16,9 WWWWWWWWWWW VISA 0,45$4x 234,44 235,75 213,75 +0,6 Carnival Corp. 18,22 18,49 Intercont. Exch. 114,93 115,13 Trane Technologies 197,12 198,56 Northern Trust 79,17 80,06 Toyota Motor 2321 2310
WWWWWWWWWWW Banco Santander 0,062x 3,71 3,68 3,68 –0,4 WWWWWWWWWWW Walgreens Boots 0,48$4x 30,63 29,80 27,68 –2,2 Charles Schwab 65,82 65,96 Johnson Controls 69,32 69,19 Truist Financial 31,99 33,01 NortonLifeLock 19,50 19,48
WWWWWWWWWWW 45872,52 31641,65 F.A.Z.-Versicherungen 45622,79 45717,48 +0,21 +11,7
WWWWWWWWWWW 1301,13 1003,08 F.A.Z.-Versorger,Telekom. 1172,72 1171,42 –0,11 +5,1 WWWWWWWWWWW BBVA 0,312x 7,22 7,33 7,33 +2,1
WWWWWWWWWWW Walmart Inc. 0,57$4x 159,16 159,91 145,68 +0,1 Chubb Ltd. 211,20 205,98 Kellogg 67,13 67,58 Union Pacific 232,10 232,77 NVIDIA Corp. 459,00 467,50 Letzte Kursfeststellung um 22.05 Uhr.
WWWWWWWWWWW 16490,13 11862,84 Dax 16406,03 16469,75 +0,39 +18,3 WWWWWWWWWWW BNP Paribas 3,902x 59,85 60,18 60,15 +0,2
WWWWWWWWWWW 29815,39 21456,66 M-Dax 28780,00 28706,20 –0,26 +14,3
Intern. Devisenmärkte Anleihen
WWWWWWWWWWW BP 0,066$4x 479,70 475,40 5,54 –1,6
WWWWWWWWWWW
WWWWWWWWWWW
3350,46
8931,51
2588,59
6461,30
Tec-Dax
H-Dax
3317,10
8893,52
3302,53
8921,14
–0,44
+0,31
+13,1
+17,8 WWWWWWWWWWW Brit. Am. Tobacco 0,577£2x 2641,00 2646,5 31,04 +0,6 Zinsen, Renditen, Terminkontrakte und Indizes
WWWWWWWWWWW 13880,68 10102,75 S-Dax 13737,45 13700,25 –0,27 +14,9 WWWWWWWWWWW CRH 0,9392x 54,42 54,26 53,84 –2,0 Devisenkurse für 1 Euro EZB Notenpreise für 1 Euro
WWWWWWWWWWW 1456,89 1050,04 C-Dax 1452,22 1455,20 +0,21 +18,4 WWWWWWWWWWW Danone 2,001x 56,20 56,43 56,37 +0,5 Benchmark-Anleihen Terminkontrakte EZB-Daten Interbk.kurse (22 Uhr) kurs aus Sicht der Bank Unternehmensanleihen
WWWWWWWWWWW 16458,21 11928,51 Late Dax 16313,07 16442,58 +0,79 +17,2 27.07. 28.07. 28.07. 30.12.22 27.07.23 28.07.23 EZB-Zinsen (ab 02.08.2023) 28.07. 28.07. 28.07. Zins- 28.07. 28.07.
WWWWWWWWWWW Diageo 0,308£2x 3430,50 3433,5 40,24 +0,7
WWWWWWWWWWW 29701,48 21766,83 Late M-Dax 28559,39 28615,52 +0,20 +13,3 Laufzeit Rend. Rend. Kurs Rend. Schluss Schluss Spitzenrefinanzierung 4,50 % Geld Brief Währung Ankauf Verkauf Zins Laufzeit termin Schluss Rend.
WWWWWWWWWWW 3329,39 2596,16 Late Tec-Dax 3291,50 3302,84 +0,34 +12,6 WWWWWWWWWWW Enel 0,202x 6,31 6,28 6,26 –0,4 Einlagefazilität 3,75 %
WWWWWWWWWWW 13808,16 10203,43 Late S-Dax 13694,04 13699,40 +0,04 +14,9 WWWWWWWWWWW Eni 0,222x 13,73 13,66 13,67 –0,7 Deutschland Euro-Bund-Future 132,54 132,88 Hauptrefinanzierung 4,25 % 1,1021 1,1023 1,101 Am. Dollar* 1,036 1,151 1,5 3M 16/31 2.6. 83,62 3,9729
2 Jahre 3,04 3,04 100,11 2,68 Euro-Bobl-Future 115,62 115,80 Mindestreserve (Verzinsung) 3,50 % 1,6565 1,6575 1,6508 Austr. Dollar* 1,564 1,728 2 AB Inbev 18/35 23.1. 84,89 3,6322
WWWWWWWWWWW 33,45 12,68 V-Dax-New 14,71 14,80 +0,61 –28,1 5,2115 5,2195 5,1996 Bras. Real* 4,420 6,500
WWWWWWWWWWW EssilorLuxottica 3,231x 178,02 180,44 177,22 ±0,0 5 Jahre 2,52 2,54 99,32 2,52 DAX-Future 16438,00 16539,00 3,125 Adidas 22/29 21.11. 98,22 3,4427
WWWWWWWWWWW 453,66 323,42 DivDax (Perf.) 450,27 453,09 +0,63 +20,9 S&P500-Future 4564,25 4606,00 Hauptrefinanzierungsgeschäft (Refis) 0,8573 0,8575 0,8556 Brit. Pfund* 0,805 0,899
WWWWWWWWWWW Flutter Entertain. 0,67£2x 180,15 179,25 176,55 +0,2 10 Jahre 2,43 2,49 101,00 2,50 2,375 Airbus 20/40 9.6. 79,11 4,1177
WWWWWWWWWWW 6604,13 4794,27 Prime-All-Share 6577,99 6596,82 +0,29 +17,4 7 Tage (fällig 02.08.) 11.036 Mio.; 91 Tage (fällig 1,9483 1,9633 1,9558 Bulg. Lew*
30 Jahre 2,48 2,56 84,14 2,43 2,121 Allianz 20/50 8.7. 82,68 3,0760
4325,56 3264,46 Tec-All-Share 4000,28 3981,70 –0,46 +7,7 WWWWWWWWWWW Glencore 0,22$2x 469,15 466,50 5,44 –0,1 27.07.) 4.327 Mio.; 91 Tage (fällig 31.08.) 7,8308 7,8508 7,8799 Chin. Yuan* 6,270 10,190
WWWWWWWWWWW Frankreich 0,5 Apple 19/31 15.11. 80,54 3,2106
WWWWWWWWWWW 9818,91 7176,75 Classic-All-Share 9759,00 9741,91 –0,18 +16,3 WWWWWWWWWWW GSK PLC 0,14£4x 1405,60 1383,0 16,28 +0,5 2 Jahre
5 Jahre
3,32
2,87
3,29
2,88
95,04
90,98
2,79
2,82
Umsätze der dt. Börse 789 Mio.; 91 Tage (fällig 28.09.) 4.327 Mio.
Wachstum Euro-Geldmenge M 3
7,4522
8,5912
7,4525
8,5962
7,4527
8,5865
Dän. Krone*
Hongk. Dollar*
7,080
7,700
7,820
9,660
0,75
1,125
BASF SE 22/26
Bayer 20/30
17.3. 92,79
6.1. 83,99
3,6796
3,9955
WWWWWWWWWWW 2109,53 1432,74 GEX (Preis) 2064,76 2043,23 –1,0 +13,4 Jahresrate 06/2023 0,60 % 90,581 90,741 90,501 Indische Rupie 67,700 117,300
WWWWWWWWWWW Hermes Internat. 9,5112x 1935,20 2011,52003,00 +3,8 10 Jahre 2,96 3,03 99,77 3,04 Kurswert 4,5 Bilfinger 19/24 14.6. 97,81 7,1675
Europäische Indizes 30 Jahre 3,37 3,45 91,52 3,23 Börsenplatz in Tsd Euro 3 Monats Durchschnitt 05/2023-05/2023 1,00 % 145,257 145,941 144,900 Isländ. Krone 123,000 174,000 4 Coba 17/27 30.3. 98,19 4,5417
WWWWWWWWWWW HSBC Hold. 0,10$2x 642,30 646,80 7,61 +1,2 155,520 155,550 153,350 Jap. Yen* 146,400 161,700
WWWWWWWWWWW 152,34 114,88 F.A.Z.-Euro 152,00 152,12 +0,08 +15,5 Großbritannien Xetra 27.07. 28.07. Referenzwert für das Geldmengenwachstum 1,375 Colgate-Pal. 19/34 6.3. 82,42 3,3755
273,77 200,86 F.A.Z.-Euro Performance 273,16 273,38 +0,08 +18,4 WWWWWWWWWWW Iberdrola 0,0251x 11,52 11,44 11,45 –0,8 der 3 Monats-Jahresrate 4,50 % 1,4586 1,4592 1,4553 Kan. Dollar* 1,385 1,530 2,5 Continental 20/26 27.8. 97,40 3,4050
WWWWWWWWWWW 2 Jahre 4,99 4,96 92,41 3,67 18,369 18,384 18,3975 Mex. Peso* 14,700 22,960
4476,04 3249,57 Euro Stoxx 50 (Europa) 4447,44 4466,50 +0,43 +17,7 5 Jahre 4,56 4,55 88,12 3,68 Notenumlauf im Euro-Raum 1,375 Covestro 20/30 12.6. 84,50 4,0027
WWWWWWWWWWW WWWWWWWWWWW Inditex 0,602x 34,75 34,71 34,58 ±0,0 Aktien im Dax 4.302.635 3.138.927 1,7896 1,7911 1,7855 Neus. Dollar* 1,582 1,990 1,5 Delivery Hero 20/28 15.1. 68,79 10,7127
WWWWWWWWWWW 4089,95 3279,47 Stoxx Europe 50 (Europa) 4038,54 4038,12 –0,01 +10,6 10 Jahre 4,36 4,42 98,35 3,70 Aktien im M-Dax 578.433 494.830 zum 21.07.2023: 1568 Milliarden Euro.
WWWWWWWWWWW ING Groep 0,3892x 13,21 13,25 13,18 +1,2 11,2362 11,2392 11,168 Norw. Krone* 10,580 11,750 3,625 Dt. Bahn Fin. 23/3718.12. 99,50 3,6693
471,16 356,28 Euro Stoxx (Europa) 469,85 470,38 +0,11 +14,7 30 Jahre 4,38 4,47 48,90 3,99 Aktien im Tec-Dax 1.028.598 706.538 Euro-Inflationsrate 5,50 % 4,4101 4,4121 4,4113 Poln. Zloty* 3,980 4,860
WWWWWWWWWWW 4 Dt. Bank 22/27 29.11. 99,39 4,1535
WWWWWWWWWWW Intesa Sanpaolo 0,092x 2,57 2,61 2,60 +1,4 Japan Aktien im S-Dax 130.664 95.342 4,932 4,937 4,9308 Rumä. Leu* 1,625 Dt. Börse 10/25 8.10. 96,36 3,3781
WWWWWWWWWWW 472,69 379,72 Stoxx Europe 600 (Europa) 471,74 470,78 –0,20 +10,8 2 Jahre -0,04 -0,02 100,04 0,03 11,6139 11,6169 11,5545 Schw. Kron.* 11,010 12,220 2,875 Dt. Post 12/24 11.12. 99,20 3,4780
WWWWWWWWWWW 1918,74 1541,01 S&P Euro 350 (Europa) 1914,90 1910,47 –0,23 +11,0 WWWWWWWWWWW Kering 9,502x 537,40 531,20 530,90 –2,5 5 Jahre 0,09 0,15 99,76 0,23 Leitzinsen im Ausland 0,9584 0,9587 0,9554 Schw. Franken* 0,910 1,005 2,25 Dt. Telekom 19/39 29.3. 85,53 3,4619
WWWWWWWWWWW
WWWWWWWWWWW
1403,50 1091,44
795,20 611,74
Euronext 100 (Europa)
AEX Index (Amsterdam)
1401,48 1400,61 –0,06
792,06 794,27 +0,28
+13,7
+15,3
WWWWWWWWWWW L’Oréal 6,0361x 412,65 420,85 421,65 +1,1 10 Jahre
30 Jahre
0,44
1,31
0,55
1,38
98,64
96,21
0,41
1,61 Renten-Indizes Australien 4,10 % (Target-Cash Rate)
1,4666 1,4681
19,4038 19,4138
1,4653
19,4309
Sing. Dollar*
Südaf. Rand*
1,357 1,634
16,520 22,730
1,5
6,375
Dt. Wohnen 20/30 30.4. 82,23
E.ON 02/32 7.6. 104,32
4,6253
5,7356
1351,68 783,06 Comp. Index (Athen) 1345,63 1333,86 –0,87 +43,5
WWWWWWWWWWW LVMH Moët Hen. 7,00 840,30
2x 841,20 842,40 +1,1 USA China 6,00 % (Lending Rate) 33,481 35,481 Taiwan Dollar 27,500 43,000 1,375 Equinor 20/32 22.5. 83,15 3,6459
WWWWWWWWWWW 27.07.23 28.07.23
WWWWWWWWWWW National Grid 0,376£2x 1043,50 1031,5 12,30 ±0,0 2 Jahre 4,92 4,90 99,72 4,39 Dänemark 3,10 % (Diskont) 37,729 37,799 37,852 Thail. Baht* 32,000 45,200 2,25 Evonik Ind. 22/27 25.9. 92,80 4,1735
WWWWWWWWWWW 11427,06 9683,82 OMX Index (Helsinki) 9851,70 9857,54 +0,06 –8,8
5 Jahre 4,18 4,20 99,66 3,97
Schluss Schluss Rendite
Großbritannien 5,00 % (Repo-Satz) 23,958 23,978 24,028 Tsch. Krone* 22,300 26,600 0,25 EWE 21/28 8.6. 84,15 3,8980
WWWWWWWWWWW 7096,99 49,00 Nat. 100 Index (Istanbul) 6856,11 7067,28 +3,1 +28,3 WWWWWWWWWWW Nestlé NA 2,95F1x 108,00 107,36 – – 10 Jahre 4,00 3,96 95,32 3,88 Hongkong 0,86 % (Prime Rate) 29,6872 29,6902 29,6771 Türk. Lira* 25,130 34,010
Rex-Gesamt 124,4103 124,3875 2,5638 5,875 Fraport 09/29 10.9. 108,00 4,3533
WWWWWWWWWWW 2152,83 1499,87 OMXC 20 Ind. (Kopenhagen) 2014,11 1991,29 –1,1 +8,5 WWWWWWWWWWW Nokia 30 Jahre 4,04 4,02 93,23 3,97 Indien 6,50 % (Repo-Satz) 384,830 385,030 383,260 Ungar. Forint* 345,000 440,000 1 Fresenius 20/26 29.5. 92,20 3,9721
0,034x 3,59 3,59 3,59 +0,3 Rex-Performance 433,2136 433,1604 2,5638
WWWWWWWWWWW 4960,64 3915,71 PSI-GERAL (Lissabon) 4582,55 4540,21 –0,92 +2,7 Japan -0,10 % (Diskont) * Interbankenkurse von der Commerzbank, Notenpreise der HypoVereinsbk 1,5 Heid.Cem. 16/25 7.2. 96,30 4,0501
WWWWWWWWWWW Nordea Bank Abp 0,801x 10,30 10,27 10,25 –1,0 26.07.23 27.07.23
WWWWWWWWWWW 1635,13 1369,03 S&P UK (London) 1555,64 1555,74 +0,01 +2,4 Kanada 5,00 % (Diskont) 2,5 ING Groep 18/30 15.11. 91,65 3,8329
WWWWWWWWWWW 9741,90 7189,60 IBEX 35 (Madrid) 9694,70 9685,10 –0,10 +17,7 WWWWWWWWWWW Novartis NA 3,20F1x 90,75 90,25 – – Renditen/Kreditzinsen FAZ-Anleihen 108,8300 109,0200 –
Norwegen 3,75 % (Deposite Rate) 1,65
3
Johns. & J. 16/35 20.5. 85,30
JP Morgan 14/26 19.2. 98,07
3,1614
3,8016
WWWWWWWWWWW 3114,45 2117,80
WWWWWWWWWWW 7581,26 5628,42
DJ Italy Titans 30 (Mailand)
CAC 40 (Paris)
3111,76 3102,03 –0,31
7465,24 7476,47 +0,15
+25,0
+15,5
WWWWWWWWWWW Novo-Nordisk AS B 8,15DKK
WWWWWWWWWWW Pernod Ricard
1064,40
2x

2,062x 202,80
1056,8 142,72 +0,1
202,90 202,60 +0,4
Umlaufrendite der Bundesanleihen
28.07.2023 (27.07.23) 2,55 % (2,55 %) New Yorker Geldmarkt
Polen
Rumänien
3,55 % (Diskont)
7,00 % (Reference Rate) Intern. Warenmärkte 3,25
1,75
K+S 18/24
Lanxess 22/28
18.7. 98,79
22.3. 89,00
4,5615
4,4223
WWWWWWWWWWW 886,66 682,70 All-Sh. Priceind. (Stockholm) 846,03 845,79 –0,03 +8,2 Schweden 3,75 % (Pensionssatz) 1,625 LEG Immob. 19/34 28.11. 69,04 5,3364
WWWWWWWWWWW Prosus
3 bis 5 Jahre 2,63 % (2,66 %) USA Primerate 8,50 % Titel Vortag aktuell ±%
WWWWWWWWWWW 72129,48 45017,50 WIG Index (Warschau) 71986,43 71965,41 –0,03 +25,2 0,142x 69,55 72,64 71,67 +3,3 Schweiz 1,7027 % (Average Rate ON) 0,55 Linde 20/32 19.5. 77,30 3,6068
5 bis 8 Jahre 2,47 % (2,48 %) TR/J CRB 312,81 313,20 +0,13
Treasury Bills Südafrika 11,75 % (Repo-Satz) 0,25 Lufthansa 19/24 6.9. 96,42 3,6325
WWWWWWWWWWW 11616,37 10010,78 SMI (Zürich) 11373,21 11317,74 –0,49 +5,5 WWWWWWWWWWW Reckitt Benckiser 1,103£2x 5884,00 5902,0 69,54 +0,4 8 bis 15 Jahre 2,51 % (2,49 %) S&P GSCI Index (Spot) 588,41 590,94 +0,43 0,375 LVMH 20/31 11.2. 81,92 3,1038
3 Monate 5,51 % Tschechien 4,00 % (Diskont)
Amerikanische Indizes WWWWWWWWWWW Relx 0,389£2x 2661,00 2633,0 30,73 –0,6 15 bis 30 Jahre 2,59 % (2,55 %)
6 Monate 5,55 % Ungarn 13,00 % (Base Rate) DAXglobal® Gold Miners 279,71 277,65 –0,74 1,875 Mercedes-B. 14/24 8.7. 98,55 3,4824
WWWWWWWWWWW 35645,35 28660,94 Dow Jones (New York) 35282,72 35459,29 +0,50 +7,0 WWWWWWWWWWW Richemont
Spareinlagen (3 M Kündigungsfr.): ca. 0,31 %* 1 Jahr 5,38 % USA 5,50 % (Federal Fund Rate) American Gold Bugs (HUI) 244,66 234,73 –4,06 2,5 Merck & Co. 14/34 15.10. 91,08 3,4738
3,25F1x 140,30 140,00 – – Gold, Spot (€/Unze) 1771,7 1777,3 +0,31 2,625 Microsoft 13/33 2.5. 96,87 2,9991
WWWWWWWWWWW 15932,05 10440,64 Nasdaq 100 (Nasdaq) 15464,93 15750,93 +1,8 +44,0 Private Dispositionskredite etwa 11,64 %*
WWWWWWWWWWW Rio Tinto 1,854£2x 5213,00 5125,0 60,20 –2,5 Gold, New York ($/Unze) 1945,7 1958,4 +0,65 0 NRW.Bank 20/30 18.2. 81,56 3,1605
WWWWWWWWWWW 14446,55 10088,83 Nasdaq Com. (Nasdaq) 14050,11 14316,66 +1,9 +36,8 Sparbriefe
Silber, NY ($/Unze) 24,37 24,46 +0,36 3 ÖBB-Infr. 13/33 24.10. 98,33 3,1930
WWWWWWWWWWW 4607,07 3491,58 S&P 500 (New York) 4537,41 4582,23 +0,99 +19,3 WWWWWWWWWWW Roche Hold. GS 9,50F1x 272,45 269,40 – – 1 Jahr 2,49 %* Emissionsrendite Anleihen, Hypothekenpfandbriefe Daten der EZB; Laufzeit in Jahren
Kupfer, NY ($/lb) 3,88 3,93 +1,43 1,875 Sanofi 18/38 21.3. 83,74 3,2922
WWWWWWWWWWW 123009,90 97687,66 Bovespa (São Paulo) 121294,91 120130,17 –0,96 +8,8 WWWWWWWWWWW Safran 1,351x 147,70 150,46 150,98 +2,1 2 Jahre 2,57 %* 1-2 2-3 3-4 4-5 5-6 6-7 7-8 8-9 9-10 1 SAP SE 15/25 1.4. 97,44 2,5905
WWWWWWWWWWW 55626,51 44518,73 Mexiko SE (Mexiko) 54753,39 54950,26 +0,36 +13,4 3 Jahre 2,66 %* 26.07.2023 3,70 3,63 3,43 3,32 3,27 3,27 3,19 3,17 3,20 1,875 Schaeffler 19/24 26.3. 98,22 4,6994
WWWWWWWWWWW 20843,21 17873,18 TSX Comp. Ind. (Toronto) 20385,47 20519,37 +0,66 +5,9
WWWWWWWWWWW Sanofi S.A.
WWWWWWWWWWW Schneider Electr.
3,561x 97,75
3,151x 164,38
94,96 95,19 –2,6
162,14 162,00 –1,5
4 Jahre
5 Jahre
2,67 %*
2,71 %*
27.07.2023 3,71 3,65 3,46 3,35 3,30 3,28 3,22 3,21 3,22 Münzen, Barren 4
0,75
Siemens En. 23/26 5.4. 98,75
Stellantis 21/29 18.1. 84,20
4,4982
4,0274
Weitere Übersee Indizes 4 Talanx 22/29 25.10. 101,03 3,8088
WWWWWWWWWWW Shell Festgeld bis 5 000 Euro Schalterpreise 27.07.2023 28.07.2023
WWWWWWWWWWW 1695,99 1461,61 SET Index (Bangkok) 1543,46 gs. – – 0,2684x 28,04 27,69 28,10 +1,8 1,528 Telefonica 17/25 17.1. 96,84 3,7816
WWWWWWWWWWW 22700,85 14597,31 Hang-Seng (Hongkong) 19648,65 19913,29 +1,4 +0,67 WWWWWWWWWWW Stellantis 1,341x 18,15 18,58 18,65 +3,3
1 Monat 0,40 %* F.A.Z.-Renten-Rendite in Euro Ankauf Verkauf Ankauf Verkauf 2,875 Vier Gas 13/25 12.6. 97,73 4,1623
WWWWWWWWWWW 7375,96 6542,79 Jakarta SE (Jakarta) 6896,66 6900,23 +0,05 +0,72 3 Monate 1,40 %* 1 kg Gold 55572,00 58601,00 55754,00 58760,00 1,125 Vonovia 19/34 14.9. 66,50 5,1583
WWWWWWWWWWW TotalEnergies 0,744x 54,32 54,44 54,31 +0,6 6 Monate 1,91 %* Restlaufzeit*) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 Würth 18/25 26.5. 95,18 3,7937
WWWWWWWWWWW 3534,50 2730,87 S&P S. Africa 50 (Johannesb.) 3446,24 3458,80 +0,36 +7,0 10 g Gold 555,50 614,50 557,50 616,00
1 Jahr 2,54 %* 1 oz Krügerrand 1737,00 1878,00 1742,50 1883,00
WWWWWWWWWWW 8959,73 7406,92
WWWWWWWWWWW 2650,45 2134,77
SSE 180 (Schanghai)
Kospi (Seoul)
8297,16 8508,24 +2,5 +3,4
2603,81 2608,32 +0,17 +16,6
WWWWWWWWWWW UBS Group N 0,55$1x 19,11 19,25 – –
Ratenkredite bis 5 000 Euro
Öffentliche Anleihen
Hoch 52 Wochen 3,85 4,51 3,50 3,23 3,14 3,21 2,93 2,90 2,95 3,25
1/2 oz Krügerrand 868,50 978,40 871,00 981,00 Öffentliche Anleihen
WWWWWWWWWWW UniCredit 0,9871x 22,59 22,44 22,38 –0,4 1/4 oz Krügerrand 434,00 507,30 435,50 508,60
3 Jahre, effektiv etwa 7,14 %* Tief 52 Wochen 0,44 0,63 0,80 0,90 0,91 1,01 1,09 0,77 0,96 0,89 6,25 Bund v. 94/24 4.1. 101,19 3,3393
WWWWWWWWWWW 1959,09 1710,72 Stoxx Singapore 20 (Singapur) 1911,09 1918,57 +0,39 +2,8 WWWWWWWWWWW Unilever plc. 0,378£2x 4180,50 4223,5 48,57 ±0,0 1/10 oz Krügerrand 173,50 211,20 174,00 211,70
5 Jahre, effektiv etwa 7,02 %* 26.07.2023 3,62 3,45 3,27 3,02 2,87 2,86 2,75 2,68 2,73 2,79 1 oz Britannia 1737,00 1873,00 1742,50 1878,00 5,625 Bund v. 98/28 4.1. 112,61 2,5708
WWWWWWWWWWW 7779,40 6609,80 All Ordinaries (Sydney) 7672,60 7616,10 –0,74 +5,5 Ratenkredite bis 10 000 Euro 5,5 Bund v. 00/31 4.1. 120,40 2,4593
WWWWWWWWWWW Vinci 3,001x 108,38 107,84 107,72 –1,0 27.07.2023 3,67 3,46 3,30 3,06 2,93 2,90 2,81 2,72 2,76 2,82 1/2 oz Britannia 868,50 978,40 871,00 981,00
WWWWWWWWWWW 17397,73 12630,13 Taiwan Weighted (Taipeh) 17241,82 17292,93 +0,30 +22,3 2 Bund v. 13/23 15.8. 99,94 3,5586
3 Jahre, effektiv etwa 7,12 %* 28.07.2023 3,55 3,41 3,24 3,02 2,91 2,88 2,81 2,73 2,76 2,83 1/4 oz Britannia 434,00 507,30 435,50 508,60 1,75 Bund v. 14/24 15.2. 99,11 3,4296
WWWWWWWWWWW 33772,89 25621,96 Nikkei 225 (Tokio) 32891,16 32759,23 –0,40 +25,5 WWWWWWWWWWW Zurich Insur. Grp 24,00F1x 427,60 427,10 – – 5 Jahre, effektiv etwa 7,00 %* Hypotheken- und öffentliche Pfandbriefe 1/10 oz Britannia 173,50 211,20 174,00 211,70 1,5 Bund v. 14/24 15.5. 98,56 3,3851
20 Mark 402,70 449,80 404,00 435,20 2,5 Bund v. 14/46 15.8. 98,90 2,5639
Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke (effektiv, Hoch 52 Wochen 4,05 4,05 3,88 4,79 4,24 3,74 3,53 3,49 3,46 – 20 Fr. Vreneli 326,20 371,50 327,20 372,50 0,5 Bund v. 15/25 15.2. 96,03 3,1788
100 % Auszahlung): Fest 5 Jahre 4,22 %*; Fest 10 Tief 52 Wochen 0,80 1,14 1,20 1,38 2,07 1,69 1,48 1,26 1,81 – 2 Rand 402,20 428,00 403,50 429,00 1 Bund v. 15/25 15.8. 96,04 3,0308
Börsenkennzahlen von Bloomberg. Alle Angaben ohne Gewähr. k.A.=keine Angaben; W = auch im Tec-DAX enthalten; I = auch im Euro Stoxx 50 enthalten;P Jahre 3,91 %*. *ungefähr: Zinssätze sind instituts- 26.07.2023 4,01 3,81 3,64 4,74 3,66 3,42 3,50 3,23 – – 1 Österr. Dukat 193,30 203,00 194,00 203,50 0,375 Hessen 16/26 6.7. 93,00 2,9023
= auch im Stoxx Europe 50 enthalten; Δ = 1Euro; Die Dividenden sind die letztgezahlten Ausschüttungen in Landeswährung bereinigt um Kapitalmaßnahmen. abhängig 50 Chile Pesos 501,50 550,00 503,50 551,50 0 Hessen 20/25 10.3. 94,42 3,6386
27.07.2023 3,97 3,83 3,67 4,77 3,69 3,40 3,51 3,23 – –
Hochzahl hinter Dividende: Zahl der Ausschüttungen je Jahr; Dividendenrendite: Brutto-Dividendenrendite auf Basis der letztgezahlten Jahresdividende; Das 52- 1 kg Silber 694,50 925,23 696,50 928,20 1,25 NRW 14/25 14.3. 96,48 3,5236
Wochen-Hoch/Tief wird berechnet auf Basis von Tageshoch- und -tiefkursen bereinigt um Kapitalmaßnahmen; Börsenkapitalisierung: Berechnung ausschließlich mit der relevanten Gattung (x Streubesitzfaktor); KGV: €STR(27.07.2023) 3,40 % 28.07.2023 3,93 3,78 3,61 4,74 3,66 3,38 3,51 3,23 – –
1 oz Maple Platin 786,00 1223,32 782,00 1218,56 2,125 KfW 13/23 15.8. 99,94 3,5752
Kurs/Gewinnverhältnis auf Basis der Ergebnisse je Aktie vor Goodwillabschreibung. Dividendenrendite und KGV berechnet von Infront Financial Technology GmbH auf Basis von Verlaufs- bzw. Schlusskursen am Bör- SOFR(26.07.2023) 5,06 % *) In Jahren. Die in die Berechnung einbezogenen Papiere haben Restlaufzeiten von einem halben Jahr weniger bis 1,25 KfW 16/36 4.7. 79,38 3,2263
senplatz Xetra bzw. Frankfurt. Nikkei-Index = © Nihon Keizai Shimbun. Basiszins nach § 247 BGB (01.07.2023) 3,12 % zu sechs Monaten mehr als die angegebenen vollen Jahre. – Berechnung vom 31. Oktober 1995 an mit Stückzinsen. Quelle: Degussa Goldhandel, Endkundenpreise 1,5 KfW 14/24 11.6. 98,35 3,4815
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
E
in Freund, ein guter Freund,
das ist das Beste, was es gibt
auf der Welt. Ein Freund
bleibt immer Freund, auch
wenn die ganze Welt zusam-
menfällt.“ Das Lied wurde 1930 für die
Filmoperette „Die drei von der Tankstel-
le“ mit Heinz Rühmann komponiert und
seitdem vielfach nachgesungen. Mit am
bekanntesten sind die Versionen der Co-
median Harmonists, vom Baritonsänger
Max Raabe und, zum Mitgrölen, von der
Rockband Böhse Onkelz. „Ein Freund,
ein guter Freund, das ist der größte
Schatz, den’s gibt.“
Offenbar gilt das auch für den Beruf,
worauf einige Studien hinweisen. Be-
schäftigten mit Freunden im Beruf geht
es insgesamt im Leben besser, sie sind zu-
friedener, fühlen sich mehr der Firma zu-
gehörig und spüren weniger den Wunsch,
das Unternehmen zu wechseln. Freund-
schaften im Job erhöhen Kreativität und
Ideenreichtum, man kooperiert mehr mit
Kollegen und ist besser organisiert. Doch
Freunde im Job – auch „Frollegen“ ge-
nannt – sind nicht nur positiv, wie aktuell
eine Forschergruppe von den Universitä-
ten Hohenheim, Köln und Florida gezeigt
hat. Die Betroffenen können ihre Dop-
pelrolle als Angestellte und Freund oder
Freundin nicht zusammenbringen, was
einen innerlichen Konflikt auslöst. Dies
belastet sie psychisch, und als Konse-
quenz reagieren sie unhöflich, grob und
unsensibel gegenüber anderen in der
Arbeit. Vor allem – was nicht verwundert
– gegenüber Nichtfreunden.
„Die Ergebnisse haben mich erst mal
überrascht“, sagt die Psychologin Sabine
Hommelhoff, die über soziale Beziehun-
gen im Arbeitsleben an der Uni Erlan-
gen-Nürnberg forscht. „Denn man erwar-
tet nicht, dass etwas grundsätzlich
Schönes wie Freundschaften den Weg für
Unhöflichkeiten bereiten kann.“ Den Zu-
sammenhang finde sie aber logisch:
Möchte jemand neben der Arbeitsebene
noch eine Freundschaftsebene pflegen
und Rollenkonflikte vermeiden, koste
das Zeit und Energie. „Ist man zusätzlich
durch die Arbeit überlastet, fehlen einem
womöglich die geistigen Ressourcen für
einen gleichbleibend höflichen Umgang
mit anderen.“
In der Studie kam noch heraus, dass
Selbstwirksamkeit – also dass man über-
zeugt ist, schwierige oder herausfordern-
de Situationen aus eigener Kraft gut
meistern zu können – davor schützen
kann, sich unfreundlich gegenüber den
Nichtfrollegen zu verhalten. Das ist er-
klärbar, denn Selbstwirksamkeit ist einer
der wichtigsten Faktoren, um psychisch
widerstandsfähiger zu sein.
Die Forscher befragten insgesamt 950
Beschäftigte zwischen 18 und 67 Jahren
aus verschiedenen Unternehmen in
Großbritannien. Ob jemand Freunde im
Job hatte, über Selbstwirksamkeit verfüg-
te, Rollenkonflikte spürte, geistig er-
schöpft war oder sich unhöflich gegen-
über Mitarbeitern verhielt, wurde mit
standardisierten Skalen gemessen. Hier
gaben die Teilnehmer auf einer Skala von
eins bis fünf zu einer Reihe von Aussagen
an, wie sehr diese zutrafen. Solche Aussa-
gen waren zum Beispiel: „Ich habe eine
feste Freundschaft zu einem Kollegen
aufgebaut.“ Oder: „Ich vertraue meiner
Fähigkeit, gut mit persönlichen Bezie-
hungen umzugehen.“ Oder: „Ich konnte
Aufgaben nicht erledigen, weil ich mich
um persönliche Probleme meines Freun-
des kümmerte.“ Oder: „Ich finde es
schwierig, mich auf etwas zu konzentrie-
Arbeiten im grünen Bereich (5)
Zwischen Bäumen und Menschen
Der Pädagoge Raimund Bechtloff leitet einen Kletterwald und freut sich daran, wie Besucher durch Naturerlebnisse Ängste überwinden
Wer mit Raimund Bechtloff in den Wald
geht, kann so einiges über Bäume ler-
nen. Zum Beispiel, wann sie „gestresst“
sind und wie sie dann reagieren. Setzt
man etwa einen Baumstamm ständigem
Druck aus, indem man ihn mit Rund-
hölzern umspannt, um eine Plattform
am Stamm zu befestigen, dann werfe
der Baum irgendwann mehr Totholz ab,
sagt Bechtloff. Hingegen könne man re-
lativ problemlos den Stamm eines le-
benden Baumes an zwei Stellen sauber
durchbohren, natürlich mit desinfizier-
tem Edelstahl. Dann heile der Baum
diese „Verletzung“ ziemlich schnell aus,
es sei ungefähr wie das Stechen von
Ohrlöchern.
Wer mit Raimund Bechtloff in den
Wald geht, kann aber auch so einiges
über Menschen lernen. Zum Beispiel,
wann Menschen „ihre Maske verlieren“,
weil sie sich etwas trauen müssen. Wann
sie Ängste kaschieren, indem sie sagen:
„Das mach ich nicht, dazu habe ich kei-
nen Bock.“ Und wann der Moment
kommt, in dem sie sich ihrer Angst stel-
len. Dann, sagt Bechtloff, kommt oft ihr
tiefstes Inneres hervor. Das findet er sehr
spannend und sehr wichtig, denn dann
kann seine Arbeit mit den Menschen so
richtig in die Tiefe gehen.
Raimund Bechtloff ist Inhaber und
Geschäftsführer des Kletterwaldes
„Schwindelfrei“ im nordrhein-westfäli-
schen Brühl. Seit 2007 betreibt er die An-
lage, mittlerweile turnen und rutschen
an gut besuchten Tagen bis zu 400 Men-
schen angeseilt und gesichert zwischen
den Stämmen hindurch über Parcours
und Plattformen, rund 25.000 sind es je
Beruf und Chance
Vorsicht,
Freunde!
Freundschaften im Job fördern Kreativität
und Ideenreichtum. Aber große
Vertrautheit birgt auch große Risiken.
Von Felicitas Witte
ren.“ Oder: „Ich habe etwas Verletzendes
zu meinem Kollegen gesagt.“
Mit einer statistischen Methode wur-
den alle Angaben miteinander vergli-
chen. „Frollegen können unser Arbeitsle-
ben immens bereichern, aber sie bergen
auch Nebenwirkungen“, so das Fazit von
Ulrike Fasbender, Professorin für Wirt-
schafts- und Organisationspsychologie
an der Uni Hohenheim und Hauptautorin
der Studie. „Um Problemen vorzubeugen,
sollte man frühzeitig die Erwartungen an
die jeweiligen Rollen offen ansprechen“,
sagt sie. Zum Beispiel dass man in Mee-
tings auch Freunde kritisieren darf. Oder
dass man Freunden und Freundinnen
versichert, man sei gerne für persönli-
chen Probleme da – aber lieber während
des Mittagessens oder in einer Kaffee-
pause als während der Arbeitszeit.
Jutta Boenig, Karriereberaterin in
Überlingen am Bodensee, hat in ihrer 31
Jahre dauernden Berufstätigkeit Dutzen-
de von Klienten gehabt, die ihr über
Saison. Was für manche reiner Spaß ist,
hat für andere einen tieferen Sinn. Denn
im Kletterwald lässt sich nicht nur Mut,
sondern ebenso Teamgeist trainieren,
deshalb buchen auch Unternehmen Trai-
nings bei Bechtloff und seinen Mitar-
beitern. Sie wollen zum Beispiel soziale
Kompetenzen lernen oder ihre Poten-
tiale besser wahrnehmen. Im Teamtrai-
ningsbereich ganz hinten in dem kleinen
Waldabschnitt steht zum Beispiel eine
sogenannte Riesenleiter, die Richtung
Baumwipfel ragt. Sie schwankt und wa-
ckelt und lässt sich nur dann besteigen,
wenn drei Menschen zusammen hinauf-
klettern. Fazit: Ohne gegenseitige Unter-
stützung kein Erfolg.
Bechtloff, 50 Jahre alt, hat seinen Out-
door-Arbeitsplatz im Wald über Umwege
erreicht. Studiert hat er Pädagogik und
war nach seinem Diplom einige Jahre als
Antiaggressionstrainer für einen Fami-
lienhilfe-Träger tätig. Damals arbeitete er
viel mit gewaltbereiten Jugendlichen und
kam dort mit der Idee in Berührung, Trai-
nings in Hochseilgärten stattfinden zu
lassen. „Das war ein toller Ansatz“, fand
er und machte eine Zusatzausbildung
zum Hochseilgartentrainer. Nachdem er
privat einen der ersten Kletterwälder
Deutschlands besucht hatte, sei er „ge-
flasht“ von dem Erlebnis gewesen. „Klet-
tern in der Natur hat eine unglaubliche
Wirkung“, sagt er. Er sah riesiges Poten-
tial darin, „den Spaß mit den Möglichkei-
ten des pädagogischen Arbeitens zu kom-
binieren“, und gründete zusammen mit
Freunden die Anlage zu Hause in NRW.
Bechtloff kann lange schwärmen, von der
beruhigenden Wirkung der Bäume, von
Probleme durch Freundschaften im Job
geklagt haben. „Es funktioniert nur mit
maximaler Transparenz“, sagt sie. „Kon-
flikte entstehen, wenn man nicht redet.“
Eine ihrer Klientinnen kürzlich, eine
Teamleiterin in einem Finanzunterneh-
men, hatte vom Chef den Auftrag, ihr
Team zu verkleinern, aber sie durfte noch
nicht darüber reden. Das Problem war:
Im Team saß ihre Freundin. Als diese
später herausbekam, dass ihre Freundin,
also die Teamleiterin, von den Entlas-
sungsplänen schon länger wusste, sagte
sie: „Wir sind doch Freundinnen, das hät-
test du mir anvertrauen können.“
„Die Teamleiterin konnte es nur falsch
machen“, erklärt Boenig. „Entlässt sie
ihre Freundin, ist womöglich die Freund-
schaft im Eimer. Entlässt sie einen ande-
ren Mitarbeiter, könnte ihr Vetternwirt-
schaft vorgeworfen werden.“ Die
Freundschaft sei daran zerbrochen. Da-
mit so etwas gar nicht erst passiere, hät-
ten Teamleiterin und Freundin viel frü-
der Natur, die „tief im Menschen ange-
legt“ ist, von den Momenten, wenn Men-
schen ihre Angst überwinden.
Das kann man vor Ort gut beobachten.
Aktuell laufen im Kletterwald mehrere
Feriencamps für Schulkinder. Ein etwa
zehn Jahre alter Junge mit leuchtend ro-
tem Helm steht meterhoch auf einer
Plattform vor einem Schwungelement. Er
soll von der Plattform abspringen, sich an
ein Seil hängen und wie Tarzan über
einen Abgrund zu einem vertikal ge-
spannten Netz pendeln, das Seil dort los-
Schwindelfrei: Raimund Bechtloff in sei-
nem Kletterpark in Brühl Foto Marcus Simaitis
her intervenieren müssen, sagt die Kar-
riereberaterin. Ihr Tipp: Schon nach den
ersten sympathischen Treffen darüber re-
den, zum Beispiel so: „Es scheint sich
eine Freundschaft zu entwickeln – wie
gehen wir damit um?“ Eine Möglichkeit
für ihre Klientin wäre gewesen, den Chef
zu bitten, eine von beiden in eine andere
Abteilung versetzen zu lassen, bevor es
zu den Entlassungsplänen kam.
Michael Kastner, Mediziner, Psycholo-
ge und Leiter des Instituts für Arbeitspsy-
chologie und Arbeitsmedizin in Herde-
cke, berät seit vierzig Jahren
Organisationen und coacht Führungs-
kräfte. Er sieht Freundschaften im Job
kritisch und rät zu einer „gesunden Halb-
distanz“ zu Kollegen. „Private und fachli-
che Rollen lassen sich kaum trennen“,
sagt er. „Das Risiko für Interessenkon-
flikte ist zu groß.“ Mit Kollegen nach der
Arbeit etwas trinken zu gehen, fände er
unproblematisch. Aber auf einen ge-
meinsamen Urlaub würde er verzichten,
wenn die „Frollegen“ im gleichen Team
sind – vor allem wenn der eine dem ande-
ren vorgesetzt ist. „Je größer die Konkur-
renz zu einem Frollegen oder je stärker
die berufliche Abhängigkeit voneinan-
der, desto vorsichtiger würde ich sein, en-
ge Freundschaften zu schließen.“
Kastner kritisiert an der Studie, dass
die Autoren nicht erfasst haben, wie die
Freundschaften entstanden sind. Kenne
man den Freund oder die Freundin schon
von früher, halte man viel eher zu ihnen,
und der Rollenkonflikt sei größer, als
wenn jemand erst im Job eine Freund-
schaft schließe. „Alt bestehende Freund-
schaften können einen blind machen für
die Konsequenzen, und man verhält sich
womöglich viel unfreundlicher und illo-
yaler gegenüber dem restlichen Team, als
es bei neu entstandenen Freundschaften
der Fall wäre.“
Einer seiner kürzlichen Kunden, ein
Manager aus der Geschäftsführung eines
Öko-Unternehmens, vermittelte seinem
Freund die Stelle des kaufmännischen
Geschäftsführers in seiner Firma. „Das
ging aber völlig schief, weil der Freund
lassen und im Netz zur nächsten Baum-
plattform klettern. Lange schon steht er
reglos vor dem Seil, hinter ihm hat sich
ein kleiner Stau aus anderen Kindern ge-
bildet, die mehr oder weniger stark auf
ihn einreden, dass er endlich loslegen
soll. „Ich hab aber Angst“, wiederholt der
Junge schon zum fünften Mal. „Aber
Angst haben ist doch nicht schlimm“, ruft
ein Trainer von unten. Und mit einem
Mal scheint die Gedankenspirale zu bre-
chen, der Junge springt und schwingt und
landet elegant im Netz.
Gestartet haben Bechtloff und seine
Kollegen, von denen einer bis heute Mit-
inhaber des Kletterwaldes ist, ihr Unter-
nehmen mit nur drei Kletterparcours.
„Wir haben alles selbst gemacht und
mussten sehr viel lernen.“ Bechtloff
machte erst eine Baumkletterausbildung,
dann noch eine Industriekletteraus-
bildung mit Theorie und Praxisprüfung.
„Wir haben damals Befestigungstechni-
ken aus der Industrie für den Kletterwald
abgewandelt, das war echte Pionierar-
beit“, erinnert er sich. Mit vielen Plus-
punkten: „Wir haben morgens Parcours
gebaut, dann kamen die Schulklassen,
nachmittags Gruppen, die wir erlebnis-
pädagogisch geschult haben, und abends
haben wir die Buchhaltung gemacht.“
Man sei viel draußen gewesen, die Bü-
roarbeit war der kleinste und der „lästigs-
te“ Teil. Einen schlimmen Moment gab es
auch in dieser Zeit. 2008 stürzte ein Gast
des Kletterwaldes viele Meter in die Tiefe
ab – aufgrund eines Bedienfehlers des Si-
cherungssystems, wie Bechtloff sagt. Die
Frau erlitt schwere Verletzungen. „Das
waren harte Stunden“, sagt Bechtloff.
Foto AKG
nicht kompetent genug dafür war“, be-
richtet Kastner. Das Unternehmen trenn-
te sich von dem Freund noch in der Pro-
bezeit, der Manager verlor an
Glaubwürdigkeit, und sein Freund war
sauer, weil er sich hängen gelassen fühlte.
Ob sich aber die Art der Freundschaft
unterschiedlich auswirkt auf den Teufels-
kreis aus Rollenkonflikt, psychischer
Überlastung und Unfreundlichkeit und ob
das auch die Selbstwirksamkeit beein-
flusst, geht aus der Studie nicht hervor.
Und auch nicht, was die beste Strategie ist,
diese „Spirale“ zu durchbrechen. Ein wei-
terer Kritikpunkt ist, dass die Studie auf
Fragebogen basiert und nur jeweils die
Angestellten befragt wurden. Die Forscher
haben zwar versucht, das mit statistischen
Methoden herauszurechnen, aber es könn-
te trotzdem das Ergebnis beeinflusst ha-
ben. Womöglich hatte ein Befragter gar
nicht so enge Freunde im Job, er empfand
das nur so. Oder er dachte, er würde sich
unhöflich gegenüber Kollegen verhalten,
doch die sahen das nicht so eng.
Gut wäre ein Studienaufbau, bei dem
man Angestellte und ihre Frollegen über
einen längeren Zeitraum beobachtet und
befragt. Denn die Studie zeigte einen Zu-
sammenhang, aber nicht, ob der Rollen-
konflikt ursächlich verantwortlich ist für
das unhöfliche Verhalten und ob Selbst-
wirksamkeit davor schützt, in diesen Kon-
flikt zu geraten – oder Persönlichkeits-
eigenschaften eine größere Rolle spielen.
Es schade aber nicht, sich Techniken zur
Selbstwirksamkeit anzueignen, sagt Kar-
riereberaterin Boenig. „Die braucht man
auch sonst im Job und im Leben.“
Psychologin Hommelhoff plädiert zu-
dem für mehr Gespür, was den Kontakt zu
potentiellen Frollegen angeht. „Man sollte
die Vorlieben des anderen zur Abgrenzung
respektieren“, sagt sie. „Manche halten
Berufliches und Privates gerne getrennt,
andere vermischen das stärker.“ Entwicke-
le sich eine Freundschaft, solle man sich
bewusst sein: „Es wird immer Spannungen
geben, aber die kann man thematisieren
und klären – egal ob Freundschaft im Job
oder privat.“
Die Frau überlebte den Unfall, aber „un-
ser Bewusstsein hat das stark verändert“.
Nach der „Aufbruchseuphorie“ habe es
einen neuen Ernst gegeben, Bechtloff
schaut seitdem noch einmal mit anderen
Augen auf seinen Beruf.
Aber nicht nur diese Episode, auch das
Wachstum der Anlage und der ganzen
Branche haben Bechtloffs Alltag extrem
verändert – und professionalisiert. Seit
2009 gibt es mit der IAPA einen eigenen
Kletterwaldverband, der Seilgärten in-
spiziert und zertifiziert und Mitarbeiter
schult. Jede Plattform und jedes Seil in
Bechtloffs Wald sind dokumentiert,
kontrolliert und TÜV-geprüft.
Für seine Anlage arbeiten heute
17 Festangestellte, darunter ein profes-
sioneller Buchhalter und ein Zimmer-
mann, der sich um den Parcours-Bau
kümmert. Dazu kommen rund sechzig Mi-
nijobber und Studenten und zehn selb-
ständige Erlebnispädagogen. Bechtloff
selbst sitzt mittlerweile sehr viel am
Schreibtisch oder führt Gespräche und
Telefonate. Er erzählt das mit einigem Be-
dauern, zu gern ist er auf und zwischen
den Bäumen unterwegs. Er sagt es aber
auch mit einem lachenden Auge. „Der
größte Teil meiner Arbeit ist jetzt die Mit-
arbeiterführung.“ Und nicht nur die
Arbeit mit Bäumen ist sein Ding, sondern
eben auch die mit Menschen – da ist er
ganz Pädagoge. NADINE BÖS
Folge 5 unserer Sommerserie „Arbeiten
im grünen Bereich“, in der wir Menschen
porträtieren, die in Berufen arbeiten,
die mit Umwelt, Natur oder Nachhaltigkeit
im sozialen Sinne zu tun haben.
NR. 1 7 4 · SE I TE 2 9
SAM S TAG, 2 9 . J U L I 2 0 2 3
NINE TO FIVE
Kein Mann fürs
Grobe
Von Ursula Kals
er Mann, nennen wir ihn
D
Horst, hat Hände wie ein
Schaufelbagger, und an ihm
ist alles leicht überdimensioniert.
Seine laute Stimme, sein dröhnen-
des Lachen, seine raumgreifenden
Schritte, seine tiefe, ins Rot changie-
rende Bräune. Er ist Bauunterneh-
mer und spricht gerne und detailver-
liebt über lahme Behörden, absurde
Bauvorschriften und Vorzüge von
Schleuder-, Poren- und Estrichbe-
ton. Am Büffet auf den Balearen
langt er tüchtig zu, häuft Berge auf
seine Teller, die er genüsslich kau-
end abträgt. Das Personal mag ihn.
Denn seine Augen sind nicht größer
als sein Magen, er lässt nichts übrig,
vertilgt gut gelaunt große Mengen
und verteilt üppig Lob. Morgens der
Cortado, „ein Genuss“, abends die
Paella, „große Klasse“. Mit kindli-
chem Enthusiasmus schmaust er
sich durch die Dessert-Variationen.
Horst geht uns auf den Keks, und
Beton interessiert uns nicht die
Bohne. Aber das hat sich schlagartig
geändert. Denn wir begegnen dem
Mann fürs Grobe an einer der Bau-
stellen in Küstennähe. Erst fielen
uns unter krummen Kiefern nur die
Plastiknäpfe mit Trockenfutter und
Wasser auf. Hoffnungsanker für ein
paar ausgemergelte Straßenkatzen.
Schnaufend kam Horst den Hügel
rauf, unterm Arm einen Fünf-Liter-
Wasserkanister und zwei Packungen
Futter. Eingerichtet haben die im-
provisierte Futterstelle ein paar
Bauarbeiter. Mit denen unterhält
sich Horst mit Händen und Füßen
und einem abenteuerlichen Mix aus
Schulenglisch und spanischen Bro-
cken. Berufskollegen. Man tauscht
sich aus. Auch daheim in Deutsch-
land kümmert sich Horst um Futter-
stellen, finanziert Kastrationen und
vermittelt Streunerkatzen. Er hat
ein großes Herz. Wie war das noch
mal mit den sechs Rohdichteklassen
von Leichtbeton? Horst, überneh-
men Sie! Dümmer wird man durch
ein Gespräch mit Spezialisten nicht.
Podcast Beruf & Chance
Primaballerina
Iana Salenko über
Tänzerkarrieren,
Schmerzen, den
Flow und ihre Hei-
mat, die Ukraine.
faz.net/karrierepodcast-salenko
Statt Ruhestand
weiter in Teilzeit
Fast die Hälfte der Gen 50 plus möch-
te nach dem Ruhestand zumindest in
Teilzeit weiterarbeiten. Das ist ein
Ergebnis der Arbeitsmarktstudie
„Karriere 50 plus“, für die die König-
steiner Gruppe 1094 Beschäftigte im
Alter von 50 bis 65 Jahren befragen
ließ. Demnach können sich 43 Pro-
zent der Befragten vorstellen, auch
im Pensionsalter als Teilzeitkraft wei-
ter beruflich tätig zu sein. Für 17 Pro-
zent ist sogar ein Job in Vollzeit eine
attraktive Option.
Dabei sind diejenigen, die weiter-
arbeiten möchten, durchaus offen für
andere Arbeitgeber als ihren aktuel-
len: 60 Prozent ist es egal, ob sie nach
ihrem eigentlichen Ruhestand für
den aktuellen oder einen anderen
Arbeitgeber weiterarbeiten. Weitere
19 Prozent planen sogar, ihr derzeiti-
ges Unternehmen zu verlassen und
für ein anderes tätig zu werden. Der
Fachkräftemangel und die demogra-
phische Lage zwingen zu neuen We-
gen, um qualifiziertes Personal zu
finden. Eigentliche Ruheständler
könnten für Arbeitgeber „dabei eine
ganz neue und spannende Kandi-
datengruppe darstellen. Sie verbin-
den einen hohen Wissensschatz mit
Erfahrung und Motivation. Unter-
nehmen, die ihre Mitarbeitersuche
auch in diese Richtung öffnen, könn-
ten anderen Arbeitgebern einen
wichtigen Schritt voraus sein“, sagt
Nils Wagener, Geschäftsführer der
Gruppe, zu den Ergebnissen der Stu-
die. Mehr als ein Fünftel der Akade-
miker können sich sogar eine Voll-
zeitstelle vorstellen. Leicht unter-
schiedliche Vorstellungen für die
Zeit nach der Rente ermittelten die
Arbeitsmarktforscher je nach Bil-
dungsstandard der Teilnehmer. Bei
den Nichtakademikern liegt der An-
teil derjenigen, die auch in Vollzeit
weiterarbeiten möchten, bei nur 12
Prozent, an einem Minijob sind aber
48 Prozent interessiert. F.A.Z.
SE I TE 3 0 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4 Campus FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG

So viel Arbeit: Englisch geht, ler sich vorrangig sprachlich mitteilen

Französisch? weil präsent auf allen Kanälen,

leicht von der Hand –
Französisch erfordert mehr
Ausdauer und Überzeugung.
Foto Fotofinder
können, erlebten die Lehramtsstudenten
in ihrem Referendariat einen „Unterricht,
der von 1960 sein könnte“, sagt Caspari,
die an der FU Berlin auch angehende
Französischlehrer ausbildet. Auch Fischer

Non, merci! zwölf und 13 Jahren auch lernpsycholo-

gisch schwer, sagt die Professorin für
romanische Sprachen. Im Vergleich zu
Zu schwer, zu elitär, im Schatten von Englisch: Englisch werde Französisch als mühsamer
und schwerer wahrgenommen.
An Schulen hat die Sprache einen schweren Tobias Hordan ist im achten Semester
Lehramtsstudent an der Universität Leip-
Stand, und auch an den Universitäten finden sich zig. Er sieht das mangelnde Interesse für
sein Fach Französisch darin, dass junge
kaum noch Interessierte – dabei haben Lehrer für Leute ununterbrochen von Englisch um-
geben seien. Fast jedes Lied und Youtube-
Französisch gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Video sowie jeder Film laufe auf Englisch,
das ermögliche einen einfacheren Zugang
Von Carolin Wilms zur Sprache. Die französische Subkultur
hingegen sei in Deutschland nicht so be-
kannt, sagt Hordan. Anders als Franzö-
sisch sei Englisch eine Sprache, bei der
man zumindest am Anfang schneller Fort-
sagt, dass er eine Diskrepanz beobachte
zwischen dem, was an den Universitäten
den Lehramtsstudenten vermittelt werde,
und wie der Französischunterricht in der
Praxis stattfinde. Seiner Ansicht nach tau-
schen sich Studierende mit anderen darü-
ber aus, dass es in der Praxis keinen Spaß
mache. Und so wechseln nach seiner Be-
obachtung einige das Studienfach. Caspari
sagt, dass ihre Studierenden ihr oft nach
dem Praxissemester zurückmeldeten, dass
Karrierefrage auf FAZ.NET
An dieser Stelle finden
Sie mit Ihrem Handy
die aktuelle Folge
unserer Ratgeber-Reihe
„Die Karrierefrage“.
Jede Woche geben wir dort
einen neuen Tipp rund

O
ù oder ou? Generationen von
Schülern und Schülerinnen
verzweifelten an der korrek-
ten Verwendung von accent
aigu und accent grave, büffelten Konju-
gationstabellen von französischen Ver-
ben und versuchten sich an Interpretati-
onen der Werke von Molière und Balzac.
Das Interesse scheint nachzulassen, denn
seit mehr als zehn Jahren nehmen die
Schülerzahlen für die Fremdsprache
Französisch ab. Auch die Zahl der Studie-
renden für das Lehramt Französisch war
im Wintersemester 2021/22 ein Drittel
niedriger als elf Jahre zuvor. Dabei ist
Frankreich ein bedeutender Handelspart-
ner Deutschlands und Deutschland einer
der größten ausländischen Investoren in
Frankreich. „Unternehmen fragen bei
uns dauernd nach deutsch-französisch
ausgebildeten Juristen und Ökonomen“,
sagt Eva Martha Eckkrammer, Vizepräsi-
dentin der Deutsch-Französischen Hoch-
schule (DFH). Einige dieser Studieren-
den, so ihre Beobachtung, haben
Französisch aber nicht intensiv in der
Schule, sondern zu Hause oder während
ihrer Auslandsaufenthalte gelernt; eine
Sprache, die von 270 Millionen Men-
schen gesprochen wird und damit global
auf Platz sieben liegt.
Was also hält junge Menschen davon ab,
die Sprache in der Schule und später an
der Universität zu lernen? Hat Französisch
für sie keine Relevanz? Im Jahr 2023 wird
die Unterzeichnung des Elysée-Vertrages
in Frankreich und Deutschland gefeiert.
Vor sechzig Jahren verpflichteten sich da-
rin beide Regierungen, die Zahl der Ler-
nenden der jeweiligen Sprache zu erhö-
hen. Durch deutsch-französische
Austauschprogramme sollten Jugendli-
chen beider Länder die jeweiligen Kultu-
ren nähergebracht, die Sprachen gelernt
und so die Beziehung der früheren Erz-
feinde verbessert werden. In Frankreich
jedoch ist in den vergangenen 15 Jahren
die Zahl der Deutschlehrer um mehr als
ein Drittel zurückgegangen. Denn die
Kommunikation zwischen Franzosen und
Deutschen mag heute durch Online-Über-
setzungsprogramme oder den Umweg
über die Drittsprache Englisch beschleu-
nigt und vereinfacht worden sein. Exper-
ten mahnen aber, dass das Lernen einer
Sprache mehr sei, als nur zu sprechen.
An den Hochschulen des DFH-Netzwer-
kes erreichen jährlich 15 bis 20 Lehrkräfte
für Französisch einen binationalen Ab-
schluss. Die Absolventen seien heiß be-
gehrt und finden schnell eine Stelle, sagt
Eva Martha Eckkrammer, zumal sie ihr
Referendariat auch in Frankreich machen.
Das Gros wird an deutschen Universitäten
ausgebildet, im Jahr 2021 gab es 806 Ab-
solventen für das Lehramt Französisch.
Einen der Gründe für die abnehmende
Zahl der Lehramtsstudierenden in diesem
Fach sieht Grégoire Fischer, Vorsitzender
der Vereinigung der Französischlehrerin-
nen und -lehrer (VdF), darin, dass seit
dem Beschluss der Kultusministerkonfe-
renz im Jahr 2006 Schüler die zweite
Fremdsprache am Ende der Sekundarstufe
I abwählen können. Das widerspreche der
Vorstellung des Europäischen Rates, der
im Jahr 2001 Mehrsprachigkeit von den
europäischen Bürgern forderte: Sie sollen
neben ihrer Muttersprache zwei Fremd-
sprachen lernen. Im EU-Vergleich schnei-
den deutsche Schüler hier nicht gut ab.
Obwohl Französisch konstant mit rund
15 Prozent die am häufigsten gewählte
zweite Fremdsprache in Deutschland ist,
wählen mehr als 85 Prozent diese nach der
Sekundarstufe I ab, sagt Fischer, der in
Bremen auch Referendare ausbildet. Dies
sei eine politische Entscheidung gewesen,
die auch von Parteien getroffen wurde, die
sich für „mehr Europa“ aussprechen. Da-
mit lernen kaum noch Schüler in der
Oberstufe Französisch, und so eignen sich
weniger von ihnen vertieftes Wissen für
ein mögliches Lehramtsstudium an, das
vielerorts ein Niveau von B1 als Eingangs-
voraussetzung fordert, sagt er. Es sei eine
dünne Basis, die für diesen Studiengang
überhaupt zur Verfügung stehe.
Einen weiteren Grund für das abneh-
mende Interesse am Schulfach Franzö-
sisch sieht Daniela Caspari von der FU
Berlin in der Vorverlegung des Englisch-
unterrichts vor rund 20 Jahren. Die Schü-
ler haben teils ab der dritten Klasse spiele-
risch Englisch gelernt und ein relativ
hohes Sprachniveau erreicht, wenn sie die
zweite Fremdsprache wählen. Da habe es
Französisch mit seiner anderen Ausspra-
che und komplexeren Grammatik bei
Schülern und Schülerinnen im Alter von
schritte erziele. Entsprechend demotivie-
rend sei die Erfahrung im Vergleich bei
denen, die etwa Französisch als zweite
Fremdsprache lernen. Fischer vom VdF
hört oft, dass Französisch für eine elitäre
Sprache gehalten werde, was von der Wahl
abhalte.
Ihm habe Französisch sehr viel Spaß ge-
macht, berichtet Hordan. Seine Lehrerin
habe ihn früh zu einem halbjährigen Schü-
leraustausch ermutigt. Nach dem Abitur
brach Hordan sein Medizinstudium ab, da
sein Wunsch, Französischlehrer zu wer-
den, überwog. Nun sei er positiv über-
rascht von der zeitgemäßen Ausbildung:
Seit Beginn des Studiums solle er überden-
ken, wie er selbst Sprachen gelernt habe.
Diese Reflexion sei wichtig, um unbewusst
nicht so wie früher zu lehren, sondern mo-
derne Lehrmethoden anzuwenden. Etwa
sei das Lernen von Vokabeln und Gram-
matik heute kein Selbstzweck mehr. Statt-
dessen stehe im Vordergrund, dass die
Lernenden sich auf Französisch ausdrü-
cken können, sagt er. Angesichts der sin-
kenden Zahl von Französischschülern
spricht Fischer von einer Krise, in der man
diesen keine schwere literarische Kost vor-
setzen könne. Vielmehr müssten sich Leh-
rer überlegen, wie sie die Inhalte in die Le-
benswelt der Zehn- oder 15-Jährigen
übertragen und so Interesse an der Spra-
che wecken.
Weil seit dem Jahr 2006 im Bundesland
Berlin die Kompetenzorientierung darin
bestehe, dass die Schülerinnen und Schü-
um Beruf und Studium.
sie häufig keinen modernen Unterricht er-
lebten und auch auf Lehrer und Lehrerin-
nen träfen, die ihnen keine Lust machten,
diesen Beruf zu ergreifen.
Caspari berichtet von Beobachtungs-
projekten ihrer Studierenden, dass im
Französischunterricht oft überwiegend
Deutsch gesprochen werde. Es sei wirk-
mächtig, wenn die Studierenden ein hal-
bes Jahr lang von den Lehrkräften hören,
dass man das nicht anders machen könne.
Dabei sei der nationale Bildungsstandard
mit seiner Forderung, dass Französischler-
nende unbedingt sprechen lernen sollen,
verpflichtend. „Keiner würde zu einem
Arzt gehen, der die neuen Leitlinien nicht
beachtet“, sagt Caspari. In der Schule wer-
de dies unterlaufen, weil es kaum ver-
pflichtende Sprechprüfungen gebe.
Gleichwohl seien die Berufsaussichten
für Absolventen des Lehramtsstudien-
gangs Französisch gut: Caspari hat beob-
achtet, dass die, die das Studienfach Fran-
zösisch durchgehalten, kulturelle
Erfahrungen gemacht haben und mit Tex-
ten umgehen können, gute Berufsaussich-
ten auch außerhalb der Schule haben und
diese Tätigkeiten als sinnstiftend erleben.
Student Tobias Hordan sagt, dass in Sach-
sen genauso viele Lehrer eingestellt wer-
den wie studiert haben – er rechne sich
deshalb gute Chancen auf dem Arbeits-
markt aus.

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Bekanntmachungen

Gemäß § 6 Abs. 14 des Statuts des

Einlagensicherungsfonds teilen wir
mit, dass die DSK Hyp AG, Frank-
furt am Main, zum 21. Dezember
2022 aus dem Einlagensicherungs-
fonds des Bundesverbandes deut-
scher Banken e.V. ausgeschieden
Aktenzeichen I Ns 87/22 -/-
Vita
Beschluss 25.01.2023 Für alles, was das Leben schöner macht.
Das Amtsgericht Gizycko I. Zivilabtei-
lung [PL:Sad Rejonowy w Gizycku I Hier treffen kluge Köpfe Gleichgesinnte:
Wydziat Cywilny] durch die Vorsitzen- Heiraten und Bekanntschaften
de: Richterin des Amtsgerichts Anila sowie Freizeit und Hobby.
Kowalewska in der nichtöffentlichen
Sitzung am 25. Januar 2023 nach der
Entscheidung über den Antrag von Ge-
Exklusive
Institute Sie sucht Ihn

ist.
Amtsgericht Gizycko
Aktenzeichen I Ns 87/22 -/-
Vor dem Amtsgericht Gizycko in der
Sache mitz dem Aktenzeichen I Ns
87/22 ist ein Verfahren wegen der Be-
stätigung des Erbschaftserwerbs nach
dem am 26. November 2021 in Gi-
zycko verstorbenen Stanislaw Lomper
anhängig. Durch den Beschluss vom
25. Januar 2023 hat das Amtsgericht
Gizycko für die mit dem Wohnort nicht
bekannten Verfahrensbeteiligten Hen-
ryk Wojtkiewicz, Monika Kijek, Anna
Kinzle eine Pflegerin- Gerichtsbeamtin
Anna Borys - bestellt.
Gemäß § 6 Abs. 14 des Statuts des
Einlagensicherungsfonds teilen wir
mit, dass die North Channel Bank
GmbH & Co. KG, Mainz, zum 4. Mai
2023 aus dem Einlagensicherungs-
fonds des Bundesverbandes deut-
scher Banken e.V. ausgeschieden ist.
Auch unterwegs
alle Seiten im Blick behalten.
nowefa Kiezik unter Beteiligung von
Jan Wojtkiewicz, Zbigniew Wojtkie-
wicz, Miroslaw Wojtkiewicz, Henryk
Wojtkiewicz, Mirian Wojtkiewicz, Hele-
na Mozejka, Irena Jewiskova, Stanisla-
wa Zajcew, Monika Kijek, Anna Kinzel
wegen der Feststellung des Erb-
schaftserwerbs nach dem Verstorbe-
nenen Stanislaw Lomper beschließt: I.
Das Verfahren wird aufgenommen
II. Für die mit dem Wohnsitz nicht be-
kannten Verfahrensbeteiligten Henryk
Wojtkiewcz, Monika Kijek und Anne
Kinzle wird die Pflegerin Anna Borys
bestellt III. Über die Bestellung der
Pflegerin ist an der Infotafel im Gebäu-
de des Amtsgerichts Gizycko und im
Gebäude der Stadtverwaltung Gizycko
[PL: Urzad Miejski w Gizycku] für die
Dauer von 2 (zwei) Wochen bekannt zu
geben sowie im Tagesblatt „Allgemei-
ne Zeitung“ eine Bekanntmachung auf-
zugeben, wobei nach Ablauf eines Mo-
nats ab Zeitpunkt der Erfolgung der
Bekanntmachung die Wirksamkeit der
Bekanntmachung festzustellen ist.
Richterin des Amtsgerichts Alina Ko-
walewska
Junggebl. attraktive, finanz. unab-
hängige Akademikerin 64J.
1,72 m groß, schlank, mit Sinn für Hu-
mor, vielseitig interessiert (Literatur,
Kunst, Musik, Reisen und Natur) sucht
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Im Althoff Grandhotel Schloss Bensberg in Bergisch
Gladbach erwarten ein unverwechselbares Hotelerleb-
nis und eine Bühne für inspirierende Begegnungen
die Gäste. Das Grandhotel schafft einen stilvollen
Rückzugsort – Ausblick auf den Kölner Dom inklusive.
Schloss Bensberg wurde bereits im frühen 18. Jahr-
hundert erbaut. Seit 2000 ist es als Hotel ein Teil der
renommierten Althoff Collection – bekannt für
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unter faz.net/meinabo möglich. Mitarbeiter der Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH und der beteiligten Kooperationspartner
sowie deren Angehörige sind teilnahme-, aber nicht gewinnberechtigt. Keine Barabgeltung. Eigene An- und Abreise.
Jetzt die App F.A.Z. Kiosk herunterladen Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Rauch-Pause: Linksverteidigerin Felicitas Rauch wird den DFB-Frauen bei der WM bis auf weiteres verletzt fehlen.
Es lebe die Variation!
Die DFB-Frauen bestechen durch einen vielfältigen Kader. Nun ist die Bundestrainerin
wieder zum Umbau gezwungen. Von Marc Heinrich, Wyong
B
is zum Freitagvormittag hatte
es personell noch so vielver-
sprechend wie möglich ausge-
sehen bei der Auswahl des
Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Die
Wahrscheinlichkeit, dass der Kader der
DFB-Frauen im zweiten Spiel bei dieser
Weltmeisterschaft komplett zur Verfü-
gung stehen könnte, hatte Joti Chatziale-
xiou auf „95 Prozent“ beziffert. Lena
Oberdorf, Sjoeke Nüsken und Marina He-
gering hätten erhebliche Fortschritte ge-
macht, gab der Sportliche Leiter Natio-
nalmannschaften zu erkennen. Deren
Beschwerden seien weitestgehend abge-
klungen. Beim Training am Freitagvor-
mittag erwischte es aber eine andere
Stammspielerin: Felicitas Rauch, die
beim 6:0-Auftaktsieg gegen Marokko auf
der linken Abwehrseite spielte, erlitt eine
Verstauchung des rechten Kniegelenks
und fällt laut DFB „auf unbestimmte
Zeit“ aus. Anstelle der 27-Jährigen vom
VfL Wolfsburg werden wohl entweder
Sophia Kleinherne oder die international
unerfahrene Chantal Hagel auflaufen.
Angesichts des personellen Rück-
schlags wäre es hilfreich, wenn das zu-
letzt angeschlagene Trio einsatzfähig
wäre. Bei Lena Oberdorf war es eine
Muskelläsion im Oberschenkel, die sie
am Mitwirken beim 6:0-Auftaktsieg
gegen Marokko hinderte, Sjoeke Nüsken
lief wegen einer Bänderdehnung im Knie
zuletzt unrund, und Marina Hegering
plagte sich seit Ende Juni mit einem Blut-
erguss an der Ferse herum, den ihr der
Tritt einer Gegnerin im Testspiel gegen
Sambia beschert hatte. Jede aus dem Trio
hat, wenn die Gesundheit mitspielt, ihre
besonderen Stärken in der Bewachung
der Zone vor Torhüterin Merle Frohms.
Die erst 22 Jahre alte Sjoeke Nüsken
stieg in der vergangenen Saison bei Ein-
tracht Frankfurt zu einer Innenverteidi-
gerin von internationalem Format auf,
SPA-FRANCORCHAMPS. Nebel, Re-
gen, Spa-Wetter: Kaum hat sich die For-
mel 1 einen Sommertermin für den Gro-
ßen Preis von Belgien an diesem Sonntag
(15 Uhr, Sky) im Hohen Venn ausgesucht,
schickt der Herbst seinen Vorläufer. Renn-
fahrer kommen gerne nach Spa zur großen
Sause auf der längsten Rennstrecke im Ka-
lender. Sie lieben die „schnellen“ Kurven,
den Schuss durch die berühmte Senke na-
mens Eau Rouge mit Vollgas hinauf zur
Kemmel-Geraden. „Das ist Fun“, sagt Ni-
co Hülkenberg am Donnerstag im Fahrer-
lager, „das ist noch eine richtige Kurve,
eine Herausforderung“. Er lächelt und
deutet mit einer kleinen Geste unter dem
Tisch an, was Steuerkünstler von Format
dazu brauchen. Am liebsten im Rennen
auch einen trockenen Asphalt. Aber belgi-
sche Meteorologen sagen auch dichten Re-
gen voraus für das Sprintausgabe am
Samstagnachmittag über 15 Runden. Die
Vorhersage ruft düstere Bilder in Erinne-
rung. „Es muss sichergestellt werden“, for-
dert der Franzose Pierre Gasly (Alpine),
„dass sich so ein Unfall nicht wiederholt“.
Anfang Juli ist Dilano van ’t Hoff töd-
lich verunglückt in Spa auf nasser Piste.
Der Nachwuchspilot stand in einem regio-
nalen Formel-Rennen nach der Eau-
Rouge-Passage quer zur Fahrtrichtung auf
der Strecke. Ein nachfolgender Pilot konn-
te nicht mehr ausweichen. Van ’t Hoff, 18
Jahre alt, hatte keine Chance. Der Verlauf
des Unfalls erinnerte an den Tod von An-
thoine Hubert vor vier Jahren. Auch der
französische Formel-2-Pilot prallte nach
einem Crash mit mehreren Fahrzeugen
sie wird nach der Saison zum FC Chelsea
wechseln und ihre Karriere in der Wo-
men’s Super League fortsetzen, die in
Qualitätsfragen des Fußballs der Frauen
aktuell als das Nonplusultra gilt. Marina
Hegering, mit 33 Jahren die älteste Spie-
lerin im DFB-Kader, und die elf Jahre
jüngere Lena Oberdorf stehen beim VfL
Wolfsburg unter Vertrag und haben
reichlich internationale Erfahrung vorzu-
weisen. Die beiden waren ursprünglich in
den WM-Planungen der Bundestrainerin
als Defensivschwergewichte fix vorgese-
hen, weil sie mit ihrer Körperlichkeit das
Repertoire des Teams um eine Facette er-
gänzen, die so nicht viele Mitbewerber
vorzuweisen haben.
Martina Voss-Tecklenburg wird aber,
das kündigte sie vor dem zweiten Grup-
penspiel an, bei der Aufstellung keinerlei
Risiko eingehen und sich in allen Fällen
mit den Medizinern des DFB abstimmen.
„Das wäre ja dumm“, antwortete die
Fußball-WM der Frauen
Gruppe D
England – Haiti 1:0
Dänemark – China 1:0
England – Dänemark 1:0
China – Haiti 1:0
China – England 01.08., 13.00 Uhr
Haiti – Dänemark 01.08., 13.00 Uhr
Rang Land Punkte Tore
1 England 6 2:0
2 Dänemark 3 1:1
China 3 1:1
4 Haiti 0 0:2
Bei Tempo 300 wie im Blindflug
Spa ist für Formel-1-Piloten ein Vergnügen – doch die Eau-Rouge-Passage kann bei Regen zur Todesfalle werden
zurück von der Streckenbegrenzung und
bildete ein unüberwindbares Hindernis für
einen Kollegen. 2021 überstanden fünf Pi-
lotinnen der Frauen-Serie mit Glück eine
gewaltige Karambolage in dieser Ecke
weitgehend unverletzt. Obwohl die Unfäl-
le unterschiedliche Ursachen hatten, gibt
es eine Gemeinsamkeit: Das Risiko für
einen fatalen Crash nach der Eau Rouge
scheint höher zu sein als an allen anderen
Stellen. Warum?
Mit durchgetretenem Gaspedal jagen
Formel-1-Boliden in die Links-rechts-
Kombination der Eau Rouge, bevor sie
eine Rampe hinaufschießen. Die Steigung
von 15 Prozent verleiht schon bei langsa-
mem Tempo für einen Augenblick das Ge-
fühl einer Himmelfahrt. Was die Fahrer im
Cockpit sehen? Zumindest nicht die Stre-
cke hinter der Kuppe. „Es ist eine blinde
Kurve“, sagt Lance Stroll (Aston Martin).
Was also, wenn jemand nach der Kuppe
auf der Kemmel-Geraden im Weg steht?
„Du kommst mit 300 dahin – und dann
war es das“, hatte der Kanadier kurz nach
der jüngsten Katastrophe gesagt: „Der
Sport spielt mit dem Feuer.“
Charles Leclerc scheint am Donnerstag
auf das Thema vorbereitet: „Wir brauchen
mehr Platz rechts und links (nach der Kup-
pe auf der Kemmel-Geraden, d. Red.).“ Er
Sport
Bundestrainerin auf die Frage, ob sie bei
ihren taktischen Überlegungen bereit sei,
auch auf Akteurinnen zurückzugreifen,
die nicht restlos fit seien, „wir wollen ja
länger hierbleiben und haben mehr vor“.
An diesem Sonntag trifft ihre Auswahl
in Sydney auf Kolumbien (11.30 Uhr,
ARD). Und nach allem, was die Scouting-
abteilung des Verbandes seit der WM-
Auslosung über den bis dato weitgehend
unbekannten Konkurrenten in Erfahrung
brachte, hat er einiges mehr zu bieten als
das 18 Jahre alte „Wunderkind“ Linda
Caicedo. Bei der Südamerika-Meister-
schaft im eigenen Land wurde das En-
semble von Trainer Nelson Abadia Zwei-
ter, und schon bei dieser Gelegenheit fiel
manchem unangenehm auf, dass das
Team mit einem Temperament zur Sache
geht, das an die Grenzen des Erlaubten
heranreicht – und bisweilen darüber hi-
nausgeht. Es wird, da sind sie sich im
deutschen Lager einig, eine Prüfung für
Gruppe G
Schweden – Südafrika 2:1
Italien – Argentinien 1:0
Argentinien – Südafrika 2:2
Schweden – Italien 29.07., 9.30 Uhr
Südafrika – Italien 02.08., 9.00 Uhr
Argentinien – Schweden 02.08., 9.00 Uhr
Rang Land Punkte Tore
1 Schweden 3 2:1
2 Italien 3 1:0
3 Südafrika 1 3:4
4 Argentinien 1 2:3
plädiert für größere Auslaufzonen, die ver-
hindern, dass außer Kontrolle geratene
Autos auf die Strecke zurückkreiseln. Die
wird es nicht geben bis zum Samstag. Denn
links hinter der Kuppe begrenzt ein steiler,
Armer Hintermann: Sainz mit Gischtvorhang am Heck des Ferrari
Foto Reuters
Kopf und Körper, die schwerer zu bewerk-
stelligen sein wird als der Turniereinstieg
gegen die Nordafrikanerinnen aus Marok-
ko. Martina Voss-Tecklenburg kündigte
an, dass ihr Team nach dem ersten Schritt,
„den wir uns genau so vorgenommen hat-
ten“, nun in den verbleibenden Stunden
bis zum Anstoß darauf eingestellt werde,
dass es gegen die Kolumbianerinnen zu
einer Partie kommen kann, in der es auch
mal heftiger zur Sache geht: „Was ihre
Mentalität betrifft, müssen wir uns auf
einiges gefasst machen“, sagte sie der
F.A.Z., „sie haben eine gute Physis und
können einem richtig wehtun.“ Das gelte
es sich vorab zu vergegenwärtigen, um
dann vor den erwarteten 40.000 Zuschau-
ern die Nerven zu bewahren und eigene
Ideen durchsetzen zu können. Grundsätz-
lich komme es bei diesem Turnier darauf
an, „clever zu agieren und dumme Gelbe
Karten zu vermeiden“, sagte sie, „wir wol-
len emotional bei uns bleiben“.
Zu ihrem Vertrauen in die eigene Stärke
trägt bei, dass der Kader Variationsmög-
lichkeiten bietet, die helfen, um sich auf
wechselnde Sachlagen wie nun durch
Rauchs Verletzung einzustellen. So steht
mit Sara Doorsoun für den zentralen Pos-
ten in der Viererkette neben der Wolfsbur-
gerin Kathrin Hendrich eine athletische
Spielerin bereit, die die Vorzüge mit-
bringt, sowohl schnell sprinten als auch
Zweikämpfe konsequent angehen zu kön-
nen. Die Bundestrainerin hob Doorsouns
Beitrag zum gelungenen WM-Start her-
vor: „Sie hat eine richtig gute Energie“,
sagte Martina Voss-Tecklenburg. „Uns ist
klar, dass es sich hin zu 100 Prozent erst
im Laufe des Turniers entwickelt.“ Ein
Sieg am Sonntag kann früh Planungssi-
cherheit schaffen, dass es auf jeden Fall
schon mal über die Vorrunde hinaus wei-
tergeht. Ob sich bei der WM noch mit der
verletzten Felicitas Rauch planen lässt,
bleibt bis auf Weiteres fraglich.
felsiger Hang den Spielraum für kurzfristi-
ge Lösungen. Deshalb bat Leclerc um Ver-
ständnis für seine Vorwarnung: „Niemand
sollte sich beklagen, falls wir nur wenige
Runden drehen. Die Sicherheit hat absolu-
Foto AP
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 3 1
Charlan darf nach Paris
IOC-Präsident Bach garantiert disqualifizierter
ukrainischer Fechterin Olympia-Startplatz
chwb. FRANKFURT. Thomas Bach,
Präsident des Internationalen Olympi-
schen Komitees (IOC), hat der am
Donnerstag bei der Weltmeisterschaft
der Fechterinnen disqualifizierten
Ukrainerin Olha Charlan einen Olym-
piastartplatz garantiert. Das geht aus
einem per Mail versandten persönli-
chen Schreiben Bachs an Charlan vom
Freitag hervor, das der F.A.Z. vorliegt.
Darin drückt Bach der Ukrainerin, die
disqualifiziert worden war, weil sie
ihrer russischen Gegnerin den soge-
nannten „Fechtergruß“ mit dem Säbel
dargeboten, aber nicht die Hand ge-
schüttelt hatte, sein Mitgefühl ange-
sichts des „Kriegs gegen Dein Land
und des Leidens der Menschen in der
Ukraine“ aus.
„Angesichts Deiner einzigartigen
Situation, wird Dir das Internationale
Olympische Komitee einen zusätzli-
chen Quotenplatz einräumen für die
Olympischen Spiele Paris 2024, so-
fern Du Dich in der Zwischenzeit
nicht qualifizieren kannst. Wir ma-
chen diese einzigartige Ausnahme
auch, weil die andauernden Prozedu-
ren Dir keinesfalls die Qualifikations-
punkte zurückbringen werden, die Du
wegen Deiner Disqualifikation ver-
passt“, heißt es in dem Schreiben.
„Selbstverständlich“ müsse Olha
Charlan alle weiteren Kriterien „wie
jeder andere Sportler“ erfüllen, um an
Olympia teilnehmen zu dürfen. Char-
lan war am Donnerstag durch den
Internationalen Fechtverband (FIE)
nach ihrem Sieg gegen die Russin An-
na Smirnowa disqualifiziert worden,
In Kürze
Olympiasieger suspendiert
Stabhochsprung-Olympiasieger Thia-
go Braz aus Brasilien ist wegen Do-
ping-Verdachts suspendiert worden.
Wie die Unabhängige Integritätskom-
mission (AIU) des Leichtathletik-Welt-
verbandes am Freitag mitteilte, wird
dem 29-Jährigen die Einnahme eines
anabolen Steroids vorgeworfen. Da-
nach ist bei einer Doping-Kontrolle bei
Braz die Substanz Ostarine gefunden
worden. Sollte sich der Verdacht bestä-
tigen, droht Braz, der 2016 in Rio Gold
gewann, eine Vierjahressperre. dpa
20. Pole für Leclerc
Formel-1-Weltmeister Max Verstappen
(Red Bull) ist zwar am Freitag die
schnellste Rundenzeit im Qualifika-
tionstraining für den Großen Preis von
Belgien gelungen. Aber der Niederlän-
der wird wegen eines Getriebewechsels
um fünf Plätze in der Startaufstellung
am Sonntag zurückversetzt. Ferrari-Pi-
lot Charles Leclerc rückt auf, gefolgt von
Sergio Perez (Red Bull) und Lewis Ha-
milton (Mercedes). Die Qualifikation
wurde wegen des Sprintrennens am
Samstag (16.30 Uhr) vorgezogen. ahe.
Mahrez nach Saudi-Arabien
Der algerische Fußball-Nationalspieler
Riyad Mahrez wechselt vom Champi-
ons-League-Sieger Manchester City in
die saudi-arabische Profiliga zu Al-Ahli.
Dies bestätigte Manchester am Freitag.
Für den 32-Jährigen, der seit 2017 bei
City spielte, zahlen die Saudis rund 35
Millionen Euro. Mahrez unterschrieb
einen Vertrag bis Mitte 2027 und wird
bei Al-Ahli auf den deutschen Trainer
Matthias Jaissle treffen, der ebenfalls
am Freitag von RB Salzburg zu dem
saudi-arabischen Klub wechselte. sid
te Priorität. (. . .) Bei Regen ist die Sicht
schlecht. Wenn wir sagen, wir sehen
nichts, dann sehen wir nichts.“
Obwohl Hubert auf trockener Piste sein
Leben verlor, sieht eine Reihe von For-
mel-1-Piloten vor allem den Regen als
Bedrohung für Leib und Leben. „Bei 300
sieht man zwanzig Meter weit“, sagt Alt-
meister Fernando Alonso. Das hängt
auch mit den breiteren Hinterreifen und
der neuen Rennwagengeneration zusam-
men. Das Wasser auf der Piste wird von
den Walzen am Heck und durch die
Unterböden der tief abgestimmten
Groundeffekt-Autos in eine Gischtwand
verwandelt. Solisten auf der Piste genie-
ßen freie Sicht. Den nassen Asphalt
fürchten sie nicht. Aber im Pulk fühlt sich
der Hintermann wie in einen Blindflug
versetzt – nur ohne Instrumentensteue-
rung. Was tun?
Die Grand-Prix-Fahrer-Vereinigung
GPDA, sagt Mercedes-Mann Georg Rus-
sell, tausche sich mit dem Internationa-
len Automobil-Verband (FIA) ständig
aus. Ein konkretes Ergebnis gibt es
nicht. Versuche mit Kotflügeln über den
Hinterrädern verbesserten die Sicht
nicht. Bevor Rennen im Regen grund-
sätzlich ausgeschlossen werden und da-
mit Strecken in potentiellen Regengebie-
nachdem diese demonstrativ ein Hän-
deschütteln eingefordert hatte, das in
den Regeln vorgesehen ist, aber wäh-
rend der Corona-Pandemie durch den
„Fechtergruß“ ersetzt worden war.
Das Vorgehen des Verbandes hatte
weithin für Empörung gesorgt.
Olha Charlan hatte dem FIE-Präsi-
denten Emmanuel Katsiadakis Wort-
bruch vorgeworfen. Dieser, so die
Ukrainerin, habe ihr zugesagt, dass sie
für ihr angekündigtes Vorgehen nicht
disqualifiziert werde. Zudem sagte sie
in einem Instagram-Video: „Niemand
kann zum Frieden gezwungen wer-
den.“ Sie werde sich nicht zum Hände-
schütteln zwingen lassen. Das IOC
hatte die Weltverbände aufgefordert,
russische Sportler trotz des Krieges
gegen die Ukraine als sogenannte „in-
dividuelle neutrale Athleten“ wieder
zuzulassen. Das Geschehen vom Don-
nerstag war vielfach als vorhersehbar
angesehen worden. So hatte der Deut-
sche Fechter-Bund in einer Stellung-
nahme am Freitag die FIE scharf kriti-
siert. Zugleich wiesen „die jetzigen
IOC-Empfehlungen und deren Umset-
zung weiterhin deutliche Lücken“ auf.
Sie seien „keine wirkliche Hilfestel-
lung“ für die Verbände.
Unterdessen geht aus der am Freitag-
nachmittag veröffentlichten Meldeliste
der FIE für den Mannschaftswettbe-
werb bei der WM am Samstag hervor,
dass Olha Charlan für das ukrainische
Team antreten darf. Ob die am Don-
nerstag ausgesprochene Schwarze Kar-
te und ihre Disqualifikation aufgeho-
ben wurden, ist noch unklar.
Zverev im Halbfinale
Tennis-Olympiasieger Alexander Zverev
hat beim ATP-Turnier in Hamburger das
Halbfinale erreicht. Der 26-Jährige be-
siegte in der Runde der letzten Acht den
Franzosen Luca Assche 6:3 und 6:4. Da-
niel Altmaier schied hingegen im Vier-
telfinale aus. Der 24-Jährige aus Kem-
pen verlor gegen den Chinesen Zhang
Zhizhen 4:6, 4:6. Bei den Frauen zog No-
ma Noha Akugue überraschend in das
Endspiel ein. Die 19-Jährige aus Rein-
bek vor den Toren der Hansestadt, per
Wildcard ins Hauptfeld gelangt, besiegte
in der Vorschlussrunde Diana Schnajder
aus Russland 6:3, 6:3. sid
UEFA verbannt Juventus
Der europäische Fußball-Verband
UEFA hat den italienischen Klub Juven-
tus Turin wegen finanzieller Unregelmä-
ßigkeiten für die kommende Saison aus
der Conference League ausgeschlossen.
Zusätzlich erhielt Juventus eine Strafe in
Höhe von 20 Millionen Euro. Davon sol-
len zehn Millionen ausgesetzt werden,
sollten die Jahresabschlüsse für die Ge-
schäftsjahre 2023, 2024 und 2025 den
Anforderungen entsprechen. sid
Zweite Bundesliga 1. Spieltag
Hamburger SV – FC Schalke 04 5:3
1. FC Kaiserslautern – FC St. Pauli Sa., 13.00 Uhr
Hannover 96 – SV 07 Elversberg Sa., 13.00 Uhr
VfL Osnabrück – Karlsruher SC Sa., 13.00 Uhr
SV Wehen – 1. FC Magdeburg Sa., 13.00 Uhr
Fort. Düsseldorf – Hertha BSC Sa., 20.30 Uhr
SpVgg Gr. Fürth – SC Paderborn So., 13.30 Uhr
Hansa Rostock – 1. FC Nürnberg So., 13.30 Uhr
E. Braunschweig – Holstein Kiel So., 13.30 Uhr
ten wie Spa aus dem Kalender fallen
könnten, wird je nach Situation ent-
schieden. Dabei soll sich das Fiasko von
2021 nicht wiederholen. Damals wurden
die Zuschauer in Spa drei Stunden hin-
gehalten, ehe das Sicherheitsfahrzeug
die Karawane im Zockeltempo drei Run-
den über die Piste führte und die FIA die
Hälfte der den ersten zehn zustehenden
Punkte vergab. Für ein Rennen, das kei-
nes war. Weil sich die Formel 1 so ein
Desaster nicht noch einmal leisten will,
wurden die Regeln geändert. Beim
Sprint am Samstag und beim Rennen am
Sonntag müssen wenigstens zwei Run-
den im Rennmodus absolviert werden,
falls Teams und Fahrer Punkte gewinnen
wollen. Aus dieser Vorgabe lässt sich ein
heikles Szenario ableiten: Die Formel 1
wird im Fall von Regen so lange hinter
dem Safety-Car kreisen, bis sich eine
Wetterbesserung anbietet und dem
Rennleiter erlaubt, wenigstens für ein
paar Minuten den Rennmodus zu erlau-
ben, bevor der nächste Guss zur Drosse-
lung zwingt. Das Spiel würde gewaltig
komprimiert, eine Hektik auslösen, weil
alle Fahrer innerhalb von zwölf Kilome-
tern viel gewinnen oder viel verlieren
könnten.
Die Entscheidung, ob es am Samstag
einen Sprint gibt oder nicht, wird der
Deutsche Niels Wittich treffen. Über das
Wohl und Wehe der Fahrer, sagt Alpine-
Pilot Esteban Ocon sinngemäß, entschie-
den sie, sobald im Cockpit festgeschnallt,
nicht mehr allein: „Wir sind in der Hand
des Rennleiters.“ ANNO HECKER
SE I TE 3 2 · NR. 1 7 4
SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3
Naturrasen in der SAP
Arena für das Finale:
Patrick Thomas und das
deutsche Nationalteam
wollen Faustball-
Weltmeister werden.
Fotos Kaufmann, Spille,
Picture Alliance
I
m Mannheimer Rhein-Neckar-
Stadion kennt jeder, wirklich je-
der Patrick Thomas. Kinder
wollen Autogramme, Jugendli-
che Selfies, beidem kommt er
gut gelaunt und gerne nach.
Und auch die Erwachsenen auf den Tri-
bünen sind sich einig, dass er ein Großer
ist, ein ganz Großer sogar, vielleicht noch
besser als sein Vater Dieter, der ihrer
Meinung nach der Größte war, auch
wenn das natürlich schwer zu vergleichen
sei, weil sich der Sport doch deutlich ver-
ändert habe in den vergangenen Jahr-
zehnten.
Patrick Thomas spielt Faustball und
ist, das lässt sich ganz ohne Übertreibung
sagen, der aktuell herausragende Spieler.
Weltweit. Er ist einer, der durch seine
Kraft, seine Athletik, das gesamte Spiel
auf ein neues Level gehoben hat. Einer,
der den Ball mit seiner bloßen Faust
problemlos auf mehr als 100 Kilometer
pro Stunde beschleunigen kann und sich
doch, trotz seiner 1,99 Meter Körpergrö-
ße, eine bemerkenswerte Beweglichkeit
und Schnellkraft bewahrt hat. In dieser
Kombination sucht man diese Qualitäten
andernorts vergebens. Mit der deutschen
Nationalmannschaft hat er in den ver-
gangenen Jahren nahezu jeden Titel ge-
wonnen. Mit seinem Verein, dem TSV
Pfungstadt aus Hessen, war das ähnlich.
Patrick Thomas, 31 Jahre alt, ist ein abso-
luter Ausnahmeathlet. Einer, der sein
ganzes Leben diesem einen, „seinem“
Sport verschrieben hat. Und doch wird
aus ihm, wenn er das Rhein-Neckar-Sta-
dion verlässt und damit die Faustball-
Welt, die in dieser Woche ihre Zelte für
die Weltmeisterschaft in Mannheim auf-
geschlagen hat, ein ganz normaler
Mensch. Job, Freundin, Familie. Keine
Autogramme mehr, keine Selfies, über-
haupt: kaum Wiedererkennung.
Patrick Thomas stört das. Nicht weil er
Allüren hätte, im Gegenteil: Er ist boden-
ständig, freundlich, zuvorkommend. Son-
dern weil er sich mehr Aufmerksamkeit
für seinen Sport wünscht, mehr Anerken-
nung für seine Leistung. Damit ist Patrick
Thomas im Faustball nicht allein. Und
Faustball als Sportart in Deutschland so-
wieso nicht. Dabei ist Faustball eine der
ältesten Ballsportarten der Welt, deut-
sche Vereine wie auch die Nationalmann-
schaft Dauersieger bei fast allen interna-
tionalen Wettbewerben, darunter die
World Games. „Faustball hat eigentlich
alles, was man sich als Sportfan wünscht.
Es ist dynamisch, spektakulär, integrativ,
wäre ein super Schulsport“, sagt Patrick
Thomas. „Und doch fristet Faustball eher
ein Schattendasein, ist als Randsportart
verschrien, steht selten in der öffentli-
chen Wahrnehmung.“ Warum ist das so?
Und was tut der Sport eigentlich dafür,
um das zu ändern?
Nachfrage bei Jörn Verleger. Verleger
ist Präsident des internationalen Faust-
ballverbands IFA (International Fistball
Association) und der deutschen Dach-
organisation „Faustball Deutschland“ in
Personalunion. Auch bei der Organisa-
tion der WM in Mannheim, die an diesem
Samstag (15.30 Uhr/SWR und sport-
schau.de) in der SAP Arena mit dem End-
spiel zu Ende gehen wird, war er gemein-
sam mit seinem Team und dem aus-
richtenden TV Käfertal beteiligt.
Verleger sagt, es fehle dem Faustball vor
allem an Präsenz in den Medien, aber
auch in der kommunalen Öffentlichkeit,
in den Städten und Landkreisen bis hin
zur Bundesebene. Ohne öffentliche Prä-
senz falle die Suche nach Sponsoren
schwerer, ohne die fehle das Geld für
wichtige Veränderungsprozesse, die aber
wichtig seien, um attraktiver zu werden
zum Beispiel für die Medien. „Vieles, was
uns als Faustball hemmt, zu wachsen, be-
kannter zu werden, uns fester in der deut-
schen aber auch internationalen Sport-
landschaft zu verankern, hängt mit-
einander zusammen.“ Und es fehle
vielerorts das Personal, die Ehrenamtli-
chen in den Vereinen, die die wichtige
Basisarbeit machen im Jugendbereich
Viele Fäuste für
ein Halleluja
Faustball ist dynamisch, integrativ und als Schulsport
bestens geeignet – aber kaum einer merkt’s. Die WM in
Deutschland soll dem Sport nun einen Kick geben.
Von Jan Ehrhardt, Mannheim
oder da, wo es eher um den Spaß am
Spiel als um den Leistungsgedanken
geht. All das, das weiß auch Verleger,
sind Themen, die Faustball nicht exklusiv
betreffen, sondern viele Sportarten – und
damit auch die Strukturen hierzulande.
Das fängt auf der Verbandsebene an:
Bis heute ist Faustball in Deutschland
nicht in einem nationalen Fachverband
organisiert. Der eingetragene Verein
„Faustball Deutschland“, bis vor Kurzem
noch „Deutsche Faustball-Liga“, organi-
siert als sogenanntes Technisches Komi-
tee den Spielbetrieb für den Deutschen
Turner-Bund (DTB), dem die Sportart
mehr oder weniger historisch zugewach-
sen ist. Entstanden ist Faustball vermut-
lich im Süden Europas, schriftlich festge-
halten sind Beschreibungen einer
einfachen Form des Rückschlagspiels be-
reits in Aufzeichnungen aus dem Römi-
schen Reich. Verbreitung in Deutschland
fand Faustball aber erst in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts inmitten der
Turnbewegung, in der der Mannschafts-
sport zur Auflockerung nach den streng
regulierten Leibesübungen betrieben
wurde. Deutsche Auswanderer verbreite-
ten Faustball insbesondere in Südameri-
ka, Brasilien, Argentinien, Chile, aber
auch in den USA oder in Namibia. Aktu-
ell spielen in Deutschland Schätzungen
Sport
zufolge 27.000 Menschen Faustball, es
gibt eine zweigleisige Bundesliga, eine
viergleisige zweite Liga und danach auf
Landesebene je nach Region zwei bis
fünf weitere unterklassige Ligen. Welt-
weit sind es etwa 65.000 Faustballspieler,
mittlerweile in 69 Nationen auf sämtli-
chen Kontinenten. Fördergelder erhält
„Faustball Deutschland“ vom DTB aus
dessen Eigenmitteln laut Verleger aller-
dings keine, stattdessen müssten diese
etwa über den DTB beim für Sport zu-
ständigen Bundesinnenministerium
beantragt werden. Für die Weltmeister-
schaft in Mannheim, erzählt Verleger, ge-
be es vom Bund eine maximale Förder-
pauschale für nichtolympische Sport-
arten von 50.000 Euro. Bei einem
Gesamtetat von 1,3 Millionen Euro für
das einwöchige Turnier ist das nicht viel.
Auf der Athletenebene sieht es nicht
besser aus. Gerade einmal zwei Faustball-
spieler in Deutschland werden von der
Stiftung Deutsche Sporthilfe gefördert.
Patrick Thomas ist einer davon, er erhält
monatlich 300 Euro. Bundesweit unter-
stützt die Stiftung mehr als 4000 Athleten
aus vorrangig olympischen Disziplinen;
der jährliche Gesamtetat für die Athleten-
förderung beläuft sich auf etwa 13 Millio-
nen Euro. „Ich bin dankbar dafür, insbe-
sondere als ich noch Student war, hat
dieses Geld natürlich sehr geholfen“, sagt
Patrick Thomas. „Wenn man aber be-
denkt, dass wir ein Mannschaftssport sind,
würde ich mir natürlich schon wünschen,
dass noch andere in dieser Förderung wä-
ren.“ Gespielt wird Faustball im Leistungs-
bereich zu fünft pro Team, im deutschen
WM-Kader für Mannheim stehen zehn
Spieler. Keiner davon verdient Geld mit
Faustball. Auf dem Rasen zeigen sie Spit-
zenleistungen, abseits davon sind sie alle
Amateursportler.
Verleger will, dass der Faustball in
Deutschland geschlossener auftritt, ein-
heitlicher, moderner. Probleme sollen
angepackt, Themen angestoßen werden.
„Jammern“, sagt er, „bringt uns nicht
weiter.“ Aus diesem Grund stellte er sich,
sagt der heute 51-Jährige, überhaupt erst
zur Wahl für die Spitze der deutschen
Dachorganisation, die er in einer ziemli-
chen Hauruck-Aktion dann auch vor et-
wa einem Jahr übernahm. Seitdem ist
viel in Bewegung geraten, mit der Kam-
pagne „Faustball kann mehr“ soll es vor-
wärtsgehen – da, wo in den vergangenen
Jahrzehnten oftmals alles so belassen
worden ist, wie es eben schon immer war,
und auch da, wo ganz aktuell neue He-
rausforderungen entstehen. „Viele Verei-
ne, in denen lange Faustball gespielt
wurde, sind mehr und mehr ausgestor-
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
ben. Das müssen wir angehen und versu-
chen, sie ein Stück weit wiederzubele-
ben“, sagt Stephanie Thomas, die im
Vorstand von „Faustball Deutschland“
für den Leistungsbereich zuständig und
Teil einer Strukturreform-Kommission
ist. Die einstige Nationalspielerin und
Weltmeisterin, die mit Patrick Thomas‘
Bruder Sebastian verheiratet ist, der
ebenfalls viele Jahre in der deutschen
Auswahl spielte, wollte sich nach dem
Ende ihrer aktiven Karriere weiter ein-
bringen. Sie hofft, „ihren“ Sport voran-
bringen zu können, ohne „das Familiäre,
das Faustball absolut auszeichnet und zu-
gänglich macht“, zu verlieren, wie die 30-
Jährige sagt. Dabei geht es um Öffent-
lichkeitsarbeit, die Aus- und Fortbildung
von Trainern oder, was ihr ganz wichtig
ist, ein Konzept zur Schulung von Sport-
lehrern, an dem innerhalb der Dachorga-
nisation seit einiger Zeit gearbeitet wird.
Bei der WM in Mannheim kamen zum
„Schools Day“ am vergangenen Montag
auf Einladung etwa 2500 Kinder mit
ihren Lehrern, die der Nationalmann-
schaft beim dritten Vorrundensieg gegen
Italien begeistert zusahen.
Überhaupt soll diese Weltmeister-
schaft im eigenen Land, die vierte nach
1972, 1982 und 2007, zum Türöffner wer-
den für Faustball in der deutschen Sport-
landschaft. Verleger erhofft sich einen
„Quantensprung“, weshalb alles ein biss-
chen größer, ein bisschen opulenter ge-
dacht worden ist. Für die Atmosphäre
sorgt die angemietete SAP Arena, in der
nach der WM-Vorrunde im Rhein-Ne-
ckar-Stadion nun die Endrunde samt gro-
ßem Finale stattfinden. Weil internatio-
nale Events im Faustball aber auf Rasen
gespielt werden, wurde dort extra und
erstmalig in der Geschichte der Arena in
einem aufwendigen und kostspieligen
Prozess ein in der Region angezüchteter
Naturrasen verlegt. Für die Stimmung in
der SAP Arena sorgt Holger Laser, der
Stadionsprecher des Fußball-Bundesliga-
klubs VfB Stuttgart, dessen Tochter
Faustball spielt. Und für die Öffentlich-
keitswirkung sorgten Comedian Bülent
Ceylan sowie die Moderatoren Johannes
B. Kerner, Jochen Breyer und Kai Pflau-
me, die allesamt im Vorfeld des Turniers
mit kurzen Aufsagern in den sozialen
Medien Werbung für den Sport und das
Turnier in Mannheim machten. Mit der
zurückliegenden Woche seien sie zufrie-
den, erzählt Verleger. Täglich kamen auf
der Außenanlage etwa 2500 bis 3000
Fans zu den Spielen, in die SAP Arena am
Freitag dann knapp unter, am Samstag
„hoffentlich über 10.000 Menschen“. Das
Medieninteresse ist hoch, das öffentlich-
rechtliche Fernsehen überträgt live.
Patrick Thomas, der an diesem Sams-
tag zum vierten Mal Weltmeister werden
will, freut das. Weil er glaubt, dass „ein-
fach nur mehr Menschen mit Faustball in
Berührung kommen“ müssten. „Ich ken-
ne keinen, der diesen Sport zum ersten
Mal gesehen hat und danach nicht mein-
te, dass er wiederkommen wird.“ So sieht
das auch Stephanie Thomas. „Wir müssen
den Schwung, der bei dieser WM ent-
steht, nutzen. Das betrifft die Politik,
Sponsoren, Sportverbände, aber auch
Menschen, die einfach mit anpacken wol-
len.“ Sie hoffe, sagt sie, ehe sie sich aus
dem Rhein-Neckar-Stadion verabschiedet
– Eigenheim-Baustelle, Kind, Mann –,
„dass wir all diesen Leuten, der Öffent-
lichkeit zeigen können: Das ist nicht nur
Ball über die Schnur. Das ist Leistungs-
sport, der begeistert.“
CHAPEAU
Von Christopher Meltzer
Revolution in
Berlin
larm in Berlin! So war das im
A Sommer 2022, als die Mitglie-
der des damaligen Bundesli-
ga-Klubs Hertha BSC plötzlich Kay
Bernstein, den Mann, der früher als
Ultra selbst in der Fankurve stand, als
ihren Präsidenten wählten. Die Fuß-
ballkapitalisten in Deutschland fürch-
teten die Revolution in der Hauptstadt
– und man muss davon ausgehen, dass
ihre Furcht gewachsen ist, als sie für
ihre Recherche dann den Wikipedia-
Artikel anklickten (oder, so macht
man das doch heute, von ihren Me-
dienberatern anklicken ließen): Ge-
burtsort: Marienberg, Bezirk Karl-
Marx-Stadt, DDR. Doch spätestens
seit dieser Woche sollte man sich fra-
gen, ob der falsche Mann unter Revo-
lutionsverdacht stand. Am Dienstag
hat die Hertha verkündet, dass sie den
Spieler Palko Dárdai angestellt hat.
Der Trainer, der ihn wollte: Pál Dár-
dai, der Vater, der seit April das dritte
Mal im Amt ist. In seinem Kader ist
aber nicht nur sein Sohn Palko, son-
dern auch sein Sohn Márton und sein
Sohn Bence. Und wenn Präsident Kay
Bernstein sich nun durch Dárdai-Wi-
kipedia klicken würde, müsste auch er
sich fürchten, weil er für die kommen-
de Wahl eine Gegenkandidatin finden
könnte: Monika Dárdai, Frau des Trai-
ners, Mutter der Spieler.
ATTAQUE
Unterwerfung
in Europa
larm in Barcelona! So war es
A neulich, als sich die Social-
Media-Menschen der Euro-
league, der wichtigsten europäischen
Basketballliga, die ihren Hauptsitz in
der spanischen Stadt hat, an die
Arbeit machten. Auf dem Twitterka-
nal schickten sie 26 Mal das Alarmsi-
renen-Emoji ab. In den nächsten
Stunden stellten sie dann in fünf
Tweets bzw. Retweets dar, was so
alarmwürdig war: Der amerikanische
Aufbauspieler Kemba Walker, 33
Jahre alt, 1,83 Meter groß, schließt
sich dem Euroleague-Klub AS Mona-
co an. In der nordamerikanischen
NBA, der besten Basketballliga der
Welt, ist er als Spieler der Charlotte
Hornets und Boston Celtics viermal
ins All-Star-Team gewählt worden.
Auf diesen Spieler darf man sich in
Europa freuen. Und doch sollte die
Euroleague, wenn sie ein Original
bleiben und keine Kopie werden will,
auch in ihrer Kommunikation dar-
stellen, warum diese Liga ist, was sie
ist: wegen der jungen Spieler, die
Woche für Woche alles geben – im-
mer wieder angetrieben von dem
Traum, eines Tages in die NBA zu
kommen. Und eben nicht wegen der
alten Spieler, die nun in die Euro-
league kommen, weil sie für die NBA
nicht mehr gut genug sind.
Acht Tore
in Hamburg
sid. HAMBURG.Robert Glatzel und
Jean-Luc Dompe haben dem Ham-
burger SV in einem spektakulären
Auftaktduell gegen Schalke 04 einen
Traumstart in die neue Saison der
zweiten Fußball-Bundesliga bereitet.
Glatzel und Dompe sorgten in der
Partie der Auftstiegsanwärter am
Freitagabend in der Nachspielzeit für
die entscheidenden Treffer zum 5:3.
Zuvor hatte Glatzel das erste Tor er-
zielt (17. Minute). Zudem traf Laszlo
Benes zweimal (56., Foulelfmeter,
60.) für die Hamburger. Der 17-jähri-
ge Assan Ouedraogo (22.), Thomas
Ouwejan (45.+1) und Simon Terodde
(66.) ließen Schalke zwischenzeitlich
jubeln, das nach Gelb-Rot gegen Ibra-
hima Cisse (71.) in der Schlussphase
in Unterzahl agierte. Beide Teams lie-
ferten sich einen packenden Schlagab-
tausch, der einen Vorgeschmack auf
einen spannenden Aufstiegskampf
bot. Der HSV von Trainer Tim Walter
will im sechsten Anlauf endlich den
Weg zurück in die Bundesliga finden.
Die „Knappen“ um Coach Thomas
Reis peilen mit einer runderneuerten
Mannschaft die direkte Rückkehr ins
Fußball-Oberhaus an.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG BILDER UND ZEITEN
Eigentlich war das urkomisch: Mussolini ließ sich in Abessinien als Sphinx darstellen – mit 4,50 Meter die kleinste der Welt.
Eine verratene Friedensordnung:
Wie der Abessinienkrieg von
1935/36 die Welt verändert hat.
Von Susan G. Pedersen
D
er nach dem Ersten Welt-
krieg gegründete Völker-
bund sollte einen weiteren
Weltkrieg verhindern. An
dieser Aufgabe ist er spek-
takulär gescheitert. Es gibt
Erklärungen, warum: weil
die Amerikaner nicht mit-
machten, weil zu viel Idea-
lismus im Spiel war, weil
das Versprechen kollektiver Sicherheit nicht mit ausrei-
chenden Machtmitteln unterfüttert war. Aber der Völ-
kerbund hatte auch noch andere Aufgaben, die heute
unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Der Erste
Weltkrieg hinterließ eine Vielzahl von grenzüber-
schreitenden Problemen und Gefahren – Cholera,
Flüchtlinge, Hungersnöte, finanzieller Zusammen-
bruch –, und die Staaten erwarteten Lösungen vom
Völkerbund. In den späten Dreißigerjahren floss die
Hälfte des Budgets des Völkerbundes in die Arbeit an
solchen Problemen, die oft in Zusammenarbeit mit
heute sogenannten Nichtregierungsorganisationen
durchgeführt wurde. Auf diese Weise brachte der Völ-
kerbund eine Vielzahl von internationalen Institutio-
nen, Normen und Praktiken hervor, von denen sich vie-
le als dauerhaft erwiesen. Die heutige UN-
Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur
(UNESCO), die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
oder das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge
(UNHCR) gehen jeweils auf Vorbilder beim Völker-
bund zurück.
Auch ein internationaler öffentlicher Dienst ging aus
ihm hervor. Die Signatarstaaten der Pariser Friedensver-
träge, die die Völkerbundsatzung enthielten, hegten zwar
die Erwartung, dass der Völkerbund von Großmächten
geleitet werden würde, die auch ihr eigenes Personal mit-
bringen würden. Aber der erste Generalsekretär, der
britische Diplomat Sir Eric Drummond, beschloss, den
Völkerbund mit einer eigenen Bürokratie auszustatten,
die aus allen Mitgliedstaaten rekrutiert und durch einen
Treueeid an die Völkerbundsatzung gebunden war sowie
Frauen und Männern gleichermaßen offenstand. Nichts
war auf eine stillere Weise revolutionär als dieses später
von den Vereinten Nationen beibehaltene Modell. Das
ständige Sekretariat des Völkerbundes war zwar nicht
frei von Opportunisten und Spionen, aber die meisten
Besucher in Genf waren vom dort herrschenden Idealis-
mus und von der Expertise beeindruckt.
Die Aktivitäten des Völkerbunds waren zudem be-
merkenswert öffentlich. Das jährliche dreiwöchige
Treffen der Versammlung war ein opulentes Schauspiel
der Diplomatie, der Geselligkeit und des Stils. Der Völ-
kerbund hatte seinen eigenen Radiosender, er veröf-
fentlichte seine Protokolle, und die Informationsabtei-
lung verschickte Kopien an jeden, der darum bat. Den
Völkern, die aus einem Strudel der Zerstörung auf-
tauchten, präsentierte er sich als ein Kummerkasten,
an den sich jeder wenden, eine Tür, an die jeder klop-
fen konnte. Und es wurde angeklopft. Der
afroamerikanische Intellektuelle W. E. B. Du Bois
brachte 1921 die Forderungen des Zweiten Pan-Afrika-
nischen Kongresses nach Genf. Häuptling Deskaheh
von den Sechs Nationen der Irokesen kam 1923, um die
von Kanada beanspruchte Vertretung seines Volkes zu
bestreiten. Solche Vorfälle häuften sich. Auf der Ver-
sammlung von 1936 erschoss sich der Tscheche Štefan
Lux, um gegen die Untätigkeit des Völkerbunds ange-
sichts des deutschen Militarismus und Antisemitismus
zu protestieren, und der äthiopische Kaiser Haile Selas-
sie bat um Hilfe bei der Rücknahme der italienischen
Eroberung seines Landes.
Es waren der Transnationalismus, das internationale
Sekretariat, die Öffentlichkeit und Zugänglichkeit, die
den Völkerbund zu einem so neuartigen Experiment in
den internationalen Beziehungen machten. Er wirkte
hauptsächlich dadurch, dass er Probleme auf die Welt-
bühne brachte. Diese Art der Internationalisierung
machte den Reiz des Völkerbundes aus, war aber, wie
sich zeigen wird, mit Risiken verbunden. Der Völker-
bund sollte den Frieden bewahren, ja, aber imperiale
Mächte hatten ihn begründet. Die von ihnen geschaffe-
ne Ordnung war daher zwar international, aber immer
noch imperial – eine Ordnung, die das Ideal der souve-
ränen Gleichheit der Staaten vertrat, aber etlichen Na-
tionen nur eine begrenzte oder überhaupt keine Souve-
ränität zugestand.
Auf die nötige Legitimitätsbeschaffung zielten zwei
innovative Regime. Erstens ein System des Minderhei-
Erkennen
Sie das
Schema?
Er zeigte wahre Größe im Widerstand: der entthronte Kaiser Haile Selassie bei seiner Rede vor dem Völkerbund.Fotos Archiv, Picture Alliance
tenschutzes, das mittel- und osteuropäischen Staaten
auferlegt wurde, die auf ehemals deutschen oder öster-
reichischen Gebieten neu entstanden waren, wie Polen
oder die Tschechoslowakei. Die neuen Staaten bezahl-
ten einen Preis für ihre Existenz: Sie mussten ent-
täuschten Minderheiten sprachliche und religiöse
Rechte zusichern. Wenngleich das Minderheitenregime
eine Antwort auf reale Besorgnisse war, war der Völ-
kerbund letztlich nicht in der Lage, die Konflikte zu be-
herrschen, ungeachtet aller Anstrengungen in eigens
geschaffenen Verfahren. Die Konflikte erwiesen sich
vor allem auch deshalb als so hartnäckig, weil die
Nachbarstaaten – wo die ethnische Gruppe, die neben-
an eine Minderheit war, die Mehrheit stellten – an einer
Eskalation interessiert waren. Mitte der Dreißigerjahre
lag das Minderheitenregime in Trümmern.
Das zweite innovative Regime des Völkerbundes war
das Mandatssystem, das für ehemals deutsche Kolo-
nien zur Anwendung kam sowie für Teile des Osmani-
schen Reichs im Nahen Osten. Diese Gebiete sollten
nicht einfach den Siegermächten zugeschlagen werden,
die allerdings auch nicht willig waren, den Bevölkerun-
gen Selbstbestimmung einzuräumen. So wiesen die Al-
liierten in Versailles und 1920 in San Remo den osma-
nischen Nahen Osten unter dem Mandat des Völker-
NR. 1 7 4 · SE I TE Z 1
SAM S TAG, 2 9 . J U L I 2 0 2 3
bundes teils Großbritannien, teils Frankreich zu; die
deutschen Gebiete in Afrika wurden Großbritannien,
Frankreich, Belgien beziehungsweise Südafrika zuge-
teilt, und die deutschen Gebiete im Pazifik gelangten
an Australien, Neuseeland und Japan. Die Siegermäch-
te richten auch – wiewohl widerwillig – ein Verfahren
zur Kontrolle der Mandatsmächte ein.
Das Mandatssystem war nicht einfach ein Mittelding
zwischen kolonialer Unterwerfung und Unabhängig-
keit. Sein innovativer Kern war der Versuch, koloniale
Herrschaft zu „internationalisieren“, also Herrschaft
über fremde Gebiete und Bevölkerungen durch inter-
nationale Vereinbarungen an gemeinsame Standards
zu binden, geleitet von der Annahme, dass die betref-
fenden Völker noch nicht in der Lage seien, „sich unter
den besonders schwierigen Bedingungen der moder-
nen Welt selbst zu leiten“. Das Wohlergehen und die
Entwicklung dieser Völker seien „eine heilige Aufgabe
der Zivilisation“ (Artikel 22 der Völkerbundsatzung).
Mandatsmächte, die nach den Normen der Satzung re-
gierten – die also unter anderem bereit waren, Sklave-
rei und Zwangsarbeit zurückzudrängen, wirtschaftliche
Offenheit durchzusetzen und dem Völkerbund jährlich
Fortsetzung auf der folgenden Seite
SE I TE Z 2 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 74
Fortsetzung von der vorherigen Seite
Erkennt
man das
Schema?
Bericht zu erstatten –, sollten ihre Herrschaft als legitim
ansehen können.
Aber auch dieses System war instabil. Die Internationa-
lisierung der Herrschaft über fremde Völker erleichterte
nämlich nicht nur die imperiale Zusammenarbeit, sondern
auch die öffentliche Kontrolle und die antiimperiale Zu-
sammenarbeit. Selbst der Umstand, dass die zur Kontrolle
eingesetzte Mandatskommission des Völkerbunds mit
ehemaligen Kolonialbeamten besetzt war, förderte die
Stabilität nicht. Denn die Kommissionsmitglieder aus dem
einen Imperium waren darauf aus, Missbrauch oder In-
kompetenz in einem anderen bloßzulegen. Und das emsi-
ge Sekretariat schickte die Berichte und Protokolle an alle,
die danach fragten. Darüber hinaus konnten sich Man-
datsunterworfene oder interessierte Außenstehende, wie
zum Beispiel der Syro-Palästinensische Kongress oder die
Anti-Sklaverei-
Gesellschaft, über das auf Druck von humanitären Orga-
nisationen eingerichtete Petitionsverfahren an den Völ-
kerbund wenden, wenn sie die Prinzipien des Systems ver-
letzt sahen.
Als Magnet für Beschwerden aller Art, über die eine
wachsame Presse berichtete, unterwarf das Mandatssys-
tem die imperiale Herrschaft internationaler Publizität
und Prüfung. Der Völkerbund konnte die Imperien nicht
zu Änderungen ihrer Regierungsweise zwingen, aber er
machte Missstände sichtbar. Als Deutschland 1926 dem
Völkerbund beitrat, wurde die Kontrolle noch intensiver,
denn wenn Deutschland seine Kolonien schon nicht zu-
rückbekam, wollte es wenigstens sicherstellen, dass auch
keine der Mandatsmächte von ihnen profitieren würde. In
den späten Zwanzigerjahren zwang eine kuriose Allianz
aus echten Internationalisten und erbosten Revisionisten
den Rat des Völkerbundes, die wirtschaftlichen Zugangs-
rechte aller Mitglieder des Völkerbunds zu verteidigen und
zu beschließen, dass die Mandatsmächte für die
unter ihrem Mandat stehenden Gebiete nicht die
Trägerinnen der Souveränität seien.
In diesen „Scharnierjahren“ (Zara Steiner) zeich-
nete sich schon die eher durch Märkte als durch Im-
perien regierte Nachkriegswelt ab. Doch die De-
pression und der Aufstieg des Naziregimes
brachten einen Kurswechsel. Als der Handel
schrumpfte, schützten die imperialen Mächte ihre
Gebiete durch Zölle. Deutschland und Italien for-
derten eine Revision der Friedensverträge und
eigene Kolonialgebiete. Japan marschierte in die
Mandschurei ein, und Italien griff Äthiopien an,
beide mit dem Argument, sie würden nichts ande-
res tun, als Ordnung in gesetzlose Länder zu brin-
gen, wie es andernorts Großbritannien und Frank-
reich getan hätten. Sie seien bereit, die eroberten
Gebiete nach den Prinzipien des Mandatsregimes
zu verwalten.
D
er 1935 begonnene Abessinien-
krieg gilt als der Konflikt, an dem
der Völkerbund zerbrach, und er
zerstörte mehr als die angestrebte
Sicherheit der Mächte, die ihn ge-
gründet hatten, vor einem neuen
Krieg. Er untergrub auch die internationalisierte
imperiale Ordnung, die der Völkerbund herzustel-
len versucht hatte. Denn als Italien in Äthiopien –
damals oft auch Abessinien genannt, daher die bis
heute übliche Bezeichnung des Konflikts – einfiel
und behauptete, es wolle ein Volk zivilisieren, das
noch nicht in der Lage sei, sich selbst zu regieren,
sahen die Anhänger des Völkerbundes das Man-
datssystem plötzlich als das, was es war: einen frag-
würdig gewordenen Legitimationsversuch. Die im-
periale Ordnung konnte diese Krise politisch
überleben, aber nicht ideologisch, denn die „heilige
Aufgabe der Zivilisation“ war als rassistisches
Unternehmen entlarvt.
Man erinnere sich, dass Äthiopien in der Zwi-
schenkriegszeit, neben Liberia und dem von seiner wei-
ßen Bevölkerung beherrschten Südafrika, einer von nur
drei unabhängigen afrikanischen Staaten war, und im
Gegensatz zu Liberia hatte es keine weiße Schutzmacht.
Kaiser Menelik II. hatte 1896 durch seinen Sieg über Ita-
liens Invasionstruppen die Welt in Staunen versetzt. Für
Großbritannien, Frankreich und Italien, die alle über Ter-
ritorien am Horn von Afrika verfügten, war dieser Sieg ein
Schlag ins Gesicht. Vertreter dieser Mächte trafen sich
wiederholt, um über die Unterwerfung Äthiopiens zu be-
raten. Dabei spielten geopolitische Interessen eine Rolle –
Frankreich wollte eine Eisenbahnlinie, Italien eine größe-
re wirtschaftliche Einflusszone –, aber auch humanitäre
Erwägungen, etwa wenn Großbritannien auf fort-
bestehende Sklaverei verwies. Äthiopien konterte, indem
es verlangte, als christlicher und zivilisierender Staat Mit-
glied des Völkerbundes zu werden.
Dort wurde es 1923 aufgenommen. Umgeben von gieri-
gen Großmächten, versuchte das Land, sich schnell zu
modernisieren. Der vorausschauende Regent Ras Tafari
holte ausländische Berater ins Land – Belgier, die die Ar-
mee ausbildeten, Franzosen für die Schulen – und schickte
Abgesandte nach Japan, um dort für wirtschaftliche Inves-
titionen und militärische Ausrüstung zu werben. Zu seiner
Krönung zum Kaiser Haile Selassie im Jahr 1930 lud er
ausländische Würdenträger und die ausländische Presse in
die Hauptstadt Addis Abeba ein. 1931 bat er die britische
Anti-Sklaverei-Gesellschaft, einen Plan zur Abschaffung
der Sklaverei in seinem Land auszuarbeiten.
Wäre die Weltwirtschaftskrise nicht dazwischengekom-
men, hätte seine Strategie aufgehen können. Aber in der
Krise griffen alle imperialen Mächte zu protektionisti-
schen Maßnahmen. Hinzu kam die Bedrohung durch die
Nazis. Frankreich hatte 1923 den Beitritt Äthiopiens zum
Völkerbund unterstützt. Nun war Frankreich aber haupt-
sächlich daran gelegen, Italien im Lager der Alliierten zu
halten. Im April 1935 verhielt sich der britische Premier-
minister Ramsay MacDonald bei einer Konferenz im ita-
lienischen Stresa so unklar, dass Mussolini dachte, Groß-
britannien habe ihm für die Intervention in Äthiopien
grünes Licht gegeben. Als er erfuhr, dass das nicht zutraf,
wollte er seine Meinung nicht mehr ändern. Am 3. Okto-
ber 1935 drangen die italienischen Truppen in Äthiopien
ein. Im Mai 1936 waren sie in Addis Abeba.
Am 5. Oktober 1935, zwei Tage nach dem Angriff,
wandte sich Äthiopien an den Völkerbund. Die Befassung
des Völkerbunds war gleichsam ein „test case“. Denn ein
Überfall wie der auf Äthiopien war der einzige Regelver-
BILDER UND ZEITEN
stoß, der zwingend ein Verfahren nach Artikel 16 der Völ-
kerbundsatzung auslöste, nach dem bestimmte Sanktio-
nen eintreten sollten, wenn ein Mitglied gegen ein anderes
zum Krieg schritt. Und in der Tat: Der Völkerbund nannte
den Aggressor beim Namen, ein Ausschuss wurde einge-
setzt, Sanktionen wurden ausgesprochen. Die Sanktionen
blieben freilich halbherzig. Der Suezkanal wurde nicht ge-
sperrt, Italien nicht vom Ölnachschub abgeschnitten. Ver-
handlungen zwischen Großmächten liefen weiter und
mündeten schließlich in einen britisch-französischen Vor-
schlag, nach dem Äthiopien beträchtliche Landstriche an
Italien abtreten und weitere Teile des Landes unter italie-
nische Kontrolle stellen sollte.
Hoare-Laval-Vorschlag (benannt nach seinen Urhebern)
Dieser
sollte den Krieg beenden. Der öffentliche Protest in Groß-
britannien und Frankreich dagegen war freilich so groß,
dass der Vorschlag nicht weiter verfolgt wurde. Das Ergeb-
nis war das schlechtestmögliche: Äthiopien blieb unter-
worfen, und Italien zog sich dessen ungeachtet aus dem
Völkerbund zurück. Der Völkerbund war fatal ge-
schwächt, und nichts füllte die Lücke. Im Jahr 1937 war
die Welt entschieden gefährlicher geworden – für die
Großmächte und vor allem für die kleinen Staaten, die ge-
hofft hatten, der Völkerbund würde ihnen Sicherheit ga-
rantieren.
Der Abessinienkrieg zerstörte freilich nicht nur die
europäische Sicherheitsarchitektur. Er hatte auch Auswir-
kungen auf das Ziel des Völkerbundes, die europäischen
Imperien neu zu legitimieren und zu reformieren. Der
Abessinienkrieg stürzte dieses Vorhaben in eine Interpre-
tationskrise, denn Italien beharrte darauf, mit seinen mili-
tärischen Maßnahmen „Zivilisation“ nach Äthiopien zu
bringen und sich damit im Rahmen der Völkerbundsat-
zung zu bewegen. So war die Frage aufgeworfen, ob Italien
das Recht auf seiner Seite habe. Die Kolonialmächte und
ihre Bevölkerungen gaben ganz unterschiedliche Antwor-
ten.
Meist wird der britische Außenminister Samuel Hoare
dafür verantwortlich gemacht, dass Äthiopien der interna-
tionale Schutz versagt blieb. Es war bekannt, dass der
französische Premierminister Pierre Laval zu weitgehen-
den Zugeständnissen bereit war, um Italien nicht in die
Arme Deutschlands zu treiben. Die Hoffnungen ruhten
deshalb auf Hoare. Sein Ruf litt daher besonders, als der
britisch-französische Vorschlag bekannt wurde; Hoare
trat zurück und ging als der Mann in die Geschichte ein,
der Haile Selassie verraten hatte.
Das harsche Urteil über Hoare wird allerdings durch die
Fakten nicht getragen. Er war im Juli 1935 Nachfolger von
Sir John Simon geworden, dem wohl übelsten Außenmi-
nister in der britischen Geschichte. Simon hatte Mussolini
vier Jahre lang derart bei Laune zu halten gesucht, dass
Mussolini vor Soldaten, die in Abessinien kämpften Foto Ullstein
Hoare, als er das Amt übernahm und Einblick in die Akten
bekam, von den Anbiederungen seines Vorgängers scho-
ckiert war. Großbritannien habe sich Mussolini gegenüber
viel zu nachgiebig verhalten, äußerte Hoare gegenüber
Beamten des Außenamts. Wenn Großbritannien Italiens
Gier nicht zügele, würden in den Kolonien Millionen das
Vertrauen in die Herrschaft des Empire verlieren. Hoare
warnte seine Dienste vor einem bevorstehenden italieni-
schen Angriff und versicherte im September 1935 vor der
Völkerbundversammlung, dass Großbritannien die Völ-
kerbundsatzung respektieren werde. Als Italien schließ-
lich zu den Waffen griff, setzte Hoare sich im britischen
Kabinett für Sanktionen ein, etwa die Verweigerung von
Öllieferungen. Kurz: Samuel Hoare war das Bauernopfer
einer schon vor Mussolinis Angriff betriebenen Appease-
ment-Politik.
Wer also stand hinter dieser Politik? Die Antwort mag
überraschen: Eine wichtige Rolle spielte Sir Eric Drum-
mond, der erste Generalsekretär des Völkerbunds, der mitt-
lerweile britischer Botschafter in Rom geworden war, als
Italiens Krieg gegen Äthiopien begann. Wie konnte sich ein
Mann wie Drummond, der sich so sehr für
den Völkerbund engagiert hatte, auf die Seite Italiens
stellen? Die Akten des britischen Außenamts geben
Auskunft: Simon hatte stets darauf bestanden, dass die
Abessinien-Frage die britisch-italienischen Beziehungen
nicht belasten sollte. Der britische Konsul in Addis Abeba
protestierte: Italien werde zu den Waffen greifen, wenn aus
Großbritannien und Frankreich keine scharfen Warnungen
kämen. Aus London und Paris kamen aber keine. Jeden-
falls nicht bis zum Mai 1935. Erst nachdem Italien mehrere
Hunderttausend Soldaten und Tausende Tonnen Munition
über den Suezkanal nach Eritrea und in den italienisch be-
herrschten Teil von Somaliland geschafft hatte, wurde
Drummond aufgefordert, Mussolini zu signalisieren, dass
er Großbritannien nicht zwingen solle, zwischen „der alten
Freundschaft mit Italien und der Loyalität zum Völker-
bund“ wählen zu müssen. Auf diese Warnung hin, so be-
richtete Drummond, habe Mussolini sich ganz ungeniert
als der gezeigt, der er war. Sein Interesse an Abessinien, ha-
be der italienische Diktator erwidert, sei keine europäische
Frage, und das Sicherheitsregime des Völkerbunds sollte
besser auf Europa beschränkt bleiben. Abessinien, so Mus-
solini weiter, sei ein „Schandfleck der Zivilisation, eine An-
sammlung von Stämmen, alle unzivilisiert, mit einer Nei-
gung zum Kannibalismus“, und nicht würdig, Mitglied des
Völkerbundes zu sein. Dieser solle sich daher nicht einmi-
schen, wenn Italien versuche, in diesem Gebiet für Ord-
nung und Fortschritt zu sorgen – nicht anders, als es Frank-
reich in Marokko oder Großbritannien in Ägypten täten.
Auch wenn Drummond mit diesem offenen imperialen
Rassismus nicht glücklich gewesen sein dürfte, bemühte er
sich in den darauffolgenden zehn Tagen doch, die Argumen-
te Italiens als mit der „heiligen Aufgabe der Zivilisation“ des
Völkerbundes übereinstimmend darzustellen. Unter dem 1.
Juni 1935 plädierte er in einem Memorandum für Zuge-
ständnisse an Italien. Das Land meine, so setzte Drummond
darin an, dass es bei den Pariser Friedensverhandlungen von
1919 als Siegermacht zu kurz gekommen sei, vor allem unter
dem Blickwinkel seines Rechts auf koloniale Expansion. Die
Haltung Großbritanniens, das über ein riesiges koloniales
Reich verfüge, nun aber allgemeine Grundsätze gegen die
kolonialen Ansprüche Italiens in Stellung bringe, betrachte
man in Italien als heuchlerisch. Das italienische Volk sei zu-
dem durch eine Pressekampagne über Barbarei, Sklavenhal-
tung und Herrschaft von Warlords in Abessinien in Kriegs-
stimmung versetzt.
E
s genügte Drummond aber nicht, Italiens
Haltung zu erklären. Er rechtfertigte sie
auch: Äthiopien habe Italien wirtschaft-
liche Konzessionen versprochen, das Ver-
sprechen dann aber nicht eingelöst. Die
italienischen Kolonien hielten die Äthio-
pier für unangenehme Nachbarn, und dann sei da noch
die Frage der Sklaverei und der Barbarei. Drummond
unterstrich gerade dieses Argument für koloniale Herr-
schaft noch einmal selbst: Wenige würden daran zweifeln,
dass die Äthiopier „ungeachtet ihrer christlichen Religion
in ihrem Wesen Barbaren“ seien. Äthiopien sei „extrem
rückständig, viel rückständiger als etwa Syrien oder
Irak“. Aber bei den Pariser Friedensverhandlungen seien
Syrien und der Irak unter das Mandatsregime gestellt
worden.
Unterstellte Zivilisationshierarchien zählten für Drum-
mond demnach mehr als Äthiopiens Staatlichkeit. Gewiss
müsse der Völkerbund den Frieden sichern, so fuhr Drum-
mond in seinem Memorandum fort, aber Friedenssicherung
Kaiserliche Truppen im Kampf gegen Italien Foto SZ
könne nur gelingen, wenn sich die Großmächte in ihren Inte-
ressen besser abstimmten. Eine solche Abstimmung erforde-
re territoriale Zugeständnisse. Alle britischen Politiker, so
behauptetet Drummond, würden Deutschland heute kolo-
niale Gebiete zurückgeben, wenn es damit zur Rückkehr in
den Völkerbund bewegt werden könnte. Und wenn im Falle
Deutschlands die Bereitschaft zu kolonialen Zugeständnis-
sen bestehe, müsse dies auch für Italien gelten. Es sei zwar
einzuräumen, dass die Herabstufung Äthiopiens – von einem
souveränen Mitglied des Völkerbundes zu einem abhängigen
Gebiet – „besondere Schwierigkeiten“ bereite. Aber die Lage
sei so ernst und die Gefahr für den Völkerbund so groß, dass
jeder Versuch unternommen werden müsse, Mussolini
in der schwierigen Lage, in der er sich nun befinde, zu helfen.
Über die Einschätzung, dass Mussolini der Hilfe bedür-
fe, lohnt es sich, einen Moment nachzudenken. Ita-
lienische Truppen standen in großer Zahl an den nörd-
lichen und südlichen Grenzen Äthiopiens, und dennoch
sollte es Italien sein, so beharrte Drummond, das sich „in
einer schwierigen Lage“ befinde und Großbritanniens
Hilfe brauche. Drummond hatte zwar nicht im Sinn, eine
Besetzung Äthiopiens durch Italien einfach hinzunehmen.
Aber der italienische Einfluss könne schrittweise ausge-
baut werden, in einem ersten Schritt etwa durch Übernah-
me regierungsnaher Beratungsfunktionen und das Recht,
Truppen zu stationieren. In diesem Sinn, so resümierte er,
solle also an Italien das Signal gehen, dass Großbritannien
die Anwendung militärischer Gewalt nicht mittrage, aber
Abessinien als zur Einflusssphäre Italiens gehörend be-
trachte. Und an Äthiopien solle das Signal gehen, dass –
„im schlimmsten Fall“ – weder Großbritannien noch
Frankreich ihm zur Seite stehen würden.
Drummonds Memorandum lässt deutlich erkennen,
was die „Internationalisierung imperialer Politik“ in der
Praxis bedeutete. Frieden bedeutete Frieden zwischen den
Großmächten, mochte auch Äthiopien den Preis dafür zu
zahlen haben. Internationale Politik war geprägt von
einem Denken in Hierarchien – von Völkern und Forde-
rungen –, und Äthiopien war eben, so nahm man nun an,
zum falschen Lager gerechnet worden.
Drummonds Ansichten fanden durchaus Gehör in der
britischen Regierung. Der damalige Schatzkanzler Neville
Chamberlain etwa war der Auffassung, dass Großbritan-
nien Bedenken nur gegen den Einsatz militärischer Ge-
walt habe, nicht jedoch gegen den Wunsch Italiens, Äthio-
pien seiner Herrschaft zu unterstellen. Vor diesem
Hintergrund kann es nicht überraschen, dass Chamberlain
später als britischer Premierminister darauf dringen soll-
te, dass die Tschechoslowakei das Sudetenland an
Deutschland übergab, um den „Frieden“ zwischen den
Großmächten zu wahren. Indes blieben Drummonds
Schlichtungsbemühungen letztlich erfolglos – teils weil
Mussolini entschlossen war, sich militärisch durchzuset-
zen, teils weil die britische Haltung eine internationale
Protestwelle auslöste.
Wie ist diese zu deuten? Gräueltaten der Kolonialmäch-
te hatten schon vorher Proteste ausgelöst. Es gab Proteste
etwa gegen das brutale Regime des belgischen Königs
Leopold II. im Kongo. Derlei Gräuel wurden allerdings als
Ausnahme gedeutet, als Abweichung vom Normalfall der
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
kolonialen Herrschaft. Der italienische Angriff auf Äthio-
pien konnte so nicht verstanden werden. Für viele hatte
der Angriff Italiens und der Umgang damit die Idee einer
imperialen Ordnung selbst untergraben. Das war eine un-
mittelbare Folge der für den Völkerbund charakteristi-
schen Publizität des Geschehens.
Drummonds Memorandum war zwar geheim geblieben,
und auch die Verhandlungen zwischen Hoare und Laval
blieben der Öffentlichkeit zunächst entzogen. Das Han-
deln des Völkerbunds hingegen war publik. Die Sanktio-
nen und ihre Begrenzungen wurden öffentlich ausgespro-
chen. Der Abessinienkrieg war auch ein Medienereignis:
Zweihundert italienische Journalisten begleiteten die ita-
lienische Armee, und 170 ausländische Korrespondenten
waren in Addis Abeba, als die Kampfhandlungen began-
nen. Der Krieg wurde festgehalten in Fotos und Filmen,
wechselseitige Vorwürfe von Kriegsverbrechen waren
überall auf der Welt zu vernehmen, und der italienische
Einsatz von Giftgas war ruchbar: Das britische Kriegsmi-
nisterium erklärte, dass Italien den Krieg nicht vor Beginn
der Regenzeit hätte gewinnen können, „wenn es nicht
zum Mittel des Giftgases gegriffen hätte“.
Äthiopien verlor den Krieg, Haile Selassie ging nach
England ins Exil. Aber der Medienkrieg? Diesen Krieg hat
Äthiopien fraglos gewonnen. Gegner von Kolonialismus
und Diaspora-Gruppen von Menschen aus Afrika erhoben
ihre Stimmen laut und überall. Eine „Hände weg von
Äthiopien“-Bewegung entstand in Harlem, Chicago und
anderswo. Im Sommer 1935, noch vor Beginn des Kriegs,
gründeten George Padmore, C. L. R. James and andere In-
tellektuelle in London eine Organisation mit dem Namen
„International African Friends of Abyssinia“ und später
ein „International African Service Bureau“. Im außereuro-
päischen Teil des britischen Empire demonstrierten Men-
schen in Solidarität, von Jamaika über Kairo bis Natal in
Südafrika. Der für Kolonialangelegenheiten zuständige
Minister William Ormsby-Gore gab zu bedenken, dass die
britische Politik der Nichtunterstützung „ein Gefühl von
großer Ungerechtigkeit und eine Welle von gegen die Wei-
ßen gerichteten Propaganda in ganz Afrika“ verbreiten
würde. Er sollte recht behalten.
Sympathien für Äthiopien gab es aber auch in
anderen Kreisen. Die einzigen Waffen, die die für
Äthiopien kämpfenden Soldaten erreichten, ka-
men aus Deutschland. Die japanische Regierung
hatte Schwierigkeiten, gegen Italien gerichtete
Studentenproteste und Widerstände in der Armee
zu unterdrücken. Wichtige Überzeugungen libera-
ler Internationalisten zerschellten an der Realität.
Liberale Briten etwa hatten daran geglaubt, dass
das britische Empire „für die Zivilisation“ und ihre
Verbreitung stünde. Nun jedoch war es schwer ge-
worden, das Wort „Zivilisation“ anders als ironisch
zu gebrauchen. Das englische Satiremagazin
„Punch“ druckte Cartoons über „The Black Man’s
Burden“ und betitelte ein friedliches Dorf mit dem
Wort „Barbarei“ und eine durch Bomben verwüs-
tete Kraterlandschaft mit dem Wort
„Zivilisation“. Sogar die Tageszeitung „The Times“
setzte den Ausdruck „civilizing mission“ in An-
führungszeichen.
Als Italien nach vollendeter Eroberung versuch-
te, diesen überkommenen Sprachgebrauch wieder-
zubeleben, sollte ihm dies nicht gelingen. Frank-
reich hatte Mussolini gedrängt, die Herrschaft über
die besetzten Gebiete nach den Grundsätzen des
Mandatsregimes auszuüben. Daraufhin erklärte
Graf Ciano, Mussolinis extravaganter Schwieger-
sohn und Außenminister, pflichtgemäß, dass Ita-
liens Herrschaft über die besetzten Gebiete „eine
heilige Aufgabe der Zivilisation“ sei. Italien habe
das Wohlergehen der lokalen Bevölkerung im Sin-
ne und werde gegen die Sklaverei, diese „Schande
des früheren Regimes“, vorgehen.
Haile Selassie setzte dem sein persönliches Auf-
treten vor der Völkerbundversammlung am 30. Juni
1936 entgegen. Italien versuchte zunächst, den Kai-
ser dort am Sprechen zu hindern: Ciano, der italie-
nische Außenminister, verteilte Trillerpfeifen an
italienische Journalisten auf der Galerie. Die ersten
Worte von Haile Selassie gingen deshalb in einem
Pfeifkonzert unter, bis die Journalisten von Sicherheitskräf-
ten entfernt wurden. „A la porte, les sauvages!“, rief der ru-
mänische Delegierte Nicolae Titulescu – weist den Barba-
ren (gemeint waren damit die Italiener) die Tür!
Als der entthronte Kaiser schließlich reden konnte,
stellte er fest, der Erfolg des italienischen Feldzugs sei auf
den Einsatz von Giftgas, also auf einen Akt besonders aus-
gesuchter Barbarei, zurückzuführen. Alle Staaten der Welt
sollten ein derart brutales Handeln zurückweisen. Denn
wenn es gegenüber Abessinien erlaubt würde, wäre es
auch gegenüber anderen Völkern gestattet. „Über den Na-
tionen dieser Erde steht nur das Königreich des Himmels,
aber keine andere Nation“, so Haile Selassie mit Nach-
druck. Italien machte demgegenüber geltend, Haile Selas-
sie sei gar kein Staatsoberhaupt mehr, und die Versamm-
lung unternahm über das Abführen der pfeifenden Störer
hinaus nichts, um Italien in die Schranken zu weisen.
In der Völkerbundversammlung vom 30. Juni 1936 war
zu erleben, welchen Widerspruch der Völkerbund nicht
auflösen konnte. Er sollte eine Versammlung von gleichen
und souveränen Staaten sein und – öffentlich – gemeinsa-
me Normen und internationales Recht verteidigen. Des-
halb musste Haile Selassie sprechen dürfen. Aber in dem
Zeitpunkt, als er sprach, war sein Land besetzt, nachdem
die mächtigsten Mitgliedstaaten des Völkerbunds im Inte-
resse ihrer Sicherheit und der Sicherheit ihrer Imperien
beschlossen hatten, Italien freie Hand zu lassen. Zwei Jah-
re später, als der Völkerbund praktisch schon darnieder-
lag, sollten die Großmächte noch einmal versuchen, sich
Frieden zu erkaufen, indem sie einen kleinen Staat, die
Tschechoslowakei, zum Verzicht auf Territorium zwan-
gen, diesmal ohne das legitimatorische Feigenblatt eines
Auftrags zur Zivilisierung.
Wenn wir heute auf die Krise des Jahres 1935 zurück-
schauen, sehen wir Brüche und Kontinuitäten. Im Gegen-
satz zum Völkerbund haben die Vereinten Nationen
Fremdherrschaft stets verurteilt und das Recht auf Selbst-
bestimmung und gleiche Souveränität hochgehalten. Auch
die Vereinten Nationen sind aber oft nicht in der Lage,
Konflikte zu lösen, wenn Großmächte involviert sind. Der
Völkerbund zerbrach letztlich am italienischen Überfall
auf Äthiopien nicht nur deshalb, weil ein mächtiger Mit-
gliedstaat einen schwächeren überfallen hatte, sondern
auch, weil Italien nicht in der Lage war, den Konflikt von
der internationalen Bühne des Völkerbunds fernzuhalten.
Für die Vereinten Nationen wurde ein Mechanismus ge-
funden, die Sprengkraft solcher Konflikte für die Organi-
sation zu entschärfen: das Veto im Sicherheitsrat. Der Ve-
tomechanismus hat die Vereinten Nationen am Leben
erhalten, aber dafür war ein Preis zu zahlen: Wenn ein
kleiner Staat durch eine Großmacht angegriffen wird,
kann er auf Hilfe der Vereinten Nationen nicht zählen. Ob
dies ein Fortschritt ist, ist eine offene Frage.
Aus dem Englischen von Ulrike Davy und Gertrude Lübbe-
Wolff. Die kanadische Historikerin Susan G. Pedersen lehrt an
der Columbia University in New York. Sie hielt diesen Vortrag an-
lässlich des an sie verliehenen Bielefelder Wissenschaftspreises.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG EREIGNISSE UND GESTALTEN 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE Z 3

E
ine Reihe von Rätseln ranken sich Universum“ aufbietet, kennt nur ein kurzes Inne-

Welch ein
um die kleine Studie „Das Opium“, halten, als der imaginäre Physiologe das Wort er-
die der dreißigjährige Balzac im greift: „Was für eine Oper ist doch ein Menschen-
November 1830 unter dem Pseudo- hirn! . . . Welch ein Abgrund, und kaum begriffen
nym Graf Alex. von B. in der Rub- – selbst von denen, die da drinnen viel ergründet
rik „Phantasien“ der satirischen haben – wie Gall.“ Ein deutlicher Fingerzeig,
Zeitschrift „La Caricature“ veröffentlichte. Bereits dass auch die gallsche Phrenologie als eine der
über den namenlosen Protagonisten erfahren wir modischsten (wenn auch nicht unangefochtenen)

nicht viel mehr, als dass er die Spuren eines nicht
näher beschriebenen Verbrechens erfolgreich ge-
tilgt hat. Himmel und Erde gleichermaßen verlus-
tig, ist er nun aller weltlichen und spirituellen
Perspektiven ledig: So taugt er weder zum künfti-
gen Ordensgründer, wie der Abbé de Rancé, noch
zum Gefolgsmann der säkularen Religion der
Saint-Simonisten, die mit ihren Sozialutopien den
Menschen verbessern wollen. Und nachdem auch
sexuelle Ausschweifungen ihren Reiz verloren ha-
ben, die Liebe zur Plage wird, sucht er den Tod.
Der zumindest soll lustvoll und extravagant erfol-
gen, dank des „gauklerischen Opiums“, verschafft
durch einen ebenso lebensmüden Engländer. Des-
sen Verhältnisse und Geschichte bleiben aber ge-
nauso im Dunkeln wie diejenigen eines jungen
Dichters namens Mée, der abschließend für seine
trefflichen Beschreibungen der von der letalen
Droge produzierten „künstlichen Freuden und
Leiden“ gepriesen wird.
„Das Opium“ fällt in eine für Balzac entschei-
dende Periode, die den noch unter verschiedenen
Pseudonymen im Feuilleton experimentierenden
Journalisten vom künftigen Großarchitekten der
„Menschlichen Komödie“ trennt. Mit der Juli-
revolution von 1830 und dem Beginn des neuen
Regimes unter dem Bürgerkönig Louis-Philippe
markiert sie auch einen folgenreichen politischen
und gesellschaftlichen Einschnitt für eine ganze
Generation von Intellektuellen und Künstlern,
der Balzac selbst angehört. Es sind junge ent-
täuschte Männer, die in dieser dumpfen und
geisttötenden Atmosphäre alle Hoffnungen fah-
ren gelassen haben, und der namenlose Opium-
esser dieser „Phantasie“ erscheint durchaus als
ihr typischer Vertreter. Man kann in ihm eine ers-
te Skizze zu Raphaël de Valentin aus „La Peau de
chagrin“ (1831) erkennen, der zu Beginn dieses
Buchs nach einem verworfenen Selbstmord-
versuch in einer Atmosphäre von rauschhaften
Halluzinationen und Orgien durch das nächtliche
Paris streift. Aber nicht nur in diesem Roman, der
seinen frühen Ruhm begründen sollte, hat Balzac
manche Formulierungen aus dem früheren Text
wörtlich übernommen, auch in anderen Werken
wirkt „Das Opium“ fort, etwa in „Massimilla Do-
ni“ (1837), wo das Gaukelspiel des Rauschmittels
zur Schilderung der nostalgischen Größen-
phantasien eines jungen Venezianers dient, der
um seine verlorene Heimatstadt trauert.
Das bis heute weitgehend unbekannte und bis-
lang auf Deutsch unübersetzte kleine Virtuosen-
stück ist jedoch mehr als eine bloße Vorstudie zu
späteren Romanfiguren. Vielmehr markiert „Das
Opium“ die erste bedeutende Etappe von all-
gemeinen Überlegungen Balzacs zu der von Ge-
nussmitteln und Drogen angekurbelten Illusions-
maschinerie und deren Auswirkungen auf Körper
und Geist. In diesem Sinne steht der Text in engem
Bezug zu den „Analytischen Studien“, die den krö-
nenden theoretischen Abschluss des weitverzweig-
ten Baus der „Menschlichen Komödie“ bilden soll-
ten, „eine umfassende Anthropologie“ nach den
Worten des ehrgeizigen Autors, dessen früher Tod
jedoch der Ausführung der meisten dieser Studien
zuvorkam. Ein zentrales Stück dieses Fragment ge-
bliebenen Projekts stellt die 1839 veröffentlichte
„Abhandlung über moderne Stimulanzien“ dar, in
der zwar vor allem Experimente mit Alkohol, Ta-
bak und Kaffee mitgeteilt werden, das Opium aber
am Rande auch Erwähnung findet.
Allein der Duktus dieses kurzen Traktats, in
dem Selbstbeobachtungen beim Umgang mit di-
versen Substanzen die Grundlage für allgemeine
Theorien über deren Wirkungen auf den mensch-
lichen Organismus abgeben, verweist zurück auf
Balzacs Hauptquelle beim Verfassen seiner
Opiumphantasie: Thomas De Quinceys „Confes-
sions of an English Opium-Eater“. Gelesen hatte
er sie in der französischen Übersetzung, die de-
ren Verleger Mame et Delaunay-Vallée 1828
unter dem Titel „L’Anglais mangeur d’opium“
drucken ließen. Das Buch verschwieg allerdings
nicht nur wie das Original den Namen seines Au-
tors, sondern auch den des Übersetzers, der auf
dem Titelblatt unter dem Kürzel A. D. M. aufge-
führt war. In seinem eigenen Exemplar, das sich
heute in dem ihm gewidmeten Museum in Passy
befindet, notierte Balzac dazu: „Der Autor ist
Abgrund
Im Jahr 1830 schrieb Balzac ein heute kaum mehr bekanntes Prosastück
namens „Das Opium“. Für sein Werk sollte es sich als folgenreich herausstellen.
Von Andreas Mayer
Monsieur Mée, ein Engländer – er ist klein und
bucklig, liebenswürdig, von geistreichem Antlitz,
32 Jahre alt – im Jahr 1829.“ Dieser Eintrag löst
zwar das Rätsel der Erwähnung des „jungen
Mée“ in der Opiumphantasie, wirft aber zugleich
ein neues auf, das sich bisher nicht beantworten
ließ. Von der Existenz eines Dichters namens
Mée ist nämlich nichts überliefert, und so haben
die französischen Herausgeber von Balzacs Wer-
ken (wenig plausibel) spekuliert, Letzterer sei
tatsächlich einem opiumsüchtigen Engländer
dieses Namens begegnet, der sich ihm gegenüber
als Autor des Textes ausgegeben hat. Wesent-
licher erscheint hingegen eine andere, bisher ver-
nachlässigte Spur, die zur Identität von De Quin-
ceys erstem französischen Übersetzer führt.
Denn hinter A. D. M. verbarg sich kein anderer
als der knapp achtzehnjährige Alfred de Musset,
der zu dieser Zeit im Kreis von Victor Hugo als
aufstrebendes Talent der neuen Bewegung der
französischen Romantik galt und mit dem Balzac
nachweislich bereits bekannt war. Die rätselhafte
Notiz über Aussehen und Charakter des unbe-
kannten Dichters mag somit nicht auf eine tat-
sächliche Begegnung, sondern eher auf Aussagen
von Musset oder den Verleger Mame zurück-
gehen, die beide von der Autorschaft De Quin-
ceys noch nichts wissen konnten (denn dieser lüf-
tete sein Inkognito erst in den Fünfzigerjahren
des neunzehnten Jahrhunderts).
Die Frage nach Balzacs Wissen um die Identi-
tät des Übersetzers der „Confessions“ ist auch
deshalb relevant, weil Musset sich derart viele
Freiheiten mit dem Original erlaubte, dass man
hier eher von einer Phantasie aus dem Geist der
französischen Romantik sprechen muss. Und als
eine solche hat Balzac „L’Anglais mangeur
d’opium“ auch verstanden, wenn er das Buch,
ebenfalls in „La Caricature“, kurz darauf in einer
Parodie auf die „Litaneien“ der neuen romanti-
schen Schule, von der er trotz seiner Freund-
schaft zu Hugo und Musset wenig hielt, als deren
modische Inspirationsquelle erwähnte. „Das
Opium“ ist hingegen nicht primär als Satire an-
gelegt, nimmt der Text doch De Quinceys Selbst-
beschreibungen samt der vom Übersetzer stam-
menden romantischen Versatzstücke ernst, in-
dem er sie seinerseits in ein Stück Gehirn-
physiologie übersetzt: Die Montage von stark
komprimierten Elementen aus teils klischee-
haften Episoden, wie etwa einer von Musset hin-
zugedichteten spanischen Romanze mit einer
Andalusierin, vermittelt den Anschein einer
schwindelerregenden Zeitreise. Das durch die
Droge bewirkte Aussetzen des Zeitgefühls
schleudert die beiden Protagonisten in einen fre-
netischen Taumel, den Balzac ins Zeichen einer
weiblichen Todesallegorie stellt. Diese erscheint
zunächst in der Figur einer in Fahnen gehüllten
jungen Maid (vielleicht in Anspielung auf die Ju-
lirevolution von 1830 als Gegenallegorie zu Dela-
croix’ berühmter Darstellung „Die Freiheit führt
das Volk“ aus demselben Jahr), verwandelt sich
jedoch rasch in einen den beiden Dandys weitaus
angemesseneren Todesengel, nämlich in eine
dem Punschdampf entsteigende Kurtisane.
Der furiose Galopp durch die Jahrhunderte, in
dessen Verlauf das Opium für ein Spottgeld in
halluzinatorischen Schlaglichtern „das ganze
Ein Modephänomen im
seinerzeitigen
Frankreich: Honoré
Daumier, zeichnete
seine Haschischraucher
1845.
Foto AKG
Humanwissenschaften der damaligen Zeit vor
diesem irrwitzigen Gehirntheater die Waffen
strecken muss. Der unvermeidliche Absturz der
beiden Opiumesser vollzieht sich mit ihrem Ein-
treten in ein danteskes Inferno, in dem sie äu-
ßerst qualvoll umkommen, dabei aber immer
noch die „todschicke“ Attitude von blasierten
Dandys bewahren, „denen ein grausamer
Schmerz zur Lust wird“. Dieses Finale ist gänz-
lich Balzacs Erfindung, mit einer verdichtenden
Zuspitzung, die dabei Passagen aus der hier rela-
tiv textgetreuen Übertragung Mussets zwar wört-
lich übernimmt, aber in ein ganz anderes Licht
rückt. Denn wo De Quincey ein Meer von Ge-
sichtern in der Londoner Großstadt beschreibt,
tut sich hier ein schreckliches Pandämonium auf,
wenn auf die bezaubernden Stimmen der italieni-
schen Oper schlagartig das Rasen und Brüllen
einer von Höllenqualen gepeinigten Menge folgt.
Die Intensität von Balzacs Beschreibungen der
bewusstseinsverändernden Effekte des Opium-
rausches wirft die Frage auf, inwiefern der junge
Autor hier, neben der Vorprägung durch De
Quinceys Text samt Mussets Abänderungen,
nicht auch eigene Erfahrungen mitverarbeitet
hat. Obwohl es keine direkten Nachweise dafür
gibt, ist Balzacs Teilnahme an Versuchen mit der
anderen Modedroge seiner Zeit, dem Haschisch,
im berühmten Pariser Club de Hachichins ver-
bürgt. Diese Sitzungen, die sogenannten „fanta-
sias“, fanden in den Vierzigerjahren des neun-
zehnten Jahrhunderts im Hôtel de Lauzun statt,
unter der ärztlichen Aufsicht des Psychiaters
Jacques Joseph Moreau de Tours, der sich da-
durch Aufschlüsse über den Mechanismus der
Geisteskrankheiten erhoffte.
Dort traf Balzac im Kreise seiner Freunde auch
auf den jungen Charles Baudelaire, der nachträg-
lich in einer viel zitierten Anekdote berichtete,
Balzac hätte trotz seiner sichtbaren Neugier letzt-
lich die Finger vom Haschisch gelassen. Für den
jüngeren Dichter schien es undenkbar, dass der
von ihm so sehr bewunderte Theoretiker des Wil-
lens „den Verlust eines Quäntchens dieser wert-
vollen Substanz“ zulassen konnte. Baudelaires
Anekdote hat lange nachgewirkt und so zu einem
Bild geführt, das uns Balzac als standfesten und
abstinenten Drogenkritiker vorführt (freilich mit
Ausnahme des von ihm exzessiv konsumierten
Kaffees). Dem widersprechen allerdings Zeug-
nisse aus dessen Korrespondenz, wo wiederholt
von Haschisch-Experimenten und dem damit
verbundenen Forschungsinteresse die Rede ist.
Wie bereits die „Abhandlung über moderne
Stimulanzien“ eindrucksvoll belegt, trieb die
theoretische Auffassung von der Schwächung der
Willenskraft durch bestimmte Stimulanzien, die
auf der Maxime vom notwendigen Gleichgewicht
der Energieverteilung im menschlichen Organis-
mus gründete, ihren Autor nicht zur strikten Ent-
haltsamkeit, sondern vielmehr zu einer Reihe
von teils kuriosen Selbstversuchen. Deren nüch-
ternes Resümee lautet kurz und knapp: „Alle Ex-
zesse, die die Schleimhäute angreifen, verkürzen
das Leben.“ Solche physiologische Tatsachen-
diagnostik bedarf keiner Überhöhung durch eine
moraltheologische Kritik, wie sie Baudelaire spä-
ter vornehmen sollte. Im Gegensatz zum Autor
der „Künstlichen Paradiese“ steht Balzacs Be-
kenntnis zur Physiologie nicht primär im Zeichen
der Moral, sondern der Empirie. Dementspre-
chend suchen seine in der „Abhandlung über mo-
derne Stimulanzien“ mitgeteilten Experimente
bei all ihrer Exzentrik stets nach dem faktischen
Regelwerk, dem menschliche Begierden und
Phantasien unterliegen. Ob er nun davon gekos-
tet hat oder nicht, von allen Drogen seiner Zeit
war das Opium fraglos diejenige, die Balzac so et-
was wie eine allgemeine Formel für alles
menschliche Wünschen bieten konnte. Notiert
hatte er sie bereits 1829: „Die menschliche Seele
gehorcht in ihren Wünschen einer Art arithmeti-
scher Progression, deren Endziel und Ursprung
gleichermaßen unbekannt sind. Genau wie der
Opiumesser stets die Dosis verdoppeln muss, um
dieselbe Wirkung zu erreichen, so begehrt auch
unser Geist, ebenso herrisch, wie er schwach ist,
nach der Steigerung der Gefühle, Vorstellungen
und Dinge.“

W
elches Ende sollte sein Le- Jene endlosen Savannen, wo sich die Baudenk-
ben nehmen? . . . Er glaubte mäler wie Menschen in einer Menge drängten,
nicht, wie der Abbé de Ran- füllten ihre engen Gehirnkästen, in denen inner-
cé, an ein Jenseits. Auch halb weniger Stunden Reiche, Städte, Revolutio-
wenn er sich der irdischen nen entstanden und verschwanden! . . . Was für
Justiz stellte, sie würde sei- eine Oper ist doch ein Menschenhirn! . . . Welch
nen Kopf nicht fordern: die Beweise seines Ver- ein Abgrund, und kaum begriffen – selbst von
brechens existierten nicht mehr: es war ein Ge- denen, die da drinnen viel ergründet haben – wie
heimnis zwischen IHM und Gott! – So hatte er Gall.
weder Himmel noch Erde! . . . – Er probierte es Und das Opium erfüllte seine Todesmission
mit der Lehre der Saint-Simonisten, weil er da getreu! . . .. nachdem sie verzückt den italieni-
den Vorteil sah, schnurstracks Priester zu wer- schen Stimmen gelauscht, die Musik mit all ihren
den, ohne Absitzen eines Seminars . . . Aber er Poren aufgenommen, heftige Wonnen verspürt
verachtete den Menschen, und Saint-Simon will hatten, gelangten sie in die Hölle des Opiums . . .
ihn verbessern. – Einst hielt er das Laster so fest Da tobten Milliarden wutrasender Stimmen,

im Griff wie ein Scheusal, das ihm unterlag. –
Das Weib? . . . es war dahin. Ihm war die Liebe
nur noch eine Plage, und das Weib? . . . ein Spiel-
zeug, das er in Stücke gerissen hatte, wie die Kin-
der, wenn sie nach den Federn forschen . . . Aus
das Spiel! . . .
So begann er Opium zu essen, in Gesellschaft
eines Engländers, der aus anderen Gründen den
Tod suchte, einen lüsternen Tod; nicht jenen, der
sich langsamen Schrittes nähert, in der Gestalt
eines Knochenmanns; sondern den Tod unserer
modernen Zeit, ausstaffiert mit den Fetzen, die
wir Fahnen heißen! . . . Das ist eine junge Maid,
bekränzt mit Blumen, mit Lorbeer! Inmitten
einer Puderwolke naht sie oder getragen vom
Sturmwind der Kanonen. Wie von Sinnen lacht
sie einer Pistole entgegen oder kauert auf einem
Bett zwischen zwei Kurtisanen oder steigt empor
aus dem Dampf einer Punschschale . . . Kurzum,
ein absolut todschicker Abgang!
Vom Opium begehrten sie, es möge ihnen die
goldenen Kuppeln Konstantinopels zeigen, sie
auf die Diwane der Serails werfen, inmitten der
Frauen Mahmuds; und da, im Lustrausch, ließ sie
Das Opium
bald die Kälte eines Dolchs, bald das Rascheln
eines Seidenbandes erschauern; und ganz den
Wonnen der Liebe hingegeben, fühlten sie schon
den Marterpfahl . . . Das Opium schenkte ihnen
das ganze Universum! . . .
Und für drei Franc und fünfundzwanzig Cen-
time beförderten sie sich nach Cádiz oder Sevilla,
erklommen die Stadtmauern, verharrten dort
unter einer Jalousie liegend in die Betrachtung
eines flammenden Augenpaars versunken – eine
Andalusierin, geschützt von einer Markise aus
roter Seide, deren Widerschein dieser Frau die
Von Honoré de Balzac
Glut, die Vollendung, die Poesie von Figuren ver-
lieh, diesen phantastischen Traumgebilden unse-
rer Jugendzeit . . . Doch mit einem Mal, als sie
sich umwandten, blickten sie geradewegs in die
furchterregende Miene eines Spaniers, bewaffnet
mit einer scharfgeladenen Donnerbüchse! . . .
Zuweilen machten sie einen Versuch mit dem
Fallbrett der Guillotine und erwachten tief unten
in den Totengruben, in Clamart, um sogleich in
allen Behaglichkeiten des häuslichen Lebens zu
versinken: ein Heim, ein Winterabend, eine junge
Frau, Kinder voller Anmut, auf Knien, zu Gott
betend, angeleitet von einer alten Kinderfrau . . .
und das alles für drei Franc Opium! . . .
Ja, für drei Franc Opium errichteten sie sogar
die gigantischen Bauten der griechischen, asiati-
schen und römischen Antike neu! . . . Sie be-
schafften sich die ausgestorbenen Anoplo-
theriums, die Monsieur Cuvier verschiedenenorts
wieder aufgefunden hat. Sie rekonstruierten die
Ställe Salomos, den Tempel von Jerusalem, die
Wunderbauten Babylons und das gesamte Mittel-
alter mit seinen Turnieren, Burgen, Rittern und
Klöstern . . .
brüllende Häupter: hier Kindergesichter, entstellt
wie die von Sterbenden; Frauen, von grässlichen
Wunden starrend, zerfetzt, wehklagend; dort ver-
stümmelte Männer, an den Haaren herbeigezerrt,
grauenvoll, und in Myriaden! . . . in Wogen! . . . in
Generationen! . . . in Welten!
Am Ende betraten sie das Reich der Schmer-
zen. Mit Feuerzangen peinigte man sie in jedem
Muskel, jedem Haarbalg, bis in die Ohren, in die
Zahnwurzeln, in ihr allerempfindlichstes Wesen
hinein. Sie ähnelten jenen blasierten Menschen,
denen eine grausame Qual zur Lust wird! . . .
denn dies ist dein Ende! o gauklerisches Opium!
. . . Und so starben diese beiden Männer, die sich
nicht mehr zu retten wussten, wie du, unbekann-
ter Dichter! junger Mée, der du uns so trefflich
Bericht gabst von deinen künstlichen Freuden
und Leiden!
Graf ALEX. von B. . . .
Aus dem Französischen von Andreas Mayer. Die
Übersetzung ist ein Vorabdruck aus dem am 3. August
erscheinenden Buch „Abhandlung über moderne Sti-
mulanzien“ von Honoré de Balzac (Friedenauer Presse).
SE I TE Z 4 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 74
W
ar es eine Art Fügung, dass
ich Jahre in einem Bild von
Max Beckmann gelebt ha-
be, ohne dass mir das be-
wusst war? Der Künstler
hat dieses spezielle Frank-
furter Motiv im Juli 1922 auf die Leinwand ge-
bracht und zunächst mit „Die Brücke“ betitelt;
durch spätere Ausstellungen und Veröffentli-
chungen ist das Ölgemälde dann als „Der Eiserne
Steg“ bekannt geworden, so auch mir. Wann ge-
nau es im eigenen Gedächtnis archiviert wurde,
vermutlich mehr als dreißig Jahre nach seiner
Entstehung, entzieht sich meiner Erinnerung.
Aber fest steht, dass es mich, seit ich es erstmals
zu Gesicht bekam, nicht mehr losgelassen, es
einen Sitz in meinem Leben erhalten hat und ich
immer wieder seinen ikonischen Sinn zu erfassen
versucht habe. Enthielt dieses Bild eine ganz per-
sönliche Botschaft an mich, hat es gar einen Weg
vorgezeichnet?
Um mir selbst klarzumachen, warum dieses
Bild sich im eigenen kulturellen Gedächtnis nicht
nur sedimentiert, sondern wie ein Fingerzeig
gewirkt hat, soll zunächst versucht werden, die-
sen ganz besonderen Ausschnitt einer Frank-
furter Stadtlandschaft, wie sie sich Mitte der
Zwanzigerjahre darbot, so zu beschreiben, wie er
auf dem Gemälde zu sehen ist. Dass dieses Bild
auch für den Künstler einen besonderen Stellen-
wert gehabt haben muss – nach der schwierigen
lebensgeschichtlichen Phase politischer und äs-
thetischer Selbstvergewisserung aufgrund trau-
matischer Erfahrungen auf den Schlachtfeldern
des Ersten Weltkrieges –, wird dadurch bezeugt,
dass Beckmann vom gleichen Motiv eine Kalt-
nadelradierung angefertigt hat, die ebenfalls
1922 entstanden ist.
Was die Perspektive des originalen Ölbildes
angeht, so verdankt es seine Entstehung und
Komposition wohl nicht einem realen Beobach-
tungspunkt, von dem Beckmann es plein air ge-
malt hätte. Er hat offenbar dargestellt, was er als
visuell Imaginiertes im Kopf hatte. So sind sich
die Kunsthistoriker einig, dass das Bild in Beck-
manns Atelier entstanden sein muss. Dieses be-
fand sich, seit er sich – krankheitshalber befreit
vom Kriegsdienst als Sanitäter – von 1915 an in
Frankfurt niedergelassen hatte, im Stadtteil
Sachsenhausen, Hausnummer 3 in der lebhaften
Schweizerstraße, die auf die Untermainbrücke
führt. Dank der engen Beziehung während der
gemeinsamen Weimarer Akademiezeit zu seinem
Malerfreund Ugi Battenberg und dessen Frau
Fridel, einer Pianistin, die bereits in Frankfurt
wohnten, fand er dort angenehme Lebensum-
stände vor. Bis zum Jahr der Machtergreifung der
Nazis blieb der republikanisch gesonnene Künst-
ler in der Stadt. Hier wurde er geschätzt, und von
dem Balkon des großräumigen Ateliers im vier-
ten Stockwerk aus hatte Beckmann eine ein-
drucksvolle Aussicht auf den Main mit den beid-
seitigen Uferpromenaden und deren mediter-
ranen Pflanzungen im sogenannten „Nizza“,
einer Grünanlage, die ebenso Motiv von Beck-
mann-Gemälden geworden ist wie die allee-
artigen Baumbestände entlang des Schaumain-
kais.
Es darf unterstellt werden, dass die siebzehn
Jahre in Frankfurt die glücklichsten im Leben des
Malers waren. Nicht nur bei den Battenbergs
fühlte er sich eigenem Bekunden nach gut auf-
gehoben, er gehörte auch während der Weimarer
Jahre künstlerisch-literarischen Kreisen an. Dazu
gehörten etwa auch Heinrich Simon, der redak-
tionelle Leiter der „Frankfurter Zeitung“, Benno
Reifenberg als Leiter des Feuilletons dieses ten-
denziell liberal orientierten Blattes, die Schrift-
steller Kasimir Edschmid und Rudolf G. Binding
sowie Georg Swarzenski, der Direktor des
Städelschen Kunstinstituts, und Georg und Lilly
von Schnitzler, eifrige Sammler von Beckmanns
Werken.
Was nun das Sujet des Bildes „Der Eiserne
Steg“ angeht, so kommt eine überschaubare,
leicht erfassbare Anzahl von Dingen und Aktio-
nen zur Darstellung. Ganz im Vordergrund des
Bildes steht die markante Stahlkonstruktion der
Fußgängerbrücke mit ihren vier Pfeilerspitzen,
die nach Plänen von Peter Wilhelm Schmick
1868/69 erbaut wurde. Die Blickrichtung im
Gemälde ist so gewählt, dass die Sicht von der
Frankfurter Altstadt auf den nördlichen Stadtteil
Sachsenhausen geht. Dort eröffnet sich ein Ein-
blick in die rechts abbiegende, ins Innere Sach-
senhausens führende Schul- und Schifferstraße,
die den Blick auf einen mächtigen Schornstein
freigibt, aus dem dunkler Rauch austritt. Der lin-
A
ls der britische Regisseur Terence Da-
vies sich Gillian Anderson als Haupt-
darstellerin für seinen neuen Film aus-
guckte, wusste er nichts von ihrem
Weltruhm aus der Fernsehserie „The X-Files“.
Was erstaunlich genug ist, denn nahezu alle, selbst
wenn sie mit Parapsychologie nichts im Sinn hat-
ten, kannten Gillian Anderson, besonders kurz
vor der Jahrtausendwende, als Davies auf die Su-
che ging. Vor Jahren habe ich mir sogar, obwohl
ich „The X-Files“ nicht brauche, aber Gillian An-
derson verehre, eine ganze Staffel davon reingezo-
gen und dabei selbst die Jacketts mit Schulterpols-
tern der frühen Neunzigerjahre ertragen. Davies
jedenfalls hatte die Amerikanerin lediglich auf
einem Foto gesehen, aber da war es um ihn ge-
schehen: Ihr Gesicht erinnerte ihn an die Öl-
porträts des Belle-Époque-Malers John Singer
Sargent. Das, genau das waren die Züge, die er für
Lily Bart, die schöne Hauptfigur des Edith-Whar-
ton-Romans „The House of Mirth“, brauchte!
Also flog der Regisseur nach Los Angeles, und
er hatte Glück. Anderson sagte zu, weil sie einen
seiner früheren Filme mochte. Solche Details spie-
len für Terence Davies, geboren 1945 in einem
Arbeiterviertel von Liverpool, eine überragende
Rolle. Kino ist Verwandlung und Verzauberung,
Kino ist eine Zeitreise, von der die Rückkehr noch
immer so schwerfallen soll wie nach den Kino-
besuchen unserer Kindheit, als uns die wirkliche
Welt nach den zwei Stunden im dunklen Saal oft
farblos, leblos, trostlos und trivial erschien.
Selten gibt es Filme, die ihren Hauptfiguren
mit solcher Feinfühligkeit und liebender Nähe
folgen. Mit aufregenden Perspektiven oder spek-
takulären Kamerafahrten hat Davies nichts im
Sinn. Sein im Jahr 2000 herausgekommenes Ge-
sellschaftsdrama – auf Deutsch „Haus Bello-
mont“ –, in dem die erotische Spannung von kon-
ventioneller Schicklichkeit erstickt wird, ist eine
BILDER UND ZEITEN
In diesem
Bild habe
ich gelebt
Ein kulturelles Erbe: Mein eigener Weg
über Max Beckmanns „Eisernen Steg“.
Von Stefan Müller-Doohm
Retrospektive:
Haus Bellomont
Sie wollte
eben nicht
Moral behindert den Aufstieg:
Gillian Anderson und ein New
Yorker Sittenbild um 1900
Szenenfolge, in deren Dialogen es immer ums
Ganze geht, nur dass niemand die sozialen Fes-
seln abstreifen kann und immer die Stärksten üb-
rig bleiben. In Gillian Andersons Spiel wird aus
Lily Bart, einer glänzenden Erscheinung der fei-
neren New Yorker Gesellschaft vor mehr als hun-
dert Jahren, die den adäquat reichen Mann zum
Heiraten sucht und am Ende vereinsamt stirbt,
das erschütternde Porträt einer verstoßenen, an
Gillian Anderson und Eric Stoltz in „Haus Bellomont“
ihren eigenen moralischen Maßstäben zugrunde
gehenden Frau.
Dass Frauen damals zum Heiraten erzogen
wurden und ihre Bildung vor allem zu Aus-
stellungszwecken erwarben, dass sie attraktiv, ge-
wandt und anschmiegsam sein mussten, um bei
der richtigen Gelegenheit zu glänzen und dann
auch „gefunden“ zu werden, das macht der Film
erbarmungslos klar. Doch aus der fernen Vergan-
Als Stenograph der Wirklichkeit ist Max Beckmann
bezeichnet worden. In seiner 1922 gemalten Ansicht des
Eisernen Stegs, einer Fußgängerbrücke über den Main in
Frankfurt, findet sich eine Welt wieder, die es nach dem
Krieg nicht mehr gab. Und doch war vieles vertraut.
Das Bild hängt heute in Düsseldorf.
Foto AKG
ke Bildteil wird von der neugotischen Dreikönigs-
kirche mit grün belaubten Bäumen beherrscht,
neben der im Hintergrund Teile des Deutsch-
ordenshauses zu sehen sind.
Die szenische Choreographie wird bestimmt
durch das vielfältige Geschehen auf dem Main:
drei Personen im Ruderboot, zwei Flößer, die ihr
wuchtiges Gerät mithilfe von Stangen dirigieren,
ein Dampfer, dessen Schornstein mit gelbem
Stern hellen Rauch ausstößt. Von der Badeanstalt
am Nordufer des Flusses dominiert die Schutz-
wand. Am gegenüberliegenden Ufer ist ein Lade-
platz für Sand in Szene gesetzt, mit tätigem
Kran, Pferdefuhrwerk und Personen in Arbeits-
kleidung.
Hinsichtlich der farblichen Gestaltung fallen
die Grau- und Weißtöne der Stahlkonstruktion
des Eisernen Stegs ins Auge, ebenso die in leich-
tem Gelb und Braun gehaltene Dreikönigskirche,
sodann die Häuser, das Floß und der Hügel aus
Sand. Das Wasser des Flusses changiert zwischen
Gelb und Weiß. Hinzu kommen die Grüntöne der
Bäume und der Badeanstalt sowie das kontrastie-
rende Blau einer Fahne und des Abschlusses des
Dampferschornsteins. Der Himmel, durchzogen
von Telegraphendrähten, ist in einem gebroche-
nen Weiß gemalt, mit angedeuteten Wolken in
zartem Blau.
Der Kontrast von Fläche und Tiefe, von Form
und Farbe, gibt dem Bild etwas Magisches. Beck-
mann bekennt sich in den Gesprächen mit sei-
nem Verleger Reinhard Piper ausdrücklich zur
Gegenständlichkeit, aber einer, die dem Meta-
physischen Raum gibt. Sein Gemälde „Der eiser-
ne Steg“ erweckt trotz aller Eigenwilligkeit der
Perspektive und der Proportionen den Eindruck,
als würde der Wirklichkeit nichts zugefügt, als
gäbe das Bild wieder, was ist beziehungsweise
was damals war. Nichts wird zur Idylle verklärt
oder in Erhabenheit erhöht. Insofern stellt das
Bild mit seinen ikonischen Ausdrucksmitteln
eine eigene Realität dar, die in dem besteht, was
als autonomes Kunstwerk erscheint.
Wenn ich meine Ortswahrnehmungen als he-
ranwachsender Bewohner des Schaumainkais
nach dem Ende des Krieges mit dem vergleiche,
was auf Beckmanns Gemälde festgehalten ist, das
als „Stenographie der Wirklichkeit“ (so die For-
mulierung Marie-Louise von Motesiczkys, die
eine Meisterschülerin Beckmanns war) keine
Rätsel oder Anspielungen zu enthalten scheint,
so erstaunt mich bei der Bildbetrachtung vor
allem das, was von der gemalten Stadtlandschaft
geblieben ist. Bezogen auf die vage erinnerten
diffusen Eindrücke eines Heranwachsenden ist
freilich festzustellen, dass diese von einer zum
beckmannschen Bild entgegengesetzten topo-
graphischen Position präformiert sein mussten.
Diese persönliche Wahrnehmungsgeschichte
ist schnell erzählt. Noch vor der zweiten Welle
heftiger Luftangriffe auf Frankfurt vom Oktober
1943 an bis zur großen Feuersbrunst 1944/45 hat
meine Familie im Rahmen von Evakuierungs-
maßnahmen im Vordertaunus in der Nähe von
Bad Homburg gewohnt. Die Rückkehr in die von
Grund auf zerstörte Stadt muss schon in den ers-
ten Monaten 1946 stattgefunden haben. Mein Va-
ter hatte die angesichts allgemeiner Not kühne
Idee, einen Buchverlag in seiner Heimatstadt zu
gründen. Dabei war es von Vorteil, dass er nicht
„belastet“, also kein Mitglied der NSDAP oder
einer ihrer Organisationen gewesen war und in
den Jahren der Hitler-Diktatur keine Sympathien
für das Regime bekundet hatte. Dies war eine Vo-
raussetzung dafür, dass er von der zuständigen
amerikanischen Militärverwaltung im September
1946 die Lizenz zur Gründung eines Buch- und
Zeitschriftenverlages erhielt.
Trotz der alltäglichen materiellen Bedrängnis
und solchen Hindernissen wie der restriktiven
Papierkontingentierung in der unmittelbaren
Nachkriegszeit begann das kleine überschaubare
Unternehmen zügig mit dem Druck erster Bü-
cher, sicher auch, um dem erst jüngst vergange-
nen Unheil etwas entgegenzusetzen. In einer
Foto Mauritius
genheit, die in „The House of Mirth“ so schmerz-
lich beschworen wird, fällt ein ziemlich grelles
Licht auf unsere Gegenwart. Parvenüs und Neu-
reiche, die sich alles kaufen können, gibt es heute
so wie damals, und selten werden die Mechanis-
men, nach denen Aufstieg und simples Dazu-
gehören funktionieren, so perfekt vorgeführt wie
hier. Je bezaubernder die Kleider, die Lily Bart
zunächst noch trägt, je kostbarer das dunkel
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Zeit, als die großen traditionellen Publikumsver-
lage in Frankfurt noch nicht wieder am Markt
waren, genoss die Gründung in der Stadt Auf-
merksamkeit – bedingt durch ein für die Zeit
verhältnismäßig breites literarisches Programm,
das Ambitionen erkennen ließ. Dafür war Victor
Otto Stomps als Lektor verantwortlich, der als
Gründer der Berliner „Rabenpresse“ berühmt ge-
worden und selbst ein origineller Autor war.
Ein besonders ambitioniertes Vorhaben des
Verlags war eine Publikation mit frühen Arbeiten
von Max Beckmann unter dem Titel „Die Hölle
und andere frühe Graphiken“. Nicht nur auf-
grund dieses Buchplans war Beckmann ein Na-
me, der schon in Kindheitstagen einen Klang für
mich hatte. Mein Vater hatte in den Nachkriegs-
jahren eine Radierung von Beckmann erworben,
„Der Abend“, ein 1916 entstandenes Selbstbild-
nis des Künstlers, das ihn zusammen mit den bei-
den Battenbergs samt Katze zeigt. Dieses Bild,
das mich bis heute begleitet, ist dauerhafte Er-
innerung an meine häufigen Besuche im Städel,
das zu Fuß entlang des Schaumainkais in weni-
gen Minuten erreichbar war. Mit Beginn der
Fünfzigerjahre an Sonntagen ins Städel gehen,
hieß Beckmann sehen.
Der Blick aus unserer Wohnung wurde 1946
von einem anderen, einem zerstörten Eisernen
Steg eingenommen, dessen Pfeiler gen Himmel
ragten, während Teile des Fußwegs in den Main
abgesunken waren. Bis der Eiserne Steg dann mit
Kranschiffen wieder gehoben wurde, war die
Überquerung des Mains an dieser Stelle nur mit-
hilfe eines provisorischen Fährverkehrs möglich.
Ein weiterer persönlicher Eindruck bezieht
sich auf die elektrischen Triebwagen der Straßen-
bahnlinie – war es die Nummer 4? –, die nach
Wiederherstellung der Gleise und Oberleitungen
von der Untermainbrücke kommend über den
Schaumainkai und die Schulstraße zum Lokal-
bahnhof und dem Straßenbahndepot führte. Als
Beckmann sein Bild malte, hatte die Elektrifizie-
rung des Netzes offenbar noch nicht diesen Stre-
ckenverlauf erreicht.
Zu den Kontinuitäten zwischen dem „Eisernen
Steg“ Beckmanns, in das ich geraten war, und
meinen Eindrücken gehört, dass die Frontseite
der Häuserreihe des Schaumainkais, die Plata-
nenallee Richtung Fluss sowie der Großteil der
Schweizerstraße so gut wie keine Kriegsschäden
davongetragen hatten. Unversehrt stand auch die
Dreikönigskirche. Demgegenüber war die Schul-
straße, die ins Herz von Sachsenhausen führte,
von zahllosen Ruinen gesäumt, in denen notdürf-
tig Wohnraum geschaffen wurde. Obwohl vieles
von dem geblieben war, was Beckmann auf die
Leinwand gebracht hatte, war die Realität von
1946 eine andere als die von 1922. Aber gerade
diese Diskrepanzen zwischen den eigenen Er-
innerungen und dem Kunstwerk haben für mich
den symbolischen Ausdrucksgehalt des Letzteren
in phantastischer Weise erhöht. Insofern bewahr-
heitet sich, was Theodor W. Adorno in seiner
„Ästhetischen Theorie“ feststellt: dass die Sym-
bolik eines Bildes „durch das ‚Wie‘ der Apperzep-
tion“ redet. Beckmanns „Eiserner Steg“ hat die
Identifikation mit einer Lebenswelt verstärkt, in
die ich dank einer Reihe von Zufällen hineinge-
wachsen bin und die ihre Anziehungskraft als
spezifisch geistig-kultureller Erfahrungszusam-
menhang noch entfalten sollte.
Die ikonische Kraft des Bildes, seine Wahr-
haftigkeit, wurde zum Sinnbild, biographisch
zum Sehnsuchtsort: integraler Teil der eigenen
Lebensgeschichte. So wurde der „Eiserne Steg“
zum Brückenschlag von einer nur symbolisch zu-
gänglichen Vergangenheit zur Gegenwärtigkeit
eines Lebens, das von diesem Ort aus zu führen
war und dann später gerade wegen des geo-
graphischen Abstands Sehnsuchtsort blieb.
Stefan Müller-Doohm, geboren 1942 in Frankfurt am
Main, ist Soziologe. Zuletzt erschien von ihm
mitherausgegeben der Band „Habermas global –
Wirkungsgeschichte eines Werks“ (Suhrkamp).
schimmernde Mobiliar vor teuren Tapeten in
merkwürdig vollgestellten Räumen, in denen ir-
gendwo eine Uhr tickt, desto lauter schreit das
Schicksal einer dem Untergang geweihten Frau
zum Himmel.
Einer von mehreren reichen Männern, die für
Lily infrage kämen, will sie unbedingt beim
Kirchgang erleben, was sie dann doch zu albern
findet; ein anderer legt Geld für sie an und will
sich dafür nach dem Opernbesuch die erotische
Belohnung abholen; ein dritter schlägt ihr kalt
vor, sie als letztes fehlendes Asset in sein Port-
folio einzufügen – Heirat als soziales Investment.
Lily Bart weist alle ab, schlägt die Chancen aus
und steigt die Leiter Schritt für Schritt nach
unten, bis sie in der Nähstube landet. Der einzige
Mann, den sie hätte heiraten (und lieben) können
– und er sie –, der junge Anwalt Lawrence Selden,
verpasst seine eigenen Gefühle ungefähr so dra-
matisch wie sie selbst, weshalb ihm nur noch
bleibt, an ihrem Totenbett zu weinen.
„The House of Mirth“ ist nie in unsere Kinos
gekommen, weil der Filmverleih Kinowelt AG
laut Wikipedia kurz vor der Premiere pleiteging.
Also muss man sich an die DVD halten, bei der
auch das Bonusmaterial lohnt. Neben Gillian An-
derson und dem Regisseur Terence Davies sind
dort im Gespräch auch Laura Linney (als eiskalte
Bertha Dorset) und Charakterdarsteller wie Dan
Aykroyd und Anthony LaPaglia zu erleben.
Davies’ Adaption hat übrigens nur einen
Bruchteil des Budgets von Martin Scorseses Ver-
filmung des anderen Edith-Wharton-Klassikers,
„The Age of Innocence“ (Zeit der Unschuld,
1993), gekostet. Sie hat, was einen nicht un-
bedingt wundert, natürlich auch nur einen
Bruchteil von dessen Gewinn eingespielt. Aber
sie ist um einiges härter und purer – eine der
großen Literaturverfilmungen der letzten Jahr-
zehnte. PAUL INGENDAAY
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
A
m 18. Juni 1923 wurde „Herr
Max Weinreich aus Wilno“ an
der Universität Marburg promo-
viert. Über die ungewöhnliche
Dissertation „Geschichte und
gegenwärtiger Stand der jiddi-
schen Sprachforschung“ schrieb sein Doktorvater
Ferdinand Wrede, ein deutscher Dialektforscher
und Leiter des „Deutschen Sprachatlas“: „Ich ken-
ne für kein anderes Sondergebiet der deutschen
Philologie eine Entwicklungsgeschichte von ähn-
licher Vollständigkeit und Exaktheit.“ Dabei war
die von Weinreich eingereichte Schrift, wie ihr
voller Titel anzeigte, nur der „erste Teil“ seiner
„Studien zur Geschichte und dialektischen Glie-
derung der jiddischen Sprache“. Was 1923 nie-
mand wissen konnte: Weinreichs Leidenschaft für
die jiddische Sprache sollte ihm 1939 das Leben
retten, bevor er dann selbst zum Retter der jiddi-
schen Sprache und Kultur werden würde. Es gibt
heute niemanden auf dem Gebiet der jiddischen
Studien, der Max Weinreich und dessen Sohn
Uriel nicht unermesslich viel zu verdanken hätte.
Max Weinreich, geboren 1894, stammte keines-
wegs aus Wilno, wie das polnisch besetzte Vilnius
damals hieß, sondern aus dem kurländischen
Goldingen (heute Kuldinga in Lettland). Die
Selbstzuschreibung von Wilno als seine Heimat-
stadt (der jiddische Name Vilne wäre Weinreich
wahrscheinlich noch lieber gewesen) war bereits
Teil von Weinreichs politisch-kulturellem Pro-
gramm der Anerkennung des Jiddischen als voll-
gültige europäische Sprache und Ausdruck einer
umfassenden intellektuellen Kultur mit Wurzeln,
die sprachlich bis ins zwölfte Jahrhundert und kul-
turell gar in die Antike zurückreichen. Für dieses
Programm schuf Weinreich mit dem deutschen
Doktortitel die Grundlage der erforderlichen wis-
senschaftlichen und sozialen Anerkennung. Die
physische Verortung dieses Programms in Vilne
schien ihm natürlich, denn seit dem achtzehnten
Jahrhundert galt diese Stadt als „Jerusalem des
Nordens“, als europäische Hauptstadt eines re-
ligiös rationalen Judentums, das eine intensive
säkulare Lern- und Wissenskultur hervorgebracht
hat. Der jiddische Dichter Moyshe Kulbak, der
nach drei Jahren in Berlin von 1923 an wieder in
Vilne lebte, erfasste das Charisma der Stadt in sei-
nem berühmten Gedicht „Vilne“: „Du bist ein
Psalter ausgelegt in Lehm und Eisen, / Ein Gebet
ist jeder Stein – Melodie ist jede Wand, / wenn der
Mond durch die Gassen der Kabbala / rinnt und
bleich herauslöst deine nackte, ekel-kalte Pracht. /
Dein Glück ist Trauer – das Glück der tiefen Bässe
/ der Kapelle; Feiertage sind Beerdigungen / und
Trost – die leuchtend klare Armut steht / wie stiller
Sommernebel an den Kreuzungen der Stadt. / Du
bist ein dunkles Amulett, eingefasst in Lite [Litau-
en], / alt und grau vom Moos beschrieben und von
Flechten; / ein Buch ist jeder Stein, ein Pergament
ist jede Wand, / heimlich aufgeblättert und geöff-
net in der Nacht, / wenn in der alten Synagoge ein
Wasserträger angefroren steht, / das Bärtchen
hochgereckt und Sterne zählt.“
In dieser Stadt war Jiddisch als Sprache der All-
tagswelt noch tiefer zu Hause als das Hebräisch
der Gelehrten, und Weinreichs Absicht auf lange
Sicht war es, Jiddisch an diesem Ort mithilfe von
Sprach-, Literatur- und Kulturgeschichten, Wör-
terbüchern und Grammatiken auf jenen soliden
Sockel zu stellen, der, wie Albrecht Plewnia im
Oktober 2021 auf der Konferenz „Wie deutsch ist
Jiddisch“ bemerkte, den hohen „Standardisie-
rungsgrad einer Varietät“ anzeigt, der wiederum
als Indikator für „Sprachenstatus“ gilt. Jiddisch als
eine voll funktionstüchtige nationale Sprache
der Juden zu etablieren, das war Weinreichs Pro-
gramm.
Im Herbst 1925 wurde Weinreich in Berlin zum
Mitbegründer des Jüdischen Wissenschaftlichen
Institutes (Yidisher Visnshaftlekher Institut,
YIVO), das sich moderne Wissensschaffung in
jiddischer Sprache und dadurch auch ihre Stan-
dardisierung, Erweiterung und Verfeinerung zum
Ziel machte. Sitz des Instituts war Weinreichs
Wohnung in Vilne. Wie schwierig die Gründung
des YIVO realiter war, beschrieb Cecile Kuznitz
2014 in einem klugen Buch.
Jiddisch war Max (Meyer Lazarovich), dem
jüngsten von zehn Kindern, nicht in die Wiege ge-
legt. Die Familie sprach Deutsch, denn die Eltern
hatten ein kleines Geschäft in der Hauptstraße.
Doch Max hörte das kurländische Jiddisch in sei-
nem Umfeld. Er besuchte das lokale Gymnasium.
Dort war die Unterrichtssprache Russisch, von
BÜCHER UND THEMEN
Für die Erforschung der jiddischen
Sprache legte er erst die Grundlagen:
Max Weinreich, hier auf einer
Fotografie der Dreißigerjahre.
Türöffner
für eine
ganze
Kultur
Was wir heute über das Jiddische wissen,
verdanken wir nicht zuletzt Max Weinreich. Es ist
Zeit, an diesen großen Sprachforscher zu erinnern.
Von Susanne Klingenstein
1906 an wieder Deutsch. Nach antisemitischen
Hänseleien wechselte Max 1908 an das Gymna-
sium in Dvinsk (Daugavpils). Ein Jahr später
bestand er die russische Aufnahmeprüfung und
besuchte ein jüdisches Privatgymnasium in St. Pe-
tersburg. Eltern und Brüder legten Geld zusam-
men, um Max die lange Ausbildung zu ermög-
lichen. Nach dem Abitur schrieb er sich 1912 für
Geschichte, klassische und deutsche Philologie an
der Universität von St. Petersburg ein, wo er bis
zur Revolution von 1917 blieb.
Dort blühte das jüdische intellektuelle Leben in
russischer, jiddischer und hebräischer Sprache.
Schon in Goldingen hatte Weinreich sich für Jid-
disch entschieden und die litauische Variante ge-
lernt, denn er war auf den 1897 in Wilna gegrün-
deten Allgemeinen jüdischen Arbeiterbund in
Litauen, Polen und Russland (kurz: Bund) gesto-
ßen, der als erste Organisation begriffen hatte,
dass die jüdischen Massen grenzüberschreitend
Jiddisch sprachen und als Volk in Osteuropa nur
in jiddischer Sprache politisch organisiert werden
konnten. Was diesem Volk fehlte, war ein Be-
wusstsein seiner kulturellen Tradition. In St. Pe-
tersburg stieß Weinreich auf gleichgesinnte Intel-
lektuelle. Man diskutierte jüdische Kultur und
Politik und polemisierte auf Russisch und Jiddisch
in den jüdischen Zeitungen und Zeitschriften der
Stadt. Der Chemiker Israel Tsinberg schrieb in
dieser Zeit dort seine grundlegende achtbändige
„Geschichte der jüdischen Literatur,“ die er im
muslimischen Spanien des elften Jahrhunderts
beginnen ließ. Der sechsten Band behandelt die
jiddische Literatur des Mittelalters und der Re-
naissance. Weinreich selbst übersetzte in St. Pe-
tersburg das neunte Buch der Ilias in grazile jid-
dische Hexameter.
Als die Bolschewisten die Macht übernahmen,
floh Weinreich nach Wilno. Dort hatten die deut-
schen Besatzer drei Jahre lang die jiddische Kultur
gefördert, um Juden als Verbündete gegen die
Russen zu gewinnen. Weinreich engagierte sich in
der jiddischen Schulbewegung, blieb Mitheraus-
geber der Zeitung des Bunds und begann, für den
„Vilner Tog“ zu schreiben, dessen Herausgeber
Zalmen Reyzen ein Jahrzehnt später das unent-
behrliche „Leksikon fun der yidisher literatur,
prese un filologye“ (1926–1929) verfasste und es-
senzielle Publikationen des YIVO betreute („Yi-
dishe filologye“, 1924–26, „Filologishe shriftn“,
1926–29, „YIVO bleter“, 1931–39). Reyzen wurde
als Häftling der Sowjets im Juni 1941 auf einem
Evakuierungsmarsch erschossen.
Nach dem Abzug der deutschen Besatzer war
Vilnius für einige Wochen die Hauptstadt Li-
tauens. Doch von Ende 1918 bis zur Annexion
Zentrallitauens durch Polen im Februar 1922 be-
setzten polnische und russische Truppen wech-
selweise die Stadt. Als im April 1919 polnische
Truppen die Rote Armee vertrieben, kam es zu
einem dreitägigen Pogrom gegen Juden. Wein-
reich saß in der Wohnung des Arztes und stadt-
bekannten Wohltäters Zemach Szabad fest, des-
sen Tochter Regina er 1920 heiratete. Bei Szabad
traf Weinreich auch Abe Cahan, den eigensinni-
gen Herausgeber des New Yorker „Forverts“, der
auflagenstärksten jiddischen Tageszeitung der
Welt. Cahan engagierte Weinreich, der auf dem
Weg nach Berlin war, als Korrespondenten.
Beim „Forverts“ lernte Weinreich, über kom-
plexe Themen, darunter auch die eigene For-
schung, einfach zu schreiben seinen politischen
Blick zu schärfen. Die Weimarer Republik er-
schien ihm ungemein fragil. Der deutsche Anti-
semitismus nahm ihm die Luft weg. Doch für
deutsche Wissenschaftler hatte er nur Lob. Nach
drei Semestern in Berlin wechselte er nach Mar-
burg, um sich bei den Betreuern des „Deutschen
Sprachatlas“ seine akademischen Sporen zu ver-
dienen. Seine heute noch immer aktuelle Disser-
tation, die auch eine Geschichte der Beziehung
deutscher Intellektueller zur jiddischen Sprache
ist, erschien erst 1993 bei einem kleinen Verlag in
Atlanta, Georgia, herausgegeben von Jerold C.
Frakes, der als amerikanischer Mediävist auf die
reiche ältere jiddische Literatur und ihre ersten
Erforscher stieß. Max Weinreich war es, der 1931
in der Zürcher Zentralbibliothek das einzig ver-
bliebene Exemplar von Elia Levitas „Bovo d’An-
tona“ entdeckte, ein witziges, sprachlich innovati-
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE Z 5
Foto YIVO Institute for Jewish Research
ves Versepos, das Levita 1507 in Padua geschrie-
ben und wohl auch vorgetragen hatte, aber erst
1541 in Isny im Allgäu drucken konnte.
Weinreich erhielt 1932 ein Rockefeller-Stipen-
dium, das ihn an die Yale University brachte. In
einem von dem Linguisten und Anthropologen
Edward Sapir geleiteten Forschungsseminar wur-
de dort untersucht, wie Kultur und Sprache ei-
nander herausbilden und auf welche Weise Kultu-
ren und Persönlichkeit formieren. Die soziolin-
guistischen Diskussionen in Sapirs Seminar be-
stätigten Weinreich in seiner Auffassung des
Jiddischen als einer Fusionssprache, in der die
hebräische Komponente ständig einen sowohl re-
ligiösen als auch politisch-historischen Kontext
vergegenwärtigt, der bestimmte soziale und mo-
ralische Werte auferlegt. Wer Jiddisch spricht,
steht sofort in einem spezifischen kulturellen
Kontext, dessen Werteskala in der Sprache selbst
gegenwärtig ist. Wie es dazu kam, legte Weinreich
von 1950 an in seinem vierbändigen Hauptwerk
dar: der „Geshikhte fun der yidisher shprakh“
(1973), die 2008 in einer vollständigen englischen
Übersetzung erschien.
Die zweite Hälfte des Stipendienjahres ver-
brachte Weinreich in Wien, wo er Kinderpsycho-
logie bei Charlotte Bühler und Psychoanalyse bei
Siegfried Bernfeld studierte. Weinreich übersetzte
Siegmund Freuds „Einführung in die Psycho-
analyse“ ins Jiddische, eine Meisterleistung, deren
sechs Bände zwischen 1936 und 1938 in Wilno
herauskamen.
Ein akademischer Höhepunkt des YIVO war
die Veranstaltung einer internationalen Konfe-
renz 1935, auf der auch der sudetendeutsche Lin-
guist Franz Beranek einen Vortrag über jiddische
Dialekte in Böhmen und Mähren hielt. Vier Jahre
später beantragte Beranek die Aufnahme in die
NSDAP, die ihm rückwirkend für den 1. November
1938 genehmigt wurde, und trat auch der SA bei.
Seine wichtige Abhandlung „Die jiddische Mund-
art Nordostungarns“ erschien 1941 beim Reichs-
institut für die Geschichte des Neuen Deutsch-
lands. In seiner Antrittsvorlesung an der Univer-
sität Gießen im Mai 1961 erwähnte Beranek die
eigene „Notzeit“ in Prag, aber nicht die Auslö-
schung seiner Informanten und seiner generösen
Kollegen am Wilnaer YIVO. Dass Weinreich eine
Zusammenarbeit mit ihm verweigerte, hielt Bera-
nek für halsstarrig. Der kanadische Literaturwis-
senschaftler Kalman Weiser, der seit Jahren das
Leben und Werk Weinreichs und seines Hambur-
ger Kollegen Solomon Birnbaum erforscht, belegt
in seiner 2024 erscheinenden Studie über die Jid-
distik vor und nach dem Holocaust auch die Ar-
beit der deutschen Forscher Beranek und Heinz
Kloss, deren Anpassung an die nazistische Ideolo-
gie und Aufstieg zu akademischen Ehren in der
Bundesrepublik.
Weinreich entging dem Tod, weil er sich am
1. September 1939 mit Regina und ihrem Sohn
Uriel in Kopenhagen befand. Regina reiste nach
Wilna zurück, um den jüngeren Sohn Gabriel bei
ihrer Mutter abzuholen. Erst im Januar 1941 er-
reichten die beiden über Sibirien, Japan und San
Francisco New York, wo Weinreich ab seiner An-
kunft im März 1940 all seine Energie in den Auf-
bau der amerikanischen Abteilung des YIVO ge-
steckt hatte. Als im September 1941 das Ghetto
von Wilna errichtet wurde und aller Kontakt in
die Heimat abriss, wurde ihm langsam klar, dass
er allein jetzt das YIVO war. In Wilna plünderten
die deutschen Besatzer die Institutsbibliothek. In
seinem großartigen Buch „The Book Smugglers“
(2018) beschreibt David E. Fishman die hero-
ischen Rettungsaktionen der intellektuellen
Zwangsarbeiter, die seltene Bücher und Manu-
skripte aus dem YIVO ins Ghetto schmuggelten
und dort vergruben. Als ihn diese Schätze aus den
erkalteten Ruinen in New York erreichten, weinte
Weinreich.
In New York begann die Zukunft: Das YIVO
zog in ein Gebäude an der 5th Avenue, Max Wein-
reich lehrte und verfasste seine „Geschichte der
jiddischen Sprache“ als Summa und Vermächtnis.
Uriel Weinreich, von 1944 bis 1946 First Lieute-
nant in der U.S. Army, dann Linguist an der Co-
lumbia University, legte die Grundlagen für den
essenziellen „Language and Culture Atlas of Ash-
kenazic Jewry“, verfasste das akademische Lehr-
buch „College Yiddish“ (1949) und das un-
entbehrliche „Yiddish-English, English-Yiddish
Dictionary“ (1968). Wer jiddisches Land betreten
will, muss durch die Türen gehen, die Max und
Uriel Weinreich allen offen halten.
LITERARISCHE GEGENWART
Hunderttausendfach
unbedankt, bitte
nne Frank dürfte die weltweit berühm-
A teste Frau sein, die je in Amsterdam ge-
lebt hat. Dass es ein furchtbares Ende
nahm mit dem vor den Nazis aus Frankfurt in die
Niederlande geflohenen jüdischen Mädchen, lag
nicht an der Stadt ihres Exils, sondern an den
deutschen Besatzern, die 1940 dort einmar-
schierten. Dass die Familie Frank (Eltern und
zwei Töchter) überhaupt so lange im heute le-
gendären Versteck in der Prinsengracht über-
leben konnte – mehr als zwei Jahre lang, vom Juli
1942 bis zur Festnahme aller dort verborgenen
Juden im August 1944 –, war eine logistische
Meisterleistung ihrer Helfer und natürlich auch
der Versteckten selbst. Das „Tagebuch der Anne
Frank“ erzählt einiges über die Unwahrschein-
lichkeit dieses Überlebens. Umso tragischer, dass
die Unterkunft im letzten Kriegsjahr noch ver-
raten wurde.
Über den Hinweisgeber an die deutschen
Häscher herrscht seit damals Rätselraten, kein
schlüssiger Indizienbeweis konnte bislang er-
bracht werden. Deshalb wurde als Sensation ge-
handelt, dass die kanadische Literaturwissen-
schaftlerin Rosemary Sullivan in ihrem im
vergangenen Jahr erschienenen Buch „The Be-
trayal of Anne Frank“ die Behauptung erhob, das
dunkle Geheimnis geklärt zu haben. Sullivan
sprach nach den Ermittlungen eines sogenann-
ten Cold-Case-Teams (einer Gruppe von Exper-
ten, die sich bislang unaufgeklärter Verbrechen
annehmen) die Schuld am Verrat des Verstecks
in der Prinsengracht dem Notar Arnold van den
Bergh zu. Das Pikante an dieser Behauptung:
Van den Bergh (1886 bis 1950) war Jude.
Sullivan schien es auf der Grundlage der in
ihrem Auftrag durchgeführten Ermittlungen
naheliegend, dass der Notar das Versteck der
Franks an die Deutschen verraten habe, um sei-
ne eigene Familie vor Festnahme und Deporta-
tion zu schützen. Als Mitglied des Judenrats von
Amsterdam habe er Zugriff auf von diesem ge-
führte Listen mit Verstecken gehabt – eine reich-
lich seltsame Annahme, dass es solche Listen ge-
geben haben soll, wären sie doch ein immenser
Riskofaktor gewesen. Tatsächlich gibt es keiner-
lei Belege über deren Existenz, wie der nieder-
ländische Historiker Johannes Houwink ten Cate
sofort nach Erscheinen des Buchs feststellte –
was der entscheidende Grund für den Rückzug
der niederländischen Übersetzung von Sullivans
Publikation aus dem Buchhandel war.
Doch die englischsprachige Ausgabe beim
Verlag Harper ist bis heute ungeachtet aller Un-
plausibilitäten (die der Listen ist nur eine von
mehreren; eine andere besteht darin, dass van
den Bergh am Tag der Razzia selbst mit den
Seinen in einem sicheren Versteck saß und gar
keinen Anlass gehabt hätte, die Deutschen auf
sich aufmerksam zu machen) lieferbar, während
eine bereits vereinbarte deutsche Übersetzung
gestoppt wurde. Nun ist das Buch noch einmal
ins Gerede gekommen, weil die Stadt Amster-
dam den amerikanischen Verlag aufgefordert
hat, ihren Namen aus Sullivans Danksagung zu
streichen. Dort wird für eine städtische Förde-
rung der Recherchen zum Buchprojekt mit
100.000 Euro gedankt – weiß Gott ein guter
Grund. Keinen guten Grund aber hatte Amster-
dam, eine derart exorbitante Summe zu bewilli-
gen, zumal an eine Autorin, die nicht als Zeit-
historikerin ausgewiesen war.
Dass das Geld so locker saß, verdankt sich na-
türlich dem Nimbus von Anne Frank, der in den
letzten siebzig Jahren schon so manches irritie-
rende Resultat hervorgebracht hat, bei dem man
sich fragte, ob das schreckliche Schicksal der Ta-
gebuchschreiberin eine derartige Kommerziali-
sierung gestattet. Zuletzt beschäftigte sich Ari
Folmans in Zusammenarbeit mit dem Anne
Frank Fonds entstandener Kinotrickfilm „Wo ist
Anne Frank“ mit dieser Frage – wobei man der
plakativen Erzählweise des Films ähnliche Vor-
würfe machen könnte, wie sie Annes darin auf-
tretende imaginäre Freundin Kitty gegen die
Ausschlachtung von Leben und Sterben des
Mädchens erhebt.
Dass die Stadt Amsterdam in ihrer Aufforde-
rung an Harper, aus dem Buch gestrichen zu
werden, betont, „in keiner Weise aktiv an dem
Buch mitgewirkt“ zu haben, ist angesichts einer
solchen Mittelbewilligung, die eine sorgfältige
Prüfung des Antrags zur Voraussetzung gehabt
haben dürfte, eine irreführende Formulierung,
weil sie den Anschein erweckt, man habe gar
nichts vom Inhalt gewusst. Mag sein, dass Ar-
nold van den Berghs Name nicht vorab gefallen
ist – immerhin dürfte mit den 100.000 Euro ja
auch das Cold-Case-Team bezahlt worden sein,
das dann ja erst einmal ermitteln musste –, aber
die Fahrlässigkeit der Förderung einer Laien-
autorin ist nicht aus der Welt zu schaffen. So
naiv, wie Sullivan offenbar an die Sache heran-
ging, war auch Amsterdam. Inzwischen habe
man sich „nachdrücklich distanziert“, führte die
Stadt als weitere Begründung dafür an, nicht
genannt werden zu wollen. Besser wäre eine vor-
herige nachdrückliche Prüfung gewesen.
Das gilt allerdings ebenfalls für die voreilige
affirmative Berichterstattung über die Ergebnis-
se von Sullivans Buch, wie sie im Februar 2022
auch in dieser Zeitung erfolgt ist. Der Ruhm des
Namens Anne Frank verführt dazu, sich schnell
auf angeblich neue Fakten aus und zu ihrem Le-
ben zu stürzen. Es ist eine Krux, dass darunter
offenbar die Urteilsfähigkeit leidet. Immer wie-
der: Durch die jetzige Initiative der Stadt Amster-
dams bekommt das Buch nur unverdiente neue
Aufmerksamkeit. ANDREAS PLATTHAUS
SE I TE Z 6 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 74
Alfred, der
Schlächter
Im neunzehnten Jahrhundert kam es zu
einer Blüte der Presse-Illustrationen.
Welche Rolle sie für die politische
Meinungsbildung dieser unruhigen Zeit
spielte, zeigt nun ein prächtiger Bildband.
BILDER UND ZEITEN
Nein, aus der Hand des deutschen
Parlaments mag der Sohn von
Mutter Preußen die Kaiserkrone
nicht entgegennehmen. Das zeigt 1849
Ferdinand Schröder in seiner Karikatur.
Foto aus Düsseldorfer Monatshefte, April 1849 Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
A
ls Wolfgang Menzel 1828 spöt-
tisch die „Lesewut“ seiner Lands-
leute beschrieb, war das nicht aus
der Luft gegriffen: „Wohin wir
uns wenden, erblicken wir Bücher
und Leser. Auch die kleinste Stadt
hat ihre Leseanstalt, der ärmste Honoratior seine
Handbibliothek. Was wir auch in der einen Hand
haben mögen, in der andern haben wir gewiß im-
mer ein Buch.“
Die Ursache für dieses Verhalten, und auch da-
für, dass sich das soziale Spektrum derer, die über-
haupt lasen, in der Biedermeierzeit kontinuierlich
ausweitete, ist nicht zuletzt der technische Fort-
schritt der Zeit: Neue Druckmethoden erlaubten
eine sehr viel günstigere Produktion, zugleich ver-
besserten sich die Möglichkeiten, Bilder zu publi-
zieren. Davon profitierten nicht zuletzt die Zeitun-
gen und Journale, denn Menzels Beobachtung –
die er mühelos auch in anderen europäischen Staa-
ten hätte machen können – ist nicht vollständig
ohne den Blick auf die Leser der vielen Periodika,
die in dieser Zeit gegründet und verbreitet wurden.
Alexander Roob hat nun einen Prachtband zu
den Illustrationen zusammengestellt, die seit der
Biedermeierzeit und bis zum Ende des neunzehn-
ten Jahrhunderts in der Presse der publizistisch
wichtigsten Ländern erschienen sind. Es ist die
Zeit, in der sich das neue Medium der Fotografie
mit all ihren Vorformen langsam entwickelt und
schließlich auch die Zeitungen und Zeitschriften
bereichert. Zunächst aber dienen Grafiken dazu,
die Leser zu unterhalten, zu informieren, zu beleh-
ren – manchmal wird man zwischen diesen Zwe-
cken nicht groß unterscheiden. In Roobs material-
reichem und kundig kommentiertem Band wird
man all das finden, von dramatischen Zeichnun-
gen kleiner und großer Katastrophen (wie etwa
Dem König vor
Augen geführt:
Die Armen von
London als
Teil einer
Ausstellung, die
„Mr. Punch“
1850 veranstaltet
Alle Abbildungen aus
dem besprochenen Band
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
1848 standen sich
die „Wühler“ und
„Heuler“ der
Revolution noch
unversöhnlich
gegenüber. Ein Jahr
später gehen sie auf
Kaspar Brauns
Karikatur
gemeinsam nach
Amerika.
einem Ballonabsturz) über dokumentarische Bil-
der zu den sozialen Verhältnissen in Großstädten
bis hin zu Karikaturen, die eben diese Verhältnisse
anprangern und die Schuldigen benennen oder
tagesaktuelle politische Ereignisse kenntlich ins
Bild setzen.
Die Grafiker nutzen die Überzeugungskraft ihres
Mediums mit ganz simplen Mitteln aus, wenn etwa
im Frankreich der Julirevolution von 1830 der win-
zige König Charles X. mit seinem Dolch gegen ein
bajonettbewaffnetes Volk von 33 Millionen steht,
was der Größenvergleich noch nicht einmal aus-
schöpft. Andere spielen auf bekannte Texte an, so
etwa im Zuge der blutig niedergeschlagenen Pro-
teste von 1848/49 der Düsseldorfer Illustrator Henry
Ritter, der für seine satirisch verpackte Anklage von
Militärs wie dem Fürsten Alfred zu Windisch-
Graetz die Ästhetik des 1844 publizierten „Struw-
welpeter“ in Bild und Wort nutzt: „Schlächter war
des Alfred’s Vater / Schwein’ und Ochsen schlachten
that er / In nem Dorf in Oesterreich“, so hebt seine
Moritat an, und daneben sieht man den Feldmar-
schall karikiert in einschlägigen Posen.
Dabei ist das Mittel der politischen Karikatur
keineswegs auf das fortschrittliche Lager be-
schränkt, auch die Reaktion bespöttelt den Gegner
nach Herzenslust auf diese Weise. Was Roob ver-
sammelt, zeigt aber beide Seiten als gewillt, die
Auseinandersetzung so zu führen, dass Anders-
denkende mit denselben Mitteln darauf reagieren
können. Nur für Mächtige und Reiche gelten ande-
re Regeln, wenn etwa gegen Endes des Jahrhun-
derts ein korrupter Politiker als Geier dargestellt
wird. TILMAN SPRECKELSEN
Alexander Roob: „History of Press Graphics
1819–1921“. Dreisprachige Ausgabe. Taschen Verlag,
Köln 2023. 604 S., Abb., geb., 60,– €.
Was kann einer ausrichten,
wenn er ein ganzes Volk gegen sich
hat? So fragt die anonyme Karikatur
von 1830 (links). Bei Walter Cranes
Zeichnung von 1885 gilt die Wut dem
kapitalistischen Vampir.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG NR. 174 ( 1 ) · SE I TE 1
SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 RM Z IM INTE RNE T: www.faz.net/rmz

Zwei neue Unter Senioren eine leichte Tendenz nach links

Immer mehr über 60-Jährige in Hessen So wählten die über 60-Jährigen (Ü60) bei hessischen Landtagswahlen
Schulen in 1,64
Stimmenanteil in Prozent CDU FDP SPD Grüne Linke AfD Sonstige
Postbank-Bau Zahl der über 60-Jährigen
1,58 Gesamt-
ergebnis Ü60
Gesamt-
ergebnis Ü60
Gesamt-
ergebnis Ü60
Gesamt-
ergebnis Ü60
Gesamt-
ergebnis Ü60
in Hessen, in Millionen 1,52 100
FRANKFURT Die Stadt Frankfurt
kauft den ehemaligen Postbank-Ge-
nur deutsche Staatsbürgerschaft

1,47 1,48
3
5,1
4
4 5,4
4
7 5,2
4
6
7 Nimm
10,3 6,3
bäudekomplex an der Eckenheimer
Landstraße, um dort zwei neue In-
7,5
13,7 11,1 14 zwei
1,42
tegrierte Gesamtschulen einzurich- 1,41 80
ten. Das Grundstück ist mit 34 19,8 Von Manfred Köhler
1,38 32 26
45.000 Quadratmetern Fläche so 29,6 35
groß, dass dort außerdem weitere
23,7 eufel! Jetzt sind uns die Mün-
Schulen übergangsweise in mobilen
Bauten untergebracht werden könn-
ten. Bildungs- und Baudezernentin
Sylvia Weber (SPD) bezeichnete den
1,29

36
38
60

7,2
7
36,7

9 16
30,7

6
19,8
27
T chener schon wieder eine Na-
senlänge voraus. Hatten wir
nicht wieder und wieder geschrieben,
Ankauf am Freitag als „Boost für die 5 Frankfurt müsse aufpassen, im Metro-
Schulentwicklung in Frankfurt“. 35 16,2 5,0 7,5 polen-Wettbewerb nicht hinten
Über den Kaufpreis und andere De- 1,22 9,4
40 runterzufallen? Hat natürlich nie-
tails des Grundstücksgeschäfts sei 34
mand auf uns gehört, wie immer. Und
Stillschweigen vereinbart worden. 33 jetzt: München will ein zweites Auto-
Nach den Worten Webers eignen 32 32 53 35 kennzeichen! Nicht nur „M“. Sondern
sich sowohl Gebäude als auch 48,3 49 46 27,0
31 46 38,3 auch noch „MUC“. Zwei! Und Frank-
Standort sehr gut für eine Schule mit 20
30 Anteil der über 60-Jährigen 36,8 37,2 furt? Ja, hat natürlich nur eins. Wie eh
zeitgemäßer Pädagogik. Allerdings
an der Gesamtbevölkerung und je. Und keine Initiative, nirgends.
muss das denkmalgeschützte Büro-
in Hessen, in Prozent Der Magistrat: schläfrig, wie gewohnt.
gebäude im postmodernen Stil der
Achtzigerjahre, das vielen Frankfur- 13,1 Klar, kein Mensch weiß, warum
11
tern auch als Postgiroamt bekannt 28 4,1 2 München zwei Kennzeichen braucht.
ist, zuvor umfangreich umgebaut 0 Es gingen ihnen die Kombinationen
1995 1998 2001 2004 2007 2010 2013 2016 2019 2022 2003 2008 2009 2013 2018
werden. Mit einem Bezug der Lie- aus, heißt es. Es sei ja auch noch der
genschaft rechnet Weber für Ende Quellen: Forschungsgruppe Wahlen; Hessisches Statistisches Landesamt F.A.Z.-Grafik Walter
Landkreis dabei, wird argumentiert.
des Jahrzehnts. trau. Die ganzen E-Roller, sagen sie. Da
müsste man mal die Berliner fragen,

D
ie CDU glaubt zu wissen, was Ganz so hart würde es wohl nicht jeder

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Forschung im Schülerlabor
Wie die KI lernte,
eine Antilope zu erkennen
Geht doch!
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Widrigkeiten des Alltags
Skyline-Liveblog
Was in der Nacht und am Morgen
in Rhein-Main geschehen ist
Sorgen um Deutschland
Das Jagdschloss Niederwald bei
Rüdesheim gilt als „Ort der Demo-
kratie“. Dort stand vor 75 Jahren die
deutsche Verfassung auf der Kippe.
RHEIN-MAIN, SEITE 2
Eine unerklärbare Tat
Sie haben eine 94 Jahre alte Frau
so sehr vernachlässigt, dass sie starb:
Ein Frankfurter Gericht verurteilt
deshalb eine Frau und ihren Sohn.
DIE DREI, SEITE 3
Eine Krise zu viel
Die Frankfurter Modeboutique Noée
Fashion war mehr als nur ein Ort
zum Einkaufen. Doch nun ziehen
sich die Inhaberinnen zurück.
WIRTSCHAFT, SEITE 6
Pilze und Riesen
Eine Ausstellung im Frankfurter
Portikus führt in Leben und Werk
der 81 Jahre alten Künstlerin
Simone Fattal ein.
KULTUR, SEITE 14
Wetter
Mal Sonne, mal dichte
Wolken. Zum Teil
kräftige Schauer oder
Gewitter, lokal Unwetter möglich.
Höchstwerte bis 26 Grad.
Temperaturen Donnerstag Min. Max.
Flughafen Frankfurt 12° 19°
Feldberg im Taunus 10° 14°
Niederschlag Donnerstag 0 bis 24 Uhr
Flughafen Frankfurt 11,8 mm
Es geht voran
Sage noch einer, der Fortschritt sei
eine Schnecke. Anno 2023 titelt die
Uni Marburg auf ihrer Homepage:
„Uni macht Hörsaalgebäude fit für
das 21. Jahrhundert“. zos.
ältere Menschen wollen: Ge-
bührenfreies Studieren für Se-
nioren, Sicherheitsberater,
eine flexible Teilzeit-Rente, lokale Senio-
renbeiräte, ein alljährlicher Großeltern-
tag, und dass Bustickets und Formulare in
Behörden weiterhin auf Papier erhältlich
sind. 23 Punkte, mit denen sich die Partei
die Stimmen der älteren Wähler sichern
will, haben die Christdemokraten in
ihrem Programm für die hessische Land-
tagswahl aufgelistet.
Denn die Senioren gewinnen politisch
an Gewicht: Mehr als 1,6 Millionen der
4,3 Millionen Bürger, die am 8. Oktober
den neuen Landtag bestimmen können,
werden älter als 60 Jahre alt sein, wie das
Statistische Landesamt ermittelt hat. Die
Älteren stellen damit 38 Prozent aller
Volljährigen mit deutscher Staatsbürger-
schaft, größer ist keine andere Alters-
gruppe. Zum Vergleich: Anfang der
Neunzigerjahre gehörte nur jeder vierte
Wahlberechtigte in Hessen dazu.
Diese Zahlen dürften jene Partei inte-
ressieren, bei denen traditionell ältere
Wähler ihr Kreuz machen: Von den min-
destens 70 Jahre alten Wählern votierten
mehr als 43 Prozent für die Christdemo-
kraten, während die Partei im Gesamt-
ergebnis nur 27 Prozent erhielt.
Dieses Verhalten war zuletzt auch bei
der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt
zu beobachten: Ohne die 60-plus-Gene-
ration hätte es CDU-Mann Uwe Becker
im März nicht einmal in die Stichwahl
geschafft: Bei allen jüngeren Altersgrup-
pen lag er auf dem dritten Platz. Doch da
58 Prozent der Älteren für ihn votierten,
konnte nach der Endabrechnung Becker
statt Grünen-Kandidatin Manuela Rott-
mann in die Stichwahl einziehen – wo er
knapp Mike Josef (SPD) unterlag. Hät-
ten nur die Älteren am 26. März abge-
Hunderte illegale Ferienwohnungen entdeckt
FRANKFURT/DARMSTADT Städte gehen mit hohen Bußgeldern gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vor
Im Kampf gegen illegale Vermietungen
von Ferienwohnungen hat die Stadt
Frankfurt in den vergangenen Jahren
Bußgelder von insgesamt zwei Millionen
Euro verhängt. Seit Erlass einer Regelung
gegen die Zweckentfremdung von Wohn-
raum im Jahr 2018 habe man insgesamt
700 Verfahren eingeleitet, teilte
eine Sprecherin der Stadt auf Anfrage der
Deutschen Presse-Agentur mit. Über
1050 illegal vermietete Apartments habe
die Bauaufsicht in dieser Zeit aufgespürt.
Den Angaben zufolge sind diese Ver-
fahren das Ergebnis von Recherchen auf
gängigen Vermietungsplattformen so-
wie von Hinweisen aus der Bevölkerung.
Denn wer eine ungenehmigte Ferien-
wohnung entdeckt hat, kann dies per
E-Mail an die Bauaufsicht Frankfurt
melden. Ein Verstoß kann dann eine
Geldbuße von bis zu 25.000 Euro nach
sich ziehen.
Dass Wohnraum knapp ist und deshalb
nicht zweckentfremdet werden darf, zum
Beispiel als Ferienwohnung, haben die
Stadt Frankfurt 2018 und die Stadt Darm-
stadt 2021 in der sogenannten Ferien-
wohnungssatzung festgelegt. Ziel dieser
Satzung ist der Schutz des bestehenden
Wohnraums. Laut Bauaufsicht Frankfurt
besagt sie, dass „jede Form der Nutzung
von Wohnraum als Ferienwohnung oder
zu Zwecken der Fremden-Beherbergung
einer Genehmigung“ bedarf.
Anteil älterer
Wähler so
hoch wie nie
RHEIN-MAIN Bei der Landtagswahl im Herbst
werden Wähler über 60 Jahre die meisten
Stimmen abgeben. Davon will gerade die
CDU profitieren. Doch der Trend zeigte
zuletzt in eine andere Richtung.
Von Falk Heunemann
stimmt, wäre Becker das Frankfurter
Stadtoberhaupt.
Dazu kommt, dass Wähler über 60 Jah-
re nicht nur eher für konservative Partei-
en stimmen, sondern auch eher zur Wahl
gehen. 2018 gaben fast drei Viertel der
Älteren ihre Stimmen ab, bei den Alters-
gruppen unter 35 war es nur die Hälfte.
Aus solchen Zahlen wird herausge-
lesen, dass die demographische Ent-
wicklung für die CDU ein Wahlvorteil
sei. Doch die Schlussfolgerung, dass
Wähler, je älter sie würden, umso kon-
servativer würden und folglich auch
konservativere Parteien wählten als in
Auch in Darmstadt konnte die Bauauf-
sicht seit Inkrafttreten der Regelung 2021
bereits 129 Verstöße feststellen. Es sei in
diesen Fällen gelungen, 63 Wohneinhei-
ten mit einer Gesamtflächenanzahl von
4358 Quadratmetern als Wohnraum zu-
rückgewinnen, teilte ein Sprecher der
Stadt mit. Ähnlich wie in Frankfurt kön-
Rege Bautätigkeit: Wohnraum fehlt in Frankfurt dennoch.
ihrer Jugend, ist falsch. „Das Alter allein
kann Unterschiede im Wahlverhalten
nicht erklären“, heißt es etwa in einer
Studie zum Wahlverhalten, welche die
CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung
vor zwei Jahren erstellt hat. Wichtiger
seien Faktoren wie Bildung und Ein-
kommen sowie individuelle Werteein-
stellungen. Der Duisburger Politikwis-
senschaftler Achim Goerres spricht gar
von einem „Mythos“. Es lasse sich
schlicht nicht belegen, dass Menschen
mit zunehmendem Alter immer konser-
vativer würden und dementsprechend
wählten.
ne ein Bußgeld von bis zu 25.000 Euro
verhängt werden. Da beim Amt für Woh-
nungswesen Anfang Juni insgesamt 2618
Haushalte für den Erhalt einer sozial ge-
förderten Wohnung registriert waren,
werde jeder Wohnraum gebraucht, sagte
Bürgermeisterin Barbara Akdeniz (Grü-
ne) auf Anfrage. Vor diesem Hintergrund
Foto dpa
Wissenschaftler formulieren. In ihren
unterschiedlichen Erklärungsansätzen
spielt tatsächlich das Alter eine eher unter-
geordnete Rolle. Die hohen Stimmenan-
teile für die CDU ließen sich unter ande-
rem damit erklären, wann die Wähler
politisch sozialisiert wurden und welche
Parteienbindung sie damals aufbauten.
Bei den heute über Sechzigjährigen waren
es die Achtzigerjahre, sie sind in diesem
Sinne die Generation Kohl.
Andere Ansätze fragen nach dem sozia-
len Umfeld der Wähler, von welchen Par-
teien sie sich den höchsten Nutzen ver-
sprechen, oder welchen sozialen Milieus
sie aufgrund ihres Einkommens und der
Grundorientierung zugeordnet werden
können. Langfristige Bindungen wie Reli-
gion oder Gewerkschaftsmitgliedschaft
spielen dagegen eine immer geringere
Rolle. Die Bereitschaft, auch mal eine an-
dere Partei zu wählen oder sich zeitweise
zu enthalten, hat dagegen zugenommen.
Dass die CDU sich also nicht einfach
darauf verlassen kann, auch in Zukunft bei
den Älteren eine Mehrheit zu haben, zei-
gen auch die hessischen Zahlen. In den
vergangenen 20 Jahren ist auch unter den
über Sechzigjährigen der Anteil jener, die
konservative Parteien gewählt haben,
deutlich zurückgegangen. 2018 hatte die
CDU ihre größten prozentualen Verluste
nicht etwa bei den Jüngeren hinzuneh-
men, sondern in der Altersgruppe zwi-
schen 60 und 70. Zugleich kamen die Grü-
nen in dieser Altersgruppe schon auf 20
Prozent – genauso viel wie bei den Wäh-
lern zwischen 25 und 35. Und selbst bei
den Wählern über 70 verdreifachte sich
damals der Stimmenanteil für die Grünen.
Dieser Zugewinn ging zwar hauptsächlich
auf Kosten der SPD. Er zeigt aber, das eine
alternde Bevölkerung der CDU keinen
Wahlsieg garantiert.
wünsche sie sich eine landesweite Rege-
lung, die etwa die Ahndung von Leer-
ständen möglich mache.
Ein Gesetz zur Wohnraumzweckent-
fremdung auf Landesebene wurde 2004
außer Kraft gesetzt. Seitdem gibt es in an-
deren hessischen Großstädten, die nicht
selbständig nachgelegt haben, keine ver-
gleichbaren Satzungen mehr. Nach Anga-
ben von Kommunen ist es deshalb etwa
in Kassel, Gießen und Offenbach auch
nicht möglich, zweckentfremdete Woh-
nungen zu melden.
Allerdings sei ein solches Gesetz dort
auch nicht nötig, wie die Städte auf An-
frage mitteilen. Da etwa Offenbach, an-
ders als Frankfurt, keine großen Touris-
tenmengen anziehe, sei auch die Anzahl
der Wohnungen, die dem regulären Woh-
nungsmarkt entzogen würden, um eini-
ges geringer, teilte ein Sprecher der Stadt
Offenbach mit. Auch in Kassel ist die
Leerstandsquote laut Angaben der Stadt
sehr gering. 2020 habe sie beispielsweise
nur 2,2 Prozent betragen.
Der Ferienwohnungssatzung zufolge
ist das Vermieten einer ganzen, selbst ge-
nutzten Wohnung nur acht Wochen im
Jahr erlaubt. Über diesen Zeitraum hi-
naus müssen die erzielten Gewinne in
Frankfurt an die Stadt abgeben werden.
Jegliche Vermietung dieser Art muss zu-
dem vorher durch die städtische Bauauf-
sicht genehmigt werden. lhe.
wie sie das machen. Aber egal. Nicht
genug, dass die Münchener mehr
Dax-Konzerne als Frankfurt haben.
Dass das Oktoberfest, seien wir ehr-
lich, die Dippemess’ schlägt. Dass sie
an der Isar nackt auf der Wiese lie-
gen, am Main aber nicht. Jetzt auch
noch das! Echte Metropolen, so
könnte sich festsetzen, erkennt man
daran, dass sie mit einem einzigen
Autokennzeichen nicht hinkommen.
Ein Elend für Frankfurt.
Nein, jetzt nicht darüber nachden-
ken, ob Frankfurt auch noch „FRA“
braucht. Oder „FFM“. Oder gar
„FUT“, wie ein Kollege uns gerade zu-
rief und hinterherschob, die Buchsta-
ben kämen doch alle im Namen der
Stadt vor. Das wären ja alles billige
Kopien der bayerischen Idee. Frank-
furt muss jetzt schleunigst etwas ande-
res verdoppeln, um gleichzuziehen.
Nicht nur ein einziges neues Opern-
haus bauen, sondern zwei! Nicht nur
eine Altstadt, sondern noch eine! Not-
falls zwei Oberbürgermeister, das hät-
te sonst niemand, weltweit! Vielleicht
Petra Roth zurückholen? Beim jüngs-
ten Neujahrsempfang war sie die Kö-
nigin auf dem Parkett. Mike Josef und
Petra Roth als Duo im Römer:
„Traumpaar“ wäre noch untertrieben.
Das Einzige, was uns beruhigt, ist,
dass „MUC“ so blöd klingt. Münche-
ner, die etwas auf sich halten, werden
sich doch wohl mit Händen und Fü-
ßen wehren, dass derlei an ihren 7er-
BMW geschraubt wird! Mit drei
Buchstaben fällt man schließlich
auch in die Kategorie von Orten, die
MED, MEK oder MEL als Kennzei-
chen haben und die zu Recht nie-
mand kennt. Die letzte Hoffnung
also: dass die Münchener den neu-
modischen Kram boykottieren.
Aber verlassen kann man sich da-
rauf nicht. Noch reicht es für einen
Gegenschlag. „MUC“ soll in Mün-
chen erst von Oktober an ausgege-
ben werden. Genügend Zeit für
Frankfurt, angemessen und mit einer
klaren Geste der geistigen Souverä-
nität zu reagieren. Der Städtewettbe-
werb ist knochenhart, es müssen die
Besten ran. Herr Oberbürgermeister,
übernehmen Sie!
„Heimat“ kommt
mit Edgar Reitz
FRANKFURT Das Deutsche Filmins-
titut und Filmmuseum wird den Au-
gust über ein Meisterwerk der Film-
geschichte in voller Länge zeigen.
Von 4. August an sind alle 13 Folgen
von Edgar Reitz’ „Die zweite Heimat
– Chronik einer Jugend“ (1988–92)
mit insgesamt 26 Stunden Spieldauer
zu sehen. Anlass sind das Erscheinen
von Reitz’ Autobiographie „Filmzeit,
Lebenszeit“ und die Fertigstellung
der restaurierten digitalen Fassung.
Die in sich meist abgeschlossenen
Teile sind einzeln oder mit einer
Dauerkarte zu buchen. Am 12. Au-
gust präsentiert Reitz selbst mit sei-
ner Frau, der in Nidda geborenen Sa-
lome Kammer, die Clarissa spielte,
die Folgen 7 und 8. Die Frankfurter
Schauspielerin Anke Sevenich, die
„Schnüsschen“ spielte, wird am 20.
August dabei sein. emm.
SE I TE 2 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Krisensitzung
hoch über dem
Rhein
RÜDESHEIM Das einsam im Wald oberhalb von
Rüdesheim gelegene Jagdschloss Niederwald ist
jetzt als „Ort der Demokratie“ anerkannt
worden. Denn die deutsche Verfassung stand
hier vor 75 Jahren auf der Kippe.
Am Ende stimmten die Ministerpräsidenten
einem Kompromiss zu.
Von Oliver Bock
O
b die elf westdeutschen Mi-
nisterpräsidenten im Som-
mer 1948 bisweilen die Mu-
ße hatten, den spektaku-
lären Ausblick vom
Niederwald ins Rheintal und den filigra-
nen Rüdesheimer Riesling zu genießen,
ist nicht überliefert. Anzunehmen ist,
dass ihre Konzentration vor allem der
Zukunft Deutschlands galt.
Denn am 2. Juni vor 75 Jahren hatte
eine Konferenz der drei westlichen Sie-
germächte und der Benelux-Staaten Nie-
derlande, Belgien und Luxemburg – unter
Ausschluss der Sowjetunion – grundsätz-
liche Einigung über die Neuordnung der
Nachkriegsgrenzen erzielt. „Weststaatlö-
sung“ hieß dieser Konsens, um aus den
drei nicht sowjetisch besetzten Zonen
einen demokratischen und föderalisti-
schen Staat entstehen zu lassen. Ein Kon-
sens, der am 1. Juli 1948 in den „Frank-
furter Dokumenten“ niedergelegt wurde.
Die deutschen Ministerpräsidenten
waren damit nicht zufrieden. Bei ihrer
Tagung vom 8. bis 10. Juli berieten sie
sich darüber im Hotel „Rittersturz“ in
Koblenz. Ihre Sorge: Würde ein west-
deutscher Staat mit eigener Verfassung
die Teilung nicht noch weiter vertiefen
und zementieren? In ihren „Koblenzer
Beschlüssen“ warben sie dafür, statt einer
deutschen Verfassung nur eine Art Orga-
nisationsstatut auszuarbeiten. Doch die
alliierten Militärgouverneure lehnten un-
mittelbar und kurzerhand ab.
Zur nächsten Krisensitzung trafen sich
die Ministerpräsidenten im Grünen Sa-
lon des Jagdschlosses Niederwald. Zwei
weitere Zusammenkünfte sollten folgen.
K
opfkissen und Bettdecken
liegen fein säuberlich ver-
packt auf den mit hellblauen
Spannbettlaken bezogenen
Matratzen der beiden Etagenbetten aus
Metall. Auf dem Tisch davor stehen Kas-
serollen, Töpfe und Pfannen, mit durch-
sichtiger Plastikfolie vor Staub ge-
schützt. Oben auf jedem der vier Stapel
mit Kochgeschirr liegt ein Pfannenwen-
der aus Holz. Einen Schritt entfernt ste-
hen in dem für vier Bewohner ausgeleg-
ten Raum zwei Kühlschränke. Alles neu.
Was noch fehlt, sind die Flüchtlinge. Sie
sollen im September in die weißen Ge-
bäude einziehen. Die Bauten – sie ste-
hen für die Erstaufnahmeeinrichtung
des Wetteraukreises auf dem Gelände
der ehemaligen Kaserne in Friedberg.
Die von Landrat Jan Weckler (CDU)
geleitete Kreisverwaltung wird in Nach-
barschaft schon seit Jahren verwaister
Kasernengebäude eine besondere Ge-
meinschaftsunterkunft betreiben. Ge-
meinhin führt nur das Land in Hessen
solche Einrichtungen mit dieser Be-
zeichnung. Dazu gehört eine für 1000
Flüchtlinge in Nachbarschaft der neuen
Gemeinschaftsunterkunft des Landkrei-
ses. Das Kreishaus in Friedberg geht
diesen Weg aber nicht von ungefähr:
Zum einen weist es den Städten und Ge-
meinden seit Juli auch Asylbewerber di-
rekt zu und nicht mehr nur Ukrainer.
Zum Zweiten will der Landkreis den-
noch den Kommunen die mit den
Flüchtlingen verbundene Arbeit erleich-
tern. Dies soll durch einen neuen Ser-
vice aus einer Hand in der eigenen Erst-
aufnahme gelingen, wie Weckler
während einer Besichtigung sagt.
Demnach übernehmen Beschäftigte
des Kreises gemeinsam mit den neu an-
kommenden Schutzsuchenden die not-
wendigen Behördengänge. Ähnlich
verfährt der Lahn-Dill-Kreis in Heister-
berg. Friedberg bietet sich wegen der
kurzen Wege an: In der Kreisstadt sit-
zen die Ausländerbehörde und der
Fachbereich Migration des Wetterau-
kreises, hinzu kommen Jobcenter und
Sparkasse. Schließlich benötigen die
Flüchtlinge ein Konto. Und auf dem al-
ten Kasernengelände ist genug Platz für
die Leichtbauhallen des hessischen
Unternehmens Röder und die Contai-
ner mit Toiletten und Duschen, wie sie
etwa Marathonläufer nach Volksläufen
nutzen. Hinzu kommen Container mit
Küchen. Denn für sich kochen sollen
die Flüchtlinge in diesen Räumen und
nicht etwa in den Hallen. Sonst schlägt
rasch der Rauchmelder Alarm.
Die letzte am 31. August 1948, damit am
1. September in Bonn der Parlamentari-
sche Rat unter der Präsidentschaft von
Konrad Adenauer seine Arbeit aufneh-
men konnte, um ein Grundgesetz – keine
„Verfassung“ – auszuarbeiten. Das war
der Kompromiss: Statt einer Verfassung
ein Grundgesetz als Provisorium, das die
Wiedervereinigung nicht abschreiben
sollte. Ein Jahr später, im Mai 1949, wur-
de das Grundgesetz verkündet.
Der Vorsitzende der Gesellschaft zur
Erforschung der Demokratiegeschichte
und Gründungsdirektor der Stiftung „Or-
te der deutschen Demokratiegeschichte“,
Kai-Michael Sprenger, hat der Verwal-
tung der „Staatlichen Schlösser und Gär-
ten Hessen“ als Eigentümerin des Jagd-
schlosses kürzlich nun eine Plakette
überreicht, die es als Ort der Demokra-
tiegeschichte ausweist.
Als das Schloss erbaut wurde, war die
deutsche Demokratie freilich noch in
weiter Ferne. Johann Friedrich Maximi-
lian Graf von Osten hatte das Schloss in
den Jahren zwischen 1764 und 1766 nach
den Plänen von Anton Süß als Sommer-
sitz errichten lassen. Es wurde in den
Jahrzehnten danach sukzessive erweitert
um Wohnungen, Lagergebäude und ein
Wirtshaus. Im Jahr 1853, einige Jahr-
zehnte nach dem Tod des Grafen, über-
nahm das Herzogtum Nassau das Schloss,
das dadurch 1866 in preußischen Besitz
geriet. 1925 war das Schloss durch einen
Brand stark beschädigt und anschließend
als Hotel wieder aufgebaut worden.
Im Grünen Salon zeigt die Verwaltung
der Staatlichen Schlösser und Gärten der-
zeit eine große Informationswand zur Rol-
Winterfest: Die Leichtbauhallen in den früheren Ray Barracks
Kreis mit eigener Erstaufnahme
FRIEDBERG Leichtbauhallen für 150 Flüchtlinge / „Kurze Wege für alle notwendigen Formalitäten“
Plätze für annähernd 150 Menschen
finden sich in den beiden auf neuen
Fundamenten aufgestellten Leichtbau-
hallen. Wer die Bauten betritt, läuft auf
hellem Laminat und sieht weiß lami-
nierte Wände und massive Türen. Je-
weils neun Türen gehen links wie rechts
vom Flur ab. So lässt sich die Zahl der
Plätze leicht ermitteln. Innerhalb von 14
Tagen sollen die Neuankömmlinge die
bürokratischen Hürden mithilfe der
Kreisbeschäftigten nehmen, danach will
der Kreis sie an die Städte und Gemein-
den weiterleiten.
Dies geschieht nach einem bestimm-
ten Schlüssel. Der Landkreis berück-
sichtigt außer der Einwohnerzahl der
jeweiligen Kommune auch, ob die Stadt
Rhein-Main
Illustre Runde: Die Liste der Teilnehmer der Konferenz und ihre Unterschriften
le des Jagdschlosses als Tagungsort im
Sommer 1948. Unter den elf Ministerprä-
sidenten waren damals Christian Stock
(SPD) für Hessen, Karl Arnold (CDU) für
Nordrhein-Westfalen und Johann Peter
Altmeier (CDU) für Rheinland-Pfalz. Die
hessische Schlösserverwaltung, die auch
das Niederwalddenkmal und den umge-
benden Park verwaltet, macht mit der
kleinen Ausstellung zur Demokratiege-
schichte und den drei Niederwaldkonfe-
renzen nach eigenen Angaben erstmals
eine ihrer Sehenswürdigkeiten als einen
„Ort der Demokratie“ sichtbar.
„Das Jagdschloss Niederwald gehört
ohne Zweifel zu den wichtigen, aber bis-
lang noch zu wenig bekannten Orten der
deutschen Demokratiegeschichte“, sagte
Sprenger anlässlich der Übergabe der
Plakette. „Im Jagdschloss Niederwald ha-
Foto Lucas Bäuml
oder die Gemeinde bisher bei der Auf-
nahme im Soll liegt, ob sie darunter
rangiert oder ob sie, wie etwa Butzbach,
Nidda und Ortenberg, mehr Flüchtlinge
aufgenommen hat, als sie gemusst hät-
te. Büdingen und Friedberg weist der
Kreis keine Flüchtlinge zu, denn in bei-
den Städten betreibt das Land jeweils
eine Erstaufnahme. Nach gut drei Wo-
chen mit dem neuen Verfahren äußert
sich Weckler zufrieden. Die Zusam-
menarbeit mit den 23 Kommunen sei
unter den neuen Vorzeichen erfreulich
angelaufen.
Derzeit kommen in der Wetterau wö-
chentlich etwa 35 Flüchtlinge an, die das
Land zuweist. Aber dabei wird es nicht
bleiben. Landrat bereitet die Kommu-
ben Männer, die in Konzentrationslagern
die Diktatur des Nationalsozialismus
überlebt hatten, zentrale Beiträge für das
demokratische Fundament des zukünfti-
gen Deutschland entwickelt“, ergänzt die
Leiterin des Fachgebiets Museen der
Schlösserverwaltung, Katharina Bechler.
Das Jagdschloss sei daher „ein Ort des
demokratischen Aufbruchs und der ge-
sellschaftlichen Verantwortung“.
Laut Sprenger ist das Jagdschloss für
die Verfassungsgeschichte der Bundes-
republik von Bedeutung, denn die dorti-
gen Konferenzen stünden in direktem
Zusammenhang mit der sogenannten
Rittersturzkonferenz sowie dem Verfas-
sungskonvent Herrenchiemsee. Diese
seien schon auf der digitalen Deutsch-
landkarte zu den Orten der Demokratie-
geschichte verzeichnet. Es sei wichtig,
Bezugsfertig: Zimmer in der neuen Kreis-Erstaufnahme in Friedberg
nen auf einen anschwellenden Zustrom
vor. An den Außengrenzen der Europäi-
schen Union landeten mehr Schutzsu-
chende an als jemals zuvor, erläutert er
die Lage jenseits der deutschen Gren-
zen. Ein Teil dieser Flüchtlinge werde
an Deutschland weitergereicht und auf
die Bundesländer verteilt.
„Deutschland hat eine Verteilung, die
funktioniert“, sagt der in Gießen ansäs-
sige mittelhessische Regierungspräsi-
dent Christoph Ullrich. Zwar ist sein
Kollege in Darmstadt zuständig für die
Wetterau. Doch seine Behörde küm-
mert sich historisch bedingt in Hessen
um Flüchtlinge. Schließlich gibt es in
der Stadt an der Lahn seit Jahrzehnten
das größte Flüchtlingslager in Hessen,
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Foto Michael Hinz
das Jagdschloss im Kontext zum anste-
henden Jubiläum des Grundgesetzes
künftig sichtbarer zu machen.
Im Rheingau ist schon ein anderes Ge-
bäude in diesem Demokratie-Atlas ver-
zeichnet: das einstige Wohnhaus des Libe-
ralen Adam von Itzstein, wo sich zwischen
1832 und 1847 der „Hallgartener Kreis“
versammelte, dem unter anderen Heinrich
von Gagern, Friedrich Hecker und Hof-
mann von Fallersleben angehörten und
der die Nationalversammlung 1848 in
Frankfurt zur Gründung der ersten deut-
schen Demokratie mit vorbereitete.
Nähere Informationen gibt die Stiftung
auf ihrer Internetseite www.demokratie-
geschichte.de. Die Präsentation ist im
Grünen Salon des Jagdschlosses zugäng-
lich. Im August soll sie ins Foyer des
Schlosses umziehen.
Foto Lucas Bäuml
mittlerweile Zentrale Erstaufnahme-
einrichtung genannt.
„Ich kenne von 2015 noch Zelte, in
denen wir Flüchtlinge untergebracht ha-
ben – da liegen Welten dazwischen“, sagt
Ullrich angesichts der Leichtbauhallen.
„Wir machen hier gute Arbeit, und die
zeigen wir auch“, sagt der Behördenlei-
ter. Und fügt mit Blick auf die zu erwar-
tenden Flüchtlinge: „Wir müssen letztlich
nehmen, was bei uns ankommt.“ Alles
andere seien Fragen, die auf europäischer
Ebene zu beantworten seien, sagte der
Regierungspräsident. Ihm sei es wichtig,
den Menschen jenseits des Zauns um das
Kasernengelände diese Hallen zu zeigen.
Um Gerüchten jedweder Art den Boden
zu entziehen. thwi.
Neuer Umgang mit
Flüchtlingen
Von Thorsten Winter
rstaufnahme-Einrichtungen
E für Flüchtlinge betreibt in
Hessen traditionell allein das
Land. In Gießen steht seit Jahrzehn-
ten die Zentrale Erstaufnahme. Hin-
zu kommen Außenstellen wie jene
in Büdingen oder Friedberg. Doch
im September wird in der Kreisstadt
der Wetterau eine zweite Erstauf-
nahme ihren Betrieb aufnehmen.
Betreut wird sie aber nicht vom Re-
gierungspräsidium Mittelhessen –
Hausherr ist der Wetteraukreis.
Die zu diesem Zweck aufgestell-
ten Leichtbauhallen auf dem ver-
waisten früheren Kasernengelände
sind ein Novum. Landkreise betrei-
ben zwar größere Gemeinschafts-
unterkünfte – mit der eigenen Erst-
aufnahme geht das Kreishaus in
Friedberg aber einen Schritt weiter.
Das Vorhaben, das einem Projekt
des Lahn-Dill-Kreises ähnelt, könn-
te ein Vorzeigemodell werden.
Denn der Wetteraukreis will dort
neu zugewiesene Schutzsuchende
nicht einfach nur unterbringen, die
Erstaufnahme soll vielmehr die Auf-
gabe einer Servicestelle erfüllen. Die
Idee, für die Flüchtlinge alle üblichen
Formalitäten am Ort zu erledigen,
klingt bestechend. Zumal sich in
Friedberg die Ausländerbehörde und
der Fachbereich Migration der Kreis-
verwaltung befinden, außerdem das
Jobcenter und die Sparkasse, bei der
Flüchtlinge ein erstes Konto erhal-
ten. Innerhalb von zwei Wochen soll
alles erledigt sein und jeder Flücht-
ling fertig für die jeweils nächste Sta-
tion in einer Stadt oder Gemeinde in
der Wetterau.
Das vom Kreis geplante Rundum-
sorglos-Paket ist dabei aber nur eine
Seite der Medaille – die andere steht
für die neue Linie in der Zuweisung
der Flüchtlinge. Denn seit Anfang
Juli reicht das Kreishaus aus Mangel
an Kapazitäten in seinen Gemein-
schaftsunterkünften auch die Welt-
flüchtlinge durch. Das bedeutet für
die Kommunen mehr Arbeit. Da
kommt ihnen der neue Service aus
Friedberg gerade recht.
Landrat Weckler spricht aber nicht
von ungefähr nur von einer Atem-
pause. Zum Jahresende hin steigt die
Zahl der Flüchtlinge meist, und das
wird dieses Jahr nicht anders sein.
Die Städte und Gemeinden sind mit-
hin gut beraten, sich auf diesen Zu-
zug vorzubereiten. Und im Zweifel
Plätze für Leichtbauhallen zu suchen.
Hoffnung für
bedrohtes Heim
BAD NAUHEIM Im Falle eines der
drei von der Schließung bedrohten
Pflegeheime der Dorea-Gruppe in
der Kurstadt an der Usa bahnt sich
eine Wende an. Ein anderer Betrei-
ber ist demnach an der Übernahme
des Hauses Württemberg interes-
siert. Bei dem Interessenten handele
es sich um die Vonberg Haus Ale-
xandra GmbH. Sie betreibe in Ebs-
dorfergrund zwischen Gießen und
Marburg ein Heim mit Bewohnern,
deren Bedürfnisse denen der pflege-
bedürftigen Menschen im Haus
Württemberg ähnlich seien.
Vonberg sei mit Dorea und anderen
Beteiligten im Austausch für einen
Weiterbetrieb des Heims in Bad Nau-
heim. Auch für ein weiteres Haus in
der Kurstadt hat Dorea einen Interes-
senten. Zuletzt hieß es, die Gespräche
über eine mögliche Übernahme des
Betriebs liefen noch.
Traktor-Anhänger
thwi.
verursacht Unfall
HEPPENHEIM Ein Traktor-Anhänger
ist auf der B 460 in Heppenheim auf
die Gegenfahrbahn geraten und dort
mit zwei Fahrzeugen zusammenge-
prallt. Der 73 Jahre alte Fahrer und
die 29 Jahre alte Fahrerin der Autos
kamen verletzt in Krankenhäuser,
wie die Polizei am Freitag mitteilte.
Der Unfall passierte am Donners-
tagnachmittag in einer Rechtskurve
zwischen den Heppenheimer Stadt-
teilen Kirschhausen und Wald-Erlen-
bach – wegen eines technischen De-
fekts, wie es hieß. Die B 460 musste
laut Polizei vier Stunden lang ge-
sperrt werden. An den Fahrzeugen
entstand ein Schaden in Höhe von
mehr als 50.000 Euro. lhe.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
I
m Jahr 2014 nimmt das seinen
Ausgang, was die Staatsanwältin in
ihrem Plädoyer vor dem Landge-
richt Frankfurt eine „Entwicklung
mit Ansage“ nennt. Es geht um
Totschlag durch Unterlassen und Miss-
handlung Schutzbefohlener. Auf der An-
klagebank sitzen eine 62 Jahre alte Frau
und ihr jüngster Sohn, 27, Tochter und En-
kel der Frau, über deren Tod hier verhan-
delt wird. Vier Jahre hat es gedauert, bis
der Prozess beginnen konnte. Die Justiz ist
überlastet – von Überlastung wird auch in
dem Verfahren viel die Rede sein. Und ge-
nau so lang wie die Vorgeschichte des Pro-
zesses ist auch die Vorgeschichte des
Unterlassens, das den beiden Angeklagten
vorgeworfen wird.
2014 nimmt die Angeklagte ihre Mutter
zu sich, die nach einem Sturz im Kranken-
haus behandelt werden muss. Außer
einem Bruch des Oberschenkels, der sie
erst gehbehindert und schließlich gänzlich
immobil macht, wird bei der Seniorin eine
beginnende Demenz festgestellt. „Es ging
dann schicksalhaft weiter“, formuliert es
die Staatsanwältin. Der älteste Sohn der
Tochter stirbt Ende 2015 nach seiner letz-
ten Herzoperation. Für Trauer ist keine
Zeit und kein Platz. Die Tochter fühlt sich
verpflichtet, ihre Mutter zu betreuen, „et-
was zurückzugeben“ von der Fürsorge, mit
der die Mutter sich um sie und ihre Kinder
gekümmert hatte. Ihr Verhältnis war in-
nig. Die Angeklagte schildert in ihrer Ein-
lassung am ersten Verhandlungstag ihr be-
hütetes Aufwachsen in einem liebevollen,
toleranten Elternhaus, das ihr später auch
Betreuung und Erziehung ihrer drei Kin-
der abnahm, damit sie arbeiten gehen
konnte. Es klingt nach einem lange Zeit
wenig erwachsen geführten Leben, in dem
die gelernte Fremdsprachenkorrespon-
dentin sich ganz auf ihren Job konzentrie-
ren konnte. Das Geld war knapp, ihr
Mann, der Vater ihrer Kinder, hatte sie
nach sechzehn Jahren Ehe verlassen und
zahlte keinen Unterhalt.
„Es sah so leicht aus, wie sie mich und
meine Kinder versorgt hat, aber es ist et-
was komplett anderes als bei einem er-
wachsenen Menschen“, sagt die Angeklag-
te über ihre Mutter. Und dazu die Demenz:
„Wenn man sieht, wie der Mensch, den
man sein ganzes Leben kennt, verschwin-
det . . . sie wusste nicht mehr, wer ich war.“
„Wer sind Sie denn? Was wollen Sie von
mir?“, habe die Mutter zu ihr gesagt.
W
ährend sie in Vollzeit
arbeitet, bleibt sie mit
der Mutter im Haus, die
2016 abermals stürzt
und wieder ins Kranken-
haus muss. Im Entlassungsbrief steht, eine
24-Stunden-Pflege sei im Anschluss erfor-
derlich. Die Demenz ist mittlerweile so
schnell fortgeschritten, dass die alte Frau
nun Pflegestufe IV hat. Sie ist „orientie-
rungslos“, erinnert sich nicht an die Na-
men von Tochter und Enkeln und kann
nur noch mühsam einige Meter alleine be-
wältigen. Tochter und Enkel lassen sich zu
den gesetzlichen Vertretern bestellen, ob-
wohl der Enkel zu dem Zeitpunkt erst
neunzehn Jahre alt ist und nach den Wor-
ten der Angeklagten seit dem Tod ihres
ersten Sohnes sowieso „nichts mehr ist,
wie es vorher war“. Sie hat eine Depres-
sion und kann sich nur noch zum Allernö-
tigsten aufraffen.
Oma, Tochter und Enkel führen ein Le-
ben zu dritt in der Wohnung, die Oma im
alten Kinderzimmer des verstorbenen
Sohnes, als würde sich alles irgendwie von
alleine wieder finden, ohne Hilfe. Vor Ge-
richt beschreibt die Angeklagte die Situa-
tion so: „Irgendwie steckt man in einem
Tunnel und macht einfach weiter.“
Sie geht also arbeiten, guckt in der
Mittagspause nach der Mutter, der En-
kel beginnt eine Ausbildung, versucht
sich nebenbei um die Oma zu kümmern.
Externe Hilfe suchen die beiden nicht.
Es gibt keinen Hausarzt, der ab und zu
vorbeischaut, niemand nimmt Kontakt
mit der Pflegekasse auf, sodass das Pfle-
gegeld 2016 gekürzt wird. Von außen
betrachtet funktionieren beide; um sich
um ihre eigenen Angelegenheiten zu
kümmern, fehlt ihnen die Kraft. Weil
sie die Oma nicht ummelden, friert die
Rentenkasse die Zahlungen der Wit-
wenrente ein, da kein Wohnort zu er-
mitteln ist.
Im Prozess wird rasch klar: Ein finan-
zielles Motiv, die Dinge laufen zu lassen,
gab es deshalb nicht. Im Gegenteil.
Irgendwann verschlechtert sich der All-
gemeinzustand der alten Dame drama-
tisch. Sie wehrt sich gegen die Pflege, muss
zum Essen und Trinken gezwungen wer-
den. Da sie sich alleine nicht mehr bewe-
gen kann und nicht regelmäßig umgela-
gert wird, wachsen Druckgeschwüre an
ihrem ganzen Körper. In Krankenhäusern,
Pflegestationen und bei Querschnittspa-
tienten sind diese gefürchtet, werden sorg-
fältig beobachtet und mit schnellen
Gegenmaßnahmen einzufangen versucht.
Äußere Entzündungen wachsen schnell in
den Körper hinein. Das nicht gewusst zu
haben, wird den Angeklagten wohlwol-
lend unterstellt.
Doch als die Angeklagte am 3. Okto-
ber 2019 doch endlich den Notruf wählt,
bietet sich den Rettungssanitätern ein
Bild des Grauens. „Ich habe so etwas
noch nie gesehen“, gibt einer zu Proto-
koll. In der Wohnung, die unaufgeräumt
und schmutzig ist, finden sie die Vier-
undneunzigjährige im Nachthemd ver-
krampft in einem Schaukelstuhl vor, de-
hydriert und nicht ansprechbar. Es
herrscht Fäulnisgeruch und die Beine
der alten Frau sind für den Abtransport
auf der Trage nicht zu strecken.
Die Rettung kommt zu spät. Einen Tag
später stirbt die Frau im Klinikum. Direkt
Die Drei
Eine unerklärbare Tat
Das Landgericht Frankfurt hat eine Frau und ihren Sohn verurteilt, weil sie die
FRANKFURT
demenzkranke Großmutter auf grausame Weise verwahrlosen haben lassen. Warum kam es so weit?
Von Raquel Erdtmann
Alleingelassen: Am Ende gab es für die 94 Jahre alte Frau keine Rettung mehr, sie starb im Krankenhaus.
nach ihrer Einlieferung rufen Mitarbeiter
des Krankenhauses die Polizei.
Vor Gericht soll das Gutachten der
Rechtsmedizin am zweiten Verhandlungs-
tag die für die Urteilsfindung wichtigen
Fragen beantworten: Welche Verletzun-
gen wurden durch mangelhafte Pflege
verursacht? Können die dokumentierten
Hämatome durch Misshandlungen ent-
standen sein? Hat die unzureichende Pfle-
ge das Leben der alten Dame verkürzt?
Wurden ihr außerdem „länger anhaltende
Schmerzen oder Leiden zugefügt“?
J
ede dieser Fragen beantwortet der
Rechtsmediziner mit einem Ja.
Die Angeklagte hatte geäußert,
dass sich ihre Mutter erst in den
letzten Wochen jeder „Mitarbeit“
an der Körperpflege verweigert hätte, ihr
Zustand sich erst in den letzten zwei Tagen
so dramatisch verschlechtert hätte. Eine
„verharmlosende Darstellung“, wird die
Staatsanwältin das nennen, maßgeblich
aufgrund des detaillierten Gutachtens des
Sachverständigen.
„Sie fing an, sich zu wehren, weil sie
nicht verstand, was man von ihr wollte“,
hatte die Angeklagte weiter gesagt – wa-
rum sie sich keine Hilfe suchte, wird vor
Gericht eine ungelöste Frage bleiben, der
rat- und hilflos begegnet wird.
Das Gericht sieht sich auch Fotos der al-
ten Frau an, von den Füßen und von Hä-
matomen im Gesicht, „stumpfe, stumpf-
kantige Verletzungen“, die von den
Anklagten mit einem Anstoßen am Bett
erklärt wurden. „Mit einem Anschlagen
nicht zu vereinbaren“, urteilt der Sachver-
ständige bei dieser Symmetrie, „sie konnte
sich ja gar nicht mehr bewegen.“ Die Rich-
ter werden später zu der Einschätzung
kommen, dass die Verletzungen im Ge-
sicht dem erzwungen Einführen von Nah-
rung geschuldet sind.
Jeder einzelne der zahlreichen Ent-
zündungsherde am Körper sei mit „er-
heblichen massiven Schmerzen verbun-
den und gesundheitsschädigend“ gewe-
sen, sagt der Sachverständige. Die Frage,
ob die Frau sehr leiden musste, beant-
wortet der Rechtsmediziner trocken: „Ihr
erster Kontakt mit dem Gesundheitswe-
sen war die sofortige Gabe von Morphin“
durch die Notärztin. Welche Schmerzen
eine Nierenbeckenentzündung oder ein
Harnwegsinfekt mit sich bringe, wüssten
wahrscheinlich die meisten der im Saal
Anwesenden.
Die Angeklagte hatte ausgesagt, dass
ihr die Schwere der Verletzungen nicht be-
wusst war, bis sie im Krankenhaus damit
konfrontiert worden sei. Sie habe sie vor-
her auch nicht so wahrgenommen. Das sei
nicht nachvollziehbar, sagt der Rechtsme-
diziner. „Auf der Kleidung, auf dem Bett“
hätten offene Wunden dieser Art Spuren
hinterlassen. „Das ist nicht zu übersehen
gewesen.“ Die Erklärungen der Angeklag-
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ten, sie habe ihre Mutter ja stets von vorne
gehoben, deshalb das schon nekrotische
Gewebe an Beinen, Kniekehlen, Rücken
nicht wahrgenommen, laufen ins Leere,
denn die alte Frau hatte auch am Oberkör-
per Geschwüre und Ablederungen der
Haut an den Armen. Der Enkel hatte es in
seiner Einlassung vor Gericht so formu-
liert: „Dann ist sie so kaputtgegangen.“
Dass es im Oktober 2019 zu Ende ging
mit ihrer Mutter, bemerkte die Angeklagte
sehr wohl. Den Rettungsdienst habe sie
gerufen wegen der „plötzlich rasselnden
Atemgeräusche“, sagt sie. Bei der Obduk-
tion wurden Entzündungen in der gesam-
ten Lunge festgestellt, dazu ein Lungen-
ödem. Sie sollen ihre Mutter mitnehmen,
damit sie nicht zu Hause stirbt, war die Be-
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merkung der Angeklagten laut einem der
Sanitäter bei deren Eintreffen. All die
nachvollziehbaren Erzählungen der Ange-
klagten, aus welcher innigen Verbindung
heraus sie sich verpflichtet fühlte, für die
Mutter zu sorgen, sie nicht in ein Heim zu
geben und das Verständnis für die gänzli-
che Überforderung mit einer dementen,
plötzlich aggressiven und bewegungsunfä-
higen Mutter sind angesichts des Grades
der Verwahrlosung schwer zusammenzu-
führen. Die Richter machen das bei der
Verkündung ihres Urteils deutlich.
Es gab weder einen Hausarzt für die
hochbetagte Frau, bei der vor Jahren auch
eine Herzschwäche diagnostiziert worden
war, noch wurde die letzten drei Jahre ein
Pflegedienst kontaktiert. Es fanden sich
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SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 3
weder ein Pflegebett noch Pflegeutensilien
in der Wohnung. Die Angeklagte arbeitete
seit Jahrzehnten in derselben Firma,
einem Zulieferer für die Pharmaindustrie,
ausgerechnet. Sie führte ein von außen be-
trachtet geregeltes Leben mit einem guten
Einkommen. Dass es ihr privat entglitt, er-
klärt sie mit dem Tod ihres zweiten Soh-
nes, der die letzte seiner zahlreichen Herz-
operationen nicht überlebte. Dass sie nicht
früher um Hilfe rief, erklärt sie so: Ihr ver-
storbener Sohn sei „sauer“ auf sie gewesen
und habe nicht mehr mit ihr gesprochen,
nachdem sie den Notarzt rief, der ihn in
die Klinik brachte, in die er auf keinen Fall
noch einmal wollte.
Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft
sieht die Anklage durch die Ausführungen
des Rechtsmediziners in vollem Umfang
bestätigt, allerdings geht sie von einem
„minderschweren Fall“ aus. „Zweifelsfrei“
sei die Tat eine Folge von „Gleichgültig-
keit und Überforderung“. Die Angeklag-
ten hätten sich selbst überschätzt und „die
Augen verschlossen“. Spätestens in den
letzten vier bis sechs Wochen vor Eintritt
des Todes sei ein Versterben angesichts
des offensichtlich miserablen Zustands
„billigend in Kauf“ genommen worden.
Strafmildernd wertet die Staatsanwältin
unter anderem die psychische Belastung
durch den Tod des Sohnes beziehungswei-
se des Bruders. Auch der jüngste Sohn hat
das angeborene Herzproblem, das bei sei-
nem Bruder offensichtlich operativ nicht
zu reparieren war. Er werde eigentlich und
verständlicherweise mit sich selbst be-
schäftigt gewesen sein, sagt die Ankläge-
rin in ihrem Plädoyer, habe dennoch „tat-
kräftig mitgepflegt, das ist nicht
selbstverständlich in dem Alter“. In seinen
letzten Worten hatte der junge Mann, der
alle Verhandlungstage mit gesenktem
Kopf verfolgt hatte, mit brechender Stim-
me gesagt, es tue ihm so schrecklich leid,
„dass ich so ein schlechter Enkel war“.
A
ngesichts ihrer milden For-
derung von zwei Jahren
Freiheitsstrafe für die
Tochter sowie einem Jahr
und sechs Monaten für den
Enkel, beides zur Bewährung, können
sich die Verteidiger in ihren Anträgen im
Strafmaß nur anschließen. Sie plädieren
allerdings auf Körperverletzung mit To-
desfolge. Auch die zwei Strafverteidiger
stehen sichtbar unter dem Eindruck der
Bilder, die sich das Gericht von der alten
Frau angesehen hat.
Die Vorsitzende Richterin eröffnet die
Urteilsverkündung schließlich mit einem
Seufzen. „Wir hatten große Schwierigkei-
ten, ein gerechtes Urteil zu fällen“, sagt
sie. Über die inneren Beweggründe der
Angeklagten könne man nur spekulieren,
doch anders als die Staatsanwaltschaft ge-
he das Gericht nicht davon aus, dass „der
Tod billigend in Kauf“ genommen wurde.
Die Strafkammer nimmt einen Mittel-
weg zwischen dem Antrag der Staatsan-
waltschaft und der Verteidigung: Im
Strafmaß folgt sie den Anträgen und ver-
hängt die geforderten Bewährungsstra-
fen. In der rechtlichen Würdigung urteilt
sie im Sinne der Verteidigung auf Kör-
perverletzung mit Todesfolge statt Tot-
schlag durch Unterlassen, tateinheitlich
mit Misshandlung und Aussetzen, ver-
hängt allerdings zusätzlich eine Geld-
strafe in Höhe von 10.000 Euro für die
Tochter, zu zahlen an palliative Einrich-
tungen, und 150 Stunden gemeinnützige
Arbeit für den Enkel.
Foto KNA Beiden Angeklagten soll jeweils ein
Bewährungshelfer zur Seite gestellt wer-
den, damit sie „ihr Leben wieder in die
Spur“ bekommen. Die Tochter solle „psy-
chische Hilfe“ in Anspruch nehmen, sagt
die Vorsitzende Richterin. „Ich wünsche
ihnen für ihre Zukunft alles Gute“,
schließt sie.
Die beiden Verteidiger erklären im An-
schluss an die Urteilsverkündigung sofort
Rechtsmittelverzicht. Die Vertreterin der
Staatsanwaltschaft ebenfalls. Damit ist
das Urteil rechtskräftig.
Am Ende bleibt von diesem Prozess,
der innerhalb weniger Verhandlungstage
abgeschlossen war, der Eindruck, dass al-
le Beteiligten froh sind, die Sache abzu-
schließen. Sowohl die Vertreterin der
Staatsanwaltschaft als auch die Richter
haben jede Möglichkeit, den Strafrahmen
zugunsten der Angeklagten zu verschie-
ben, ausgeschöpft.
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SE I TE 4 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Schillernde Zukunft: Noch ist die Entscheidung über die Bühnen nicht gefallen. Klar ist, dass es in jedem Fall um viel Geld gehen wird.
Das hat Goethe nicht geahnt
B
ei der Frage nach der Zukunft
der städtischen Bühnen geht es
um die Bedeutung der Kultur,
um Bäume, die Ausnutzung
eines Hochhausgrundstücks und eine
Grünschutzverordnung aus dem Jahr
1827. Es geht aber auch um die Frage:
Kann sich Frankfurt eine solche Ausgabe
leisten? Sie würde sich bei einer Sanie-
rung kaum anders stellen, auch wenn de-
ren Befürworter weniger Kostensteige-
rungen erwarten und bei der Kulturmeile
die Grundstückskosten hinzukommen.
Die Größenordnung ist ähnlich und lag
zuletzt bei 1,3 Milliarden Euro. Der Be-
trag ist zehnstellig und wird auch durch
statistische Spielereien nicht greifbarer.
Etwa indem man sich vorstellt, alle 505
Frankfurter Einkommensmillionäre stif-
teten zweieinhalb Jahre lang ihre gesam-
ten Einkünfte für den Neubau von Schau-
spiel und Oper. Diese Menschen müssen
ja auch von etwas leben.
Was die Zahl für die Stadt bedeutet,
zeigt ein Blick in den gerade beschlosse-
nen Haushalt. Zunächst einmal sind nicht
die 4,8 Milliarden Euro entscheidend, die
Frankfurt in diesem Jahr für das laufende
Geschäft ausgeben will, sondern der Fi-
nanzhaushalt. Ein neues Opern- und ein
Schauspielhaus zählen zu den dort ver-
zeichneten Investitionen, also den Aus-
gaben für den Bau von Schulen, Kinder-
gärten, Straßen und anderem. 823
Millionen Euro sind dafür in diesem Jahr
vorgesehen. Aber schon jetzt ist sicher,
dass die Stadt das Geld nicht loswerden
wird. Hier fehlt ein Bauplatz, dort meldet
sich keine Firma auf die Ausschreibung,
vielleicht fehlt Personal für die Planung:
In den vergangenen Jahren hat Frankfurt
nie so viel ausgegeben wie vorgesehen.
Voriges Jahr waren es 615 Millionen
Euro statt der im Plan stehenden 802 Mil-
lionen Euro. Weil auch in Vorjahren
schon geplante Vorhaben noch nicht ver-
wirklicht waren, summierten sich die ver-
fügbaren Investitionsmittel sogar auf 1,6
Milliarden Euro. Nicht einmal 40 Prozent
davon konnte die Stadt 2022 ausgeben,
im Jahr davor sogar nur ein Drittel.
Das Geld ist nicht einfach übrig, es ist
verplant. Aber die Differenzen vermitteln
ein Gefühl für die Bandbreite der Investi-
tionsausgaben. Sie ist oft größer als die
Versuch, eine Vergewaltigung aufzuklären
Prozess gegen Mann, der bewusstlose Frau am Hauptbahnhof missbrauchte
Die Tat ist auf Video aufgezeichnet, der
Täter wurde zeitnah festgenommen, er
und das Opfer sagen vor Gericht aus. Und
trotzdem ist es ein Prozess mit einigen
Herausforderungen, der am Donnerstag
vor dem Amtsgericht in Frankfurt be-
ginnt. Angeklagt ist ein Vierunddreißig-
jähriger, der im Februar 2023 eine be-
wusstlose 26 Jahre alte Frau im
Frankfurter Hauptbahnhof vergewaltigt
haben soll. Laut Anklage versuchte er zu-
nächst mehrfach, sie hinzustellen, schob
ihr dabei den Pullover hoch, berührte sie
an der Brust, riss ihr dann die Hose
runter und vergewaltigte sie etwa zehn
Sekunden lang. Die Staatsanwaltschaft
wirft ihm vor, er habe dabei ausgenutzt,
dass die Frau keinen entgegenstehenden
Willen zeigen konnte.
Die Frau sagt vor Gericht, sie könne
sich nicht erinnern. An dem Tag habe sie
verschiedene Drogen genommen, unter
anderem Heroin und Crack. Aktuell be-
findet sie sich in einer Suchtklinik, die
Tat belaste sie nicht mehr. Auch der An-
geklagte gibt an, sich an die Tat und an
mehrere Stunden davor nicht erinnern zu
Der Neubau der Städtischen Bühnen kostet
einen Milliardenbetrag. Eine solche Summe
erfordert das Denken in langen Zeiträumen.
In diesem Fall in sehr langen.
Von Bernhard Biener
130 Millionen Euro, die theoretisch Jahr
für Jahr für die Bühnen zu veranschlagen
wären. Denn die Gesamtsumme fällt nicht
auf einmal, sondern auf zehn bis 20 Jahre
verteilt an. Weshalb der Sprecher von
Kämmerer Bastian Bergerhoff (Die Grü-
nen) auf die Frage, ob sich die 1,3 Milliar-
den Euro im Haushalt abbilden lassen, mit
einem grundsätzlichen Ja antwortet.
Die städtischen Schulden werden
durch eine derart große Investition weiter
steigen. Sie erreichen nach der mittelfris-
tigen Finanzplanung bis 2026 schon ohne
die Bühnen rund 4,5 Milliarden Euro und
überschreiten in diesem Jahr die Summe
von drei Milliarden Euro. Bisher hält sich
die Belastung des Haushalts durch die
Kreditkosten in Grenzen. Die Zinslast-
quote, das ist der Anteil der Zinsen an
den gesamten Aufwendungen, ist seit
2020 sogar von 1,0 auf 0,8 Prozent im ver-
Geplante und realisierte Investitionen der Stadt Frankfurt
Investitionen
in Millionen Euro
getätigt
geplant (soll)
728
528 517
489 515
400
2018 2019 2020
Quelle: Stadt Frankfurt/F.A.Z.-Grafik Niebel
können. In seiner teils wirren Einlas-
sung, die durch häufiges Fragen des
Richters ergänzt werden muss, äußert er
die Vermutung, jemand habe ihm am
Vorabend etwas in sein Getränk ge-
mischt: Er sagt, er habe bereits seit dem
Vormittag Alkohol getrunken, größten-
teils Whisky. An einem Kiosk nahe dem
Hauptbahnhof habe er sich dann eine
Flasche Bier geholt und sei dort von Un-
bekannten angesprochen worden. Er
könne sich nur noch erinnern, wie er ein
paar Schlucke von dem Bier nahm, da-
nach setze seine Erinnerung aus.
Wie genau ihm etwas in sein Bier ge-
mischt worden sein soll, kann er nicht er-
klären. Auch weitere Zeugenaussagen
lassen Zweifel an seiner Schilderung auf-
kommen. Laut einer Kriminaloberkom-
missarin, die etwa zwei Stunden nach der
Tat einen Atemalkoholtest beim Ange-
klagten gemacht hatte, wurden bei ihm
0,0 Promille nachgewiesen. Besonders
aufschlussreich sind jedoch die Videoauf-
nahmen der Überwachungskamera, die
die Tat gefilmt hat: Sie zeigen, dass der
Angeklagte die ganze Zeit über aufrecht
Frankfurt
gangenen Jahr zurückgegangen. Sie
hängt aber von zwei Faktoren ab, auf die
die Stadt keinen oder nur bedingt Ein-
fluss hat: dem Zinssatz und den Einnah-
men, vor allem aus der Gewerbesteuer.
Letztere liegen derzeit auf Rekordniveau.
Das muss nicht so bleiben.
Auch im Ergebnishaushalt mit den lau-
fenden Ausgaben, der ein Minus aufweist,
werden sich die Kosten für den Bühnen-
Neubau bemerkbar machen. Durch die
Zinsen für die sicherlich nötigen Kredite
und die Abschreibung. Wobei das Finanz-
dezernat noch nicht sagen kann, welche
Nutzungsdauer für ein Oper- und ein
Schauspielhaus anzusetzen wäre. Sollte
die „Kulturmeile“ nach den jetzt vorge-
stellten Plänen verwirklicht werden,
kommt zudem eine sehr langfristige Belas-
tung von knapp zwei Millionen Euro im
Jahr für das Erbbaurecht hinzu. 99 Jahre
Schulden
in Milliarden Euro
3,1
802
762
2,4 2,5
615 2,1
1,9
geplant
481 1,7
2021 2022 2018 19 20 21 22 23
steht, sich abermals zu der Frau hinunter-
beugt, um sie anzustupsen, und dabei kei-
nerlei Gleichgewichtsstörungen zeigt.
Nach Ansicht des toxikologischen Gut-
achters spricht dies dagegen, dass der
Angeklagte stark alkoholisiert war oder
unter dem Einfluss anderweitiger Subs-
tanzen stand, die solch eine Erinnerungs-
störung verursachen können.
Die Aufklärung gestaltet sich für das
Gericht auch deshalb schwierig, weil
unmittelbar nach der Tat wichtige
Untersuchungen nicht gemacht worden
sind: So wurde beispielsweise beim An-
geklagten nach der Festnahme kein Blut
entnommen. „Das ist in diesem Fall ein
riesiges Problem. Ich rüge das hiermit,
das kommt nämlich häufiger vor“, sagt
er zu der Kriminaloberkommissarin, die
als Zeugin ausgesagt hat. Aber auch die
körperliche Untersuchung der Frau war
so unzureichend, dass nicht mit Sicher-
heit festgestellt werden kann, ob tat-
sächlich eine Penetration stattgefunden
hat – auf den Videoaufzeichnungen ist
das nicht genau zu erkennen, es spielt
aber eine wichtige Rolle für die rechtli-
Foto dpa
sind hierfür eine durchaus übliche Lauf-
zeit, in diesem Fall allerdings sollen es 199
Jahre sein. Da niemand weiß, was die Zu-
kunft bringt, gibt ein Blick in die Vergan-
genheit eine Vorstellung des Zeitraums.
Vor 199 Jahren erlebte Beethoven die Ur-
aufführung seiner 9. Sinfonie in Wien, und
Goethe nahm die Arbeit am zweiten Teil
des „Faust“ in den Blick.
Die SPD spricht angesichts der Investi-
tionssumme für die Bühnen daher von
einer „Jahrhundertentscheidung“, die
FDP und Volt haben sich schon mehrfach
kritisch zu den Kosten geäußert. Letzt-
lich wird es auch um Verteilungskämpfe
gehen. Bisher standen im Haushalt ledig-
lich Planungsmittel. Vor einer echten
Kostenschätzung stehen die Standortent-
scheidung, ein Architekturwettbewerb
und schließlich eine konkrete Planung.
Dass es bei den 1,3 Milliarden Euro nicht
bleiben dürfte, ist anzunehmen. Dem
steht wiederum die Forderung der Frak-
tionen gegenüber, mit dem Land über
eine Beteiligung zu reden. Auch auf För-
dergeld hoffen die Verantwortlichen.
Klar ist durch das vorgesehene Erbbau-
rechtsmodell, dass die Stadt selbst als
Bauherrin auftreten wird, wie es in der
Mitteilung von Oberbürgermeister Mike
Josef und Kulturdezernentin Ina Hartwig
(beide SPD) heißt. Ein Projekt in öffent-
lich-privater Partnerschaft sei ausge-
schlossen, stellt das Kulturdezernat klar.
Auch unter städtischer Federführung
muss der Bühnen-Neubau aber nicht von
einem Amt verantwortet werden. Für die
neue Altstadt etwa wurde die Dom-Rö-
mer GmbH gegründet. Das Vorhaben
kostete mehr als 200 Millionen Euro,
denen Einnahmen aus dem Verkauf von
Eigentumswohnungen gegenüberstan-
den. Die Museumsbausteine GmbH, eine
weitere städtische Gesellschaft, ist 2012
für die Erweiterung des Jüdischen Mu-
seums, die Planung eines Zentraldepots
für die Museen, die Sanierung des Lie-
bieghauses und den Bau des Kinder- und
Jugendtheaters gegründet worden. Die
Art der Projektleitung hat finanztechni-
sche Folgen. Letztlich geht es aber vor al-
lem darum, ob sich die Kosten direkt im
Haushalt oder erst in der Bilanz des „Kon-
zerns Stadt“ mit allen Beteiligungen nie-
derschlagen werden.
che Bewertung, ob es sich um eine Ver-
gewaltigung handelte. Die Frau wurde
im Krankenhaus nur von außen unter-
sucht; laut einer Rechtsmedizinerin, die
das Gericht mit einem Gutachten beauf-
tragt hat, entstehen bei einer Vergewal-
tigung jedoch vor allem im Inneren fei-
ne Verletzungen. Die Gutachterin hält
eine Penetration für wahrscheinlich,
nachgewiesen werden könne sie anhand
der Verletzungen jedoch nicht.
Für das Gericht kein seltenes Problem:
„Wir müssen in solchen Fällen über ein
hartes Strafmaß entscheiden, und das auf
vagen Grundlagen“, sagt der Richter. Auf
seine Frage, wie man seitens des Gerichts
zukünftig sicherstellen könnte, dass sol-
che Untersuchungen sorgfältiger ge-
macht werden, weiß die Sachverständige
auch keine Antwort: „Da sind Ihnen,
glaube ich, die Hände gebunden. Häufig
hört man, dass die Kliniken keine Zeit
dafür haben.“ Der Prozess wird fortge-
setzt. Am nächsten Verhandlungstag soll
ein Bundespolizist noch einmal Fragen
zum Zustand des Angeklagten direkt
nach der Festnahme beantworten. elzo.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
| FRANKFURTER GESICHTER
Rico Montero
ls Jugendlicher hat Rico Monte-
A ro komplizierte Zeiten erlebt.
Der Vater geriet nach der Schei-
dung getrennt von der Familie etwas
vom geraden Weg ab, die alleinerzie-
hende Mutter erkrankte an Krebs. „Für
meine Brüder und mich war da irgend-
wie das Gefühl, dass wir im Leben wohl
allein klarkommen müssen“, sagt Mon-
tero. Es sei eine riesengroße Herausfor-
derung gewesen, mit der die Brüder in
ihrem Heimatort Langen mal besser,
mal schlechter zurechtgekommen seien.
Ihm habe, bis die Mutter genesen und
der Vater einige Zeit später wieder in ein
geregeltes Leben zurückgekehrt sei, der
Hip-Hop geholfen. Die Musik der Rap-
per habe ihm Persönlichkeit gegeben,
Selbstbewusstsein. „Es war nicht nur ein
Ventil, wie es oft gesagt wird“, sagt er.
„Hip-Hop ist Frieden, Liebe, Einheit
und vor allem Respekt.“
Die Musik war ihm dabei in die Wiege
gelegt, der nigerianische Vater seiner
Mutter war ein bekannter Trommler, der
nach Deutschland geschickt wurde, um
als Musiker und Journalist nigeriani-
scher Musik zu Bekanntheit zu verhel-
fen. Sein Vater war Rapper in der Frank-
furter Hip-Hop-Szene. Mit der Musik im
Zusammenspiel gibt Montero seine für
einen erst 33 Jahre alten Mann reiche
Lebenserfahrung weiter an Jugendliche,
die mit ihren eigenen Herausforderun-
gen zurechtkommen müssen. Dafür
gründete er 2015 mit einem Partner
Heartbeat Edutainment. Die schöne
Wortschöpfung aus dem Rhythmus des
Herzschlags, Ausbildung und Entertain-
ment bringt zum Ausdruck, was Monte-
ro wichtig ist: Er möchte Kinder und Ju-
gendliche erreichen durch Bildungs- und
Unterhaltungsangebote, die immer mit
Hip-Hop und Jugendkultur zu tun ha-
ben. Dafür hat er den Heartbeat-Bus ge-
staltet, ein fahrendes Musik- und Film-
produktionsgefährt, mit dem er an
Schulen, Jugendzentren, Bolzplätzen
oder einfach Treffpunkten der Ju-
gendlichen vorfährt.
Dort produziert er kleine Vi-
deos für Social Media oder auch
Songs wie die Bolzplatzliga-
hymne für den Sportkreis
Frankfurt, die er gemeinsam
mit jugendlichen Kickern ge-
schaffen hat. Herausgekom-
men ist eine auf Youtube im
Rico Montero will mit
Heartbeat Edutainment
Kinder und
Jugendliche fördern.
Zeichnung Oliver Sebel
Noch Hoffnung
für Dondorf?
Die „Initiative Dondorf-Druckerei“
macht sich Hoffnung, dass das histori-
sche Fabrikgebäude in Bockenheim
doch noch erhalten werden kann. An-
lass ist eine Mitteilung des Max-
Planck-Instituts für empirische Ästhe-
tik, das nach einem möglichen Abriss
der früheren Druckerei in einen Neu-
bau auf dem Areal einziehen könnte.
In der Mitteilung heißt es, die neue
Leitung der Max-Planck-Gesellschaft
werde sich in den nächsten Monaten
darauf konzentrieren, das Bauvorha-
ben „sorgfältig zu analysieren und
sich einen umfassenden Überblick zu
verschaffen“. Der neue Präsident und
der zuständige Vizepräsident würden
hierzu das Gespräch suchen oder
schon begonnene Gespräche „kon-
struktiv weiterführen“. Auf dieser Ba-
sis werde dann über einen Neubau
entschieden. Max-Planck-Präsident ist
seit 22. Juni der Chemiker Patrick
Cramer. Ein Sprecher der Dondorf-
Initiative äußerte die Hoffnung, dass
Cramer sich für einen Erhalt des Baus
und dessen Integration in ein neues
Ensemble entscheide. zos.
RHEIN-MAIN
Leben in Frankfurt und der Region
VERANTWORTLICHE RESSORTLEITER: Manfred
Köhler und Jacqueline Vogt; Marie Lisa Kehler (stv.)
Peter Badenhop (Koordination Newsroom), Matthi-
as Trautsch (Koordination Reportage); Bernhard Bie-
ner, Ralf Euler, Monika Ganster, Mechthild Harting,
Katharina Iskandar, Alexander Jürgs, Ingrid Karb, An-
na-Sophia Lang, Kim Maurus, Günter Murr, Martin
Ochmann, Jan Schiefenhövel, Rainer Schulze, Dieter
Schwöbel, Theresa Weiß, Sascha Zoske.
KULTUR: Eva-Maria Magel (Koordination); Dr. Flo-
rian Balke, Katharina Deschka, Guido Holze, Nicole
Nadine Seliger.
WIRTSCHAFT: Daniel Schleidt (Koordination); Patri-
cia Andreae, Inga Janović, Petra Kirchhoff, Barbara
Schäder.
KORRESPONDENTEN: Oliver Bock, Andrea Diener,
Dr. Florentine Fritzen, Luise Glaser-Lotz, Hanns Mattes,
Jochen Remmert, Markus Schug, Thorsten Winter.
LANDESPOLITIK: Dr. Ewald Hetrodt.
|
dazugehörigen Videoclip zu hörende
Hymne auf Frankfurt, die Vielfalt und
Respekt auf und neben dem Bolzplatz
fordert. „Unser Kampf muss Hatespeech
und Mobbing gelten. Ich bin überzeugt
davon, dass wir die Kids dazu bringen
können, sich gegenseitig zu ‚empowern‘,
statt sich runterzuziehen“, sagt Montero.
Er selbst habe sich stets vom Klischee
des Gangsta-Rap ferngehalten und posi-
tive Geschichten in seinen Songs erzäh-
len wollen. Er bezeichnet sich als gläubi-
gen Menschen, weil ihm das positive
Energie gebe. „Ich will, dass die Kids an
ihre Träume glauben, dass sie sich Ziele
setzen. Kinder und Jugendliche sind
doch in einer Stadt wie Frankfurt das
größte Potential, um die Welt besser zu
machen.“
In der Villa Gründergeist, einem Co-
Working-Space am Gärtnerweg, hat
Heartbeat Edutainment eine Heimat ge-
funden. Seit Kurzem wohnt Montero
auch „endlich“ in Frankfurt, wie er sagt.
Es sei zwar schon immer seine Stadt ge-
wesen, aber eben niemals sein Wohnort.
Mit seiner kleinen Familie samt zweijäh-
rigem Sohn fühlt er sich endgültig ange-
kommen. Montero will als sozialer
Unternehmer nicht durchfinanziert wer-
den von der Politik, aber er fordert doch
mehr Unterstützung. Seine Gegenleis-
tung sei dabei so etwas wie eine Über-
setzungshilfe. „Viele in der Politik oder
auch in der Schule haben gute Ideen, sie
erreichen aber Jugendliche nicht, weil es
ein Verständigungsproblem gibt“, sagt
er. „Wir sprechen mit Heartbeat Edu-
tainment die Sprache der Jugendlichen.“
Dass er seine Arbeit versteht, bele-
gen Preise, Auszeichnungen und die
konstante Zusammenarbeit mit Ein-
richtungen wie der Crespo Founda-
tion. Das wichtigste Feedback aber
für ihn sei, wenn Jugendliche für ein
Praktikum zu Heart-
beat Edutain-
ment zurück-
kehren. Das
zeige ihm,
dass er et-
was in Be-
wegung ge-
setzt habe.
DANIEL
MEUREN
Mann randaliert
in Arbeitsagentur
Ein 39 Jahre alter Mann hat am Don-
nerstag in der Niederlassung der
Arbeitsagentur an der Fischerfeld-
straße Mitarbeiter, Kunden und Poli-
zisten angegriffen. Die Polizei war
nach eigenen Angaben gegen 10.40
Uhr alarmiert worden, weil ein Mann
in der Agentur Angestellte und einen
Kunden geschlagen habe.
Eine Polizeistreife nahm die An-
zeige auf und erteilte dem Beschul-
digten einen Platzverweis, den dieser
jedoch ebenso ignorierte wie das von
der Arbeitsagentur ausgesprochene
Hausverbot. Als die Beamten ihn in
Gewahrsam nehmen wollten, ging er
in Boxstellung, schlug einer Polizis-
tin gegen den Kopf und ihrem Kolle-
gen auf den Arm. Selbst der Einsatz
von Schlagstock und Reizstoff zeigte
keine Wirkung. Erst mithilfe von drei
Sicherheitsmitarbeitern gelang es,
den aggressiven Mann zu überwälti-
gen und ihm Handfesseln anzulegen.
Er und die Polizisten erlitten leichte
Verletzungen. Nach Feststellung sei-
ner Personalien wurde der Beschul-
digte entlassen. zos.
ONLINE: Falk Heunemann, Daniel Meuren, Xenia
Reinfels, Christian Riethmüller.
RHEIN-MAIN-SPORT: Der Rhein-Main-Sport wird
redigiert von der Sportredaktion der Frankfurter All-
gemeinen Zeitung; verantwortlich: Anno Hecker;
Ralf Weitbrecht.
ANSCHRIFT FÜR DEN VERLAG UND
REDAKTION:
Postanschrift: 60267 Frankfurt am Main
Hausanschrift: Pariser Straße 1,
60486 Frankfurt am Main, Telefon (069) 7591-0, Re-
daktions-Telefax (069) 7591-1773,
E-Mail-Redaktion: rhein-main@faz.de
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FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG Frankfurt SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 5

Geld und Wille sind da

Ein Haus für die Vereine, eine Synagoge als grüner Negativraum,
Geld für Ladeninhaber und eine große Baustelle:
Oberbürgermeister Mike Josef spricht über Stadtplanung in Höchst.
Von Andrea Diener

A
us dem versprochenen Spa- mer nicht aussuchen. Einige wollen leer Landebahn Nordwest umzog. Seitdem
ziergang wurde wetterbe- stehende Räume nicht vermieten, aus war keine Dynamik mehr in der Sache,
dingt nichts. Also versam- welchen Gründen auch immer. Andere und in Griesheim weicht die chemische
melten sich die interessierten scheuen die Renovierung. Oft kommt es Industrie nun ganz. Dazu kommen das
Höchster in der „Kö 200“-Ausstellung zu einer „monofunktionalen Nutzung“, Sulzbacher Main-Taunus-Zentrum, das
im Schloss, die dort noch bis zum 6. Au- etwa für eine Shishabar. Auch die Billig- viele Kunden anzieht, und der Handel im
gust die Historie der Königsteiner Stra- läden an der Königsteiner Straße stören Internet. Keine gute Zeit für kleinere
ße dokumentiert. Wie ihre Geschichte manche, die Höchst noch als Zentrum Einkaufsstraßen wie die Kö. Auch an der
fortgeschrieben werden soll und mit ihr der Fachgeschäfte erlebt haben. Aller- Berger und der Schweizer Straße verleg-
die Geschichte von Höchst, jenem alten, dings, so gibt ein Bürger zu bedenken, ten sich immer mehr Ladeninhaber auf
aber auch etwas gebeutelten Stadtteil im seien diese günstigen Läden für viele ein gastronomisches Angebot, sagt Josef.
Westen, das fasste Oberbürgermeister Menschen die einzige Möglichkeit, Eine gute Idee gibt es immerhin für
Mike Josef an diesem Abend zusammen. überhaupt etwas zu kaufen, daher solle das Kronberger Haus, in dem sich das
Geld ist jedenfalls da. Gerade wurde man die soziale Dimension nicht aus- Porzellanmuseum befand, das nun in
das Förderprogramm Innenstadt Höchst blenden. den Bolongaropalast umzieht. Es soll
um weitere drei Jahre verlängert. Zehn Das unterfüttert Mike Josef sogleich künftig als Haus für die Höchster Verei-
Millionen Euro liegen bereit, um Laden- mit Zahlen: 31 Prozent der Frankfurter ne dienen, eine Machbarkeitsstudie wer-
besitzern zu helfen, den Höchster De- Haushalte verdienen bei steigenden Kos- de nach den Sommerferien in Auftrag
signparcours zu verwirklichen und Ini- ten und Mieten weniger als 2000 Euro gegeben. Im Idealfall lägen Ergebnisse
tiativen zu unterstützen, die etwas für netto, um die Kaufkraft der Einwohner schon zum Ende des Jahres vor, sagt An-
das Gemeinwohl tun. Auch die Renovie- steht es also nicht zum Besten. Zumal im ne Lederer, die beim Stadtplanungsamt
rung der alten, oft denkmalgeschützten Westen, wo einst die chemische Industrie für das Förderprogramm Höchst zustän-
Häuser, wie sie an der Bolongarostraße einen gewissen Wohlstand brachte, doch dig ist. Diese Nachricht ruft im Publi-
in mitunter mitleiderregendem Zustand diese Zeiten sind vorbei. Die letzte Neu- kum einhellige Zustimmung hervor.
stehen, kann damit gefördert werden. ansiedelung im Industriepark Höchst war Eher geteilt sind dagegen sind die Re- Familiensache: Seniorchefin Anna Ebert bedient die Kunden bis zum Schluss. Foto Lucas Bäuml
Allerdings kann man sich die Eigentü- 2011 das Ticona-Werk, das wegen der aktionen auf die Neugestaltung des Et-
tinghausenplatzes, der sich an den
Höchster Marktplatz anschließt. Dort
wurden bei Grabungen die Fundamente
der alten Synagoge freigelegt, nun geht
Abschied von Metzgerei & Feinkost Ebert
es um einen angemessenen Umgang da- In diesem Fall hat selbst die Wurst es wird auch Unverständnis geäußert. setzungen habe er die Investition, die
mit. Der Siegerentwurf des Gestaltungs- nicht zwei Enden, sondern nur eines: Ein Rentner aus Sossenheim, der an für die vorgeschriebene Modernisie-
wettbewerbs, der mit der jüdischen Ge- Nach 115 Jahren hat die Traditions- einem Tisch an der Großen Eschen- rung der Produktion nötig gewesen wä-
meinde abgestimmt ist, sieht ein über metzgerei Ebert die Produktion von heimer Straße sitzt und Hühnersuppe re, nicht leisten wollen. Aus ähnlichen
dem Platz schwebendes, begrüntes Fleisch- und Wurstwaren beendet. Das löffelt, meint, es hätte eine Möglichkeit Gründen hatte in diesem Jahr auch der
Rankgerüst vor, das die Umrisse der Sy- Lunch-Bistro „Ebert’s“ im Stammhaus geben müssen, den Betrieb weiterzu- bekannte Metzgerladen von Thomas
nagoge als Negativraum abbildet. Die an der Großen Eschenheimer Straße führen, zum Beispiel durch Vermie- Reichert in Frankfurt-Höchst geschlos-
Frankfurter Architekten Meixner Schlü- nahe der Hauptwache war am Freitag tung. Allerdings nennt der Mann in ge- sen. Dass zumindest die Mittagstheke
ter Wendt hatten diese Idee, nun soll sie zum letzten Mal geöffnet, die Filiale streiftem Hemd und beiger Weste auch an der Freßgass’ noch rege nachgefragt
verwirklicht werden. auf der Freßgass’ bleibt erhalten, aller- das Stichwort „Überregulierung“. Die wird, beweist die Schlange, die sich
Hinsichtlich der größten Baustelle, dings zu stark eingeschränkten Öff- vielen Vorschriften machten es den Be- auch am Freitag dort bildet. „Sehr trau-
nämlich des Bolongaropalastes, wagt nungszeiten montags bis freitags von trieben schwer. Davon hatte Inhaber rig“, findet eine 31 Jahre alte Frau das
der Oberbürgermeister keine Progno- 10 bis 15 Uhr. Die treuen Kunden ver- Michael Ebert, der die Metzgerei seit Ende der Produktion. Sie arbeitet in
sen. Denn auch wenn Wille und Geld da abschieden sich mit einer Mischung aus 1999 in vierter Generation führt, auch einer benachbarten Anwaltskanzlei.
sind, Material und Fachkräfte sind es Verlustgefühl und Dankbarkeit für die gesprochen. Gelitten habe das Ge- Besonders die Suppen von Ebert seien
nicht immer. Und bei einem alten Palast vielen gemeinsamen Jahre. Sie kaufen schäft außerdem unter der Corona-Kri- lecker, sagt sie. Ein Kollege, der mit ihr
kann noch so manche unerwartete noch ein letztes Frikadellenbrötchen se, den nicht immer einladenden Ver- in der Schlange wartet, stimmt zu: Die
Schwierigkeit auftauchen. Da will Josef für 3,70 Euro, Hundert Gramm Koch- hältnisse auf der Freßgass’ und den Mittagstheke sei eine ideale Gelegen-
nach eigenen Worten „lieber keine Er- schinken, ein paar Frankfurter Würst- veränderten Lebens- und Essgewohn- heit, sich etwas zu essen zu holen, ohne
Hat schon bessere Zeiten gesehen: Die Königsteiner Straße Foto Michael Hinz wartungen wecken“. chen oder einen Becher Eiersalat. Aber heit der Kunden. Unter diesen Voraus- allzu viel Zeit zu verlieren. trau.

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SE I TE 6 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4 Wirtschaft FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG

MENSCHEN Apple-Filiale
UND MÄRKTE vorerst geschlossen
FRANKFURT Die Frankfurter Apple-
Ko-Vorstandsvorsitzender Filiale an der Freßgass’ ist von Mon-
der Volksbank gewürdigt tag an geschlossen. So ist es den kur-
zen Infoschreiben an der Ladentür zu
Der Ko-Vorstandsvorsitzende der entnehmen, ebenso den Angaben zu
Frankfurter Volksbank, Michael den Öffnungszeiten im Internet. Für
Mengler, geht Ende August in den wie lange und aus welchem Grund,
Ruhestand. Die Vorstandsvorsitzen- dazu gab das Unternehmen, das für
de Eva Wunsch-Weber dankte ihm seine Verschwiegenheit bekannt ist,
am Freitag bei einem Festakt im Lite- auf Anfrage keine Auskunft. Den of-
raturhaus Frank- fiziellen Apple-Store-Angaben ist le-
furt für fünf Jahre diglich zu entnehmen, dass die
Zusammenarbeit Schließung „vorübergehend“ ist.
als Doppelspitze: Nach Spekulationen von Medien-
Foto Frankfurter Volksbank

„Michael Mengler diensten und Apple-Kunden will

ist immer Bankier Apple offenbar seine Laden-Einrich-
gewesen und war tung auffrischen und eine Pick-up-
nie Banker. Sein Zone für Onlinekunden einrichten.
Wort hatte Be- Die Filiale an der Großen Bocken-
Michael Mengler
stand. Sein Hand- heimer Straße wurde 2010 eröffnet
schlag galt.“ Der und gehört mit zwei Stockwerken
Aufsichtsratsvorsitzende Peter An- und einer gläsernen geschwungenen
dreas Müller bezeichnete Mengler Treppe zu den älteren Geschäften
als „Urgestein in der genossenschaft- des Konzerns in Deutschland. Mit
lichen Finanzgruppe“. Der gebürtige mehreren Wochen Umbauzeit wird
Frankfurter begann seine Karriere gerechnet. Wer Wert darauf legt, di-
1978 als Auszubildender bei der rekt beim Hersteller zu kaufen, oder
Volksbank Rödermark, die nach Hilfe braucht, muss in dieser Zeit ins
mehreren Fusionen 2003 in der Ver- Main-Taunus-Zentrum fahren, wo es
einigten Volksbank Maingau aufging. eine weitere Apple-Filiale gibt. hoff.
Von 2008 an war Mengler dort Vor- Alles musste raus: Neben Kleidungsstücken hat die Boutique Noée wegen der Geschäftsaufgabe auch ihre Schaufensterpuppen verkauft. Fotos Michael Hinz
standssprecher. Nach der Fusion der
Vereinigten Volksbank Maingau mit
der Frankfurter Volksbank im Jahr
Inflationsrate
2018 wurde er zu deren Ko-Vor-
standsvorsitzendem. Nach 45 Berufs-
jahren höre er im Alter von 61 Jahren
auf eigenen Wunsch auf, teilte die
Volksbank mit. Die Verantwortung
Am Ende eine Krise zu viel bei 6,1 Prozent
WIESBADEN Die Inflationsrate in
Hessen stagniert auf hohem Niveau:
Stilberaterin und Seelentrösterin –
D
für die Regionalmärkte Maingau- ie Regale sind leer geräumt. FRANKFURT tig viele Kunden dazu, stärker aufs Geld Im Juli lag die Teuerungsrate unver-
Nord und Maingau-Süd, die bislang Nur vier Teile hängen etwas zu schauen. Ohnehin fehlten der Bou- ändert bei 6,1 Prozent, wie das Statis-
bei Mengler lag, werde künftig das verloren an der Kleiderstan- die Frankfurter Modeboutique Noée Fashion war tique die Pendlerinnen, die nun öfter tische Landesamt mitteilte. Die Ver-
Vorstandsmitglied Sascha Winkel ge, die letzte Schaufenster- von zu Hause arbeiten und auch mit braucherpreise lagen also im Schnitt
übernehmen. Neben Winkel gehören puppe wird eine Kundin am Nachmittag mehr als nur ein Ort zum Einkaufen. Doch nun einem schicken Anzug oder Kostüm we- 6,1 Prozent höher als im Juli 2022.
dem künftig von Wunsch-Weber al- abholen. Am Montag, dem ersten Tag niger auskommen. Am Ende sei es eine Nahrungsmittel verteuerten sich
lein geführten Vorstand weiterhin Ul- ohne offiziellen Geschäftsbetrieb, sitzen ziehen sich die Inhaberinnen zurück. Krise zu viel gewesen. Zwar hätten sich im Jahresvergleich um 10,4 Prozent.
rich Hilbert, Ralf Pakosch, Josef Paul
und Angelika Stallhofer an.
Michaela Hrgovic und Marijana Biscanic
an der Schillerstraße in ihrer leer ge-
Der Einzelhandel lohne sich nicht mehr. die Umsätze wieder erholt, aber unterm
Strich sei zu wenig übrig geblieben.
Die Preise für Energie lagen im
Schnitt 7,5 Prozent höher als im Juli
räumten Boutique entspannt hinter ihren „Einzelhandel lohnt sich nicht mehr“, 2022. Gestiegen sind vor allem die
Laptops. Am Samstag zuvor waren viele Von Petra Kirchhoff sagt Michaela. Kosten für Strom und Erdgas, die
Chefvolkswirtin Kundinnen noch einmal da, um Adieu zu Dazu trägt nach Meinung der Händle- Preise für Heizöl und Fernwärme
Traud lobt Frankfurt sagen. Noch immer kommen Danke- rinnen die Branche selbst ihren Anteil gingen zurück. Auch Diesel kostete
Schön-Mails mit warmen Worten wie Doch das Ge- ten, wie viele in der bei. Indem sie inzwischen nahezu das weniger als vor einem Jahr, die Ben-
Das werden die Frankfurter gerne diesen: „Bei Euch war man immer will- schäft lief gut Branche, Whatsapp und ganze Jahr über Sale-Aktionen fahre. zinpreise haben sich kaum verändert.
hören: „Frankfurt größer denken“, kommen.“ Oder: „Ihr wart der Licht- an. Mit femininen Youtube zu ihren Bera- Niemand wolle mehr zu regulären Prei- In den vergangenen Wochen aller-
rät Gertrud Traud, die Chefvolks- punkt im Zentrum von Frankfurt.“ Marken, die im tungs- und Schau-Kanä- sen einkaufen. „Die Ware wird den Kun- dings sind sowohl die Energie- als
wirtin der Landesbank Hessen-Thü- Die Phase, in denen solche Kompli- mittleren bis geho- len. Bestellungen wur- den hinterhergeschmissen.“ Mit den auch die Nahrungsmittelpreise leicht
ringen. Sie ruft in Erinnerung, dass mente die beiden Schwestern an ihrem benen Preissegment den mit dem Fahrrad zu Preisen im Internet könne der stationäre gesunken: Im Vergleich zum Juni gin-
die Mainmetropole als Folge des Bre- Entschluss, das Geschäft zu schließen, gut gekleidete Frau- den Kundinnen nach Einzelhandel ohnehin nicht mithalten. gen sie jeweils um 0,4 Prozent zu-
xits 3500 Banker gewonnen habe, das hätten zweifeln lassen, haben sie aller- en aus der Frankfur- Hause gefahren. Beson- Und dann kommt noch hinzu, wie die rück, auch die Preise für andere Wa-
sind zwar weitaus weniger als seiner- dings längst hinter sich gelassen. Nach ter Banken- und ders beliebt waren in der Schwestern monieren, dass Marken-Lie- ren gaben um 0,3 Prozent nach.
zeit erhofft, aber es ist doch auch kei- den monatelangen Grübeleien darüber, Unternehmenswelt Zeit ihre Live-Shopping- feranten ihren Kunden immer öfter mit Keine Entspannung gab es dagegen
ne kleine Zahl. Vor allem aber attes- ob sie den Mietvertrag noch einmal ver- ansprachen, nicht Events, bei denen die eigenen Shops Konkurrenz machen und bei den Dienstleistungen. Sie haben
tiert Traud der Stadt und dem längern sollten, und dann den traurigen zuletzt mit ihrem Schwestern jede Woche schon hohe Rabatte gewähren, bevor die sich binnen zwölf Monaten um 6,6
gesamten Ballungsraum eine beacht- Momenten, als sich das Ende schließlich authentischen und Kombinationen für die anderen Geschäfte überhaupt ans Redu- Prozent und gegenüber Juni um 1,3
liche Dynamik, was sie an den Bevöl- herumgesprochen hatte, macht sich herzlichen Bera- Daheimgebliebenen zieren denken. Prozent verteuert. Ein Grund dafür
kerungszahlen abliest. Frankfurt und jetzt vor allem ein Gefühl breit, wie sie tungsstil gelang es präsentierten. Auf You- Im vergangenen Sommer hätten sie sind die Ferien: Flüge und Pauschal-
die sieben Landkreise drum herum sagen: Erleichterung. den Schwestern, tube und Instagram sich erstmals die Frage gestellt: „Wollen reisen kosteten im Juli jeweils gut
zählten erstmals mehr als zwei Mil- Im Mai war es acht Jahre her, dass die sich schnell bekannt schauten sich das bis zu wir so weitermachen?“ Arbeitswochen zehn Prozent mehr als im Juni. barb.
lionen Einwohner, ein Zuwachs in beiden Modehändlerinnen an die Schil- zu machen. Die Um- 5000 Personen an. Da- mit bis zu 60 Stunden, sich immer wieder
Höhe von 1,5 Prozent von 2021 auf lerstraße gezogen sind. Jahre zuvor hatten sätze gingen von mit hielten sie ihre Kun- neu erfinden im Hamsterrad? „Corona
2022. „Das Ausmaß des Zuzugs wird
aber erst richtig deutlich, wenn man
sie das Jeansgeschäft „Der Western Store“
an der Konstablerwache von ihren Eltern
Jahr zu Jahr nach
oben. Ein mit viel
dinnen auch nach Coro-
na bei Laune. Die
hat uns viel Kraft gekostet“, sagt Marija-
na. „Und wir werden auch nicht jünger.“
Australische Bank
sich die absoluten Zahlen anschaut“,
schreibt Traud. „Innerhalb eines Jah-
übernommen, später dann aber aufgege-
ben, um sich weiterzubilden und als Han-
Herzblut geschrie-
bener Newsletter
wiederum blieben der
Boutique treu, wie die
Wie es weitergeht? Eine „kreative Aus-
zeit“ von ein paar Monaten wollen sich neu in Frankfurt
In Kreativpause: Marijana
res erlebte die Region insgesamt delsfachwirtinnen Erfahrung im Marke- und regelmäßige Händlerinnen sagen. die Beiden nehmen, lesen, Sport machen,
Biscanic (links) und
einen Zuzug von 44.000 Personen.“ ting, Einkauf und Vertrieb zu sammeln. Veranstaltungen im „Unsere Stammkund- soziale Kontakte pflegen. FRANKFURT Die australische Westpac
Michaela Hrgovic
Das entspreche einer mittelgroßen Dann wollten sie doch wieder selbständig Ladengeschäft hal- schaft hat uns bis zum Entspannt sind sie auch deshalb, weil Bank hat eine Niederlassung in Frank-
Stadt. Das Lob wird man gerne re- sein mit einem eigenen Geschäft. fen dabei, ebenso Schluss unterstützt.“ es gelungen ist, mit dem richtigen Timing furt eröffnet. Das Institut werde vom
gistrieren, etwas anders sieht es wo- 2015, bei der Eröffnung von Noée Fa- das Angebot, sich Doch die guten Zei- für Rabatte und Aktionen den gesamten Main aus Kunden in ganz Europa ver-
möglich mit Trauds Schlussfolgerun- shion, waren die Zeiten für den Mode- nach Geschäftsschluss exklusiv beraten ten kamen nicht zurück. „Wir hatten ge- Ladenbestand zu verkaufen. „Im März walten, teilte die Standortmarketing-
gen aus: Sie fordert, dass der Raum Einzelhandel schon nicht mehr so rosig. zu lassen. „2019 war unser bestes Jahr.“ hofft, nach Corona endlich einmal wie- hatten wir noch drei volle Lagerräume Gesellschaft Frankfurt Rhein Main mit,
Frankfurt „größer definiert“ werden wie sie sich erinnern. Die Stärke der Dann kam Corona, für eine kleine Bou- der Luft holen zu können“, erzählt und das Ladengeschäft.“ Sie überlege die die Ansiedlung der Bank unterstütz-
sollte und dass es kluger Konzepte Onlinevertriebs habe sich damals schon tique ohne Onlineshop eine besondere Marijana. „Doch dann kam die nächste schon, sagt Marijana mit einem Augen- te. Westpac Europe kümmere sich um
bedürfe, ihn weiterzuentwickeln. Das abgezeichnet. Kollegen waren skep- Herausforderung. Als die Geschäfte Krise“ – der Ukrainekrieg. Die hohen zwinkern, ob die Organisation von Ab- die finanziellen Belange von Unterneh-
aber ist bekanntlich nicht die große tisch: „Mädels, ihr seid mutig, ohne schließen mussten, krempelten Michaela Energiepreise machten den Betrieb der verkäufen nicht ein gutes Geschäftsmo- men und Behörden mit Verbindungen
Stärke der Region. mak. Kundenstamm.“ und Marijana die Ärmel hoch und mach- Boutique teurer und bewogen gleichzei- dell für die Zukunft sei. zu Australien und Neuseeland. barb.

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FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Aussichten: das geplante Medienhaus der Universität
Mainzer Medienhaus
als Begegnungsstätte
MAINZ Zentrum für alle Medienwissenschaftler
Ein digitales Fernseh- und ein Hör-
funkstudio, Schnittplätze, Produk-
tionsräume und nicht zuletzt ein Mul-
timediahörsaal: Das neue Mainzer
Medienhaus, über das schon seit 2009
geredet wird, soll jetzt tatsächlich ent-
stehen. Und falls der rheinland-pfälzi-
sche Landtag das 120-Millionen-
Euro-Projekt – wie beabsichtigt – im
nächsten Doppelhaushalt unter-
bringt, könnte womöglich schon 2025
damit begonnen werden, auf dem
Campus der Johannes Gutenberg-
Universität einen viergeschossigen
Neubau zu errichten.
Gedacht ist an ein modernes und
auch energetisch vorbildliches Gebäu-
de, das den Anspruch der Mainzer,
eine noch dazu junge Medienstadt zu
sein, untermauern soll. Dort will man
dann alle medienwissenschaftlichen
Fachrichtungen und Institute der Uni-
versität, aber auch der direkt angren-
zenden Hochschule unterbringen, um
in Forschung, Lehre und Praxis fortan
alle denkbaren Kooperationen zu för-
dern. Das interdisziplinäre Begeg-
nungszentrum, das in unmittelbarer
Nähe zum Philosophicum und zum
Georg-Forster-Bau geplant ist, dürfte
später einmal Platz für bis zu 1000 Stu-
denten und Lehrkräfte bieten und soll
| LESERFORUM
NACHGELESEN
FAZ.NET
„Windräder sind
eher etwas für
arme Gegenden.“
Markus Brax zur Diskussion
über Windkraftanlagen
in Eltville im Rheingau
POSTEINGANG
Genervt
Mit einem Kommentar zur
Protestkultur an der Frankfurter
Universität beschäftigt sich dieser
Leser.
Nachrichten, die im Header die
„Goethe-Universität Frankfurt“ er-
wähnen, sind so vorhersehbar und
irrelevant wie diejenigen mit
„Humboldt-Universität Berlin“. Da
kann man als Rheinländer nur ge-
nervt abwinken. Insofern muss
man dem Kommentator zustim-
men, dass der Unsinn aufhören
muss. Dafür auf die Einsicht einer
kleinen Minderheit unter den Stu-
denten zu hoffen, ist allerdings we-
nig erfolgversprechend. Es wird
Zeit für mehr Rückgrat bei der Uni-
leitung: Wer so was wiederholt
macht, muss rausfliegen.
Michael Richartz auf FAZ.NET
Schildbürgerstreich
Das Ensemble von Paulskirche
und Haus der Demokratie soll
einzigartig in Deutschland werden.
Wenn dafür der Paulsplatz bebaut
wird, ist jedoch mit Widerstand zu
rechnen. Es geht um eine der
wenigen funktionierenden
Freiflächen in Frankfurt.
Wieso denn ein „Haus für Demo-
kratie“? Es gibt doch die Paulskir-
Visualisierung LBB Mainz
sich mit Medienwissenschaften aller
Art beschäftigen: also vom Theater
über das Buch, den Film und das Fern-
sehen bis hin zu Printjournalismus und
Internet-Kommunikation; und dabei
auch Themen wie Medienrecht, Me-
dienwirtschaft respektive Medien- und
Kommunikationsdesign nicht verges-
sen. Die Mainzer Universität sei durch
ein bundesweit nahezu einmaliges Pro-
fil und Potential gerade in den Medien-
fächern schon jetzt überdurchschnitt-
lich gut aufgestellt, sagte ihr Präsident
Georg Krausch Anfang der Woche bei
der Vorstellung des Vorhabens.
Zwei Innenhöfe und eine begehbare
Dachterrasse sind laut Finanzministe-
rin Doris Ahnen (SPD) für den Neubau
ebenso vorgesehen wie eine Photovol-
taikanlage und eine Außenfassade aus
vorgefertigten Holzelementen. Letzt-
lich werde der „Leuchtturm für die
Lehre“, wie sich Wissenschaftsminis-
ter Clemens Hoch (SPD) auszudrücken
pflegte, als nachhaltiges und den Kli-
maschutz berücksichtigendes Bauwerk
realisiert. Susanne Weissman, Präsi-
dentin der Hochschule Mainz, hofft im
gemeinsam zu nutzenden Medienhaus
auf viele neue Projekte – „auf einem
höheren Level, mit mehr Reichweite
und Strahlkraft“. sug.
| _Anzeige
che und daneben 100 Gelegenhei-
ten, außerdem etwas für Demokra-
tie zu tun, sicher auch ein paar in
Frankfurt. Wie viel schöne Plätze
hat Frankfurt? Der Paulsplatz ist
nicht die Piazza Navona, aber ein
Haus da wäre fatal, und, was die
Demokratie angeht, wie der Ver-
such, die Sonne ins Rathaus zu tra-
gen. Oder übersehe ich hier was?
Kristofer Bott auf FAZ.NET
NACHGEFRAGT
Ja
Unentschieden
Nein
5%
32%
Sollten mehr
Städte gegen
63% Vermietungsplattformen
wie Airbnb
vorgehen?
355 Teilnehmer. Quelle: FAZ.NET/F.A.Z.-Grafik nbl.
Die Idee ist einleuchtend: Wenn
man die eigene Wohnung eine Zeit
nicht braucht, weil man selbst in
Urlaub fährt oder Verpflichtungen
an einem anderen Ort hat, dann
vermietet man sie weiter. Erledigt
wird das über Plattformen im Inter-
net. Doch das ist auch zum Ge-
schäftsmodell geworden: Wohnun-
gen werden nur in der Absicht
gemietet oder gekauft, um dann
mit ihnen auf diesem Wege Geld zu
verdienen. Eine deutliche Mehrheit
der Teilnehmer der Umfrage auf
FAZ.NET lehnt das ab und hält es
für richtig, wenn Kommunen da-
gegen vorgehen. lr.
Rhein-Main
Aus zwei Grundschulen wird eine
A
us zwei wird eins: Bisher gab
es in der Wetterauer Gemein-
de Rockenberg zwei Grund-
schulstandorte, einen in Ro-
ckenberg und einen im Ortsteil
Oppershofen. Doch nun soll die Sandro-
senschule an einem Standort zwischen
den beiden Orten zusammenwachsen. Im
neu aufgelegten Baugebiet „Burgweg“
will der Landkreis als Schulträger einen
Schulersatzbau errichten. Das dafür vor-
gesehene Grundstück hat die Kommune
dem Kreis zur Verfügung gestellt.
Zurzeit werden in der Gemeinde Kin-
der in acht Grundschulklassen unter-
richtet, wobei in der Außenstelle im
Ortsteil Oppershofen nur eine erste und
zweite Klasse unterrichtet werden. Die-
ses Konstrukt sei unter anderem organi-
satorisch eine Herausforderung, heißt es
vom Landkreis. Mit dem Neubau, der
auf einem 17.000 Quadratmeter großen
Gelände – etwa zwei Fußballfelder –
verwirklicht wird, soll es für alle Betei-
ligten leichter werden. Neben dem
Samstag, 29. Juli 2023
Sicher unter dem Sternenzelt schlafen
Das macht ein gutes Campingzelt aus
H ält das denn dicht? Vor allem un-
erfahrene Camper trauen dem Zelt
oft nicht den geringsten Schauer zu, ge-
schweige denn prasselnden Regen oder
heftige Böen. Tatsächlich gibt es Unter-
schiede bei der Wasserdichtigkeit. Nicht
jedes Zelt hält dem Wetter gleich gut
stand. Muss es auch nicht – denn es
kommt auf den Einsatzzweck an. Dem
TÜV Süd zufolge gibt es drei gängige
Arten von Campingzelten, die sich in
der sogenannten Wassersäule unter-
scheiden. Sie wird in Millimetern ange-
geben und ist ein Maß dafür, wie viel
Wasser auf einer bestimmten Fläche
über einen bestimmten Zeitraum sozu-
sagen gestapelt werden kann, ohne dass
es nach innen dringt.
Typ 1: Für Schönwettercamper und
kurzzeitigen Gebrauch genügen dem
TÜV zufolge Zelte mit einer Wasser-
Goldatzeln – mit
dem vielleicht
schönsten Blick
über die Rheingauer
Weinlandschaft. Nur
wenige Kilometer von
zu Hause und doch
ganz weit weg. Genau
der richtige Ort, um
bei kleinen Leckereien
aus der Region
Freude, Genuss
und Geselligkeit
zu erleben und der
richtige Moment, um
unsere Weine, die wir
mit viel Liebe an- und
ausbauen, näher
kennenzulernen.
Foto: Weingut Goldatzel
Entspannt auf dem Wasser
Einen Kurzurlaub in der Heimat genießen
Die Sommerferien haben begonnen. Das bedeu-
tet raus aus den eigenen vier Wänden und rauf
auf eines der Schiffe der Primus-Linie für den
perfekten Urlaubstag auf dem Main, Rhein oder
Neckar. Ob bei einer kurzweiligen Tour entlang
der Skyline oder einer ganztägigen Schifffahrt
nach Heidelberg, Seligenstadt oder Aschaffen-
burg. Mit vielen spannenden Fahrten bietet die
Primus-Linie die perfekte Möglichkeit für einen
erholsamen Kurzurlaub – ohne weit zu reisen.
Ein Tag auf dem Wasser fühlt sich direkt nach
Urlaub an. Die Primus-Linie bringt Gäste mit
Tagesfahrten in die schönsten Regionen des
Rhein-Main-Gebiets. Mainaufwärts geht es
nach Seligenstadt oder Aschaffenburg, auf dem
Rhein Richtung Rüdesheim oder auf dem Ne-
ckar bis nach Heidelberg. Die Reisenden bekom-
Foto: Primus-Linie
SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 7
In einem neuen Baugebiet soll
ROCKENBERG Landkreis gleichbehandelt würden,
heißt es vom Kreis.
eine neue Schule für beide Ortsteile entstehen. „Für die Öffentlichkeit werden die
Arbeiten für den Ersatzbau zwar erst
Wann die Arbeiten beginnen können, mit dem Beginn der Bauphase sichtbar,
ist jedoch unklar. begonnen haben diese aber schon viel
früher“, sagte Landrat Jan Weckler
(CDU). Dafür habe man eng zusammen-
gearbeitet, sowohl auf Verwaltungsebe-
eigentlichen Gebäude für die Schüler en Schulhausbau konkret planen zu kön- ne als auch im persönlichen Gespräch
wird eine Turnhalle gebaut, auch werde nen. Noch im September werde dafür die zwischen Landrat und Bürgermeisterin.
es ausreichend Platz auf dem Schulhof Planungsleistung ausgeschrieben. Die derzeit genutzten Schulgebäude
geben, teilt Bürgermeisterin Olga Wann genau die Arbeiten auf dem sollen nach dem Umzug, gemäß der Vor-
Schneider (Dorfpartei) mit. Grundstück beginnen, könne allerdings gabe des Hessischen Schulgesetzes, ent-
Die Pläne für einen Ersatzbau gibt es nicht seriös gesagt werden. Zu komplex widmet und vom Wetteraukreis verkauft
schon seit einiger Zeit. Doch archäologi- sind die Planungs- und Genehmigungs- werden, wobei die Gemeinde Rocken-
sche Ausgrabungen haben den Baufort- verfahren, auch lässt sich die Situation berg ein Vorkaufsrecht erhalte.
schritt um zwei Jahre verzögert. Inzwi- im Baugewerbe nur schwer kalkulieren. Der Landkreis will in den nächsten
schen ist der Bebauungsplan rechts- Im Vorgriff freut sich die Bürgermeiste- drei Jahren annähernd 170 Millionen
kräftig, die Gemeinde hat erste Erschlie- rin, dass der Raumbedarf des Schulträ- Euro in seine Schulgebäude investieren.
ßungsarbeiten beendet. Jetzt müsse nur gers, der anhand der neuen „Leitlinie Kurz vor den Sommerferien übergab er
noch der Erbbaurechtsvertrag für das Schulneubau“ des Wetteraukreises ge- dem Georg-Büchner-Gymnasium in Bad
avisierte Grundstück zwischen dem Wet- nau definiert ist, voll realisiert werden Vilbel die neue Aula. Einen Teil der
teraukreis und der Gemeinde Rocken- könne. Besagte Leitlinie gewährleiste Kosten von 4,5 Millionen Euro deckte
berg abgeschlossen werden, um den neu- unter anderem, dass alle Schulen im das Land über die Hessenkasse ab. katw.
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meter in die Wand hochragen. Quali-
tätsmerkmal bei den Nähten: doppelt
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nen- und Außenzelt. Ebenfalls wichtig:
säule von 1500 Millimetern für Wände, Typ 3: Das Allwetterzelt ist Mittel der Moskitonetze an allen Öffnungen.
Dach und Boden. Sie sind grundsätzlich Wahl für Expeditionen, Schneelasten Wer möglichst wenig Gepäck möchte,
regendicht. und Bergbedingungen. Zeltwände und greift für Wandertouren zum empfohle-
Typ 2: Zelte der nächsten Leistungs- Dach haben eine Wassersäule von 3000 nen Trekkingzelt. Die schwereren Cam-
stufe – 2000 Millimeter für Wände und Millimetern, der Boden eine von 5000 ping- oder Familienzelte bieten dagegen
Dach; 3000 für den Boden – halten auch Millimetern. mehr Komfort. Besonders leicht aufzu-
länger der Nässe stand und eignen sich Um Nässe abzuwehren, sollte auch bauen sind Wurfzelte sowie Iglu- oder
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am 19. August sowie am 16. September statt und Tagesausflüge mit dem Schiff nach:
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allem dann, wenn es langsam dämmert und ASCHAFFENBURG 06 ∤ 10 ∤ 20 ∤ 24 Aug. TICKETS 39,–
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schließlich dunkel wird. Die Primus-Linie (bei allen Tagesfahrten Zustiege auf der Strecke möglich)
nimmt ihre Gäste mit auf eine stimmungsvolle
Abendfahrt entlang des Mains. Eine gute Ka-
mera darf hier nicht fehlen, denn Frankfurt bei
Nacht ist äußerst fotogen. Die Skylight-Tour
Alle Fahrten ab Frankfurt, Eiserner Steg, Mainkai
kostet 16,50 Euro für Erwachsene sowie 10,50
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tags, mittwochs und samstags. Abfahrt ist ab
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SE I TE 8 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4 Rhein-Main
Aufräumen in der Annasiedlung
HANAU Weil der
Eigentümer sich nicht
um die Häuser aus den
Dreißigerjahren kümmert,
verfällt die Siedlung.
D
ie Stadt Hanau verspricht, in
der verwahrlosten Siedlung am
Kinzigheimer Weg aufzuräu-
men. Aus den zum Teil leer ste-
henden Häusern werde Müll entfernt, teil-
te Oberbürgermeister Claus Kaminsky
(SPD) mit. Bei nicht mehr bewohnten
Häusern werde man Türen und Fenster
zumauern, um ein illegales Betreten zu
verhindern. Zudem müssten einige Bäume
gefällt werden, weil sie umzustürzen droh-
ten. Die Grünanlagen in der Siedlung wer-
den der Stadt zufolge ebenfalls von Müll
befreit. Weil die Verwaltung damit rech-
net, dass sich dort Ungeziefer eingenistet
hat, werden Schädlingsbekämpfer mit am Marode: Die Annasiedlung verfällt. Nun greift die Stadt ein und lässt Müll entfernen und geht gegen Ungeziefer vor.
Werk sein. Die 13 Mehrfamilienhäuser Foto Rainer Wohlfahrt
Rohrbrüche mehren sich
VERANSTALTUNGEN
MÖRFELDEN-WALLDORF Dass Was-
serleitungen 60 Jahre und älter sowie
brüchig sind, bekommt die Stadt ver-
mehrt zu spüren. Nachdem vor Mona-
ten im Stadtteil Walldorf mehrere
Rohrbrüche beseitigt und Straßen ge-
sperrt werden mussten, ist jetzt im
© Annika Weinthal
Kreisel Gärtnerweg/Ecke Gerauer
Weg im Stadtteil Mörfelden eine Lei-
tung gebrochen, was eine Sperrung
SA 23.9.23 | PERSONENKALENDER
DOTA Montag, 31. Juli
Reinhard Stock, emeritierter Professor
© Eugen Sommer
IN DER FERNSTEN am Institut für Kernphysik an der Goe-
DER FERNEN the-Universität Frankfurt, Träger des
MIT TEXTEN VON Leibniz-Preises und des Lise-Meitner-
MASCHA KALÉKO
Lukas der Lokomotivführer Preises der Europäischen Physikali-
Jim Knopf und ungen in den Ferien schen Gesellschaft, wird 85 Jahre alt.
12 Vorstell
Martin Mosebach, Schriftsteller, Trä-
© bremme-hohensee.de
ger der Goethe-Plakette der Stadt
06101 55 94 55
Frankfurt, wird 72 Jahre alt.
Volker Eichler, früherer Leitender
Archivdirektor des Hessischen Haupt-
staatsarchivs Wiesbaden, wird 70 Jahre
alt.
Belén Garijo, Vorsitzende der Ge-
schäftsleitung der Merck KGaA, Darm-
stadt, wird 63 Jahre alt.
SO 1.10.23
Christian Bloth, Rechtsanwalt, Hono-
rargeneralkonsul des Königreichs
Schweden, Frankfurt, wird 62 Jahre alt.
SONA
Uwe Becker (CDU), Staatssekretär für
Europaangelegenheiten, Antisemitis-
JOBARTEH
mus-Beauftragter der Landesregie-
rung, ehemaliger Bürgermeister und
Kämmerer der Stadt Frankfurt, wird 54
Jahre alt.
Gesine Becker, Leiterin des Bad Vil-
beler Theaters Alte Mühle, wird 53 Jah-
© Eugen Sommer
re alt.
© D. Matvejev
Torben Nielsen, Geschäftsführer der
Pepsico Deutschland GmbH, Neu-Isen-
burg, wird 43 Jahre alt.
Anton Dienstag, 1. August
Pünktchen und en Ferien
Karl Nüser, langjähriger Direktor und
19 Vorstellungen in d geschäftsführender Gesellschafter des
Hotels Nassauer Hof, Wiesbaden, wird
SA 2.12.23
75 Jahre alt.
06101 55 94 55 Ann-Kathrin Linsenhoff, Mäzenin,
Olympiasiegerin und Weltmeisterin im
Dressurreiten, Gründerin der Ann-Ka-
DAS STAATLICHE thrin-Linsenhoff-Stiftung für UNICEF,
SINFONIEORCHESTER
30.07. Antikmarkt
Kronberg, wird 63 Jahre alt.
LITAUEN Zeitung auf, Bühne frei!
Alexander Wynaendts, Aufsichtsrats-
Wetzlar, im Finsterloh vorsitzender der Deutschen Bank AG,
DIRIGENT GINTARAS RINKEVIČIUS www.finsterloh.de 0170 3023160 Frankfurt, wird 63 Jahre alt.
UND NURON MUKUMI AM FLÜGEL
Peter Haid, Generalbevollmächtigter
der Bank Oddo BHF, Frankfurt, wird
59 Jahre alt.
Sabine Schmittroth, Gründerin und
Geschäftsführerin des Beratungsunter-
nehmens Sajos, Frankfurt, ehemaliges
Vorstandsmitglied der Commerzbank
© Gregor Eisenhuth
AG, Frankfurt, wird 58 Jahre alt.
Marcus Nähser, Vorstandsvorsitzender
der Nassauischen Sparkasse, Wiesba-
den, wird 55 Jahre alt.
Torsten Kutschke, Chefredakteur der
FR 22.12.23
Fachzeitschrift „Kommunikation &
Recht“, Frankfurt, wird 51 Jahre alt.
Torsten Lieberknecht, Cheftrainer des
SV Darmstadt 98, wird 50 Jahre alt.
DANCEPERADOS
© Eugen Sommer
OF IRELAND Mittwoch, 2. August
„SPIRIT OF IRISH ) Frank Stangenberg-Haverkamp, Vor-
(Edith Piaf und Mar
lene Dietrich
el
Spatz und Eng en 2.| 3. | 4.| 5. August
CHRISTMAS TOUR“ standsvorsitzender und persönlich haf-
tender Gesellschafter der E. Merck KG,
ng
letzte Vorstellu
Darmstadt, wird 75 Jahre alt.
Wolfgang Diefenbach, Künstlerischer
Leiter und Gründer des Landesjugend-
TICKETS & INFOS 06101 55 94 55 jazzorchesters Hessen, Träger des Hes-
06101 55 94 55 & sischen Kulturpreises, wird 72 Jahre
alt.
FRANKFURTTICKET.DE Michael Müller, Vorstandsvorsitzender
der Wirtschaftsinitiative Frankfurt/
Rhein-Main, von 2012 bis September
2022 Mitglied des Vorstands und
Arbeitsdirektor der Fraport AG, Frank-
Die ganze Welt in Ihrer Zeitung furt, wird 66 Jahre alt.
Auskünfte und Beratung: Cathrin Schleussner, Erste Vorsitzende
Telefon (069) 75 01- 33 36 | www.rmm.de/kontakt der Clementine Kinderhospital – Dr.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
aus den Dreißigerjahren sind in Hanau
schon seit Jahren ein Ärgernis, weil der
Eigentümer sie hat verwahrlosen lassen.
Die zwei- bis dreigeschossigen Bauten mit
164 Wohnungen an Kinzigheimer Weg
und Annastraße zwischen der Bundesstra-
ße 43a und dem Mainhafen, auch bekannt
als Annasiedlung, stehen unter Denkmal-
schutz. Die Stadt hatte im Jahr 2015 in
einer Satzung eine Sanierung vorgeschrie-
ben, die der damalige Eigentümer aber
nicht ausgeführt hatte.
Als die Häuser im Jahr 2017 zu einem
nach Einschätzung der Stadtverwaltung
überhöhten Preis verkauft werden sollten,
verfügte die Kommune mit ihrem Vor-
kaufsrecht die Veräußerung zum Ver-
kehrswert. Der Eigentümer wehrte sich
dagegen, der Rechtsstreit zwischen ihm
und der Stadt zieht sich hin, das Verfahren
ist aber derzeit unterbrochen, weil die
Eigentümergesellschaft im Jahr 2020 In-
solvenz angemeldet hat. Das Insolvenzver-
fahren läuft nach Angaben der Stadtver-
waltung noch. Die Stadt streckt die Kosten
für die Aufräumarbeiten laut Mitteilung
vor, will sie aber später bei einem Verkauf
der Gebäude zurückverlangen. höv.
des Kreisels nötig machte. Inzwischen
ist eine Ampel installiert, die den Ver-
kehr einspurig an der Baustelle vor-
beileitet. Schon 2018 hatte es nahe der
jetzigen Schadstelle einen Rohrbruch
gegeben, was die Stadt veranlasst, die
komplette Leitung im Gärtnerweg
zwischen Parkstraße und Dieselstraße
zu erneuern, wie Erster Stadtrat Cars-
ten Groß (CDU) mitteilte. erle.
|
Christ’sche Stiftung, Frankfurt, wird 61
Jahre alt.
Carmelo Greco, Küchenchef des gleich-
namigen Restaurants, Frankfurt, wird
57 Jahre alt.
Matthias Alexander Rath, Dressurrei-
ter, Turnierleiter des Internationalen
Festhallen-Reitturniers, Frankfurt,
wird 39 Jahre alt.
Donnerstag, 3. August
Wilhelm Bender, Aufsichtsratsvorsit-
zender der Deutschen Hospitality,
Ehrenvorsitzender der Wirtschafts-
initiative Frankfurt/Rhein-Main, frü-
herer Vorstandsvorsitzender der
Fraport AG, Träger der Ehrenplaket-
te der Stadt Frankfurt, wird 79 Jahre
alt.
Thomas Hain, Leitender Geschäftsfüh-
rer der Nassauischen Heimstätte,
Frankfurt, wird 64 Jahre alt.
Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende
der Deutschen Zentrale für Tourismus,
Frankfurt, wird 58 Jahre alt.
Robert Theobald, Vorsitzender des
Fördervereins Deutsches Apfelwein-
museum, Betreiber des Traditionslo-
kals „Zur Buchscheer“, Frankfurt, wird
57 Jahre alt.
Freitag, 4. August
Claus-Peter Schnorr, emeritierter Pro-
fessor für Mathematik an der Goethe-
Universität Frankfurt, Träger des Leib-
niz-Preises, wird 80 Jahre alt.
Walter Astheimer (Die Grünen), von
2010 bis Oktober 2022 Erster Kreisbei-
geordneter des Kreises Groß-Gerau,
wird 73 Jahre alt.
Dieter Schenk, Vorsitzender des Stif-
tungsrats der Else-Kröner-Fresenius-
Stiftung, Bad Homburg, wird 71 Jahre
alt.
Michael Emmerich, Geschäftsführer
des Medienverlags VRM Wetzlar
GmbH, Vorsitzender des Verbands
Hessischer Zeitungsverleger, wird 63
Jahre alt.
Susanne Johna, Oberärztin für Kran-
kenhaushygiene am St.-Josefs-Hospital
Rheingau, Rüdesheim, wird 58 Jahre
alt.
Samstag, 5. August
Joachim Valentin, Theologe, Direktor
des Hauses am Dom, Träger der Ehren-
plakette der Stadt Frankfurt, wird 58
Jahre alt.
Stefan Schad, Geschäftsführer der Va-
risano-Kliniken Frankfurt-Main-Tau-
nus GmbH, Frankfurt, wird 41 Jahre
alt.
Sonntag, 6. August
Karl-Heinz Schäfer (SPD), ehemaliger
Präsident des Hessischen Städte- und
Gemeindebunds, Mühlheim, wird 70
Jahre alt.
Klaus-Michael Ahrend, Vorstandsmit-
glied der Heag Holding AG, Darm-
stadt, wird 52 Jahre alt.
Daniela Bleymehl, Triathletin beim
Darmstädter Schwimm- und Wasser-
sport-Club 1912, mehrfache Ironman-
Siegerin, wird 35 Jahre alt.
Zusammengestellt vom F.A.Z.-Archiv,
Caspar Dawo
Sonntags ohne
Parkgebühr
Stadt ändert Regelung
nach Protesten
GIESSEN Die Universitätsstadt
schafft die erst im März eingeführten
Parkgebühren innerhalb des Anla-
genrings sonntags wieder ab. Sie re-
agiert nach eigenen Angaben auf
vielstimmige Proteste aus Gastrono-
mie und Kirche. Werktags müssen
Autofahrer aber von 7 bis 22 Uhr
weiter Parkscheine lösen. Derweil
nimmt die Stadt weitere Umbauten
für den umstrittenen Verkehrsver-
such in Angriff, mit dem sie den Rad-
verkehr stärken und mehr gegen den
Klimawandel tun will.
Nach der Ausweitung der Parkge-
bührenpflicht auf die Sonntage hat-
ten sich Gastronomen, der Betreiber
eines Altenheims und eine Kirchen-
gemeinde bei der Stadt beklagt. Hin-
zu kamen Anlieger, die ebenfalls
stark betroffen waren, wie die Stadt
nun zugesteht. Nach den Protesten
habe die Straßenverkehrsbehörde die
Lage am Ort in Augenschein genom-
men. Ergebnis: Es gebe sonntags
dort ausreichend freie Parkplätze,
und der Parkplatz-Suchverkehr habe
abgenommen im Vergleich zu früher.
Die Stadt will nun neue Hinweis-
schilder zu den Parkgebühren auf-
stellen. Bis Ende August sollen sie
stehen, wie es heißt.
Wie sie weiter mitteilt, geht der
Umbau des Straßenraums für den
umstrittenen Verkehrsversuch trotz
des laufenden Rechtsstreits vor dem
Verwaltungsgerichtshof weiter. Nach
dem Willen der Stadt sollen sich von
September an Autos, Lastwagen und
Motorräder einerseits und Radfahrer
und Stadtbusse andererseits den An-
lagenring teilen. Zwei Spuren sind
demnach für Radfahrer und Busse
reserviert, die beiden anderen dür-
fen die weiteren Verkehrsteilnehmer
nutzen. Im Zuge der Umbauarbeiten
werden zwei Parkhäuser von Montag
an bis auf Weiteres nur einge-
schränkt erreichbar sein. Die inne-
ren Spuren der Westanlage vom Os-
waldsgarten bis zum Selterstor
bleiben vorerst gesperrt. thwi.
Weinfest mit
Ohrwürmern
DIETZENBACH Zehn Bands an zehn
Tagen und dazu jede Menge Wein: Auf
dem Dietzenbacher Europaplatz darf
seit dem Wochenende und noch bis
zum 6. August mal wieder ausgiebig
gefeiert werden – und das täglich von
17 Uhr an bis gegen Mitternacht. Zum
Weinfest in der Kreisstadt, das schon
zum 27. Mal ausgerichtet wird, haben
sich wie gehabt Winzer aus fast allen
deutschen Anbaugebieten angekün-
digt: Die meisten kommen allerdings
aus Rheinhessen und der Pfalz. An ins-
gesamt 30 Ständen finden Besucher
nach Angaben des Organisations-
teams vom Dietzenbacher Capitol
außerdem weitere kulinarische Ange-
bote: von A wie Apfelwein bis Z wie
zünftiges Grillgut. Auf der Bühne
wechseln sich jeweils von 19 Uhr an
die ganze Woche über unterschiedli-
che Künstler, wie die für Samstag an-
gekündigte Ela Querfeld und den am
Sonntagabend auftretenden Capones,
ab. Weil tanzen und mitsingen auf dem
Europaplatz laut Ankündigung aus-
drücklich erwünscht ist, werden eben-
dort sicher auch wieder viele Oldies
und Ohrwürmer zu hören sein. sug.
Infos gibt es unter der Internetadresse
www.dietzenbach.de/weinfest
Giftanschlag:
Urteil bestätigt
DARMSTADT Das Urteil gegen eine
ehemalige Studentin nach einer
Giftattacke an der Technischen Uni-
versität Darmstadt ist rechtskräftig.
Ihre Revision gegen das Urteil des
Landgerichts Darmstadt sei als un-
begründet verworfen worden, teilte
der Bundesgerichtshof in Karlsruhe
am Freitag mit.
Das Landgericht hatte im Dezem-
ber vergangenen Jahres entschieden,
dass die damals 33 Jahre alte Frau
vorerst unbefristet in einer geschlos-
senen Psychiatrie untergebracht wer-
den muss. Ärzte hatten eine paranoi-
de Schizophrenie diagnostiziert.
Die Frau hatte gestanden, in der
Nacht zum 23. August 2021 Chemi-
kalien in Milch, Honig und Wasser
für Kaffee und Tee gegeben zu ha-
ben. So wollte sie Angehörige des
Fachbereichs Materialwissenschaf-
ten an der Universität vergiften,
von denen sie sich wegen ihrer Psy-
chose verfolgt fühlte. Sieben Men-
schen schluckten die Chemikalien
beim Kaffee- und Teetrinken, einer
war kurzzeitig in Lebensgefahr. In
dem Verfahren bestritt die Beschul-
digte den Vorwurf des versuchten
Mordes. lhe.
FRANK FU RTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG Rhein-Main SAM S TAG, 29. JUL I 2023 · NR. 1 7 4 · SE I TE 9

CDU gegen
Barhocker, Windräder
im Wald
Mikro und NIEDERNHAUSEN Am Tag der Land-
tagswahl werden die Niedernhausener

Popcornmaschine auch über die Nutzung der Windener-

gie entscheiden. Den Weg zum Bür-
gerentscheid am 8. Oktober hatte die
Gemeindevertretung geebnet. In der
Sache gehen die Meinungen aber un-
verändert weit auseinander.
HATTERSHEIM Der Posthofkeller bekommt ein Die CDU positioniert sich eindeutig
gegen die Aufstellung von Windrädern
neues Konzept unter bewährter Führung: im Wald. Dabei gibt sie zu, dass die
Nachhaltigkeitsziele der Gemeinde
Künftig soll ein Programm aus durch die „geplanten Windkraftanla-
Stand-up-Comedy, Poetry-Slam und Musik gen im Wald schnell und bequem“ er-
reicht werden könnten. Doch die Bür-
ein jüngeres Publikum begeistern. ger sollten auch entscheiden, welchen
Preis sie dafür zu zahlen bereit seien.
Von Andrea Diener Laut CDU sind die Gemeindewäl-
der durch Schädlinge und Trockenheit
stark geschädigt. Der Bestandsverlust
belaufe sich auf fast 30 Prozent. Es sei

J
ános Westenberger ist praktisch ge hatte sich inzwischen geändert, Bern- damit zu rechnen, dass „alle Nadel-
im Posthofkeller in Hattersheim hard Westenbergers Sohn János war zum bäume verschwinden und die Laub-
aufgewachsen, „ein richtiges Kel- Team gestoßen und hatte seine Ausbil- waldbestände massiv angegriffen
lerkind“, sagt sein Vater Bern- dung als Veranstaltungskaufmann abge- werden“. Die Partei hält es daher für
hard. Das ist in diesem Fall ausnahms- schlossen. Man wurde sich schnell einig, unangemessen, „ramponierte Wald-
weise etwas Gutes, denn der als Familienbetrieb wollte man beide gebiete durch weitere Rodungen und
Posthofkeller mit seinem Gewölbe und Häuser führen. Eigentlich sollte es 2019 Baumaßnahmen“ zu belasten. Wenn
den roten Bänken war lange die künstle- losgehen mit dem neuen Programm im Schadflächen als Standorte für Roto-
rische Heimat von Bernhard Westenber- Posthofkeller. Und ungefähr ein Jahr ren genutzt würden, seien diese Flä-
ger und seinem Kompagnon Hans-Jür- lang ging es auch los, mit dem besten chen auch der Aufforstung entzogen.
gen Mock. Achtzehn Jahre lang Jahr, das sie je hatten, aber dann ging Zudem müssten die Erschließung und
bespielten die beiden und viele komö- plötzlich gar nichts mehr. der Wegebau in den Vorranggebieten
Kellerkinder: Hans-Jürgen Mock, János Westenberger und Bernhard Westenberger (von links) in ihrem Lokal Foto Lando Hass
diantische und kabarettistische Gäste die „Hattersheim hat uns während Corona einkalkuliert werden. Die CDU sieht
Bühne vor etwa achtzig Zuschauern, so nicht unter Druck gesetzt“, sagt Bern- daher einen Gegensatz von Klima-
viele passen hinein, von 1996 bis 2014. hard Westenberger. Die drei konzentrier- und Umweltschutz und verweist auf
Schuld am Abschied war das große ten sich auf das Showspielhaus, das grö- Angebot, aber ich sehe nur wenige Leute ger hat sich als Verstärkung kundige sagt Hans-Jürgen Mock, nur habe man Umweltverbände, die sich gegen
Showspielhaus in Hofheim, eine alte ßer war und das mehr Personal be- in meinem Alter kleinere Comedy-Ver- Partner mit ins Boot geholt, etwa den das irgendwie für den kleinen Rahmen Windkraftanlagen im Wald ausge-
Papiermühle, die sie im Jahr 2011 über- schäftigte. Inzwischen läuft der Betrieb anstaltungen besuchen“, sagt er. „Dabei Frankfurter Poetry-Slammer Jan Cönig. umgesetzt. Allerdings sei man im Keller sprochen hätten.
nommen und zu einem Veranstaltungs- wieder normal postpandemisch, mit gibt es so viele tolle Künstler, die noch Für Musik sorgt das Team vom Sommer- näher am Publikum, der Funke springe Die Gemeinde könne auf anderem
ort umgebaut hatten. einem normalen Frühjahr und einige nicht oder nur regional bekannt sind.“ schein-Festival in Hofheim, und der Co- schneller über. „Kleine Clubs sind wich- Weg einen Beitrag zu Senkungen der
Zunächst boten sie in beiden Häusern Hoffnungen für den Herbst. Es soll eine Reihe mit Stand-up-Co- median Peter Kunz, der über reichlich tig, damit sich große Künstler hier aus- Kohlendioxid-Emissionen leisten,
ein ähnliches Programm an, doch das Der Keller stand unterdessen leer, bis medy geben, nach amerikanischem Vor- Kontakte im Geschäft verfügt und ein probieren können“, sagt er. meint die CDU und verweist auf So-
wurde schnell zu viel. „Die Entscheidung auf Vermietungen für private Veranstal- bild mit einem Headliner und einem Sup- Auge auf vielversprechende Newcomer Alle, die heute Rang und Namen ha- laranlagen. Es gehe um einen natur-
war notwendig, weil wir uns fokussieren tungen, nun soll dort der Neustart mit port-Act. Kein Schnickschnack, nur ein hat, soll interessante junge Künstler ben, waren früher einmal im Posthofkel- verträglichen Ausbau der erneuerba-
mussten“, sagt Bernhard Westenberger. einem anderen, jüngeren Konzept statt- Barhocker, ein Mikrofon – und eine Pop- nach Hattersheim bringen. ler: Martin Schneider, Vince Ebert, Ingo ren Energien. Angesichts der
So verließen sie Hattersheim „mit einem finden. Der Vorverkauf läuft, am 2. Sep- corn-Maschine. Im Anschluss bleibt die „Wir müssen auch lernen, was hier Appelt. Und einige kommen auch immer Tatsache, dass Deutschland für weni-
weinenden Auge“. Bis 2019 wurde der tember findet die große Eröffnungsparty Bar offen, und wenn sich irgendwann reinpasst“, sagt János Westenberger. wieder. „Die Gäste vertrauen uns“, sagt ger als zwei Prozent des globalen
Keller anderweitig betrieben. Dann aber statt, bei der jeder vorbeischauen darf. einmal eine Küchenfachkraft finden soll- Denn Bühne ist nicht gleich Bühne. „Als Bernhard Westenberger. „Viele sagen, Ausstoßes an Treibhausgasen verant-
kamen die beiden mit der Stadt ins Ge- Die künstlerische Leitung hat nun Wes- te, gibt es auch mehr als Snacks. Dazu wir das neue Haus hatten, hatte ich das ich kenn den nicht, aber ich schau ihn wortlich sei, müsse sorgsam abgewo-
spräch, die gerade wieder neue Pächter tenbergers Sohn János, und der hat eini- ein buntes Programm aus Poetry-Slam, Gefühl, dass wir schon immer Programm mir trotzdem an. Das wollen wir hier im gen werden, „ob man für unsere Re-
für ihren Keller suchte. Die Ausgangsla- ges vor. „Es gibt so ein großes Comedy- Lesungen und Musik. János Westenber- für die große Bühne geschrieben haben“, Keller auch erreichen.“ gion elementare Güter opfert“. obo.

HEUTE IN RHEIN-MAIN
KUNST

Kirchner im Plakat

E U
N
Eine Privat-
sammlung um-
fasst Plakate zu
Foto Reproduktion: BillerAntik

Ernst Ludwig
K i rch ner-Aus-
stellungen aus
etwa acht Jahr-
zehnten und

GROSSE
bietet damit ei-
nen farbenfro-
Foto Alicjy Gola

hen Einblick in
die Rezeption
des Künstlers im Kunstausstellungs-
wesen. Daneben werden seltene Pu-

WIEDER-
blikationen gezeigt, auch aus der
„Brücke“-Zeit.
MUSIK
KIRCHNER IM PLAKAT
StimmGold Aschaffenburg, Kirchnerhaus,
Samstag, 29., 14 bis 17 Uhr
Das Vokalsextett führt in diesem Pro- zug in Kompositionen, unter anderem von und Sonntag, 30. Juli,

EROFFNUNG.
gramm durch „Tag & Nacht“. Thematisch Albert Becker und Heinrich Schütz. Die 11 bis 17 Uhr,
beginnt alles in der Nacht, im dunklen Werke von Max Reger gehören zum Kern- bis 17. September 2023
Wald, der durch das Licht des anbrechen- repertoire des Ensembles und zweifellos
den Morgens erhellt wird – der Frühling zur Blüte der Musik in der Romantik. Mit
beginnt! Es folgen Werke rund um die Lie- seinem berühmten Nachtlied schließt sich
be. Mit Orlando di Lasso beginnt der zwei- der Kreis zum Abend.
te Konzertteil, ein großer Lobpreis auf die
Musik. Die Thematik der „Nacht“ wird STIMMGOLD
zur Chiffre, das Innere und die seelische Eltville am Rhein, St. Markus
Gefühlswelt darzustellen. Weltschmerz, Erbach, Sonntag, 30. Juli,
Foto VT-Veranstaltungen

Sehnsucht und Melancholie finden Ein- 18 Uhr

KINDER WIR HABEN UNSEREN MARKT

Findus zieht um
Hüpfen macht das Leben schöner! Wenn
MODERNISIERT UND SIND
Foto Barrelhouse Jazzband

FESTE
Kater Findus aufwacht, muss er einfach
auf seinem Bett hüpfen. Aber um vier
Uhr morgens ist Pettersson davon nur
genervt. Also entschließt sich Findus, ins
Plumpsklo im Garten zu ziehen. Nachts
Genuss &
Gartenfest AB MONTAG, 31.07.
WIEDER FÜR SIE DA!
ist es dort allerdings viel unheimlicher,
Über 120 internationale Aussteller aus
als er dachte. Vielleicht ist es bei Pet-
den unterschiedlichsten Bereichen er-
tersson doch schöner? Ein hinreißendes
MUSIK warten die Besucher mit ihrem Ange-
Theaterstück nach dem Bilderbuch von
bot. Es gibt Rankhilfen und Rosenstüt-
Sven Nordqvist, frisch aus dem Kinder-
Jazz in der Burg und Katerleben! Es spielt das Kinder-
und Jugendtheater Frankfurt.
zen, ausgesuchte Gartenaccessoires,
praktische Gartengeräte, Zubehör und
vieles mehr. Auch für kulinarische Ge-
Gleich drei Bands spielen bei diesem nüsse ist gesorgt. Eine große Street-
Event in der Burg Hayn: die Barrel- FINDUS ZIEHT UM
Frankfurt, Niddapark, Sams- food-Meile bietet an 20 Ständen Deli-
house Jazzband, The Huggee Swing katessen und Spezialitäten aus vielen
Band und das Joscho Stephan Trio. Die tag, 29. und Sonntag, 30. Juli,
jeweils 16 Uhr Ländern der Welt an.
Barrelhouse Jazzband feiert bei dieser
Jugendtheater Frankfurt

Gelegenheit ihr siebzigjähriges Bühnen- GENUSS & GARTENFEST

jubiläum. Das Repertoire der drei Grup-
Foto Kinder- und

Bad Orb, Kurpark,

pen reicht von den Werken der großen Samstag, 29., 11 bis 18 Uhr
Meister des „schwarzen“ Jazz aus den und Sonntag, 30. Juli,
zwanziger bis fünfziger Jahren (Jelly 10 bis 18 Uhr
Roll Morton, Louis Armstrong, Count
Basie, Duke Ellington) bis zu zahlrei-
chen eigenen Kompositionen aus jüngs-
ter Zeit – Jazz in der Burg umspannt also Alle Termine
gut 100 Jahre Jazzgeschichte. finden Sie
JAZZ IN DER BURG, Dreieich, online unter
Burg Heyn, Samstag, 29. Juli,
19.30 Uhr
faz.net/vk HIT MARKT BAD HOMBURG
FRANKFURTER LANDSTRASSE 1 • 61352 BAD HOMBURG • MO. – SA. 07.00 – 22.00 UHR
SE I TE 1 0 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Herr Hardung, waren Sie seit dem Ab-
itur bei einem Klassentreffen?
Ja, tatsächlich treffen wir uns jedes Jahr
vor Weihnachten.
Staunen die ehemaligen Mitschüler über
Sie? Ihre Geschichte ist ja eine mit Sel-
tenheitswert. Angefangen hat alles mit
einem freiwilligen sozialen Jahr bei der
TSG Hoffenheim. Jetzt sind Sie mit 33
Jahren Sportdirektor in der Bundesliga.
Schon, aber Gott sei Dank gar nicht so
extrem. Es ist nicht so, dass sich der gan-
ze Abend um mich dreht. Natürlich gibt
es Sportaffine, die sich dafür interessie-
ren. Es gibt aber auch ein paar, die heute
noch fragen: Was machst du eigentlich?
Oder: Und das ist dein Job?
Müssen Sie sich selbst manchmal knei-
fen, weil es so schnell nach oben ging?
Ja, natürlich. Das war auch nie ein Plan,
weil er niedergeschrieben schon relativ
utopisch wirkt. Ich würde auch nieman-
dem raten, das so anzugehen. Ich wurde
schon als Teammanager oft gefragt: „Wie
bist du in diese Position gekommen? Ich
will das Gleiche machen.“ Ich sage dann
immer: Versuch nicht irgendwas zu ko-
pieren. Geh deinen eigenen Weg.
Sie waren erst Nachwuchstrainer in Hof-
fenheim, dann Teammanager bei den
Profis. Wie ging das los bei Ihnen?
Nach meinem sozialen Jahr im Klub wur-
de ich während meines Studiums Werk-
student und Assistent von Bernhard Pe-
ters. Ich habe mich viel mit strategischen
EINTRACHT IM
TRAININGSLAGER
Themen beschäftigt, der strukturellen
Konzeption insbesondere in der Nach-
wuchsförderung. Während dieser Zeit
war ich auch Jugendtrainer. Dann wurde
ich nach etwa vier Jahren Teammanager
bei den Profis und habe die anderen Auf-
gabengebiete abgegeben.
Kurz darauf wurde Julian Nagelsmann
Trainer bei den Profis. Wie war Ihr Ver-
hältnis?
Wir sind beide im gleichen Sommer zum
Verein gekommen, kannten uns also
schon länger, weil wir uns immer mal
wieder begegnet sind. Jeder ist seinen
Weg gegangen, bevor wir uns bei den
Profis wiedergetroffen haben. Wir sind
ungefähr im gleichen Alter, waren da-
mals beide neu, hatten ähnliche Interes-
sen, deshalb war das ein ganz ordentli-
ches Verhältnis. Es war geprägt durch
viel Zeit auf der Arbeit, aber auch Ge-
spräche, die über das Berufliche hinaus-
gingen.
Er hat Sie mit nach Leipzig genommen.
Warum nicht zum FC Bayern München?
Der Hauptgrund ist Eintracht Frankfurt.
Der Verein, die Aufgabe, die Herausfor-
derungen, die mit der Stelle einhergin-
gen, die hier besetzt werden sollte, haben
den Ausschlag gegeben.
Haben Sie bei der Eintracht die Chance
gesehen, schneller den nächsten Schritt
machen zu können?
Es ging nicht um schneller. Ich bin nie
unter Zeitdruck gewesen. Bei jeder Ent-
scheidung, die ich bislang im Leben ge-
troffen habe, habe ich versucht, den nächs-
ten für mich sinnvollen Schritt zu gehen.
Wohin mich das irgendwann führen wird,
war für mich zweitrangig. Die Aufgaben
bei der Eintracht waren nah dran an dem,
wie ich mir den nächsten Schritt vorge-
stellt hatte. Der Verein ist super interes-
sant mit der Emotionalität, Professionali-
tät und Historie, aber auch mit der Nähe zu
meiner Heimat in Heidelberg. In München
wäre es ein Part im Teil des Trainerteams
gewesen, also wirklich sehr nah am Chef-
trainer. Julian wusste, dass ich meine größ-
ten Stärken eher im Management sehe, wo
ich unabhängig vom Trainer in einem
Klub arbeiten kann.
Wann haben Sie Ihr letztes Fußballspiel
als Aktiver absolviert?
Das ist schon sehr lange her. Da müsste
ich 22 gewesen sein, als ich noch in der
Landesliga gespielt habe. Mit dem Ko-
Trainer-Job in der U 15 bei Hoffenheim
habe ich dann aber gemerkt, dass das
zeitlich nicht mehr geht. Das letzte Mal
gekickt habe ich in Dubai und jetzt in
Windischgarsten beim Staff-Spiel der
Eintracht. Ich spiele immer noch sehr
gern Fußball und versuche auch einen
Ausgleich zu finden zu meinem stressi-
gen Job: Ich laufe viel, fahre im Sommer
auch gerne Rad.
Was hat Ihnen zum Profi gefehlt?
Sehr viel. Ich bin viel zu langsam und viel
zu unbeweglich. Ich habe das Spiel immer
ganz gut verstanden. Das habe ich auch
später als Trainer gemerkt. Das war nicht
das Problem. Ohne Puls kann ich mir ein
Video anschauen und das gut einordnen.
Aber wenn ich einen Sprint über 100 Me-
ter mache, habe ich Laktat in den Augen
und sehe nichts mehr. Die Kunst ist es al-
lerdings, Inhalte bei einem Puls von 180
immer wieder richtig umzusetzen. Es war
daher schon früh abzusehen, dass das
nichts wird.
Bekommen Sie im Berufsalltag manch-
mal zu spüren, dass Sie nie höherklassig
gespielt haben?
Nein.
„Ich bin
mehr als
die rechte
Hand“
Eintracht-Sportdirektor
Timmo Hardung über die
Zusammenarbeit mit
Sportvorstand Markus Krösche,
seinen schnellen Aufstieg, den
gewonnenen Respekt und den
neuen Frankfurter Stellenwert
1:1 im Testspiel gegen Arnheim
Niels Nkounkou will zur Eintracht wechseln
FRANKFURT Zum Abschluss ihres
Trainingslagers in Österreich hat sich
die Frankfurter Eintracht im Testspiel
1:1 von Vitesse Arnheim getrennt.
Den Treffer für die Hessen in Grödig
im Salzburger Land erzielte Jens Pet-
ter Hauge nach 43 Spielminuten. Ma-
ximilian Wittek glich per Freistoß zum
1:1 (58. Minute) für die Niederländer
aus. Erstmals zum Einsatz in dieser
Saisonvorbereitung kamen Torhüter
Kevin Trapp, Randal Kolo Muani und
Mario Götze. Nicht mit dabei im Duell
mit dem Zehnten der Eredivisie der
Vorsaison waren Verteidiger Robin
Koch, Kapitän Sebastian Rode und
Christopher Lenz. Auch Djibril Sow
und Rafael Borré fanden keine Be-
rücksichtigung; beide werden die Ein-
tracht voraussichtlich verlassen.
Derweil will Niels Nkounkou zur
Eintracht wechseln und fordert des-
Sport
Lange an der Seite von
Julian Nagelsmann in
Hoffenheim und
Leipzig: Timmo Hardung,
der selbst in der Landesliga
gespielt hat.
Fotos Imago/Hübner (2), dpa (2)
halb die Freigabe. Das hat der 22 Jah-
re alte Franzose vom Zweitligaklub
AS Saint-Etienne in einem Gespräch
mit der Sportzeitung „L’Equipe“
deutlich gemacht. Als die Anfrage
aus Frankfurt kam, habe er „sofort
zugestimmt“, sagte der Linksvertei-
diger. Mit der Eintracht soll sich
Nkounkou einig sein. Doch dessen
Arbeitgeber und die Hessen konnten
sich noch nicht auf eine Ablösesum-
me für den U-21-Nationalspieler ver-
ständigen. Ein Angebot in Höhe von
sechs Millionen Euro soll AS Saint-
Etienne abgelehnt haben. „Und
wenn ich ihnen jeden Tag sagen
muss, dass ich gehen will, werde ich
das tun. Ich werde nicht müde wer-
den. Einen Spieler gegen seinen Wil-
len zu behalten, ist meiner Meinung
nach nicht die richtige Lösung“, sag-
te Nkounkou. F.A.Z.
Sie sind jung, waren nie Profi. Kommt es
da nicht vor, dass man Sie unterschätzt?
Das kann ich gar nicht sagen. Aber ich
versuche, niemandem die Welt zu erklären
oder besserwisserisch zu sein. Die tägliche
Arbeit mit den Spielern macht der Trainer.
Bei Klubs und Vermittlern geht es meiner
Meinung darum, wie man auftritt.
Wie verschafft man sich da Respekt?
Man darf nicht vergessen, dass ich schon
relativ lange im Profifußball tätig bin. In
Hoffenheim hatten wir einen Scouting-
Leiter, Alexander Rosen (Direktor Profi-
fußball, d. Red.), und mich. Ich war da-
mals schon deutlich näher dran als ein
Teammanager heute dran ist an Trans-
fers, Kaderplanung, Gesprächen und
Verhandlungen. Mein Credo war schon
immer, ein bisschen mehr Zeit und Enga-
gement zu investieren, um mehr Einbli-
cke zu erhalten und von Leuten zu ler-
nen, die das schon lange und gut
machen. Dass ich kein Ex-Profi bin, ist in
meinen Augen kein Problem. Man kann
nicht meinen akademischen Weg gehen
und zeitgleich den Weltmeisterpokal in
die Luft stemmen. Mit Sami Khedira ver-
stehe ich mich ganz gut. Er ist ein Para-
debeispiel für einen Spieler, der ein Profi
par excellence war. Er hat verdammt viel
erreicht und viel gesehen. Ich habe ver-
sucht, mir die fußballerische Expertise
anzueignen, indem ich bei Bundesliga-
klubs war, die international gespielt und
europäische Titel gewonnen haben. Sami
hat sich nach der Karriere beispielsweise
über verschiedene Management-Pro-
gramme und persönliches Engagement
den akademischen beziehungsweise Ma-
nagement-Teil angeeignet. Wir werden
trotzdem immer unterschiedliche Perso-
nen mit unterschiedlichen Profilen sein.
Wie muss man sich die Zusammenarbeit
zwischen Markus Krösche und Ihnen
vorstellen?
Extrem eng. Das war sie schon seit dem
Beginn unserer Zusammenarbeit. Es sind
sehr viele Abstimmungen, vor allem
wenn es darum geht, welche Strategie wir
wo fahren, wer was übernimmt. Wir sind
in einem ständigen Austausch und wollen
unsere verschiedenen Rollen auch best-
möglich für Eintracht Frankfurt nutzen.
Also sind Sie mehr als die rechte Hand
des Sportvorstands?
Ja, das würde ich schon sagen. Es ist nicht
so, dass ich nur das ausführende Organ
von Markus bin. Das war ich auch noch
nie. Wir sind uns auch nicht immer einig,
das kriegt man in der Öffentlichkeit nur
nicht mit. Oft wird bei uns ja so etwas wie
Buddyismus suggeriert. Er ist aber nicht
der Patenonkel meines Sohns, und ich bin
nicht sein Trauzeuge. Wir schätzen uns
menschlich. Charakterlich passt das auch,
da wollen wir nicht drum herumreden.
Aber in erster Linie schätzen wir uns be-
ruflich. Weil wir die gleiche Philosophie
haben, wie man einen Klub und die Mit-
arbeiter führen sollte. Und wir sind uns
grundsätzlich einig darüber, welche Vo-
raussetzungen und Gegebenheiten man
schaffen muss, damit ein Klub auch lang-
fristig wettbewerbsfähig bleibt.
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Was hat im Transfergeschäft aktuell
höchste Priorität für die Eintracht?
Priorität würde ja suggerieren, dass wir
Themen auf der Strecke lassen. Wir haben
in diesem Sommer zuerst unsere Planstel-
len bei den Neuzugängen besetzt. Nicht,
weil die Priorität zwingend darauf lag,
sondern weil wir teilweise von Drittpartei-
en abhängig sind. Jetzt liegt der Fokus
eher darauf, dass auf der Seite der Abgän-
ge etwas passiert. Die Vorbereitungen und
Gespräche laufen aber schon länger. Da
sind wir dran.
Viel hängt von der Personalie Randal
Kolo Muani ab. Ein Verkauf dürfte, wenn
überhaupt, erst spät im Transferfenster zu
realisieren sein. Kann man dann noch Er-
satz verpflichten?
Es wird natürlich immer schwieriger, je
später es wird. Vielleicht wird man am
Ende nicht drum herumkommen, Kolo
Muani zu verkaufen, wenn ein Angebot
kommt, das so gut ist, dass man es aus
wirtschaftlichen Gründen nicht ablehnen
kann, und der Spieler zwingend den
Wechsel anstrebt. Dafür gibt es bei Kolo
aber keinerlei Anzeichen, er fühlt sich bei
uns wohl. Es ist aber nicht so, dass wir
dann nur noch zu zehnt antreten könnten.
Wir haben sehr gute Stürmer mit unter-
schiedlichen Profilen.
Welchen Fußball soll die Eintracht in
dieser Saison spielen?
Einen erfolgreichen (lacht).
Und wie sieht der aus?
Im Profifußball geht es selbstverständlich
um Ergebnisse. Daran wirst du am Ende
gemessen. Wir werden in der Bundesliga
mittlerweile anders gesehen. Viele Mann-
schaften spielen deutlich defensiver und
destruktiver gegen uns. Das ist auch eine
Honorierung der Qualität, die wir haben.
Einfacher macht es das aber nicht. Flexibi-
lität und Variabilität ist wichtig. Wir müs-
sen gegen alle Gegner und in allen Phasen
Lösungen haben. Das ist der Fußball, den
wir spielen wollen.
Die Vorbereitung ist in diesem Jahr sehr
kurz. Lohnen sich viereinhalb Tage Trai-
ningslager?
Ja, definitiv. Die Anreise ist kurz. Wir sind
hier angekommen, konnten am gleichen
Tag trainieren und haben am Abreisetag
noch ein Spiel. Wir verlieren keine Zeit.
Wir haben in Frankfurt sehr gute Gege-
benheiten, aber es geht auch darum, noch
mal rauszukommen und mehr Zeit zusam-
men zu verbringen.
Tuta und Robin Koch haben Teile der
Vorbereitung verpasst. Reicht die Zeit
für die Abwehr, um sich einzuspielen,
oder wird man zum Saisonstart Abstri-
che machen müssen?
Abstriche ist das falsche Wort, finde ich.
Wir werden am letzten Tag der Vorbe-
reitung nicht aufhören zu trainieren.
Die Vorbereitung ist eine wichtige Pha-
se. Aber unser Ziel ist es, dass wir uns
auch während der Saison weiterentwi-
ckeln.
Das Gespräch führte David Lindenfeld.
Wiesbadens
Erweckung
Der Aufsteiger will
Fans erfreuen und
Gegner vergraulen
WIESBADEN Markus Kauczinski, ge-
bürtiger Gelsenkirchener und einst
Nachwuchstrainer bei Schalke 04, ist
ein bodenständiger Fußballlehrer.
Das zeigte sich auch, als der Trainer
des SV Wehen Wiesbaden die Stim-
mung in der Landeshauptstadt nach
dem Aufstieg des Klubs in die zweite
Liga realistisch einschätzte. „Es ist
kein Erdrutsch, aber ich spüre Bewe-
gung“, sagte der 53-Jährige zwei Tage
vor dem Saisonauftakt zuhause gegen
den 1. FC Magdeburg (Samstag, 13
Uhr). Er werde nun öfters auf der
Straße erkannt, und der Zusammen-
halt von Trainer und Mannschaft mit
den Vereinsanhängern sei ebenfalls
größer geworden. „Es ist schon etwas
entstanden.“ Zwar erwartet Kauczin-
ski nicht, dass das Stadion in Zukunft
„immer ausverkauft ist“. Aber es wer-
de einige Heimspiele wie gegen Schal-
ke 04, Hertha BSC oder Kaiserslau-
tern geben, „da weiß ich, es wird voll“.
Im Duell mit Magdeburg rechnen die
Wiesbadener mit rund 6000 Zuschau-
ern, ins Stadion passen 15.295. Zum
Vergleich: In der zurückliegenden
Drittligasaison kam der Aufsteiger auf
einen durchschnittlichen Publikums-
zuspruch von rund 4300.
Beim dramatischen Saisonfinale
war Kauczinskis Mannschaft in aller
Munde. Für vier Minuten wähnten
sich die glückseligen Hessen am letz-
ten Spieltag schon in der zweiten Liga,
bevor Osnabrück mit einem beeindru-
ckenden Finish Wiesbaden doch noch
in die Relegation schickte. Für Torjä-
ger Benedict Hollerbach, der sich jetzt
dem Champions-League-Teilnehmer
Union Berlin anschloss, waren das zu-
nächst die „besten vier Minuten“ sei-
nes Lebens. Ihren Frust über die erste
verpasste Chance wurden die Wiesba-
dener schnell los. Nach einem freien
Tag lachten sie darüber, wie sie im
Aufstiegstaumel auf dem Platz he-
rumgesprungen waren. Die mentale
Stärke und den neuen Mut des Außen-
seiters bekam Arminia Bielefeld zu
spüren: Mit zwei überzeugenden Sie-
gen (4:0 und 2:1) schafften die Hessen
im zweiten Anlauf den Sprung nach
oben. Es ist ihr dritter Zweitliga-Auf-
stieg, zuletzt waren sie in der Saison
2019/2020 in dieser Spielklasse vertre-
ten. Einzig verbliebene Stammkraft ist
Markus Kauczinski Foto dpa
der neue Kapitän Sascha Mocken-
haupt, der auch für Aalen und Kai-
serslautern schon in der Spielklasse
am Ball war. „Das Gute ist, dass wir
für viele Gegner ein bisschen die
graue Maus in der Liga sind, wo die
Leute vielleicht auch weniger Bock
haben hinzureisen“, meint der 31-Jäh-
rige. „Dann wäre es gut, wenn wir es
auf dem Platz auch noch hinkriegen,
dass die Leute ungern hier sind.“
Für den angestrebten Klassenver-
bleib fühlt sich Wiesbaden, das in der
dritten Liga die zweitmeisten Tore er-
zielte, diesmal vor allem in der Breite
gut aufgestellt. Nach diversen Abgän-
gen (Kapitän Johannes Wurtz, Brook-
lyn Ezeh und Ahmet Gürleyen) ver-
stärkte sich der Klub mit Profis aus
dem In- und Ausland. Im Hinblick auf
die Wiesbadener „Möglichkeiten“ sei
er „total zufrieden“ mit dem neuen
Kader, sagte Kauczinski: „Wir haben
das Beste herausgeholt. Jetzt müssen
für uns weitere Schritte folgen“, for-
dert der Coach. „Wir wollen zeigen,
dass wir ein starkes Team sind.“ In
Reihen des Liganeulings verfügt der
Trainer mit Abstand über die meiste
Zweitligaerfahrung. Karlsruhe, Ingol-
stadt, St. Pauli und Dresden waren
weitere Arbeitsstationen des Diplom-
Sportlehrers, der einst beim VfL Bo-
chum in der zweiten Mannschaft
spielte. Nun will er Wiesbaden sport-
lich zu einem Zweitligastandort mit
entsprechendem Publikumsinteresse
entwickeln. „Der Aufstieg war ein
Schritt in die richtige Richtung, um
noch mehr Leute aufzuwecken.“
Kauczinski spürt eine „gewisse Auf-
bruchstimmung“. JÖRG DANIELS
 Anzeige

URLAUBSTIPP Südtirol / Provinz Bozen Mediaagentur:

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HOTEL

Südt iro l
SEITE 12 · SAMSTAG, 29. JULI 2023 Familienanzeigen FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG

Menschen, die wir lieben, bleiben für immer, Eine Stimme, die uns vertraut war, schweigt.
Wir sind traurig über den Tod unserer lieben Ein Mensch, der immer für uns da war, ist nicht mehr.
denn sie hinterlassen Spuren in unseren Herzen. Mutter, Schwiegermutter und „Tante“ Vergangene Bilder ziehen in Gedanken vorbei.
Liebe und Dankbarkeit ist das Einzige, was uns bleibt.
Meine geliebte Frau, Mutter, Oma und Schwiegermutter
Wir lassen dich in Liebe gehen.
Lydia Scholz
Irene Bonzelius geb. Lochbaum
Unsere Mutter, Schwiegermutter, Oma und Uroma.

geb. Klutz
* 17. Januar 1931 † 24. Juli 2023
* 1. 11. 1933 † 18. 7. 2023
Angela Schneider
geb. Schmidt
ist nach einem langen erfüllten Leben von uns gegangen.
In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied. * 14.09.1933 † 23.07.2023

Wir nehmen Abschied: Annette, Peter, Angi und Christoph

Günther Bonzelius und alle Angehörigen Mit ihr ging ein Teil von uns:
Dr. Frank Bonzelius Martin, Achim, Annegret und Peter Schneider
Nico Bonzelius Kathrin, Christian und Paulina Wauer
Erika Heil Die Trauerfeier mit anschließender
sowie alle Angehörigen
Urnenbeisetzung findet am Freitag,
dem 4. August 2023, um 11.15 Uhr
Die Beerdigung findet am Donnerstag, dem 03. August 2023, um 11.15 Uhr auf dem
Bornheimer Friedhof in Frankfurt am Main, Dortelweiler Straße, statt. auf dem Frankfurter Hauptfriedhof statt.
Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung ist am Dienstag,
dem 15. August 2023, um 11.00 Uhr auf dem Friedhof in Oberhöchstadt.
Es gibt ein Bleiben im Scheiden, Und immer sind irgendwo Spuren Deines Lebens,
es gibt einen Besitz im Verzicht, Gedanken, Bilder, Augenblicke und Gefühle.
es gibt einen Sieg im Unterliegen. Sie werden immer an Dich erinnern
Gertrud von le Fort und Dich nicht vergessen lassen.
NACHRUF
Er war ein Geschenk des Himmels, uns als Leihgabe zur Seite gestellt.
Gott hat ihn gerufen und er hat sich auf den Weg gemacht. Marlin Niebuhr In Trauer nehmen wir Abschied vom ehemaligen
geb. Kyarkis Mitglied unseres Aufsichtsrates
Dr. med. Godehard Müller * 1.7.1954 † 21.7.2023

* 19. 1. 1938 † 24. 7. 2023 Nach einem Leben voller Liebe und Fürsorge für ihre Familie

In Liebe und Dankbarkeit

ist unsere liebe Mutter von uns gegangen. Karl-Heinz Jacob
In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied.
Gerda * 16. Oktober 1940 † 24. Juli 2023
Christian, Johanna, Veronika und Florian mit Partnern Nadja und Norbert Enste
Franziska, Jonas, Annina, Rosalie, Felix, mit Noki und Helena
Melina, Zoé, Mirko, Marlin und Nick Nora und David Ritter Mit hohem persönlichem Engagement setzte er sich für die Belange
mit allen Angehörigen mit Till des genossenschaftlichen Bankwesens ein.
im Namen der Familie
Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbestattung findet am Dienstag, Er gehörte über viele Jahre dem Aufsichtsrat unseres Vorgängerinstituts
dem 8. August 2023, um 13 Uhr auf dem Hauptfriedhof in Oberursel statt. der Volksbank Usinger Land und im Anschluss dem Aufsichtsrat
Kondolenzadresse: Bestattungshaus Sinzig Frankenheim, und später dem Verwaltungsrat unserer Bank an.
Wir bitten von Beileidsbekundungen am Grab Abstand zu nehmen. Kölner Straße 50, 47803 Krefeld

Anstelle von Blumen bitten wir um eine Spende an: ex animo Die Trauerfeier mit anschließender Beisetzung findet statt
Wir werden uns seiner stets in großer Dankbarkeit erinnern.
Spendenkonto DE 82 5935 1040 0000 2307 89, Kennwort: Dr. Godehard Müller am Dienstag, dem 1.8.2023, um 13.30 Uhr auf dem
Friedhof Heiligenfelde, Heiligenfelder Straße, 28857 Syke.

Aufsichtsrat, Vorstand und Mitarbeiter der

Alles hat seine Zeit, sich begegnen und verstehen, Frankfurter Volksbank Rhein/Main eG
„Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch.“
sich halten und lieben, sich loslassen und erinnern.
(Erich Kästner)
Robert Louis Stevenson
Ein liebevoller und optimistischer Mensch ist von uns gegangen.
Wir nehmen Abschied von unserer lieben Mama, Schwiegermama und Omi
Dörthe Grotke
Helmi Schmidt geb. Abel
* 21.01.1943 † 18.07.2023
Und immer sind da Spuren deines Lebens.
Gedanken, Bilder, Augenblicke und Gefühle.
geb. Wienecke Sie werden uns immer an dich erinnern.
* 05.10.1935 † 20.07.2023 Wir danken dir für deine bedingungslose Liebe, dein Wirken und
die kostbare Zeit, die wir mit dir verbringen durften.
Margot Probst
In liebevoller Erinnerung:
Andrea und Stefan Wir vermissen dich sehr:
Sabine mit Jakob Reinhard
Saskia, Philipp, Ida, Mira, Line * 22.08.1933 † 17.07.2023
Johannes Dengler
sowie alle Angehörigen Dilek

Wir bitten höflich auf Trauerbekleidung zu verzichten. Die Trauerfeier fand im engsten Familienkreis statt.
Wir nehmen Abschied:
Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet am Mittwoch, dem 16. August 2023, um 11:00 Uhr
auf dem Waldfriedhof in Schwalbach am Taunus statt. Johann Probst
Kondolenzanschrift: Reichmann Bestattungsdienste, Westring 67, 65824 Schwalbach am Taunus Der Herr ist freundlich und seine Güte währet ewig und
Familie und Angehörige
seine Wahrheit für und für.
Psalm 100,5

Wir trauern um unsere Mutter, Oma und Schwester

m 03.08.2023
Trauerfeier mit Urnenbeisetzung am
No pain, no gain. Marion Rall um 14.30 Uhr auf dem Friedhof in Hattersheim-Okriftel
H
* 3. April 1954 † 11. Juli 2023
Ein Leben in Extremen ist vorbei. In stiller Trauer:
Traurig, aber mit großem Respekt, Familie Rall
nehmen wir Abschied von meinem Bruder Familie Priedigkeit

Peter Troppitz Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet am

Freitag, dem 4. August 2023, um 10.30 Uhr auf dem Hauptfried-
hof in Frankfurt am Main, Eckenheimer Landstraße, statt.
* 08.03.1968 † 23.06.2023

In liebevoller Erinnerung
Magdalene (Magda) Sturm
Bärbel mit Klaus, Julius und Hannes geb. Holzhäuser
sowie alle Verwandten, Freunde und Bekannte
* 2. November 1936 † 6. Juli 2023

Die Urnenbeisetzung findet im engsten Familienkreis statt. In stiller Trauer:

Zum gemeinsamen Abschiednehmen wollen wir uns am 04.08.2023 um 12.00 Uhr Reinhold Sturm mit Familie
im Studio von Peter in Kelkheim treffen. Gabriele Hoeppner geb. Sturm mit Familie

Die Beisetzung fand im engsten Familienkreis statt.

Print . Digital . Live

Frankfurter Neue Presse . Höchster Kreisblatt . Nassauische Neue Presse . Taunus Zeitung | Frankfurter Rundschau | F.A.S. Rhein-Main . F.A.Z. Metropol . F.A.Z. Rhein-Main |
MAINfeeling | immo-rheinmain.de . karriere-rheinmain.de | Messen
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Familienanzeigen SAMSTAG, 29. JULI 2023 · SEITE 13

In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von unserer geliebten Mutter, Du lebst in dem weiter, was du geschaffen
und hinterlassen hast,
Großmutter, Schwiegermutter und Tante Zum Andenken an Du bist nicht mehr da, wo du warst –
und in all den Menschen, die dich lieben.
aber du bist überall, wo wir sind.
ULLA KELETY In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von
Alexander Franz
(Victor Hugo)

geb. Drolshagen Horst Best Zabler In Liebe und großer Dankbarkeit

* 15. April 1929 † 23. Juli 2023 * 23. Mä
ärz 1938 † 25. Juli 2023 Robin und Sahar Zabler mit Jonah
Jana Zabler mit Anela und Jayden
Margot Kelety *27.09.1944 23.07.2023
Marion Matusch
Ernst Kelety mit Birgit, Thomas und Ute
Jutta Rottschky-Zabler
Béla Kelety mit Sylke, Tibor und Elena Wir vermissen Dich Adelheid Tröscher
Ebba D. Drolshagen
Familie Gula Anni
Edith, Dieter, Ann-Kathrin, Denise, Einschlafen dürfen, wenn man
sowie alle Angehörigen und Freunde
Dirk und Bastian das Leben nicht mehr selbst Wir nehmen Abschied mit anschließender
Klaus, Nils und Nele Urnenbeisetzung am
Die Trauerfeier mit anschließender Beerdigung findet am 3. August 2023 um 10.30 gestalten kann, ist der Weg zur
Silke, Carsten, Luke und Ben
Uhr in der Trauerhalle des Friedhofes Westhausen in Frankfurt, Kollwitzstraße 27,
Freiheit und Trost für alle. Freitag, den 04. August 2023 um 12 Uhr
statt.
(Hermann Hesse) Kalbacher Friedhof
Anstelle freundlich zugedachter Blumengrüße bitten wir im Sinne der Verstorbenen
Am Hopfenbrunnen 8
um eine Spende zu Gunsten des Heimat- und Geschichtsvereins Rödelheim e. V. Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet 60437 Frankfurt am Main
(Kennwort Ulla Kelety). DE24 5005 0201 0000 2269 80 am Freitag, den 11. August 2023 um 10.00 Uhr auf dem
Kondolenzadresse: Béla Kelety, Huthmacherstraße 23, 65931 Frankfurt Friedhof in Neuenhain statt.

Eines Tages wachst du auf und bist nicht mehr am Leben.

Meine Schwester, Schwägerin, unsere Tante und Großtante Über Nacht, wie Schnee und Frost, hat es sich begeben.
Aller Sorgen dieser Welt
Bist du nun enthoben. Herzlichen Dank
Elfriede Schönenberger Krankheit, Alter, Ruhm und Geld.
Sind wie Wind zerstoben.
sagen wir allen, die sich in der Stunde des
geb. Kraft Friedlich sonnst du dich im Licht.
Einer neuen Küste, Abschieds mit uns verbunden fühlten und ihre
* 15.02.1928 † 10.07.2023 Ohne Ehrgeiz, ohne Pflicht. Mascha Kaléko:
– Wenn man das nur wüßte! Ein sogenannter schöner Tod liebevolle Anteilnahme auf vielfältige Art und
Weise zum Ausdruck brachten.
ist nach kurzer, schwerer Krankheit friedlich eingeschlafen.
Sie war der Mittelpunkt der Familie
Anne Beer-Wältz
* 6. Dezember 1940 † 19. Juli 2023 Ju�a Simon
und wir werden sie sehr vermissen.
Wir hoffen, dass sich Anne friedlich im Licht
einer neuen Küste sonnen kann.
Edelgard Simon Andrea Schlabs geb. Simon
Antje Simon
In liebevoller Erinnerung
* 23.6.1935 † 17.6.2023 Stephanie Schlabs und Henning
Paul Kraft Johanna Bär, Moritz Bär & Eva Pfeiffer
im Namen der Familie Nora Bär & Filipp Eder mit Sophie, Julius und Marie Sebastian Schlabs und Charlo�e
Bernd Wältz

Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet am 25. August 2023, Bad Homburg v.d.Höhe, im Juli 2023
Die Urnenbeisetzung fand im engsten Familienkreis statt. um 11.00 Uhr, auf dem Friedhof in Darmstadt-Eberstadt, Palisadenstraße, statt.
Wir wollen sie bei aller Trauer heiter bestatten.

Ein Leben, das viele Jahre zählt, geht nicht verloren.

Ich würde Jahrtausende die Sterne durchwandern, Was die Mutter aus Liebe uns gegeben,
in allen Formen mich kleiden, in allen Sprachen des Lebens, dafür ist jeder Dank zu klein. Wir sind traurig über den Tod unserer Mutter, Schwiegermutter und Oma
In Liebe und Dankbarkeit nehmen wir Abschied von Was wir an ihr verloren haben,
um dir einmal wieder zu begegnen.
Aber ich denke, was sich gleich ist, findet sich bald.
das wissen wir nur ganz allein.
Christa Kobus
F. Hölderlin

Inge Dreisbach
Wir nehmen Abschied von unserer lieben, geb. Linkmann
herzensguten Mutter, Schwiegermutter, Oma, Uroma, * 25.12.1939 † 19.07.2023
Sie strahlte, zeigte Verantwortung und Freude Schwester, Schwägerin, Tante und Freundin. In Liebe nehmen wir Abschied:
geb. Christ Sylvia, Peter, Christina und Tim Kobus
* 18.06.1932 † 21.07.2023 Edith Schmidt-Becker Ilse Kilian Frankfurt am Main, im Juli 2023
* 3.7.1951 † 13.7.2023 Die Urnenbeisetzung findet im engsten Familienkreis statt.
geb. Heimann
Wir sind sehr traurig: * 26. April 1940 † 12. Juli 2023
Kondolenzadresse: Pietät Reukauf, Buchrainstraße 24, 60599 Frankfurt am Main
Der Mensch meines Lebens ist nicht mehr hier.
Dr. Michael und Susanne Dreisbach Für alle, die sie kannten
In Liebe und Dankbarkeit
Christine Seyfried-Dreisbach und Torsten Seyfried Rudi Martin Becker BESTATTUNGSINSTITUTE
Alexandra Dreisbach Heinz Kilian
Birgit Kilian-Post
sowie alle Angehörigen und Freunde Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet mit Familien
am Freitag, den 4. August 2023, um 11:15 Uhr auf dem Friedhof
in 60528 Frankfurt-Niederrad, Hahnstraße 14 statt. Birgit Kilian-Post, Höchster Straße 4, 65835 Liederbach am Taunus
Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet Anstelle zugedachter Blumen bitten wir um eine Spende
am Mittwoch, den 09.08.2023, um 11.00 Uhr auf dem Friedhof zu Gunsten der „Deutschen Jose Carreras-Leukämiestiftung“ Die Trauerfeier mit anschließender Urnenbeisetzung findet
am 4. August 2023 um 10.30 Uhr auf dem Friedhof Königsteiner Weg
Homburg-Gonzenheim, Kaiser-Friedrich-Promenade 150, statt. IBAN DE 96700800000319966601, Vermerk Edith Schmidt in Liederbach am Taunus statt.

Du bist nicht mehr da, wo du warst, Sterbefall in der Familie?

Danksagung
Eine Familienanzeige Ihr Bestattungsunternehmen hilft weiter!
aber du bist überall, wo wir sind.

Für immer in unseren Herzen

Dr. Joachim Schmittner BEKANNTMACHUNGEN
Vielen Dank für die
* 14.11.1948
warmherzige Anteilnahme
beim Abschied von

Gerhard (Gerdy) Wege

† 11.07.2023

In Liebe

*15.02.1954 † 19.06.2023
Es hat uns sehr berührt und
Kraft gegeben zu sehen, wie
beliebt Gerhard war.
Im Namen der Familie:
Doris Haeder geb. Wege
Wiesbaden, im Juli 2023
Claudia Schmittner
informiert viele 61 K 2/22
Zwangsversteigerung
Zwecks Aufhebung der Gemeinschaft soll am Freitag, 20. Oktober 2023,
10.30 Uhr, im Amtsgericht Auf der Steinkaut 10/12, Saal 105, versteigert
werden der im Wohnungsgrundbuch von Grävenwiesbach Blatt
1827, laufende Nummer 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragene
André Schmittner mit Familie 213/1.000 Miteigentumsteil an dem Grundstück
Dr. Nikola Henkel mit Familie Lfd. Gemarkung Flur Flurstück Wirtschaftsart und Lage Größe m²
Nr.
C.Schmittner,ReiFerran42B,2A,07180SantaPonsa, 1 Grävenwiesbach 22 46/3 Gebäude- und Freifläche, 1702
Hasselborner Str. 8
MallorcaSpanien
verbunden mit dem Sondereigentum an der mit Nr. 1 und blau gekennzeichneten
Wohnung im Erdgeschoss und dem mit Nr. 1 und blau gekennzeichneten Kellerraum.
Zugeordnet ist das Sondernutzungsrecht an dem blau gekennzeichneten Kfz-
Abstellplatz Nr. 1 und der mit Nr. 1 gekennzeichneten Terrasse. Verkehrswert:
256.000.00 € für eine: 4-Zimmer-ETW; Baujahr ca. 1975 mit Umbau ca. 1992/93;
Wohnfläche ca. 130 m2 und Nutzfläche in Keller/Garage ca. 42 m2.
Jeder Bieter muss sich im Versteigerungstermin durch gültigen Personalausweis
oder Reisepass ausweisen. Bieter haben u. U. Sicherheit in Höhe von 10 % des
Verkehrswertes durch Verrechnungsscheck eines Kreditinstituts, Bundesbankscheck,
Bürgschaft oder vorherige Überweisung an die Gerichtskasse Frankfurt/M.
(Kto-Nr. 100 60 30 bei der Landesbank Hessen-Thüringen Frankfurt, BLZ 500 500 00,
IBAN DE 735 0050 000000 100 60 30, BIC HELADEFF) zum Kassenzeichen
0486 0600 2024 zu leisten. Auf die Veröffentlichung im Internet und weitere Hinweise
unter www.zvg-portal.de wird hingewiesen.
Amtsgericht Bad Homburg v. d. Höhe, 20.07.2023

Öffentliche
Bekanntmachung
1. Beschlussfassung über den Jahresabschluss 2020;
Entlastung des Magistrats
Gemäß § 114 Abs. 2 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) in der Fassung vom

Würde sollte kein

07.03.2005 (GVBI. I. S. 142), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16.
Februar 2023 (GVBl. S. 90, 93), wird öffentlich bekanntgemacht, dass die Stadtverord-
netenversammlung in der Sitzung am 19.07.2023 folgenden Beschluss gefasst hat:
Unter Hinweis auf den Beschluss des Magistrats zur Aufstellung des Jahresabschlus-
ses 2020 (Fassung vom 16.04.2021) vom 10.05.2021 wird der Stadtverordnetenver-

Konjunktiv sein. sammlung nach Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt des Hochtaunuskreises
empfohlen, wie folgt zu beschließen:
Die Stadtverordnetenversammlung nimmt
– den Jahresabschluss 2020 in der beigefügten Fassung,
– den Schlussbericht des Rechnungsprüfungsamtes des Hochtaunuskreises
über die Prüfung des Jahresabschlusses 2020 und
– den Ergänzungsbericht Feuerwehrwesen zum Schlussbericht des Rechnungs-
prüfungsamtes des Hochtaunuskreises über die Prüfung des Jahresabschlusses
2020
zur Kenntnis und berät diese.
Der vom Rechnungsprüfungsamt des Hochtaunuskreises geprüfte Jahresabschluss
2020 wird beschlossen.
Dem Magistrat wird auf der Grundlage der §§ 112, 113 und 114 HGO für die Haus-
haltswirtschaft des Jahres 2020 Entlastung erteilt.
2. Auslegung
Der Jahresabschluss 2020 liegt zur Einsichtnahme vom 31.07.2023 bis 08.08.2023
im Rathaus, Rathausplatz 1, 61440 Oberursel (Taunus), Gebäude A, Zimmer: 219
öffentlich aus. Unsere allgemeinen Öffnungszeiten sind:
Montag 08.00 – 12.00 Uhr und 13.00 – 18.00 Uhr
Dienstag 08.00 – 12.00 Uhr
Mittwoch 08.00 – 12.00 Uhr
Donnerstag 08.00 – 12.00 Uhr und 13.30 – 18.00 Uhr
In vielen Ländern, zum Beispiel in Kolumbien, Tschad
Freitag 08.00 – 12.00 Uhr
und Kongo, werden Menschenrechte mit Füßen Es wird um Terminabsprache unter der Telefonnummer 06171 502-339 oder per
getreten. Wir wollen das ändern, weil jeder Mensch E-Mail unter folgender Adresse: kaemmerei@oberursel.de gebeten.
das Recht auf ein würdevolles Leben hat. Der Jahresabschluss 2020 ist online auf der Internetseite www.oberursel.de
brot-fuer-die-welt.de/wuerde abrufbar.
Oberursel (Taunus), den 27.07.2023
Der Magistrat
Jens Uhlig
Stadtkämmerer
SE I TE 1 4 · SAM S TAG, 2 9 . JU L I 2 0 2 3 · NR. 1 7 4
Wie die
Politik war
„After Democracy“
spielt im Römer
FRANKFURT Draußen, vor dem Rö-
mer, ist es fast wie immer. Also wie,
sagen wir, vor 20, 30 oder 100 Jah-
ren. So genau lässt sich das heute,
nach dem Ende eines Zeitalters, wo-
möglich gar nicht sagen. Touristen
machen Selfies vor historischer Ku-
lisse, ein frisch getrautes Paar ver-
lässt das Standesamt und lässt die
Korken knallen, und eine Gruppe
beinahe wie die unsere macht sich
soeben auf in Richtung Dom. Wir
fallen also gar nicht auf. Auch wenn
die Performer von andpartnersin-
crime, wenn die Zuschauer oder die
mit Helmen ausgestatteten Statisten
eine schon ein wenig merkwürdige
Figur abgeben auf ihrem Weg über
den Römer. Und das Publikum nicht
so recht weiß, wie ihm geschieht.
Doch dafür, so das Szenario, ha-
ben wir schließlich die Führung mit
der Politologin Shahrzad Osterer
und ihrem Assistenten, dem vor al-
lem für Sound, Atmo und Geräu-
sche zuständigen Marc Behrens, ge-
bucht, die uns im Verlauf der nun
folgenden 70 Minuten durch das
ehemalige, während einer merkwür-
digen Pandemie zunächst verlasse-
ne, dann aufgegebene und schließ-
lich ruinöse Rathaus führt. Und
dabei der mit den Sitten und Ge-
bräuchen des frühen 21. Jahrhun-
derts nur bedingt vertrauten Grup-
pe fachkundig erläutert, wie das so
war, als nicht nur die Bühnen, son-
dern auch das spartenübergreifende
Polittheater den Betrieb einstellen
musste und Demokratie und Parla-
mentarismus gleichsam über Nacht
historisch wurden.
Und das Publikum, wie im Thea-
ter, wie bei einer Führung durch ein
Schloss und in die Waffenkammer
einer mittelalterlichen Burg, es sieht
die eigene Vergangenheit – und
wenn es gut läuft auch die Gegen-
wart – mit anderen Augen; wundert
sich vielleicht, während wir über
den Römer und durch den Ratskeller
schlendern und einen Blick in den
einstigen Plenarsaal werfen, über
die Sitten und Gebräuche einer
wahrlich sagenhaften, lange schon
vergangenen Zeit. „After Democra-
cy“, so der Titel dieser von Eleonora
Herder inszenierten performativen
Führung durch den Römer, ist ein
hübsches kleines, in einer gar nicht
so furchtbar fernen Zukunft ange-
siedeltes Stück Theater, das sich
selbst und seine Parameter dreht
und wendet und betrachtet. Und da-
bei eine Menge Fragen stellt.
Nach der Politik und dem politi-
schen Betrieb, nach der Verfasstheit
der Gesellschaft, der politischen
Kultur und dem Theater, nach den
Darstellern und hier wie dort dem
Publikum. Eine Parallelführung im
Grunde, wie sie andpartnersincrime
schon vor drei Jahren für den Stream
„Das Parlament“ vorgenommen ha-
ben. Nur dass man es nun, live und in
Farbe und inmitten des Geschehens
statt wie in der ersten, während Co-
rona einsam vor dem eigenen Bild-
schirm erlebten Inszenierung, also
im Römer weniger als Zuschauer
denn als Teilnehmer erlebt. Und da-
rauf kommt es hier entscheidend an.
Als Theater funktioniert das denn
auch ungleich besser. Zwar arbeitet
die analoge, im Rahmen des vom
Kunstverein Mañana Bold für die
Frankfurter Tage der Demokratie
entwickelte Fassung wie seinerzeit
der Stream mit verschiedenen Ein-
spielern. So kommen etwa der ehe-
malige Stadtverordnetenvorsteher
Stephan Siegler oder der frühere In-
tendant des Künstlerhauses Mou-
sonturm, Matthias Pees, als Zeitzeu-
gen einer vergangenen Epoche zu
Wort. Doch während „Das Parla-
ment“ in weiten Teilen schlicht Be-
hauptung blieb, steht man jetzt tat-
sächlich mittendrin.
Vor allem aber erscheint die jetzige
Theaterfassung ungleich präziser.
Dabei lässt sie all die Fragen erst ein-
mal im Wesentlichen offen und gibt
sie, mehr noch, an das Publikum zu-
rück. Insofern erscheint „After De-
mocracy“ mehr als alles andere ein
Plädoyer für das Theater. Nicht nur
als bürgerliche Institution und Tem-
pel der Kultur, sondern vor allem als
ein sozialer Ort, an dem Abend für
Abend und Spielzeit für Spielzeit die
Frage des Zusammenlebens neu ver-
handelt wird. Auch das, wenn man so
will, ist ein demokratisches Verspre-
chen. Und andpartnersincrime lösen
es für dieses eine Stündchen schon
mal ein. CHRISTOPH SCHÜTTE
■ AFTER DEMOCRACY,
Termine am 29. und 30. Juli
jeweils um 12 Uhr und um
15.30 Uhr. Treffpunkt ist vor
dem Eingang des
Historischen Museums.
Um Anmeldung unter
anmeldung@mananabold.de
wird gebeten.
Von Humbaba bis Pilz einmal durch die Welt von Simone Fattal: Installation im Portikus
Pilzkultur im Portikus
E
in gar so schrecklicher Riese ist
dieser Humbaba nicht. Zwei
stämmige Beine, Arme dicht
am Körper, der unförmige Leib
von einer Spitze gekrönt, wirkt der Wäch-
ter des Zedernwalds aus dem Gilga-
mesch-Epos sogar nett. „Archetypen
müssen groß sein“, sagt Simone Fattal
zwar. Aber sie hat, in der geraden und
durchdachten Art, die man ihr selbst
ebenso ansieht wie ihrer Kunst, halt nur
einen kleinen Riesen geschaffen. Unge-
fähr 1,50 Meter groß. Weil der Brennofen
im Atelier befreundeter Künstler nun mal
diese Größe hatte. Und sie auch nicht all-
zu unmäßig mit deren selbst angerühr-
tem, „ganz außergewöhnlichem“ Ton
umgehen wollte. Eine riesige Wanne voll
gab es dort – nicht kleine Packen, wie
Fattal sie normalerweise einzeln kauft,
um ihre Keramiken herzustellen.
Fattal wird noch oft einkaufen gehen
müssen, um das zu verwirklichen, was sie
am liebsten täte: Tausend von den ganz
und gar ungiftigen Schirmpilzen fertig-
stellen, von denen nun zarte sieben in der
Ausstellungshalle Portikus bezaubern.
„Etel liebte die Pilze so sehr“, sagt Fattal.
Damit ist praktisch schon umrissen, um
was es in „The Manifestations of the
Voyage“ geht, der Präsentation, mit der
Fattal bis Ende September beide Etagen
auf der Maininsel bespielt. Oben eine ei-
gens eingerichtete Präsentation, die den
Humbaba mit Wald, Pilzen, antiker My-
thologie und der Zukunft in Form eines
Das fährt auch in nasse Beine
FRANKFURT Das Ivan Habernal Orchester spielt bei „Jazz im Palmengarten“ gegen den Dauerregen an
Wohl selten in den vergangenen Jahren
ist ein Konzert der Reihe „Jazz im Pal-
mengarten“ so durchgehend beregnet
worden wie jetzt der Auftritt des Ivan
Habernal Orchesters. Eine gar nicht so
kleine Gruppe von Jazz-Fans leistet den
ungünstigen Bedingungen aber tapfer
Widerstand. Unter Schirmen lauschen
gut 200 Besucher dem Ensemble, das
die Aufmerksamkeit mit prägnanten
Melodien, zupackenden Improvisatio-
nen und für Jazz ungewohnte Klangfar-
ben belohnt.
Erst zum zweiten Mal ist die bis zu elf
Personen umfassende Band überhaupt
live zu sehen. Ihre Premiere feierte sie
2020, damals wegen der Pandemie vor
nur 30 Zuschauern in der Milchsackfab-
rik. Nicht zuletzt wegen der dabei aufge-
nommenen Live-Mitschnitte erhielt der
Komponist, Arrangeur und Bandleader
Ivan Habernal 2021 das Frankfurter
Jazzstipendium. Zwischenzeitlich hat
der 1983 im tschechischen Pilsen gebo-
rene, seit zehn Jahren in Frankfurt an-
sässige Musiker sein Quartett-Album
„Places And Stories“ veröffentlicht. Das
Konzert im Palmengarten sollte nun das
Orchester einem größeren Publikum be-
kannt machen.
Zunächst tritt Habernals Septett ohne
die vier Streicher auf. Schnell entfacht
der Bandleader auf seinem sechssaitigen
E-Bass zusammen mit Schlagzeuger
Martin Standke einen in die Beine fah-
renden Groove, ebenso eingängig wirken
die Leitmotive. Tatsächlich verfügt Ha-
bernal über ein feines Gespür für Melo-
dien, die sich umgehend im Ohr festset-
zen. Häufig werden sie von einem
Bläsersatz eingeführt, zuweilen vom
Bass parallel mitgespielt, ehe einzelne
Kultur
„Aufstrebende Künstlerin“ –
FRANKFURT
mit 81 und nach vielen Jahren des Wirkens.
Nun kann man Leben, Literatur und Kunst
von Simone Fattal erkunden.
Von Eva-Maria Magel
jungen Menschen verbindet, der sich an
einen hölzernen antiken Wagen lehnt,
unten ein eigens eingerichteter und mit
einer Wandmalerei Fattals versehener
Lesesaal samt Ruheinsel zum Lesen und
Lauschen. So macht die Ausstellung
selbst eine Reise durch Fattals bewegte
Lebensstationen möglich, ihre Ideen-
welt, die gewissermaßen das Verborgene
in Himmel und Erde, Mythos, Natur,
Archäologie und Menschheitsgeschichte
verbindet wie die Riesenzeichnungen,
die sie von der Decke gehängt hat und die
sie auf dem Fußboden herstellt.
Der Titel der Präsentation ist auch der
Titel eines Gedichts von Etel Adnan
(1925 bis 2021). Mit ihrer Lebensgefähr-
tin hat Fattal bis zu deren Tod den aller-
größten Teil ihrer Lebensreise verbracht.
Keine Odyssee, aber doch ein von Brü-
chen, Kehrtwendungen, dramatischen
Zeitläuften geprägtes Erdenwandern.
Adnan, die als Schriftstellerin bekannt
war und erst 2012, sehr spät, dank der
klugen Documenta 11, die Onkwui En-
Instrumente zu Improvisationen anset-
zen. In „The View“ deuten Kerstin Habe-
rechts Alt- und Peter Klohmanns Tenor-
Saxophon eine Art Dialog an, dann
zelebriert Habernal ein elegantes Solo
im Fusion-Stil, in dem er klug auf vorder-
gründige Rasanz verzichtet.
Für „Meanders Of The Nidda River“
wechselt er zu einem bundlosen E-Bass,
unterlegt erst gediegen, dann funky Ha-
berechts eher warm timbriertes Solo.
Nach einem Break bleiben nur eine Bass-
miniatur und einige schwirrende Synthe-
sizer-Töne, über die Peter Klohmann sei-
ne Solo-Exkursionen beginnt. Nach und
nach setzt auch Standke wieder Akzente,
beflügelt Klohmann zu immer weiter
ausholenden, aufstrebenden, rufenden
Echte Fans bleiben auch im Regen: Habernal (Mitte) und Band. Foto Mark Trebron
wezor kuratiert hatte, als bildende
Künstlerin noch einmal neu entdeckt
wurde, spielt nun auch im Portikus eine
große Rolle, ob als Liebhaberin der Pilze
oder als Autorin des ersten und vieler
nachfolgender Bücher, die Fattal seit
1982 in ihrem Verlag The Post-Apollo
Press herausgegeben hat. In Syrien 1942
geboren, ist Fattal im Libanon aufge-
wachsen, studierte in Beirut und Paris
Philosophie, das Fach, das Adnan in Ka-
lifornien lehrte, wohin die beiden über
Frankreich gelangten, als im Libanon
Bürgerkrieg herrschte.
Das Hin und Her zwischen der kriegs-
erschütterten Herkunftsregion, Frank-
reich und Amerika, prägt das Werk bei-
der. Fattal, die sich in den Siebzigern von
der Philosophie entfernte und der bil-
denden Kunst, zunächst der Malerei, zu-
wandte, wollte in Amerika anders wir-
ken und gründete ihren kleinen feinen
Verlag. Jeder der schmalen Bände, mit
denen sie ausgesuchte Literatur, zumal
das Werk der Gefährtin, publizierte, ist
und frei zugespitzten Modulationen. Sei-
ne kräftigen Pirouetten wirken so mitrei-
ßend wie überraschende Stromschnellen
in der zuvor fast anheimelnd gemütli-
chen Nidda-Stimmung.
Eine ähnliche Entwicklung nimmt
„The Calm Before The Storm“. Standkes
dunkle Schläge mit Filzklöppeln, dezente
Basstöne und Andrey Shabashevs subtil
perlendes Klavier suggerieren eingangs
mögliches Ungemach. Gleichwohl klingt
der Bläsersatz eher sonnig in all dem Re-
gen, ebenso Jason Schneiders Flügel-
horn-Solo. Wieder fährt die Dynamik
runter, übrig bleiben Piano-Tupfer und
Besenrascheln, ehe Standkes stetige Ver-
dichtung Shabashev zu einer energiege-
ladenen Improvisation aufstachelt, mit
FRANK FURTE R AL LGE M E I NE Z E I TU NG
Foto Wolfgang Günzel
mit einem von ihr selbst gestalteten Co-
ver versehen. Auch Fattal hat stets das
Wort mit dem Bild verbunden, nur eben
anders als ihre Partnerin. Wer genau hin-
sieht, entdeckt einen Band der jungen
Ulla Berkéwicz und erfährt, dass die tie-
fen Freundschaften, die Fattal und Ad-
nan ihr Leben lang gesponnen haben,
natürlich auch bis nach Frankfurt und
zur Buchmesse reichen.
Fattal erhält, seit 2012 ihr experimen-
teller Film „Autoportrait“ gezeigt wurde,
international mehr Aufmerksamkeit, mit
ihren 81 Jahren ist sie in jüngster Zeit auf
der Biennale in Venedig ausgestellt wor-
den, im MoMa PS1, an vielen anderen
Orten. Sie inspiriert junge Künstler, in
der Pandemie etwa war sie zu einem vir-
tuellen Vortrag an der Städelschule ein-
geladen, ihre Videotour durch ihr Pariser
Atelier kann man sich im Internet an-
sehen. Nur in Deutschland hatte sie noch
nie eine Einzelausstellung. Das holen
nun die beiden Kuratorinnen Carina Bu-
kuts und Liberty Adrien nach. Weil eine
„aufstrebende Künstlerin“, wie man sie
gern im Portikus zeigt, nicht unbedingt
jung an Jahren sein muss. Weshalb Bu-
kuts und Adrien im September eine erste
Monographie über Fattal vorlegen wer-
den, für deren Präsentation Fattal noch
einmal extra aus Paris anreisen wird.
■ SIMONE FATTAL
Portikus, Frankfurt, Alte Brücke,
bis 24. September
ausgreifenden Kaskaden, kreiselnden
Motive, rhythmischen Akkorden und
kraftvollen Linien auch der linken Hand.
Dann kommt das Streichquartett auf
die Bühne und erweitert das ohnehin
nicht schmale Spektrum an Klangfar-
ben noch um Facetten. Nach dem ruhi-
gen, leicht melancholisch wirkenden
„Hope“ erlebt „Morse Code“ seine Ur-
aufführung, verziert von Andreas Hal-
lers geschmackvollen Posaunensolo.
Die eigentlich geplante Pause entfällt,
die Fans können sofort Habernals Opus
Magnum hören, die „Suite For Little J“.
Deren erster Satz lässt das Quartett um
den Violinisten Michael Makarov allei-
ne erklingen. Einzelne Linien laufen
teilweise gegeneinander, melodischen
Motiven folgen rhythmische Phrasen
des Cellos, kleine Pizzicati und zarte
Miniaturen der Geigen.
Den Anfang des zweiten Satzes gestal-
ten Shabashev, Habernal und Standke,
dann steuern die Bläser ein Ohrwurm-
Thema bei, in einem jähen Break fahren
die Streicher entschlossen dazwischen.
Später entsteht Raum für Schneiders
Trompetensolo, in das Liudmila Firagi-
nas Cello als erstes einstimmt. Im weite-
ren Verlauf verweben sich insistierende
Figuren und schwellende Klänge, kontra-
punktische Akzente und leicht verspon-
nene Stimmungen, nervöse Rhythmen
und abstrakte Synthesizer-Einwürfe. Der
vierte Satz riskiert die meisten Reibun-
gen an diesem Abend, mit etwas atonale-
ren Momenten und einem expressiven
Rhodes-Solo Shabashevs. Mit cleveren
Wechseln, Verzahnungen und gezielten
Kontrasten lässt der Schluss Ivan Haber-
nals Talent für Arrangements hell auf-
leuchten. NORBERT KRAMPF
üße
F
Regensegen
Von Eva-Maria Magel
er Nachbar hat uns bei einem
D Zufallsgespräch ein Phäno-
men in Erinnerung gerufen.
Vor ein paar Jahren noch, sagte er, die
Zeitung aus dem Briefkasten fischend,
hätte man sich angesichts dreier Tage
Regenwetter in den Sommerferien ge-
grämt. Das tun heute sogar die Kinder
kaum noch, selbst wenn durch die
Schauer ihr Freibadbesuch oder Aus-
flüge ins Wasser fallen. Alle sind
dankbar für Regen auf den verbrann-
ten Wiesen und den stinkenden Bür-
gersteigen, die der Regen von aller-
hand organischem Material befreit,
das in der Hitze zu stinken anfing.
Man kann dafür nur dankbar sein.
Und auch das Auge freut sich mit.
Denn der andauernde Regen, die
dunklen Wolken verschaffen uns eine
optische Verschnaufpause vor den
Plagen des Sommers. Regen wäscht
die allzu kurzen Schlabberhosen hin-
weg, nötigt barbrüstige Jogger ebenso
zu Oberbekleidung wie beinahe bar-
brüstige Bauchfrei-Trägerinnen und
zwingt noch den eifrigsten Gangsta-
Rapper-Imitator dazu, seinen weißbe-
sockten Fuß aus der Gummiflosse zu
nehmen. Wo sich, wie so oft, die wohl-
bestallten teuer gekleideten It-People
ihre modische Inspiration von ganz,
ganz unten, aus den feuchten Dusch-
kellern der Sportbetriebe und dem
Glamour frauenfeindlicher, gewalt-
verherrlichender Sprechsänger holen,
hat das ganze Volk nunmehr den vier-
ten Sommer in Folge die Adilette oder
ihre Epigonen am Fuß und den Fuß in
einer Tennissocke, die uns gnadenlos
in das Zeitalter von Bumm-Bumm-
Boris zurückkatapultiert. Das zu
unterbrechen ist womöglich der größ-
te Segen im Regen.
Spielmann
und Einsiedler
Christian Gerhaher
singt Schumann
WIESBADEN Die böse Hexe Loreley
spricht in maskuliner Tiefe, und die
Zeile „Hüte dich, sei wach und mun-
ter“ ist mehr intensiv geraunt als ge-
sungene Aufforderung: Die zwölf Lie-
der, die Robert Schumann zu seinem
Eichendorff-Liederkreis op. 39 zu-
sammengefasst hatte, waren im Kon-
zert von Christian Gerhaher und sei-
nem Klavierpartner Gerold Huber die
bekanntesten Werke des Romanti-
kers, dem die beiden seit drei Jahr-
zehnten miteinander vertrauten Musi-
ker ihr gesamtes Abendprogramm in
der Wiesbadener Ringkirche widme-
ten. Trotzdem klang diese Seelenmu-
sik in jeder Zeile wie neu, dabei im-
mer natürlich, der fahle Hochzeitszug
mit der weinenden Braut, die exaltier-
ten Frühlingsdüfte, sogar die von
einem zu frühen Einsatz des Ausnah-
mesängers nicht ernstlich getrübte
„Mondnacht“.
Vor zwei Jahren haben Gerhaher
und Huber ihre Gesamteinspielung
der Lieder Schumanns abgeschlossen.
299 Nummern umfasst sie, von denen
die Hälfte in einem einzigen Jahr,
1840, entstanden ist, so auch die fünf
Lieder op. 40. In den Andersen-Verto-
nungen des „Soldaten“ und des „Spiel-
manns“ gelang Gerhaher sein typi-
sches Ausloten der vokalen Extreme
jäh, aber höchst kalkuliert und kon-
trolliert. Nicht weniger sinngebend
setzte er sein weites baritonales Farb-
spektrum in den erzählerisch dekla-
mierten Liedern ein, ganz in sich ru-
hend in der Eichendorff-Vertonung
des „Einsiedlers“ aus den drei Gesän-
gen op. 83, mit tragischer Schein-Nai-
vität in der bitteren Heine-Vertonung
des „armen Peters“ op. 53.
Noch immer fängt Gerhaher lichte
Tenorhöhen scheinbar mühelos ein,
mehr denn je kann er sich auf seinen
kongenialen, selbstbewusst starken
Partner Huber verlassen, der in man-
chen Klaviernachspielen unaus-
weichlich in neue atmosphärische
Welten vordrang. Das gelang beiden
auch in der Folge von sechs Gedich-
ten und Requiem op. 90 nach Niko-
laus Lenau sowie auf einen Text von
Leberecht Dreves, in denen sie dem
ganz anderen, zehn Jahre nach dem
Liederjahr 1840 weit melancholi-
scheren Schumann dicht auf den Fer-
sen waren. So führten sie in der Kür-
ze eines äußerst intensiven
Liederabends die Entwicklung zu
dessen nicht selten vernachlässigtem
Spätwerk eindringlich vor. Von Schu-
mann stammten auch die Zugaben
„Tragödie“ op. 64/3 und „Spanisches
Liebeslied“ op. 138/2. AXEL ZIBULSKI
RHEINMAINMARKT Samstag, 29. Juli 2023
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„Wochenende!“

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Waldstraße 226
63071 Offenbach
Telefon: (069) 75 01-33 36

Beruf: Mit den Kollegen klettern
Für immer mehr Unternehmen gehört es zum guten
Ton, in regelmäßigen Abständen Teamevents zu ver-
anstalten. Manche Firmen organisieren sogar Wochen-
endausflüge für die Belegschaft. SEITE 2
Wohnen: Muskelhypothek
Eigenleistungen am Bau boomen und lohnen sich
auch finanziell. Banken lassen sich häufig darauf ein,
die „Muskelhypothek“ anzuerkennen. Trotzdem
sollte der Schritt wohlüberlegt sein. SEITE 10
Mobil: Liner ohne feste Betten
Integrierte Fahrzeuge sind die Krönung der Rei-
semobil-Baukunst. Der anhaltende Boom bei den
kompakten Camper-Vans macht diesem Segment
allerdings zu schaffen. SEITE 12

Gewinnspiel
Das Beste aus 5 Jahren

Mit gefeierten Hymnen wie

„Wer sagt das?!“, „Guten Mor-
gen Welt“, „Wieder zurück“
und „Was für eine geile Zeit“
zieht Ben Zucker das Publi-
kum in seinen Bann. Ein
wahrer Edelmetallregen für
mehr als 750 000 verkaufte
Tonträger, fast 500 Millionen
Streams und restlos ausver-
kaufte Tourneen zeugt von
seinem Erfolg. Für diesen hat
er sich mit der letztes Jahr
veröffentlichten Werkschau
„Was wir haben, ist für immer
(Das Beste aus 5 Jahren)“ bei
seinem Publikum bedankt. In
diesem Jahr geht er mit sei-
ner großartigen Band wieder
auf Open-Air-Tournee. Weite-
re Informationen und Tickets
unter www.semmel.de und
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Frankfurt. Teilnahme per Post-
karte (mit Adresse und Telefon-
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Deutsches Architekturmuseum/Foto: Norbert Miguletz 226, 63071 Offenbach oder per
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JOBTICKER
Update für die
Ausbildung
Ab dem 1. August gilt eine neue
Ausbildungsordnung für
künftige Mediengestalter Digital
und Print. Darauf weist das
Bundesinstitut für Berufsbil-
dung (BIBB) hin. Grund für die
Modernisierung ist der stetige
Wandel in der Medienwelt
durch den technologischen
Fortschritt. Fachkräfte ent-
wickelten immer mehr digitale
Produkte, etwa Nachrichten-
webseiten, Infos für Displays im
Verkehr und viele Apps. Zudem
sei die Produktion von Medien
heute in vielen Fällen regional
und global vernetzt. Es werden
sowohl Kompetenzen zur Er-
stellung von Digital- als auch
Printmedien vermittelt, etwa
das Gestalten von Medien oder
das Erstellen ausgabespezifi-
scher Produktionsdaten. Auch
Kommunikation und Koope-
ration sowie die Organisation
von Arbeitsprozessen haben
einen großen Stellenwert in der
aktualisierten Ausbildung. tmn
Brutto für netto
im Ferienjob
Viele Schülerinnen und Schüler
nutzen die Sommerferien, um
mit einem Ferienjob ihr Ta-
schengeld aufzubessern. Damit
brutto für netto im Geldbeutel
landet, muss der Ferienjob auf
höchstens drei Monate oder 70
Arbeitstage pro Kalenderjahr
befristet sein. Darauf weist die
Deutsche Rentenversicherung
Hessen hin. So genannte kurz-
fristige Beschäftigungen sind –
auch für den Arbeitgeber – frei
von Sozialabgaben. Dabei spielt
die Höhe des Verdienstes keine
Rolle. Allerdings ist zu be-
achten, dass mehrere Jobs
dieser Art während eines
Kalenderjahres zusammenge-
rechnet werden. Dass länger
andauernde Nebenjobs der Ver-
sicherungspflicht unterliegen,
klingt zunächst ungünstig. Aus
rentenrechtlicher Sicht ist es
jedoch langfristig gesehen von
Vorteil, so die Deutsche Ren-
tenversicherung Hessen. Wer
Pflichtbeiträge zahlt, erwirbt
schließlich rentensteigernde
Ansprüche.
Ausflüge und Co.: Wie Teamevents den Zusammenhalt stärken
I
n immer mehr Unterneh-
men gehört es zum guten
Ton, in regelmäßigen Ab-
ständen Teamevents zu ver-
anstalten. Manche Firmen
organisieren sogar Wochen-
endausflüge für die Beleg-
schaft. Doch während die einen
Teamevents lieben und gar
nicht genug davon bekommen
können, überlegen sich andere
womöglich schon beim „Save-
the-Date“, welche Ausrede sie
sich am besten einfallen lassen.
Was können Teamevents also
leisten?
Außerhalb des
Arbeitsalltags
„Im Endeffekt geht es darum,
dass die Menschen, die im be-
ruflichen Umfeld sprechen,
sich auch mal ein bisschen au-
ßerhalb des Arbeitsalltags ken-
nenlernen“, sagt Julia Siems,
Head of People Development
bei der Karriereberatung von
Rundstedt. Neu zusammenge-
stellte Teams können sich bei
Events besser kennenlernen
und Vertrauen aufbauen, alt-
eingesessene Gruppen ihren
Zusammenhalt stärken.
Letztlich können Team-
events aber auch zur Bindung
an ein Unternehmen beitragen.
Und gerade nach arbeitsinten-
siven Phasen oder dem erfolg-
reichen Abschluss eines Pro-
jekts geben Teamevents Mitar-
beiterinnen und Mitarbeitern
das Gefühl, dass ihr Einsatz ge-
sehen und honoriert wird. „Ich
bin schon davon überzeugt,
dass das zur Unternehmenskul-
tur positiv beiträgt“, so Katha-
rina Hain vom Personaldienst-
leister Hays.
Erst Konflikte im
Team lösen
Doch es gibt Ausnahmen. Für
nicht empfehlenswert hält Julia
Siems Teamevents etwa, wenn
die Fronten im Team verhärtet
sind. Dann gilt: Bevor an Grup-
penaktivitäten gedacht wird,
sollten besser erst mal die Kon-
flikte im Team gelöst werden.
Und auch in arbeitsintensiven
Phasen oder in Zeiten, in de-
Arbeitszeitbetrug: Wann eine Verdachtskündigung möglich ist
Kein Beweis nötig
N
icht immer ist ein Be-
weis notwendig: Auch
der dringende Verdacht
einer Manipulation an
der Arbeitszeiterfassung kann
eine personenbedingte Kündi-
gung rechtfertigen. Das geht aus
einem Urteil des Landesarbeits-
gerichts Mecklenburg-Vorpom-
mern hervor (Az.: 5 Sa 128/22),
über das der Bund-Verlag be-
richtet. Im konkreten Fall arbei-
tete der Beschäftigte einer Be-
hörde in der Regel in seiner
Dienststelle. Für mobiles Arbei-
ten benötigte er die Zustim-
mung seiner Führungskraft.
Nachdem dieser aufgefallen
war, dass der Beschäftigte trotz
Vollbeschäftigung häufig später
nen die meisten Menschen pri-
vat überladen sind, etwa an
Weihnachten, sollten Team-
events verschoben werden. Ste-
hen gerade große Veränderun-
gen im Unternehmen an und
herrscht unter den Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern Unsi-
cherheit, können Teamevents
ebenfalls eine schlechte Idee
sein, so Katharina Hain. Sie hin-
terlassen dann womöglich den
Eindruck, dass die Sorgen der
Mitarbeiter zu ihrer Zukunft
im Unternehmen nicht ernst
genommen werden.
Schier endlose
Möglichkeiten
Soll ein Teamevent das Mitei-
nander stärken, kommt es auch
darauf an, was für Aktivitäten
angedacht sind. Die Möglich-
keiten sind schier endlos: Sie
reichen von sportlichen Aktivi-
täten wie Klettern oder Fahr-
radtouren bis zu ausgefallenen
Optionen wie Alpakawande-
rungen.
Auch kulinarische Veranstal-
tungen wie Kochkurse sind
zur Arbeit erschien als sie und
den Arbeitsplatz früher verließ,
prüfte sie seine Zeiterfassung.
Dabei waren Abweichungen
zwischen den teilweise über
eine Online-Zeiterfassung regis-
trierten und den von der Team-
leiterin beobachteten Arbeits-
eine Option. Oder ein Besuch
im „Escape Room“. Wichtig bei
all der Auswahl: „Man sollte
natürlich auf jeden Fall eine
Aktivität finden, wo alle mit-
machen können“, sagt Julia
Siems. Sind alle im Team sport-
lich, ist ein Kletterausflug wo-
möglich eine gute Idee. Leidet
der ein oder andereKollege hin-
gegen an Höhenangst, sollte
man davon besser absehen.
Siems rät, mehrere Möglichkei-
ten zur Auswahl zu stellen und
im Team abstimmen zu lassen.
Auch die Art der Aktivitäten
zu variieren, kann eine Option
sein, um möglichst viele Team-
mitglieder einzubeziehen. Hat
man sich dieses Mal für eine
sportliche Aktivität entschie-
den, könnte beim nächsten Mal
das Spiel im „Escape Room“
dran sein.
Gemeinsam eine
Aufgabe lösen
Katharina Hain rät allerdings,
am besten Aktivitäten zu wäh-
len, die Zusammenarbeit erfor-
dern – etwa, weil man gemein-
zeiten in der Dienststelle festzu-
stellen – und zwar an Tagen, an
denen der Beschäftigte mangels
Absprache mit der Teamleiterin
nicht mobil arbeiten konnte.
Der Arbeitgeber kündigte dem
Beschäftigten daraufhin mit Zu-
stimmung des Personalrats –
und begründete dies mit dem
Verdacht eines Arbeitszeitbe-
trugs.
Dringender
Verdacht
Der Beschäftigte bestritt diesen.
Seine Klage auf Fortsetzung des
Beschäftigungsverhältnisses
blieb allerdings auch in zweiter
Instanz ohne Erfolg (Vorinstanz
SAMSTAG, 29. JULI 2023
Foto: pixabay
sam eine Aufgabe lösen muss.
Das stärke den Teamgeist zu-
sätzlich. Außerdem wichtig für
ein Teamevent, das alle zusam-
menbringt: der zeitliche Rah-
men.
Hier sollte auf die Bedürf-
nisse von Eltern ebenso geach-
tet werden wie auf Teilzeitbe-
schäftigte. Und nicht vergessen:
Die Anfahrtswege einplanen.
Liegt die Location weitab vom
Schuss, könnte die Zustim-
mung im Team schnell sinken.
Miteinander
verbessern
Julia Siems rät Mitarbeitern
und Mitarbeiterinnen in jedem
Fall zu Offenheit gegenüber
Teamevents: „Das kann ja auch
mein berufliches Miteinander
verbessern.“ Zudem kann man
Teamevents als Chance sehen,
Aktivitäten auszuprobieren, die
man sonst eher nicht wahrneh-
men würde. Hier gilt also:
Neues wagen und vielleicht
auch mal über den eigenen
Schatten springen.
Charlotte Ruble/tmn
Arbeitsgerichts Stralsund, Az.:
11 Ca 64/22). Hat sich ein Ar-
beitnehmer aller Wahrschein-
lichkeit nach von zu Hause aus
im Zeiterfassungssystem einge-
bucht, die Arbeit aber erst später
im Dienstgebäude aufgenom-
men, könne der dringende Ver-
dacht einer fehlerhaften Ar-
beitszeiterfassung eine Kündi-
gung rechtfertigen, so das LAG
Mecklenburg-Vorpommern. Ei-
nen Beweis dafür brauche es
letztlich nicht.
Allerdings gilt auch: Bloße,
auf mehr oder weniger haltbare
Vermutungen gestützte Ver-
dächtigungen reichen dem Ge-
richt zufolge für eine Kündi-
gung nicht aus. tmn
SAMSTAG, 29. JULI 2023 STELLEN 3

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LEBEN ZU SEIN ! „WIR ZWEI“ knapp 180 cm groß. Bin ein dynam.
T H O R S T E N, 75 J und 183 cm groß, Mann mit schö. Haus und Auto für
ganz alleinstehend, Privatier, Doktor, Städtereisen, für weitere Strecken neh-
sprich ich bin Zahnarzt im Ruhestand. me ich lieber das Flugzeug. Ein Bett im
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ernst meint, sich in Jeans wie Seiden- samkeiten und lachen zusammen.
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Picknick machen würde oder spontan Monroe oder Dich dürr hungern, das
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Dreieich, Postf. 501152 LIEBE, MEERESBRISE, TRÄUM Manchmal kann der kleinste Schritt
UND GENIESSE MIT MIR DAS in die richtige Richtung zum
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Am Theater entlang ins Reisebüro,dann
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halle vorbei zum Supermarkt 10.45 den, selbst. Maschinenbau Ingenieur
und viel Arbeit; dadurch verdiene ich
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vollgepackt & logisch , Tüte ge- zwar sehr gut, das ist mir aber nicht
so wichtig. Ich bin ehrlich u. liebevoll,
platzt.Alles fiel zu Boden, Tomaten,
Äpfel, Früchtetraum, Überraschung- habe Vor- u. Nachteile (aber nicht
viele). Bin dynam., großzügig im We-
sei, & die ein oder andere Dose. Leider
sen + Denken, sympathisch, zärtl.,
hatte sich keine „Sie“ in der Schlange
befunden,die dem graumelierten anschmiegsam, pflegeleicht, ein ge-
Herrn 61, 1,81 m, mit „ helfender radliniger Typ mit schönem Haus. Mei-
ne Hobbys sind Fotografieren, mein
Hand“ zur Seite gestanden hätte. Viel-
Mountainbike und ich mache Gleit-
leicht tippt die „vermisste Hand“ ja ein
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sam-
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Berufes als Bibliothekarin. Ich habe
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nimmt, muss sich grundsätzlich
selbst um die Mängelbeseiti-
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Taunus Zeitung | Frankfurter Rundschau |
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Anzeigen-Sonderveröffentlichung | Samstag, 29. Juli 2023
der Besichtigung des Hauses
hätten bemerken können, müs-
sen sie im Nachhinein selbst
Foto: dpa
in Ordnung bringen. Darunter
fallen laut VPB zum Beispiel
feuchte Wände.
ERHEBLICHE MÄNGEL DÜRFEN
NICHT VERSCHWIEGEN WERDEN
Es gebe aber eine Ausnahme, so
der VPB: Wenn Verkäuferinnen
und Verkäufer von versteckten
Mängeln wissen, die das Gegen-
Der Traum von den eigenen vier Wänden
PolarLifeHaus präsentiert Lösungsmöglichkeiten
Der Wunsch nach einem eige- gebieten und Großstädten ist
nen Zuhause ist ungebrochen. dies extrem schwierig. So gibt
Im Vergleich zu unseren Nach- es bereits Reaktionen wie
barländern gibt es hierzulande in Hamburg-Nord, wo keine
noch Nachholbedarf. Die Ei- Einfamilienhäuser mehr gebaut
genheimquote ist bei unseren werden dürfen. Sicherlich eine
Nachbarn meistens deutlich radikale Maßnahme. Man wird
höher. sehen, ob dies Schule machen
Unabhängig von Preisen und wird. Dipl.-Holzingenieur Bus-
Zinsen ist es aber gar nicht so so Peus spricht im Interview
einfach, geeigneten Baugrund über mögliche Lösungen.
zu finden. Gerade in Ballungs-
Woher kann Bauland
kommen?
Vertriebsstart Hier gibt es vor allem zwei Mög-
lichkeiten, die hier kurz angeris-
sen werden sollen. Zum einen
den Umbau von Industrie- und
Gewerbegebieten. Verlassene
Industrie- und Gewerbegebiete
werden zu Wohngebieten umge-
wandelt, um brachliegende Flä-
chen zu nutzen und die Innen-
städte aufzuwerten.
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Zum anderen die Nachver-
Wohnungen mit vielen Extras
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dichtung bestehender Wohn-
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Erscheinungsdatum: 19. August 2023
Anzeigenschluss: 16. August 2023
über vom Kauf abhalten könn-
ten, müssen sie darauf auf-
merksam machen. Zu solchen
gravierenden Mängeln gehören
etwa Asbest im Haus oder
Schwammbefall. Auch der Ver-
dacht auf einen Blindgänger auf
dem Nachbargrundstück müsse
offenbart werden.
Wenn Eigentümerinnen und
Eigentümer solche Probleme
vorsätzlich verschweigen, müs-
sen sie die Fehler im Nach-
hinein daher doch beseitigen.
Wie entwickeln sich
dazu die Häuser?
Auch hier werden verschiedene
Wege beschritten. So finden
Mehrgenerationenwohnanlagen
immer mehr Interessenten. Auf
vorhandener Fläche können so-
mit mehr Menschen leben, die
sich gleichzeitig gegenseitig un-
terstützen und somit ein besse-
res Miteinander erleben als in
riesigen Wohnkomplexen.
Andererseits werden soge-
nannte Mikroappartements ent-
wickelt, die gerade für Singles
und Studenten gebaut werden.
Gerade die Anzahl von Single-
Haushalten ist in der Vergangen-
heit immer weiter gewachsen
und hat Lösungen gefordert.
Kann hierbei auch dem
Klimaschutz Rechnung
getragen werden?
Auf jeden Fall! Der Bau von
ökologischen Wohnprojekten
bietet sich hier an. Es werden
Wohngebäude aus nachhaltigen
Materialien sowie ernergie-
effizienten Technologien ge-
baut, die einen möglichst klei-
nen ökologischen Fußabdruck
aufweisen. Holz gilt hier defini-
tiv als die Lösung für die Zu-
kunft. Es ist verhältnismäßig
leicht, mit wenig Energie zu be-
arbeiten und kann statisch stark
belastet werden. Gerade im Be-
Im Extremfall könne der Haus-
kauf sogar wieder rückabge-
wickelt werden, teilt der Ver-
band mit.
FRAGEN STELLEN LOHNT SICH
Wer sich für einen Bestandsbau
interessiert, sollte dessen Ver-
käufer dem Verband zufolge mit
Fragen löchern. Der Grund:
Der Verkäufer müsse diese offen
beantworten und dürfe nichts
verschweigen
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Foto: PolarLifeHaus
reich von Aufstockungen ist es
der ideale Baustoff.
Bleibt die Individualität
der Häuser erhalten?
Trotz – auch durch den Gesetz-
geber – geänderten Rahmen-
bedingungen lassen sich die
Häuser individuell nach den
Wünschen und Anforderungen
der Bauherren gestalten. Auch
wenn wir seit geraumer Zeit eine
Renaissance der Bauhaus-Kultur
erleben, zeigen führende Haus-
baufirmen schon, was mittlerweile
möglich ist. Höchst interessant ist
hier das Segment der Massivholz-
häuser. Wenn die vielen positiven
Eigenschaften des Holzes ausge-
nutzt werden, ergeben sich daraus
tolle, neue Perspektiven, wie an
den Beispielobjekten zu sehen ist.
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Interessierte weitere Informationen
von Dipl.-Holzingenieur Busso
Peus zum Thema Holz und mo-
dernen Massivholzhäusern.
! Kontakt:
Dipl.-Holzingenieur Busso Peus
busso.peus@holzhaus.center
NEUE BAU- UND
ENTWICKLUNGSPROJEKTE
Anzeigen-Sonderveröffentlichung der
RheinMainMedia GmbH
Content & Design l Katja Fischer, dpa
 NEUE BAU- U. ENTWICKLUNGSPROJEKTE
Anzeigen-Sonderveröffentlichung | Samstag, 29. Juli 2023

Ein Mini-Aufzug fürs Eigenheim

Fotos: dpa
Home- und Treppenlifte können bei der Mobilität im Alter helfen

E s ist einer der Gründe, wa-

rum man im Alter oder
nach einem Unfall sein Haus
verlassen muss: die unüberwind-
bar gewordenen Treppen. Ein Auf-
zug oder ein Treppenlift können
hier jedoch Lösungen sein.
Im Handel findet man Auf-
züge fürs Eigenheim etwa unter
der Bezeichnung Plattform-
oder Homelift. Das ist erst mal
nur eine Rampe, auf die man
geht oder mit Rollator und
Rollstuhl fährt – um befördert
zu werden. Aber aus den an-
fangs pragmatisch designten
Modellen sind optisch kleine
Aufzüge entstanden. Mit blick-
bringen. Dann ist allerdings eine
Baugenehmigung erforderlich.“
Ein Homelift ist binnen weniger
Tage eingebaut. Er wird mit
normalem Strom aus der Steck-
dose betrieben. Mit einer
Höchstgeschwindigkeit von 0,15
Metern pro Sekunde ist er lang-
samer als ein öffentlicher Auf-
zug. „Das Tempo reicht aber
aus“, so Udo Niggemeier.
Alle Lifte, die von haushalts-
fremden Personen genutzt wer-
den, müssen einmal im Jahr ge-
lichst mit dem Thema befassen,
bevor der Treppenlift akut ge-
braucht wird.“
Der Treppenlift verfügt laut dem
Deutschen Verband für Treppen-
und Plattformlifte (DVTP) über
einen Sitz, eine Antriebseinheit
und eine Führungs- und Trage-
schiene, die an der Wand, Decke
oder auf der Treppe montiert ist.
So ist es für eine körperlich einge-
schränkte Person möglich, unter-
schiedliche Höhen über die schon
existierende Treppe zu erreichen.
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dichter oder durchsichtiger Ka-

bine können Plattformlifte der
Hingucker im Haus sein.
STEIGERN MARKTWERT
EINER IMMOBILIE
Der Homelift fährt wie jeder
andere Lift mehrere Stationen
im Haus an. Ein weiterer Vor-
teil: Der Homelift gibt Nutzern
ein wesentlich besseres Sicher-
heitsgefühl als ein Treppenlift.
Zwar haben solche Modelle
den Preis von Mittelklasse-
wagen, steigern aber auch den
Marktwert einer Immobilie.
Denn: „Immer mehr Menschen
suchen Häuser, in denen sie bis
ins hohe Alter mobil bleiben
können“, sagt Erhard Hackler
von der Deutschen Seniorenliga.
Ein Homelift braucht nicht
viel Platz. Und man muss beim
Bau nicht in den Untergrund
gehen. Oft wird der Lift in die
Lücke im Treppenlauf einge-
baut. „Er kann aber auch an
einer anderen Stelle im Haus
montiert werden“, sagt Udo
Niggemeier von der Vereinigung
mittelständischer Aufzugsunter-
nehmen in Bissendorf. „Es ist
auch möglich, ihn außen anzu-
wartet und geprüft werden. Des
Weiteren müssen sie ein System
haben, mit dem schnell Hilfe
herbeigerufen werden kann.
Hat der Lift eine Förderhöhe
von mehr als drei Metern,
muss er von einer Überwa-
chungsstelle vor der ersten Inbe-
triebnahme und im weiteren Be-
trieb regelmäßig geprüft werden.
GÜNSTIGERE ALTERNATIVE
TREPPENLIFT
Eine Alternative ist der Trep-
penlift, der von den Kranken-
kassen bezuschusst werden
kann. Allerdings gibt es unter-
schiedliche technische Lösun-
gen und Ausstattungen. Mat-
thias Bauer von der Verbrau-
cherzentrale Baden-Württem-
berg rät: „Man sollte sich mög-
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namische Startup im Bereich
der erneuerbaren Energien,
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bis hin zur Wartung alle Auf-
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 NEUE BAU- U. ENTWICKLUNGSPROJEKTE
Anzeigen-Sonderveröffentlichung | Samstag, 29. Juli 2023

Mietpreisbremse: Das können Mieter bei Verstößen unternehmen

G reift bei meiner Wohnung
die Mietpreisbremse oder
greift sie nicht? Diese Frage
dürften sich womöglich einige
Mieter stellen. Denn nicht im-
mer ist ganz klar: Liegt die
Immobilie in einem Gebiet mit
gültiger Mietpreisbremsenver-
ordnung? Diese ist nämlich
Grundvoraussetzung für eine
wirksame Deckelung der Miete.
Jutta Hartmann vom Deut-
schen Mieterbund rät, dies bei
der jeweiligen Gemeinde oder
dem örtlichen Mieterverein zu
erfragen. Unterliegt die Woh-
nung einer Preisbremse, darf die
Miete bei einem Mieterwechsel
höchstens zehn Prozent über
der ortsüblichen Vergleichsmiete
liegen. Lag die Miete des Vor-
mieters darüber, ist sie bei die-
sem Preis gedeckelt.
Ausnahmen gelten, wenn eine
Wohnung erstmals nach dem
1. Oktober 2014 vermietet wird
oder wenn vor Beginn des Miet-
Foto: Christian Charisius/dpa/dpa-tmn
verhältnisses umfassend moder-
nisiert worden ist. Bei preis-
gebundenen Wohnungen, zum
sollten Mieter dies zeitnah rü-
gen“, sagt Hartmann. Dafür sei
es ausreichend, die ortsübliche
Beispiel Sozialwohnungen, gilt Vergleichsmiete zum Beispiel an-
der Deckel nicht. Bei Index- hand des Mietspiegels zu ermit-
mietverträgen gilt er nur für teln, zehn Prozent aufzuschla-
die Ausgangsmiete. Möblierter gen, und sich in einer Mail an
Wohnraum stellt hingegen keine den Vermieter darauf zu berufen.
Ausnahme dar. Nach Erhalt der Rüge muss der
Vermieter die Miete reduzieren.
VERMIETER SIND ZUR
AUSKUNFT VERPFLICHTET 30-MONATIGE FRIST
NICHT VERSÄUMEN
Um die Einhaltung der Rege-
lung überprüfen zu können, Übrigens: Es lohnt sich, die
dürften Mieter bei ihren Ver- Berechnung nicht lange aufzu-
mietern Auskunft über alle da- schieben. Mieter, die innerhalb
für notwendigen Tatsachen ver- der ersten 30 Monate nach
langen, sagt Jutta Hartmann. Vertragsabschluss rügen, haben
Also etwa das Baujahr, die Vor- Anspruch auf Erstattung der zu
miete oder Tatsachen zu etwai- viel gezahlten Miete. Wer diese
gen Mietzuschlägen oder Aus- Frist verpasst, kann laut Hart-
nahmen der Bremse. „Liegt die mann nur noch zurückverlan-
Miete über der nach Mietpreis- gen, was nach Zugang der Rüge
bremse höchstzulässigen Miete, zu viel gezahlt wurde.

Die Bevölkerungszahl steigt – der Wohnungsbau stagniert _Anzeige

Haus & Grund Frankfurt am Main e.V. fordert konkrete Bau- und Investitionsanreize

2022 wurden in Frankfurt deutlich weniger Wohnungen kein Umdenken in der Politik

Foto: Haus & Grund Frankfurt am Main e.V.

fertiggestellt als in den Jahren zuvor. Auch für 2023 sind einsetzt, besteht die Gefahr,
die Aussichten nicht besser – und das, obwohl bei der dass private Eigentümer nicht
Stadtbevölkerung die Zeichen auf Wachstum stehen. mehr in Neubau und Instand-
Jürgen H. Conzelmann, Vorsitzender von Haus & Grund setzung investieren, sondern
sich aus dem Wohnungsmarkt
Frankfurt am Main e.V., spricht im Interview über Gründe
zurückziehen. Diese Wohnun-
für die besorgniserregende Lage am Wohnungsmarkt.
gen werden häufig von professi-
onellen Investoren übernom-
Herr Conzelmann, aktuelle bilienkäufer und Bauträger – men, die erfahrungsgemäß we-
Zahlen besagen: Lediglich zutiefst verunsichert: Energie- nig Rücksicht auf die persön-
2951 Wohnungen sind im preissteigerung, Wärmewende, lichen Belange der Mieter neh-
vergangenen Jahr in Frank- Zinsentwicklung, Baupreisex- men. Städte und Kommunen
furt entstanden. Das ist der plosion, Handwerkermangel würden dann allein für be-
niedrigste Wert seit 2014. und immer umfangreichere Re- Jürgen H. Conzelmann, Vorsitzender von Haus & Grund Frankfurt am Main e.V. zahlbaren Wohnraum sorgen
2021 waren noch 3914, 2020 gularien auf allen Ebenen. müssen – eine Aufgabe, der sie
sogar 4349 Wohnungen hin- Neue Wohnungen werden – wie Freibetrag bei der Grunder- neue Baugebiete ausgewiesen offensichtlich nicht gewachsen
zugekommen. die aktuellen Zahlen deutlich werbsteuer zu erleichtern. Die und es muss – beispielsweise im sind und die sie – aufgrund der
Das ist besorgniserregend. zeigen – unter diesen Umstän- Bundesregierung hingegen Frankfurter Norden – zügig Vielzahl der Herausforderun-
Und: Obwohl bundesweit und den kaum noch gebaut. Pro- plant unterdessen, den Kosten- Baurecht geschaffen werden. gen die privater Wohnungsbau
in der Rhein-Main-Region mit- jektentwickler wie private druck noch weiter zu erhöhen: Zusätzlich muss behutsame mit sich bringt – auch nicht
telfristig Tausende neue Woh- Eigentümer verlieren ange- Die Pflicht zum Heizungs- Nachverdichtung in bestehen- selbst schultern können.
nungen gebraucht werden – so sichts des Marktumfelds und tausch bis 2045 und weitere den Wohngebieten erleichtert
soll die Bevölkerungszahl von der Unberechenbarkeit der staatliche Anforderungen an werden. Damit das umsetzbar Was erwarten Sie konkret
Frankfurt bis 2045 nach einer Ampel-Politik das Vertrauen in die Gebäude werden die Preise ist, ist in erster Linie der Dialog von der neuen Stadtführung
Prognose der Stadt auf 843.000 weitere Investitionen in Immo- für das Wohnen weiter in die und eine intensive Kommuni- in Frankfurt?
anwachsen –, ist eine Trend- bilien. Und damit werden viele Höhe treiben. Zusätzlich haben kation zwischen der Bauverwal- Frankfurt hat jetzt die Chance,
wende derzeit nicht zu erwar- Bürger auf absehbare Zeit jede die Diskussionen um das Ge- tung und den Bauherren ge- einen Aufbruch zu erleben mit
ten. Nach den Zahlen, die die Perspektive verlieren, eines Ta- bäudeenergiegesetz die Bürger fragt. Und: Natürlich müssen einer neuen Stadtführung. Jetzt
Bauaufsicht Frankfurt jüngst ges selbst Immobilieneigen- nachhaltig verunsichert. Die auch konkrete Bau- und Inves- ist Platz für innovative Kräfte.
präsentierte, sind im vergange- tümer zu werden. anstehende Novelle des Bauge- titionsanreize geschaffen wer- Wir als private Eigentümer und
nen Jahr so wenige Bauanträge setzbuches lässt außerdem be- den, damit der dringend benö- Vermieter wollen diesen Pro-
wie seit langem eingegangen. Was tut die Politik dagegen? fürchten, dass der Bauland- tigte Wohnraum auch tatsäch- zess aktiv unterstützen und für
Die beantragte Bausumme ist Was die Bundesregierung dage- mangel weiter forciert wird, in- lich entsteht. Hier wird oft ver- ein investitionsfreundlicheres
im Vergleich zu den Vorjahren gensetzt, reicht bei weitem dem die Politik lieber in die Ei- gessen, dass die privaten Haus-, Umfeld sorgen. So setzen wir
viel geringer. Auch die Zahl der nicht aus. So haben nach einem gentumsrechte eingreift, an- Wohnungs- und Grundeigen- uns unter anderem für eine Ab-
Baugenehmigungen für Woh- Monat Laufzeit des neuen statt neues Bauland in den Bal- tümer hessenweit rund 2,5 Mil- schaffung der zwischenzeitlich
nungen sank, sie lag 2022 mit Wohneigentumsprogramms für lungsräumen zu schaffen. lionen Wohnungen und damit nicht mehr als sinnvoll empfun-
4583 knapp fünf Prozent unter Familien gerade mal eine ein- mehr als 85 Prozent des gesam- denen und mittlerweile aus der
dem Vorjahreswert. Die Ent- stellige Zahl von Haushalten Was kann die Stadt Frank- ten Wohnungsbestandes stel- Zeit gefallenen Milieuschutz-
wicklungen, die wir derzeit eine Förderung beantragt, wie furt tun, um mehr Wohn- len. Damit sind gerade die pri- satzungen ein, die – wie einige
über die Grenzen von Frank- aus Kreisen der staatseigenen raum zu schaffen? vaten Vermieter die zentrale aktuelle Beispiele zeigen – so-
furt hinaus rund um das The- Kf W-Bank bekannt wird. Haus Grundsätzlich brauchen wir ein Säule des Wohnungsmarktes. wohl die Entstehung von neu-
ma Wohnen und Bauen erle- & Grund sowie andere Verbän- klares und verlässliches Be- Sie werden allerdings seit Jah- em Wohnraum als auch energe-
ben, sind in ihrer kumulativen de hatten die Förderkriterien kenntnis der Kommunalpolitik, ren durch stetig steigende Steu- tische Sanierungen im Sinne
Dramatik sicherlich einmalig in und -summen massiv kritisiert. dass neue Wohnungen notwen- ern, Abgaben und immer um- der Klimaziele verhindern.
der Geschichte der Bundesre- Zusätzlich setzen wir uns seit dig sind, um das Angebot zu er- fangreichere gesetzliche, bau-
publik. Es ist eine multiple Kri- langem dafür ein, Erstkäufern höhen und so mehr bezahlba- rechtliche und energetische
se, die viele Akteure – insbeson- – wie etwa junge Familien – ren Wohnraum zu schaffen. Vorgaben und Satzungen im-
dere Vermieter, Mieter, Immo- ihre Investition durch einen Hierfür müssen insbesondere mer stärker belastet. Wenn hier
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Muskelhypothek
Eigenleistungen am Bau sollten wohlüberlegt sein
E
igenleistungen am Bau boomen,
das hat eine Umfrage der BHW-
Bausparkasse unter rund 2000
Personen ab 18 Jahren ergeben.
Vor allem die Gruppe der 50- bis
59-Jährigen ist hier mit 59 Pro-
zent stark an dieser aktiven Mitarbeit inte-
ressiert. Und es lohnt sich auch finanziell.
Banken lassen sich häufig darauf ein, die
sogenannte „Muskelhypothek“ anzuerken-
nen und bei verpflichtender Mitarbeit des
Bauherrn den Finanzierungsbeitrag zu
senken – in Zeiten hoher Bauzinsen kann
sich dies durchaus lohnen. Allerdings
sollte der Schritt wohlüberlegt sein, sonst
droht am Ende ein schlimmes Erwachen.
Gefahr der
Überschätzung
Erst mal geht es natürlich um das Können.
„Häuslebauer dürfen sich nicht überschät-
zen. Wer selbst baut, der braucht Know-
how und sehr viel Zeit“, konstatiert Di-
plom-Ingenieur Raik Säbisch vom Ver-
band Privater Bauherren (VPB) aus Leip-
zig. Wer nur denkt, er habe handwerkliche
Fähigkeiten oder sich gar nur mit YouTube-
Videos durchhangeln möchte, kann so
schnell in eine Zeit- und Kostenfalle tap-
pen. Generell gilt laut VPB die Faustregel:
Laien benötigen am Bau mindestens ein
Drittel mehr Zeit als Profis. Um überhaupt
im Rahmen der Muskelhypothek nennens-
wert Geld zu sparen, veranschlagt Säbisch
um die knapp 500 Stunden für die wacke-
ren Heimwerker.
Runtergebrochen auf eine 40-Stunden-
Woche bedeutet das: zwölf Wochen oder
ein Vierteljahr. Und wenn am Ende eine
mangelhafte Arbeit hohe Schäden am Bau
verursacht, gibt es nach Erfahrungen von
Diplom-Bauingenieur Volker Wittmann
vom VPB Regensburg stets Ärger bei der
Frage: Wer muss dafür aufkommen?
„Die Baufirma fühlt sich nicht zustän-
dig, denn sie hat ja mit den Eigenleistun-
gen nichts zu tun.“ Heimwerker ohne Aus-
bildung sollten sich deshalb laut VPB vor
NACHGEFRAGTbei unserem Partner Haus & Grund Frankfurt am Main e. V.
Der Vermieter wird bedroht – Was tun?
I
mmer wieder taucht in der Berater-
praxis das Problem auf, dass ein Fehl-
verhalten nicht vom Mieter selbst,
sondern von Personen ausgeht, die in
einer Beziehung zum Mieter stehen.
Hierbei kann es sich um Besuch, sei es
Freunde oder Familie, aber auch um
Personen handeln, die – sofern ein be-
rechtigtes Interesse vorliegt – auf Dauer
mit dem Mieter die angemietete Woh-
nung bewohnen. Der BGH hat in der
jüngeren Rechtsprechung oft Ausfüh-
rungen zur Frage getätigt, wann das Ver-
halten von Besuchern dem Mieter zuzu-
rechnen ist. So stellt der BGH unter an-
derem in einem neueren Urteil (v.
25.08.2020 – VIII ZR 59/20) klar, dass
bei Kündigungstatbeständen nicht
zwingend ein persönliches Fehlverhal-
ten des Mieters vorliegen muss, sondern
dass auch ein ihm zuzurechnendes Ver-
schulden von sogenannten Erfüllungs-
gehilfen genügen kann.
Für die Praxis bedeutet dies, dass der
Mieter für ein Verschulden der Besu-
cher, die sich mit seinem Einverständnis
in der Wohnung aufhalten, in gleichem
Umfang verantwortlich ist, wie für sein
eigenes Verschulden. Dies gilt gleicher-
maßen für Familienangehörige sowie
mit ihm im Haushalt lebende Perso-
allem an einfache Arbeiten halten, etwa
den Garten selbst anlegen, Wände strei-
chen oder den Boden verlegen. Bereits hier
kann man mehrere Tausend Euro einspa-
ren.
Enge Absprache mit der
Baufirma
Grundsätzlich gilt es, die Eigenleistungen
in enger Absprache mit der Baufirma in
den Bauablauf zu integrieren. Tut man dies
nicht, sind weitreichende Folgeschäden
nicht ausgeschlossen. Unverzichtbar ist
deshalb auch eine Versicherung der eige-
nen Arbeiten, die in der Regel nicht unter
den Versicherungsschutz der Baufirma fal-
nen. Schließlich erstreckt sich die Zu-
rechnung nicht nur auf „Freunde und
Bekannte“ des Mieters, sondern auch
auf Personen, die auf Veranlassung des
Mieters, insbesondere Handwerker und
Dienstleister, mit der Mietsache in Be-
rührung kommen. Der Vermieter kann
daher das Mietverhältnis sofort fristlos
kündigen, wenn der Mieter, ein Mitbe-
wohner oder ein Besucher ihm gegen-
über im Rahmen einer streitigen Ausei-
nandersetzung ankündigt, er werde ihn
töten. Ob und in welchem Umfang es
im Nachfolgenden zu Tätlichkeiten
kommt, ist ohne Relevanz. Das Amtsge-
richt (AG) Hanau hat nun entschieden,
dass schon die Ankündigung während
eines Streits, die Vermieterin töten zu
wollen, eine fristlose Kündigung des
Mietverhältnisses rechtfertigen kann
(Urt. v. 22.05.2023, Az. 34 C 80/22 (14)).
In dem Fall hatten sich die Parteien im-
mer wieder über die Nutzung des Gar-
tens gestritten. Dies eskalierte, als die
Mitbewohnerin des beklagten Mieters
ankündigte, die Vermieterin zu töten,
und dazu aufforderte, ihr ein Messer zu
bringen, was auch geschah. Die Vermie-
terin hatte daraufhin das Mietobjekt
schnell verlassen und die Tür geschlos-
sen. Laut AG Hanau ist es in solchen
SAMSTAG, 29. JULI 2023
IMMO-TICKER
Heizung mit
dem „Plus“
Für viele Eigentümer von
Altbauten stellt sich jetzt die
Frage, welches neue Heiz-
system für ihre Immobilie das
richtige ist, wenn ein Wechsel
der Anlage ansteht. Für eine
gute Kombination gibt es je-
doch nicht den „Heiligen Gral“,
zunächst braucht es eine
Bestandsaufnahme der Im-
mobilie. Die unterschiedlichen
Bausteine reichen von der Wär-
mepumpe über ein Blockheiz-
kraftwerk und Biomasse bis zu
Solartechnik. Hausbesitzer
haben die Möglichkeit, die alte
Gas- oder Ölheizung zu be-
halten und mit erneuerbaren
Energien zu ergänzen. Zum Bei
spiel kann in einem Hybrid-
System eine Wärmepumpe die
Hauptlast von Heizen und Trink-
wassererwärmung überneh-
men. Die fossile Heizung wird
nur bei extremer Kälte zuge-
schaltet. Welchen Anteil die
Wärmepumpe übernehmen
kann, hängt von der Energie-
bilanz eines Hauses ab.
„Die vorhandene Heizanlage
und Wärmedämmung sollten
von Sachverständigen bewertet
werden“, rät Krzysztof Pompa
von der BHW-Bausparkasse.
len. Das gilt auch für mögliche Unfälle auf
der Baustelle. Generell rät Architekt Bern- Halbe Duschzeit,
hard Riedl vom VPB in München, bei der
Muskelhypothek die eigenen Kräfte nicht halbe Kosten
über Gebühr zu strapazieren: „Nicht um- Im Schnitt beträgt die Duschzeit
sonst heißt es am Ende oft: Haus fertig – in Deutschland etwa elf Mi-
Ehe kaputt.“ nuten. Der aktuelle Warm-
Gleiches gilt auch für die oft von Freun- wasserspiegel zeigt: Wer diese
den und Bekannten im Vorfeld üppig an- Duschzeit halbiert, kann seine
gebotenen Unterstützungen. Manch einer, Kosten für den Warmwasser-
der bei der Planung signalisiert, er hat zum verbrauch spürbar reduzieren.
einen Zeit zu helfen und zum anderen So lassen sich ganz einfach
„eine Menge Erfahrung“ beim Ausbau, über 100 Euro Energiekosten
entpuppt sich, wenn es drauf ankommt, pro Jahr sparen, hat die ge-
gerne mal als Held in Strumpfhosen. meinnützige Beratungsgesell-
Christoph Kastenbauer/red schaft co2online jetzt vorge-
rechnet.
Fällen mietrechtlich völlig unerheblich, Zu allen Fragen rund um den Erwerb,
ob es tatsächlich zu einer Attacke mit die Nutzung und die Vermietung des
dem Messer kommt – Grund für eine privaten Eigentums berät Haus
fristlose Kündigung bestehe nach solch & Grund Frankfurt am Main e.V. seine
einem Verhalten in jedem Fall. Der be- Mitglieder.
klagte Mieter muss sich nach Auffas-
sung des Gerichts das Fehlverhalten sei-
ner Mitbewohnerin nämlich zurechnen Niklas Graf
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GEWERBEOBJEKTE LY D I A ISHIK AWA
IMMOBILIEN GMBH
LYDI A ISHIKAWA International Real Estate Consultant
IMMOBILIEN GMBH Wir suchen für unseren Kunden
Tel.: 0176-64076058,
International Real Estate Consultant gepflegte Anlageobjekte.
Oberursel
Bevorzugt werden vermietete
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von Oberursel, EG + 1.OG, ca. 201 qm, in Frankfurt-Westend,
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IMMOBILIENDIENSTLEISTUNGEN
Ein neues Team-Mitglied
Wir begrüßen ganz herzlich ein neues Mitlgied in unserem LII-Team. Als Verstär-
kung kam vor kurzem Frau Taeko Majer hinzu. Wir sind sehr froh, dass Sie nun Teil
unseres Teams ist. Frau Taeko Majer wird sich Ihnen hier mit ein paar Worten selbst
vorstellen. Lydia Ishikawa
Ich bin in der Stadt Joetsu (Japan) geboren und aufgewachsen, umgeben
von viel Natur, Bergen und Meer.
Schon seit meiner Kindheit hat mich aber das Ausland gereizt, daher habe
ich internationale Kommunikation an der Universität Tokio studiert. Nach
dem Abschluss der Universität arbeitete ich fast 6 Jahre für einen Kunden-
service, bevor ich beschloss Japan für 3 Jahre Reisen zu verlassen. Ich
reiste in meherere Länder und traf viele verschiedene Menschen.
Durch die Erfahrungen, die ich in dieser Zeit gesammelt habe, lernte ich
sehr viele neue Dinge über die Welt, aber auch über mich selbst.
Ich bin sehr glücklich, jetzt hier in Deutschland und dieser Firma zu sein,
um Menschen zu unterstützen und neue Kontakte kennenzulernen. Mit
diesem Input wachse auch ich weiter.
von Taeko Majer
MOBIL
SAMSTAG, 29. JULI 2023

Liner ohne feste Betten MOTOR-TICKER

Preisunterschiede
von mehr als 30%
Eura Integra Line: Dank Hubbett großes Bad und neues Raumgefühl Tanken an einer Autobahntank-
stelle – das kann richtig ins Geld
gehen. Wie deftig vielerorts die

D
ie sogenann- menklappen, um leich- Preisaufschläge ausfallen, zeigt
ten integrier- ten Durchgang von hin- eine Stichprobe des ADAC.
ten Fahr- ten nach vorn zu garan- Dabei hat der Club die Preise
zeuge sind tieren. von Benzin und Diesel bundes-
die Krönung Serienmäßig an Bord weit an 40 Autobahntankstellen
der Reisemo- ist der 103 kW/140 PS zeitgleich mit den Spritpreisen
bil-Baukunst. Vor allem in starke Ducato-Diesel mit der jeweils nächstgelegenen
puncto Wohnkomfort. Handschalter. Unser Test- Tankstation abseits der Auto-
Der anhaltende Boom bei fahrzeug wurde aller- bahn verglichen.
den kompakten Camper- dings von dem optional Auch in Hessen mussten Auto-
Vans macht diesem Seg- angebotenen Triebwerk fahrer drastische Aufschläge in
ment allerdings zu schaf- mit 130 kW/180 PS und Kauf nehmen. So kostete zum
fen. Und natürlich tragen 9-Gang-Automatik ange- Testzeitpunkt im März 2023 der
auch die inflationsbe- trieben, das mit dem Liter Super E10 an der Rast-
dingte Verteuerung dieser 4,4-Toner nahezu spiele- stätte Alsbach West (Autobahn
ohnehin teuersten Wa- risch umging und das in A5) 51 Cent mehr als an der
genklasse und die 3,5-Ton- Frankreich für Wohnmo- nächstgelegenen Tankstelle
nen-Problematik (Ge- bile über 3,5 Tonnen gül- abseits der Autobahn. Fast
wichtslimit, Zusatzführer- tige Tempolimit von 110 genauso hoch war der Preis-
schein!) dazu bei, dass der km/h zum Dauertempo unterschied an der genannten
Anteil der Integrierten auf Autobahnen machte. Tankstelle für den Liter Diesel,
am Gesamtmarkt von Der Durchschnittsver- der hier fast 45 Cent teurer
16,9 Prozent 2018 auf zu- brauch von 10 bis 12 l/ war. Ein ähnliches Bild ergibt
letzt nur noch 9,2 Prozent 100 km Diesel je nach sich an der zweiten getesteten
im vergangenen Jahr ge- Einsatzgebiet geht in Tankstelle Großenmoor West
schrumpft ist. Ordnung. (Autobahn A7). Hier gab es
Aber für reiselustige Und für ein sieben Me- Preisunterschiede von 46 Cent
Junggebliebene, die gern ter langes und 2,32 Meter (E10) beziehungsweise 43 Cent
auch mal in Europas Sü- Auch die engen Felsdurchfahrten der Tarn-Schlucht bereiteten mit dem Eura Integra breites Wohnmobil ließ (Diesel). „Die Preisaufschläge
den überwintern, und für Line 695 LF keine Probleme. Foto: Lennartz sich der Eura Integra Line sind dreist und stehen in
Zeitgenossen, die sich für erstaunlich leicht rangie- keinem Zusammenhang mit
unterwegs mehr Platz und Kom- tioniert manuell, ist nur ein Akt wenig das Duschvergnügen. In ren und ohne Schweißausbrü- etwaigen Serviceleistungen“,
fort leisten wollen und können, weniger Augenblicke und erfor- der Wagenmitte vor dem Raum- che über kurvige Landstraßen so Oliver Reidegeld, Sprecher
sind sie nach wie vor attraktiv. dert an weiteren Umbaumaß- bad befindet sich auf der Fahrer- manövrieren. Selbst die engen des ADAC Hessen-Thüringen.
Und eine Marke wie Eura Mobil nahmen lediglich, die Rücken- seite der Küchenblock mit einer Tarn-Schluchten mit höhenbe- Eine gute Nachricht gibt es
aus Sprendlingen bei Bingen lehnen der drehbaren Frontses- Mineralstoffoberfläche, Drei- grenzten Felsdurchfahrten wa- jedoch für Verbraucher: Wer
zählt für diese Zielgruppen zu sel umzuklappen. Flammen-Kocher, Spüle und viel ren bei 2,88 Meter Höhe kein Preise vergleicht, kann viel Geld
den besten Adressen. Am belieb- Das Konzept hat viele Vor- Platz für die komplette Kochaus- Tabu. Abstecher über enge Berg- sparen. Im Schnitt mussten die
testen sind zweifellos Grundrisse teile. Es ermöglicht eine voll- rüstung. Gegenüber ist ein gro- sträßchen in entlegene kleine Autofahrerinnen und Auto-
mit fest installierten Betten im kommen neue Heckgestaltung, ßer Kühlschrank verbaut. Dorfidyllen dagegen schon. Da fahrer bundesweit an der Auto-
Heck. Vor allem Einzelbetten. die mit einem sehr großen Hobbyköche werden sich über haben kompakte Camper-Vans bahn 41,7 Cent je Liter Super
Aber auch Queens- oder quer Raumbad über die gesamte Wa- die große Bewegungsfreiheit unbestreitbare Vorzüge. E10 mehr bezahlen. Diesel-
eingebaute Doppelbetten. Eura genbreite samt eigener Duschka- freuen, denn ihr Arbeitsbereich Beim Marktstart vor fast zwei fahrer zahlten im Mittel 35,9
geht aber noch einen anderen bine beginnt und dahinter üppi- geht nahtlos über in die riesige Jahren war der Eura Integra Line Cent je Liter mehr für ihren an
Weg und nimmt mit dem Mo- gen Stauraum in zwei längs an- Sitzgruppe, die dank der Face-to- 695 LF noch zu einem Einstiegs- der Autobahn gekauften Kraft-
dell Integra Line 695 LF zu Prei- geordneten Kleiderschränken Face-Anordnung der beiden preis von unter 90 000 Euro er- stoff. Wer zum Tanken die
sen ab 104 400 Euro sogar Anlei- bieten. Diese lassen sich um 90 1,60 und 1,15 Meter langen hältlich. Jetzt werden mindes- Autobahn verlässt, kann laut
hen bei den Kompakten. Grad nach vorne drehen, um Längssofas ein großzügiges tens 104 400 Euro aufgerufen. ADAC viel Geld sparen. Bei
leichter an die Klamotten zu Raumgefühl vermittelt. Mit Und die Optionsliste ist lang. einer 50-Liter-Tankfüllung
Sitzgruppe mit kommen – oder man nutzt den Loungecharakter. Empfehlenswert ist auf jeden zahlen demnach die Fahrer von
Raum zwischen den beiden Fall das Mondial-Paket, das vom Benzinern – gemessen an den
Loungecharakter Schränken zur Unterbringung Wenig Tabus wegen stärkeren Motor über Automa- in der Untersuchung festge-
Das auf einem Fiat Ducato mit sperriger Gegenstände. tik, 16-Zoll-Leichtmetallfelgen, stellten durchschnittlichen
Fiat-Tiefrahmen aufbauende Darunter ist immer noch ge- Breite und Höhe 4,4-Tonnen-Auflastung, Rück- Preisunterschieden – 20,86
I-Modell hat nämlich keine fest nug Platz für eine von außen zu- Die Drehsessel aus dem Fahrer- fahrkamera, Crashsensoren für Euro weniger an der Tankstelle
eingebauten Kojen an Bord, son- gängliche Garage, auch wenn haus lassen sich ebenfalls inte- die Gasflaschen und vieles mehr nach der nächsten Ausfahrt. Bei
dern ist für zwei Personen ausge- das Beladen mit zwei Rädern et- grieren, so dass bis zu sieben Per- bis zur Markise für rund 18 000 Diesel beträgt die Ersparnis im
legt, die in einem 1,93x1,50 Me- was Puzzlearbeit erfordert. Klei- sonen zu gemütlicher Runde zu- Euro viele Annehmlichkeiten Schnitt 17,96 Euro. Im oben
ter großen Hubbett über dem ner Minuspunkt im Bad: Ein in sammenfinden können. Der ver- enthält, den Gesamtpreis aber dargestellten Extremfall hätten
Fahrerhaus nächtigen. Das Ab- die Duschkabine hineinragen- stellbare Tisch mit feststehen- Richtung 125 000 Euro treibt. die Autofahrer für 50 Liter
senken und Hochhieven funk- der Radkasten beeinträchtigt ein dem Fuß lässt sich hälftig zusam- Michael Lennartz Super E10 immerhin fast 35
Euro sparen können, wenn sie
von der Autobahn abgefahren
wären.

Das Comeback des Mitsubishi Colt Anzeige

Die zehnte Generation des Kleinwagens basiert auf dem Renault Clio
D
er Mitsubishi Colt feiert
ein Comeback. Der
Name hat heute noch
Klang, ist er doch ver-
bunden mit den goldenen Zei-
ten der japanischen Marke hier
in Deutschland. Der Kleinwagen
gehörte zu den ersten Modellen,
die Ende der 70er-Jahre von
Hanns Trapp-Dries in Rüssels-
heim importiert wurden. Und
der Colt erwarb sich einen aus-
gezeichneten Ruf in puncto Zu-
verlässigkeit, gehörte in den
TÜV-Reports stets zu den Bes-
ten. Knapp ein Viertel seiner seit
1978 verkauften Exemplare sind
immer noch im Einsatz!
Ja, er hätte vielleicht ein wür-
digeres, oder besser: eigenständi-
geres, Comeback verdient ge-
habt. Aber es sind andere Zeiten.
Die Marke Mitsubishi hat turbu-
lente Jahre durchlitten, stand zu-
letzt sogar kurz vor dem Aus in
Deutschland. Und ohne die Zu-
gehörigkeit zu der Allianz mit
Renault und Nissan wären die
drei Diamanten – das Marken-
zeichen – wohl tatsächlich von
der Bildfläche verschwunden.
So ist denn die nunmehr
zehnte Generation des Mitsub-
ishi Colt nichts anderes als ein
Renault Clio, bei dem lediglich
das Logo ausgetauscht wurde.
FAHRZEUGE
gibt es also ebenso die Wahl-
möglichkeit unter drei Motori-
sierungen: als 1,0-Liter-Dreizy-
linder-Benziner mit 67 PS, in der VERKÄUFE
Turbo-Version mit 91 PS und als
Vollhybrid (ohne Stecker) auf
Basis eines 1,6-Liter-Vierzylin- WOHNMOBILE
ders mit 143 PS. Eine rein elek-
trische Version ist nicht geplant.
Der Marktstart ist im Okto- Wir kaufen Wohnmobile + Wohnwagen
Dank der Zugehörigkeit zur Re- ber. Preise nennt die Deutsch- 03944 36160, www.wm-aw.de Firma
nault-Nissan-Allianz feiert der Mit- land-Niederlassung in Friedberg
subishi Colt seine Wiedergeburt. noch nicht. Mit rund 19 000
Euro sollte man aber wohl min-
ANKÄUFE
Ähnlich wie zuletzt beim klei- destens rechnen. Zumal es als
nen Crossover ASX als Ableger Schmankerl für den Colt im Ge-
des Renault Captur. Für den gensatz zum Clio eine Fünfjah- Suche Young-/Oldtimer Mercedes
Benz, Porsche, BMW und Opel-USA
nichtsdestotrotz schicken Colt res-Garantie inklusive ist. ML von Privat; Tel. 0177-5066621
REISE
Ja, wo spielen sie denn?
Frauenfußball-WM: In diesen Städten bestreiten die deutschen Frauen die Vorrunde
D
ie Frauenfußball-
WM ist in vollem
Gange. Am Sonn-
tag, 30. Juli, um
11.30 Uhr müssen
Popp und Co. in
Sydney gegen Kolumbien antre-
ten, am 3. August um 12 Uhr in
Brisbane gegen Südkorea. Und
das erste Spiel gegen Marokko
(6:0) führte die Mannschaft
nach Melbourne. Drei Spielorte
und drei interessante Reiseziele
in Australien.
Melbourne – die zweitgrößte
Stadt Australiens
Die Hauptstadt des Bundesstaa-
tes Victoria bietet einen erfri-
schenden Mix aus Kunst, Kultur
und Kulinarik, aus Geschichte
und internationalem Anspruch.
Kurzum, die zweitgrößte Stadt
Australiens bietet das volle Pro-
gramm, plus Strand direkt vor
den Toren der Stadt. Morgens
surfen, mittags die legendäre
Street Art in der Union Lane be-
wundern, ein paar Galerien ab-
klappern oder mit Kayak Mel-
bourne paddelnd die Ufer des
Yarra River erkunden …
Wer beim Fachsimpeln über
Sport später im Pub auftrump-
fen möchte, besucht die Helden
der australischen Sportge-
schichte im Australian Sports
Museum. Davor sollte aber eine
kulinarische Grundlage her.
Hungrige werden in Chinatown
oder auf dem Victoria Market
fündig; oder fahren mit der his-
torischen City Circle Tram zu
den Docklands, wo man tolle
Selfies mit dem größten Riesen-
rad Australiens machen kann.
Wer etwas Ruhe braucht, fin-
det diese beispielsweise im
Royal Botanic Gardens. Oder
man versinkt in den neuen Alba
Thermal Springs & Spa außer-
halb der Stadt in Wellnessoasen.
Auch der legendäre Surfstrand
Bells Beach in Torquay ist einen
Tagesausflug wert. Hier kann
man den Asphalt der legendä-
ren Great Ocean Road küssen
und den Fallschirmspringern
des Australian Skydive bei ihren
Höhenflügen zuschauen.
Zum Feiern trifft man sich
gleich um die Ecke vom histori-
schen Bahnhof Flinders Station,
dem wichtigsten Nahverkehrs-
knotenpunkt der Stadt. Hier ist
immer etwas los, Pop-up-Bars,
Galerien, Restaurants und Bou-
tiquen reihen sich aneinander.
Sydney – ohne Frage eine der
aufregendsten Städte der Welt
Sonne, Surfer, Meer und das
schönste Opernhaus der Welt –
an Sydney kommt eigentlich
kein Down-Under-Reisender
vorbei. Mit ihren bekannten
Stadtstränden wie Bondi Beach,
an dem auch Anfänger mit Let’s
Go Surfing die Wellen reiten, ge-
hört Sydney zu den aufregends-
ten Städten der Welt. Sie verbin-
det ihren einzigartigen urbanen
Lifestyle mit zahlreichen natür-
lichen, historischen und archi-
tektonischen Sehenswürdigkei-
ten. Wer den eindrucksvollsten
Ausblick auf die Stadt und das
Sydney Opera House genießen
und mehr über die indigenen
Geschichten von Bennelong
und Barangaroo erfahren
möchte, erklimmt beim Bridge-
Climb Sydney die Höhen der
stählernen Sydney Harbour
Bridge mit einem First Nations
Storyteller als Führer. Noch tie-
fere Einblicke in die Aboriginal-
Kultur bieten die Tribal Warrior
Tours, die Interessierte an Bord
des Mari Nawi (Big Canoe) in
die Vergangenheit schippert.
Übrigens sollten Sydney-Besu-
cher unbedingt einen Tagestrip
in die Blue Mountains einpla-
nen. Wo die einen durch uralte
Eukalyptuswälder, durch
Schluchten oder vorbei an Was-
serfällen wandern, schweben die
SURFEN, PADDELN, KLETTERN
Stimmt: Zum Surfen am Bondi
Beach von Sidney, eine zwei-
stündige Brückenklettertour
mit Weitblick in Brisbane oder
eine gemütliche Paddeltour
auf dem Yarra River in
Melbourne werden die Na-
tionalspielerinnen kaum Zeit
haben.
Fotos: Tourism Australia
(oben), Ben Savage Two Palms
(r.) und Brisbane Marketing
anderen mit Beyond Skyway in
einer gläsernen Gondel in 270
Metern Höhe über das Jamison
Valley. Das pulsierende Viertel
„The Rocks“ liegt im Herzen
von Sydney direkt am Wasser,
bietet tolle Aussichten, Attrak-
tionen wie das berühmte Aqua-
rium und jede Menge Restau-
rants. In der Cockle Bay und an
der King Street Wharf befinden
sich hippe Nachtclubs, Weinlo-
kale und Bistros. Nicht zu ver-
gessen, liegt das Hunter Valley,
Australiens berühmteste Wein-
gegend mit mehr als 120 Wein-
gütern, nur knapp zwei Auto-
stunden von Sydney entfernt.
Brisbane – mehr als 300
Sonnentage inklusive
„Brissie“, wie die Einwohner
ihre Stadt liebevoll nennen,
boomt seit Jahren. Die dritt-
größte Stadt Australiens zählt
mehr als 300 Sonnentage im
Jahr und selbst im Winter
herrscht mildes T-Shirt-Wetter.
Das lässt nicht nur die Rooftop-
Bars florieren, sondern auch die
lokale Kulturszene. Der Veran-
staltungskalender des Vergnü-
gungsviertels Fortitude Valley ist
prall gefüllt, Konzerte und Aus-
stellungen finden eigentlich im-
mer irgendwo statt. Wer mehr
SAMSTAG, 29. JULI 2023
als Fußball und Tore bei seinem
Stadtbesuch sehen möchte, geht
erst mal in die Luft und bucht
bei Story Bridge Adventure
Climb eine zweistündige Brü-
ckenklettertour mit Weitblick.
Sonnenuntergänge sind in Bris-
bane/Meeanjin sehr sehenswert.
So ist die Sunset Foodie-Tour
mit Brisbane River Cruises le-
gendär. Der Veranstalter organi-
siert aber auch Bootstouren
zum Lone Pine Koala Sanctuary,
dem größten Koala-Schutzge-
biet seiner Art weltweit. Und
wer Fußball mal gegen Surfbrett
tauschen möchte, besucht die
berühmte Sunshine Coast. Hier
bietet beispielsweise Go Ride
A Wave Surfunterricht an. Aber
Vorsicht, Tore schießen ist einfa-
cher als Wellenreiten!
Die South Bank Parklands,
einst Expo-Gelände und heute
Erlebnispark, vermitteln Strand-
feeling mitten in der Stadt. Die
künstlich errichtete, aber den-
noch spektakuläre Erlebnisan-
lage lädt zu Spaziergängen in
Regenwaldatmosphäre, zum
Grillen und zum Baden in einer
künstlichen Bucht ein. Passend
zum „Brissie“-Lifestyle haben
sich hier auch innovative Res-
taurants angesiedelt, es finden
Konzerte und Art-Festivals statt.
Valle dell’Erica. Inmitten von grün, ein traum in blau.
SAMSTAG, 29. JULI 2023
Kegelspiel und Wasserschätze
Insel- und Vulkanhopping am Westlichen Bodensee
F
ormen, Farben, Faszi-
nation: Grüne Inseln
und Halbinseln, ein-
drucksvolle Vulkan-
kegel, kristallklares
Wasser, malerische
Panoramablicke auf Bodensee
und Alpen, die einzigartige
Flora & Fauna und der kultu-
relle Reichtum laden am West-
lichen Bodensee dazu ein, diese
besondere Landschaft beim In-
sel- und Vulkanhopping zu ent-
decken. Ob mit dem Kanu,
dem Kajak, dem SUP, der Solar-
fähre, dem Schiff, zu Fuß, per
Rad oder mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln: Einfach los-
hoppen, Konstanz und die Re-
gion auf neue Weise erleben
und bleibende Erinnerungen
schaffen …
Entdeckertouren
& Inselmix
Versteckt, urban, historisch be-
deutsam, naturbelassen oder
beliebtes Ausflugsziel: Die In-
seln und Halbinseln am Westli-
chen Bodensee sind ebenso fa-
cettenreich wie faszinierend –
und stets umgeben vom „flüssi-
gen Gold“ der Region, dem
blau-grünen Wasser des Boden-
sees und Rheins. Von kulturel-
len Schätzen wie der
Spiel und Spaß bei
den Mainspielen bis 13. August
D ie Mainspiele sind zu-
rück! Bereits zum 30.
Mal führt der Verein Abenteuer-
spielplatz Riederwald e.V. die
Mainspiele – eine Spielaktion für
Kinder von 1 bis 14 Jahren – am
Sachsenhäuser Mainufer zwi-
schen dem Eisernen Steg und
der Untermainbrücke durch.
Die Mainspiele sind täglich,
auch samstags und sonntags, in
der Zeit von 11 bis 19 Uhr für
Spielbegeisterte aller Generatio-
nen geöffnet. Über 30 Betreue-
rinnen und Betreuer beaufsich-
tigen die 20 aufgebauten Spiel-
stationen. In der „FES-Kreativ-
werkstatt“ gibt es beispielsweise
Foto: Abenteuerspielplatz Riederwald e. V.
UNESCO-Welterbe- und Ge-
müseinsel Reichenau oder der
Klosterinsel Werd über arten-
reiche Naturschutzgebiete wie
die Halbinsel Mettnau mit der
vorgelagerten Liebesinsel und
die malerische Landzunge Bo-
danrück mit ausgedehnten
Wiesen und Wäldern bis hin
zur Halbinsel Höri, dem An-
baugebiet der Delikatess-Zwie-
bel Höri-Bülle, und duftenden
Blütenmeeren auf der Insel
Mainau laden sie alle zu span-
nenden Entdeckertouren mit
den Liebsten ein. Der Bodensee
ist Lebensraum für rund 300
Vogelarten. Das Wollmatinger
Ried ist mit 767 Hektar das
größte Naturschutzgebiet am
deutschen Bodenseeufer und
bietet somit eine großartige
Möglichkeit, bei Führungen,
auf eigene Faust auf dem Info-
pfad oder bei Vogelschau-Fahr-
ten vom Wasser aus diese Vo-
gelvielfalt zu beobachten. Wei-
tere Informationen unter
www.nabu-bodenseezentrum.de
und www.urh.ch.
Vulkankultur
& Erlebnisspaß
Die längst erloschenen Vulkane
der Hegauer Vulkanlandschaft,
wie zum Beispiel der Hohent-
täglich wechselnde Mal- und
Bastelaktionen mit Recycling-
Materialien. Fast alle Aktivi-
täten sind kostenfrei, die Preise
für Getränke, Würstchen, Ku-
chen und Eis erschwinglich.
Einst wurde die Spielaktion
als Kinderprogramm für die
1200-Jahrfeier der Stadt Frank-
furt entwickelt. „Heute ist sie
die einzige Aktion aus dem Pro-
gramm, die die Zeiten überdau-
ert hat“, berichtet Michael Pa-
ris, Vorsitzender des Abenteuer-
spielplatz Riederwald e.V., stolz.
Auch in diesem Jahr gibt es
wieder die Gelegenheit, mit den
vereinseigenen Booten mitzu-
REISE 15
Foto: mtk Leo Leister
wiel, bieten die Möglichkeit, Kegelspiels“ oder dem „See- sich Deutschlands größte Burg-
sich von Top-Ausblicken über Gang“, Spiel und Spaß auf ei- ruine Hohentwiel wie in einem
den Bodensee und die Alpen nem der Erlebnishöfe oder ge- Videospiel als virtuelles Modell
inspirieren zu lassen. Heute nussvolle Stunden bei regiona- erkunden und bereichert den
lädt jeder von ihnen auf seine len Spezialitäten in Restau- Besuch vor Ort mit Audiotou-
eigene Art zu besonderen Er- rants, Weingütern und Cafés – ren, Informationen zur Pflan-
lebnissen ein. Ob gemeinsame hier ist für jeden Geschmack et- zen- & Tierwelt, Porträts histo-
Burgbesichtigungen, actionrei- was dabei! Aktivitäten für Fa- rischer Persönlichkeiten und
che Mountainbike-Abenteuer, milien und Abenteuerlustige, spannender Geschichte an
E-Bike-Touren, Ausflüge mit von Wanderwegen bis zu Was- rund 40 Wissensstationen. Wei-
dem Kanu, aussichtsreiche sererlebnissen, gibt es auf tere Informationen dazu auf
Wanderungen auf den Premi- bodenseewest.eu/aktiv. In der www.festungsruine-hohent-
umwanderwegen des „Hegauer App „Monumente 3D“ lässt wiel.de.
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karten kann man während der
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URLAUBSKOFFER
LESESCHMÖKER FÜR DEN

Nieder Mooser See
„Wasserreich“ Vulkanregion Vogelsberg
Die Sommerzeit draußen verbringen
N ur 60 Kilometer nördlich vor den
Toren Frankfurts erstreckt sich inmit-
ten des größten zusammenhängenden
Basaltmassives Europas die Vulkanregion
Vogelsberg, bekannt für ihren Quellen-
reichtum und das äußerst hochwertige
Grundwasser.
Wandern mit dem Wasser
Den Wert des Wassers verdeutlicht der
rund einen Kilometer lange „Wasser-
wanderweg“ durch das Grünberger Brun-
nental. Auch auf dem Sinnespfad oder
dem Wasserspielplatz ist das nasse Ele-
ment der Hauptdarsteller. Ein guter Tipp
an warmen Tagen sind Wanderungen auf
den zertifizierten Premiumwegen entlang
von Flussläufen, wie auf der Schächer-
bachTour Homberg (Ohm) und auf der
BachTour Lauterbach, oder rund um
Teiche und Seen, wie bei der Drei-Seen-
Tour Freiensteinau, der Eschenrod Stau-
seeTour und der FelsenTour Herbstein. Bei
den abwechslungsreichen Rundtouren,
ausgehend von pittoresken Fachwerk-
orten, wechseln schattige Waldpassagen
mit spannenden Bachquerungen auf
Schrittsteinen, vorbei an Biotopen und
geologischen Besonderheiten mit weiten
Blicken über Felder, Wiesen und Auen.
www.vulkanregion-vogelsberg.de
Badeseen
Vulkanregion Vogelsberg
Noch mehr Abkühlung bieten die Vogels-
berger Badeseen, wie der Pfordter See bei
Lichterfest Laubach, Seifenblasen
Foto: Regina Sternstein
Schlitz, umrahmt vom Naturschutzgebiet in
den Fuldaauen gelegen, oder der Inheide-
ner See, zwischen den Hungener Orten
Inheiden und Trais-Horloff. Am Nieder-
Mooser See der Gemeinde Freiensteinau,
mit seinem Campingareal und DLRG-
bewachtem Strandbad, ist das große Holz-
schiff am Badeufer bei „kleinen Piraten“
besonders beliebt. Eine besondere Erfah-
rung in idyllischer Natur ist das haut- und
umweltfreundliche Baden im Ulrichsteiner
Naturschwimmbad, Deutschlands erstem
Naturbadebiotop ohne chemische Zusätze.
Seefest Inheiden bei Hungen
Von seiner schönsten Seite zeigt sich der
Sommer vom 4. bis 6. August beim See-
fest Inheiden in der Nähe von Hungen,
wenn bei lauen Temperaturen zwischen
Livemusik, geselligen Genussstationen
und illuminierten Wegen die Uferprome-
nade wie Urlaub in Südeuropa wirkt.
Schon zum 58. Mal ist das Familienfest
mit großem Vergnügungspark, Markt-
ständen und buntem Programm beliebtes
Ausflugsziel bei allen Generationen.
Die Augen der Kleinsten glänzen, wenn
der Clown sie zum Lachen bringt und sie
mit frischer Kinderschminke die Hüpfburg
erobern, bevor die Bühne bei der Kinder-
disco ganz ihnen gehört. Spektakulär ist
ein Hubschrauberflug über das Seefest.
Das Fackelschwimmen und die große
Korsofahrt auf dem See bei Sonnen-
untergang am Samstagabend stimmen
auf das Himmelsspektakel des großen
Höhenfeuerwerks ein.
Foto: David Friedrich
Badebiotop Ulrichstein
Feuerwerk beim Seefest Inheiden
Mit dem Discoabend am Freitag und
Livebands zwischen Oldies, Schlager, Pop
und Rock am Samstagabend kann jeder
seine Lieblingsmusik auf der Seebühne,
am Festplatz oder an der Uferpromenade
hören. Beim Sonntagsfrühschoppen mit
Fassbierabstich, Partyband und Blas-
kapelle klingt das Seefest genussvoll aus.
www.seefest-inheiden.de
Laubacher Lichterfest
im Schlosspark
Zum 50. Mal findet am Samstag, 5. Au-
gust, das Laubacher Lichterfest ab 18 Uhr
im wunderschönen Ambiente des gräf-
lichen Schlossparks statt – ein Fest der
Sinne und des Spektakels.
Bei sommerlichen Cocktails und aller-
lei Leckerbissen lässt sich der Sommer-
abend mit seiner Lichtinszenierung ge-
nussvoll erleben. Der weitläufige Park
wird mit 70.000 farbigen und in unter-
schiedlichen Motiven gelegten Teelich-
tern in ein Lichtermeer verwandelt. Be-
sondere Magie wird verströmt, wenn mit
einem Zischen und Blasen beim Ballon-
glühen die großen Heißluftballone das
Umfeld zum Leuchten bringen. Erstmals
wird der romantische Schwanenteich mit
einer Lasershow und Nebelmaschinen in
ein surreales Licht getaucht werden und
den nächtlichen Himmel zum Sommer-
nachtstraum machen.
Während speziell für die kleinen Gäste
Hüpfburgen und Rutschen magisch anzie-
hend sein werden, wenn sie nicht lieber
mit Leuchtstäben und -schwertern han-
tieren, üben Riesenseifenblasen und die
• Anzeige •
Foto: Stadt Ulrichstein
Foto: Seefestgemeinschaft Inheiden
spannenden Lichtgemälde der Leucht-
stäbe auf alle Generationen ihre Anzie-
hungskraft aus. Die „Ebbelwoi Sabers“
zeigen einen Lichtschwert-Showkampf
und bieten Workshops für Kinder an, um
ein Lichtschwert zu basteln und in Szene
zu setzen. Musikalische Abwechslung
bieten Pop, Rock und Evergreens auf der
Bühne am Schwanenteich und zünftige
Blasmusik an der Kioskbühne.
www.laubacher-lichterfest.de
Tipps und Veranstaltungen in der
Vulkanregion Vogelsberg:
www.vulkanregion-vogelsberg.de/
entdecken/veranstaltungen
Open-Air
Veranstaltungs-Tipps:
5.8.2023, ab 18 Uhr, Laubacher
Lichterfest im Schlosspark,
www.laubacher-lichterfest.de
4.–6.8.2023, Inheidener Seefest,
www.seefest-inheiden.de
Vulkanregion Vogelsberg
Tourismus GmbH
Am Vulkaneum 1
63679 Schotten
Telefon (0 60 44) 96 69 30
info@vogelsberg-touristik.de
www.vogelsberg-touristik.de
18 REISE
40 Jahre lang eine Ruine
S
teht man vor einem alten Ge-
mäuer, an dem die Zeit deut-
liche Spuren hinterlassen
hat, kann dies zum Schlüssel-
erlebnis werden. Solch eines
hatte der Autor Mirco Be-
cker. Betrachtete er doch eine verfallene
Villa in Frankfurt Bornheim und stellte
sich die Frage, welche Geschichte sich
hinter dem alten Gebäude versteckt.
Schnell folgten weitere Recherchen zu
zahlreichen Orten und Gebäuden in
der Mainmetropole. So begann Mirco
Becker im Juni 2022 das Projekt auf Ins-
tagram „Damals in Frankfurt“. Seine
Motivation war dabei: Menschen die
Geschichte Frankfurts näherbringen.
Dafür begeistern und aufzeigen, wie
Frankfurt zu der Stadt wurde, die sie
heute ist. „Aber auch von euch lernen –
eure Erfahrungen, Geschichten und
Blickwinkel auf Frankfurt kennenler-
nen.“
Jetzt ist „Damals in Frankfurt“, mit
dem Untertitel „Zeitreisen für jeden
Tag“, als jahresunabhängiger Abreißka-
lender erschienen. Mit ihm erfährt
man, wie die Stadt zu dem wurde, was
sie heute ist. Ja, mit diesem Kalender
werden Zeitreisen durch das Frankfurt
früherer Jahrhunderte erlebbar. „Un-
sere Stadt hat so viele verschiedene his-
torische Erlebnisse durchgemacht und
sah ursprünglich mal ganz anders
aus“, sagt der Autor und Wahlfrank-
furter über die einstige Siedlung auf
dem Römerberg.
Eines der Wahrzeichen von Frank-
furt ist die „Alte Oper“. Wobei viele,
die nichts über die Geschichte des
Gebäudes wissen, bei deren Anblick
denken, hier sei Stein für Stein alt.
Eben ganz so wie es der Name nahe-
legt. Mirco Becker stellt dies richtig,
wenn er über „ein wichtiges De-
tail“ der „Alten Oper“ schreibt:
„Das zwischen 1873 bis 1880 er-
baute Opernhaus wird an seiner
höchsten Stelle von einer in Zink
gegossenen Pegasus-Skulptur ge-
R E I S E - T I C K E R Burgfestspiele Bad Vilbel zeigen Theaterstück mit Musik nach einer Idee von David Winterberg
Hitze kein Grund
Wegen Hitze allein haben
Pauschalurlauber kein Recht,
Spatz und Engel
D
eine Rückerstattung des Reise-
preises zu fordern und eine
Reise abzubrechen oder nicht
anzutreten, weiß Jurist Paul
Degott. Denn nur, wenn dem
Veranstalter Mängel nachge-
wiesen werden können, ist er
in der Pflicht. Zum Beispiel,
wenn im Hotel die Klimaanlage
nicht funktioniert.
Bahn-App verspätet Thomas Kahry nach einer Idee
Während Endkunden bereits
von September an über eine
neue Website und App der
Bahn buchen können, müssen Ausnahmesängerinnen ruft die
Firmenkunden noch ein wei-
teres Jahr warten. Die Bahn
nennt als Grund die „beson-
deren Anforderungen der
Geschäftskunden“, die das
System komplexer machten.
Anzeige großen Chansons und Liedern
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WELLNESS
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www.kurhaus-salinenparc.de 1x Glas Aperol Spritz, uvm.
krönt. Die Figur besitzt den Körper ei-
nes Pferdes und die Flügel eines Adlers
und vereint damit die Vitalität und
Kraft sowie Freiheit und Transparenz.“
Bei den Luftangriffen im März 1944
wurde auch die „Alte Oper“ stark be-
schädigt und brannte in weiten Teilen
aus, dabei verglühte auch die Pegasus-
Skulptur. Ab 1981 wurde eine neue Fi-
gur in Anlehnung an das Original ange-
fertigt. Mit der Rückkehr des Pegasus
auf das Dach des Opernhauses 1983, die
unter großer Anteilnahme der Bevölke-
rung erfolgte, war der Wiederaufbau
der „Alten Oper“, die knapp 40 Jahre
lang ein Dasein als Ruine fristete, end-
lich abgeschlossen.
Ursprünglich ganz an-
ie Piaf, „Spatz von Pa-
ris“, und die Dietrich,
Weltstar aus dem Ufa-
Film „Der blaue Engel“:
Die eine trinkt Champagner, die
andere Bier, die eine arbeitet dis-
zipliniert, an den Exzessen der
anderen entbrennt die Liebe des
Publikums. Das Theaterstück
mit Musik „Spatz und Engel“
von Daniel Große Boyman und
von David Winterberg stellt
keine historische Wahrheit dar,
doch basierend auf den realen
Begebenheiten um die beiden
Inszenierung alles, was möglich
sein kann, hervor und lässt das
viele Personal wie auch die inne-
ren Stimmen der beiden ein-
dringlich Gestalt annehmen. Ge-
rahmt wird der Abend mit den
der beiden Ikonen: „Non, je ne
regrette rien“, „Sag mir, wo die
Blumen sind ...“ und viele mehr.
Es besteht die Möglichkeit, kos-
um 19 Uhr im Kulturzentrum
Alte Mühle, Lohstraße 13 teilzu-
nehmen.
Mehr Informationen auf
www.kultur-bad-vilbel.de/burg
festspiele/
ders sah die „Kleinmarkthalle“ aus. Sie
„fand ihren Ursprung in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts, als frische
Waren noch unter freiem Himmel auf
Straßen verkauft wurden.“ Im Laufe der
Zeit kamen Forderungen für bessere
Hygienebedingungen auf, sodass der
Magistrat 1871 die Errichtung einer
städtischen Markthalle auf dem Ge-
lände zwischen der Fahrgasse und Ha-
sengasse beschloss. 1879 fertiggestellt,
wurde der Bau 1944 zerstört und an an-
derer Stelle bis 1954 im heute bekann-
ten Stil wiederaufgebaut.
Auch wenn das Äußere der „Klein-
markthalle“ fast reizlos wirkt, ist ein
Bummel durch sie immer wieder ein
schönes Erlebnis. Unweit von ihr befin-
det sich ein weiteres Wahrzeichen
der Stadt. „Ab 1868 bis 1889 entstand
der Eiserne Steg als Fußgängerbrü-
cke über den Main – gänzlich auf pri-
vate Initiative Frankfurter Bürger!“
Um den Brückenbau zu refinanzie-
ren, musste jede Person, die den „Ei-
sernen Steg“ betreten wollte, eine
Maut von einem Kreuzer zahlen. Nach
erfolgter Refinanzierung wurde die be-
liebte Brücke 1886 der Stadt übertra-
gen. Bedingt durch den Ausbau des
Osthafens, wurde der „Eiserne Steg“
aufgrund seiner geringen Durchfahrt-
höhe zum Verkehrshindernis, sodass die
Brücke 1912 komplett neu erbaut
wurde. Im Zweiten Weltkrieg ge-
sprengt, wurde sie 1946 unverändert
wieder aufgebaut und 1993 bei Reno-
vierungen erneut höher gesetzt. Nach
wie vor ist der „Eiserne Steg“ eine der
Hauptsehenswürdigkeiten in Frank-
Gewinnspiel
Wir verlosen 5x2 Karten für schen Wasserburg Bad
das Theaterstück „Spatz und Vilbel. Wer teilnehmen
Engel“ am 2. August 2023, möchte, schreibt eine E-Mail
20.15 Uhr in der histori- mit dem Kennwort „Spatz“
SAMSTAG, 29. JULI 2023
furt.
Dabei sind es gar nicht nur die Se-
henswürdigkeiten, auf die Mirco Becker
aufmerksam macht, welche seinen Ka-
lender interessant wirken lassen. Viel-
mehr sind es die Hinweise auf das, was
in Frankfurt verschwunden ist, wie: das
„Rödelheimer Schloss“, das „Kaufhaus
M. Schneider“ oder der „Sandhof“.
Thomas Ungeheuer
Frage: Welche Oper fristete knapp 40
Jahre lang das Dasein einer Ruine?
VERLOSUNG
So geht’s
Gehen Sie auf
Societaets-verlag/gewinnspiel
und geben dort Ihre Lösung ein.
Teilnahmeschluss ist der
5. August, 24 Uhr.
Wir verlosen
Unter allen richtigen Einsendungen verlosen
wir gemeinsam mit dem Frankfurter So-
cietäts-Verlag den im Rätsel vorgestellten
Kalender „Damals in Frankfurt“ von Mirco
Becker, Societäts-Verlag, 1. Auflage, 370
Seiten, 20 Euro.
Auflösung der vorletzten Woche
Die richtige Antwort lautete 42 Meter.
Gewinner der vorletzten Woche
Angela Krüger-Alicke aus Offenbach,
Christine Happel aus Frankfurt und Margit
Engelmann aus Bischofsheim.
Mit der Teilnahme an diesem Gewinnspiel
sind Sie im Gewinnfall mit der Veröffent-
lichung Ihres Namens einverstanden.
Antje Rietz (Marlene Dietrich)
und Tina Podstawa (Edith Piaf)
Foto: Eugen Sommer
an gewinnspiel@rmm.de.
Teilnahmeschluss ist der 31.
Juli. Der Rechtsweg ist wie
immer ausgeschlossen.
Kunstgenuss in Aschaffenburg
Moderne Meisterwerke in exklusiven Ausstellungen hautnah erleben
Aschaffenburg ist einer der herausragenden
Kunst- und Kulturstandorte am Untermain, gerade
einmal etwa 40 Minuten von Frankfurt entfernt.
Die vielfältige Aschaffenburger Museumslandschaft
bietet zahlreiche Möglichkeiten, eine reiche
Auswahl an kulturellen Schätzen und künstlerischen
Meisterwerken zu entdecken. Der Bogen spannt sich
von der Naturkunde, der Archäologie, der Kunst des
Mittelalters, der Renaissance und der Barockzeit über
die Industriegeschichte bis hin zu wegweisenden
künstlerischen Standpunkten der Moderne.
Die Lebensläufe international bedeutender Künstler
wie Matthias Grünewald, Ernst Ludwig Kirchner
und Christian Schad sind eng mit Aschaffenburg
verknüpft. Neben dem renommierten Kirchnerhaus
rückt das 2022 neu eröffnete Christian Schad
Museum die Stadt weiter in den Fokus der Moderne.
Schad zählt zu den wichtigsten Vertretern der Neuen
Sachlichkeit, sein Werk genießt heute unbestrittenen
Weltruhm. Der Ausnahmekünstler verbrachte 40
Jahre seines Lebens in Aschaffenburg, und das
gleichnamige Museum widmet sich Leben und Werk
in einer weltweit einzigartigen Gesamtschau. Mehr
als 200 ausgestellte Werke illustrieren
Motivation, Streben und Handeln eines
herausragenden Künstlers im Kontext der
Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts.
Meisterwerke aus Licht und Schatten
Neben den Ikonen der Neuen Sachlichkeit
begründete die Fotografie ohne
Kamera, die Schadographie, Christian
Schads Weltruhm. Die „Schadographie“
(Fotogramm) entwickelte er unmittelbar
nach dem Ersten Weltkrieg: auf
lichtempfindlichem Papier wurden
Gegenstände arrangiert und natürlich
belichtet. Es entstanden Bildwerke
aus Licht und Schatten. Diese frühen
Schadographien gelten heute als Pionierarbeit auf
dem Pfad zur Abstraktion und machen Schad zu
einem Wegbereiter der Moderne. Das Christian
Schad Museum zeigt mit der „Schadographie Nr. 11“
aus dem Jahr 1919 als einziges Haus in Deutschland
eines dieser frühen Meisterwerke, die sich sonst in
weltbekannten Museen wie dem Museum of Modern
Art in New York, dem Getty Center in Los Angeles
oder dem Centre Pompidou in Paris befinden.
Die Kunst der Klassischen Moderne und auch der
Gegenwart genießt in Aschaffenburg einen hohen
Stellenwert. Im eindrucksvollen Ambiente eines
ehemaligen Kirchenraumes mit einzigartigem
Stuckdekor werden in der Kunsthalle Jesuitenkirche
wechselnde Ausstellungen zur Klassischen
Moderne und Gegenwartskunst gezeigt – oftmals
auch ganz bewusst im thematischen Kontext zum
Œuvre Christian Schads, dessen Museum sich im
ehemaligen Jesuitenkonvent unmittelbar anschließt.
Michael Triegel, Flora, 2007, Mischtechnik auf
MDF, 100 x 72 cm, Sammlung Fritz P. Mayer,
© VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Foto: Bertram Kober/punctum Leipzig
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Ausstellungsansicht Christian Schad Museum
Foto: Stefan Stark (Museen der Stadt Aschaffenburg)
messen lässt. Der Leipziger Künstler, der aktuell
durch eine von ihm geschaffene Mitteltafel für Lucas
Cranachs Marienaltar im Naumburger Dom große
Aufmerksamkeit erregt, ist mit überdurchschnittlich
Christian Schad, vielen Werken in der Sammlung repräsentiert.
Schadographie Nr. 11,
Fotogramm, Während Michael Triegel zur dritten Generation
Tageslichtauskopierpapier, der Leipziger Schule gehört, sind fast alle großen
Silbergelatine, 1919, Namen der zweiten Generation wie beispielsweise
© Christian-Schad-Stiftung Volker Stelzmann, Erich Kissing oder Arno Rink,
Aschaffenburg; dessen Student Michael Triegel war, ebenfalls in der
VG Bild-Kunst, Bonn Sammlung vertreten. Zur jüngsten, sozusagen vierten
Foto: Ines Otschik Generation zählen Maler wie Johannes Rochhausen.
(Museen der Stadt Aschaffenburg)
Die präsentierten Gemälde treten mit den
bildhauerischen Positionen der Ausstellung in einen
Die Kunsthalle Jesuitenkirche zeigt in ihrer spannungsvollen Dialog. Diese Exponate tragen das
bevorstehenden Ausstellung „Leidenschaftlich ultimativ bindende Motiv der ganzen Sammlung
figurativ. Die Sammlung Fritz P. Mayer“ ab dem vor: Die Figuration, die sich wie ein roter Faden
5. August eine der bedeutendsten Sammlungen durch die Privatsammlung Fritz P. Mayers zieht.
figurativer Kunst in Deutschland. Der Frankfurter
Industrielle Fritz P. Mayer hat bis heute über Mit der Ausstellung „Leidenschaftlich figurativ.
200 Werke zusammengetragen, von der eine Die Sammlung Fritz P. Mayer“ zeigt die
exquisite Auswahl in der Schau zu sehen ist. Kunsthalle Jesuitenkirche eine beeindruckende
Privatsammlung und bietet dem Besucher damit
Der Startschuss für seine Sammelleidenschaft fällt im die Möglichkeit, die künstlerische Entwicklung
Jahr 1994, als Mayer dem Maler Wolfgang Mattheuer der „Leipziger Schule“ hautnah zu erleben.
begegnet. Daraus entwickelte sich eine Begeisterung,
die bis heute anhält. Mattheuer gilt als einer
der bekanntesten Künstler der ehemaligen
DDR und der deutschen Gegenwart. Außerdem
zählte der ehemalige documenta-Teilnehmer
zusammen mit den Malern Werner Tübke und
Bernhard Heisig zu den Gründungsvätern
der sogenannten „Leipziger Schule“.
Tübkes und Heisigs Werke ergänzen die
Privatsammlung seit den 2000er-Jahren.
Neben Mattheuer, Tübke und Heisig legt
Fritz P. Mayer in seiner Sammlung einen
besonderen Fokus auf Werke von Willi Sitte,
der ebenfalls zu den Gründungsvätern der
„Leipziger Schule“ zählte. Auch seine Werke
sind ein Herzstück der Privatsammlung
und in der Ausstellung zu sehen.
Doch in der Sammlung Mayers sind
nicht nur die „Altmeister“ der Leipziger
Schule vertreten, sondern auch deren
Enkelgenerationen. Mit zunehmender
Beschäftigung Fritz P. Mayers mit der Leipziger Willi Sitte, Schlafendes Paar, 1963, Öl auf Leinwand,
Kunstszene entstand bereits 1999 die Faszination 65 x 80,5 cm, Sammlung Fritz P. Mayer,
für den sehr viel jüngeren Michael Triegel, dessen © VG Bild-Kunst, Bonn 2023
malerische Qualität sich an Werken der Renaissance Foto: Galerie Schwind, Leipzig
„Kurz erklärt“ – Leipziger Schule
Die sogenannte „Leipziger Schule“ hat ihren Christian Schad Museum &
Ursprung in den 1960er-Jahren an der Hoch-
Kunsthalle Jesuitenkirche
schule für Grafik und Buchkunst in Leipzig
(HGB). Damals hatte sich mit den dort lehren- Museen der Stadt Aschaffenburg
den Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke und Pfaffengasse 26
Bernhard Heisig eine Kunstrichtung ausgebil- 63739 Aschaffenburg
det, die trotz stilistischer Abweichungen einen Telefon (0 60 21) 3 86 74-5 00
gemeinsamen Nenner hatte: die Beschäfti- www.museen-aschaffenburg.de
gung mit dem Figürlichen. Bis zum heutigen
Öffnungszeiten:
Tag hat diese Entwicklung Einfluss auf das
Dienstag 10–20 Uhr
Kunstgeschehen in der sächsischen Metropole
Mittwoch bis Sonntag, Feiertage 10–18 Uhr
und prägte den Begriff der „Leipziger Schule“.
Montag geschlossen
TIPPS
SAMSTAG, 29. JULI 2023

TERMINE
Satourday
in Frankfurts Kulturhäppchen
für Kinder
Museen Der diesjährige Kulturhäpp-
chen-Sommer für Kinder an den
Am Samstag, 29. Juli, ist wieder unterschiedlichsten Orten in
Satourday in Frankfurts Museen und Kronberg wird am 30. Juli mit

Schirn/Foto: Sascha Rheker

der Eintritt in viele Häuser frei. Von einer tierischen Reise um die
Workshops bis hin zu speziellen Welt mit gut gekleideten Pin-
Führungen – das Satourday-Programm guinen, schlauen Schweinchen,
bietet eine Menge kreativer Möglich- sportlichen Krokodilen, einem
keiten, um die Welt der Kunst zu ent- Bären vom Schlafbringdienst
decken. Diesmal unter dem Motto und ganz viel Musik fortgesetzt.
„Tierisch menschlich“: Was haben Das Theater Lakupaka bringt
Menschen und Tiere gemeinsam und um 16 Uhr „Hoppeldi Hopp“ für
worin unterscheiden sie sich? Es alle ab drei Jahren auf die
können tierisch-menschliche Ge- Bühne im Park.
schichten und Gestalten in den
Museen entdeckt werden. Ausstellung
Neben den Angeboten, die sich an
verlängert
Kinder und Familien richten, laden die
Dauer- und Sonderausstellungen
folgender Museen zum Besuch bei
Spotlight: Emy Roeder Die PLAYMOBIL-Familienaus-
stellung in Schloss Philippsruhe
freiem Eintritt ein: Archäologisches Das Stadtmuseum Heckel, Otto Herbig, in Hanau, Teil des umfang-
Museum Frankfurt, Caricatura Mu- Hofheim zeigt bis zum Käthe Kollwitz und Karl reichen Programms der Hes-
seum Frankfurt, Deutsches Archi- 5. November eine be- Schmidt-Rottluff zu sischen Landesregierung zum
tekturmuseum c/o DAM Ostend, sondere Kabinettaus- sehen. Jubiläum „175 Jahre Pauls-
Dommuseum Frankfurt, Historisches stellung. Unter dem Titel Die Ausstellung ist im kirche“, wird wegen großer
Museum Frankfurt, Ikonenmuseum „Spotlight“ werden Emy Stadtmuseum, Burg- Nachfrage bis zum 3. Sep-
Frankfurt, Institut für Stadtgeschichte, Roeders Biografie und straße 11, zu den übli- tember verlängert. Der Ham-
Jüdisches Museum Frankfurt, Museum ihr Werk gewürdigt. Ein chen Öffnungszeiten zu burger Künstler Oliver Schaffer
Judengasse Frankfurt, Junges Museum Schwerpunkt des besichtigen: Dienstag 10 nimmt in der PLAYMOBIL-Aus-
Frankfurt, Museum Angewandte Werkes der Künstlerin bis 13 Uhr, Dienstag bis stellung große und kleine
Kunst, Museum für Kommunikation (1890 – 1971) sind Freitag 14 bis 17 Uhr, Besucherinnen und Besucher
Frankfurt (nur für Kinder und Jugend- weibliche Aktdarstel- Samstag und Sonntag 11 mit in die Zeit der ersten
liche bis 18 Jahren), Museum MMK für lungen. Zudem fertigte bis 18 Uhr. Der Eintritt deutschen Demokratie. In elf
Moderne Kunst mit Tower und Zoll- sie Porträtbüsten ihrer beträgt 4 Euro, ermäßigt Dioramen, die aus rund 5000
amt, Museum Giersch der Goethe-Uni- Künstlerfreunde. Ein Roeder sind in der Ka- 3 Euro. Figuren und etwa 20 000 Einzel-
versität (nur für Kinder und Jugend- anderes Thema sind binettausstellung Ar- Foto: Erich Heckel, teilen gebaut sind, trifft
liche bis 18 Jahren). Tierdarstellungen. Ne- beiten von Heinz Battke, Anemonen, 1954, deutsche Demokratiege-
ben Werken von Emy Werner Böttiger, Erich Lithographie auf Velin schichte auf detailreiche Bilder-
welten. Aus der Zeit zwischen
1815 und 1848 werden außer
bezirk. Als Erinnerung kaufte dem Wiener Kongress auch die
ich diese Kachel mit Stra- Alles Spitze im KunstKabinett industrielle Revolution und die
ßenbahn-Motiven. Sie ist ei- Nationalversammlung in Frank-
gentlich als Untersetzer ge- Bis einschließlich 6. August Darmstadt. Neben der Grafik furt nachgestellt. Seit der Eröff-
dacht. Bei uns schmückt sie präsentiert die Künstlerin widmet sie sich ihrer Werk- nung am 24. April haben schon
unsere Küchenzeile. Doris Oesterlin ihre Werke statt und Malschule „doris’ rund 15 000 Menschen die Aus-
Von unserem Leser unter dem Ausstellungstitel miniatelier“ auf dem Markt- stellung besucht. Für Kinder
Martin Schallert „Alles Spitze“ im KunstKa- platz in Liederbach. Dort ist und Jugendliche ist der Eintritt
aus Schöffengrund binett im Kulturzentrum sie nicht nur selbst kreativ, frei.
Badehaus in Bad Soden. Ob sondern gibt auch Kurse für
Im Jahr 2019 besuchten meine gehäkelt, geklöppelt, imitiert, Klein und Groß.
Frau und ich Lissabon. Als versteckt oder im übertra- Zudem unterrichtet sie Kunst
Straßenbahnfan war es für genen Sinn: Spitzen ziehen an einigen Schulen in der
mich natürlich keine Frage, auf sich immer mal wieder durch Umgebung.
verschiedenen Strecken mit die Werke der gebürtigen Bad Zu sehen ist die Ausstellung
der Tram durch Lissabon zu Sodenerin. während der Sonderöffnungs-
fahren. Ein wirkliches Erlebnis, Die Diplom-Designerin stu- zeiten Mittwoch bis Sonntag
nicht nur auf der legendären dierte Kommunikationsdesign von 15 bis 18 Uhr. Der Eintritt
Linie 28 durch den alten Stadt- an der Fachhochschule ist frei.

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