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38. Sitzung
Inhalt:
Abg. Leukert tritt in den Bundestag ein . . 1587 A Frage des Abg. Baier (Mosbach) :
Rationalisierungsmaßnahmen der Bun-
Fragestunde (Drucksachen IV/510, IV/537) desbahn
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1590 D,
Fragen der Abg. Börner und Frau 1591 B
Dr. Diemer-Nicolaus:
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) . . 1591 A
Parkkontrollscheibe
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 1587 B,
Frage des Abg. Stingl:
1588 A, B
Kennzeichnung der Bahnhöfe
Börner (SPD) 1587 B, 1588 A
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 1591 B, D
Frage des Abg. Bading: Stingl (CDU/CSU) 1591 C
Reklamen bei der Hamburger Vorort-
bahn Frage des Abg. Junghans:
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . Preise für Betonleitplanken
1588 B, C, D
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister
Bading (SPD) 1588 C, D 1592 A, B, C, D, 1593 A, B, C, D 1594 A
Junghans (SPD) 1592 B, C
Frage des Abg. Dröscher:
Börner (SPD) 1592 C, D
Überholfahrspur bei Bundesstraßen
Höhmann (Hessisch-Lichtenau) (SPD) 1593 A
Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . . 1589 A
Lemmrich (CDU/CSU) . . . . . . 1593 C
Frage der Abg. Frau Dr. Hubert: Dr. Bleiß (SPD) 1593 D
Winterfahrplan der E 529 . . . . . 1589 B Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 1593 D
38. Sitzung
Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage. Bading ,(SPD) : Herr Minister, wenn Sie auf dem
Standpunkt stehen, daß hier ein Mißbrauch der Re-
Börner (SPD) : Darf ich dann noch fragen, worauf klame stattgefunden hat, ist es dann notwendig,
sich Ihre Argumente stützen, daß die Kontrollmög- die gesetzliche Grundlage zu ändern, so daß Sie
lichkeiten bei Parkscheiben bedeutend schwieriger gegen solche Mißbräuche eingreifen könnten?
sind als bei Parkuhren? Ist es nur das Argument der
Städte, die sich schon vor Jahren für die Parkuhr
entschieden haben und die, wie z. B. die Stadt Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
Frankfurt, sehr problematische Verkehrsverhältnisse Herr Kollege, dann müßte das Bundesbahngesetz
in der Innenstadt haben, oder ist es die überwie- geändert und es müßte dem Bundesminister für
gende Meinung auch der Städte, die diese Parkraum- Verkehr das Recht gegeben werden, Einzelweisun-
not in der Innenstadt noch nicht haben? gen an die Verwaltung der Bundesbahn zu erteilen.
Das ist jetzt durch das Gesetz ausgeschlossen, und
das ist auch mit einem gewissen guten Grund aus-
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: geschlossen, um eben nicht eine ständige Beunruhi-
Herr Kollege Börner, es ist nicht die überwiegende gung in den Maßnahmen der Bundesbahn durch
Meinung der Städte — mit denen können wir ja Einzelweisungen herbeizuführen, die von der Re-
darüber nicht sprechen —, sondern es ist die über- gierung an die Bundesbahn herangetragen werden.
wiegende Meinung der Polizeibehörden und der
Verkehrsbehörden der Länder, die ja für den Erlaß
irgendwelcher Anordnungen in dieser Hinsicht auch Bading (SPD: Es entsteht doch hier die Frage —
den Städten gegenüber die Verantwortung tragen und dazu hätte ich gern Ihre Meinung gehört —:
in Ausführung unserer Verordnungen. Ich muß mich Welche Beunruhigung ist nun wichtiger, die Be-
ja danach richten, was mir die Ländervertreter unruhigung wegen des finanziellen Ertrages der
sagen, die ihrerseits die Verpflichtung haben, sich Bundesbahn oder die Beunruhigung durch unästhe-
mit ihren Städten abzustimmen. tische und das Landschaftsbild verunstaltende Re-
klame?
Vizepräsident Schoettle: Bine Zusatzfrage?
Offenkundig nicht. Damit ist auch die Frage XI/7
der Frau Abgeordneten Dr. Diemer-Nicolaus er- Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
Ich darf darauf antworten, daß ich eine solche Re-
ledigt.
klame, wie ich Ihnen gesagt habe, auch nicht schätze
Frage XI/3 — des Abgeordneten Bading —: und daß ich die Bundesbahn darauf aufmerksam ge-
Billigt es der Herr Bundesverkehrminister, daß die Deutsche macht habe und weiterhin darauf aufmerksam ma-
Eisenbahnreklame-Gesellschaft neuerdings an den Seiten der
Wagen der Hamburger Vorortbahn großflächige Reklamen, ins- chen werde. Die Frage aber, ob diese Reklame zu-
besondere zur Steigerung des Konsums von Schnaps, angebracht mutbar ist, muß z. B. in Hamburg durch die städti-
hat?
schen Behörden auf Grund des dort bestehenden
Gesetzes entschieden werden; sie kann nicht von
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
uns entschieden werden. Ich habe also nicht die
Ich bin seit jeher der - Auffassung, Herr Kollege, daß
Möglichkeit, in dieser Hinsicht meinen Geschmack
man im Verkehrswesen auf dem Gebiet der Außen-
zum Tragen zu bringen.
werbung größte Zurückhaltung üben sollte. Daher
halte ich es auch nicht für glücklich, daß an den (Abg. Bading: Bedauerlich!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1589
Vizepräsident Schoettle: Frage XI/4 — des Die genannten Vorschriften bieten eine ausrei-
Herrn Abgeordneten Dröscher —: chende Handhabe, um der Verunreinigung der Luft
Warum werden auf neuen, ausreichend breiten Teilstrecken durch Abgase von Kraftfahrzeugmotoren im Straßen-
von Bundesstraßen nur zwei Fahrbahnen und nicht zusätzlich verkehr entgegenzuwirken, soweit wirksame Mittel
eine mittlere Überholfahrbahn abgezeichnet?
und Einrichtungen dafür zur Verfügung stehen.
Bitte, Herr Bundesverkehrsminister. Allerdings ist diese Voraussetzung trotz intensiver
Bemühungen der Wissenschaft und der Technik des
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
- In- und Auslandes und hier insbesondere der Ver-
Herr Kollege, Bundesstraßen mit drei Fahrspuren einigten Staaten von Amerika noch nicht erfüllt.
sind nur in Ausnahmefällen bei uns angelegt wor- Zwar werden Einrichtungen solcher Art von Erfin-
den. Sie werden nicht für ausreichend verkehrs- dern angeboten oder befinden sich in der Entwick-
sicher gehalten; denn auf der mittleren Fahrspur, der lung, aber eine befriedigende Lösung des Problems
sogenannten Überholspur, die in beiden Richtungen konnte bisher noch nicht gefunden werden, so daß
benutzt werden kann, muß nach unseren und aus- eine Einführung oder gar eine zwangsweise Einfüh-
ländischen Erfahrungen mit schweren Unfällen ge- rung bestimmter Möglichkeiten nicht geboten er-
rechnet werden. Zweispurig angelegte Straßen las- scheint.
sen sich nicht in drei Fahrspuren einteilen, weil
dann im günstigten Falle für jede der drei Fahr- Zu Ihrem Hinweis auf den möglichen Einbau von
spuren bei einer Gesamtbreite von 7,50 m nur eine Nachbrenngeräten darf ich bemerken, daß sich unter
Breite von 2,50 m zur Verfügung steht. Dies reicht den in der Entwicklung und Erprobung befindlichen
für eine gefahrlose Abwicklung des Verkehrs bei Einrichtungen auch solche Nachbrenngeräte befin-
der Breite einer Anzahl von Fahrzeugen nicht aus. den. Aber ein Nachbrenngerät, das die zu stellen-
den Forderungen in befriedigender Weise zu erfül-
In Italien, Frankreich und Belgien, wo ein durch len vermag, ist bisher nicht bekannt geworden. Dies
Leitlinien geregelter Überholungsverkehr auf sol- liegt vor allem daran, daß seine Funktionsbedingun-
chen Straßen mit drei Fahrspuren eingeführt wurde, gen den stark wechselnden Betriebsverhältnissen
ist man auf Grund der bisherigen Erfahrungen heute der Kraftfahrzeuge bisher nicht ausreichend ange-
der Meinung, daß dieser Straßentyp wegen seiner paßt werden konnten.
Gefahren nicht weiter angewendet werden soll. Auch
in den Vereinigten Staaten wird diese Auffassung Die im interparlamentarischen Auftrag gebildete
vertreten, da die Unfallzahl, bezogen auf il Millionen Kommission „Reinhaltung der Luft" beim Verein
Fahrzeugmeilen, bei dreispurigen Straßen um etwa Deutscher Ingenieure hat es unternommen, unter
30 % größer ist als bei zweispurigen Straßen. Beteiligung der Wissenschaft, der Industrie, der Or-
ganisationen der technischen Überwachung und der
Vizepräsident Schoettle: Keine Zusatzfrage. Behörden Richtlinien zu erarbeiten, die einen Maß-
stab für die Beurteilung bilden sollen, was nach dem
Frage XI/5 — der Frau Abgeordneten Dr. Hubert Stand der Technik gemäß der Straßenverkehrs-Zu-
lassungs-Ordnung als unvermeidbare Verunreini-
Ist die Bundesregierung bereit dafür zu sorgen, daß im
Winterfahrplan der E 529 wieder um 12.25 Uhr in Holzminden gung der Luft durch Kraftfahrzeugabgase zu bezeich-
abfährt, damit die Schüler des Gymnasiums, deren Eltern ihren nen ist. Eine solche VDI-Richtlinie über die Rauch-
Wohnsitz in der Umgebung haben, diesen Zug noch zur Heim-
fahrt benutzen können und nicht über eine Stunde warten müs- entwicklung von Dieselfahrzeugen ist Ende des ver-
sen? gangenen Jahres veröffentlicht worden. Eine zweite
Ist die Fragestellerin hier? — Übernimmt jemand Richtlinie für die Begrenzung der Kohlenoxyd
die Frage? — Dann wird sie schriftlich beantwortet. mengen im Abgas von Otto-Motoren ist in Vorbe-
Frage XI/6 — des Herrn Abgeordneten Dr. Bechert reitung.
Über die Luftverunreinigung durch Kraftfahrzeug-
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um die gesund-
heitsgefährdende Verschmutzung der Luft durch die Abgase von abgase werden laufend, auch mit Unterstützung des
Kraftwagen einzudammen, etwa durch die Vorschrift des Ein-
baues von Nachbrenngeräten? Bundesverkehrsministeriums, umfangreiche wissen-
schaftliche Untersuchungen durchgeführt. Ich darf
Bitte, Herr Minister.
insbesondere auf die Untersuchungen verweisen, die
Herr Professor Horst Luther, Leiter des Instituts für
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
- Chemische Technologie und Brennstofftechnik an
Herr Kollege, die Bundesregierung hat auf Grund der Bergakademie in Clausthal ausführt und über
von § 6 des Straßenverkehrsgesetzes einschlägige die in der heutigen Ausgabe der „Welt" berichtet
Vorschriften zu diesem Problem in der Straßenver- wird.
kehrs-Zulassungs-Ordnung erlassen. Nach § 30 die-
ser Verordnung müssen die Fahrzeuge so gebaut Diese Untersuchungen von Professor Luther sind
und ausgerüstet sein, daß ihr verkehrsüblicher Be- von uns angeregt und werden von uns finanziert.
trieb niemanden schädigt oder mehr als unvermeid- Der Versuch einer zusammenfassenden Darstellung-
bar gefährdet, behindert oder belästigt. § 47 der nach den heutigen Erkenntnissen zu dem Problem
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in der Fas- ist in den Heften 128 und 138 der Schriftenreihe
sung der Änderungsverordnung vom 7. Juli 1960 „Deutsche Kraftfahrtforschung und Straßenverkehrs-
verlangt eine Beschaffenheit der Kraftfahrzeuge, bei technik" im VDI-Verlag unternommen worden. Auf
der die Verunreinigung der Luft durch Abgase das der Grundlage von über 430 Berichten des In- und
nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeid- Auslandes haben sich bisher leider keine Verfahren
bare Maß nicht überschreitet. nachweisen lassen, die eine technisch und wirtschaft-
1590 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
fügung zu stellen, oder tut sie das bereits? Inter- Es handelt sich hier zunächst um eine rein tech-
nationale Kongresse haben immer wieder darauf nische Untersuchung, die selbstverständlich, seitdem
hingewiesen, daß die erschreckende Zunahme des das Bundesgesundheitsministerium besteht, im Hin-
Lungenkrebses mindestens zum Teil wahrscheinlich blick auf ihre Auswirkungen mit dem Bundesge-
auf die Zunahme der Luftverschmutzung durch sundheitsministerium gemeinsam geführt wird.
Kraftwagenabgase zurückzuführen ist. Aber die technischen Voraussetzungen, Herr Kol-
lege Wittrock, können nicht von Ärzten, sondern
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
-
nur von Ingenieuren geschaffen werden.
Herr Kollege, ob das letztere zutrifft, ist umstritten.
Es gibt da verschiedene Meinungen. Ganz unabhän- Vizepräsident Schoettle: Ich rufe auf die Fra-
gig davon sind wir aber seit Jahren bemüht, mit gen aus dem Geschäftsbereich des Herrn Bundes-
Haushaltsmitteln, die für die Forschung zur Ver- ministers für Verkehr, Drucksache IV/537, zunächst
fügung stehen, die Klärung dieser Frage voranzu- die Frage VI/2 — des Herrn Abgeordneten Baier
treiben. Ich sagte Ihnen schon, daß das Institut von Mosbach) —:
Professor Horst Luther in Clausthal von uns seit Wird die Bundesregierung bei der Deutschen Bundesbahn
Jahren einen solchen Auftrag hat, der laufend ver- darauf hinwirken, daß diese bei ihren Rationalisierungsmaß-
nahmen auch allgemeinwirtschaftliche und raumordnerische Über-
längert wird, und daß wir über diese Untersuchun- legungen berücksichtigt, und verhindert wird, daß ausgerechnet
dort Betriebseinschränkungen vorgenommen werden, wo zur
gen von Professor Luther zu dem Ergebnis gekom- gleichen Zeit der Bund und die Länder mit erheblichen finan-
men sind, daß jetzt VDI-Richtlinien über die Be- ziellen Mitteln bemüht sind, die Wirtschaftsstruktur zu ver-
bessern?
grenzung der Kohlenoxyd-Menge in den Abgasen
von Otto-Motoren erlassen werden können. Profes- Herr Minister, sind Sie in der Lage, die Frage zu
sor Luther ist der Meinung, daß das in verhältnis- beantworten?
mäßig einfacher Weise auch bei Otto-Motoren, d . h.
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
-
bei allen Motoren in Personenkraftwagen, und bei
Motorrädern gelöst werden kann durch eine ent- Jawohl. Es ist selbstverständlich, Herr Kollege
sprechende kombinierte Einstellung der Zündung Baier, das Bestreben der Bundesregierung, das För-
mit den Auspuffverhältnissen. Ich hoffe, daß wir auf derungsprogramm von Bund und Ländern nicht
diesem Wege weiterkommen werden. durch einseitige Maßnahmen auf dem Gebiete des
Verkehrs stören zu lassen. Das gilt auch für die
Rationalisierungsmaßnahmen der Deutschen Bun-
Vizepräsident Schoettle: Noch eine Zusatz- desbahn. Die Einflußnahme ist, soweit es sich um
frage, Herr Abgeordneter? die Behandlung der Nebenstrecken handelt, durch
das Bundesbahngesetz sichergestellt. In jedem
Dr. Bechert (SPD) : Herr Minister, sieht die Bun- Einzelfalle wird hiernach die Stellungnahme der
desregierung eine Möglichkeit, darauf hinzuwirken, obersten Landesverkehrsbehörden eingeholt, der
daß die Bestimmungen, .die Sie im ersten Teil Ihrer Verwaltungsrat der Deutschen Bundesbahn mit dem
Antwort genannt haben, wirklich eingehalten wer- Vorhaben befaßt und nach dessen Zustimmung der
den? Ich darf darauf hinweisen, daß man, wenn man Stillegungsantrag dem Bundesminister für Verkehr
hinter einem Lastzug einen Berg hinauffährt, einer zur Entscheidung vorgelegt. Dadurch ist sichergestellt,
Luftverschmutzung ausgesetzt ist, 'die keineswegs daß die strukturverbessernden Maßnahmen in den
mit den Bestimmungen vereinbar scheint. Sanierungsgebieten bei den Entscheidungen beach-
tet werden. Die wirtschaftsfördernde Kraft der
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
- Nebenbahnen wird im allgemeinen überschätzt.
Herr Kollege, die Durchführung der von uns erlas- Trotz Ansiedlung von Industrien ist das Verkehrs-
senen Verordnungen obliegt den Ländern und ihren aufkommen auf vielen Nebenbahnen weiter rück-
Polizeibehörden. Ich verfüge leider — ich habe das läufig. Es kann der Deutschen Bundesbahn deswegen
oft beklagt — selbst nicht über Polizeibeamte, die auch kaum zugemutet werden, stark defizitäre
die Durchführung der von uns erlassenen Bestim- Strecken und Anlagen weiter zu betreiben, nachdem
mungen kontrollieren können. Sie wissen, daß die ihr durch das Bundesbahngesetz zur Auflage ge-
Polizei den Ländern untersteht und daß ich die macht ist, ihren Betrieb wie ein Wirtschaftsunter-
Länder nur bitten kann, für diese Durchführung nehmen nach kaufmännischen Grundsätzen zu
geeignete Polizeibeamte einzusetzen. führen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1591
Bundesminister Dr.-Ing. Seebohm
Bei den Rationalisierungsmaßnahmen, z. B. durch gen. Leider gelingt das nicht überall so, wie es
völlige Schließung von Bahnhöfen oder Einstellung wünschenswert wäre, da auch andere Kennzeichnun-
des Personenverkehrs auf einzelnen Bahnhöfen oder gen wie Bahnsteig, Ausgang usw. und leider auch
Beschränkung der Güterannahme auf einzelnen sehr viel 'Reklamen angebracht iwerden. Bei so vielen
Bahnhöfen, im Streckennetz der Deutschen Bundes- Schildern sucht man oft verzweifelt, um den Sta-
bahn ist jedoch zu berücksichtigen, daß diese Maß- tionsnamen zu erkennen. Es gibt über Art und An-
nahmen in der Hauptsache aus innerbetrieblichen bringung der Schilder bei der Deutschen Bundesbahn
Gründen eingeführt werden. Nur ein Teil dieser Hinweise und Richtlinien; es gibt ;besondere Schrift-
Maßnahmen wirkt sich in wirklichen Betriebsein- muster und Beleuchtungsvorschriften; es bestehen
- schränkungen aus. Diese Maßnahmen folgen in allen auch Vereinbarungen mit Firmen, bei deren Tages
Fällen dem bereits eingetretenen Strukturwandel und Lichtwerben 'den Stadtnamen mitzuführen.
in der Benutzung der Eisenbahn durch die Abwan- Trotzdem sind die 'Ergebnisse nicht immer befriedi-
derung von Güter- und Personenverkehr auf die gend. Darauf habe ich die Deutsche Bundesbahn
Straße. auch grundsätzlich schon hingewiesen. Damit ist von
uns praktisch alles nur Mögliche getan.
Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter Sollten Sie, verehrter Herr Kollege, mit Ihrer
Baier (Mosbach) zu einer Zusatzfrage! Frage Einzelfälle ansprechen wollen, so bin ich gern
bereit, wenn Sie mir das mitteilen, mich bei der
Baier (Mosbach) (CDU/CSU) : Herr Minister, Sie Bundesbahn dafür einzusetzen, daß Mängel beseitigt
haben in der letzten Fragestunde gesagt, daß die werden.
Bundesbahn nicht nach allgemein wirtschaftlichen
Grundsätzen arbeitet. Das Problem liegt aber doch Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter
darin — und hier wollte ich Sie fragen, ob Sie nicht Stingl, zu einer Zusatzfrage!
mehr tun wollen —, daß Sie sich auf der einen
Seite als Bundesregierung bemühen, die wirtschafts- Stingl (CDU/CSU) : Herr Bundesverkehrsminister,
schwachen Gebiete mit Steuergeldern zu fördern, ich kann zwar nicht alle Bahnhöfe aufzählen, wo das
und daß zum gleichen Zeitpunkt vielfach die Bundes- so ist, aber ich denke etwa an Mainz. Haben Sie
bahn, die zum Teil auch mit Steuergeldern gespeist schon einmal in der Nacht festzustellen versucht,
wird, hergeht und Betriebseinschränkungen vor- auf welchem Bahnhof Sie sind, wenn der Zug ge-
nimmt — nicht nur auf Nebenstrecken —. Da möchte halten hat und die Station nicht ausgerufen worden
ich Sie fragen, ob das nicht doch geändert werden ist?
könnte.
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Herr Kollege, mir fällt das nicht so schwer, weil ich
Nach gesetzlichen Vorschriften, Herr Kollege, kann viele von diesen Bahnhöfen mit einem Blick er-
es nicht geändert werden, weil, wie ich Ihnen dar- kenne, wenn ich aus dem Fenster schaue. Aber
gelegt habe, sowohl bei der Einstellung von Neben- wenn ich z. B. auf 'dem Bahnhof Karlsruhe ankomme,
bahnen als auch bei der Einstellung von Annahme- habe ich immer das Gefühl, daß 'diese Stadt „Kalo-
stellen im Gesetz genau vorgeschrieben ist, was die derma" heißt.
Bundesbahn machen kann und wann sie der Geneh-
(Heiterkeit.)
migung bedarf. Trotzdem haben wir, wenn wir Nach-
richt von bestimmten Fällen bekommen haben, die
Frage dann immer noch wieder mit der Bundesbahn Stingl (CDU/CSU) : Richtig. Nun, es sind nicht
besprochen und uns die Unterlagen vorlegen lassen. alle Reisenden Bundesverkehrsminister. Eine An-
Wir haben versucht, auf die Bundesbahn einzuwir- regung praktischer Art, Herr Minister: Es ist sicher
ken, damit sie dort, wo wir wirklich Besorgnisse zweckmäßig, die Bahnhofsschilder schräg anzubrin-
haben, daß wirtschafts- und strukturfördernde Maß- gen, wie das auf manchen Bahnhöfen geschieht. Sie
nahmen behindert werden, von ihren Maßnahmen sind dann besser zu lesen.
Abstand nimmt. Das ist auch in verschiedenen Fäl-
len gelungen. Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
Vielen Dank, Herr Kollege, ich werde das an die
Vizepräsident Schoettle: Ich rufe auf die Bundesbahn weitergeben!
Frage VI/3 — des Herrn Abgeordneten Stingl —:
Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit darauf hinzuwir- Vizepräsident Schoettle: Jetzt wollen wir aber
ken, daß durch die zuständigen Stellen der Deutschen Bundes- die Frage VI/1, Drucksache IV/537 — des Herrn Ab-
bahn dafür gesorgt wird, daß die Reisenden die Namen der
Bahnhöfe besser erkennen konnen? geordneten Lemmrich — beantworten lassen.
Bitte, Herr Bundesminister.
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Herr Präsident, ich glaube, die Frage ist gestern von
Herr Kollege, eine gute Kennzeichnung der Bahn- Herrn Staatssekretär Dr. Seiermann beantwortet
höfe ist für die 'Eisenbahnen an sich unerläßlich. worden!
Deshalb werden auch erhebliche Mittel aufgewendet, Es sind noch zu beantworten die Frage 8 von
um die Namen der Bahnhöfe rechtzeitig und gut gestern und die Frage 4 von heute. Darf ich erst
sichbar in das Gesichtsfeld der Reisenden zu brin- die Frage 4 von heute nehmen?
1592 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Vizepräsident Schoettle: Ich würde vorschla- Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Zusatz-
gen, daß Sie erst die Frage VI/4, Drucksache IV/537 frage des Herrn Abgeordneten Junghans!
— des Herrn Abgeordneten Junghans — beantwor-
ten: Junghans (SPD) : Herr Minister, ist es richtig,
Ist es richtig, daß, entgegen der Antwort des Herrn Staats- daß der Auftrag auf Betonleitplanken für den Auto-
sekretär Dr. Seiermann in der Fragestunde am 14. Februar 1962,
die Preise (Lieferung, Aufstellung und Anstrich) von Stahlleit- bahnzubringer Salzgitter-Braunschweig ohne Ein-
planken zu denen von Betonleitplanken bei den Doppelleit- schaltung des Dezernats 7 des Landesverwaltungs-
planken verhielten sich etwa wie 1 : 1, die Submission des
Autobahnamtes München vom 2. Mai 1962 ergeben hat, daß für amts Hannover durch eine übergeordnete Dienst-
eine Strecke von ca. 47 km die Preise für die Betonleitplanken
im Durchschnitt 25 v. H. über denen für Stahlleitplanken lagen? stelle vergeben worden ist?
Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage des Nein, statistisch kann man das nicht auswerten, weil
Herrn Abgeordneten Junghans! jeder Unfall natürlich andere Voraussetzungen hat.
Wenn bei einem Unfall sehr günstige Folgenwir-
Junghans (SPD) : Herr Minister, aus welchem kungen dieser Planken — bei der einen oder ande-
Grunde wurde, wenn sich die Preise nicht haben ver- ren Plankenanordnung — festgestellt werden, kann
gleichen lassen, die Aufstellung von Stahlbetonleit- das unter Umständen nicht auf die Planken zurück-
planken bisher freihändig an die einzige Herstel- zuführen sein, sondern auf die Art der Berührung
lerfirma — Dyckerhoff und Wittmann — vergeben — den Berührungswinkel und die Geschwindig-
mit Ausnahme dieser Submission in München vom keit —, die das Fahrzeug gehabt hat. Das läßt sich
2. 5. 1962? statistisch nicht erfassen, sondern eben nur durch
praktische Versuche, wie sie jetzt in Stuttgart ge-
macht werden.
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
-
Ihrer jetzigen Frage ungefähr erkenntlich war — Das hängt ganz davon ab, wie die Planke beschädigt
gibt es nicht. Es werden entweder Planken aus Stahl ist. Ist die Planke gebrochen, muß sie natürlich
oder aus Beton hergestellt. vollständig ersetzt werden. Ist sie nur angeschlagen,
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1593
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage,
Herr Abgeordneter Bleiß.
Durch Ausschreibungen regelmäßig.
Dr. Bleiß (SPD) : Herr Minister, sind Sie der Auf-
Vizepräsident Schoettle: Herr Minister, ich fassung, daß, gemessen an der gesamtwirtschaft-
glaube, die Frage des Herrn Abgeordneten Lemm- lichen Entwicklung, jede Verzögerung der Freigabe
rich ist doch nicht beantwortet worden — das war der gesperrten Straßenbaumittel nicht zu einer Ver-
ein Irrtum Ihrerseits —: billigung, sondern zu einer Verteuerung im Straßen-
In welcher Weise haben sich 1962 die Submissionspreise für bau führen würde?
Baumaßnahmen des Bundes an Bundesfernstraßen und Bundes-
autobahnen gegenüber dem Vorjahr verändert?
Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Vizepräsident Schoettle: Eine Zusatzfrage,
Herr Kollege, die Frage des Einsatzes von Hub- Herr Abgeordneter Hammersen!
schraubern zur ärztlichen Versorgung von Verletz-
Hammersen (FDP) : Herr Bundesminister, darf
ten bei Straßenverkehrsunfällen ist vom Bundes-
minister für Verkehr seit Jahren — .erstmals im ich Sie fragen, ob Sie bereits praktische Erfahrungen
Herbst 1958 — untersucht, erörtert und in jüngster mit dem Einsatz von Hubschraubern bei Rettung
Zeit im Rahmen der Fürsorgemaßnahmen für Unfall von Unfallverletzten am Unfallort gesammelt haben,
verletzte auch noch einmal kritisch überprüft wor- nachdem doch bekannt ist, daß das Ausland, insbe-
den. Eine eingehende Würdigung aller Vor- und sondere die Schweiz, über mehrjährige praktische
Nachteile hat zu der Erkenntnis geführt, daß für die Erfahrungen verfügt?
ärztliche Versorgung von Unfallverletzten ein mög- Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
lichst engmaschiges Netz von Arzteinsatzwagen dem
Wir halben ja diese Erfahrungen an verschiedenen
Hubschraubereinsatz vorzuziehen ist. Auf eine Um-
Stellen schon gesammelt. Ich sagte Ihnen ja, daß
frage haben die zuständigen obersten Länderbehör-
die Bundeswehr gelegentlich. so freundlich gewesen
den im wesentlichen die gleiche Auffassung ver-
ist, Hubschrauber zur Bergung zur Verfügung zu
treten; auch der Herr Bundesminister für Verteidi-
stellen. Es geht ja nicht nur um Straßenverkehrsun-
gung und die Frau Bundesministerin für Gesund-
fälle, sondern auch um Unfälle anderer Art. Aber
heitswesen teilen meine Ansicht.
dabei haben sich eben jene Schwierigkeiten ergeben,
Dagegen bestehen selbstverständlich keine Be- die ich gekennzeichnet habe, und man wird mit Arzt-
denken, Hubschrauber, die an sich für andere einsatzwagen, die ein solches Team, wie ich es eben
Zwecke bereitgestellt sind — zum Beispiel für poli- nannte, zum Unfallort bringen und die mit allen
zeiliche Aufgaben, für den zivilen Bevölkerungs- Einrichtungen ausgestattet werden, um den Unf all-
schutz, für Zwecke der Bundeswehr usw. —, auch für verletzten während der Fahrt zum Krankenhaus -
die Bergung und den Abtransport von Unfallver- ärztlich zu betreuen, wesentlich bessere Erfolge er-
letzten oder für die Hieranführung von Ärzten an zielen, zumal auch hei manchen Unfallverletzten,
die Unfallstelle einzusetzen, wie es in einigen Fällen wie ich schon das letzte Mal ausführte, die Schock-
in der Vergangenheit bereits geschehen ist. Diese wirkung durch einen plötzlichen Abtransport in
Frage wird im Rahmen einer erweiterten Fürsorge einem Flugzeug, das die Leute nicht gewöhnt sind,
für die Unfallverletzten zu gegebener Zeit mit den noch verstärkt wird und zu Kollapserscheinungen
zuständigen Bundesressorts behandelt werden. führen kann.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1595
Vizepräsident Schoettle: Noch eine Frage, Vorschriften des für die Kriegsopfer geltenden Bun-
Herr Abgeordneter Hammersen! desversorgungsgesetzes richtet. Darüber hinaus er-
halten die Eltern lediger Soldaten, die bei der Aus-
Hammersen (FDP) : Herr Bundesminister, darf übung des Wehrdienstes besonders gefährdet und
ich Sie fragen, ab Sie trotz dieser Wiederholung infolge eines Unfalls in diesem Dienst verstorben
Ihrer negativen Stellungnahme dieses Problem sind, unter den Voraussetzungen des § 63 des Sol-
doch noch einmal im Einvernehmen mit den inter- datenversorgungsgesetzes eine einmalige Unfallent-
essierten Ressorts der Bundesregierung prüfen wol- schädigung bis zur Höhe von 20 000 DM.
len, nachdem mir z. B. eine sehr positive Stellung- Es trifft also einerseits nicht zu, daß Eltern von
nahme des Bundesministeriums des Innern bekannt an den Folgen einer Wehrdienstbeschädigung ver-
ist? storbenen Soldaten keinerlei Entschädigung oder
Unterstützung erhalten. Andererseits verweise ich
Dr. Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr:
- auf den erklärten Willen des Gesetzgebers, die Ver-
Ich kenne diese Stellungnahme nicht; aber es hat ja sorgung der Soldaten der früheren Wehrmacht und
keinen Zweck, daß wir uns, nachdem wir jetzt dar- die Versorgung der Soldaten — bzw. ihrer Ange-
auf hinarbeiten und uns entschlossen haben, darauf hörigen — der heutigen Bundeswehr nach denselben
hinzuarbeiten, die Arzteinsatzwagen einzusetzen, Grundsätzen und nach denselben Bestimmungen zu
auf die Möglichkeiten der Bergung von Unfallver- regeln. Eine unterschiedliche Versorgung dieser bei-
letzten durch Hubschrauber verlegen. Für den Fall, den Personenkreise ist vom Gesetzgeber ausdrück-
daß irgendwo ein Hubschraubereinsatz möglich ist, lich abgelehnt worden. Bei einer Änderung der Ver-
ist ja bekannt, daß wir uns an die Bundeswehr wen- sorgungsbestimmungen für den zweiten Personen-
den können, um den Hubschraubereinsatz durchzu- kreis ergibt sich automatisch auch die Frage einer
führen, wie es sich (bei der Flutkatastrophe in Nord- Änderung der Bestimmungen für den ersten
deutschland ja in bester Weise gezeigt hat. Die Personenkreis.
Verwendung der Arzteinsatzwagen wird aber auch
von den ärztlichen Stellen für durchaus richtig ge- Mir ist jedoch bekannt, daß in vielen Fällen eine
halten. So hat sich z. B. eine große Untersuchung Elternversorgung nach dem Dritten Teil des Sol-
über diese Frage, die vor einiger Zeit unter dem datenversorgungsgesetzes in Verbindung mit dem
Vorsitz des Professors Bürkle de la Camp stattge- Bundesversorgungsgesetz nicht gewährt werden
funden hat, ausdrücklich auch für diese Arzteinsatz- kann, nämlich dann, wenn die Ernährereigenschaften
wagen ausgesprochen. dem verstorbenen Soldaten und eine gewisse Be-
dürftigkeit der Eltern fehlen. Diese Voraussetzungen
können im Einzelfall bei den Eltern junger Soldaten
Vizepräsident Schoettle: Keine weitere Frage! im Zeitpunkt des Todes noch nicht vorliegen. Sobald
Ich rufe nun die Fragen aus dem Geschäftsbereich sie aber später, insbesondere bei vorgerücktem
des Bundesministers der Verteidigung auf. Diese Alter der Eltern, erfüllt sind, steht den Eltern die
Fragen werden vom Bundesminister der Verteidi- Versorgung zu.
gung selber beantwortet. Die erste Frage stellt Herr In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß
Abgeordneter Reichmann: die Voraussetzungen für eine Elternversorgung im
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Eltern, Versorgungsrecht der Soldaten erheblich weiter ge-
deren Söhne (auch einzige Söhne) im Wehrdienst als Soldaten
der Bundeswehr tödlich verunglückten, keinerlei Entschädigung faßt sind als im gesamten übrigen Sozial- und Ver-
oder Unterstützung erhalten, sofern die Soldaten nicht privat sorgungsrecht und auch im bürgerlichen Recht.
in einer Lebensversicherung versichert waren?
Das Bundesministerium der Verteidigung hat dar-
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Herr über hinaus mit einer Gruppe namhafter Lebens-
Präsident, ich bitte, die Fragen 1 und 2 desselben versicherungsgesellschaften einen besonderen Rah-
Fragestellers zusammenzufassen, weil sie in der menvertrag über Lebensversicherungen für Soldaten
Antwort inhaltlich zusammengehören. der Bundeswehr abgeschlossen, der augenblicklich
dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungs- und
Bausparwesen zur Genehmigung vorliegt. Mit die-
Vizepräsident Schoettle: Das dürfte zweck- sem Vertrag soll dem Soldaten besonders in Fällen,
mäßig sein. Ich rufe dann auch die zweite Frage des in denen eine Wehrdienstbeschädigung nicht gege-
Abgeordneten Reichmann auf: ben ist, ermöglicht werden, im Wege der freiwilligen
Hält die Bundesregierung es nicht für notwendig, die Bundes- Eigenvorsorge zu günstigen Prämiensätzen selbst
wehrsoldaten rechtzeitig über das Lebensrisiko aufzuklären, da-
mit sie eine private Lebensversicherung abschließen können, so- zusätzlich etwas für die Alters- und Hinterbliebe-
lange eine gesetzliche Regelung für tödliche Unfälle nicht vor-
liegt? nensicherung zu tun. Sobald die Genehmigung die-
ses Rahmenvertrags vorliegt, wird den Soldaten in
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich geeigneter Form die Möglichkeit zum Abschluß eines
gebe auf die beiden Fragen folgende Antwort. solchen Vertrages bekanntgemacht werden.
Wenn ein Soldat im Wehrdienst tödlich verun- Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter
glückt, wird es sich regelmäßig um eine Wehrdienst- Reichmann zu einer Zusatzfrage!
beschädigung handeln. In diesem Falle erhalten die
Hinterbliebenen, also auch die Eltern, die im Dritten Reichmann (FDP) : Herr Bundesminister, ist
Teil des Soldatenversorgungsgesetzes geregelte Ihnen bekannt, daß infolge der Härten, die dadurch
Versorgung, die sich in ihrem Umfange nach den entstehen, daß die gesetzlichen Voraussetzungen,
1596 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Reichmann
also die Ernährereigenschaft und die Bedürftigkeit, Zu 1. Nach § 1 Abs. 2 des Landbeschaffungsgeset-
nicht gegeben sind, die Bundeswehr sich veranlaßt zes soll sich die Stellungnahme der Landesregierung
sah, durch Sammlungen über das Soldatenhilfswerk 'im Raumordnungsverfahren insbesondere auch 'dar-
diese Härtefälle durch eine allerdings bescheidene auf erstrecken, ob das Vorhaben aus Grundbesitz
Beihilfe etwas zu mildern? der öffentlichen Hand befriedigt werden kann. In
gleicher Weise bestimmt § 11 des Landbeschaffungs-
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Mir ist gesetzes, daß ein Enteignungsantrag erst gestellt
eine Reihe von Fällen durch persönliche Zuschriften werden soll, wenn Grundstücke, die für das beab-
bekannt geworden. Es ist allerdings unmöglich, alle sichtigte Vorhaben geeignet sind, im Eigentum von
möglichen Fälle, auch alle möglichen Härtefälle, Bund, Ländern und sonstigen Körperschaften des
durch eine ausreichende vorausblickende gesetzliche öfentlichRsudgleichztn
Regelung auszuschöpfen. Das Soldatenhilfswerk ist juristischen Personen nicht vorhanden sind.
seinerzeit durch General Heusinger, General Rötti- Auf Grund dieser Bestimmungen hält sich die
ger, andere Herren und mich geradezu zu dem Bundesregierung für verpflichtet, bei Grundstücks-
Zweck gegründet worden — und auch seine Gem ein- bedarf für Verteidigungszwecke in erster Linie auf
nützigkeit ist anerkannt worden —, damit in den Gelände der öffentlichen Hand zurückzugreifen, auch
Fällen, wo eine gesetzliche Regelung nicht möglich wenn diese aufgeforstet sind oder sich zur Auffor-
ist, weil das Gesetz nicht jedem Einzelfall ange- stung eignen.
paßt werden kann, trotzdem eine einigermaßen aus-
reichende Hilfe gewährt werden kann. Zu 2. Diese Frage ist zu bejahen. Die Verpflich-
tung, die für Verteidigungszwecke benötigten
Grundstücke nach Möglichkeit freihändig zu erwer-
Vizepräsident Schoettle: Noch eine- Zusatz-
frage, Herr Abgeordneter Reichmann! ben, ist in § 2 des Landbeschaffungsgesetzes aus-
drücklich niedergelegt. Entsprechend dieser Ver-
pflichtung hat der 'Bund bei der Landbeschaffung für
Reichmann (FDP) : Herr Bundesminister, sehen Verteidigungszwecke nur einen verschwindend ge-
Sie keine Möglichkeit im Milliardenetat Ihres Hau- ringen Teil der benötigten Grundstücke im Wege
ses, diese Beihilfe den betroffenen Eltern oder der Enteignung erworben. In der Zeit vom 1. April
Frauen aus einem Härtefonds zu gewähren? 1950 bis zum 31. Dezember 1961 sind für Aufgaben
'der Stationierungsstreitkräfte, der Bundeswehr und
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Wenn der NATO insgesamt etwa 34 500 Erwerbsfälle ab-
ein solcher Titel in den Haushalt aufgenommen wird, gewickelt worden, davon etwa 1350 im Wege der
ist das nicht ohne weitere Konsequenzen auch bei Enteignung. Danach beträgt die Zahl der Enteig-
anderen Haushalten möglich. Ich wäre aber sehr nungsfälle weniger als 5 % der Erwerbsfälle. Auf
dankbar, wenn der Haushaltsausschuß mir einen die Bundeswehr entfallen etwa 7000 Erwerbsfälle,
solchen Titel bewilligte. davon 134 Enteignungen. Das sind 2 % der Fälle,
mit denen die Bundeswehr zu tun hat.
Vizepräsident Schoettle: Keine weitere Frage. Zu 3. Den durch die Landbeschaffung betroffenen
Ich rufe auf die Frage X/3 — des Herrn Abge- Eigentümern ist nach § 18 des Landbeschaffungsge-
ordneten Wächter —: setzes der gemeine Wert, d. h. der Verkehrswert,
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß sie bei der Land- zu zahlen.
beschaffung für Kasernen und Truppenübungsplätze nur dann
Privatbesitz in Anspruch nehmen sollte, wenn Staatsbesitz, auch Den Dienststellen der Bundesvermögensverwal-
wenn er aufgeforstet ist bzw. sich zur Aufforstung eignet, nicht
zur Verfügung steht? tung, die den Grunderwerb für Verteidigungszwecke
tätigen, ist bis in die neueste Vergangenheit mehr-
Bitte, Herr Minister!
fach vorgeworfen worden, daß sie bei Grunder-
werbsverhandlungen kleinlich verfahren, zu geringe
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Darf Kaufpreise anbieten und dadurch den Grunderwerb
ich auch hier den Vorschlag machen, die drei Fragen verzögern.
des Abgeordneten Wächter bei der Beantwortung
Ich hatte infolge einer Reihe von Zuschriften, die
zusammenzufassen.
an den Minister persönlich gerichtet waren, Gele-
genheit, solchen Fällen nachzugehen und den Ver-
Vizepräsident Schoettle: Das wird wohl zweck- such zu machen zu vermitteln. Darunter waren auch
mäßig sein. Ich rufe also auch die Fragen X/4 und solche Fälle, in denen der Regierungspräsident einen
X/5 — des Herrn Abgeordneten Wächter — auf: höheren Preis festgelegt hatte, als die Bundesver-
Ist die Bundesregierung gewillt, bei der Landbeschaffung für mögensverwaltung hernach zu zahlen bereit war.
Kasernen und Truppenübungsplätze alle Verhandlungsmöglich-
keiten mit den Eigentümern auszuschöpfen, bevor sie zur Ent- Allerdings spielt hier auch die Frage der Prüfung
eignung und Besitzeinweisung nach dem Landbeschaffungsgesetz durch den Rechnungshof eine gewisse Rolle.
schreitet?
Ist die Bundesregierung bereit, bei der Landbeschaffung für
Kasernen und Truppenübungsplätze den Eigentümern angemes-
Demgegenüber ist — ich darf Sie an die Debatte
sene Entgelte anzubieten, um langwierige und kostspielige Pro- vom 6. April dieses Jahres in diesem Hause erin-
zesse zu vermeiden?
nern — von parlamentarischer Seite der Vorwurf
erhoben worden, daß das Bundesministerium für
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Auch Verteidigung Grundstückspreise zahle, die wesent-
diese Fragen stehen in einem inneren Zusammen- lich über den ortsüblichen Preisen lägen und da-
hang. Ich beantworte sie folgendermaßen: durch den örtlichen Grundstücksmarkt nachteilig b e-
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1597
Bundesverteidigungsminister Strauß
einflußten. Ich darf insoweit auf meine im Protokoll Vizepräsident Schoettle: Frage X/6 — des
des Deutschen Bundestages niedergelegte Antwort Herrn Abgeordneten Dröscher —:
von damals verweisen. Ich habe darauf hingewiesen,
Warum ist es nicht möglich, die schweren Kettenfahrzeuge
daß meistens der gegenteilige Vorwurf erhoben der Artillerieschule Idar-Oberstein, soweit sie zu regelmäßigen
wird. bBÜenuaötgimwrfdho,lPzs
Truppenübungsplatz zu stationieren, um so die auch ohne Pan-
zerfahrzeuge schon schlechten Verkehrsverhältnisse in der Enge
Zu diesen verschiedenen Auffassungen kann ich der Innenstadt nach Möglichkeit zu verbessern?
nur erklären, daß die mit der Landbeschaffung be-
auftragten Stellen angewiesen sind und sich bemü- Bitte, Herr Minister!
hen, bei den Grundstücksverhandlungen „ohne un-
angebrachte Kleinlichkeit" — um ein wörtliches Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Die
Zitat aus dem Erlaß zu nehmen — den gerechten Stationierung der in der Frage angesprochenen Ket-
Preis zu ermitteln und anzubieten. Die geringe Zahl tenfahrzeuge auf dem Truppenübungsplatz Baum-
von Enteignungsfällen — bei der Bundeswehr 2 °/o holder ist nicht möglich, da die dortigen Unter-
der Erwerbsfälle — läßt den Schluß zu, daß bei der künfte unzureichend sind, ferner die Wartung und
des Bundes die Belange der bishergnPpoltk Instandsetzung der Fahrzeuge in Baumholder nicht
betroffenen Eigentümer im großen und ganzen ange- durchgeführt werden kann, außerdem die Fahrzeuge
messen berücksichtigt worden sind. in der Kaserne Idar-Oberstein zur Ausbildung be-
nötigt werden.
Ich bin mir der Problematik, Herr Abgeordneter,
auch aus persönlicher Kenntnis einiger Fälle in Um den Truppenübungsplatz Baumholder unter
meinem Wahlkreis sehr wohl bewußt. In all diesen Umgehung der Stadt Idar-Oberstein zu erreichen, ist
Fällen hat sich ergeben, daß das Nachbargrundstück, ein Umweg von 45 km erforderlich. Wegen Material-
das genausowenig Bauland oder Bauerwartungsland Überbelastung und Zeitverlustes ist diese Lösung
war, aus irgendwelchen Gründen privat zu wesent- nicht tragbar.
lich höheren Preisen abgesetzt werden konnte, als Um die Stadt Idar-Oberstein zu entlasten, ist je-
es bei dem Verkauf an den Bund möglich war. Aller- doch seit längerem der Bau einer Panzerstraße zur
dings ist es dem Bund auch bei wohlwollendster Umgehung der Durchfahrt der Stadt vorgeschlagen
Auslegung der rechtlichen Bestimmungen und bei worden. Sie ist bis heute nicht zur Ausführung ge-
Inkaufnahme der Kritik des Rechnungshofs nicht kommen, weil wegen der schwierigen Geländebe-
möglich, alle im zivilen wirtschaftlichen Leben er- schaffenheit eine Entscheidung über die Trassenfüh-
zielbaren Preise seinerseits zu zahlen. rung durch die Landes-Bauabteilungen und die Stra-
ßenbauverwaltung von Rheinland-Pfalz erst vor kur-
Vizepräsident Schoettle: Noch eine Frage, zem erfolgen konnte. Mit dem Beginn der Arbeiten
Herr Abgeordneter Wächter? im Bereich des sogenannten Hammersteiner Weges
ist in Kürze zu rechnen.
Wächter (FDP) : Ist die Bundesregierung bereit,
bei der Bemessung solcher Entgelte außer dem Gut- Vizepräsident Schoettle: Eine weitere Frage
achten der Bundesvermögensverwaltung gleichzeitig des Herrn Abgeordneten Dröscher.
die Gutachten der zuständigen Landwirtschaftskam-
mer und der zuständigen Berufsorganisation, also
Dröscher (SPD) : Herr Verteidigungsminister, be-
des Bauernverbandes, mitzuberücksichtigen?
steht nicht die Möglichkeit, wenigstens eine Batterie
auf dem Platz, und sei es behelfsmäßig, zu stationie-
Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Solche ren, damit nicht alltäglich diese Verkehrsstockungen
Gutachten sind in besonders schwierigen Einzelfäl- dort auftreten?
len, wenn meine Erinnerung richtig ist, eingeholt
worden. Auch hier sind Differenzen zu den vom Re-
gierungspräsidenten vorgeschlagenen und den von Strauß, Bundesminister der Verteidigung: Ich
der Bundesvermögensverwaltung im Rahmen ihres darf diese Anregung prüfen und Ihnen Bescheid
pflichtgemäßen Ermessens für möglich gehaltenen geben.
Preisen aufgetreten.
Vizepräsident Schoettle: Frage X/7 — des
Vizepräsident Schoettle: Noch eine Frage? Herrn Abgeordneten Schmidt (Würgendorf) — :
Dr. Gradl
doch vermeiden, uns in dieser letzten Stunde der würde, wenn der Antrag des Herrn Kollegen
Verabschiedung dieses Gesetzes hier über Einzel- Besold auf Umdruck 138 angenommen würde.
heiten vielleicht noch auseinanderzureden und da- Wenn der westdeutsche Abnehmer eines in Ber-
durch das zu stören, was wir alle gemeinsam errei- lin hergestellten Filmes diesen Film im Bundes-
chen wollen, nämlich die Verabschiedung dieses Ge- gebiet käuflich erwirbt, dann ist er voll präferiert.
setzes auch zu einer geschlossenen Bekundung des Wenn er aber diesen Film nur ausleiht, wenn der
Willens dieses Hohen Hauses für Berlin werden zu Film also nur verliehen wird, wird ihm bei wirt-
lassen. schaftlich gleichem Sachverhalt eine wesentlich ge-
(Beifall bei der CDU/CSU.) ringere Präferenz, nämlich nur die Hälfte, zugestan-
den. Meine Damen und Herren, es ist außerordent-
lich fraglich, ob durch Ihren Antrag die Gleichmäßig-
Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der keit der Behandlung wirtschaftlich gleicher Tat-
Abgeordnete Dr. Seume. bestände, nämlich Herstellung in Berlin und Ver-
bringung in das Bundesgebiet bzw. Auswertung im
Dr. Seume (SPD) : Herr Präsident! Menne Damen Bundesgebiet, noch gewährleistet ist.
und Herren! Namens meiner Fraktion unterstütze Ich bitte Sie daher, ebenfalls namens meiner Frak-
ich die Ausführungen von Herrn Kollegen Dr. Gradl tion, um Ablehnung des Antrags auf Umdruck 138.
auf das Nachdrücklichste. Ich muß außerdem be-
tonen, daß die Mitteilungen, die Herr Kollege (Beifall bei der SPD.)
Dr, Besold über die Berliner Filmindustrie gemacht
hat, im wesentlichen nicht zutreffend sind. Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der
Gestatten Sie, meine Damen und Herren, daß ich Abgeordnete Dr. Besold.
Sie auf den Bericht der Bundesregierung über die
Situation der deutschen Filmwirtschaft, vorgelegt in Dr. Besold (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
Drucksache IV/366, verweise. Hier stellt die Bundes- Damen und Herren! Ich möchte ganz kurz auf die
regierung zur besonderen Lage der Berliner Film- vorherigen Ausführungen erwidern.
wirtschaft fest, daß die Filmherstellung in Berlin von
47 Filmen = 41,1 % der Gesamtproduktion dm Jahre Wenn ich davon gesprochen habe, daß die Film-
1958 auf 32 Filme = 34 % der Gesamtproduktion im wirtschaft von einer Krise erfaßt ist, so ist damit
Jahre 1960 zurückgegangen ist. Selbstverständlich selbstverständlich auch die Berliner Filmwirtschaft
ist auch die Produktion im übrigen Bundesgebiet gemeint. Die gesamte Filmwirtschaft steht in einer
zurückgegangen Aber die Bundesregierung stellt Krise.
ausdrücklich fest, daß die Ateliers im Bundesgebiet Aber meine Ausführungen gingen dahin, daß die I
in der Regel einen Rückhalt an den Fernsehproduk- schon bisher durchgeführten Stützungsmaßnahmen
tionen der Rundfunkanstalten haben, die zum größ- für Berlin ausreichten, Berlin auf einer Filmproduk-
ten Teil an den Ateliergesellschaften beteiligt sind. tionshöhe zu halten, die besser ist als die der ver-
Dieser Rückhalt — auch diese Feststellung wird in gleichbaren westdeutschen Filmproduktionsstätten.
dem Bericht getroffen — fehlt den Berliner Ateliers. Das bezeugt, daß die bisher getroffenen Maßnahmen
Die Bundesregierung stellt weiter fest, daß Berlin schon gut gewesen sind. Darüber hinaus werden in
stets der wichtigste Platz des deutschen Films ge- dem jetzigen Gesetz noch weitere Hilfsaktionen
wesen ist. vorgesehen, nämlich die Befreiung des Berliner
Unter Würdigung all dieser Gesichtspunkte ist die Unternehmers von der Umsatzsteuer für die ge-
Bundesregierung entschlossen, Berlin durch Sonder- samten Einspielergebnisse, die ihm zustehen, d. h.
maßnahmen zu fördern. Sie steht auf dem Stand- von den gesamten Herstellungskosten, die in und
punkt — ich darf das mit Genehmigung des Herrn außerhalb Berlins anfallen. Bisher bestand Umsatz-
Präsidenten aus dem Bericht zitieren —, steuerfreiheit für Kopier- und Synchronleistungen.
daß aus kulturpolitischen, allgemeinpolitischen Dazu kommt jetzt, daß die ERP-Mittel für die
und wirtschaftlichen Gesichtspunkten, die für Förderung des Berliner Films von einer Million auf
die Bundeshauptstadt Berlin gelten, Maßnahmen drei Millionen DM erhöht worden sind, wobei die
auch auf dem Gebiet des Films ergriffen werden Selbstbeteiligung der Unternehmer nur 10 bis 15
müssen. Sie sieht in der Ausdehnung der Um- Prozent beträgt.
satzsteuerpräferenzen einen geeigneten Weg.
Die Bundesregierung wird sich für eine Berlinhilfe Das sind nach unserer Ansicht Unterstützungs-
in Form der Umsatzsteuerpräferenz einsetzen, die mittel, die angesichts der Lage der gesamtdeutschen
eine weitere finanzielle Hilfe für alle Zweige der Filmwirtschaft eine Existenzgefährdung der west-
Filmwirtschaft in Berlin und in der Bundesrepublik deutschen technischen Filmproduktionsbetriebe be-
bringen wird. deuten müßten, wenn das Gesetz in seiner jetzigen
Form angenommen werden würde. Das kann nicht
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie bitten, der Sinn und der Zweck eines Gesetzes zur Förde-
diese wohlüberlegten Absichten und diese zweck- rung der Wirtschaft von Berlin sein. Derjenige, der
entsprechenden Maßnahmen nicht durch Anträge der Förderer ist — und hier sind es die in anderer
wie den in Umdruck 138 vorgelegten zu durch- Konkurrenzlage befindlichen westdeutschen Film-
kreuzen. produktionsstätten — muß so gesund sein, daß er
Gestatten Sie mir, noch ein paar Worte zu der die vorgesehenen Leistungen verträgt. Niemand in
merkwürdigen Rechtslage zu sagen, die enstehen diesem Hause kann das verantwortlich sagen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1601
Dr. Besold
Ich erkläre noch einmal: Wenn die weitere Ent- Heller, nicht einmal ein halber Pfennig aus den zur
wicklung der ganzen Filmwirtschaft — die sich in Verfügung gestellten Mitteln herausgenommen wird;
einrKsbfdt,woüeirunsalmk- (Abg. Dr. Seume: Darauf kommt es in dem
ren sind — günstig verläuft — wozu noch andere Falle doch gar nicht an!)
Momente gehören als Geldunterstützungen; das wis-
sen wir alle —, so kann immer noch die erhöhte denn die Leistung, die hier erbracht würde, würde
Förderung der Berliner Filmwirtschaft, die wir jetzt die ungünstigere Konkurrenz der westdeutschen
halbiert haben, zugesagt werden. Wir können aber Firmen sein! Wird die aber so weit herunterge-
keinesfalls einen Zweig einer westdeutschen Indu- drückt, daß die westdeutschen Produzenten nicht
strie, wie hier die technischen Betriebe der west- mehr existenzfähig sind, dann widerspricht das dem
deutschen Filmproduktion, in ihrer Existenz gefähr- Geist des Berlin-Förderungs- und des Berlin-Hilfe-
den. gesetzes. Das Berlin-Förderungsgesetz beruht auf
(Beifall in der Mitte und rechts.) einer gesunden westdeutschen Wirtschaft und auf
Wirtschaftszweigen, zu denen die westdeutsche
Filmproduktion auch gehört.
Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der
Abgeordnete Dr. Schmidt (Wuppertal). (Beifall bei der CDU/CSU.)
Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Herr Prä- Vizepräsident Schoettle: Weitere Wortmeldun-
sident! Meine Damen und Herren! Es mag sicherlich gen liegen nicht vor. Wir kommen zur Abstimmung
das eine oder das andere für die Gesichtspunkte über den Antrag auf Umdruck 138 Ziffer 1. Wer
sprechen, die uns Herr Kollege Besold dargelegt stimmt diesem Antrage zu? — Danke. Die Gegen-
hat. Dabei wird aber übersehen, daß in dieser An- probe! Das letzte war eindeutig die Mehrheit. Der
gelegenheit ein schwer errungener Kompromiß im Antrag ist abgelehnt.
Ausschuß zustandegekommen ist. Auf Umdruck 138 Ziffer 2 liegt ebenfalls ein Än-
Wenn Sie die Regierungsvorlage mit dem ver- derungsantrag zu Artikel 1 vor. Wird dazu das
gleichen, was im Ausschuß beschlossen worden ist, Wort gewünscht?
so werden Sie feststellen, daß im Interesse der
westdeutschen Filmwirtschaft schon die durch- Dr. Besold (CDU/CSU) : Der Änderungsantrag
gehende Umsatzsteuervergütung bis zum letzten Umdruck 138 Ziffer 2 beinhaltet den gesamten An-
Lichtspieltheater unterblieben ist und nur noch der trag. Wenn ein Teil abgelehnt wird, ist auch das
Verleiher mit seiner Weitergabe der Massenkopien Gesamte abgelehnt.
an Dritte begünstigt werden soll.
Damit ist ein Kompromiß erzielt. Wenn man nun Vizepräsident Schoettle: Damit ist also prak-
einmal in einer Frage einen Kompromiß erzielt hat, tisch der Umdruck 138 erledigt?
sollte man sich diesem Kompromiß auch im ganzen (Zustimmung.)
unterwerfen. Wenn wir das nicht tun, führen wir — Gut.
nur eine Auseinandersetzung über das ganze Ge- Auf Umdruck 140 liegt ein Änderungsantrag der
setz herbei; denn daß hier einzelne und auch Grup- Fraktion der SPD zu Art. 1 vor. Wird dieser Antrag
pen eine andere Vorstellung von dieser oder jener begründet? — Frau Abgeordnete Berger-Heise!
Lösung haben, ist selbstverständlich. Gerade das
darf aber in der Frage der Berlinhilfe in unserem
Hause nicht in Erscheinung treten. Das Entschei- Frau Berger-Heise (SPD) : Meine Herren und
dende muß sein, daß wir geschlossen diese Berlin- Damen! Im Namen der sozialdemokratischen Frak-
hilfemaßnahme verabschieden. tion ziehe ich den Änderungsantrag Umdruck 140
zurück.
Deshalb bitte ich Sie, den Antrag Besold abzu-
lehnen.
Vizepräsident Schoettle: Der Änderungsantrag
(Beifall bei der CDU/CSU.)
Umdruck 140 ist zurückgezogen. Wir können dann,
soweit ich sehe, über den ganzen Art. 1 abstimmen.
Vizepräsident Schoettle: Herr Abgeordneter Wer stimmt dem Art. 1 in der Fassung der Vor-
Besold! lage zu?
(Abg. Dr. Seume: Über Art. 1 nicht ganz,
Dr. Besold (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Herr Präsident! Bitte nur bis zu § 6. Bei § 6
Damen und Herren! Ich möchte erklären — ich bitte ich um Einzelabstimmung über Nr. 13!)
glaube, ich kann das mit gutem Grund tun —, daß
meine politischen Freunde aus der CDU/CSU und — Sie meinen die Ziffer 3?
aus der FDP, die diesen Antrag unterschrieben (Abg. Dr. Seume: § 6, Ziffer 3, Nr. 13!)
haben, in keiner Weise daran gedacht haben — und -
auch der Vorschlag beinhaltet das nicht —, einen Wir stimmen dann ab über die Ziffern 1, — 2, --
zustande gekommenen Kompromiß zu gefährden. 2 a. — Wer stimmt diesen Ziffern zu? Ich bitte um
ein Handzeichen! — Danke. Die Gegenprobe! —
(Abg. Dr. Seume: Das tun Sie aber!) Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen sind
— Nein, meine Damen und Herren, das würde un diese Ziffern angenommen.
ter keinen Umständen hier geschehen; denn ich habe Ich rufe dann die Ziffer 3 des Artikels 1 auf. -
schon gesagt, daß mit diesem Antrag nicht ein roter Herr Abgeordneter Dr. Seume!
1602 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Dr. Seume (SPD) : Ich bitte um Einzelabstimmung — Das ist eine etwas schwierige Abstimmung: stich
über Ziffer 3 Nr. 13. bei etwas der Stimme :zu enthalten, was gar nicht
zur Abstimmung steht.
Vizepräsident Schoettle: Ja. (Heiterkeit.)
Dann stimmen wir zunächst — die Vorlage ist Ich stelle nur fest, daß die Vorlage die Ziffer nicht
außerordentlich kompliziert — über die Nrn. 1 bis enthält. — Herr Abgeordneter Seume!
12 des § 6 ab. Wer diesen Nummern zustimmen
will, den bitte ich um das Handzeichen. — Danke.
Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? —
Dr. Seume (SPD) : Herr Präsident, es handelt sich
um eine Ausschußvorlage, und es muß im Plenum
Ohne Gegenstimmen und ohne Enthaltungen ange-
darüber beschlossen werden, ob Nr. 10 nun entfal-
nommen.
len soll. Meine Fraktion wünscht sich bei dieser Ab-
Über Nr. 13 soll getrennt abgestimmt werden. Ich stimmung über das Entfallen der Ziffer 10 zu ent-
sehe zwar den Sinn nicht ganz ein, Herr Kollege, es halten.
liegt kein Änderungsantrag vor — —
(Abg. Dr. Seume: Herr Präsident, meine Vizepräsident Schoettle: Sie helfen mir trotz-
Fraktion wünscht sich zu Nr. 13 der Stimme dem nicht aus dieser Schwierigkeit. — Bitte, Herr
zu enthalten!) Abgeordneter Mommer!
— Ach so. Dann rufe ich die Nr. 13 auf. Wir kom- Dr. Mommer (SPD) : Herr Präsident! Meinte Da-
men zur Abstimmung. Wer stimmt der Nr. 13 zu? — men und Herren! In zweiter und dritter Beratung
Gegenprobe! — Endhaltungen? — Das erste war die stimmen wir hier über das ab, was die Ausschüsse
Mehrheit; Nr. 13 ist angenommen. dem Plenum zugeleitet haben; wenn sie nichts zu-
geleitet haben, weil etwas entfallen ist, können wir
Ich rufe die Ziffer 4 des Art. 1 auf. Das Wort wird nicht abstimmen.
dazu nicht gewünscht.. Wir kommen zur Abstim-
mung. Wer stimmt .der Ziffer 4 zu? — Gegenprobe! (Zurufe: Sehr richtig!)
— Enthaltungen? — Ohne Gegenstimmen und ohne
Enthaltungen angenommen. Vizepräsident Schoettle: Herr Kollege Mom-
mer, ich bin Ihnen dankbar, daß Sie meine Auffas-
Zu Ziffer 4 a liegt ,ein Änderungsantrag auf Um- sung teilen.
druck 140 vor.
Wir können also die weiteren Ziffern erledigen.
(Zurufe von der SPD: Ist zurückgezogen!) Ich rufe Ziffer 11 auf. t
— Auch dieser ist zurückgezogen. (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Herr Prä-
sident!)
Dann können wir auch über Ziffer 4 a abstimmen.
— Bitte, Herr Abg. Schmidt!
Wer stimmt dieser Ziffer zu? — Die Gegenprobe! —
Das erste war die Mehrheit; Ziffer 4 a ist angenom-
men. Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Ich bitte,
über die §§ 14 a und b gesondert abzustimmen.
Wir stimmen nun über die restlichen Ziffern des Meine Fraktion wünscht sich bei § 14 b der Stimme
Art. 1 ab, zu denen keine Anträge mehr vorliegen. zu enthalten, da es bisher nicht zu einer einheit-
— Herr Dr. Seume! lichen Abstimmung gekommen ist.
Dr. Seume .(SPD) : Herr Präsident! Ich bitte, zu- Vizepräsident Schoettle: Bei Ziffer 11 handelt
sammenhängend bis Ziffer 9 abzustimmen und über es sich zunächst um den § 14 a.
Ziffer 10 gesondert. Meine Fraktion wünscht sich bei
(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Wird ange-
Ziffer 10 der Stimme zu enthalten.
nommen!)
Wir stimmen also im Rahmen der Ziffer 11 über
Vizepräsident Schoettle: Wenn ich Sie recht § 14 a ab. Wer stimmt diesem Paragraphen zu? —
verstanden habe, Herr Abgeordneter Dr. Seume, Danke! Die Gegenprobe bitte! — Enthaltungen? —
wünschen Sie, daß zunächst bis Ziffer 9 abgestimmt Einstimmig beschlossen.
wird und dann über Ziffer 10 gesondert. Wir stim-
men also über die Ziffern 5 bis 9 ab. Wer stimmt Jetzt § 14b !
diesen Ziffern zu? — Die Gegenprobe! — Enthaltun- (Zurufe des Abg. Dr. Seume:)
gen? — Diese Ziffern sind einstimmig angenommen.
— Zur Abstimmung? -
Da nach dem Vorschlag des Ausschusses die Zif
(Abg. Dr. Seume: Nein!)
fer 10 entfällt, ist hier nicht abzustimmen. — Ich
habe angenommen, Herr Abgeordneter Seume, daß — Dann können wir abstimmen. Wer stimmt § 14 b
Sie anderer Meinung sind. zu? — Danke! Die Gegenprobe! — Es tut mir leid;
ich habe die Abstimmung nicht ganz verstanden.
(Abg. Dr. Seume: Nein! Meine Fraktion
wünschte sich zum Fortfall der Ziffer 10 (Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] : Wir wollen
der Stimme zu enthalten!) uns der Stimme enthalten!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1603
Vizepräsident Schoettle
— Sie wollen sich der Stimme enthalten. Damit wäre, wenn ich richtig sehe, der Art. 1
erledigt. Jetzt muß noch über die Nummern 12 und
Ich wiederhole die Abstimmung: Wer stimmt
13 auf Seite 15 der Drucksache IV/538 abgestimmt
§ 14 b zu? — Danke! Gegenprobe! — Enthaltungen!
werden. Wer stimmt diesen Nummern zu? — Danke.
— § 14 b ist angenommen.
Gegenprobe! — Enthaltungen? — Diese Nummern
Ich rufe § 14 c auf. Wir stimmen ab. Wer stimmt sind einstimmig beschlossen.
dem Paragraphen zu? — Danke. Gegenprobe! —
Enthaltungen! — Keine Gegenstimmen, keine Ent- Der Art. 2 entfällt.
haltungen. § 14 c ist angenommen. Wir kommen zum Abschnitt II des Gesetzes. —
Wir kommen nun zur Abstimmung über § 14 d. Herr Abgeordneter Dr. Schmidt!
Wer stimmt zu? — Danke. Gegenprobe bitte! —
Keine Gegenstimmen. Enthaltungen? — Ebenfalls Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU) : Herr Prä-
nicht. § 14 d ist angenommen. sident! Meine Damen und Herren! Dem Hohen
§ 14 e! Das Wort wird nicht gewünscht. — Wir Hause liegt mit dem Umdruck 142 ein Änderungs-
kommen zur Abstimmung. Wer stimmt dem § 14 e antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und des
zu? — Danke. Gegenprobe! — Enthaltungen? — Abgeordneten Dr. Imle und Genossen vor. Inzwi-
§ 14 e ist bei zahlreichen Enthaltungen angenommen. schen hat auch die freie demokratische Fraktion den
Änderungsantrag unterzeichnet. Ich bitte Sie, diesem
§ 15! Herr Abgeordneter Dr. Seume! Änderungsantrag zuzustimmen.
(Abg. Dr. Seume: Herr Präsident, ich bitte, Es handelt sich um die Bereinigung einer Uneben-
über Abs. 1 Ziffer 4 und über Abs. 4 ge heit. Als der Finanzausschuß beschloß, die Einkom-
sondert abzustimmen!) mensteuerpräferenz für veranlagte Steuerpflichtige
— Dann stimmen wir zunächst über die Ziffern 1, 2 auf 30 % zu erhöhen, übersah er im Drange der Ge-
und 3 des § 15 Abs. 1 ab. Wer stimmt diesen Ziffern schäfte, daß die Gruppe der Pensionäre, der Rentner
zu? — Danke. Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. usw., die nicht mehr aktiv arbeiten und deshalb die
Dann sind diese Ziffern angenommen. Zulage für Arbeitnehmer nicht erhalten werden, auch
nicht an der Einkommensteuerpräfenzerhöhung
Wir stimmen nun über die Ziffer 4 des Abs. 1 partizipieren würden, da sie in der Regel nicht zur
ab. Wer stimmt dieser Ziffer zu? — Danke. Gegen- Einkommensteuer zu veranlagen sind. Nur diese
probe! — Bei zahlreichen Gegenstimmen ist diese Gruppe von dieser Steuervergünstigung auszuneh-
Ziffer angenommen. men wäre aber nicht gerechtfertigt gewiesen. In die-
Wir kommen nun zu den Ziffern 5 und 6. sem interfraktionellen Antrag wird daher vorge-
(Zuruf: Und Abs. 2 und 3!) schlagen, allen natürlichen Personen — und das war
die ursprüngliche Absicht — eine Einkommensteuer-
— Herr Kollege Seume, darf ich Sie noch einmal präferenz von 30 % einzuräumen. Auf diese Weise
fragen: Sie haben den Abs. 2 des § 15 gemeint? wird auch die nach der Ausschußvorlage entstehende
(Abg. Dr. Seume: Nein, Herr Präsident, ich formale Ungleichbehandlung von Lohnsteuer- und
bat Sie darum, über den Abs. 4 getrennt Einkommensteuerpflichtigen hinsichtlich der Höhe
abstimmen zu lassen!) der Präferenz beseitigt.
— Das haben wir doch getan! Da aber per Saldo die Steuererleichterung der
Arbeitnehmer nicht über das im Regierungsentwurf
(Abg. Dr. Seume: Nein, Sie haben über die vorgesehene Maß hinausgehen soll, muß die Zu-
Ziffer 4 gesondert abstimmen lassen! Ich lagentabelle so umgestaltet werden, daß die Steuer-
hatte aber zusätzlich um getrennte Abstim- erleichterungen, die sich aus der 20°%igen Lohn-
mung über den Abs. 4, den letzten Absatz steuerpräferenz zuzüglich der jeweiligen Zulage er-
des § 15, auf Seite 15 oben rechts, gebeten!) geben hätten, bei Einräumung einer 30%igen Prä-
— Dann können wir also über die Passagen dieses ferenz beibehalten werden. Das bedeutet, daß die-
Gesetzes bis zu diesem Punkt abstimmen. jenigen Arbeitnehmer, die Lohnsteuer entrichten
müssen, zum Ausgleich der auf 30 °/o angehobenen
(Zustimmung.) Lohnsteuerpräferenz eine entsprechend geringere
Ich stelle diese Abschnitte zur Abstimmung. Wer Zulage erhalten werden.
stimmt ihnen zu? — Danke. Gegenprobe! — Das ist Wenn es sich auch in Einzelfällen nicht verhin-
einstimmig beschlossen. dern lassen wird, daß die Gesamtentlastung des
Dann stimmen wir über den Abs. 4 ab: Arbeitnehmers von der ursprünglich in der Regie-
rungsvorlage vorgesehenen Gesamtentlastung ge-
Die Vorschrift des § 14 e ist erstmals für das ringfügig abweicht, so wird diese Regelung, im
Kalenderjahr 1962 anzuwenden. ganzen genommen, doch gerechter und für alle Be-
Das war gemeint, ja? troffenen, Steuerpflichtige, Betriebe und Finanzver--
waltung, einfacher als der Ausschußvorschlag zu
(Zustimmung.) praktizieren sein.
Wer stimmt diesem Abs. 4 zu? — Danke. Gegen- Ich darf Sie daher bitten, dem Ausschußvorschlag
probe! — Ohne Gegenstimmen angenommen! zuzustimmen.
(Abg. Dr. Seume: Die Enthaltungen, bitte!) Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie auch noch
— Enthaltungen? — Bei einigen Enthaltungen. bitten, einen Druckfehler in der Vorlage zu berich-
1604 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Dr. Gradl
Jetzt, angesichts der Mauer, kommt es erst recht und den Landsleuten in der Zone wird mit diesem
darauf an, die wirtschaftliche Kraft und Lebensfähig- Gesetz unsere Entschlossenheit für Berlin als Leucht-
keit Berlins zu steigern. turm der Freiheit und unser Vertrauen in die Zu-
kunft bekundet.
Mit Genugtuung vernehmen wir, daß auch im be-
freundeten Ausland, insbesondere in den Vereinig- Meine Damen und Herren, in diesem Sinne wird
ten Staaten, die Absicht besteht, wirtschaftliche Nie- die Fraktion der CDU/CSU dem Berlinförderungs-
derlassungen in Berlin zu erweitern oder neu zu gesetz zustimmen.
errichten. Solche willkommenen Absichten von Un- (Beifall.)
ternehmungen befreundeter Länder werden unter-
stützt und ihre Verwirklichung wird gefördert, je Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der
größer die Initiative und die Anstrengung deutscher Herr Abgeordnete Dr. Imle.
Unternehmerschaft in bezug auf Berlin ist. Dieses
neue Gesetz bietet dafür mannigfache, materiell ins Dr. Imle (FDP) : Herr Präsident! Meine sehr ge-
Gewicht fallende Förderungen. ehrten Damen und Herren! Für die freie demokra-
Diese neuen Maßnahmen machen nahezu eine tische Fraktion darf ich folgende Erklärung ab-
halbe Milliarde DM aus. Um soviel erhöht sich, aufs geben.
Jahr gerechnet, die Berlinhilfe über den vor dem Die Freien Demokraten begrüßen es, daß mit
13. August erreichten Stand hinaus. diesem Gesetz zur Förderung der Wirtschaft von
Wer sagt, daß sich eine solche Hilfe, wenn sie, Berlin (West) Steuererleichterungen gewährt wer-
wie im Falle Berlins, notwendig ist, in der Schick- den, die in ihrer Wirksamkeit über die bisher ge-
salsgemeinschaft eines Volkes von selbst versteht, währten Steuervergünstigungen weit hinausgehen.
der hat recht. Aber ich meine, das hindert nicht — Bundesvorstand und Bundestagsfraktion der FDP
das darf ich gerade als Berliner Abgeordneter sagen hatten bereits auf ihrer Berliner Sitzung vom 12.
—, mit Dank anzuerkennen, was der Bund, der die und 13. Februar 1962 erklärt, daß die Mittel, die der
finanzielle Hilfe hauptsächlich zu erbringen hat, hier Bund zur Verfügung stellt, vor allem einer produk-
für Berlin leistet. Die Leistung der Bundesregierung tiven Wirtschaftsförderung dienen müssen, weil
bzw. des Bundes für Berlin ist um so mehr anzu- davon das wirtschaftliche Schicksal Westberlins und
erkennen, als der Bundeshaushalt nicht mehr wie die Beschäftigung der Westberliner Bevölkerung
in den vergangenen Jahren Ausgaben mehr oder abhängen.
minder unbekümmert übernehmen kann. Es sollte auch nicht übersehen werden, daß die
Das neue Berlinförderungsgesetz ist schwer zu. Westberliner Wirtschaft vornehmlich eine Vielzahl
) lesen. In der Hauptsache besteht es aus einer Fülle kleiner und mittlerer Betriebe umfaßt, die durch die
komplizierter steuerrechtlicher Vorschriften. Dennoch Ereignisse des 13. August 1961 besonders hart be-
ist das Gesetz kein Fachgesetz, sondern ganz wesent- troffen worden sind.
lich ein politisches, ein nationalpolitisches Gesetz. Die Freien Demokraten haben sich daher im Aus-
Es ist eine deutsche Antwort auf die kommunistische schuß dafür eingesetzt, daß die Einkommensteuer-
Herausforderung in Berlin. präferenz von 20 auf 30 °/o heraufgesetzt wird. Diese
(Beifall.) Maßnahme, die ihren Niederschlag im Ausschuß-
bericht gefunden hat, kommt vor allem der mittel-
Die Sowjetunion hat im Abschnitt 7 des bekannten ständischen Wirtschaft zugute und dient ihrer
Memorandums vom 27. Dezember vorigen Jahres Eigenkapitalbildung und damit der Krisenfestigkeit.
offen ihre Hoffnung ausgesprochen, daß es in Berlin
keine Fortentwicklung der Produktion mehr geben Der Regierungsentwurf sieht darüber hinaus ge-
werde, sondern Schrumpfung und Abwanderung. eignete Maßnahmen vor, die einen Anreiz für den
Meine Damen und Herren, diese Hoffnung hat sich, Zuzug von Arbeitskräften nach Berlin darstellen.
aufs Ganze gesehen, bisher schon als eine Illusion Neben der 20 %igen Lohnsteuerpräferenz soll eine
erwiesen. Das neue Gesetz wird, davon sind wir gestaffelte Zulage gewährt werden. Die Freien
überzeugt, dazu beitragen, daß die kommunistische Demokraten begrüßen es, daß im Ausschuß ein
Spekulation, die Freiheit in Berlin sozusagen aus- Recht zur Wahl zwischen dieser Zulage und einer
hungern zu können, auch in Zukunft eine Illusion 30 % igen Lohnsteuerpräferenz beschlossen wurde.
bleiben wird. Auch die Berliner Filmwirtschaft ist erfreulicher-
(Beifall.) weise in die Förderung einbezogen worden.
Die FDP. hat sich schließlich trotz Bedenken ent-
Lassen Sie mich schließen. Das Gesetz ist Aus-
schlossen, der Bestimmung des § 14 b zuzustimmen,
druck und Ausfluß der intensiven wirtschaftlichen
durch die nicht nur der Investor, sondern auch der
Bindung zwischen Berlin und der Bundesrepublik.
Geldgeber prämiiert wird. Das ist eine Bestimmung,
Natürlich gehört zur Lebensfähigkeit Berlins ebenso
von der mittelständische Schichten zwar kaum Ge- -
die Erhaltung, Pflege und Vertiefung aller anderen
brauch machen können, die aber der mittelstän-
Bindungen, insbesondere auch der politischen. Aber
dischen Wirtschaft in Berlin dient.
die wirtschaftliche Existenz ist nun einmal die un-
entbehrliche Grundlage für alles andere. Die groß Um jedoch in Anbetracht der Lage des Bundes-
angelegte Förderungsaktion dieses neuen Berlin- haushalts für diese und andere zusätzliche Maß-
hilfegesetzes zeigt auf ihre Weise der Bevölkerung nahmen die Mittel frei zu bekommen, mußten be-
Westberlins, daß sie nicht alleinsteht und nicht züglich der Großindustrie gewisse Kürzungen bei
alleingelassen wird. Den Berlinern hinter der Mauer der Umsatzsteuer erfolgen. Diese Kürzungen sollen
1606 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Dr. Imle
jedoch nicht wie die übrigen Bestimmungen schon gunsten der für Berlin bereits getroffenen und für
am 1. Juli 1962, sondern erst am 1. Januar 1963 in die Zukunft beabsichtigten Maßnahmen zum Nach-
Kraft treten. teil des Landes Berlin erschüttert werden kann.
Die Freien Demokraten erhoffen sich von der vor- Dennoch soll dieses Bedauern und sollen diese
liegenden Fassung des Berlinhilfegesetzes eine Befürchtungen die großen positiven Möglichkeiten
nachhaltige Festigung und Aufwärtsentwicklung für keineswegs verringern; denn auch in seiner jetzi-
die Berliner Wirtschaft. gen Fassung eröffnet der Entwurf mit der Hilfe des
(Beifall bei der FDP.) Bundes dem Lande Berlin und .der Entwicklung sei-
ner Wirtschaft gute Möglichkeiten. Meine Fraktion
stimmt dem vorliegenden Entwurf des Berlinhilfe-
Vizepräsident Schoettle: Das Wort hat der gesetzes und des Steuererleichterungsgesetzes in
Herr Abgeordnete Dr. Seume.
dritter Lesung 2u.
Dr. Seume (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen (Beifall bei der SPD.)
und Herren! Namens meiner Fraktion habe ich
Ihnen folgende Erklärung abzugeben. Zum politi- (Vorsitz: D. Dr. Gerstenmaier.)
schen Teil dieser Angelegenheit hat der Berliner
Abgeordnete, Herr Kollege Dr. Gradl, das Notwen- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen
dige gesagt. Ich kann mich darauf beziehen und auf und Herren! Wir kommen zur Schlußabstimmung.
diese Weise Wiederholungen vermeiden.
(Abg. Dr. Schmidt [Wuppertal] meidet sich.)
Es ist eine sehr dankenswerte Tatsache, daß die
Änderung und Ergänzung des Berlinhilfe- und des — Sie wollten doch das Wort nach der Schlußab-
Steuererleichterungs-Gesetzes durch .die schnelle stimmung zu einer Erklärung haben. Der Herr
Arbeit der beteiligten Ausschüsse heute verab- Senator Schütz von Berlin hat gleichfalls um das
schiedet werden können. Der Entwurf sieht mit Wort nach der Schlußabstimmung gebeten.
mehr als der Hälfte der für Berlin zur Verfügung Ich habe keine weiteren Wortmeldungen. Die
gestellten Gesamtsumme zusätzliche Arbeitnehmer- Aussprache ist geschlossen. Änderungsanträge in
vergünstigungen vor, die geeignet sein können, die dritter Lesung liegen nicht weiter vor.
Arbeitskräftesituation im Lande Berlin positiv zu
Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Gesetz in
beeinflussen. Von ebenso großer Bedeutung 'ist die
beabsichtigte fühlbare Förderung der Investitionen dritter Lesung
in Berlin, wobei gewiß offenbleiben kann, ob der zustimmen will, den bitte ich, sich von den Plätzen
Weg über eine Investitionszulage zweckmäßiger zu erheben. — Gegenprobe! — Enthaltungen? —
und dauerhafter ist , als der über eine Erhöhung der Meine Damen und Herren, dieses Gesetzeswerk ist
Abschreibungen mit dem ihnen nun einmal inne- einstimmig vom Deutschen Bundestag angenommen.
wohnenden Zwang zur weiteren Investition. Nun,
Herr Kollege Gradl hat auch an dieser Stelle An- (Allgemeiner Beifall.)
deutungen über die Marktkonformität gemacht, so Ich 'gebe das Wort zu einer Erklärung dem Herrn
daß nichts mehr hinzuzufügen ist. Senator Schütz, Berlin.
Besonders begrüßen wir aus politischen und sach-
lichen Gründen die Maßnahmen des Gesetzentwurfs Schütz, Senator von Berlin: Herr Präsident!
zur Förderung des Zuflusses privaten Kapitals nach Meine Damen und Herren! Nach der Verabschie-
Berlin und zur Förderung des Mittelstandes, wenn dung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung
auch hier nicht alles, was als Ergebnis der letzten des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Ber-
Beratungen festzustellen ist, als eine spezifische lin und des Steuererleichterungsgesetzes für Berlin
Mittelstandsförderung anzusprechen ist. glaube ich, namens des Senats von Berlin dem Ho-
hen Hause ein Wort des Dankes schuldig zu sein,
Allerdings bedauern wir es, daß Sie, meine Da-
ein Wort des Dankes an alle dafür, daß dieses Wirt-
men und Herren von der Koalition, es sich versagt
schaftsförderungsgesetz beschlossen und daß es so
haben, die von bestimmter Seite vorbereiteten und
schnell beschlossen worden ist.
Ihnen bekanntgewesenen Änderungen der ur-
sprünglichen Regierungsvorlage Drucksache 435 zur Am 12. Juli wird sich der Bundesrat abschließend
Grundlage einer interfraktionellen Besprechung zu mit den Gesetzen beschäftigen. Der wesentliche Teil
machen, um auch in diesen Fragen der Berlinhilfe der Maßnahmen wird also ab 1. Juli in Kraft treten.
zu einer einheitlichen Meinungsbildung zu kommen. Das ist gut so, das ist notwendig, und dafür danken
Das um so mehr, als bereits in allen Fragen eine wir.
Übereinstimmung zwischen 'Bundesregierung und Die Berliner Bevölkerung findet sich in der Über-
Berliner Senat bestanden hat. zeugung gestärkt, daß sie in ihrem Freiheitskampf
Wir bedauern auch, daß einem blühenden Ber- nicht allein steht. Dieses Gesetz ist ein neuer Be-
liner Industriezweig mit über 4000 Beschäftigten weis, daß Berlin als Teil der Bundesrepublik
mitten in der Laufzeit des Berlinhilfegesetzes ein Deutschland der Unterstützung des ganzen deut-
erheblicher Teil der Präferenzen entzogen werden schen Volkes gewiß sein kann.
soll. Wir befürchten, daß durch diese Maßnahme Dem Gesetz liegt der Plan zugrunde, Berlin zu
das Vertrauen der Wirtschaft in die Kontinuität einer der modernsten Industriestädte zu gestalten.
und in die Zuverlässigkeit der Gesetzgebung zu- Der Senat von Berlin hat zusätzlich seine Pläne für
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1607
Senator Schütz
den Ausbau Berlins zu einer Stätte der Bildung, sen selbstverständlich auch die Berlinhilfemaßnah-
Wissenschaft und Kunst in den vergangenen Wo- men überprüft und gegebenenfalls auch abgebaut
chen vorgelegt. Das ist ein Teil der Antwort, die das werden. Drittens: Maßnahmen des Bundes, die als
freie Deutschland auf die Herausforderung des Hilfe für Berlin gedacht sind, dürfen nicht auch noch
13. August 1961 gibt. als Hilfsmaßnahmen für die blühende Wirtschaft
Nicht der Bau sinnloser Mauern und Grenzzäune, des Bundesgebietes umgedeutet werden.
sondern die Errichtung von Wohnungen und Fabri- (Beifall bei der CDU/CSU.)
ken wird durch dieses Gesetz begünstigt. Ich möchte
hoffen, daß alle Völker der Welt hiernach beurteilen Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen
werden, wer in unserem Vaterland für den Frieden und Herren, ehe ich den Tagesordnungspunkt ver-
und den Fortschritt der Menschheit arbeitet. lasse, müssen wir noch über den Antrag des Aus-
Unter schwierigen Umständen leisten wir alle schusses auf Drucksache IV/538 unter Ziffer 2 ab-
gemeinsam unseren Beitrag, den freien Teil Berlins stimmen, den Gesetzentwurf Drucksache IV/146 für
lebensfähig zu erhalten. Wir haben uns zu einer erledigt zu erklären. Das Haus ist einverstanden?
großen Gemeinschaftsaufgabe zusammengefunden: — Kein Widerspruch; es ist so beschlossen.
Die deutsche Hauptstadt wird ein Leuchtturm frei-
heitlicher Lebensordnung bleiben. Damit kommen wir zu Punkt 5 der Tagesordnung:
Der Senat von Berlin hat all denen zu danken, die
sich in Bundesrat und Bundestag und in der Bundes- Dritte Beratung des von den Fraktionen der
regierung mit uns zusammengefunden haben, um CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines
diese weitreichenden Beschlüsse zu erarbeiten. Ber- Gesetzes über die Erhebung der Abschöpfun-
lin weiß sich mit diesen Maßnahmen auf dem Weg gen nach Maßgabe der Verordnungen der
in die Zukunft. Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft über
die schrittweise Errichtung gemeinsamer
Der Herr Bundespräsident hat uns, alle Deutschen, Marktorganisationen für die landwirtschaft-
gemahnt, uns zu: Berlin so zu verhalten, als käme lichen Erzeugnisse (Abschöpfungserhebungs-
es auf uns ganz allein an. Dieses Gesetz ist ein Bei- gesetz) (Drucksache IV/464) ;
spiel dafür, daß wir uns dieser Aufgabe bewußt
sind. a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Aus-
(Beifall auf allen Seiten des Hauses.) schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
(Drucksache IV/545),
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort zu b) Mündlicher Bericht des Finanzausschusses
einer Erklärung hat der Herr Abgeordnete Dr. (14. Ausschuß) (Drucksache IV/530).
Schmidt (Wuppertal). (Erste Beratung 35. Sitzung).
(Zweite Beratung 36. Sitzung).
Dr. Schmidt (Wuppertal) (CDU/CSU): Herr Prä-
sident! Meine Damen und Herren! Mir als dem Allgemeine Aussprache! Wird dazu das Wort
Vorsitzenden des Finanzausschusses ist es ein Be- gewünscht? — Keine Wortmeldungen in der all-
dürfnis, an dieser Stelle den Dank für die außer- gemeinen Aussprache.
ordentlich gute Zusammenarbeit zwischen der Bun- Zu § 4 liegt ein Änderungsantrag auf Um-
desregierung, dem Senat der Stadt Berlin und dem druck 141 vor, eingebracht von den Abgeordneten
zuständigen Ausschuß auszusprechen. Diese Zusam- Dr. Serres, Bauknecht und Genossen. Ich frage, ob zur
menarbeit war hart und spannungsvoll. Trotzdem Begründung des Änderungsantrages das Wort ge-
geschah sie in einer leidenschaftlichen Solidarität wünscht wird. — Zur Begründung Herr Abgeordne-
aller für unsere geliebte Hauptstadt Berlin. ter Dr. Serres.
(Beifall auf allen Seiten des Hauses.)
Lassen Sie mich zum Schluß auch noch ein Wort Dr. Serres (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine
über unsere Erfahrungen im Zusammenhang mit Damen und Herren! Der Umdruck 141 enthält den
dieser Arbeit sagen. Die Arbeit an diesem Gesetz Antrag zu § 4 Abs. 3 des Abschöpfungserhebungs-
hat uns wieder einmal eine Lehre erteilt, bei Ver- gesetzes, die Worte „auf Antrag" zu streichen.
günstigungen aller Art sehr vorsichtig zu Werke zu Wie Sie sich erinnern werden, haben wir dem § 4
gehen. Vergünstigungen sind leicht eingeführt, aber einen Abs. 3 angefügt, in dem bestimmt worden ist,
schwer, manchmal gar nicht mehr abzuschaffen. Sie daß der Abschöpfungssatz am Tage der Auslage-
führen zu Berufungsfällen aller Art. rung erhoben werden soll. Es war jedoch eingefügt
In diesem Zusammenhang möchte ich daher worden, daß das nur auf Antrag geschehen kann.
dreierlei betonen. Erstens: Berlin ist in einer so Inzwischen sind auch bei den beteiligten Ressorts
besonderen Lage, daß eine Berufung auf Sonder- Bedenken aufgekommen, daß damit eine Regelung -
regelungen als Vergleichsmaßstab für das Bundes- getroffen sei, nach der die Erhebung wahlweise
gebiet ausgeschlossen bleiben muß. möglich ist, entweder nach dem Tag der Einlage-
rung oder nach dem Tag der Auslagerung. Es war
(Beifall bei der CDU/CSU.) aber der eindeutige Wunsch der Antragsteller, auf
Zweitens: Wenn die Berliner Entwicklung, wie wir den Tag der Auslagerung abzustellen. Unter diesen
alle hoffen wollen, unangefochten im Gleichklang Umständen haben wir uns entschlossen, den Antrag
mit der Wirtschaft im Bundesgebiet verläuft, müs zu stellen, die Worte „auf Antrag" zu streichen.
1608 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Dr. Serres
Es kommt hinzu, daß die Europäische Kommission (19. Ausschuß) (Drucksachen IV/515, zu
in einer Empfehlung vom 25. Mai dieses Jahres IV/515, IV/550).
ausdrücklich niedergelegt hat, daß bei der Aus- (Erste Beratung 35. Sitzung, Zweite Beratung
lagerung der am Tage der Auslagerung geltende 36. Sitzung) .
Abschöpfungssatz zugrunde zu legen ist. Wir ent-
sprechen mit unserem Antrag also auch einer Emp- Ich eröffne die allgemeine Aussprache. — Herr
fehlung der Europäischen Kommission. Abgeordneter Dr. Schmidt (Gellersen), bitte.
Ich darf Sie bitten, meine Damen und Herren,
dem Antrag Umdruck 141 Ihre Zustimmung zu Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD) : Herr Präsident,
geben. darf ich mir erlauben, gleichzeitig den Punkt 8 mit-
zubehandeln?
Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Sie haben die
Begründung des Antrags gehört. — Keine Wort- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Meine Damen
meldungen. und Herren, ich habe den Eindruck, daß die beiden
Ich lasse abstimmen. Wer dem Änderungsantrag Gebiete, die in den Tagesordnungspunkten 7 und 8
Umdruck 141 zustimmen will, den bitte ich um ein behandelt werden, so zusammenliegen, daß ich
Handzeichen. — Gegenprobe! Enthaltungen? — diese beiden Punkte zur Aussprache stellen kann.
Dieser Änderungsantrag ist einstimmig angenom- (Abg. Dr. Schmidt (Gellersen) : Herr Präsi-
men. dent, und auch 42!)
Wer dem § 4 in der so geänderten Fassung zu-
stimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. Ich rufe also 'demgemäß noch auf den Punkt 8 der
— Gegenprobe! — Enthaltungen? — Das ist ein- Tagesordnung:
stimmig angenommen.
Dritte Beratung des von den Fraktionen der
Weitere Änderungsanträge zu dem Gesetzent- CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines
wurf liegen nicht vor. Ich frage, ob das Wort ge- Gesetzes zur Durchführung der Verordnungen
wünscht wird. — Das Wort wird nicht gewünscht. Nr. 20 (Schweinefleisch), Nr. 21 (Eier) und Nr.
Wer dem Gesetzentwurf in dritter Lesung zustim- 22 (Geflügelfleisch) des Rates der Euro-
men will, den bitte ich, sich zu erheben. — Gegen- päischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie zur
probe! — Enthaltungen? — Der Gesetzentwurf ist Änderung des Gesetzes zur Förderung der
einstimmig angenommen. deutschen Eier- und Geflügelwirtschaft (Druck-
sache IV/465);
Ich rufe auf Punkt 6: a) Bericht des Haushaltsausschusses (13. Aus-
schuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
Dritte Beratung des von den Fraktionen der (Drucksache IV/521)
CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines
b) Schriftlicher Bericht des Ausschusses für
Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes
Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
(Drucksache IV/466) ;
(19. Ausschuß) (Drucksachen IV/516, zu
,
Bauer (Wasserburg)
Regierung ableiten, Herr Kollege Schmidt. Von den Wettbewerbsverzerrungen mit der gleichen Tat-
Bänken der Opposition sucht man manchmal nach kraft, mit dem gleichen Schwung einzuleiten wie
derartigen Anlässen, doch sind die Objekte, die jetzt bei der laufenden Produktion von Gesetzen
man wählt, dafür nicht besonders geeignet. und Verordnungen.
Lassen Sie mich noch etwas zu dem Thema sagen. Ich möchte ausdrücklich auch im Namen meiner
Sie haben mit keinem Wort davon gesprochen, wie Fraktion dem Bundesminister für Ernährung, Land-
dieselben Verordnungen in den fünf anderen Län- wirtschaft und Forsten dafür danken, daß er bei der
dern durchgeführt werden. Herr Schmidt, wir sind letzten Ministerratssitzung am 29. Mai in Brüssel
in der Bundesrepublik in der allerbesten Situation; mit sehr großem Ernst darauf hingewiesen hat und
das ergibt sich, wenn wir uns mit den fünf anderen weitere Entscheidungen der deutschen Bundesregie-
Ländern vergleichen. Dort wird nämlich die gleiche rung von der Erfüllung dieser deutschen Forderung
Materie rein auf dem administrativen Wege er- abhängig gemacht hat. Ich kann das gar nicht stark
ledigt. Dort befaßt sich überhaupt kein Parlament genug unterstreichen.
mit diesen Gesetzen. Wir in der Bundesrepublik In der Öffentlichkeit und in den Parlamenten und
haben diesen Weg gewählt. Wir sollten deshalb Ausschüssen ist seit der am 14. Januar in Brüssel
nun der Bundesregierung dankbar sein, daß sie uns erfolgten Verabschiedung dieser Agrarverordnun-
die Möglichkeit gibt, mitzusprechen und mitzuwir- gen eine lebhafte Debatte im Gange; Sie haben es
ken. Wir haben darüber hinaus bei der Beratung schon gesagt, Herr Kollege Schmidt. Es ist äußerst
dieses Gesetzes die weitestgehende Unterrichtung interessant, wie sich dabei die Propheten abwech-
des Bundestages vor dem Erlaß der künftigen Ver- selnd überbieten. Von großem Pessimismus für die
ordnungen sichergestellt. Wir sind sehr froh dar- Zukunft der Landwirtschaft bis hin zu dramatisch
über, daß uns auch das bei der Beratung gelungen besorgten Stimmen wegen der zu erwartenden
ist. Preissteigerungen für die Verbraucher reicht dabei
Ich habe seinerzeit ferner gefordert, daß für die die Bandbreite der Diskussion.
Land- und Ernährungswirtschaft die volle Über- Sie sprachen in diesem Zusammenhang von einem
gangszeit zum Gemeinsamen Markt erkämpft wer- eigenartigen Feriengeschenk der Bundesregierung
den solle, damit eine behutsame und störungsfreie an die deutsche Verbraucherschaft. Sie meinten
Überführung dieser Wirtschaft in die EWG gewähr- damit die zu erwartenden Preissteigerungen. Herr
leistet ist. Dies scheint nach dem jetzt vorliegenden Schmidt, wir wissen alle, wie problematisch sie sind
Gesetz Gott sei Dank gesichert zu sein. Wir halten und wie wenig man darüber etwas weiß. Ich habe
das nach dem jetzigen Stand der Dinge für notwen- erst dieser Tage eine Ausrechnung gesehen, wonach
dig. Ich habe damals ° allerdings gleichzeitig darauf auf Grund der jetzt beim Getreide zu erwartenden
hingewiesen und wiederhole es heute, daß das Entwicklung eine Preiserhöhung für Brötchen um
Festhalten an der Forderung „gesamte Übergangs- vielleicht 1/10 Pfennig zu erwarten sei. Ich spreche es
zeit" nur dann sinnvoll erscheint, wenn diese Jahre auch von dieser Stelle aus: Ich glaube, das ist
des Übergangs genutzt werden, wenn also bei den wirchlich kein Grund, den Brötchenpreis für den
Maßnahmen zur Verbesserung der Struktur der Verbraucher zu erhöhen.
Landwirtschaft keine Verzögerung eintritt.
(Beifall bei der CDU/CSU. — Bravo bei
Hier möchte ich mit einer gewissen Besorgnis,
der SPD.)
Herr Professor Erhard, und auch Sie, Herr Staats-
sekretär, vermerken, daß die Förderung der Maß- Herr Schmidt, wir fassen heute Beschlüsse, die am
nahmen zur Strukturverbesserung durch die be- 30. Juli in Kraft treten. Sie haben von einem häß-
rühmte Sperre von 20 % der Haushaltsmittel be- lichen Feriengeschenk der Bundesregierung für die
einträchtigt ist. Wenn es irgendwo eine Möglichkeit Verbraucher gesprochen. Herr Schmidt, ich möchte
geben sollte, die Sperre bald aufzuheben, wäre wohl gar nicht polemisch werden und sagen, daß in der
gerade hier ein Feld. Angesichts der nun endgültig gleichen Zeit, wo diese Preissteigerungen angeblich
auslaufenden Fristen ist es wohl dringend notwen- für sie eintreten, dieselben Leute irgendwohin in
dig, daß wir die langfristigen Maßnahmen zur Urlaub fahren, daß der Bauer in der gleichen Zeit
Strukturverbesserung zügig, ja vielleicht sogar sein Getreide, das er auf dem Halm stehen hat,
verstärkt fortsetzen. im Schweiße seines Angesichts einbringen muß und
(Beifall bei den Regierungsparteien. — auch nicht weiß, wie sich diese Gesetze für ihn aus-
Abg. Dr. Schmidt [Gellersen]: Bravo!) wirken werden. Wollen wir doch etwas Parität in
diese Befürchtungen bringen und nicht immer so tun,
Mit gezielten Maßnahmen werden wir in Zukunft als ob die Wirkungen oder Besorgnisse nur nach
besonders dort ansetzen müssen, wo eine unmittel- der einen oder anderen Seite gingen.
bare Einkommenseinbuße entsteht oder wo die
Überleitung mit besonderen Anstrengungen und (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Sagen Sie
Schwierigkeiten verbunden ist. uns, gegen wen argumentieren Sie?)
(Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Aha! Und — Einverstanden. Aber es ist von einem häßlichen
unsere Anträge haben Sie abgelehnt!) — wie war es? —, von einem eigenartigen Ferien-
geschenk an die Verbraucher die Rede gewesen.
Nicht zuletzt, Herr Kollege Schmidt — das sage ich
mit großem Ernst — muß diese Übergangszeit dazu (Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Aber was
benutzt werden, die vorgesehene Beseitigung der haben Sie vorher gesagt?!)
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1617
Bauer (Wasserburg)
Ich wollte hier nur nachholen, daß es uns nicht Jetzt hole ich das nach, Herr Frehsee, was ich gera-
nur um die Verbraucher geht, sondern daß der de ausgelassen habe. In diesem konkreten Falle
Bauer mindestens genauso besorgt sein kann und heißt es „Harmonisierung der arbeits- und sozial-
besorgt sein muß. rechtlichen Normen". Was Sie hier für die arbeits-
und sozialrechtlichen Normen fordern — damit soll-
(Abg. Dr. Schmidt [Gellersen] : Das habe ich
ten Sie einverstanden sein —, das sollte für alle
nicht bestritten!)
Gebiete gelten.
Aber wir haben den Mut, unserer Landwirtschaft
(Abg. Frehsee: Es fragt sich aber, was die
beispielsweise im marktfernen Gebiet zu sagen: ihr
fortschrittlichste Regelung ist!)
müßt mit dem Inkrafttreten der Getreidemarktrege-
lung zunächst einmal gewisse Preisnachteile in Kauf Ich glaube, kein Bauernverband könnte das besser
nehmen. Wir haben auch den Mut, ihnen zu sagen, formulieren, als das hier zum Ausdruck gebracht ist.
auf welche Weise wir auf lange Sicht glauben diese Unser Kollege Frehsee wird nicht ganz unschuldig
Dinge wieder ausgleichen zu können. an dieser Formulierung sein. Ich freue mich, daß er
Meine Damen und Herren, ich glaube, diese ganze das außerhalb des Parlaments und außerhalb seiner
besorgte Diskussion im Interesse des Erzeugers und Fraktion im Bereich seiner berufsständischen Tätig-
Verbrauchers geht eigentlich an der Zielsetzung der keit einmal wirklich offenherzig dargelegt hat. Ich
Römischen Verträge vorbei. Die Römischen Ver- hoffe nur, Herr Frehsee, daß wir uns bei den künf-
träge wollen doch für alle Menschen und für alle tigen Beratungen in der Praxis auch immer wieder
Berufsstände gleichermaßen durch das Zusammen- auf diese Aussagen beziehen dürfen.
wirken im größeren Raum die Zukunft sichern, auch Für' diejenigen, die immer noch nicht gemerkt
die politische Zukunft sichern und nach Möglichkeit haben, woher diese Richtlinien stammen, darf ich
das wirtschaftliche Ergehen verbessern. Aber, Herr sagen: es sind die neuen agrarpolitischen Richtlinien
Schmidt, das gilt für alle, für alle gleichermaßen! der Gewerkschaft Gartenbau, Land- und Forstwirt-
Von der Aussage dieses Vertragsteiles her ist es schaft.
doch eine interessante Mitteilung, die 'ich kürzlich (Beifall bei der SPD.)
gelesen habe und die ich Ihnen nicht vorenthalten
möchte. Sie stammt von einem Verband. Sie dürfen Ich habe ihnen gar nichts hinzuzufügen, nur den
dreimal raten; Sie werden bald daraufkommen; Herr einzigen Wunsch, wie gesagt, daß diese Grundsätze
Frehsee nickt schon. Diese Mitteilung begrüße ich — und das ist meine Bitte — auch bei den übrigen
außerordentlich. Dieser Verband schreibt in seinen Gewerkschaften, auch bei den übrigen Wirtschafts-
neuen agrarpolitischen Richtlinien — hören Sie, kreisen gehört werden und daß sie im praktischen
meine sehr verehrten Damen und Herren —: Verhalten dieser einzelnen Gruppen dann auch
ihren Niederschlag finden. Wenn das geschieht und
Das Risiko der Landwirtschaft, das durch die wenn wir uns auch in der Zukunft darum bemühen
Abhängigkeit von organischen Wachstumspro- - meine verehrten Kollegen von der Fraktion der
zessen und durch den Einsatz kostspieliger Ma- SPD: bemühen! —, gemeinsam bestmögliche Lösun-
schinen während kurzer Saisonkampagnen ver- gen zu finden, dann wird — davon bin ich überzeugt
ursacht wird, muß wie in anderen Berufen durch — dieser 30. Juli nicht etwa mit Schrecken von den
angemessene Erzeugerpreise abgegolten wer- Verbrauchern oder Erzeugern erwartet werden müs-
den. sen, sondern dann wird dieser 30. Juli durchaus ein
Es geht dann weiter: glückliches Beginnen bringen können.
Die Erzeugerpreise müssen auf die Dauer ge- (Beifall bei der CDU/CSU.)
sehen allen Menschen, die in strukturgesunden
landwirtschaftlichen Betrieben betriebsnotwen- Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Das Wort hat
dig tätig sind, ein redliches Einkommen sichern. der Herr Abgeordnete Logemann.
Weiter heißt es dort:
Logemann (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen
Wie jeder andere Zweig der Wirtschaft hat und Herren! Ich darf hier für die FDP-Fraktion noch
auch die Landwirtschaft Anspruch auf staat- eine allgemeine Stellungnahme zur dritten Lesung
lichen Schutz vor ruinösen Einfuhren, soweit abgeben. Dabei möchte ich mich nach Möglichkeit
diese auf sozialem Dumping oder wettbewerbs- kurz fassen und vor allem auf die fachlichen Pro-
verzerrenden Subventionen beruhen. bleme beschränken, die jetzt durch die neuen Ver-
Und jetzt unterschlage ich Ihnen zwei Worte, damit ordnungen auf uns Landwirte zukommen.
Sie nicht alle sofort daraufkommen; ich hole sie Zunächst einmal kann ich Sie, Herr Dr. Schmidt,
hinterher nach. Es kommt nämlich der entscheidende beruhigen. Die FDP-Fraktion ist durchaus der Auf-
Schlußsatz, eine wichtige Feststellung, die insbeson- fassung, daß die Entschließung des Deutschen Bun-
dere hier für die linke Seite und für die linksgerich- destages vom 31. Januar 1962 weiterhin Richtschnur
teten Kreise in unserer Bevölkerung von großer Be- für unsere Agrarpolitik zu sein hat. Auch wir be-
deutung ist. Es heißt dort am Schluß: dauern es sehr, daß uns — Herr Kollege Bauer hat
Bei der notwendigen Harmonisierung ... im soeben schon darauf hingewiesen — die letzten
Bereich der EWG sind Angleichungen an die Verordnungen so kurzfristig zugeleitet worden
jeweils fortschrittlichsten Regelungen anzustre- sind. Trotz der kurzen Frist haben wir unsere Un-
ben. terschrift noch einmal gegeben, aber wir sind der
1618 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Logemann
Auffassung, daß solche Beratungen Zeit brauchen, Sie haben seit einigen Monaten in Ihren Reden
und wir werden genau so wie Sie verlangen, daß laufend zum Maßhalten aufgerufen. Sicherlich ha-
uns diese Zeit künftig bei solchen Verordnungen ben Sie dabei nicht die Landwirtschaft gemeint;
zur Verfügung gestellt wird. denn die Landwirtschaft hat bei den Preisen maß-
In der Presse können wir jetzt schon einige Aus- gehalten. Aber, Herr Minister, nach meiner Auffas-
wirkungen der zweiten Lesung von vorgestern fest- sung kommen diese Reden auch schon Jahre zu
stellen. Die Überschriften besagen z. B., daß die spät. Nun sind Sie, Herr Minister, ja Optimist, und
Grüne Front hier vorgestern bei den Beratungen das entschuldigt Sie vielleicht etwas; denn Opti-
über die Agrarverordnungen gesiegt habe. Ich misten beten immer erst dann, wenn es donnert.
meine, daß es völlig falsch ist, heute schon von Also hier habe ich ein gewisses Verständnis für die
Siegern und Besiegten zu sprechen. Verzögerung. Ich meine aber, daß es gerade jetzt
darauf ankommt, daß auch in der Umwelt der deut-
Es ist auch nicht richtig, von dem großen Licht zu schen Landwirtschaft 'bei Preisen und Löhnen Maß
sprechen, Herr Kollege Bauer, das uns diese Ver- gehalten wird. Die Wettbewerbssituation unserer
ordnungen gebracht haben sollen. Ich zumindest Landwirtschaft gegenüber der unserer Partnerländer
sehe dieses Licht noch durchaus nicht, sondern viel- ist so überaus schwierig, weil bei uns der Einkom-
mehr sehr viele Unklarheiten, die sich für die mensabstand zwischen der Landwirtschaft und den
Praxis ungünstig auswirken werden. Wir haben also vergleichbaren Berufen — nach dem Landwirt-
durchaus keinen Grund, von der Landwirtschaft aus schaftsgesetz werden die sehr genau festgestellt —
nun irgendwie in Siegerstimmung zu verfallen. sehr viel größer ist als in unseren Partnerländern.
Genau so deutlich möchte ich aber sagen, daß
(Zuruf des Abg. Lücker.)
auch der Verbraucher keinen Grund hat, jetzt schon
in Pessimismus zu machen und immer wieder große — Doch, Herr Kollege Lücker, ich könnte Ihnen
Sorgen anzumelden. Ich habe Überhaupt das Gefühl, Zahlen geben, nach denen diese Disparität in der
daß jetzt bei vielen Reden — auch von Ihrer Seite Bundesrepublik tatsächlich erheblich größer ist als
.aus, Herr Kollege Schmidt — der Verbraucher, ich in den anderen Ländern!
möchte sagen, einseitig in Schutz genommen wird.
(Abg. Dr. 'Schmidt [Gellersen] : Nicht wahr! Deshalb ist es wichtig, immer wieder festzustel-
— Weiterer Zuruf von der SPD: Unter len, daß das Agrarpreisniveau für die deutsche
stellung!) Landwirtschaft in Zukunft nicht nur vom Bundestag
— sicherlich entscheidend mit, Herr Kollege
— Nicht gerade in Ihrer Rede, aber bei verschie Schmidt —, sondern in erster Linie durch die Ein-
denen Rednern, besonders bei Herrn Frehsee, klang kommens-, Lohn- und Preisentwicklung in der
es doch an, daß dabei gar nicht so sehr die Sorge Nachbarschaft, in unserer Umwelt, bestimmt wird.
um den Verbraucher mitspricht. Vielmehr habe ich
oftmals das Gefühl, daß doch wohl manchmal — das Bei der SPD taucht gelegentlich oder eigentlich
darf ich gerade in Anwesenheit des Herrn Bundes- immer wieder der Gedanke an eine Senkung des
wirtschaftsministers Erhard sagen — exportpoliti- Getreidepreises auf. Eine solche Getreidepreissen-
sche Sorgen im Blick auf die Zukunft mitsprechen kung könnte nach meiner Auffassung in ihren Aus-
und daß hier anscheinend ganz bestimmte Interes- wirkungen auf die Landwirtschaft sehr wohl gemil-
sen für einige Industrie-Institute schon in Gefahr dert werden, wenn gleichzeitig von einer Seite die
sind. Forderung käme, auch das deutsche Lohnniveau in
Nun aber zu den Verordnungen, die wir zur Zeit Industrie und Gewerbe auf das mittlere Lohnniveau
verabschieden; zuerst zu Getreide. Auch hier möchte der sechs Partnerländer zu senken. Das wäre für die
ich mich kurz fassen. Ich sehe zwar in 'der Getreide- Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft sehr viel
verordnung zunächst eine Sicherheit in preislicher günstiger. Ich sehe aber dazu keine Möglichkeit
Hinsicht für 'den Erzeuger für dieses Wirtschaftsjahr, und möchte noch einmal betonen: Bei einer ein-
— es wird kaum preisliche Veränderungen ge- seitigen Senkung der Futtergetreidepreise gibt es
ben —, befürchte aber, daß in marktfernen Gebieten gefährliche Auswirkungen. Der Getreidepreis bleibt
durchaus Preissenkungen durchschlagen können. Schlüsselpreis für uns in der EWG. Er ist aber nach
meiner Auffassung durchaus kein politischer Preis
Wir sollten doch auch bedenken — und darum mehr, zum mindesten nicht mehr von der Erzeuger-
möchte ich Sie bitten —, daß wir uns zur Zeit mit seite gesehen.
dieser Verordnung für Getreide um die Ansteue-
rung eines Getreidepreisniveaus bemühen, das die Die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise — das ist
Landwirtschaft schon im Jahr 1957 hatte und das das Schwierige in unserer Situation und erschwert
seit dieser Zeit nicht verändert worden ist. Es geht die Aufklärung ungeheuer — werden erst auf dem
also bei den Richtpreisen jetzt um die Ansteuerung Wege zum Verbraucher politische Preise. Der Bauer
-
dieses Getreidepreisniveaus. Dazu ist von seiten der ist ja mit seinem Erzeugeranteil kaum noch nennens-
Landwirtschaft festzustellen, daß in der Zwischen- wert z. B. am Brotpreis beteiligt.
zeit erhebliche Lohnsteigerungen verkraftet werden
mußten und weitere Kostenerhöhungen wirksam Wir sollten uns in der Getreidepolitik — zum
geworden sind. mindesten von der Landwirtschaft aus gesehen —
so einigen, daß getreideverkaufende und getreidezu-
Herr Minister Erhard, ich bin Ihnen sehr dank- kaufende Betriebe der Landwirtschaft in einem
bar, daß Sie heute bei der Debatte anwesend sind. Boote sitzen.
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1619
Logemann
Nun gestatten Sie mir auch noch einige Bemer- schöpfungsbeträge gegenüber Drittländern hat. Zur
kungen zu den Verordnungen über Schweinefleisch, Zeit ist die Situation doch so, daß wir bei den land-
Eier und Geflügelfleisch! Ich möchte vorweg sagen, wirtschaftlichen Erzeugerpreisen für Schweine auf
daß gerade die Preise für diese Erzeugnisse den den Märkten einen Tiefstand erreicht haben wie
Lohn der in den bäuerlichen Familienbetrieben seit Jahren nicht und daß schwere Schweine —
Tätigen bestimmen. Deshalb ist es ungeheuer wich- deren Preise gegenüber Drittländern nun doch ge-
tig, daß man sich von amtlicher Seite auch klar senkt werden — auf deutschen Märkten zur Zeit
über die Preise für diese Erzeugnisse äußert. Ich fast unverkäuflich sind.
bin wirklich in großer Sorge über die Preisentwick-
Damit komme ich zu einer anderen Frage, die
lung für Erzeugnisse der deutschen Veredlungswirt-
hiermit im Zusammenhang steht. Soll jetzt schon
wirtschaft. Ich bin vor allen Dingen auch in Sorge
erkennbar gemacht werden, daß die Präferenz, die
wegen der dazu ergangenen Verordnung. Diese Ver-
sich die sechs Länder in dem Vertrag von Rom ein-
ordnung bringt durchaus nicht die Sicherung der
geräumt haben, gar nicht wirksam werden soll, daß
landwirtschaftlichen Veredlungserzeugung, die wir
die Präferenz nur_ auf ,dem Papier stehen soll? Ich
uns wünschen sollten, sondern hier sind verschie-
finde, es ist notwendig, daß das Ernährungsministe-
dene Aufweichungen erfolgt. Die Entwicklung wird
rium der deutschen Landwirtschaft einmal deutlich
mit Sicherheit so laufen, daß wir in der Bundes- seine Auffassung dazu bekanntgibt. Diese Meldun-
republik künftig sehr stark beschickte landwirt- gen aus Brüssel müssen für die deutsche landwirt-
schaftliche Märkte haben werden. Ein großes Ange- schaftliche Veredlungswirtschaft in der Tat sehr be-
bot landwirtschaftlicher Veredlungserzeugnisse be- unruhigend wirken. Wenn man aber bezüglich der
deutet immer und sicher — das ist doch die Erfah- Aufweichung der Präferenz hier nun schon den An-
rung — Vorteile für den Verbraucher, aber einen fang macht, dann, finde ich, ist es wirklich aller-
Preisdruck für den Erzeuger. höchste Zeit — Herr Kollege Lücker, das möchte ich
ganz besonders Ihnen sagen —, auch an eine neue
Ich darf in diesem Zusammenhang noch von einer
Sorge sprechen, die mich vorgestern bei der Rede Konzeption der deutschen Agrarpolitik zu denken.
des Bundesernährungsministers Schwarz befallen hat. Das sollten wir dann ganz klar zum Ausdruck brin-
HerMinstSchwazvorgenishbt gen.
von der Rentabilität der Bodenproduktion gespro- Noch eine weitere Sorge! Ich habe Meldungen aus
chen. Als Landwirt möchte ich dazu an sich durch- Brüssel gelesen, nach denen das Bundesernährungs-
aus ja sagen. In dieser Beziehung sind ja die Ver- ministerium z. B. bereit gewesen ist, den Ansatz für
ordnungen über Getreide nach meiner Auffassung den Futterkostenanteil bei Schweinen auf 1 zu 4,2
etwas beruhigend; sie geben viel mehr Beruhigung herabzusetzen. Ich bin der Auffassung, daß der Anteil
als das, was in den Verordnungen für unsere Ver- Futter 4,2 zu 1 bei der Fleischerzeugung für deut-
edlungserzeugnisse steht. Aber ich vermisse, daß sche Verhältnisse viel zu niedrig ist. Hier kommt
mit gleicher Betonung Wert auf die Rentabilität der also schon eine weitere Benachteiligung auf uns
Veredlungswirtschaft gelegt wurde; vielleicht kann zu. Ich will nicht auf die Sorge eingehen, die wir
das noch nachträglich geschehen. Durch das Getrei- bezüglich der Entwicklung bei den Erzeugerpreisen
depreisgesetz hatten wir immer eine Stabilität der für Butter, Eier und Geflügel schon heute haben.
Getreidepreise. Aber wir haben es immer wieder Aber ich bin der Meinung — das ist auch die Auf-
hinnehmen müssen, daß bei Veredlungserzeugnis- fassung meiner Fraktion —, daß vom Bundesernäh-
sen — ich erinnere an Milch, Schweinefleisch und rungsministerium ganz klar gesagt werden muß,
Eier — die Preisstabilität nicht da war, daß immer welcher Preisstand — beim Erzeuger — für land-
wieder Preiseinbrüche erfolgten und die Erzeuger- wirtschaftliche Veredlungserzeugnisse angesteuert
preise sehr stark nach unten gedrückt wurden. werden soll.
(Abg. Frehsee: Verbundwirtschaft!) Ich komme zum Schluß. Die FDP-Fraktion wird
immer wieder die laufende Unterrichtung des Par-
Herr Kollege Dr. Schmidt, Sie sagten vorhin, es laments über die Auswirkungen der EWG-Verord-
werde möglich sein, durch die Verordnung zu einer nungen verlangen, über die wir heute in der dritten
besseren Stabilisierung der Erzeugerpreise in der Lesung beschließen werden. Wir hätten es für rich-
Veredlungswirtschaft zu kommen. Durchaus mög- tig gehalten, schon jetzt eine Debatte über die Fra-
lich! Aber ich fürchte: zu einer Stabilisierung nach gen der europäischen Agrarpolitik zu führen. Wir
unten hin, also im Preisabstieg. Gerade dagegen haben uns aber entschlossen, eine Große Anfrage
möchten wir uns zur Wehr setzen. zu diesem Thema doch bis nach den Ferien zurück-
zustellen. Aber wir bitten unser Bundesernährungs-
Meine Sorge ist noch vergrößert worden — auch ministerium dringend, dafür Sorge zu tragen, daß
das darf ich heute sagen — durch Pressemeldungen das Parlament laufend über die Entwicklung nach
aus Brüssel, die besagen, daß kürzlich bei den Bera- den jetzt betschlossenen Verordnungen unter ichtet
tungen im Ministerrat auf deutsche Initiative hin — wird.
aus dem deutschen Ministerium für Ernährung,
Landwirtschaft und Forsten — der Vorschlag gemacht (Beifall bei der FDP.)
worden ist, die Abschöpfungsbeträge bei Schweinen
über 160 kg gegenüber Drittländern zu senken. Ich Präsident D. Dr. Gerstenmaier: Keine wei-
hätte in diesem Zusammenhang von Herrn Minister teren Wortmeldungen? — Herr Abgeordneter Bau-
Schwarz, wenn er hier gewesen wäre, gern gehört, knecht, wollen Sie zu den Entschließungsanträgen
welche Begründung er für diese Senkung der Ab- sprechen? — Ich rufe sie nach der Abstimmung auf.
1620 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
Biermann (SPD) : Herr Präsident! Meine sehr tigen, daß in Art. 1 § 2 Abs. 2 die Fassung wie folgt
verehrten Damen und Herren! Durch technische Ver- lauten muß:
sehen sind in 'dem Ihnen vorliegenden Bericht auf Der Ausgleichsfonds zahlt dem Bund einen Be-
der Seite 2, rechte Randspalte, zwei Absätze ge- trag von 80 000 000 DM in den Jahren 1962 und
macht worden, die nicht sein dürfen. Es handelt sich 1963
um die Absätze 6 und 7, wenn man von vorn durch-
zählt. Der letzte Satz dieses Absatzes muß dann lau- — und nicht, wie es in der Vorlage heißt: „1962 bis
ten: 1965" —
Die Mehrheit des Ausschusses hat sich dem ... zurück, .. .
Antrag, eine Frist einzufügen, jedoch nicht an-
geschlossen. Präsident D. Dr. Gerstenmaier: „1962 und
Ansonsten 'bitte ich, diese 'beiden Absätze als einen 1963" wird hier gelesen. Das Haus hat davon Kennt-
Absatz zu verstehen. nis genommen. Es handelt sich um Art. 1 § 2 Abs. 2.
Namens des Ausschusses möchte ich nochmals be- Ich eröffne die Aussprache in zweiter Lesung und
tonen, daß sich der Ausschuß mit seinem Vorschlag rufe auf Art. 1, — 2, — 3, — 4, — Einleitung und
unter gar keinen Umständen den in der Verordnung Überschrift. Wird das Wort gewünscht? — Das ist
über das Schornsteinfegerwesen von 1937 im § 28 nicht der Fall.
in Verbindung mit § 47 enthaltenen Widerspruchs-
grund zu eigen machen wollte. Dies ist im Bericht Wer zustimmen will, den bitte ich um ein Hand-
nicht sehr deutlich zum Ausdruck gekommen. Darum zeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ein-
wollte ich es hier noch einmal kurz anführen. stimmig angenommen.
Anlage 3 Anlage 5
Schriftliche Antwort Schriftliche Antwort
des Herrn Staatssekretärs Hüttebräuker auf die des Herrn Bundesministers Dr.-Ing. Seebohm auf
Mündliche Anfrage des Abgeordneten Glüsing die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Frau Dr.
(Dithmarschen) (Fragestunde der 37. Sitzung vom Hubert (Fragestunde der 38. Sitzung vom 29. Juni
28. Juni 1962, Drucksache IV/510, Frage VIII/1) : 1962, Drucksache IV/510, Frage XI/5) :
Trifft es zu, daß in einzelnen Mitgliedsländern der EWG der Ist die Bundesregierung bereit dafür zu sorgen, daß im
von der Landwirtschaft verbrauchte Dieselkraftstoff unmittelbar Winterfahrplan der E 529 wieder um 12.25 Uhr in Holzminden
verbilligt an die Landwirte abgegeben wird? abfährt, damit die Schüler des Gymnasiums, deren Eltern ihren
Wohnsitz in der Umgebung haben, diesen Zug noch zur Heim-
In den EWG-Ländern Belgien, Niederlande, fahrt benutzen können und nicht über eine Stunde warten müs-
sen?
Luxemburg wird Dieselkraftstoff nicht verbilligt.
Hier ruht auf dem Dieselkraftstoff kein Zoll und die Ich habe mich bei der Deutschen Bundesbahn er-
Mineralölsteuer ist so gering, daß sie sich im Preis kundigt. Die Bundesbahndirektion Hannover, die
nicht auswirkt. In diesen Ländern zahlt daher der für die Fahrplangstaltung des Eilzuges 529 Aachen—
Landwirt an der Tankstelle den gleichen billigen Braunschweig im Bereich Holzminden zuständig ist,
Preis wie jeder andere Dieselkraftstoffverbraucher. wird prüfen, ob der Zug im Winterfahrplan wieder
In Frankreich wird Dieselkraftstoff für landwirt- etwas später gelegt werden kann. Ich werde mir
schaftliche Schlepper nur in geringem Umfange ver- erlauben, Sie, verehrte Frau Kollegin, zu unterrich-
braucht. Die landwirtschaftlichen Dieselschlepper ten, falls und weshalb die Bundesbahn sich nicht in
werden hier anstelle von Dieselkraftstoff mit einem der Lage sehen sollte, Ihrem Wunsch Folge zu
Spezialtreibstoff betrieben, der etwa dem deutschen geben.
leichten Heizöl gleicht und der, um Mißbrauch aus-
zuschließen, gefärbt wird. Dieser Treibstoff kann
für landwirtschaftliche Arbeiten in unbegrenzten
Mengen verbilligt bezogen werden. Es handelt sich Anlage 6
um ein außerordentlich einfaches Verfahren, das
durch die intensive und im Tank haften bleibende Schriftliche Antwort
Färbung vor unrechtmäßiger Verwendung schützt. des Herrn Bundesministers Blank auf die Mündliche
Dieselkraftstoff nach deutschen Begriffen wird nicht Anfrage des Abgeordneten Stauch (Fragestunde der
verbilligt. 38. Sitzung vom 29. Juni 1962, Drucksache IV/510,
In Italien erhält der Landwirt für ein dem Diesel- Frage IV) :
kraftstoff ähnliches Schweröl Verbilligungsgut-
Welches Ergebnis hatten die im Haushaltsausschuß des Bun-
scheine bis zu einer Höchstverbrauchsmenge. Diese destages am 21. Februar 1962 angeregten und in der Frage-
Gutscheine. gibt der Landwirt beim Kraftstoffbezug stunde des Deutschen Bundestages vom 18. Mai 1962 bestätigten
Verhandlungen zwischen Frau Bundesgesundheitsministerin
in Zahlung, d. h. er erhält den benötigten Diesel- Schwarzhaupt und Herrn Bundesarbeitsminister Blank, in denen
eine angemessene Aufteilung der bei Tit. 952 des Haushalts des
kraftstoff unmittelbar verbilligt. Bundesarbeitsministeriums für überregionale Rehabilitations-
zentren bereitgestellten Mittel zwischen Bundesgesundheits- und
Bundesarbeitsministerium abgesprochen werden sollte?
3. Zu Artikel 1 Nr. 11 b
Der Bundestag wolle beschließen:
In § 15 Abs. 1 Nr. 1 werden die Worte „und 5"
Die Bundesregierung wird ersucht: gestrichen.
Im Hinblick auf die dringend erforderlichen Maß- Bonn, den 28. Juni 1962
nahmen, die sich aus der Einführung der gemein-
samen Agrarpolitik ergeben, werden beim Bundes- Dr. Besold Dr. Knorr
minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Schwörer Frau Dr. Kuchtner
unverzüglich Sachverständigenausschüsse für die Dr. Althammer Lemmrich
wichtigsten landwirtschaftlichen Produktionsbereiche Dr. Artzinger Dr. Luda
gebildet. Bauer (Wasserburg) Meis
Becker Memmel
Die Ausschüsse haben insbesondere folgende Auf- Frau Blohm Porten
gaben: Blumenfeld Dr. Ramminger
Dr. Dollinger Ruland
a) Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Produk- Dr. Dr. h. c. Dresbach Dr. Seffrin
tions- und Absatzlage Dr. Elbrächter Seidl (München)
b) Analyse der künftigen Entwicklungsmöglichkei- Dr.. Franz Dr. Stecker
ten im Rahmen der Gemeinschaft Funk (Neuses am Sand) Stiller
c) Vorschläge zur Verbesserung der Wettbewerbs- Frau Geisendörfer Sühler
fähigkeit, zur strukturellen Anpassung unter Be- Dr. h. c. Güde Dr. Süsterhenn
rücksichtigung der fortschreitenden Entwicklung Günther Wieninger
des Gemeinsamen Marktes, zu Investitions- und Dr. von Haniel-Niet Dr. Winter
Finanzierungsfragen und zu Fragen der Ver- Horn hammer Freiherr von Kühlmann -
marktung, insbesondere der Handels- und Ver- Dr. Kanka Stumm
arbeitungsspannen. Kemmer Ertl
Dr. Kempfler Frau Funcke (Hagen)
In den Ausschüssen sollen Vertreter der Ressorts, Klein (Saarbrücken) Dr. Imle
der Erzeugung, der Verarbeitung, des Verbrauchs
sowie der Wissenschaft Sitz und Stimme haben.
Anlage 13 Umdruck 139 -
Die Berichte der Ausschüsse sind dem Bundestag,
dem Bundesrat und der Bundesregierung zur Ver- Entschließungsantrag der Fraktionen der
fügung zu stellen. CDU/CSU, FDP zur dritten Beratung des von den
Fraktionen der CDU/CSU, FDP 'eingebrachten Ent-
wurfs eines Gesetzes zur Durchführung der Verord-
Bonn, den 26. Juni 1962 nung Nr. 19 (Getreide) des Rates der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft, des von den Fraktionen
Ollenhauer und Fraktion der CDU/CSU, FDP eingebrachten Entwurfs eines
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962 1627
Dr. von Brentano und Fraktion 1. Nummer 1 a Buchstabe a wird wie folgt ge-
Dr. Bucher und Fraktion ändert:
In Absatz 1 wird der zweite Satz gestrichen.
Bonn, den 28. Juni 1962 4. Nummer 4 wird wie folgt geändert:
In § 5 a Satz 1 werden die Worte „20 vom Hun-
Ollenhauer und Fraktion dert" durch die Worte „30 vom Hundert" ersetzt.
1628 Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 38. Sitzung. Bonn, Freitag, den 29. Juni 1962
5. Nummer 7 wird wie folgt geändert: tigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch
Rechtsverordnung zu bestimmen, daß sich
§ 8 wird wie folgt geändert:
beim Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Ka-
a) In Absatz 02 werden die Worte „ , sofern lenderjahr 1962 die Jahreslohnsteuer, soweit
nicht die Ermäßigung nach § 1 Abs. 1 Satz 2 sie auf Einkünfte aus Berlin (West) im Sinn
erster Halbsatz nur 20 vom Hundert beträgt," des § 2 Nummer 4 entfällt, zur Hälfte um
gestrichen. 20 vom Hundert und zur anderen Hälfte um
b) In Absatz 1 werden die folgenden Sätze an- 30 vom Hundert ermäßigt.".
gefügt:
c) In Absatz 3 wird
„Auf laufenden Arbeitslohn für Lohnzah- aa) hinter dem ersten Satz der folgende Satz
lungszeiträume, die vor dem 1. Juli 1962 eingefügt: „Absatz 1 Sätze 2 und 3 gel-
enden, und auf sonstige Bezüge, die vor dem ten entsprechend.",
1. Juli 1962 zufließen, sind die Vorschriften
des § 5 mit der Maßgabe anzuwenden, daß bb) in dem bisherigen Satz 2 das Wort „Sie"
sich die Lohnsteuer um 20 vom Hundert er- durch die Worte „die Vorschrift des
mäßigt. Die Bundesregierung wird ermäch § 5 a" ersetzt.