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Deutscher Bundestag
Stenographischer Bericht
14. Sitzung
Inhalt:
ZusFr Dr. Rupert Scholz CDU/CSU . . 831 D Antw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser BMF . 837 B
ZusFr Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . 832B
Pläne zur Einführung einer Umsatzsteuer-
pflicht für die kommunale Abwasserentsor-
Entwicklungspolitische Absprachen im Zu- gung; Vorsteuerabzug für Umweltinvestitio-
ge des deutsch-vietnamesischen Rücküber- nen
nahme-Abkommens; Anzahl der an den in
Deutschland Programmen teilnehmenden MdlAnfr 27, 28
Vietnamesen Georg Pfannenstein SPD
MdlAnfr 4, 5 Antw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser BMF 838A,
Dagmar Schmidt (Meschede) (SPD) 838 D
Antw PStSekr Klaus-Jürgen Hedrich BMZ 832C, ZusFr Georg Pfannenstein SPD 838 B
833 C
ZusFr Dagmar Schmidt (Meschede) SPD . 832D, Einführung der Umsatzsteuerpflicht für die
833 D kommunale Abwasserentsorgung; Anteil der
auf die privaten Haushalte entfallenden
ZusFr Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/
Umsatzsteuer
DIE GRÜNEN 833 B
ZusFr Alois Graf von Waldburg-Zeil CDU/ MdlAnfr 29, 30
834 B Susanne Kastner SPD
CSU
Antw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser BMF . 838D,
Abschiebung von in Deutschland geborenen 839B
bzw. aufgewachsenen Ausländern; Doppel- ZusFr Susanne Kastner SPD 839A, 839B
bestrafung ausländischer Straftäter/innen
bei Ausweisung nach Strafverbüßung ZusFr Jörg-Otto Spiller SPD 839D
MdlAnfr 20, 21
Amke Dietert Scheuer (BÜNDNIS 90/DIE
-
Kauf von Solar-Straßenlaternen für Autobah-
GRÜNEN) nen, Bundesstraßen und- bundeseigene Ge-
bäude
Antw PStSekr Eduard Lintner BMI . . 834C, 834D
MdlAnfr 38, 39
ZusFr Amke Dietert-Scheuer BÜNDNIS 90/ Dr. Angelica Schwall Düren SPD
-
Anlage 4 Anlage 10
Gleichstellung der Zollbeamten im Grenz- Exporte der Firma Telemit Electronic GmbH
dienst mit dem Bundesgrenzschutz in den Iran oder Irak während des irakisch
MdlAnfr 26 — Drs 13/266 — iranischen Krieges
Simon Wittmann (Tännesberg) CDU/CSU MdlAnfr 37 — Drs 13/266 —
SchrAntw PStSekr Dr. Kurt Faltlhauser Norbert Gansel SPD
BMF 852' D
SchrAntw PStSekr Dr. Norbert Lammert
BMWi 854* C
Anlage 5
Entschädigungsanspruch der Stadt Arnsberg Anlage 11
für eine 8 ha große Fläche der früheren
Jägerkaserne gem. § 3f des Garnisonsvertra- Lieferung von Elektroschock-Schlagstöcken
ges aus dem Jahre 1934 nach Saudi-Arabien 1989
14. Sitzung
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Meine Damen und — Ja, aber es ist interessant, wer damals regiert hat,
Herren, die Sitzung ist eröffnet. Herr Kollege Fischer.
(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN]: Da haben Sie noch kurze
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 1 auf: Hosen getragen, Herr Rühe!)
Befragung der Bundesregierung Damals gab es keine deutsche Einheit, keine Notwen-
Die Bundesregierung hat als Themen der heutigen digkeit, die Bundeswehr radikal zu reduzieren, viele
Kabinettssitzung mitgeteilt: Nachversicherung von Zeitsoldaten freizusetzen, sondern es waren ganz
ausscheidenden Bundeswehrsoldaten in der Renten- normale Jahre bei der Bundeswehr. Ich stelle fest,
versicherung, Tierschutzbericht 1995 und Erste Ver- damals gab es die höchsten Zahlen, was die Nachver-
tragsstaatenkonferenz zur Klima-Rahmenkonvention: sicherung angeht. Ich glaube, das sollte einige in der
Stand der inhaltlichen und organisatorischen Vorbe- heutigen Debatte etwas ruhiger machen.
reitung. (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/
Wie Sie wissen, wird zum ersten Thema ein fünfmi- DIE GRÜNEN]: Ja, früher, das waren harte
nütiger Bericht gegeben. Dann stehen die anderen Zeiten!)
Themen ebenso für Ihre Fragen offen.
— Ich weiß, daß Sie sich danach sehnen, vielleicht
Ich bitte den Verteidigungsminister, Herrn Rühe, auch einmal Verantwortung zu übernehmen, aber wir
um den Bericht. müssen zunächst einmal feststellen, daß das kein
neues Phänomen ist.
Wir haben nach 1982 diese Zahlen systematisch
Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: abgebaut. Sie sind erst wieder im Zusammenhang mit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! den Problemen der deutschen Einheit angestiegen.
Seit Jahrzehnten bestehen in der Nachversicherung Wir haben zunehmend deutlich steigende Haushalts-
von ausscheidenden Soldaten Rückstände gegenüber mittel ab 1989 und insbesondere nach den Ausschuß-
den Rentenversicherungsträgern. Hauptgrund ist, daß beratungen ab 1994 aufgewendet, um die Bugwelle
die Versicherungspflicht in der Masse der Fälle der Altfälle weiter zu reduzieren. Am Ende des Jahres
zunächst gar nicht feststeht, sondern vom weiteren 1994 gab es noch knapp 55 000 Altfälle. Das sind alle
Verhalten der Betroffenen abhängig ist. Es sind also Fälle zusammengenommen, die, die bearbeitet wer-
keine versteckten Schulden, sondern offene und allen den können, und die, die noch nicht bearbeitet wer-
Beteiligten offenkundige Fälle der Nachentrichtung den können, was in der Regel ungefähr ein Drittel der
von Beiträgen. Fälle ausmacht. Werden die in der Finanzplanung
Die Ausschüsse des Deutschen Bundestages wur- vorgesehenen Beträge bewilligt, dann wird der Über-
den hierüber vor etwa einem Jahr ausführlich unter- hang 1997 vollständig abgebaut sein, und wir werden
richtet. In allen Ausschüssen wurde der aus finanziel- insofern eine Situation haben, die es vorher noch nicht
len Gründen notwendige Abbau in mehreren Jahres- gegeben hat.
schritten ausdrücklich zur Kenntnis genommen. Auch Ich stelle zweitens fest: Die nachzuversichernden
die Sozialdemokraten, die Opposition, haben damals Soldaten werden durch eine spätere Nachversiche-
keine Einwände dagegen erhoben. rung nicht benachteiligt. Für die Rentenversiche-
In den Jahren 1981 bis 1983 — und das zeigt, daß es rungsträger entsteht aus der späteren Zahlung kein
kein neues Phänomen ist —, also zu einem Zeitpunkt Nachteil, weil sich die Aktualisierung der Einkommen
einer anderen Regierungskonstellation, hatten wir mit auf die Beitragshöhe auswirkt und grundsätzlich zu
etwa 80 000 Altfällen der Nachversicherung die höch- einem Ausgleich führt.
sten Rückstände. In der öffentlichen Diskussion ist vielfach der Ver-
(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ gleich mit einem privaten Arbeitgeber angestellt
DIE GRÜNEN]: Das ist schon lange her!) worden, der sich verbietet, weil er argumentativ in
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Walter Kolbow (SPD): Ihr Fazit aus der Diskussion Sie das nicht geprüft haben, dann fände ich das
am heutigen Tage ist, daß Sie der Versicherung keine Verhalten, wie Sie mit Haushaltsmitteln umgehen,
Mark mehr schuldig bleiben? Verstehe ich Sie da ausgesprochen oberflächlich und schlampig.
richtig?
Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung:
Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Diese Bewertung muß ich zurückweisen; wir haben
Mein Fazit ist: Die Kritiker sollten sich an das erinnern, das nicht so gemacht.
was sie damals gemacht haben. Wir müssen den
Prozeß des beschleunigten Abbaus der Altfälle, so wie (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: So ist
das im vergangenen Jahr in den Ausschüssen bespro- recht!)
chen worden ist, in den nächsten Jahren fortsetzen. Ich hielte es auch für skandalös, wenn sich der Bund,
Dann haben wir einen Stand erreicht, den es vorher nur um Zinsen zu sparen, so verhalten würde. Der
nie gegeben hat. Bund muß versuchen, die Beiträge zeitnah an die
Rentenversicherung abzuführen.
(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr
gut!) (Zuruf von der SPD: Ja oder nein?)
Ich glaube, daß das wirklich die Zielsetzung sein
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Mascher. muß.
Wenn auf Grund der angestiegenen Zahl der Fälle
Ulrike Mascher (SPD): Herr Verteidigungsminister,
Schwierigkeiten auftauchen, dann leidet die Renten-
Ihre Parlamentarische Staatssekretärin hat heute im
versicherung nicht darunter — ich finde, das ist ein
Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung eine Reihe großer Fortschritt —, denn wir leisten die Zahlungen
von Fragen beantwortet. Sie hat dort erklärt, daß das
dynamisiert. Ich halte das für die bessere Politik als
Verteidigungsministerium zwar auf der einen Seite
das, was die sozialdemokratisch geführte Bundesre-
höhere Beiträge leisten muß, dies aber auf der ande-
gierung damals gemacht hat, die sich praktisch zu
ren Seite dadurch mehr als ausgeglichen werden wird, Lasten der Rentenversicherung verhalten hat.
daß für den Bundeshaushalt keine Kreditzinsen ent-
stehen.
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Gibt es noch weitere
Ist es richtig, daß eine Prüfung des vermeintlichen
Fragen? — Bitte schön, Herr Kollege.
Ausgleichsmechanismus stattgefunden hat, und hal-
ten Sie es für korrekt, die Nettokreditaufnahme
dadurch niedrig zu halten, daß Sie Zahlungen, zu Kurt Palis (SPD): Herr Minister, habe ich Ihre
denen Sie verpflichtet sind, aufschieben? Ausführungen in der Quintessenz richtig verstanden,
daß das Anmahnen der Außenstände durch den
Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Verband der Rentenversicherungsträger eigentlich
Frau Kollegin, ich denke, das hat sich auf die nicht überflüssig, wenn nicht -gar ein Teil einer böswilligen
hinzunehmenden Äußerungen des stellvertretenden Kampagne gewesen ist?
SPD-Fraktionsvorsitzenden Dreßler bezogen,
(Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Sehr Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung:
richtig!) Solche Formulierungen würde ich nicht verwenden,
der den Vorwurf erhoben hat, wir würden zu Lasten denn ich habe vollen Respekt vor dem Anliegen der
Rentenversicherung, die Beträge so zeitnah wie mög-
des Bundes handeln. In diesem Zusammenhang ist
dieser Hinweis gekommen. lich zu bekommen. Das ist auch unser Anliegen. Ich
habe Ihnen geschildert, warum wir das nicht ganz
Aber mindestens so wichtig ist das, was ich eben geschafft haben, allerdings sehr viel besser als Sie in
gesagt habe: daß sich die Regierung unter der Füh- der Vergangenheit. Insofern ist das Anliegen berech-
rung der Sozialdemokraten damals zu Lasten der tigt.
Rentenversicherung verhalten hat, indem sie die
Nachversicherung nicht dynamisiert hat, sondern die Ich hätte mir allerdings gewünscht, daß auch darauf
Zahlungen zum Stand des Ausscheidens vorgenom- hingewiesen worden wäre, daß wir die Zahlungen
men hat. Das wirkt sich in der Tat so aus, daß der Bund — so wie sie von allen Fraktionen in den Ausschüssen
mehr spart, aber die Rentenversicherungen um die in diesem schwierigen letzten Jahr einvernehmlich
Einnahmen gebracht werden, die ihnen zustehen. zur Kenntnis genommen worden sind — um 400 Mil-
lionen DM übertroffen haben. Ein Wort der Würdi-
Angesichts dieser Entscheidungsnotwendigkeit ist gung hätte ich mir gewünscht. Vielleicht können Sie
die Politik, die wir vertreten und die auch die Frau das ja noch leisten.
Parlamentarische Staatssekretärin bei Ihnen im Aus-
schuß vorgetragen hat, goldrichtig. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge
ordneten der F.D.P.)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ulrike Mascher (SPD): Ich darf noch einmal nach- Kurt Palis (SPD): Herr Minister, zum Schluß eine
fragen: Haben Sie in der Tat Zahlungen, zu denen Sie informative Frage: Wenn Sie die Außenstände am
verpflichtet sind, aufgeschoben, nachdem Sie geprüft 31. Dezember 1994 überwiesen hätten, wäre es dann
hatten, daß die Kreditzinsen höher wären als die teurer geworden als in diesem Jahr, oder ist es
höheren Beiträge, die geleistet worden sind? Sollten umgekehrt?
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Insgesamt werden mehr als 140 Projekte gefördert,
Wenn ich die Frage richtig verstehe, dann zielt sie in denen Ersatzmethoden zu Tierversuchen erforscht
noch einmal darauf ab, ob dem Bund durch die werden. Dadurch kann entweder die Zahl der benö-
Dynamisierung zusätzliche Kosten entstehen. Diese tigten Tiere verringert oder es können Tierversuche
Frage habe ich schon einmal beantwortet: Auf der ganz vermieden werden. Unser Ziel ist es, durch
einen Seite wird es für den Bund teurer — weil wir uns immer mehr Alternativ- und Ersatzmethoden die Zahl
gegenüber der Rentenversicherung gerechter verhal- der Tierversuche weiter zu verringern und dies dann
ten, als Sie das damals gemacht haben —, auf der auch in Verordnungen und Gesetzen umzusetzen.
anderen Seite — darauf hat auch die Parlamentarische
Staatssekretärin hingewiesen — entstehen durch die Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Zusatzfrage.
verzögerte Zahlung — nicht als unser Ziel, aber
faktisch — Einsparungen im Zinsbereich. Unser Ziel Marianne Klappert (SPD): Herr Minister, ich frage
ist trotzdem, zeitnah zu zahlen, um in den Zahlungen Sie: Haben Sie die finanzielle, personelle und mate-
sowohl die Dynamisierung als auch den anderen rielle Ausstattung von ZEBET verbessert, um die
Effekt, den ich angesprochen habe, zu vermeiden. Überprüfung und Validierung von Ersatz- und Ergän-
(Zuruf von der SPD: Das ist Ihr Ziel; Sie tun es zungsmethoden wirklich zu beschleunigen?
bloß nicht!)
Jochen Borche rt , Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten: Die Entwicklung und
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Eine letzte Frage
Überprüfung von Ergänzungs- und Ersatzmethoden
dazu. Herr Rauber, bitte.
soll auch in Zukunft nicht an personellen und finanzi-
ellen Engpässen scheitern. Deswegen werden wir hier
Helmut Rauber (CDU/CSU): Herr Verteidigungsmi-
soweit es notwendig ist — Aufstockungen vorneh-
nister, Sie haben vorhin betont, daß dem einzelnen
men. Dies wird bei den Haushaltsberatungen erneut
Soldaten keine Nachteile entstehen, daß in einem
überprüft.
Todesfall oder in einem sonstigen Versorgungsfall
sofort nachversichert wird. Sind die einzelnen
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Bredehorn.
Gebührnisämter auch zukünftig in der Lage, diese
Nachversicherungen sofort vorzunehmen?
Günther Bredehorn (F.D.P.): Herr Minister, sehen
Sie bald die Möglichkeit einer europäischen Tier-
Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Ja,
schutztransportrichtlinie analog unserer deutschen
ich gehe davon aus. Das Interesse der Soldaten steht Tierschutztransportverordnung, insbesondere auch
wirklich ganz im Vordergrund. Mir ist kein Fall im Hinblick auf die neuen EU-Mitglieder Schweden,
bekannt, bei dem es dort Probleme geben würde. Finnland und Österreich, bei denen ich den Eindruck
Wenn das der Fall wäre, dann würde ich mich sofort habe, daß die Sensibilität für eine positive Entschei-
einschalten, um sicherzustellen, daß dem einzelnen
dung größer ist? -
Versicherten keinerlei Nachteil entsteht.
(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ Jochen Borche rt , Bundesminister für Ernährung,
DIE GRÜNEN]: Ein echter Verteidigungsmi Landwirtschaft und Forsten: Wir haben uns in der
nister! Er verteidigt die einzelnen Versicher Agrarratssitzung im Dezember 1994 auf wichtige
ten!) Rahmenbedingungen bei Tiertransporten verstän-
digt: Anforderungen an Transportfahrzeuge, Lade-
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Vielen Dank, Herr dichten, Sachkundenachweis für das Transportperso-
Bundesminister der Verteidigung. nal, Fütterungszeiten, Tränkzeiten und Ruhezeiten.
Gibt es zum Tierschutzbericht Fragen? — Bitte Wir haben uns ebenfalls darauf verständigt, daß die
schön, Frau Kollegin Klappert. Exporterstattung für Lebendtierexporte in Zukunft
vom Zustand der Tiere abhängig gemacht werden
Marianne Klappert (SPD): Ich möchte vom Minister soll, in dem sie im Empfängerland ankommen.
gern wissen, welche konkreten Maßnahmen er vorge- Strittig geblieben ist die Frage der Begrenzung der
sehen hat, um die Gesetze, in denen heute noch Tiertransportzeiten. Weil dies strittig geblieben ist
zwingend Tierversuche vorgeschrieben sind, zu über- und hierin keine Einigung erzielt werden konnte,
prüfen und zu ändern und eine Änderung dann auch haben wir eine nationale Verordnung auf den Weg
wirklich durchzuführen, damit Alternativmethoden gebracht, der der Bundesrat zugestimmt hat und die
eingesetzt und zwingend vorgeschrieben werden. jetzt im Notifizierungsverfahren ist. Hierzu wird die
Europäische Kommission in Kürze Stellung nehmen.
Jochen Borche rt , Bundesminister für Ernährung, Die Beratungen im Agrarrat in dieser Woche haben
Landwirtschaft und Forsten: Wir bemühen uns auf gezeigt, daß wir durch die Erweiterung weitere Län-
internationaler Ebene, Tierversuche zu verringern. der hinzugewonnen haben, die uns in unserem Bemü-
Einerseits bemühen wir uns darum, daß Doppelfor- hen unterstützen, die Tiertransportzeiten in Europa so
schung vermieden wird, d. h. daß nicht bei den zu begrenzen, daß Tiertransporte auch unter
gleichen Problembereichen in Deutschland und in Gesichtspunkten des Tierschutzes verantwortbar
anderen Ländern geforscht wird — Voraussetzung sind. Ich glaube, das sind gute Voraussetzungen
dafür ist die gegenseitige Anerkennung der Verfah- dafür, in den nächsten Monaten eine europaweite
ren —; andererseits fördern wir die Entwicklung von Regelung zu erreichen, die unseren Vorstellungen
Alternativ und Ersatzmethoden mit einer Reihe von
- entspricht, die etwa dem entspricht, was wir auch in
Verfahren. unserer nationalen Verordnung festgelegt haben.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Zusatzfrage. Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten: Ich glaube, eine solche
Günther Bredehorn (F.D.P.): Herr Minister, dies ist Initiative wäre nur dann sinnvoll, wenn wir damit
ja alles sehr begrüßenswert. Wir gehen in Deutsch- wirklich den von Ihnen geschilderten Zustand verhin-
land voran. Können wir denn sicherstellen, daß die dern könnten. Die Initiative wäre nicht sinnvoll, wenn
Transportdauer, die wir vorschreiben — das ist ja auch die Transporte dann mit anderen Luftfahrtgesellschaf-
gut so —, überprüfbar ist, damit das Ganze dann auch ten erfolgten, bei denen wir auf die Transportbedin-
umgesetzt wird? Können wir das gewährleisten? Ist gungen und auch darauf, woher die Tiere kommen,
das technisch möglich? überhaupt keinen Einfluß mehr haben. Deswegen,
glaube ich, müssen wir hier versuchen, gerade inter-
Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung, national eine Absprache zu erreichen, mit der wir
Landwirtschaft und Forsten: Die Überprüfung der verhindern, daß es sich um Tiere handelt, die gefan-
Transportzeiten ist technisch möglich, weil in den gen worden sind und die dann unter Umständen
Begleitpapieren Abfahrtszeiten, Tränk- und Futter- transportiert werden, die nicht akzeptabel sind. Ich
zeiten und Ankunftszeiten vermerkt werden müssen, glaube, gerade bei Lufttransporten ist ein Alleingang
so daß an Hand der Begleitpapiere die Transportzei- wenig sinnvoll.
ten und die eingehaltenen Bedingungen überprüft (Ulrike Mehl [SPD]: Sie wissen aber, daß die
werden können. Genauso entscheidend ist aber, daß Deutsche Lufthansa genau dies im Bereich
wir ebenfalls überprüfen, ob Vorschriften, etwa bei exotischer Vögel getan hat?)
der Ladedichte, bezüglich der Eignung der Transport-
— Das Ergebnis zeigt, daß es hier immer darauf
fahrzeuge und des Sachkundenachweises des Perso-
ankommt, daß wir eine internationale Regelung errei-
nals, eingehalten werden.
chen, weil man bei Lufttransporten und Transporten
von Tieren aus anderen Erdteilen nach Europa dies
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Danke. Frau
nicht allein über Eingriffe oder Vorschriften bei einem
—
Mehl.
einzigen Luftfahrtunternehmen erreichen kann.
Ulrike Mehl (SPD): Herr Minister, befaßt sich der
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Jetzt ist es genug;
Tierschutzbericht mit folgendem Problem, und wie
Sie haben sich eine Zusatzfrage ermogelt.
steht die Bundesregierung dazu: Die Deutsche Luft-
hansa transportiert im Jahr ca. 4 000 Makakenarten, Herr Michels.
also Affen, aus dem asiatischen Raum nach Frankfurt.
Dort werden sie umgeschlagen und im europäischen Meinolf Michels (CDU/CSU): Herr Minister, Sie
Raum für Tierversuche verwendet. Die Deutsche haben schon von den Bemühungen der Bundesregie-
Lufthansa sagt, sie müsse diese Transporte ausführen, rung berichtet, die Realitäten des Tiertransportes
weil sie dazu verpflichtet sei. Der Bundesverkehrsmi- europaweit zu verbessern. Ich möchte noch fragen:
nister sagt, wenn es einen Antrag gäbe, würde sie von Was hat die Bundesregierung unternommen, um die
dieser Verpflichtung entbunden. Da die Deutsche Zahl und die Durchführung der Tierversuche europa-
Lufthansa zu 51 % der Bundesrepublik gehört, würde weit den deutschen Praktiken mehr anzupassen?
es doch Sinn machen, daß dieser Antrag käme. Haben
Sie sich damit auseinandergesetzt? Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten: Tierversuche lassen sich
Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung ja dadurch verringern, daß erstens Doppelforschung
Landwirtschaft und Forsten: Hier muß überprüft wer- vermieden wird, d. h. daß nicht für den selben Unter-
den, unter welchen Bedingungen die Transporte suchungszweck Tierversuche in Deutschland und in
durchgeführt werden und unter welchen Bedingun- anderen Ländern durchgeführt werden, und daß
gen die Transporte durchgeführt würden, wenn sie zweitens in verstärktem Umfang Alternativ- oder
nicht mehr von der Lufthansa durchgeführt würden. Ergänzungsverfahren eingesetzt werden. Wir bemü-
Wir müssen die Transporte auf den benötigten hen uns im Rahmen der OECD, aber auch der Euro-
Umfang reduzieren. Wir müssen vor allen Dingen päischen Union erfolgreich darum, die Bedingungen,
sicherstellen, daß die Bedingungen der Transporte so unter denen Tierversuche durchgeführt werden, aber
sind, daß sie Tierschutzaspekten genügend Rechnung auch die Versuchsanordnung so zu gestalten, daß die
tragen. Ergebnisse der Versuche international anerkannt
werden. Damit können wir wirkungsvoll vermeiden,
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Zusatzfrage, daß zu dem selben Zweck Versuche in unterschiedli-
chen Ländern durchgeführt werden. Wir überprüfen
Ulrike Mehl (SPD): Das Problem in diesem Falle ist auch international die Ergebnisse von Alte rn ativ- oder
nicht so sehr der Transport, sondern die Naturent- Ergänzungsverfahren, damit die Ergebnisse interna-
nahme dieser Arten, wobei etwa 80 % der Tiere tional anerkannt werden und dadurch Tierversuche
eingehen. Sie werden hier in Europa zu Versuchs- vermieden werden können und ihre Zahl verringert
zwecken verwendet. Wenn diese Tiere nicht transpor- werden kann.
tiert werden könnten — zumindest nicht mit einer
deutschen Fluglinie —, dann könnten sie nicht für Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Zusatzfrage?
solche Zwecke verwendet werden. Darum stelle ich
die Frage, ob Sie eine Initiative dahin gehend starten Meinolf Michels (CDU/CSU): Herr Minister, ist
können, daß die Deutsche Lufthansa diese Transporte Ihnen bekannt, ob von den Mitgliedsländern der
nicht mehr durchführt. Europäischen Union ein anderes Land — so wie
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Meinolf Michels
Deutschland durch die Bundesregierung — alle zwei fahrzeuge bei der Ankunft im Empfängerland über-
Jahre einen Tierschutzbericht vorlegt? prüft werden.
(Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Von wem?)
Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung, Dazu muß das Einverständnis des Transporteurs
Landwirtschaft und Forsten: Da bin ich im Augenblick vorliegen. Wenn er mit diesem Verfahren nicht ein-
überfragt; ich will das aber gern nachprüfen. verstanden ist, kann das dazu führen, daß die Export-
(Meinolf Michels [CDU/CSU]: Schönen erstattung für Lebendviehexporte nicht gezahlt wird.
Dank!) Ich bin sicher, daß dann, wenn die Exporterstattung
von solchen Bedingungen abhängig gemacht wird,
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ich kann noch die auch das ökonomische Interesse der Transportunter-
Fragen von Frau Lengsfeld und Herrn Heinrich nehmen darin besteht, die Tiere tierschutzgerecht zu
berücksichtigen. Danach müssen wir die Regierungs- transportieren. Damit werden wir schnell eine Verbes-
befragung beenden, obwohl sich weitere Abgeord- serung der Situation erreichen.
nete gemeldet haben. (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Herr Minister,
Frau Lengsfeld. meine Frage — —)
Vera Lengsfeld (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Heinrich, wir
Minister, sollen Tiertransporte auch in Zukunft sub- haben die vorgegebene Zeit bereits überschritten.
ventioniert werden? Wenn ja, sollen diese Subventio-
nen an bestimmte Bedingungen geknüpft werden? Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten: Wir machen das in einem
Jochen Borchert, Bundesminister für Ernährung, persönlichen Gespräch.
Landwirtschaft und Forsten: Ich vermute, daß Sie mit (Ulrich Heinrich [F.D.P.]: Sehr gern!)
der „Subventionierung von Tiertransporten" die
Exporterstattungen für die Ausfuhr von Lebendvieh in
Länder außerhalb der Europäischen Union meinen. Es Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ich habe auch die
gibt eine Reihe von Abnehmerländern, die wir nicht anderen nicht mehr berücksichtigt. Es wäre nicht fair,
mit Fleisch, sondern die wir nur mit lebenden Tieren Ihre weitere Frage zuzulassen.
beliefern können. Wir wollen diese Exporterstattun- Da die Zeit abgelaufen ist, beende ich die Regie-
gen — das ist das Ergebnis der Beratungen im rungsbefragung. Ich danke Herrn Minister Borchert.
Agrarrat im Dezember — in Zukunft an bestimmte (Vorsitz : Vizepräsidentin Dr. Antje Voll
Bedingungen knüpfen, d. h. wir wollen die Auszah- mer)
lung der Exporterstattungen abhängig machen von
der Art des Transports und dem Zustand, in dem die -
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Ich rufe den
Tiere im Empfängerland ankommen. Dies soll von
Mitarbeitern der Europäischen Kommission überprüft Tagesordnungspunkt 2 auf:
werden. Ich glaube, nur dann erhalten wir einen Fragestunde
objektiven Bericht darüber, wie die Transportbedin- — Drucksachen 13/266, 13/284 —
gungen waren und in welchem Zustand die Tiere Zunächst kommen wir zum Geschäftsbereich des
sind. Bundesministeriums für Justiz. Zur Beantwortung
Daß sich Tiertransporte über lange Strecken durch- steht uns der Parlamentarische Staatssekretär Funke
führen lassen, ohne daß es zu einer Beeinträchtigung zur Verfügung.
der Tiere kommt, und daß dabei Tierschutzaspekte Wir kommen zuerst zur Dringlichen Frage 1 des
berücksichtigt werden, zeigt der Export von Zuchttie- Abgeordneten Erwin Marschewski:
ren.
Wer hatte nach den der Bundesregierung vorliegenden Infor-
mationen Kenntnis von dem Vermerk Willy Brandts, und liegen
Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Eine Zusatzfrage, der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob Ministerprä-
Herr Heinrich. sident Johannes Rau Kenntnis von dem Vermerk hatte?
Ich erteile Ihnen das Wort.
Ulrich Heinrich (F.D.P.): Herr Minister, ich möchte
eine Frage stellen, die in die gleiche Richtung geht. Rainer Funke, Parl. Staatssekretär bei der Bundes-
Die Europäische Union hat sich einiges vorgenom- ministerin der Justiz: Herr Kollege Marschewski, der
men, indem sie in den Drittländern eine Überprüfung Generalbundesanwalt hat den am 16. Januar 1995
vornimmt. Wie stellen Sie sich diese Überprüfung vor? sichergestellten Vermerk von Willy Brandt, der in
Wie stellen Sie sich die Überprüfung des Transports dem Strafverfahren gegen Karl Wienand wegen
vor? Ich nehme an, daß wir in den Drittländern keine geheimdienstlicher Agententätigkeit Beweiswert ha-
polizeilichen Maßnahmen durchführen können. ben kann, dem für das Verfahren zuständigen 4. Straf-
senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf übersandt.
Jochen Borche rt, Bundesminister für Ernährung, Mit Rücksicht auf das laufende Strafverfahren kann
Landwirtschaft und Forsten: Die Kontrolle der Trans- die Bundesregierung keine Auskunft über den Inhalt
porte bis zum Verlassen der Europäischen Union des Vermerks und über Personen geben, die von ihm
erfolgt durch die Mitgliedstaaten im Rahmen der möglicherweise Kenntnis hatten. Das gilt auch für
Bedingungen, die wir in der Transportrichtlinie fest- andere Ermittlungsergebnisse, deren Bewertung dem
legen wollen. Dann sollen die Tiere und die Transport zuständigen Gericht obliegt.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine Nachfrage entsprechende Hinweise ergeben haben, das zustän-
des Abgeordneten Marschewski. dige Bundesamt davon unterrichtet worden ist.
(Ludwig Stiegler [SPD]: Scharfrichter Er (Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Herz
win!) lichen Dank!)
Rainer Funke, Parl. Staatssekretär bei der Bundes- nands vorgetragen haben soll, trifft nicht zu. Als der
ministerin der Justiz: Ich nehme insoweit auf meine BND im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung Hinweise
Beantwortung zur letzten Frage Bezug. auf eine angebliche MfS-Anwerbung von Karl Wie-
(Lachen bei der SPD — Joseph Fischer nand erhielt, wurden diese Hinweise schriftlich ab
[Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ende Mai 1993 an das Bundeskanzleramt und an das
Frau Präsidentin, es fällt mir schwer, die Bundesamt für Verfassungsschutz zuständigkeitshal-
parlamentarischen Regeln zu beachten!) ber weitergeleitet.
Der Präsident des BND hat dienstlich mit Schreiben
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Wir kommen vom 3. Februar 1994 erklärt: Der im „Spiegel" Nr. 4/94
dank der kurzen Antworten sehr schnell voran. dargestellte Sachverhalt, demzufolge Hans-Jochen
Es folgt jetzt die Dringliche Frage 5 des Abgeord- Vogel dem Präsidenten des Bundesnachrichtendien-
neten Andreas Schmidt (Mülheim): stes, Konrad Porzner, auf Wunsch Willy Brandts zur
angeblichen KGB-Tätigkeit Karl Wienands vorgetra-
Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den
vom Generalbundesanwalt beschlagnahmten Vermerk Willy gen haben soll, trifft nicht zu.
Brandts bezüglich der ehemaligen SPD-Spitzenpolitiker Karl Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes hat
Wienand und Egon Bahr, und ist der Bundesregierung bekannt,
jetzt mit Schreiben vom 24. Januar 1995 erklärt: Der
ob der BND Erkenntnisse hat, die mit dem Inhalt des Vermerks
von Willy Brandt übereinstimmen, und ist die Bundesregierung Bundesnachrichtendienst hat Erkenntnisse, daß Karl
bereit, die zuständigen parlamentarischen Gremien noch in Wienand eine Quelle des ehemaligen Ministeriums
dieser Woche zu informieren? für Staatssicherheit gewesen sein soll. Der Bundes-
nachrichtendienst hat keine Erkenntnisse, daß Karl
Bernd Schmidbauer, Staatsminister beim Bundes- Wienand Agent des KGB gewesen sein soll.
kanzler: Frau Präsidentin, darf ich mit Einverständnis Die Frage, ob und gegebenenfalls welche Konse-
des Kollegen Schmidt beide Fragen zusammenfassen? quenzen die Bundesregierung aus den Stellungnah-
Dann würde ich sie gemeinsam beantworten, Herr men des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes
Kollege Schmidt. ziehen wird, kann im Augenblick nicht beantwortet
werden.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Dann rufe ich
auch die Dringliche Frage 6 des Abgeordneten Die Bundesregierung ist im übrigen selbstverständ-
Andreas Schmidt (Mülheim) auf: lich bereit, die zuständigen parlamentarischen Gre-
mien umgehend zu unterrichten. Die Parlamentari-
Hat Präsident Konrad Porzner zu irgendeinem Zeitpunkt nach
dem 31. März 1992 der Bundesregierung mitgeteilt, er habe sche Kontrollkommission wurde allerdings schon bis-
Informationen, daß Karl Wienand eine Verpflichtung gegenüber her laufend über nachrichtendienstliche Erkenntnisse
einem östlichen Nachrichtendienst eingegangen ist, und hat die zu Spionageverdachtsfällen unterrichtet.
Bundesregierung Präsident Konrad Porzner um eine Stellung-
nahme gebeten, und wird die Bundesregierung gegebenenfalls Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes hat
daraus sofortige Konsequenzen ziehen? darüber hinaus gestern Stellungnahmen abgegeben,
-
Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Schmidbauer. die derzeit geprüft werden.
(Ludwig Stiegler [SPD]: Im Leben geht so
Bernd Schmidbauer, Staatsminister beim Bundes- mancher Schuß daneben!)
kanzler: Herzlichen Dank. — Herr Kollege Schmidt,
über den vom GBA beschlagnahmten Vermerk kann Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine Nachfrage,
ich mich den Ausführungen des Bundesministeriums bitte.
der Justiz anschließen.
(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE Andreas Schmidt (Mülheim) (CDU/CSU): Herr
GRÜNEN und der PDS) Staatsminister, ist der Bundesregierung bekannt, was
Zu den anderen Fragenkomplexen darf ich folgen- der Präsident des Bundesnachrichtendienstes, Herr
des ausführen: Der Bundesnachrichtendienst hat dazu Porzner, nach dem Gespräch mit Herrn Vogel zu den
im Januar 1994 zwei Presseerklärungen abgegeben, Akten genommen hat?
die wie folgt lauten:
Erste Erklärung: Die „Bild"-Zeitung berichtet am Bernd Schmidbauer, Staatsminister beim Bundes-
15. Januar 1994, daß der ehemalige sowjetische Bot- kanzler: Das Bundeskanzleramt ist diesbezüglich auf
schafter Valentin Falin in der zweiten Märzhälfte 1992 die Aussagen, die ich soeben im einzelnen ausgeführt
gegenüber Willy Brandt angedeutet habe, Karl Wie- habe, angewiesen. Die Aussagen von gestern werden
nand sei KGB-Agent. Die ,,Bild"-Zeitung behauptet derzeit zu diesem Sachverhalt geprüft.
ferner: Brandt ließ den Bundesnachrichtendienst in
München-Pullach informieren. Diese Behauptung Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine weitere
trifft nicht zu. Der BND wurde durch Willy Brandt Zusatzfrage. Herr Scholz, bitte.
weder direkt noch mittelbar über eine Tätigkeit Herrn
Karl Wienands für das KGB informiert. — Ich sagte: Dr. Rupert Scholz (CDU/CSU): Ich möchte die
zwei Presseerklärungen. Dies war die erste aus dem Bundesregierung im Hinblick auf den Vermerk Willy
Jahr 1994. Brandts, der ja so merkwürdig spät — um es einmal so
Die zweite Presseerklärung lautet: Der im „Spiegel" zu sagen — aufgetaucht ist, etwas fragen. Dieser
Nr. 4/94 dargestellte Sachverhalt, demzufolge Hans Vermerk ist ganz offenkundig bei der Friedrich-
Jochen Vogel dem Präsidenten des Bundesnachrich- Ebert-Stiftung gewesen. Die Friedrich-Ebert-Stiftung
tendienstes, Konrad Porzner, auf Wunsch Willy wird, was die Archivunterlagen Willy Brandts angeht,
Brandts zur angeblichen KGB-Tätigkeit Karl Wie jetzt bekanntlich eine Kooperation mit der Willy-
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Amke Dietert-Scheuer
maßen das Konstrukt dieser „Schnupperstaatszuge- — wie in meiner zweiten Frage angesprochen — die
hörigkeit" für hier aufgewachsene junge Ausländer Sprache des Landes, in das sie zurückgeschoben
bis zum 18. Lebensjahr vorgesehen. Bei Straftätern ist worden sind, nicht so gut sprechen wie die Sprache
es aber üblich, auch Jugendliche unter 18 Jahren des Landes, in dem sie gelebt haben, nämlich der
abzuschieben. Daher meine Frage: Könnten von sol- Bundesrepublik Deutschland?
chen Abschiebungen auch Jugendliche unter 18 Jah-
ren betroffen sein, die in diese Kategorie der Doppel- Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
staatszugehörigkeit fallen werden? minister des Innern: Herr Kollege, die Bundesregie-
rung kennt eine Fülle von Einzelschicksalen, die das
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes- deutsche Recht allesamt insoweit bestätigen, als im
minister des Innern: Frau Kollegin, das kann ich Ihnen deutschen Recht ohnehin vorgesehen ist, daß in Ein-
jetzt nicht im Detail beantworten, weil die Ausgestal- zelfällen — bei entsprechenden Hinweisen — über-
tung dessen, was in den Koalitionsvereinbarungen prüft werden kann, ob jemand auch dann abgescho-
vorgesehen ist, noch nicht erfolgt ist und genau diese ben werden darf, wenn er Straftäter und zugleich
Details Gegenstand der Ausgestaltung sein werden. Jugendlicher ist.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Wir kommen
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Sie haben eine
damit zur Frage 22 des Abgeordneten Cem Özde- zweite Zusatzfrage.
mir:
Unter welchen Voraussetzungen hält die Bundesregierung Cern Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unser
eine Ausweisung oder Abschiebung von minderjährigen und
heranwachsenden Personen mit nichtdeutschem Paß, die in der
Recht sieht vor, daß es so etwas wie eine „besondere
Bundesrepublik Deutschland geboren und/oder aufgewachsen Härte" gibt. Sind Sie nicht der Meinung, daß gerade
sind, für vereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßig- solche Fälle eine besondere Härte darstellen und daß
keit? man gerade in solchen Fällen Gnade vor Recht erge-
hen lassen sollte, und meinen Sie nicht auch, daß wir
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
als Gesetzgeber veranlassen sollten, daß die Auslän-
minister des Innern: Aus den gesetzlichen Regelun-
derbehörden in solchen Fällen Jugendliche nicht in
gen der §§ 47 und 48 Abs. 2 des Ausländergesetzes
das Land zurückschaffen, aus dem die Eltern kom-
ergibt sich, daß auch die Ausweisung minderjähriger
men?
und heranwachsender ausländischer Straftäter mit
dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Aber doch
sein kann. Wann dies im Einzelfall zutrifft, hat nicht nicht generell!)
die Bundesregierung zu entscheiden, da nach Art. 83
des Grundgesetzes die ausländerrechtlichen Bestim- Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
mungen im Bundesgebiet von den Ausländerbehör- minister des Innern: Das Kriterium der „besonderen
den als eigene Angelegenheit ausgeführt werden. Härte" ist typischerweise auf den Einzelfall bezo-
gen.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Keine Nach- (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: So ist es!)
frage. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß der Einzel-
Dann kommen wir zur Frage 23 des Abgeordneten fall Gegenstand von Überprüfungen ist, so daß im
Cern Özdemir: Einzelfall wiederum sichergestellt ist, daß solche Här-
Wie rechtfertigt die Bundesregierung die außerordentliche ten — sollten sie zur unzumutbaren Härte werden —
Härte, die entsteht, wenn junge Menschen, die das Herkunfts- berücksichtigt werden können und in einem solchen
land ihrer Eltern oder Großeltern nur noch von gelegentlichen
Urlaubsreisen kennen und die dortige Landessprache nicht Fall praktisch ein Abschiebestopp gilt.
mehr ausreichend beherrschen, in dieses ihnen fremde Land
ausgewiesen und abgeschoben werden? Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine Zusatzfrage
der Kollegin Nickels.
Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
minister des Innern: Das Ausländergesetz beschränkt Christa Nickels (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr
die Ausweisung im Bundesgebiet geborener und Staatssekretär, sind Sie von seiten der Bundesregie-
aufgewachsener junger Ausländer grundsätzlich auf rung bereit, zu mißbilligen, daß minderjährige
Straftäter. Soweit es im Einzelfall zu einer Ausweisung Jugendliche, die aus dem Ausland stammen und
und einer nachfolgenden Abschiebung kommt, ist keine deutsche Staatsangehörigkeit haben und hier
dies durch den gebotenen Schutz der Allgemeinheit bei ihren Großeltern leben, abgeschoben werden,
vor Straftätern gerechtfertigt. obwohl sie von den Großeltern versorgt werden und in
ihrem Heimatland keine Perspektive haben, und sind
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine Nachfrage
Sie weiter bereit, zu mißbilligen, daß in einem ganz
des Kollegen Özdemir.
konkreten Fall Jugendliche aus dem Unterricht her-
Cern Özdemir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich aus von der Polizei in Handschellen gelegt und ohne
frage die Bundesregierung: Sind Ihnen einschlägige Verzug abgeschoben worden sind?
Untersuchungen bekannt, gibt es Berichte, was mit (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das kann
solchen Kindern und Jugendlichen — insbesondere gar nicht sein!)
unter psychosozialen Aspekten — geschehen ist, die
in ihr Land „zurückverfrachtet", abgeschoben wor- Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär beim Bundes-
den sind, ist Ihnen bekannt, was insbesondere mit minister des Innern: Frau Kollegin Nickels, ich bin
solchen Kindern und Jugendlichen geschehen ist, die nicht in der Lage, Einzelfälle, die mir jetzt konkret
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine zweite
minister der Finanzen: Herr Kollege Pfannenstein, die Zusatzfrage.
Kritik der Innenminister in der Stellungnahme vom
26. November 1993 ist nicht geeignet, die Richtigkeit Georg Pfannenstein (SPD): Herr Staatssekretär, Sie
der geplanten Maßnahme in Frage zu stellen. Sie sagten vorhin, diese Steuer würde keine Mehrbela-
werden sicherlich mit mir unterstellen, daß es richtig stung erbringen. Ich habe ein Beispiel hier. Der
ist, daß die wirtschaftliche Tätigkeit eines öffentlichen Deutsche Städtetag kommt am Beispiel Mannheims
Unternehmens, das möglicherweise in Konkurrenz zu zu dem Ergebnis, daß die Einführung der Steuerpflicht
einem Unternehmen steht, das in privater Hand ist, für kommunale Entsorgungsbetriebe einen jährlichen
gleich besteuert werden muß. Nach diesem Prinzip Mehraufwand von 13,8 Millionen DM verursachen
müssen wir vorgehen. Es gibt eine Ausnahme aller- würde. Das steht im Gegensatz zu Ihren Aussagen.
dings dann, wenn hoheitliche Tätigkeiten ausgeübt
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun-
werden. Dann gibt es Steuerbefreiung.
desminister der Finanzen: Ich kann einen derartigen
Nun besteht die Zufälligkeit, daß als hoheitliche Einzelfall nicht nachprüfen, weil mir die Grundlagen
Tätigkeit bisher nicht die Wasserversorgung, wohl nicht vorliegen. Ich kann mich nur auf die allgemeine
aber die Abwasserentsorgung angesehen wird. Das Feststellung zurückziehen, daß durch einen Vorsteu-
kann jeder nach seiner eigenen praktischen Erfah- erabzug von 15 % nach Adam Riese eine Gebühren-
rung als problematisch ansehen. Die Entwicklung der erhöhung nicht notwendig sein muß. Es kommt darauf
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und an, welche Investitionen getätigt wurden und unter
des Bundesfinanzhofs hat die kritische Einstellung welchen Gesichtspunkten gerechnet wurde. Das
gegenüber dieser unterschiedlichen Behandlung müßte man im Einzelfall prüfen. Ich meine aber
nachhaltig genährt. Deshalb sind wir zu dem Schluß generell, daß die flächendeckende Klage hinsichtlich
gekommen, daß man hier eine Gleichstellung herbei- der intendierten Maßnahme der Besteuerung mit 7 %
führen muß. Das heißt, daß die Abwasserentsorgung mit Sicherheit nicht gerechtfertigt ist.
mit der Versorgung mit Wasser steuerlich gleichge-
stellt werden muß. Es handelt sich also um eine Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Ich rufe Frage 28
systematische Gleichordnung. des Abgeordneten Georg - Pfannenstein auf:
Die Klage der Kommunen und auch der Innenmini- Wie hoch soll die kommunale Abwasserentsorgung durch die
ster, Herr Kollege, scheint mir jedoch nicht gerecht- neue Umsatzsteuerpflicht belastet werden, und wie würde sich
der geplante Vorsteuerabzug u. a. in den Kommunen auswirken,
fertigt zu sein, und zwar aus einem einfachen Grund:
die bereits in der Vergangenheit die notwendigen Umweltinve-
Wenn kommunale Betriebe mit — das ist der wesent- stitionen im Bereich Abwasserentsorgung vorgenommen
liche Fall — 7 % Mehrwertsteuer belegt sind, dann haben?
haben sie die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs in
Höhe von 15%. Das heißt, daß sie in aller Regel mehr Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Einsparungen als Mehrbelastungen haben. Die desminister der Finanzen: Die Antwort auf diese Frage
Befürchtung, daß daraus irgendwelche höheren war, glaube ich, in meiner Antwort auf die Frage 27 im
Gebühren entstehen, ist deshalb überhaupt nicht wesentlich en enthalten, Frau Präsidentin.
gegeben.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Aber Kollege
Ungefragt ein Zusatz: Wenn richtig ist, was ich sage,
Pfannenstein könnte noch zwei Zusatzfragen stel-
dann gibt es auf Grund dieser Besteuerung im Staats-
len.
säckel des Bundes weniger Geld anstatt mehr. Man
muß sich daher durchaus überlegen, ob man diese Georg Pfannenstein (SPD): Ist in Ordnung.
systematische Harmonisierung überhaupt angeht.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Dann kommen
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Herr Pfannen- wir zur Frage 29 der Abgeordneten Susanne Kast-
stein, eine Zusatzfrage. ner:
Wie verträgt sich das Vorhaben der Bundesregierung, für die
Georg Pfannenstein (SPD): Herr Staatssekretär, gibt kommunale Abwasserentsorgung eine gebührensteigernde
es, wenn die Steuerpflicht eingeführt wird, dann eine Umsatzsteuerpflicht einzuführen, mit dem Beschluß der Regie-
Möglichkeit für Kommunen, die sich in der Vergan- rungschefs von Bund und Ländern, mit den kommunalen Spit-
genheit vorbildlich verhalten und ihre Investitionen zenverbänden eine bundesweite Offensive zur Kostenreduzie-
rung bei Gebühren und Beiträgen zu starten, und wie beurteilt
bereits getätigt haben, die Vorsteuer im nachhinein sie die ablehnenden Stellungnahmen der kommunalen Spitzen-
abzuziehen? verbände zu dieser neuen Steuer?
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun- Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen: Herr Kollege, das ist eine desminister der Finanzen: Frau Kastner, die Einbezie-
sehr gerechtfertigte Frage, weil richtiges Verhalten, hung der kommunalen Abwasserentsorgung in die
vorzeitig entsprechende Anlagen einzurichten, ge Umsatzsteuerpflicht mit dem ermäßigten Steuersatz
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun- Susanne Kastner (SPD): Herr Staatssekretär, Sie
desminister der Finanzen: Ich wäre Ihnen dankbar, haben mir die Antwort auf die Frage 29 eigentlich ein
wenn Sie es mir ersparen würden, dazu eine Beurtei- bißchen vorenthalten. Dort habe ich gefragt:
lung abzugeben. Wie verträgt sich das Vorhaben der Bundesregie-
rung, für die kommunale Abwasserentsorgung
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Keine weitere eine gebührensteigernde Umsatzsteuerpflicht
Zusatzfrage. einzuführen, mit dem Beschluß der Regierungs-
Dann kommen wir zur Frage 30 der Abgeordneten chefs von Bund und Ländern, mit den kommuna-
Susanne Kastner: len Spitzenverbänden eine Offensive zur Kosten-
Wie hoch schätzt die Bundesregierung die zusätzliche Gebüh- reduzierung bei Gebühren und Beiträgen zu
renbelastung der Bürger durch die geplante Einführung der starten . . .?
Umsatzsteuerpflicht für die kommunale Abwasserentsorgung,
und wie hoch schätzt sie den Anteil der Umsatzsteuer an den Da darüber hinaus Ihre Aussage so widersprüchlich zu
Abwassergebühren der privaten Haushalte? denen der kommunalen Spitzenverbände und der
Regierungschefs ist, möchte ich fragen: Haben Sie
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun sich mit den kommunalen Spitzenverbänden und mit
desminister der Finanzen: Bisherige Berechnungen den Regierungschefs der Länder schon einmal an
im Bundesministerium der Finanzen haben ergeben, einen Tisch gesetzt? -
daß bei der Einführung der Umsatzsteuerpflicht der
Abwasserbeseitigung und gleichzeitiger Gewährung
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun-
des ermäßigten Umsatzsteuersatzes von 7 % unter
desminister der Finanzen: Frau Kollegin, außer Fach-
Einbeziehung der gegenzurechnenden Vorsteuern in
gesprächen hat noch kein Spitzengespräch stattge-
Höhe von 15 % Umsatzsteuermindereinnahmen ent-
funden. Aber wir haben ohnehin vor, mit den kommu-
stehen werden.
nalen Spitzenverbänden in absehbarer Zeit ein Spit-
Die Regelung müßte danach zu einer Gebührenent- zengespräch über die Gewerbesteuer zu führen. Ich
lastung für den Bürger führen, weil bei den entspre- kann mir vorstellen, daß in diesem Spitzengespräch
chenden Unternehmen insgesamt eine Entlastung auch die Frage der Umsatzbesteuerung, wie sie hier
eintreten kann. Ich wiederhole damit das, was ich angesprochen wurde, erörtert wird.
schon dem Kollegen gesagt habe. Inhaltlich zielt Ihre
Allerdings muß ich Ihnen dies zum zweiten Teil
Frage auf das gleiche ab.
Ihrer Frage — mitteilen, daß die Einführung des
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Haben Sie trotz- Steuersatzes in Höhe von 7 % sehr wohl in Einklang
dem eine Zusatzfrage? — Bitte. steht mit der gemeinsamen Forderung, die Gebühren
zu senken, sofern es richtig ist, daß die Unternehmen
Susanne Kastner (SPD): Herr Staatssekretär, könn- die Vorsteuern in Höhe von 15 % abziehen können.
ten Sie mir eine Äußerung, die ich ebenfalls der Presse Das wird sich im Einzelfall entscheiden.
entnommen habe, erklären, in der es heißt, durch den (Susanne Kastner [SPD]: Das ist eben konträr
bei der Umsatzsteuer möglichen Vorsteuerabzug wür- zu den Aussagen des Städtetages!)
den Investitionen zum Aufbau der Abwasserentsor-
gung in den neuen Ländern und zur Renovierung des Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun-
Kanalnetzes in den alten Bundesländern erleichtert? desminister der Finanzen: Wir wiederholen uns, Frau
Dies stand im Zusammenhang mit der Berechnung Kollegin.
des Städtetages — mein Kollege Pfannenstein hat
darauf ja schon hingewiesen —, daß Mehrbelastun-
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Es gibt eine
gen der Städte die Folge seien,
Zusatzfrage des Abgeordneten Spiller.
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun-
desminister der Finanzen: Die Aussage, daß die Inve- Jörg-O tt o Spiller (SPD): Herr Staatssekretär, nach
stitionen erleichtert werden, ist richtig. Dies gilt für die Ihrer Argumentation ist damit zu rechnen, daß die
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Jörg-Otto Spiller
Abwasserbetriebe eine höhere Steuerrückvergütung ßenbeleuchtung sein. In diesen Fällen ist es sicherlich
haben werden, als sie an Steuern zu zahlen haben. auch wirtschaftlich vorteilhaft für den Investor, sich für
(Parl. Staatssekretär Dr. Kurt Faltlhauser: diese neue ressourcen- und umweltschonende Art der
Das kann sein, ja!) Straßenbeleuchtung zu entscheiden.
Was hat Sie dazu gebracht, einen neuen Subventions- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Eine Nachfrage
tatbestand zu schaffen? der Kollegin?
Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär beim Bun- Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD): Teilt die Bun-
desminister der Finanzen: Dies ist bei genauerer desregierung die Auffassung, daß eine verstärkte
Betrachtung, Herr Kollege, kein Subventionstatbe- Nachfrage nach Solarstraßenlaternen respektive So-
stand, sondern diese Maßnahme ist eine Systematisie- larzellen die Produktionskosten reduzieren und damit
rung unseres Steuerrechts. Systematisierungen haben die Anschaffungskosten senken werden?
regelmäßig zum Ergebnis, daß einzelne Fälle anders
als vorher behandelt werden. Das kann immer mal Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär beim
passieren. Ein Subventionstatbestand würde auf diese Bundesminister für Wirtschaft: Grundsätzlich eröffnet
Weise sicher nicht vorliegen. eine verstärkte Nachfrage nach einem Produkt die
Ich argumentiere hier ganz anders, nämlich daß Möglichkeit kostengünstigerer Produktion. Das gilt
man diese Maßnahme aus Haushaltsgründen in Frage ganz sicher auch für diesen Zusammenhang.
stellen muß. Wenn wir das noch einmal durchrechnen
und erkennen, daß diese Maßnahme z. B. 1 Milliarde Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Wir kommen zur
DM kosten würde, dann stellt sich die Frage, ob wir Frage 39 der Abgeordneten Dr. Angelica Schwall-
eine derartige Maßnahme zum gegenwärtigen Zeit- Düren:
punkt tatsächlich angehen sollten. In welchem Ausmaß befürwortet und fördert die Bundesregie-
rung den Kauf von Solar-Straßenlaternen für Autobahnen,
Bundesstraßen und bundeseigene Gebäude?
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Für die weiteren
Fragen ist um schriftliche Beantwortung gebeten Dr. Norbert Lammert, Parl. Staatssekretär beim
worden. Die Antworten werden als Anlagen abge- Bundesminister für Wirtschaft: Frau Kollegin, der
druckt. Einsatz von Solarstraßenlaternen für Autobahnen,
Wir sind damit am Ende dieses Geschäftsbereichs. Bundesstraßen und bundeseigene Gebäude wird
Vielen Dank für Ihre Antworten. wegen der Überlegungen, die ich im Zusammenhang
mit der Beantwortung der vorigen Frage bereits vor-
Wir kommen damit zum Geschäftsbereich des Bun-
desministeriums für Wirtschaft. Zur Beantwortung getragen habe, prinzipiell befürwortet. Da für die
steht der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Norbert genannten Bundeseinrichtungen
- selbstverständlich
das Gebot der Wirtschaftlichkeit gilt, wird die gegen-
Lammert zur Verfügung.
über herkömmlichen Beleuchtungen normalerweise
Die Fragen 35, 36 und 37 werden schriftlich beant- wesentlich teurere Solarbeleuchtung bisher nicht ein-
wortet. Die Antworten werden als Anlagen abge- gesetzt. Es gibt dafür auch keine spezifischen Förder-
druckt. maßnahmen.
Ich rufe Frage 38 der Abgeordneten Dr. Angelica Die konkrete Gestaltung und Beschaffung für Auto-
Schwall-Düren auf: bahnen und Bundesstraßen erfolgt in der durch die
Wie beurteilt die Bundesregierung — speziell unter den Auftragsverwaltung geregelten Zuständigkeit. Inner-
positiven Effekten der Energieeinsparung — die generelle halb dieser kann über die Installierung von Solarstra-
Installation von Solar-Straßenlaternen?
ßenlaternen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten
entschieden werden.
Dr. Norbe rt Lammert, Parl. Staatssekretär beim Die Bundesregierung konzentrierte sich bei der
Bundesminister für Wirtschaft: Frau Kollegin, der Förderung der Photovoltaik — z. B. mit dem 1000-
Betrieb von Straßenlaternen mit photovoltaisch Dächer-Programm — bisher auf netzgekoppelte Anla-
erzeugtem Strom vermeidet durch die Nutzung der gen im privaten Bereich, bei denen durch Massenein-
erneuerbaren Sonnenenergie die Verwendung fossi- satz und -produktion am ehesten eine Kostendegres-
ler oder nuklearer Energieträger. Damit werden end- sion erwartet werden kann. Also genau hier findet die
liche Energieressourcen geschont und zugleich die unmittelbare, auch operative Umsetzung des Zusam-
Umwelt entlastet. Deshalb wird der Einsatz von menhanges statt, nach dem Sie in Ihrer Zusatzfrage
Solar-Straßenlaternen von der Bundesregierung zur vorherigen Frage nachgefragt hatten.
grundsätzlich positiv beurteilt.
Allerdings ist die solare Stromerzeugung im Nor- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Sie haben keine
malfall noch um ein Vielfaches teurer als die her- weiteren Fragen? — Dann sind wir am Ende dieses
kömmliche Stromerzeugung; somit ist auch die solare Geschäftsbereichs; denn der Kollege Manfred Such
Straßenbeleuchtung gegenüber der bisherigen wirt- hat, obwohl er im Raum ist, um schriftliche Beantwor-
schaftlich im Nachteil. tung gebeten.
In Einzelfällen jedoch, insbesondere wenn lange Wir kommen deswegen zum Geschäftsbereich des
Kabelverbindungen verbunden mit hohen Installa- Bundesministeriums der Verteidigung. Zur Beantwor-
tionskosten für die Einrichtung neuer Straßenbe- tung steht die Parlamentarische Staatssekretärin
leuchtungen notwendig sind, können Solar-Straßen- Michaela Geiger zur Verfügung. Im Raum ist auch der
laternen kostengünstiger als die herkömmliche Stra Abgeordnete Norbert Gansel.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Dr. Helmut Lippelt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mit dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes
Frau Staatssekretärin, wenn ich mich an die Doku- ein Gespräch zu führen. Wir wissen nicht, ob dieses
mentation recht erinnere, die uns seinerzeit der Gespräch stattgefunden hat, ob dieses Gespräch
Staatsminister im Bundeskanzleramt über die Vorge- Ergebnisse gebracht hat, und wir wissen vor allem
schichte von Rabta vorgelegt hat, dann meine ich mich nicht die einfache Frage zu beantworten: Sagt Hans
zu erinnern, daß frühe Hinweise durchaus da waren, Jochen Vogel in diesem Punkt die Wahrheit? Denn
auch vom BND überprüft worden sind, also längst vor wenn es dieses Gespräch mit Porzner gegeben hat,
1989. Ich frage jetzt ganz einfach, da Sie nun sagen, dann müßte dieses Gespräch ja zu Konsequenzen
daß man ab 1981 zumindest wußte, daß Telemit in geführt haben, entweder in Form von Berichten an die
libyschem Besitz war: Ist bei der Gelegenheit, bei der Bundesregierung oder an die Bundesanwaltschaft.
der BND so etwas überprüfen mußte, auch überprüft Denn der Vermerk von Willy Brandt enthält ja nichts
worden, was denn eine im vollen libyschen Eigentum anderes als den schwerwiegenden Verdacht, daß ein
befindliche Firma hier in Deutschland machte? Gibt es früheres Mitglied dieses Hauses Landesverrat began-
irgendeinen konkreten Hinweis einer Verbindung gen hat oder für eine fremde Macht zum Nachteil der
von Rabta und Telemit, die dann eigentlich in der Zeit Bundesrepublik Deutschland spioniert hat.
der Recherchen hätte aufgedeckt werden müssen? Das ist ein Vorgang, der im Zusammenhang mit
vielen anderen Vorgängen, in denen der Name des
Michaela Geiger, Parl. Staatssekretärin beim Bun- gleichen ehemaligen Kollegen immer wieder vor-
desminister der Verteidigung: Mir ist ein solcher kommt, z. B. bei einer Kanzlerwahl, als es um ein
Hinweis nicht bekannt. Ich bin aber gern bereit, das konstruktives Mißtrauensvotum ging, dringend der
noch einmal überprüfen zu lassen und schriftlich zu Aufklärung bedarf. Von daher wäre es erforderlich
beantworten. gewesen, daß wir etwas genauer und intensiver über
das informiert worden wären, was die Bundesanwalt-
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Hatten Sie eine schaft, die sich mit diesem Sachverhalt befaßt, in Tat
Zusatzfrage, Herr Kollege Bachmaier? — Nein. und Wahrheit veranlaßt hat.
Dann beende ich die heutige Fragestunde. Die Außerdem steht noch in Rede, daß der derzeitige
restlichen Fragen werden morgen beantwortet. Präsident des Bundesrats ebenfalls bereits im April
1992 über diesen handschriftlichen Vermerk des
Ich rufe auf: Ehrenvorsitzenden der SPD und Friedensnobelpreis-
trägers Willy Brandt informiert worden ist.
Aktuelle Stunde
Es stellt sich die Frage: Wie werden Amtspflichten
Antworten der Bundesregierung auf die Dring-
in Kenntnis solch schwerwiegender Verdachtsmo-
lichen Fragen aus der Fragestunde (Drucksa-
mente wahrgenommen? Dieser Sachverhalt ist drin-
che 13/284) -
gend aufklärungsbedürftig. Es ist vor allem aufklä-
Die Fraktion der CDU/CSU hat eine Aktuelle rungsbedürftig, was Hans-Jochen Vogel veranlaßt,
Stunde zu diesem Thema verlangt. — Wollen Sie das nun den Ehrenvorsitzenden der Sozialdemokrati-
noch begründen? — Bitte. schen Partei, den ehemaligen Bundeskanzler und
(Dr. Peter Struck [SPD]: Da ist überhaupt Friedensnobelpreisträger Willy Brandt in der Weise
nichts zu begründen! Lassen Sie das mal darzustellen, wie er es gegenwärtig tut.
lieber sein, Herr Hörster!) Es wird der Eindruck erweckt, als habe Willy
Brandt, der Ehrenvorsitzende, nicht gewußt, was er
Joachim Hörster (CDU/CSU): Frau Präsidentin! nach einem Gespräch mit Falin, dem früheren Bot-
Meine Damen und Herren! Wir haben eben bei der schafter der Sowjetunion in der Bundesrepublik, am
Beantwortung der dringlichen Fragen durch die Bun- 31. März aufschreibt.
desregierung nicht ausreichende Antworten erhalten, (Dieter Wiefelspütz [SPD]: Was erzählen Sie
bezogen auf das Thema, um das es geht. uns da?)
(Lachen bei der SPD sowie bei Abgeordneten
Ein vom Tode gezeichneter Mann habe da etwas
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der
aufgeschrieben, diesen Eindruck vermittelt Hans-
PDS) Jochen Vogel.
Wir wissen seit Monaten,
Dieser vom Tode gezeichnete Mann hat zwei Tage
(Freimut Duve [SPD]: Genau!) später Wahlveranstaltungen für die SPD in Baden
daß es einen Vermerk des Ehrenvorsitzenden der Württemberg wahrgenommen. Er hat weitere zwei
Sozialdemokratischen Partei gibt, Tage später an der Schlußveranstaltung der Sozialde-
(Freimut Duve [SPD]: Und dann der Regie mokratischen Partei im Landtagswahlkampf in
rung unangemessen!) Schleswig-Holstein teilgenommen, so daß der Ein-
druck, den Hans-Jochen Vogel zu vermitteln ver-
der in den Geschäftsgang der Parteiorganisation der
sucht, mit der öffentlich bekannten Wahrheit über-
SPD gegangen ist,
haupt nicht übereinstimmen kann.
(Freimut Duve [SPD]: Ohne daß die Regie
Es stellt sich doch dringlich die Frage: Was veranlaßt
rung das weiß!)
Hans-Jochen Vogel, ohne Rücksicht auf das Ansehen
der Hans-Jochen Vogel veranlaßt haben soll, und die Ehre des Altbundeskanzlers Willy Brandt eine
(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ solche Situation zu schaffen und das Ansehen des
DIE GRÜNEN]: Unglaublich!) Bundeskanzlers Willy Brandt so in Frage zu stellen?
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Joachim Hörster
Deswegen bin ich der Auffassung, daß wir alle erklären. Erklären muß sich der Brandt-Vertraute
parlamentarischen Mittel nutzen müssen, um diesen Egon Bahr, erklären muß sich der ehemalige SPD
Vorgang aufzuklären, weil es hier um viel mehr geht Vorsitzende Hans-Jochen Vogel, und erklären muß
als nur um einen einfachen möglichen Spionagefall. sich der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen
Hier geht es um das Ansehen und die Verhaltenswei- Johannes Rau. Denn sie sollen Kenntnis von den
sen wichtiger Organe unseres Staates. Aufzeichnungen gehabt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU)
Aber was passiert? Alle drei SPD-Politiker schwei-
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Damit hat die gen. Egon Bahr erklärt, die Bundesanwaltschaft, die
Fraktion der CDU/CSU eine Aktuelle Stunde ver- gegen Wienand wegen angeblicher Stasi-Verwick-
langt. Das entspricht Nr. 1 Buchstabe b der Richtlinien lungen ermittelte, habe ihn nicht dazu gefragt. Seit
für die Aktuelle Stunde. Die Aussprache muß unmit- wann redet denn Herr Bahr nur, wenn er ausdrücklich
telbar nach Schluß der Fragestunde durchgeführt gefragt wird?
werden. Darüber hinaus geht es um ein Ermittlungsverfah-
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr ren von großer staatsrechtlicher Bedeutung. Herr
Marschewski. Bahr, Herr Vogel und Herr Rau: Sie sind zur Aufklä-
rung verpflichtet! Sie haben die Aufklärungspflicht in
dieser wichtigen Angelegenheit!
Erwin Marschewski (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Aber es drängt sich für mich der Verdacht auf, daß
Meine Damen und Herren! Der Kollege Hörster hatte verheimlicht, daß vertuscht werden soll. Das bedeutet,
Recht. Auch die „Stuttgarter Zeitung" hatte Recht, daß von einer politisch sauberen Diplomatie dieser
wenn sie kommentiert: Es handele sich bei diesem SPD-Spitzenfunktionäre wohl kaum ausgegangen
Sachverhalt um eine Affäre, von der jeder Sozialde- werden kann. Denn eins ist doch klar: Wer ehrlich ist,
mokrat, der etwas auf seinen guten Ruf hält, so viel hat nichts zu vertuschen, der schweigt nicht.
Abstand wie irgend möglich halten müßte. Dem,
meine Damen und Herren, kann niemand widerspre- Ich appelliere an Herrn Bahr, an Herrn Vogel und an
chen. Herrn Rau: Helfen Sie mit, den bestehenden Verdacht
der Begünstigung auszuschließen!
(Beifall bei der CDU/CSU)
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist eine wichtige Frage, ob führende SPD-
Mitglieder in den 70er Jahren gegenüber der damali- Heute schreibt die „Rheinische Post": „Nicht
gen Sowjetunion und der DDR eine Geheimdiploma- Schwamm drüber, meine Damen und Herren der
tie be tr ieben, ob sie ihren eigenen Kanzler hintergin- SPD-Fraktion, sondern redet, Genossen!" Dazu for-
gen und Staatsgeheimnisse verraten haben. Über die dere ich Sie auf.
mögliche KGB-Verstrickung des Ex-Wehner-Vertrau- - der CDU/CSU)
(Beifall bei
ten Wienand ist in einem Gerichtsverfahren zu ent-
scheiden. Ich fordere, alles zu tun, damit dieses
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Jetzt hat das Wort
Verfahren alsbald beginnen kann.
der Abgeordnete Dr. Peter Struck.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch und gerade im Falle eines hochrangigen Politi-
kers wie des ehemaligen Parlamentarischen Ge- Dr. Peter Struck (SPD): Frau Präsidentin! Meine
schäftsführers der SPD, Wienand, darf eines nämlich Damen und Herren! Diese Rede, Herr Kollege Mar-
nicht gelten, Herr Kollege Wiefelspütz: Die Kleinen schewski, reiht sich nahtlos ein in die Reihe der
hängt man, und die Großen läßt man laufen. Das darf Lächerlichkeiten und Peinlichkeiten, die zu diesem
nicht passieren. Thema bis heute hier stattgefunden haben.
(Beifall bei der CDU/CSU — Dieter Wiefels (Beifall bei der SPD)
pütz [SPD]: Bei uns hängt man überhaupt Ich wundere mich, daß so ein honoriger Mann wie
nicht mehr! Wen wollen Sie denn hängen?) Herr Scholz oder so ein honoriger Mann wie Herr
Es ist deshalb unabdingbar, der Justiz jede Hilfe Schäuble sich zu diesem Vorgang hergeben.
zukommen zu lassen, um den Fall Wienand aufzuklä- Ich stelle hier eindeutig fest, Herr Kollege Mar-
ren. Es ist richtig — Sie wissen dies doch —, daß der schewski, damit einmal klar ist, wie Sozialdemokraten
ungeheuerliche Verdacht besteht, daß damals mit und ich Gewaltenteilung verstehen: Wenn ein Prozeß
Hilfe der Stasi und mit Hilfe Herrn Wienands Rainer unterbrochen ist, weil der Angeklagte verhandlungs-
Barzel nicht zum deutschen Bundeskanzler gewählt unfähig schwer herzkrank im Krankenhaus liegt,
worden ist — mit Hilfe der Stasi! dann können Sie hier nicht sagen: Dieser Prozeß wird
Doch was geschieht? Ihre Parteifreunde halten aus politischen Gründen verzögert. Nehmen Sie das
offensichtlich belastendes Material zurück. Frau See- bitte einmal zur Kenntnis!
bacher-Brandt hat es nicht verdient, beschimpft zu (Beifall bei der SPD)
werden, weil sie das Wissen ihres Mannes an die Der Vorsitzende Richter des Staatsschutzsenates
Öffentlichkeit gebracht hat, daß Wienand den östli- des Oberlandesgerichts Düsseldorf das werden die
chen Geheimdiensten Informationen zukommen Experten bestätigen — ist ein unumstrittener, unbe-
ließ. stechlicher Fachmann in diesen Fragen. Glauben Sie
Vielmehr haben sich diejenigen, die entsprechende doch nicht ernsthaft, daß Sie der Justiz, diesem Mann
Notizen des Exkanzlers Brandt verheimlicht haben, zu und auch Ihrem Ansehen, Herr Marschewski, einen
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Sozialde- Ich finde, das ist ein sehr, sehr durchsichtiger
mokraten, man muß ja auch in diesem Zusammen- Versuch, hier sozusagen im Nebel herumzustochern
hang die Frage stellen: Wie geht eigentlich ein promi- und Menschen am Zeug zu flicken, die sich nicht mehr
nenter Politiker der Sozialdemokraten, der sich immer oder nur noch begrenzt verteidigen können. Es ist der
gerühmt hat, ein enges Vertrauensverhältnis zu Willy durchsichtige Versuch, jemandem etwas anzuhän-
Brandt gehabt zu haben, mit einem Teilvermächtnis gen. Es ist auch geradezu peinlich, daß der Kollege
des verstorbenen Willy Brandts um, wenn er versucht, Marschewski hier rechtliche Fragen stellt, die, wenn
dieses Dokument zu verschleiern und zu vertu- er sie im Examen von sich gegeben hätte, unweiger-
schen? lich dazu geführt hätten, daß er nie Richter hätte
werden können.
(Zuruf von der SPD: Woher wissen Sie denn
das? — Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜ (Beifall bei der SPD)
NEN: Das war doch im Archiv!)
Ich wundere mich, daß Herr Professor Scholz noch so
— Das ist zwar eine Angelegenheit der Sozialdemo- ruhig neben ihm sitzt. Es ist mir unverständlich, wie
kraten; aber Sie sollten einmal darüber nachdenken, man solche Fragen stellen kann und daß sich der
wie Sie eigentlich mit Ihrem verstorbenen Ehrenvor- Justitiar der Unionsfraktion nicht entblödet zu sagen,
sitzenden im nachhinein umgehen, meine Damen und er prüfe die strafrechtliche Verantwortlichkeit der
Herren. Beteiligten. Da kann man nur sagen, Sie arbeiten nach
Das Vertuschen und Verstecken von Johannes Rau der Methode „semper aliquid haeret" und wollen den
— auch das sollte man in diesem Zusammenhang Leuten etwas anhängen, obwohl jeder vernünftige
einmal sagen — paßt im übrigen nahtlos zu seinem Mensch weiß, daß an strafrechtlichen Vorwürfen
rückgratlosen Verhalten gegenüber den früheren gegenüber Rau oder Vogel oder Egon Bahr nichts
Machthabern der Diktatur der DDR. dran ist.
(Dieter Wiefelspütz [SPD]: Ihre Krokodilsträ (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Woher wissen
nen können Sie sich sparen!) Sie das?)
Daß er versucht hat, von der DDR Wahlkampfhilfe zu
— Das kann Ihnen jeder Jurist im vierten Semester
erhalten, und Egon Bahr dafür erklärt hat, man werde
darstellen. Es ist unerhört, daß Sie versuchen, einer
die DDR-Staatsbürgerschaft respektieren, paßt genau
Öffentlichkeit, die nicht aus Strafrechtsexperten
zu diesem rückgratlosen Verhalten.
besteht, unterschwellig unterzujubeln, hier liege ein
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die strafrechtlich relevantes -Verhalten vor. Das hat weder
Witwe von Willy Brandt hat es gestern in ihrem Brief mit parlamentarischer Fairneß noch mit einer anstän-
an Rudolf Scharping so zusammengefaßt — ich digen Zusammenarbeit hier etwas zu tun.
zitiere —: Die SPD von heute ist nicht mehr die
freiheitliche Partei Willy Brandts. Ich will dies hier gar (Beifall bei der SPD)
nicht kommentieren; ich will es nur zitieren. Sie Es gab keine Amtspflicht. Willy Brandt hat Hans
sollten sich selbst Ihre Gedanken darüber machen. Jochen Vogel ein Dokument anvertraut und hat es
Ich finde, es ist höchste Zeit, daß führende Sozial- bewußt nicht etwa der Witwe gegeben; er hat es
demokraten, Egon Bahr, Hans-Jochen Vogel, aber vielmehr ihm anvertraut und hat gesagt: Mach das. —
insbesondere auch Johannes Rau, jetzt sagen, was sie Vogel hat nichts anderes getan als das, worum Willy
gewußt haben. Sie sollten auch erklären, warum sie Brandt ihn gebeten hat.
bisher geschwiegen haben.
Fragen Sie einmal Ihren Bundeskanzler! Die Witwe
Vielen Dank. berühmt sich doch jeden Tag, daß sie den Kanzler
(Beifall bei der CDU/CSU) sozusagen immer ins Bild gesetzt hat. Wenn hier etwas
zu unternehmen gewesen wäre, dann hätte es von
einer ganz anderen Seite geschehen müssen.
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat jetzt (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Was hat denn
der Abgeordnete Stiegler. der Vogel gemacht?)
Nein, Sie wollen in Hessen und in Nordrhein
Ludwig Stiegler (SPD): Frau Präsidentin! Meine Westfalen mit Nebelkerzen werfen; Sie wollen sogar
Damen und Herren! Der Kollege Marschewski hat andere Mittel benutzen. Sie haben kein Interesse an
sich beklagt, die Fragen seien nicht ausreichend der Sache. Der Kollege Funke hat schon deutlich
beantwortet worden. Mich erinnert das ein bißchen an gemacht: Die Sache wird anständig, in einem gericht-
Lichtenberg, der einmal gesagt hat: „Ein Narr kann lichen Verfahren aufgeklärt. Wir sind hier der Bundes-
mehr Fragen stellen, als hundert Weise beantworten tag und kein Tribunal und kein Revolutionsgericht
können. — Es waren zwar nur zwei Weise aus der und auch kein Instrument für Ihre Wahlkampffüh-
Regierung da; rung.
(Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
DIE GRÜNEN]: Drei!) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Ludwig Stiegler
Sie sind auch nicht die selbsternannten Testaments- Friedrich Bohl, Bundesminister für besondere Auf-
vollstrecker von Willy Brandt. gaben: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten
(Beifall bei der SPD) Damen und Herren! Nach dem Verlauf der Debatte
möchte ich für die Bundesregierung zunächst einmal
Vielmehr hat er andere damit betraut. zwei Punkte klarstellen.
(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Uns Sie trei
ben Schindluder damit!) Es handelt sich um ein laufendes Verfahren vor
dem Oberlandesgericht Düsseldorf. In diesem Ver-
Er hat andere damit betraut, mit den ihn berührenden fahren ist Herr Wienand angeklagt. Es ist bekannt,
Vorgängen aus seiner Biographie umzugehen. Das daß nach der Eröffnung des Hauptverfahrens die
war die Situation. Vogel und andere haben sich so Bundesanwaltschaft in den Besitz eines Vermerks von
verhalten, wie es Willy Brandt von ihnen erwartet hat. Willy Brandt gekommen ist, der dem Oberlandesge-
Was Sie hier treiben, ist fast falsche Anschuldigung im richt unmittelbar zur Verfügung gestellt wurde.
strafrechtlichen Sinne.
(Lachen bei der CDU/CSU) Nach unserer Strafprozeßordnung ist es so, daß
dann, wenn das Hauptverfahren schon eröffnet wor-
— Natürlich. Wenn Sie hier gegenüber der Öffentlich- den ist, die Staatsanwaltschaft keine eigenen Ermitt-
keit nach dem Staatsanwalt gegen Rau und andere lungen mehr durchführen kann, es sei denn, durch
rufen, ist das eine falsche Anschuldigung. gerichtliche Entscheidung wird ihr das aufgegeben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Oder gegen
Denn die Kundigen unter Ihnen wissen, daß keine
andere Personen!)
entsprechende Pflicht bestand. Oder geben Sie bitte
alle Ihre Examina zurück. — Oder gegen andere Personen. Jedenfalls: Im Fall
(Beifall bei der SPD) Wienand war das Verhalten der Bundesanwaltschaft
absolut korrekt.
Wir bleiben angesichts dieses wirklich durchsichti-
gen Versuches sehr ruhig und sehr gelassen. Es muß auch klar gesagt werden, daß wegen dieses
(Erwin Marschewski [CDU/CSU]: Das mer- Sachverhalts die Bundesregierung nicht in der Lage
ken wir!) ist, aus den Ermittlungsakten zu zitieren. Es kommt
dabei nicht auf den Wunsch der Bundesregierung an,
— Das ist so wie mit den Tamilen. Ihr letzter Redner
Neuigkeiten zu vermitteln, sondern die Bundesregie-
hat versucht, Johannes Rau mit der Tamilen-Sache in
rung ist an Recht und Gesetz gebunden. Deshalb
Verbindung zu bringen.
konnte und kann die Bundesregierung aus diesen
(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Das stimmt Ermittlungsakten nicht zitieren.
doch auch!)
- [SPD]: Geben Sie das
(Dieter Wiefelspütz
Johannes Rau hat Eppelmann und andere, die wäh-
dem Marschewski schriftlich!)
rend des Wahlkampfes versucht haben, ihn anzu-
schwärzen, mehrfach schriftlich gebeten: Komm, — Herr Duve, hören Sie doch zu.
reden wir öffentlich darüber, was war. — Während des
Wahlkampfes haben sie ihre Behauptungen wieder- Das zweite, was ich sagen möchte, ist, daß die
holt. Nach dem Wahlkampf war kein Gesprächsbe- Fragen, die sich auf die Information des Bundesnach-
darf mehr. Denn dann hatten sie ihre Schweinereien richtendienstes oder des Kanzleramtes durch den
schon erledigt. Bundesnachrichtendienst beziehen, naturgemäß nur
so beantwortet werden konnten, wie es Herr Staats-
(Joachim Hörster [CDU/CSU]: Das war alles
minister Schmidbauer getan hat, weil dieser Sachver-
Gegenstand der Enquete-Kommission!)
halt noch einer Aufklärung bedarf. Die Bundesregie-
So kann man nicht miteinander umgehen. Wir rung ist im Stadium der Aufklärung. Aus Fürsorge-
lassen uns nicht gefallen, wie Sie versuchen, unbe- gründen ist es völlig ausgeschlossen, daß in dieser
scholtene und hochangesehene Politiker ins Zwielicht Frage seitens der Bundesregierung ein vorschnelles
zu bringen. Das wird Ihnen nichts nützen. Ich kann Urteil gefällt wird. Wir werden auch hier ganz korrekt
Ihnen nur mein herzliches Beileid aussprechen, daß vorgehen und dem parlamentarischen Kontrollgre-
Ihre politischen Argumente in NRW und in Hessen so mium und gegebenenfalls dem Hohen Hause unmit-
miserabel sind, daß Sie zu solchen Mitteln greifen telbar darüber berichten.
müssen.
Vielen Dank. Das ist das, was seitens der Bundesregierung kraft
Gesetzes zu veranlassen war und ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten
des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Davon zu trennen ist natürlich eine politische
PDS) Bewertung. Es ist völlig richtig, daß die Unschuldsver-
mutung selbstverständlich auch für Herrn Wienand
gilt. Es ist völlig richtig, daß es nicht Aufgabe der
Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Für die Bundes- Bundesregierung oder auch des Parlaments sein
regierung spricht jetzt Bundesminister Bohl. kann, nun strafrechtliche Urteile zu fällen, über wen
auch immer.
(Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ
NEN]: Die hat doch vorhin schon nichts zu Aber es ist natürlich schon das Recht des Parla-
sagen gehabt!) ments, das ich mir jetzt nicht anmaße, aber auch eine
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
-
Berichtigung
Anlage 1 auch die Erklärung, daß er auf die auf ihn übertragene
Hypothek verzichtet.
Liste der entschuldigten Abgeordneten
Diese Möglichkeit besteht auch in den neuen Bun-
desländern. Nach § 10 des Grundbuchbereinigungs-
Abgeordnete(r) entschuldigt bis
einschließlich gesetzes, das als Teil des Registerverfahrenbeschleu-
nigungsgesetzes am 25. Dezember 1993 in Kraft
Beucher, Friedhelm SPD 25.1.95 getreten ist, kann der Eigentümer dort eine Hypothek
Julius aber auch dadurch zum Erlöschen bringen, daß er
Braun (Auerbach), Rudolf CDU/CSU 25.1.95 einen Ablösebetrag unter Verzicht auf die Rückgabe
Burchardt, Ulla SPD 25.1.95 bei einem Amtsgericht hinterlegt. Der Ablösebetrag
Großmann, Achim SPD 25.1.95 muß dem in Deutsche Mark umgerechneten Nennbe-
Dr. Gysi, Gregor PDS 25.1.95 trag der Hypothek entsprechen, der aber, außer bei
Hilsberg, Stephan SPD 25.1.95 Höchstbetragshypotheken, um ein Drittel zu erhöhen
Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 25.1.95 ist. Diese Möglichkeit besteht für alle Grundschulden
Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 25.1.95 und Hypotheken, die vor dem 1. Juli 1990 begründet
Kanther, Manfred worden sind und deren Nennbetrag umgerechnet
CDU/CSU 25.1.95
10 000 DM nicht übersteigt. Auf die Art der Hypothek
Knoche, Monika BÜNDNIS 25.1.95 kommt es im übrigen ebensowenig an wie auf die
90/DIE Frage, ob ihr Gläubiger bekannt oder unbekannt oder
GRÜNEN ob sie infolge der Tilgung der zugrundeliegenden
Kraus, Rudolf CDU/CSU 25.1.95 Forderung löschungsfähig ist oder nicht. Eine Bewil-
Dr. Leonhard, Elke SPD 25.1.95 ligung des Gläubigers oder eine Zustimmung des
Onur, Leyla SPD 25.1.95 Eigentümers ist für die Löschung der Hypothek im
Dr. Rössel, Uwe-Jens PDS 25.1.95 Grundbuch nicht erforderlich. Sie erlischt vielmehr
Sauer (Stuttgart), Roland CDU/CSU 25.1.95 kraft Gesetzes. Das Grundbuch ist aufgrund des
Scheffler, Siegfried Willy SPD 25.1.95 vorgelegten Hinterlegungsscheins des Amtsgerichts
Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 25.1. 95 lediglich zu berichtigen.
90/DIE
GRÜNEN
Schumann, Ilse SPD 25.1.95
Vergin, Siegfried SPD 25.1.95 Anlage 3
Wallow, Hans SPD 25.1.95
Welt, Jochen SPD 25.1.95 -Antwort
Wolf-Mayer, Margareta BÜNDNIS 25.1.95 der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl
90/DIE auf die Frage des Abgeordneten Dr. Freiherr Wolf-
GRÜNEN gang von Stetten (CDU/CSU) (Drucksache 13/266
Frage 2):
Anlage 2 Angesichts der Tatsache, daß den deutschen Landwirten
unverständlich ist, daß in Deutschland zugelassene Tierarznei-
Antwort mittel und Pflanzenschutzmittel in den anderen EU-Ländern
ohne weiteres zugelassen werden, während in anderen EU
des Parl. Staatssekretärs Rainer Funke auf die Frage Ländern zugelassene Tierarzneimittel und Pflanzenschutzmittel
des Abgeordneten Rolf Schwanitz (SPD) (Drucksache einer weiteren „deutschen Prüfung" bedürfen, frage ich die
13/266 Frage 1): Bundesregierung, ob ihr Erkenntnisse vorliegen, ob diese Wett-
bewerbsverzerrungen zugunsten der „deutschen chemischen
Welche Verfahrensweise ergibt sich in den neuen Bundeslän- Industrie" bewußt aufgebaut werden und/oder ob es eine
dern nach dem Registerverfahrensbeschleunigungsgesetz zur „hausinterne Schikane" für deutsche Landwirte ist?
Befriedigung von Gläubigeransprüchen wegen der Bestellung
einer Hypothek aus der Zeit vor 1949, wenn die Gläubiger bzw.
deren Erben bekannt sind, und inwieweit unterscheidet sich Die Harmonisierung des Arzneimittelrechts in der
diese Befriedigung von den allgemeinen diesbezüglichen Rege-
lungen im Bürgerlichen Gesetzbuch?
EU ist derzeit noch nicht so weit vorangeschritten, daß
jede Zulassung für ein Arzneimittel, die in einem
Wird die durch eine Hypothek an dem Grundstück Mitgliedstaat (MS) ausgesprochen wird, automatisch
abgesicherte Forderung erfüllt, so geht nach § 1163 für alle anderen MS gilt. Dieses gilt nicht nur für die
Abs. 1 Satz 2 BGB die Hypothek auf den Eigentümer Verfahrensweise in Deutschland, sondern auch für
über. Sie wandelt sich in eine Eigentümergrundschuld andere MS und entspricht dem Gemeinschaftsrecht.
(§ 1177 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Eigentümer kann Da die wissenschaftliche Bewertung der Qualität,
sodann das Grundbuch berichtigen oder die Grund- der Wirksamkeit und insbesondere der Unbedenk-
schuld nach § 875 BGB durch Erklärung gegenüber lichkeit (u. a. Wartezeitenregelung) von Arzneimit-
dem Grundbuchamt löschen lassen. In der Mehrzahl teln in den Mitgliedstaaten nicht immer einheitlich
der Fälle wird nach Tilgung der hypothekarisch gesi- erfolgt, muß diese Verfahrensweise derzeit noch hin-
cherten Forderung von seiten des Gläubigers die genommen werden. Sie stellt weder eine Schikane für
Löschung der Hypothek bewilligt, die eingetragen deutsche Landwirte noch eine Wettbewerbsverzer-
wird, wenn der Eigentümer in öffentlich-beglaubigter rung zugunsten der deutschen chemischen Industrie
Form zustimmt. Dann beinhaltet seine Zustimmung dar.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
In § 25 Abs. 5a des Arzneimittelgesetzes ist jedoch Zulassung von Pflanzenschutzmitteln unter Wahrung
geregelt, wie bei Arzneimitteln, die in einem anderen eines einheitlichen Schutzniveaus ausgeglichen wer-
Mitgliedstaat der EU zugelassen sind, die Zulassung den.
auf Grundlage der Zulassung der anderen Mitglied- Bei den Verhandlungen konnte von deutscher Seite
staaten zu erteilen ist. Die verfügbaren Daten sind von durchgesetzt werden, daß
dem Antragsteller, der in Deutschland die Zulassung
beantragt, beizubringen und werden dann der Ent- — die Zulassungsbedingungen denjenigen des deut-
scheidung der Zulassungsbehörde zugrunde gelegt. schen Pflanzenschutzgesetzes weitestgehend ent-
Weicht das Ergebnis der Prüfung der deutschen sprechen,
Behörde vom Ergebnis der erstzulassenden Behörde — Art und Inhalt der durch die antragstellenden
ab, so ist der Tierarzneimittelausschuß der EU zu Firmen vorzulegenden Unterlagen gegenüber den
befassen, in dem die unterschiedlichen Beurteilungs- in der Bundesrepublik Deutschland seit 1986 ein-
ergebnisse erörtert werden. Das Votum des Ausschus- geführten Anforderungen nicht erhöht wurden,
ses für Tierarzneimittel (CVMP) war bislang nur für
— durch die Verpflichtung der gegenseitigen Aner-
Verfahren nach der Richtlinie 87/22/EWG (Konzer-
kennung von bereits in anderen Mitgliedstaaten
tiertes Verfahren) bindend. Allerdings wurden auch
zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in einem ein-
alle im Rahmen von Verfahren nach der Richtlinie
fachen Verfahren für deutsche Produzenten ein
81/851/EWG (Mehrstaatenverfahren) zur Zulassung
erleichterter Zugang zu Pflanzenschutzmitteln
beantragten Tierarzneimittel dem Gutachten des Aus-
verankert wurde (Artikel 10 der Richtlinie),
schusses für Tierarzneimittel folgend, vom Bundesge-
sundheitsamt bzw. jetzt Bundesinstitut für gesund- — eine spezielle Regelung eingeführt wurde, um dem
heitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin aus landwirtschaftlicher Sicht drängenden Pro-
(BgVV) in Deutschland zugelassen. blem der Lückenindikation entgegenzutreten (Ar-
Mit Wirkung vom 1. 1. 1995 wird es weitere Fort- tikel 9 der Richtlinie).
schritte bei der Harmonisierung der Zulassungsmoda- In Deutschland ist zur Umsetzung dieser Richtlinie
litäten für die Zulassung von Arzneimitteln durch das die Änderung des Pflanzenschutzgesetzes von 1986
Inkrafttreten der VO EWG 2309/93 und einer Ände- erforderlich. Ein Entwurf für ein Erstes Gesetz zur
rung der Tierarzneimittel-Richtlinie durch die Richtli- Änderung des Pflanzenschutzgesetzes liegt inzwi-
nie 93/40/EWG geben. Mit der Errichtung der Agen- schen vor.
tur für die Beurteilung von Arzneimitteln in London Aus den obigen Ausführungen geht hervor, daß in
werden nun alle Arzneimittel, die auf biotechnologi- der Bundesrepublik Deutschland zugelassene Pflan-
schem Wege hergestellt werden und solche, die über- zenschutzmittel in anderen EU-Ländern nicht ohne
wiegend zum Zwecke der Leistungssteigerung bei weiteres zugelassen wurden und künftig auch nicht
Tieren eingesetzt werden, in einem zentralisierten werden. Mit der bisherigen Praxis der Zulassung von
Verfahren für alle Mitgliedstaaten einheitlich zuge- Pflanzenschutzmitteln-wurde in der Bundesrepublik
lassen werden. Darüber hinaus wurden die Modalitä- Deutschland ein hohes Schutzniveau für den Anwen-
ten für ein dezentrales Zulassungsverfahren für Arz- der und Verbraucher erreicht. Zur Wahrung dieses
neimittel weiterentwickelt, bei dem die Zulassung hohen Schutzniveaus wurden in der Vergangenheit in
durch Anerkennung der jeweiligen nationalen Zulas- der Bundesrepublik Deutschland eine Vielzahl von
sungsentscheidungen erfolgen soll, und das somit Stoffen und Pflanzenschutzmitteln restriktiv gehand-
auch die gemeinschaftsweite Zulassung von Arznei- habt. Diese Praxis führte zu einer unterschiedlichen
mitteln zum Ziel hat. Hierzu ist auf Gemeinschafts- Verfügbarkeit von bestimmten Pflanzenschutzmitteln
ebene ein verbindliches Schiedsverfahren vorgese- in der EU für die Landwirtschaft. Ob damit im Einzel-
hen. fall Wettbewerbsverzerrungen verbunden sein kön-
Diese Verfahren sollen eine wesentliche Straffung nen, kann derzeit nicht beurteilt werden.
der Zulassungsverfahren in der EU zur Folge
haben.
Im Bereich der Zulassung von Pflanzenschutzmit-
teln wurde mit der Richtlinie des Rates vom 15. Juli Anlage 4
1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutz-
mitteln (91/414/EWG) das Inverkehrbringen und die Antwort
Anwendung dieser Mittel EU-weit harmonisiert. des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die
Diese Regelungen sehen vor, daß Pflanzenschutzmit- Frage des Abgeordneten Simon Wittmann (Tännes-
tel in der EU auf der Ebene der Mitgliedstaaten durch berg) (CDU/CSU) (Drucksache 13/266 Frage 26):
die jeweiligen pflanzenschutzrechtlichen Regelungen
Wie begründet die Bundesregierung die Tatsache, daß die
zugelassen werden, während künftig Wirkstoffe, die Zollbeamten im Grenzdienst, die seit der Laufbahntrennung im
in Pflanzenschutzmitteln vorhanden sind, auf EU Jahr 1974 normalerweise ihr ganzes Berufsleben Schichtdienst
Ebene zugelassen werden. Diese zweigeteilte Rege- leisten müssen, weder bezüglich des Pensionsalters noch bezüg-
lung wird die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln lich des Eingangsamtes mit dem Bundesgrenzschutz gleichge-
stellt werden?
insgesamt EU-weit erleichtern, weil die Mitgliedstaa-
ten nur noch dann berechtigt sind, Pflanzenschutzmit- Für die Beamten der Zollverwaltung gilt die Alters-
tel nicht zuzulassen, wenn besondere Gründe, wie grenze des § 41 Abs. 1 Bundesbeamtengesetz. Sie
z. B. nationale Besonderheiten der Grundwasserver- treten — unabhängig davon, ob sie Schichtdienst
hältnisse oder der Trinkwassergewinnung sowie spe- leisten oder nicht — mit Vollendung des 65. Lebens-
zifische Indikationen usw. angeführt werden können. jahrs in den Ruhestand. Die abgesenkte Altersgrenze
Die genannte EU-Richtlinie läßt somit erwarten, daß für die Vollzugsbeamten des Bundesgrenzschutzes
bisher bestehende Differenzen in der EU bei der rechtfertigt sich aus dessen polizeieigentümlichen
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Aufgaben. Anders als die Vollzugsbeamten im Bun- so zu ergänzen, daß auch die Veräußerung denkmalgeschützter
desgrenzschutz sind die Zollbeamten meist nur in Bausubstanz mit entsprechenden Preisnachlässen möglich ist,
zum Beispiel bei der Veräußerung erhaltenswerter Baudenkmä-
bestimmten Zeitabschnitten ihres Berufslebens den ler auf bisher militärisch genutzten Grundstücken?
erhöhten Anforderungen des Schichtdienstes ausge-
setzt. Für sie gibt es generell die Möglichkeit, in Die Bundesregierung kommt mit ihrem derzeitigen
Bereiche mit regelmäßiger Dienstzeit zu wechseln. Verbilligungsprogramm Ihrem vorgetragenen Anlie-
Die Bundesregierung beabsichtigt daher nicht, die gen bereits weitgehend entgegen:
Zollverwaltung in den klassischen Bereich für die So werden militärische Objekte von den Investoren
abgesenkte Altersgrenze einzubeziehen, wie Polizei-
häufig solchen Verwendungszwecken zugeführt, die
und Justizvollzugsdienst oder Berufsfeuerwehr.
einen Preisnachlaß zulassen, so daß insoweit auch
Eine Anhebung des Eingangsamtes für den mittle- denkmalgeschützte Bereiche erfaßt werden. Daneben
ren Zolldienst plant die Bundesregierung derzeit wirkt sich in aller Regel die Denkmaleigenschaft eines
nicht. Aufgaben, die mit denen des Bundesgrenz- Objektes bereits wegen des zu erwartenden höheren
schutzes vergleichbar sind, nimmt der Zoll nur in Bauunterhaltungsaufwandes preismindernd aus. Au-
Teilbereichen wahr — etwa im Grenzaufsichtsdienst. ßerdem werden in den neuen Bundesländern Schlös-
Es wäre weder dienstrechtlich noch personalwirt- ser, Burgen, sakrale Liegenschaften sowie alle Bau-
schaftlich vertretbar und entspräche auch nicht dem ten, die kulturellen Zwecken dienen, unentgeltlich
Gebot der Einheitlichkeit der Zollverwaltung, wenn abgegeben.
für die verschiedenen Teilbereiche des mittleren Zoll-
dienstes unterschiedliche Eingangsämter gelten wür- Im übrigen hat der Haushaltsausschuß entschieden,
den. die Verbilligungssätze — mit wenigen Ausnahmen,
insbesondere auf dem Gebiet der Wohnungsbauför-
derung — ab 1995 schrittweise abzubauen. Hieran
fühlt sich die Bundesregierung gebunden. Vor diesem
Anlage 5 Hintergrund ist eine Erweiterung der Verbilligungs-
Antwort tatbestände um „denkmalgeschützte Bausubstanz"
nicht angezeigt.
des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die
Fragen des Abgeordneten Friedrich Merz (CDU/
CSU) (Drucksache 13/266 Fragen 31 und 32):
Anlage 7
Wie hoch ist nach Einschätzung der Bundesregierung der
Entschädigungsanspruch der Stadt Arnsberg nach § 3 f des Antwort
zwischen der Stadt Arnsberg und dem Deutschen Reich im Jahr
1934 geschlossenen Garnisonsvertrages betreffend eine 8 ha des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die
große Fläche der früheren Jägerkaserne für den Fall, daß der Frage des Abgeordneten Wolfgang Schulhoff (CDU/
Bund diese Fläche nicht an die Stadt Arnsberg herausgibt? CSU) (Drucksache 13/266 Frage 34):
Ist der Bund bereit, die genaue Wertermittlung einem unab- Wie steht die Bundesregierung zu der Überlegung des deut-
hängigen Sachverständigen zu übertragen? schen Mitglieds am Europäischen Rechnungshof, Dr. Bernhard
Friedmann, bis zur Umsetzung einer grundlegenden EU-Finanz-
Zu Frage 31: reform einen Beitragsrabatt für Deutschland auf der Grundlage
von Artikel 3 des Eigenmittelbeschlusses von 1985 zu fördern,
Ansprüche gegen das Deutsche Reich werden vor dem Hintergrund der Antwort der Bundesregierung auf
abschließend im Allgemeinen Kriegsfolgengesetz meine Fragen 18 und 19 in Drucksache 13/104, in der sie
vom 5. November 1957 geregelt. Nach § 1 Abs. 1 bestätigt hat, daß es „nicht einer fairen Lastenverteilung"
dieses Gesetzes ist der Zahlungsanspruch gemäß § 3 f entspricht, „wenn Deutschland rd. zwei Drittel der Nettolasten
der Gemeinschaft trägt"?
des Garnisonsvertrages zwischen dem Deutschen
Reich und der Stadt Arnsberg vom 30. Juni 1934
Der Europäische Rat vom Dezember 1992 in Edin-
erloschen. Ein Entschädigungsanspruch besteht somit
nicht. burgh hat für einen mittelfristigen Zeitraum bis 1999
die finanziellen Rahmenbedingungen einschließlich
Daß auch kein Anspruch auf unentgeltliche Rück- der Finanzausstattungen und der Beitragsstruktur
gabe des Kasernengeländes besteht, habe ich Ihnen in beschlossen. Die Bundesregierung hat nicht die
meiner schriftlichen Antwort zu Ihrer Frage Nr. 41 aus Absicht, diese Beschlüsse in Frage zu stellen.
Drucksache 13/213 bereits dargelegt.
Die Bundesregierung hat zu ihrem Vorgehen mit
Zu Frage 32: dem Ziel einer fairen Lastenverteilung bereits in der
Antwort zu Ihren schriftlichen Fragen für den Monat
Wie zu Frage 31 dargestellt, besteht kein Entschä- November 1994 Stellung genommen. Sie setzt sich
digungsanspruch, der durch einen unabhängigen schon jetzt für eine strikte Haushaltsdisziplin auch auf
Sachverständigen festzustellen wäre. Gemeinschaftsebene, eine konsequente Beachtung
des Subsidiaritätsprinzips und damit für eine Eingren-
zung unserer Bruttoleistungen ein. Auch eine Verbes-
Anlage 6 serung der Rückflußsituation wird — wo immer mög-
lich — angestrebt. Im Zusammenhang mit der für 1999
Antwort vorgesehenen Überprüfung der Gemeinschaftsfinan-
des Parl. Staatssekretärs Dr. Kurt Faltlhauser auf die zen wird die Bundesregierung, auch mit Blick auf
Frage des Abgeordneten Peter Conradi (SPD) (Druck- mögliche Beitritte von mittel- und osteuropäischen
sache 13/266 Frage 33): Staaten, auf eine grundsätzliche Neuordnung der
Ist die Bundesregierung bereit, die Kriterienliste für die Einnahmen und Ausgaben in den Europäischen
verbilligte Abgabe bundeseigener Grundstücke (§ 63 III 2 BHO) Gemeinschaften drängen.
Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 14. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 25. Januar 1995
Anlage 8 Anlage 10
Antwort Antwort
des Parl. Staatssekretärs Dr. Norbert Lammert auf die des Parl. Staatssekretärs Dr. Norbert Lammert auf die
Frage des Abgeordneten Reiner Krziskewitz (CDU/ Frage des Abgeordneten Norbert Gansel (SPD)
CSU) (Drucksache 13/266 Frage 35): (Drucksache 13/266 Frage 37):
Wie beurteilt die Bundesregierung den Nutzen einer Reise- Hat die Telemit Electronic GmbH während des irakisch
insolvenzversicherung für Pauschalreisen im Falle von gemein- iranischen Krieges Genehmigungen nach dem Kriegswaffen
nützigen und caritativen Jugendreisen und die Möglichkeit kontroll- oder Außenwirtschaftsgesetz für Exporte in den Iran
einer Senkung bzw. eines Wegfalls der Versicherungskosten für oder in den Irak erhalten?
die betreffenden Jugendgruppen im Rahmen des geltenden
Rechts gemäß der entsprechenden EU-Richtlinie? Die Bundesregierung hat während des irakisch
iranischen Krieges generell keine Genehmigungen
Die mit dem Gesetz zur Durchführung der EU- nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz für Ausfuhren
Pauschalreise-Richtlinie eingeführte Pflicht zur Kun- nach Irak oder Iran erteilt. Einige Anträge für die
dengeldabsicherung für den Fall des Konkurses oder Ausfuhr von sogenannten sonstigen Rüstungsgütern
der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters dient (insbesondere Nachrichtentechnik) und dual-use Wa-
dem Schutz des Reisenden, der den Reisepreis im ren wurden in den Jahren 1985-1988 für Irak und Iran
voraus zu entrichten hat. genehmigt. Ob der Firma Telemit zu einem früheren
Die Insolvenzversicherungspflicht trifft grundsätz- Zeitpunkt weitere Ausfuhrgenehmigungsanträge für
lich jeden Reiseveranstalter, sofern es sich dabei nicht Iran oder Irak erteilt wurden, läßt sich nicht ohne
um eine juristische Person des öffentlichen Rechts weiteres mehr feststellen, da die entsprechenden
handelt. Sie entfällt außerdem für Reiseveranstalter, Vorgänge im Bundesausfuhramt nur für einen Zeit-
die nur gelegentlich und außerhalb ihrer gewerbli- raum von 10 Jahren gespeichert werden. Mehrere
chen Tätigkeit Reisen veranstalten. Anfang der 90er Jahre gestellte Ausfuhrgenehmi-
Eine weitergehende Ausnahme zugunsten von gungsanträge für Iran wurden abgelehnt.
gemeinnützigen und caritativen Reisen bzw. von
Reiseveranstaltern, die derartige Reisen veranstalten,
wäre mit den Regelungen der EU-Richtlinie nicht
Anlage 11
vereinbar. Nach Auffassung der Bundesregierung ist
auch bei diesen Reisen im Hinblick auf bestehende Antwort
Risiken eine Absicherung erforderlich und zur Ver-
meidung von Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des Parl. Staatssekretärs Dr. Norbert Lammert auf die
der gewerblichen Reiseveranstalter auch geboten. Fragen des Abgeordneten Manfred Such (BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN) (Drucksache 13/266 Fragen 40
und 41):
Anlage 9 Welche deutsche Herstellerfirma hat nach Kenntnis der Bun-
desregierung die 8 000 Elektroschock-Schlagstöcke produziert
Antwort und exportiert, welche- nach einem kürzlichen Bericht des
des Parl. Staatssekretärs Dr. Norbert Lammert auf die Britischen Fernsehens durch ein dortiges Unternehmen 1989 an
Frage des Abgeordneten Dr. Olaf Feldmann (F.D.P.) die saudiarabische Geheimpolizei zu Folterzwecken weiterge-
liefert wurden, und mit welcher Deklaration hatte das deutsche
(Drucksache 13/266 Frage 36): Unternehmen die für dieses Geschäft etwa erforderliche Aus-
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den Bundesrat fuhrgenehmigung erhalten?
dazu zu bewegen, sich umgehend der längst überfälligen Welche weiteren Fälle des Exports derartiger Ausrüstungsge-
Anpassung der Honorare für Architekten und Ingenieure, die in genstände oder sonstiger technischer Artikel für Sicherheitsbe-
der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure festgelegt hörden durch deutsche Unternehmen sind der Bundesregierung
sind, anzunehmen? bekannt, und unter welchen genaueren Umständen sind derar-
Zuallererst möchte ich klarstellen, daß es jetzt in der tige Lieferungen möglicherweise auch in Verantwortung der
alleinigen Verantwortung des Bundesrates liegt, über Bundesregierung erfolgt, nämlich im Rahmen der sogenannten
die von der Bundesregierung vorgelegte 5. HOAI Polizei- oder Ausstattungshilfe?
Novelle zu entscheiden. Zu Frage 40:
Der Entwurf der Bundesregierung, der unter Betei- Die Bundesregierung hat keine Kenntnis über einen
ligung der Länder und Verbände erstellt wurde, ist im deutschen Hersteller und Expo rteur, der nach dem
März dem Bundesrat zugeleitet worden. Im Septem- von Ihnen erwähnten kürzlichen Bericht des Briti-
ber hatten die Bundesratsausschüsse die fachliche schen Fernsehens 8 000 Elektroschock-Schlagstöcke
Prüfung der Novelle, die die Bundesregierung durch nach England geliefert haben soll.
zwei ausführliche zusätzliche Stellungnahmen unter- Diese Geräte werden nicht von der Ausfuhrliste,
stützt hat, abgeschlossen und mehrheitlich eine Kom- Anlage zur Außenwirtschaftsverordnung, erfaßt. Eine
promißregelung bezüglich der vorgesehenen Hono- Ausfuhrgenehmigung ist demgemäß nicht erforder-
raranpassung empfohlen. Sogar der Innenausschuß, lich.
der die kommunalen Interessen vertritt, schloß sich
diesem Votum an, während der Finanzausschuß seine
insgesamt ablehnende Haltung aufrechterhielt. Trotz Zu Frage 41:
dieses sehr fortgeschrittenen Beratungsstandes ist Die Bundesregierung hat, wie bereits erläutert,
eine Mehrheit von SPD-Ländern aus politischen keine Kenntnisse über Exporte solcher Schlag-
Gründen bislang nicht bereit, eine Entscheidung zu stöcke.
treffen. Angaben über Ausfuhren sonstiger technischer
Im Rahmen ihrer Möglichkeiten wird die Bundesre- Artikel für Sicherheitsbehörden sind nur möglich,
gierung jedoch — wie bisher — Gelegenheiten nut- wenn die Artikel näher bezeichnet werden, wie z. B.
zen, die Novelle politisch und fachlich zu flankieren. Schutzwesten, Fahrzeuge u. ä.