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D eutscher Bundestag

88. Sitzung

Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Inhalt:

Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 4865 A Westphal, Parlamentarischer


Staatssekretär 4868 C, 4869 A
Fragestunde (Drucksache VI/1581) Prinz zu Sayn-Wittgenstein-
Hohenstein (CDU/CSU) . . . . 4869 A
Frage des Abg. Dr. Früh (CDU/CSU) :
Erklärungen des Bundesministers Prof.
Frage des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgen-
Ehmke in einem Interview über die
stein-Hohenstein (CDU/CSU):
Altershilfe und die Krankenversiche-
rung für Landwirte Zulassung der Arzneimittel Rifampi
cin und Rimactan ohne Krebsversuche
Dr. Ehmke, Bundesminister . . . 4865- B, D
Westphal, Parlamentarischer
Dr. Früh (CDU/CSU) 4865 D
Staatssekretär 4869 B, C, D

Frage des Abg. Freiherr von und zu Gut- Prinz zu Sayn-Wittgenstein-


tenberg (CDU/CSU) : Hohenstein (CDU/CSU) . . . . 4869 C

Ausführungen des Bundesministers Dr.


Ehmke in einem Interview über eine Frage des Abg. Alber (CDU/CSU) :
Änderung der Oder-Neiße-Linie Ratifizierung der Europäischen Ab-
Dr. Ehmke, Bundesminister 4866 A, B, C, D, kommen über gegenseitige Hilfe auf
4867 A, B, C, D, 4868 A, B dem Gebiet der Spezialbehandlungen
und der klimatischen Einrichtungen
Freiherr von und zu Guttenberg und über den Austausch von Reagen-
(CDU/CSU) . . . . . . . 4866 B, C, D zien zur Blutgruppenbestimmung
Dr. Sperling (SPD) 4866 D
Westphal, Parlamentarischer
Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 4867 A
Staatssekretär . . . 4869 D, 4870 B, C
Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 4867 A
Alber (CDU/CSU) . . . . . 4870 A, B
Dr.-Ing. Bach (CDU/CSU) . . . . 4867 B
Dr. Geßner (SPD) 4867 C Richter (SPD) 4870 C
Dr. Hauff (SPD) 4867 D Maucher (CDU/CSU) 4870 C
Dr. Klepsch (CDU/CSU) 4867 D
Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 4868 A Fragen des Abg. Ruf (CDU/CSU) :
Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 4868 B Veröffentlichung des Ergebnisses der
Beratungen der Expertenkommission
zur Überprüfung der Bemessungs-
Frage des Abg. Prinz zu Sayn-Wittgen-
grundlagen der Sozialhilferegelsätze
stein-Hohenstein (CDU/CSU) :
Bericht der Weltgesundheitsorganisa- Westphal, Parlamentarischer
Staatssekretär . . . . 4870 D, 4871 A
tion betr. Überprüfung von Arzneimit-
teln auf krebsauslösende Wirkungen Ruf (CDU/CSU) 4871 A
II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Frage des Abg. Josten (CDU/CSU) :
Förderung des Bundesjugendringes Berücksichtigung der Verbindungen zu
durch die Bundesregierung — Auf- anderen Bundesländern im Generalver-
nahme der SDAJ und Ausschluß der kehrsplan Nordrhein-Westfalen
DJO Börner, Parlamentarischer
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 4876 C
Staatssekretär 4871 B, C, D Josten (CDU/CSU) 4876 C
Niegel (CDU/CSU) . . . . . 4871 B, C
Raffert (SPD) 4871 D Frage des Abg. Josten (CDU/CSU) :
S-Bahn-Verkehr der Bundesbahn zwi-
schen Köln, Bonn und Koblenz
Fragen der Abg. Frau Lauterbach (SPD) :
Börner, Parlamentarischer
Bericht im „stern" über das Rasthaus Staatssekretär . . . . 4876 D, 4877 B
am Chiemsee
Josten (CDU/CSU) . . . . 4876 D, 4877 A
Dr. Reischl, Parlamentarischer
Staatssekretär . . 4872 A, C, D, 4873 A
Fragen des Abg. Dr. Becker (Mönchen-
Frau Lauterbach (SPD) 4872 C, D, 4873 A gladbach) (CDU/CSU) :
Ausbau der B 7 zwischen dem Neerse-
Fragen der Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) ner Kreuz und dem Winkelner Kreuz
(SPD) und Raffert (SPD) : sowie der Westtangente Mönchenglad-
Liquidation des ehemaligen reichs- bach
eigenen Filmvermögens Börner, Parlamentarischer
Staatssekretär . . 4877 C, D, 4878 A, B
Dr. Reischl, Parlamentarischer
Staatssekretär . . . 4873 B, D, 4874 A Dr. Becker (Mönchengladbach)
(CDU/CSU) . . . . 4877 C, D, 4878 A
Raffert (SPD) . . . . . . . . 4873 C, D
Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . . 4873 D, Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) :
- 4874 A
Technische Voraussetzungen für An-
rufe in öffentlichen Fernsprechzellen
Frage des Abg. Matthöfer (SPD) :
Börner, Parlamentarischer
Steuerliche Absetzbarkeit der bei Aus- Staatssekretär 4878 B, C, D
landsgeschäften gezahlten Schmier- und
Bestechungsgelder Pieroth (CDU/CSU) 4878 C, D
Dr. Reischl, Parlamentarischer
Fragen des Abg. Storm (CDU/CSU) :
Staatssekretär . 4874 B, C, D, 4875 A, B
Überprüfung der Planungen für die
Matthöfer (SPD) . . . . . . . 4874 C
Verkehrsbereiche in Schleswig-Hol-
Josten (CDU/CSU) 4874 D stein
Ott (CDU/CSU) . . . . . . . 4874 D Börner, Parlamentarischer
Staatssekretär 4879 A, B, C
Hansen (SPD) 4875 A
Storm (CDU/CSU) 4879 B, C
Frau Lauterbach (SPD) . . . . 4875 A, B
Dr. Sperling (SPD) 4875 B Fragen des Abg. Erpenbeck (CDU/CSU) :
Ermäßigung der Telefongebühren und
Frage des Abg. Peiter (SPD): verstärkte Einrichtung von Anschlüs
Verschiedenartige Beheizung von bun- sen für alleinlebende ältere Menschen
deseigenen Wohnungen für Bundes- Börner, Parlamentarischer
wehrangehörige Staatssekretär . . . 4879 D, 4880 A, C
Dr. Reischl, Parlamentarischer Erpenbeck (CDU/CSU) 4879 D, 4480 A, C
Staatssekretär . . . . . . . 4875 C, D
Kleinert (FDP) 4880 B
Peiter (SPD) . . . . . . . . 4875 C, D
Frau Funcke, Vizepräsident . . . 4880 D
Fragen des Abg. Dr.-Ing. Bach (CDU/CSU) :
Nächste Sitzung 4880 D
Autobahn zwischen Aachen und Düs-
seldorf
Börner, Parlamentarischer Anlage 1
Staatssekretär . . . 4875 D, 4876 A, B
Dr.-Ing. Bach (CDU/CSU) 4876 B Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 4881 A
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4865

88. Sitzung

Bonn, den 17. Dezember 1970

Stenographischer Bericht geführte Liste von beispielhaft genannten Reform-


vorhaben bezieht sich also auf die Regierungstätig-
keit. Sie erhebt auch keinerlei Anspruch auf Voll-
Beginn: 14.00 Uhr
ständigkeit.

Vizepräsident Frau Funcke: Die Sitzung ist Die von Ihnen aufgegriffene Frage einer Neurege-
eröffnet. lung der Altershilfe für Landwirte war bereits in
anderem Zusammenhang einmal Gegenstand einer
Die folgenden amtlichen Mitteilungen werden parlamentarischen Anfrage, und zwar am 5. No-
ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht vember dieses Jahres. Trotzdem bin ich gern bereit,
aufgenommen: den Standpunkt der Bundesregierung hier nochmals
Der Bundesminister des Innern hat am 15. Dezember 1970 die darzulegen.
Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gruhl, Prinz zu Sayn-
Wittgenstein-Hohenstein, Dr. Althammer und der Fraktion der
CDU/CSU betr. Finanzplanung zum Umweltschutz — Drucksache
Das von der Bundesregierung eingebrachte und
VI/1421 — beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache inzwischen von Bundestag und Bundesrat verab-
VI/1606 verteilt.
schiedete Gesetz zur Verbesserung und Ergänzung
Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat am
15. Dezember 1970 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. sozialer Maßnahmen in der Landwirtschaft sieht im
Götz, Struve, Dr. Ritz, Frau Griesinger, Dasch, Bewerunge, Art. 1 eine Erhöhung der Landabgaberente und
Niegel, Horstmeier und Genossen betr. Krankenversicherung der
Landwirte — Drucksache VI/1176 — beantwortet. Sein Schreiben eine Erweiterung des begünstigten Betriebsgrößen-
ist als Drucksache VI/1623 verteilt.
bereichs vor. Die Landabgaberente stellt eine Er-
Der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fern-
meldewesen hat am 16. Dezember 1970 die Kleine Anfrage der gänzung des landwirtschaftlichen Altersgeldes dar,
Abg. Strauß und Genossen betr. Äußerungen von Bundes- wenn der Betrieb strukturverbessernd abgegeben
minister Leber — Drucksache VI/1506 — beantwortet. Sein
Schreiben ist als Drucksache VI/1628 verteilt. wird. Der Begriff „Altershilfe" subsumiert also beide
Der Bundesminister der Finanzen hat am 16. Dezember 1970 Maßnahmen, Altersgeld und Landabgaberente.
die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rollmann, Spilker, Ge-
wandt und Genossen betr. Heizölsteuer — Drucksache VI/1463 — Zur Einführung einer gesetzlichen Regelung der
beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache VI/1629 verteilt.
Krankenversicherung für Landwirte hat die Bundes-
Die Gegenäußerung der Bundesregierung zu der Stellungnahme
des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des regierung nicht nur generell ihre Zustimmung ge-
Zonenrandgebietes wird als zu Drucksache VI/1548 verteilt. geben. In der Kabinettssitzung vom 22. Oktober hat
Einziger Punkt der heutigen Tagesordnung ist die das Bundeskabinett bereits sehr detaillierte Grund-
sätze angenommen, die das Gerüst für den zu er-
Fragestunde stellenden Gesetzentwurf abgeben. Hierauf zielte
Drucksache VI/ 1581 — die Bemerkung in meinem Interview ab.
Wir beginnen mit den Fragen aus dem Geschäfts-
bereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzler- Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
amtes, Zur Beantwortung ist Herr Bundesminister des Herrn Abgeordneten Dr. Früh.
Professor Ehmke hier.
Dr. Früh (CDU/CSU) : Herr Bundesminister,
Ich rufe die Frage 101 des Herrn Abgeordneten 'haben Sie nicht auch den Eindruck, daß in der
Dr. Früh auf: Öffentlichkeit und besonders bei den betroffenen
Auf Grund welcher Gesetze oder Gesetzesvorlagen kommt der Personen, bei den Landwirten, ein falscher Eindruck
Bundesminister Prof. Ehmke in seinem Interview zum Zeit- dadurch entstehen konnte, daß Sie Altershilfe und
geschehen (SWF vom 6. Dezember 1970) zu dem Ergebnis, daß
die Bundesregierung die Altershilfe neu geregelt und die Krankenversicherung im Zusammenhang mit bereits
Krankenkassenversicherung für Landwirte im zurückliegenden
Jahr eingeführt habe? verabschiedeten Gesetzen genannt haben, die sozu-
sagen dazwischen eingepackt waren? Aus Anfragen
Bitte schön, Herr Bundesminister!
dieser Leute ist deutlich geworden, warum diese
Dinge noch nicht realisiert sind.
Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-
gaben: Herr Abgeordneter, zunächst darf ich Sie
darauf hinweisen, daß in dem von Ihnen zitierten Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-
Interview weder von Gesetzen noch von Gesetzes- gaben: Ich würde es bedauern, wenn ein solcher Ein-
vorlagen die Rede ist, sondern dort wird von „einem druck entstanden sein sollte. Es war jedenfalls nicht
Jahr Regierungsarbeit" gesprochen. Die dort auf- beabsichtigt, ihn zu erwecken, Herr Abgeordneter.
4866 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz- Westen auch nach Osten den Grenzen ihren trennen-
frage. den Charakter zu nehmen. Dazu stehe ich.

Dann rufe ich die Frage 102 des Herrn Abgeordne- Ich mache aber kein Hehl daraus — ich würde
ten Freiherr von und zu Guttenberg auf: mich wundern, wenn Sie diese Meinung nicht teil-
ten, Herr Abgeordneter —, daß keinerlei Hoffnung
Ist der Bundesminister Ehmke tatsächlich der Auffassung,
wie dies aus seinem Interview vom 6. Dezember 1970 hervor- darauf besteht, durch eine einverständliche Rege-
zugehen scheint, daß jeder, der in unserem Volk die Hoffnung lung etwas an der Tatsache zu ändern, daß diese
auf eine friedliche und einvernehmliche Änderung des gegen-
wärtigen Status quo der Oder-Neisse-Linie im Rahmen einer früheren deutschen Gebiete, aus denen ich selbst
den europäischen Zielsetzungen entsprechenden friedensver-
traglichen Regelung für ganz Deutschland bewahrt, „mit dem stamme, auch in Zukunft von Polen bewohnt sein
Kriege spielt"? und zu Polen gehören werden.

Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-


gaben: Herr Abgeordneter, Sie beziehen Ihre Vizepräsident Frau Funcke: Eine weitere Zu-
satzfrage.
Frage auf etwas, was nach Ihren eigenen Worten
aus meinem Interview vom 6. Dezember „hervorzu-
gehen scheint". Ich kann meine Antwort nur auf das Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) :
beziehen, was ich tatsächlich gesagt habe. Und das Herr Bundesminister, da Sprecher Ihrer Regierung
will ich mit freundlicher Erlaubnis der Frau Prä- sowohl im Auswärtigen Ausschuß als auch an ande-
sidentin — gern wiederholen. Ich habe gesagt: rer Stelle gesagt haben, daß sie den Grenzvorbehalt
sowohl substantiell als auch formell wahren woll-
Königsberg, Breslau und Stettin und das schöne
ten, muß ich Sie nun fragen, ob Sie nicht mit den
weite Land zwischen Oder, Neiße, Weichsel
Äußerungen im Fernsehen, die ich selbst gehört und
und Memel bleiben uns in Geschichte und in
gesehen habe, die selbstverständliche Solidarität
Erinnerung als unvergeßliches deutsches Land.
zwischen allen demokratischen und zum Frieden
In Gegenwart und Zukunft aber gehören sie zu
entschlossenen Kräften und Gruppen in unserem
Polen. Das mag eine bittere Erkenntnis sein. Lande verletzt haben.
Ändern daran können wir nichts. Und wer
glaubt, die Hoffnung auf eine Änderung bewah-
ren oder gar jungen Menschen beibringen zu Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-
sollen, daß sie auf diese Änderung warten soll- gaben: Nein, ich glaube es nicht, Herr Abgeordne-
ten, der muß wissen, daß er mit dem Krieg ter. Ich bin eher der Meinung, dab ich mich wie Ihr
spielt. CDU-Kollege Dichgans dar um bemüht habe, klarzu-
machen, daß man bei allen notwendigen juristischen
Es geht also allein um die Frage, ob wir es ändern
Vorbehalten, die wir schon aus Zuständigkeitsgrün-
können, daß die ehemaligen deutschen Gebiete ost-
den machen müssen, nicht die falsche Hoffnung in
wärts der Oder und Neiße heute zu Polen gehören
diesem Volk bestehen lassen solle an diesen bei-
und von Polen bewohnt sind. Ich glaube nicht — und
den Tatsachen, daß diese Gebiete von Polen bewohnt
allein dies habe ich gesagt, und dazu stehe ich —,
sind und zu Polen gehören, könne von uns etwas
daß eine Änderung dieses Zustands ohne einen geändert werden.
Krieg möglich wäre.
Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU)
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
Zwischen falschen Hoffnungen und „mit dem Krieg
spielen" besteht ein Unterschied.
Freiherr von und zu Guttenberg (CDU/CSU) :
Herr Bundesminister, müssen Sie sich nicht vorhalten
Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege
lassen, daß Sie mit dieser Ihrer eben wieder zitier- Sperling zu einer Zusatzf rage.
ten Äußerung, nach der derjenige, der irgendeine
Hoffnung auf eine Änderung der gegenwärtigen
Grenzsituation in den Oder-Neiße-Gebieten bewahre, Dr. Sperling (SPD) : Herr Minister, bedauern Sie
mit dem Kriege spiele, mindestens leichtfertig in mit mir, daß der CDU-Vorsitzende Kiesinger zu-
Kauf genommen haben, daß Sie von jenen im Osten mindest gedanklich mit dem Krieg zu spielen
als Zeuge in Anspruch genommen werden, die einer scheint — oder diesen Eindruck erweckt —, wenn
auf freiheitliche und friedliche Entwicklungen und er etwa sagt, daß ein Volk, das etwas auf sich hält,
Änderungen zielenden Politik der CDU/CSU revan- das Ergebnis des Krieges nicht einfach hinnimmt,
chistische Kriegsgelüste unterstellen? auch nicht um des Friedens willen?

Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf- Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-
gaben: Herr Kollege, wenn Sie den Tenor meines gaben: Herr Abgeordneter, ich halte diese Äuße-
Statements im Fernsehen gehört haben, wissen Sie, rung des CDU-Vorsitzenden nicht für glücklich. Aber
daß mir das sehr fern liegt. Ich glaube auch, daß ich stehe nicht an, Ihnen ebenso zu erklären, daß ich
aus dem Text selbst nichts dergleichen zu entneh- die Äußerung, die daraufhin von der SPD-Fraktion
men ist. Sie wissen, daß ich selbst bei mehreren an- in Hannover erfolgt ist, für noch unglücklicher halte.
deren Gelegenheiten betont habe, daß es unser Ich bin der Meinung, wir sollten die Diskussion
Wunsch ist, diese Grenze in ihrem Charakter zu und die Entscheidung um diese unser Volk mora-
ändern, daß der Versuch gemacht werden soll, in lisch und politisch so tief berührenden Fragen nicht
einer gesamteuropäischen Lösung ebenso wie nach in dieser Art führen.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4867

Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage sich in allen seinen Fraktionen einig, daß das nie
des Herrn Abgeordneten Schulze-Vorberg. mehr passieren darf.
(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Marx
[Kaiserslautern] : Das ist ja nicht das Pro
Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Herr Bundes- blem! Abg. Dr. Klepsch: Unglaublich!)
minister, ist Ihnen nicht bekannt, daß die CDU-
Pressestelle die Äußerungen des früheren Bundes-
kanzlers Kiesinger gestern richtig wiedergegeben Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
hat? Sie lauten: des Herrn Abgeordneten Dr. Geßner.

Kein Volk, das etwas auf sich hält, nimmt aber


Dr. Geßner (SPD) : Herr Minister, vermute ich
ein solches Ergebnis einfach hin, gerade auch
richtig, daß Sie bei Ihrer Erklärung, daß eine ein-
nicht um des Friedens willen. Dabei bildet sich
vernehmliche Regelung keine Hoffnung zulasse,
auch in der CDU niemand ein, daß alles wieder
daran gedacht haben, daß im Verlauf der euro-
so werden kann, wie es einmal gewesen ist.
päischen Geschichte Grenzen so gut wie nie einver-
nehmlich geregelt worden sind, sondern zum größ-
Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf- ten Teil durch Austragung von Kriegen?
gaben: Mir war diese Korrektur nicht bekannt, aber
sie bestärkt mich in meiner Meinung.
Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-
gaben: Herr Abgeordneter, wir sind uns doch alle
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage einig einschließlich der Opposition und der Ver-
des Herrn Abgeordneten Dr. Marx. triebenenverbände —, daß wir nicht eine zweite
Vertreibung und Umsiedlung wollen. Warum sollte
Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) : Herr Bun- dann dieses Gebiet von den Polen einverständlich
desminister, ich möchte noch einmal auf das um- wieder aufgegeben werden? Es kann doch nur der
strittene Statement zurückkommen und Sie fragen, Versuch gemacht werden, eine Politik zu betreiben,
ob Sie auch gegenwärtigen oder früheren Kollegen die es auf lange Sicht ermöglicht — ich sage es noch
aus Ihren Reihen, die die Hoffnung nicht aufgeben, einmal —, diesen Grenzen ihren trennenden Cha-
daß eine einvernehmliche Regelung eines Tages rakter zu nehmen, so wie die Politik der Aussöh-
möglich sein würde, vorwerfen, daß sie -mit der nung mit dem Westen etwa den deutsch-französi-
Äußerung dieser Hoffnung mit dem Kriege spielten. schen Grenzen ihren trennenden Charakter genom-
men hat.
(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Marx
Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf- [Kaiserslautern] : Dafür braucht man einen
gaben: Das habe ich ja gar nicht gesagt, Herr anderen Partner als den!)
Abgeordneter! Ich verstehe nicht, wie irgend je-
mand, der es mit unserem Volk ehrlich meint, sagen
kann, wir könnten die Hoffnung haben, die heute
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Frage des
Herrn Abgeordneten Hauff.
von Polen zum Teil schon in der zweiten Generation
bewohnten Gebiete einverständlich wiederzubekom-
men. Was über den Charakter des Ganzen zu sagen Dr. Hauff (SPD) : Herr Bundesminister, würden
ist, habe ich schon in der Antwort auf die Frage Sie die Freundlichkeit besitzen, die Fragesteller von
des Herrn Kollegen Guttenberg gesagt. der Opposition darauf hinzuweisen, daß es ein Mit-
glied ihrer Fraktion war, Herr Petersen, der vor
mehreren Monaten bereits darauf hingewiesen hat,
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
daß seiner Meinung nach der derzeitige Grenzver-
des Herrn Abgeordneten Dr. Bach.
lauf sich nur durch einen neuen Krieg verändern
lassen würde?
Dr.-Ing. Bach (CDU/CSU) : Herr Bundesminister,
halten Sie es nicht für gefährlich, in diesem Zusam- Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-
menhang überhaupt das Wort „Krieg" in den Mund gaben: Ich nehme das gern zur Kenntnis, Herr Ab-
zu nehmen? Rücken Sie denn nicht — vielleicht un- geordneter.
bewußt — auch diejenigen in Deutschland, die sich
gegen diese Verträge aussprechen, in die Nähe der-
jenigen, die von der anderen Seite — wie z. B von Vizepräsident Frau Funcke: Eine Frage des
Herrn Abgeordneten Klepsch.
Herrn Rudenko — als Gegner des Friedens ange-
sehen werden und, wie Herr Rudenko es sagte, den
Nürnberger Prozessen unterworfen werden müßten? Dr. Klepsch (CDU/CSU) : Frau Präsident, ich will
brav sein und nach keiner Meinung fragen, wie das
bei den vorherigen Fragestellern doch wohl der
Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf- Fall war.
gaben: Herr Kollege, ich halte es nicht nur für nicht (Heiterkeit bei der CDU/CSU. — Lachen
gefährlich, sondern ich halte es für erforderlich, in und Zurufe von der SPD.)
-diesem Zusammenhang von Krieg zu sprechen; denn
— Ich habe ja mehrere gemeint.
das, was heute das demokratische Deutschland nach
Osten hin zu liquidieren hat, ist das Erbe eines Ich möchte nur gern wissen, ob ich dem entneh-
grausamen Krieges. Ich glaube, das Hohe Haus ist men muß, daß jede Diskussion und jedes Gespräch
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über eine friedliche Änderung des Status quo als Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere
kriegerische Politik bezeichnet werden muß. Zusatzfrage.

Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf- Die Frage 103 des Herrn Abgeordneten Dr. Milt-
gaben: Aber, Herr Klepsch, nach allem, was ich ge- ner wird im Rahmen der Beantwortung der Fragen
sagt habe, ist diese Frage doch von mir kaum noch aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers des
ernst zu nehmen; entschuldigen Sie! Innern beantwortet.
(Beifall bei den Regierungsparteien.) Ich danke Ihnen, Herr Bundesminister Professor
Ehmke.
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
des Herrn Abgeordneten von Fircks. ministers für Jugend, Familie und Gesundheit. Für
die Beantwortung der Fragen steht Herr Parlamen-
Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Herr Minister, tarischer Staatssekretär Westphal zur Verfügung.
sind Sie nicht der Meinung, daß Sie im Grunde ge-
nommen nur den extremen Kräften Dienste leisten, Ich rufe die Frage 70 des Herrn Abgeordneten
wenn Sie in der Diskussion, um die es bei uns in Prinz zu Sayn-Wittgenstein auf:
unserem Volk geht, mit Vokabeln argumentieren, Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Weltgesundheits-
organisation allen Staaten empfiehlt, Arzneimittel, die lang-
wie „Wenn man dafür ist, gefährdet man die Frie- dauernd angewendet werden, nur nach einem abgeschlossenen
Krebsversuch zuzulassen?
denssituation und beschwört die Kriegssituation
herauf"? Bitte schön, Herr Staatssekretär!

Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf-


gaben: Ich wäre dankbar, wenn Sie noch einmal Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
sehr genau nachläsen, was ich hier heute zitiert Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
habe. Im übrigen habe ich nicht das Gefühl, daß diese Herr Kollege zu Sayn-Wittgenstein, der Bundesre-
Bundesregierung und die sie tragenden Parteien es gierung ist ein Bericht der Weltgesundheitsorgani-
sind, die den Extremisten Vokabeln liefern. sation, der „technical report no. 426, principles for
the testing and evaluation of drugs for carcinogeni-
(Beifall bei den Regierungsparteien.) city", bekannt.
-
In dem Bericht sind wissenschaftliche Richtlinien
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage für die Ü berprüfung von Arzneimitteln auf krebs-
der Frau Abgeordneten Griesinger.
auslösende Wirkungen niedergelegt. Sie sind das
Resultat einer Beratung von wissenschaftlichen Sach-
Frau Griesinger (CDU/CSU) : Herr Minister, ich verständigen.
möchte Sie noch einmal fragen: könnten Sie nicht
bereit sein — wenn Sie schon glauben, daß eine Zur der Frage „abgeschlossener Krebsversuch"
Änderung nicht mehr möglich ist —, zu akzeptieren, wird in dem Report gesagt, daß bei der Ermittlung
daß sämtliche Vertriebenenverbände 1950 bereits des krebsauslösenden Risikos tierexperimentelle
in einer sehr kritischen Situation erklärt haben, daß Tests angewandt oder auch nicht angewandt wer-
sie auf alle Gewalt verzichten und hoffen, daß in den können.
einer friedensvertraglichen Regelung eine gerechte Unter dem Kapitel „Abschätzung des Risikos für
Lösung in Europa gefunden werden kann? Wären den Menschen" heißt es in dem Report sogar, daß
Sie bereit, auch das einmal hier ausdrücklich zu es Umstände geben kann, unter denen es angezeigt
sagen? ist, ein Arzneimittel anzuwenden, das sich im Expe-
riment als krebsauslösend erwiesen hat. Es handelt
Dr. Ehmke, Bundesminister für besondere Auf- sich dabei um das therapeutische Risiko, das von
gaben: Gnädige Frau, ich habe es schon zitiert. Ich Fall zu Fall abgewogen werden muß.
habe vorhin erklärt: Sowohl die Opposition als auch
die Vertriebenenverbände haben mehrfach gesagt, Außerdem enthält der Bericht nicht unterschieds-
daß nicht noch einmal eine Vertreibung oder Um- los die Empfehlung, die Zulassung von Arzneimit-
siedelung stattfinden darf. teln, die über einen längeren Zeitraum hinaus ge-
nommen werden sollen, von der experimentellen
(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Aber wen
Erprobung auf Karzinogenität abhängig zu machen.
meinen Sie denn nun damit?) In dem Bericht wird vielmehr die experimentelle
Gerade das, wonach Sie mich jetzt fragen, habe ich Prüfung von Voraussetzungen abhängig gemacht,
vorhin schon gesagt. und es können Prioritäten gesetzt werden. Unbe-
(Abg. Frau Griesinger: Sie beantworten die dingt notwendig ist eine eingehende Prüfung, wenn
Fragen nicht direkt, Herr Minister!) chemische Beziehungen zu bekannten Carcinogenen
bestehen oder aus dem Wirkstoff im Körper durch
— Sie haben mich nach den Vertriebenenverbänden Umwandlung krebsauslösende Stoffe entstehen kön-
gefragt. Diese Frage habe ich, glaube ich, beant- nen.
wortet.
(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Sie haben
eine generelle Behauptung aufgestellt, und Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
es wäre gut, wenn Sie sagten, wen Sie da des Herrn Abgeordneten Prinz zu Sayn-Wittgen-
mit meinen!) stein.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4869

Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein gen bei Patienten sollten dabei zueinander in


(CDU/CSU) : Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Beziehung gesetzt werden.
ist die Bundesregierung bereit, diese Empfehlungen Das Bundesgesundheitsamt bitte ich über ge-
der Weltgesundheitsorganisation zusammen mit plante Untersuchungen und Ergebnisse zu unter-
Ihren einschränkenden Feststellungen in Zukunft richten.
beim Zulassungsverfahren und bei der Registrierung
neuer Arzneimittel anzuwenden? Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzte-
schaft wurde über diese Problematik und das Ver-
fahren vom Bundesgesundheitsamt informiert.
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
Herr Kollege, in meiner Antwort auf Ihre zweite Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage,
Frage findet sich der Hinweis darauf, daß die Bun- bitte schön!
desregierung und die dafür zuständigen Stellen das
schon tun. Prinz zu Sayn Wittgenstein Hohenstein
- -

(CDU/CSU) : Ist Ihnen, Herr Staatssekretär, bekannt,


ob die Firmen, die diese Medikamente auf den
Vizepräsident Frau Funcke: Eine zweite Zu-
Markt gebracht haben, die Auflagen, die Sie soeben
satzfrage, bitte!
angedeutet haben, in der Zwischenzeit schon erfüllt
oder ob sie zumindest mit weiteren Versuchen be-
Prinz zu Sayn Wittgenstein Hohenstein
- -
gonnen haben?
(CDU/CSU) : Ist die Bundesregierung bereit, Herr
Parlamentarischer Staatssekretär, bei Medikamen-
ten gleicher Ausgangslage und gleichen Wirkungs- Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
bereichs auch die gleichen Auflagen bei ihrer Zu- Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
lassung zu machen? Ich möchte Thnen darauf schriftlich antworten.

Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Vizepräsident Frau Funcke: Eine weitere Zu-
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: satzfrage, bitte!
Ich glaube, daß ich das ohne weiteres zusagen kann.
Prinz zu Sayn Wittgenstein Hohenstein
- -

-
(CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist die Tatsache,
Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere daß die genannten Mittel, von denen ich eben ge-
Zusatzfrage. sprochen habe, zugelassen sind, ohne daß Krebs-
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten versuche angestellt worden sind, den Ärzten—etwa
auf dem Wege der sogenannten Waschzettel — auch
Prinz zu Sayn-Wittgenstein auf:
mitgeteilt worden?
Sind solche Versuche von Sachverständigen vor der Zulas-
sung der Arzneimittel Rifampicin und Rimactan verlangt
worden, und aus welchen Gründen hat sich die Zulassungs-
behörde über diese Forderung hinweggesetzt? Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Ja, Herr Kollege. Die Arzneimittelkommission der
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: deutschen Ärzteschaft hat die Ärzte durch eine Be-
Herr Kollege, vor der Eintragung von Rifampicin kanntgabe in Heft 12 des „Deutschen Ärzteblatts"
und Rimactan in das Spezialitätenregister fand im über das Risiko der Anwendung von Rifampicin
Bundesgesundheitsamt im Dezember 1969 eine An- ausführlich unterrichtet. Wie Sie wissen, geht das
hörung von Experten statt, die über die Frage des „Deutsche Ärzteblatt" als offizielles Mitteilungsblatt
krebsauslösenden Risikos von Rifampicin und Ri- der Bundesärztekammer allen Ärzten laufend zu.
mactan beraten haben. Dabei wurde nach ausführ-
licher und eingehender Diskussion Einigkeit dar- Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz-
über erzielt, daß der genannte WHO-Bericht hier frage.
keine Veranlassung bot, die Registrierung dieser
Arzneimittel von der Vorlage tierexperimenteller Ich rufe die Frage 72 des Herrn Abgeordneten
Untersuchungen zur Frage der Karzinogenität ab- Alber auf:
hängig zu machen. Das Bundesgesundheitsamt hat Aus welchen Gründen wurden das Europäische Abkommen
über gegenseitige medizinische Unterstützung auf dem Gebiet
dennoch in einer Empfehlung vorsorglich auf den spezieller Behandlungen und thermo-klimatischer Hilfsquellen
und das Europäische Abkommen über den Austausch von
WHO-Bericht Bezug genommen und den betroffenen Reagenzien zur Ermittlung von Blutgruppen, die beide im Juni
Firmen zusammen mit der Eintragung dieser Arznei- 1962 unterzeichnet wurden, bis heute noch nicht ratifiziert?

mittel mit Bescheid vom Januar 1970 folgendes mit- Bitte schön!
geteilt:
Unter Bezug auf die Richtlinien des WHO-Be- Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
richtes 426 ist es angezeigt, die Frage nach einer Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
etwaigen karzinogenen Wirkung des Mittels Herr Kollege Alber, bei der Vorbereitung der Rati-
sowohl experimentell wie auch durch prospek- fizierung des Europäischen Abkommens über gegen-
tive statistische Erhebungen weiter zu ver- seitige Hilfe auf dem Gebiet der Spezialbehandlun-
folgen. Ergebnisse experimenteller Unter- gen und der klimatischen Einrichtungen haben sich
suchungen und geplanter statistischer Erhebun erhebliche Schwierigkeiten ergeben, die bis heute
4870 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Westphal


nicht völlig ausgeräumt werden konnten. Dies gilt Diese Frage kann ich Ihnen nicht beantworten; ich
insbesondere für die finanziellen Auswirkungen auf würde Ihnen gern eine schriftliche Antwort darauf
die Ausgaben der Sozialleistungsträger und auf die geben.
Haushalte von Bund und Ländern. Angesichts der
angespannten Haushaltslage und finanziellen Lage Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
der Betroffenen erscheint es notwendig, das Ab- des Herrn Abgeordneten Richter.
kommen, dessen finanzielle Tragweite zur Zeit nicht
in vollem Umfange übersehen werden kann, den Richter (SPD) : Herr Staatssekretär, sind Sie
parlamentarischen Körperschaften erst dann zur bereit, hier zu bekunden, daß Sie mit den internatio-
Ratifizierung vorzulegen, wenn die Auswirkungen nalen Organisationen zusammenzuarbeiten bereit
des Abkommens auf die Betroffenen aus heutiger sind, und sind Sie weiterhin bereit, zu prüfen, ob es
Sicht ausreichend und abschließend geklärt sind. notwendig ist, das praktische Verfahren zu be-
Das Ratifizierungsverfahren zum Europäischen schleunigen?
Übereinkommen über den Austausch von Reagen-
zien zur Blutgruppenbestimmung hat sich durch Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Textänderungen des Europarates, die eine erneute Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
fachliche Überprüfung der deutschen Übersetzung Ich bin bereit, dies zu unterstützen und zu unter-
durch das Bundesgesundheitsamt erforderlich mach- streichen. Ich glaube schon, daß wir mit der Ratifi-
ten, verzögert. Nachdem diese Arbeiten nunmehr zierung von europäischen Vereinbarungen etwas
abgeschlossen sind, Wird die Rechtsförmlichkeits- schneller vorankommen müssen, als das bisher der
prüfung des Gesetzentwurfs durch den Bundes- Fall gewesen ist.
minister der Justiz in der nächsten Zeit veranlaßt
und danach der Gesetzentwurf dem Kabinett zuge- Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
leitet werden können. des Herrn Abgeordneten Maucher.

Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage Maucher (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist
des Herrn Abgeordneten Alber. der Bundesregierung bekannt, daß laut einer Ent-
schließung des Ministerkomitees des Europarats
Alber (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist Ihnen Konventionen in der Regel 18 Monate nach ihrer
bekannt, daß Ihr Ministerium im Januar 1965 und Unterzeichnung ratifiziert werden sollen?
im November 1967 auf wiederholte Anfragen aus-
weichend geantwortet hat, obwohl das Bundesge-
sundheitsministerium auf eine ähnliche Anfrage im Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
März 1963 geantwortet hat, daß mit einer Ratifizie- Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
rung der beiden Abkommen in Kürze gerechnet wer- Dies ist der Bundesregierung bekannt.
den könne?
Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz-
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim frage.
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
Herr Abgeordneter, dies ist mir bekannt. Die Ant- Ich rufe die Frage 73 des Herrn Abgeordneten
wort auf das, was in Ihrer Frage intendiert ist, ist Ruf auf:
aber, glaube ich, schon in meiner ersten Antwort Sind die Arbeiten der laut Sozialbericht 1970, Teil A Num-
mer 93, von der Bundesregierung eingesetzten Experten-Kom-
enthalten gewesen. Auf der einen Seite gibt es Be- mission abgeschlossen, die die Regelsätze der Sozialhilfe und
denken im Hinblick auf die finanziellen Auswirkun- ihre Bemessungsgrundlage mit dem Ziel einer Leistungsver-
besserung überprüfen sollte?
gen auf die Betroffenen und auf der anderen Seite
hat sich eine Veränderung des Textes ergeben, die
nun noch einmal eine neue Prüfung bewirkt hat. Ich Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
möchte damit nicht den langen Gang der Verhand- Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
lungen über eine Ratifizierung entschuldigen, muß Herr Kollege Ruf, die im Sozialbericht erwähnte
aber sagen, daß jetzt erst in einem der beiden Expertenkommission zur Überprüfung der Bemes-
Bereiche die Voraussetzungen für die Einleitung der sungsgrundlagen der Sozialhilferegelsätze ist nicht
Ratifizierungsgesetzgebung gegeben sind. von der Bundesregierung eingesetzt, sondern beim
Deutschen Verein für öffentliche und private Für-
sorge in Frankfurt gebildet worden. Die Beratungen
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
sind inzwischen abgeschlossen. Der Bericht hierüber,
des Herrn Abgeordneten Alber.
den der Vorstand des Deutschen Vereins gebilligt
hat, soll der Bundesregierung in Kürze zugeleitet
Alber (CDU/CSU) : Aus welchem Grunde hat es
werden.
die Bundesregierung im vergangenen Jahr unterlas-
sen, in der Aufstellung über den Stand der Ratifizie-
rungen, die jährlich dem Ministerkomitee vorgelegt Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz-
werden sollen, Angaben über diese beiden Konven- frage.
tionen zu machen?
Dann rufe ich die Frage 74 des Herrn Abgeordne-
ten Ruf auf:
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Wenn ja, ist die Bundesregierung bereit, über das Ergebnis
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: zu berichten?
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4871

Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Jugend- und Studentenverbände aus dem Bundes-
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund- jugendplan gefördert werden dürfen, deren Arbeit
heit: Der Deutsche Verein für öffentliche und pri- den Zielen des Grundgesetzes förderlich ist, wie es
vate Fürsorge wird, wie mir bekannt ist, das Er- z. B. im Urteil gegen den SDS formuliert wurde?
gebnis der Beratungen der Kommission in seinem
Nachrichtendienst im Februarheft 1971 selbst ver- Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
öffentlichen. Das Bundesministerium für Jugend, Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund-
Familie und Gesundheit wird das Beratungsergeb- heit: Nicht nur weil das in dem Urteil formuliert ist,
nis der Kommission zum Anlaß nehmen, die Regel- sondern weil das in unseren Richtlinien und in § 9
satzverordnung zu überprüfen, und die erforder- des Jugendwohlfahrtsgesetzes steht.
lichen Änderungen vornehmen.
Vizepräsident Frau Funcke: Zweite Zusatz-
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage. frage.

Ruf (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wann kann Niegel (CDU/CSU) : Ist die Bundesregierung dann
mit einer Änderung des Bundessozialhilfegesetzes der Auffassung, daß die Arbeit der SDAJ den Zielen
gerechnet werden? Wann wird die Bundesregierung des Grundgesetzes zuwiderläuft, während die DJO
in etwa eine Novelle vorlegen? nachdrücklich für die Ziele des Grundgesetzes ein-
tritt?
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Herr. Kollege Ruf, die Bundesregierung ist in den Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund-
Ressorts damit beschäftigt, die Vorbereitungen für heit: Herr Kollege, in eine Prüfung, ob die Ziele und
eine Novelle zu treffen. Wir haben uns vorgenom- Arbeiten der SDAJ mit unserer Verfassung in Kon-
men, im Laufe des Jahres 1971 so weit zu kom- flikt geraten sind, sind wir nicht eingetreten. Wir
men, daß der Gang der Novelle über das Kabinett haben bisher nicht vor dieser Frage gestanden. Wir
in die parlamentarischen Beratungen angetreten treten auch in eine Prüfung erst ein, wenn uns eine
werden kann. solche Frage durch einen entsprechenden Antrag
oder ähnliches vorgelegt wird.
Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz-
Eine Vergleichbarkeit mit dem anderen von Ihnen
frage.
gleichzeitig aufgeworfenen Fragekreis ist für uns
Ich rufe die Frage 75 des Herrn Abgeordneten ebenfalls nicht gegeben. Deswegen bedauere ich es
Niegel auf: etwas, daß diese beiden Dinge in einer Frage zu-
Wird die Bundesregierung den Bundesjugendring auch dann sammengefaßt sind. Tatsache ist, daß die Deutsche
finanziell unterstützen, wenn die Bemühungen bestimmter
Kreise, die SDAJ in den Bundesring aufzunehmen, und die kürz-
Jugend des Ostens aus Mitteln des Bundesjugend-
lich artikulierte Forderung der DGB-Jugend, die Deutsche plans gefördert wird.
Jugend des Ostens aus dem Bundesjugendring auszuschließen,
zum Erfolg kommen?
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim des Herrn Abgeordneten Raffert.
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund-
heit: Herr Kollege Niegel, die im Deutschen Bundes- Raffert (SPD) : Herr Staatssekretär, erinnere ich
jugendring zusammengeschlossenen Verbände wer- mich richtig, wenn ich sage, daß der Bundesjugend-
den nicht mittelbar über den Bundesjugendring, ring und seine Geschäftsstelle schon aus Bundes-
sondern unmittelbar aus Mitteln des Bundesjugend- mitteln gefördert wurden, als es die Deutsche Jugend
planes gefördert. Die Frage der Mitgliedschaft im des Ostens noch nicht gab bzw. als sie noch nicht
Bundesjugendring ist daher von der Frage der För- Mitglied des Bundesjugendringes war?
derung zu trennen. Weder führt der Eintritt in den
Bundesjugendring automatisch zur Aufnahme der
Förderung noch bedingt ein Ausscheiden aus diesem Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesjugendring die Einstellung der Förderung. Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund-
Aus demselben Grunde kann auch die Förderung der heit: Ja, das ist richtig.
Geschäftsstelle des Bundesjugendringes durch den
Ein- bzw. Austritt eines einzelnen Verbandes nicht Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere
in Frage gestellt werden. Ob ein Jugendverband in Zusatzfrage. — Ich danke dem Herrn Parlamenta-
die Förderung einbezogen oder davon ausgenommen rischen Staatssekretär Westphal.
wird, richtet sich allein nach den Voraussetzungen Wir kommen zum Geschäftsbereich des Bundes-
des Jugendwohlfahrtsgesetzes und der Richtlinien ministers der Finanzen. Zur Beantwortung steht
für den Bundesjugendplan. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Reischl zur
Verfügung. Ich rufe die Frage 26 des Herrn Abge-
Vizepräsident Frau Funcke: Zusatzfrage, Herr ordneten Picard auf. — Er ist nicht im Saal. Die
Abgeordneter Niegel, bitte! Frage wird schriftlich beantwortet. Die Antwort
wird als Anlage zum Sitzungsbericht abgedruckt.
Niegel (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ist die Das gleiche gilt für die Beantwortung der Fragen
Bundesregierung also der Ansicht, daß nur solche 27 und 28 des Abgeordneten Dr. Kempfler.
4872 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Vizepräsident Frau Funcke


Ich rufe die Frage 29 der Frau Abgeordneten Interessen der Gemeinde wie auch den Bedürfnissen
Lauterbach auf: der Streitkräfte Rechnung tragen.
Ist der Bundesregierung der Bericht im „Stern" vom 5. Dezem-
ber 1970 über das seit Kriegsende ausschließlich von der US-
Armee benutzte Rasthaus am Chiemsee bekannt, und wie Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
beurteilt sie ihn?
der Frau Abgeordneten Lauterbach.

Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär Frau Lauterbach (SPD) : Herr Staatssekretär, ist
beim Bundesminister der Finanzen: Ich wäre dank- die Bundesregierung in der Lage, mir mitzuteilen,
bar, wenn ich die Fragen 29 und 30 wegen ihres wie hoch die deutschen Beiträge von Bund, Land
engen Zusammenhangs zusammen behandeln dürfte. und Gemeinde für den Unterhalt des Rasthauses
einschließlich Gelände und Seeufer gewesen sind
Vizepräsident Frau Funcke: Einverstanden, und wie hoch sie zur Zeit noch sind?
dann rufe ich auch noch die Frage 30 der Abgeord-
neten Frau Lauterbach auf: Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
Entspricht es der Tatsache, daß das 340-Betten-Rasthaus seit beim Bundesminister der Finanzen: Aus Bundes-
Oktober bis zum 15. Mai 1971 geschlossen ist, und kennt die
Bundesregierung die Gründe dafür und für die Weigerung der mitteln wird für die Anlage ein seit dem 1. Januar
Freigabe bzw. Mitbenutzung von deutscher Seite, die durch
Steuergelder seit Jahren zum Unterhalt beiträgt, durch General
1964 bisher unveränderter Betrag an Grundsteuern
James H. Polk in Heidelberg, Chef der US-Armee in Deutsch- gezahlt, und zwar für Wirtschaftsgebäude monatlich
land?
9175 DM und für die Zapfstellenfläche 196 DM, also
eine Summe von 9371 DM monatlich oder 112 467
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär DM im Jahr.
beim Bundesminister der Finanzen: Der Bundes-
regierung ist sowohl der in Heft Nr. 50 des „Stern" Umstritten ist bis jetzt noch, ob die US-Streit-
vom 6. Dezember 1970 veröffentlichte Artikel über kräfte diese Beträge nicht dem Bund zu erstatten
das von den amerikanischen Streitkräften seit 1945 haben. Eine grundsätzliche gerichtliche Klärung wird
als Erholungsstätte für ihre Soldaten in Anspruch angestrebt. Die Grundsteuer wird seit dem 1. April
genommene Autobahnrasthaus am Chiemsee wie 1958 an die Gemeinde Bernau abgeführt, und zwar
auch der diesem Artikel zugrunde liegende Sach- seit dem Zeitpunkt, von dem ab das vorher soge-
verhalt bekannt. Die Bundesregierung teilt jedoch nannte ausmärkische Gebiet der Rastanlage in die
nicht die Auffassung des Artikel-Verfassers, daß aus Gemeinde Bernau eingemeindet worden ist.
der Haltung der amerikanischen Streitkräfte in der Dagegen kann ich nichts darüber sagen — ich kann
Angelegenheit auf ein Fortbestehen von Besat- das aber feststellen lassen —, ob das Land oder die
zungsdenken bei hohen amerikanischen Kommando- Gemeinde eventuell selbst etwas zahlen. Bei der
stellen geschlossen werden könne. Gemeinde kann ich es mir allerdings kaum vor-
Das bundeseigene Rasthaus am Chiemsee ist nach stellen, hier könnte es nur ein Ausfall irgendwelcher
Auffassung der zuständigen Stellen als Autobahn- Steuern sein. Dagegen wäre denkbar, daß das Land
Raststätte nicht von Interesse, weil in der Gegend auch etwas bezahlt. Ich lasse das gerne feststellen
wirtschaftlicher zu führende Autobahn-Raststätten und teile es Ihnen schriftlich mit.
vorhanden sind. Es könnte daher mit seinen 350
Betten auch unter deutscher Regie allenfalls als Er- Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
holungsstätte verwendet werden. der Frau Abgeordneten Lauterbach.
Es trifft zu, daß die amerikanischen Streitkräfte
dieses Rasthaus, das sie seit Inkrafttreten des Frau Lauterbach (SPD) : Ist die Bundesregie-
NATO-Truppenstatuts als Erholungsstätte für ihre rung darüber informiert, ob weitere Hotelprojekte
Soldaten nud deren Angehörige in eigener Finanz- dieser oder anderer Art auch den anderen in der
verantwortung betreiben, in der Zeit vom 1. Okto- Bundesrepublik stationierten NATO-Truppen zur
ber 1970 bis 15. Mai 1971 geschlossen haben, weil ausschließlichen Benutzung durch sie und ihre Fa-
es auch für sie ein Saisonbetrieb ist, der sich in milien zur Verfügung stehen?
den Herbst- und Wintermonaten nicht selbst trägt.
Für die Frühjahrs- und Sommermonate besteht je-
doch nach Mitteilung des US-Hauptquartiers auch Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
weiterhin ein dringender Bedarf an dem Rasthaus beim Bundesminister der Finanzen: Das kann ich
für erholungsuchende Mitglieder der amerikanischen auswendig nicht sagen. Ich bin aber bereit, auch das
Streitkräfte und ihres Gefolges. Da die amerika- feststellen zu lassen und schriftlich mitzuteilen.
nische Truppe aus Übersee kommt und im Gebiet
der Bundesrepublik nur über eine recht begrenzte Vizepräsident Frau Funcke: Eine weitere Zu-
Zahl truppenbetriebener Erholungsstätten verfügt, satzfrage, Frau Kollegin.
wird man auf deutscher Seite hierfür Verständnis
haben müssen.
Frau Lauterbach (SPD) : Herr Staatssekretär,
Die Bundesregierung ist jedoch auch weiterhin be- teilt die Bundesregierung meine Meinung, daß eine
reit, gemeinsam mit den bayerischen Landesbehör- eventuelle gemeinsame deutsch-amerikanische Be-
den und Vertretern der Gemeinde Bernau zu prüfen, nutzung eines solchen Hotelprojekts ein ausgezeich-
ob sich andere Lösungen für die Benutzung des neter Beitrag zur persönlichen Begegnung und Ver-
Rasthauses finden lassen, die sowohl verständlichen ständigung sein könnte?
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4873

Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär worden: erstens 1962 4 Millionen DM zur Deckung
beim Bundesminister der Finanzen: Diese Meinung von Haushaltsausgaben des Bundesministers des
kann man sicherlich teilen. In dieser Richtung gin- Innern für Filmprämien, zweitens 1961 bis 1963
gen bisher unsere Bemühungen, die allerdings bis insgesamt 2,3 Millionen DM Darlehen an vertrie-
jetzt noch von keinem Erfolg begleitet waren. bene Filmtheaterbesitzer als Grundlage für Exi-
stenzaufbau, drittens 1966 11,4 Millionen DM Dar-
Vizepräsident Frau Funcke: Eine vierte Zu- lehen an die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung für
satzfrage. den Erwerb der deutschen Spiel- und Kulturfilm-
produktion der Zeit von 1913 bis 1960, die in die
USA verkauft werden sollte.
Frau Lauterbach (SPD) : Sehen Sie die Mög-
lichkeit eines erneuten Gesprächs mit dem Chef Über eine größere Teilausschüttung, in der auch
der US-Armee in Deutschland in dieser Angelegen- die erwirtschafteten Zinsen und Erträge enthalten
heit? sind, wird zur Zeit verhandelt. Der Gesamtkomplex
der Verwendung des Liquidationserlöses wird noch
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär geprüft. Konkrete Angaben über die Verwendung
beim Bundesminister der Finanzen: Die Gespräche der anstehenden Teilausschüttung sind daher noch
laufen weiter. nicht möglich.

Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere Vizepräsident Frau Funcke: Ich muß zuerst
Zusatzfrage. den Herrn Kollegen Dr. Meinecke fragen, ob er eine
Zusatzfrage hat.
Die Frage 31 des Abgeordneten Dr. Jahn (Braun- (Dr. Meinecke [Hamburg] : Lassen Sie bitte
schweig) wird schriftlich beantwortet. Die Antwort Herrn Kollegen Raffert beginnen!)
wird als Anlage abgedruckt.
— Gut, also Herr Kollege Raffert!
Die Frage 15 des Abgeordneten Dr. Jahn (Braun-
schweig) wird im Zusammenhang mit dem Ge- Raffert (SPD) : Es liegt daran, Frau Präsidentin,
schäftsbereich des Bundesministers des Innern daß die Fragen in einer falschen Reihenfolge in die
schriftlich beantwortet. Die Antwort wird als An- Drucksache gekommen sind.
lage abgedruckt. Herr Staatssekretär, Sie haben von einem Prozeß-
risiko gesprochen. In welchem Verhältnis steht die-
Ich rufe die Frage 32 des Herrn Abgeordneten
ses Prozeßrisiko zu der Höhe des zu erwartenden
Dr. Meinecke (Hamburg) auf:
Abwicklungserlöses von, wenn ich recht unterrich-
Auf welche Weise wurden und werden die Zinsen und andere
Erträge aus dem ehemaligen reichseigenen Filmvermögen (Ufi- tet bin, etwa 30 Millionen DM.
Vermögen) verwendet?

Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär


Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: In dem Prozeß
beim Bundesminister der Finanzen: Frau Präsiden- wird eine Summe von 20 Millionen DM verlangt.
tin, ich wäre dankbar, wenn ich die Frage des Kol- Allerdings ist diese Summe kaum als realistisch an-
legen Dr. Meinecke und die folgende Frage des Kol- zusehen. Es ist nicht zu erwarten, daß der Prozeß so
legen Raffert gemeinsam beantworten könnte. Sie endet.
betreffen genau den gleichen Sachverhalt. Es läßt
sich dann besser darstellen. Raffert (SPD) : Herr Staatssekretär, darf ich da-
von ausgehen, daß wie bisher auch künftig die Teil-
Vizepräsident Frau Funcke: Die Herren sind ausschüttungen und die weiteren Erträge getreu
einverstanden. Ich rufe dann auch die Frage 33 dem § 15 des Gesetzes über die Abwicklung und
des Herrn Abgeordneten Raffert auf: Entflechtung des ehemaligen reichseigenen Filmver-
Wie ist der Stand der Abwicklung und Entflechtung des ehe- mögens verwendet werden?
maligen reichseigenen Filmvermögens (Ufi-Vermögens) nach dem
Gesetz vom 5. Juni 1953?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Selbstverständ-
beim Bundesminister der Finanzen: Die Liquidation lich.
des ehemaligen reichseigenen Filmvermögens ist bis
auf einen langwierigen Prozeß und bis auf die ab- Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
schließende Regelung der Steuerfragen praktisch des Herrn Abgeordneten Dr. Meinecke.
durchgeführt. Von mehr als 70 Gesellschaften des
ehemaligen reichseigenen Filmvermögens beste- Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Herr Staats-
hen nur noch drei, davon zwei in Liquidation. sekretär, unbeschadet der Tatsache, daß man die
Bisher sind folgende Teilbeträge des Liquidations- durch den langen Prozeß erheblich verlängerte Ab-
erlöses an den Bund abgeführt oder mit Zustim- wicklung dieses Gesetzes beklagen kann, möchte
mung des Bundes im Sinne von § 15 des Gesetzes ich Sie fragen, ob Sie nicht mit mir der Meinung
über die Abwicklung und Entflechtung des ehemali- sind, daß infolge der Abwicklungszeit von 17 Jah-
gen reichseigenen Filmvermögens vom 5. Juni 1953, ren seit dem Jahre 1953 der § 1 des Gesetzes und
d. h. zur Förderung der Filmwirtschaft, verwendet damit die Intention des Gesetzgebers wohl nicht er-
4274 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Dr. Meinecke (Hamburg)


füllt werden konnte. Dort heißt es nämlich, daß Matthöfer (SPD) : Herr Parlamentarischer Staats-
dieses Gesetz erreichen soll, eine vom Staate unab- sekretär, trifft das auch für die Zahlung von Schmier-
hängige und auf demokratischen Grundsätzen be- und Bestechungsgeldern an Beamte und Politiker in
ruhende gesunde Filmwirtschaft zu schaffen. Teilen Entwicklungsländern zu?
Sie diese Auffassung?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen: Wenn die Zah-
beim Bundesminister der Finanzen: Ich gebe gern zu, lung dieser Gelder in einem wirtschaftlichen Zu-
daß die Zeit außerordentlich lang ist. Aber das hängt sammenhang mit einem Betrieb steht, gilt die Re-
mit der endlosen Dauer des bezeichneten Prozesses gelung meinem Gefühl nach auch für diesen Fall.
zusammen. Es liegt schon seit längerer Zeit nur Aber ich kann nicht sagen, ob so etwas vorgekom-
noch an diesem Prozeß. men ist.

Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege Dr. Vizepräsident Frau Funcke: Zweite Zusatz-
Meinecke! frage.

Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Herr Staats- Matthöfer (SPD) : Herr Parlamentarischer Staats
sekretär, können Sie dem Hohen Hause mitteilen, sekretär, angesichts der wohl unbestrittenen Tat-
wie hoch die Erträge aus dem Vermögen sind, die sache, daß die Korruption die wirtschaftliche Ent-
sich jährlich lediglich an Zinsen und aus Kapital- wicklung in diesen armen Ländern der Welt schwer
beteiligungen ergeben? behindert, was übrigens auch Bundesminister Eppler
in einer Antwort in der gestrigen Fragestunde be-
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär stätigte, wäre es da, wenn wir schon Entwicklungs-
beim Bundesminister der Finanzen: Das kann ich politik betreiben, nicht wenigstens unsere Aufgabe,
ohne Unterlagen nicht angeben. Ich bin aber bereit, Korruptionsversuche, die von unserem Land aus in
das festzustellen und schriftlich mitzuteilen. Entwicklungsländern unternommen werden, nicht
auch noch steuerlich zu belohnen?

Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz- Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär


frage. -
beim Bundesminister der Finanzen: Die Frage muß
Ich rufe die Frage 34 des Herrn Abgeordneten jetzt im Zusammenhang mit der Steuerreform ge-
Matthöfer auf: prüft werden. Das ist der geltende Rechtszustand,
den ich hier wiedergebe.
Unter welchen Bedingungen sind in der Bundesrepublik
Deutschland bei Auslandsgeschäften gezahlte Schmier- und
Bestechungsgelder als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar?
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Josten.
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen: Schmiergelder
und Bestechungsgelder sind Betriebsausgaben, wenn Josten (CDU/CSU): Herr Staatssekretär, gibt es
sie aus betrieblichem Anlaß gewährt werden, unab- bei der Behandlung dieser Frage einen Unterschied
hängig davon, ob sie bei Auslands- oder Inlandsge- zwischen Schmier- und Bestechungsgeldern?
schäften gezahlt werden.
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
(Zurufe: Hört! Hört!)
beim Bundesminister der Finanzen: Ich muß ehrlich
Voraussetzung für ihren Abzug bei der steuerlichen gestehen, daß ich das selbst nicht sagen kann. Ich
Gewinnermittlung ist jedoch, daß bei Zahlungen an habe nur den Doppelbegriff „Schmier- und Beste-
Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren chungsgelder" in meiner Unterlage vor mir. Für
gewöhnlichen Aufenthalt haben, der Empfänger mich ist es auch fast dasselbe.
genau bezeichnet wird. Bei Zahlungen an Perso-
nen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren Josten (CDU/CSU) : Das würde ich auch sagen.
gewöhnlichen Aufenthalt haben, genügt für den
Abzug als Betriebsausgaben im allgemeinen der
Nachweis, daß die Zahlung tatsächlich geleistet wor- Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
den ist und ihre Höhe in einem angemessenen Ver- des Herrn Abgeordneten Ott.
hältnis zum gesamten Auslandsumsatz steht.
Schmiergelder und Bestechungsgelder, die Geschenk- Ott (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wie beurtei-
charakter haben, weil sie nicht mit einer konkreten len Sie diese Art von Geldern dann, wenn es darauf
Leistung in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, ankommt oder davon abhängig ist, daß Auslands-
können nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 des Einkommensteuer- aufträge nicht zu erzielen sind, wenn hier nicht ge-
gesetzes nur als Betriebsausgaben abgezogen wer- wisse Betriebe im Interesse ihrer Beschäftigung im
den, wenn ihr Wert je Empfänger und Jahr den angemessenen Rahmen nachhelfen?
Betrag von 100 DM nicht übersteigt.
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage beim Bundesminister der Finanzen: Na ja, schön ist
des Herrn Abgeordneten Matthöfer, die Geschichte nie. Aber daß es gemacht wird, ist
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4875

Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Reischl


treten, und wie gedenkt die Bundesregierung in Zukunft für
klar. Davon geht wohl auch die steuerliche Regelung einen Ausgleich zu sorgen?
aus. Man will das eben begünstigen, soweit es in
Bitte schön.
einem angemessenen wirtschaftlichen Zusammen-
hang steht.
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen: Die unterschied-
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
lichen Heizkosten in den Bundesmietwohnungen
des Herr Abgeordneten Hansen.
sind in erster Linie auf die unterschiedliche Art der
Beheizung mit Koks, 01 oder Gas zurückzuführen.
Hansen (SPD) : Herr Staatssekretär, wären Sie Die unwirtschaftlichen Koksheizungen aus früherer
-
bereit, einmal festzustellen, inwieweit Bestechungs Zeit sind bereits weitgehend, soweit die Haushalts-
und Schmiergelder von Firmen zur illegalen Anwer- mittel und die Lage auf dem Baumarkt es zuließen,
bung ausländischer Arbeitskräfte von der Steuer auf Gas oder 01 umgestellt worden. In diesen Fäl-
abgesetzt werden? len werden die Heizkosten nach dem tatsächlichen
Verbrauch auf die Mieter umgelegt. Um die Mieter
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär der noch mit der teureren Koksheizung ausgestatte-
beim Bundesminister der Finanzen: Das würde einen ten Wohnungen nicht unzumutbar zu belasten, hat
Verwaltungsaufwand verursachen, der in keinem der Bundesminister der Finanzen angeordnet, daß
Verhältnis zum Ergebnis stünde. Wir können das unabhängig von den tatsächlichen höheren Heiz-
auch gar nicht feststellen; dem steht weitgehend das kosten nicht mehr als 9 DM pro qm und Jahr be-
Steuergeheimnis entgegen. heizbarer Wohnfläche dem Mieter berechnet wer-
den dürfen. Die Umstellung der Wohnungen von
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage Koksheizung auf 01 oder Gas wird voraussichtlich
der Abgeordneten Frau Lauterbach. 1972 abgeschlossen sein.

Frau Lauterbach (SPD) : Herr Staatssekretär, Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Peiter.
würden Sie mir bitte einmal näher erläutern, was
Sie unter dem Begriff „angemessenes Verhältnis"
verstehen. Peiter (SPD) : Herr Staatssekretär, wann ist diese
Anordnung, die Sie zitiert haben, ergangen?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen: Dieser Begriff Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
wird im Steuerrecht verwendet. Das muß also „an- beim Bundesminister der Finanzen: Vor noch nicht
gemessen" sein im Verhältnis zum Erfolg. allzu langer Zeit. Es hat eine Menge von schwer-
wiegenden Fällen gegeben. Ich kenne selber solche
Fälle. Früher standen eben die Richtlinien einer
Frau Lauterbach (SPD) : Kann man das prozen-
Bereinigung entgegen. Aber jetzt ist diese Regelung
tual ausdrücken?
getroffen worden.
(Heiterkeit.)

Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär Peiter (SPD) : Es muß also künftig danach verfah-
beim Bundesminister der Finanzen: Nein, das ren werden?
glaube ich nicht. Das wird wohl vom Einzelfall
abhängen. Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen: Ja, es muß
danach verfahren werden.
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage
des Herrn Abgeordneten Dr. Sperling.
Vizepräsident Frau Funcke: Keine weiteren
Zusatzfragen. Damit sind wir am Ende der Fragen
Dr. Sperling (SPD) : Herr Staatssekretär, haben
aus dem Geschäftsbereich des Bundesministers der
Sie den Eindruck, daß ,diese Frage schon - vor Ihrem
Finanzen. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen
Amtsantritt für das Ministerium ein Probleme gewe-
Staatssekretär Reischl.
sen ist, oder gibt es gar keine Vorarbeiten zu die-
sem Komplex? Wir kommen zu den Fragen aus den Geschäfts-
bereichen des Bundesministers für Verkehr und
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär für das Post- und Fernmeldewesen. Ich rufe die
beim Bundesminister der Finanzen: Soweit ich es Frage 76 des Abgeordneten Dr. Bach auf:
übersehe, gibt es keine Vorarbeiten. Ist mit der Fertigstellung der inzwischen zur Autobahn auf-
gestuften EB 1 in ihrem gesamten Verlauf zwischen Aachen
und Düsseldorf im Jahre 1973 zu rechnen, und welche Zeit-
Vizepräsident Frau Funcke: Keine weiteren planung ergibt sich aus der Sicht des Bundes?

Zusatzfragen. Zur Beantwortung Herr Parlamentarischer Staats-


sekretär Börner.
Ich rufe die Frage 35 des Abgeordneten Peiter
auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß durch die verschieden- Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
artige Beheizung von bundeseigenen Wohnungen für Bundes-
wehrangehörige unterschiedliche Belastungen der Mieter auf- Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
4876 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Börner


Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, wegen des Sach- Ich rufe die Frage 80 des Abgeordneten Josten
zusammenhangs der Fragen 76 und 77 wäre ich auf:
dankbar, wenn ich beide Fragen gemeinsam beant- Treffen die Meldungen der „Rhein-Zeitung" Koblenz vom
8.Dezmbr1970u,daßneiUtrschugfüdn
worten könnte. Nordrhein-Westfälischen Generalverkehrsplan den die Länder-
grenze überschreitenden Verkehr unberücksichtigt gelassen
habe?
Vizepräsident Frau Funcke: Der Fragesteller
ist einverstanden. Ich rufe ferner die Frage 77 des Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Abgeordneten Dr. Bach auf: Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Ist die Bundesregierung bereit, die EB 1 Aachen—Düsseldorf Fernmeldewesen: Herr Kollege, der Generalver-
in ihrem gesamten Verlauf zumindest in den ersten Fünf-
jahresplan gemäß § 5 des Gesetzentwurfes über den Ausbau kehrsplan Nordrhein-Westfalen hat in seinen Unter-
der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 (Drucksache
VI/1180) aufzunehmen, sofern keine Aussicht besteht, die vor-
suchungen alle Tatbestände für den Verkehr inner-
gesehene Baumaßnahme 1973 abzuschließen? halb Nordrhein-Westfalens, aber auch die Verbin-
dungen zu anderen Bundesländern berücksichtigt.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Die Aussage der „Rhein-Zeitung" in Koblenz ist also
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und nach meiner Auffassung nicht zutreffend.
Fernmeldewesen: Herr Kollege, die geplante Auto-
bahn zwischen Aachen und Düsseldorf kann bis 1973 Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
noch nicht durchgehend fertiggestellt werden. Im
ersten Fünfjahresplan (1971 bis 1975) wird es nur Josten (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär habe ich
möglich sein, zusätzlich zu der bereits fertigen Teil- recht verstanden, daß also kein Grund zu der Be-
strecke zwischen Jackerath und Hemmerden einige sorgnis besteht, wie sie in der Ausgabe der „Rhein-
weitere Abschnitte zu verwirklichen und die rest- Zeitung" zum Ausdruck kam?
lichen Teilstrecken in Bau zu nehmen. Durchgehend
wird die neue Autobahn zwischen Aachen und Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Moers erst Mitte des zweiten Fünfjahresplanes zur Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Verfügung gestellt werden können. Fernmeldewesen: Ja, ich würde das auf Grund der
Bei den nur in beschränktem Umfang zur Ver- uns vorliegenden Informationen so sehen.
fügung stehenden Haushaltsmitteln können im
ersten Fünfjahresplan nicht alle Maßnahmen der Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz-
ersten Dringlichkeitsstufe voll berücksichtigt wer- frage.
den. Vorrangig müssen die baulich bereits laufenden
3) Strecken finanziell abgedeckt werden. Der Abschluß Ich rufe die Frage 81 des Herren Abgeordneten
des Baues der neuen Autobahn Aachen — Düsseldorf Josten auf:
kann im ersten Fünfjahresplan somit nicht voll finan- Teilt die Bundesregierung die Meinung der Industrie- und
ziert werden. Eine solche Finanzdisposition ent- Handelskammer Bonn, daß in Zusammenarbeit mit der Landes-
regierung von Rheinland-Pfalz der S-Bahn-Verkehr der Bun-
spricht im übrigen auch dem derzeitigen Planungs- desbahn das Gebiet Köln/Bonn mit der Rheinstrecke bis Koblenz
verbinden soll?
und Vorbereitungsstand.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
des Herrn Abgeordneten Dr. Bach. Fernmeldewesen: Die Bundesregierung kann sich zu
einer S-Bahn der Deutschen Bundesbahn zwischen
Köln, Bonn und Koblenz erst dann äußern, wenn ent-
Dr. Ing. Bach (CDU/CSU) : Herr Parlamentari-
-
sprechende Untersuchungen durchgeführt sind. Im
scher Staatssekretär, können Sie mir sagen, um übrigen sieht der Generalverkehrsplan Nordrhein-
welche Teilstrecken, die fertiggestellt werden kön- Westfalen zwischen Köln und Bonn — einschließlich
nen, es sich bei dieser Strecke handelt? Bad Godesberg — auf Grund eines Gutachtens von
Professor Dr.-Ing. Nebelung keinen S-Bahn-Verkehr
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim der Deutschen Bundesbahn vor. Diesen Verkehr soll
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und die Köln-Bonner-Eisenbahn bedienen.
Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich wäre dankbar,
wenn ich Ihnen das schriftlich nachreichen dürfte, Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
weil dazu eine Rückfrage bei der Auftragsverwal-
tung in Nordrhein-Westfalen notwendig ist.
Josten (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wäre
(Abg. Dr.-Ing. Bach: Einverstanden!) die Bundesregierung bereit, im Hinblick auf den
Ich möchte hier keine Globalantwort geben, sondern wachsenden Verkehr und das immer weitere Zu-
muß, wenn Sie genau fragen, erst in Düsseldorf nach sammenwachsen der Städte und Gemeinden auf der
dem jetzigen Bauzustand rückfragen. Strecke Köln-Koblenz eine S-Bahn-Planung mit zu
unterstützen?

Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim


Zusatzfrage. Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Die Fragen 78 und 79 werden schriftlich beantwor- Fernmeldewesen: Herr Kollege, soweit man Unter-
tet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. suchungen über diese Dinge anstellt, wird die Bun-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4877
Parlamentarischer Staatssekretär Börner
desregierung sicher zu einer Unterstützung bereit Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
sein. Aber eine Zusage zu dem Projekt könnte auch Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
als Finanzierungszusage mißverstanden werden. Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Antwort auf
Deshalb möchte ich diese Frage heute etwas zurück- Frage 83 lautet: Der Abschnitt der neuen B 7 zwi-
haltend beantworten und Ihnen sagen, daß nach den schen dem Neersener Kreuz und dem Winkelner
verkehrswissenschaftlichen Untersuchungen, die bis- Kreuz befindet sich zur Zeit in der Bauvorbereitung.
her vorliegen, S-Bahnen — wenn überhaupt — sich Baumaßnahmen — wie es in der Fragestellung
nur für Verdichtungs-, also für Ballungsräume ren- heißt — laufen dort nach meiner Kenntnis noch nicht.
tieren. Hier im Rheintal liegen besondere Verhält- Somit kann auch von einer eingestellten Baumaß-
nisse vor. Deswegen kann ein solches Projekt durch- nahme nicht gesprochen werden. Wie in der schrift-
aus in späterer Zeit einmal gefördert werden. lichen Beantwortung einer Frage des Herrn Abge-
ordneten Dr. Hammans Anfang November dieses
Man muß aber auch die technischen Schwierig-
keiten sehen. Es ist Ihnen bekannt, daß man z. B. Jahres ausgeführt wurde, ist vorgesehen, die neue
für ein S-Bahn-Vorhaben eine besondere Gleistrasse B 7 zwischen der niederländischen Grenze und Düs-
seldorf etwa 1973/74 durchgehend fertigzustellen.
braucht. Bei der städtebaulich sehr schwierigen
Situation in Bonn eine solche Trasse durch diesen Nachdem bereits seit ,dem 16. Oktober 1970 die
Raum zu führen, wirft eine Reihe sehr entscheiden- neue B 7 zwischen Düsseldorf und Neersen durch-
der technischer, aber auch finanzieller Probleme auf. gehend zur Verfügung steht, ist für den Raum Mön-
chengladbach eine wesentliche Verbesserung er-
Vizepräsident Frau Funcke: Eine weitere Zu- reicht, so daß bis zur Schließung der Lücke etwa
satzfrage. 1973/74 nach unserer Auffassung keine schwerwie-
genden wirtschaftlichen Nachteile zu erwarten sein
Josten (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär , auf dürften.
Grund Ihrer sehr positiven Einstellung zu dem ge-
samten Problem möchte ich Sie fragen: sehen Sie Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
nicht auch die Möglichkeit, in Verbindung mit der
Landesregierung von Rheinland-Pfalz solche in die Dr. Becker (Mönchengladbach) (CDU/CSU) : Herr
Zukunft gerichteten Pläne schon jetzt zu entwerfen, Parlamentarischer Staatssekretär, bleibt tatsächlich
auch wenn die notwendigen Mittel zur Ausführung gewährleistet, daß der Ausbau trotz der Verzöge-
fehlen, damit nicht zum gegebenen Zeitpunkt die rung im Jahre 1973 abgeschlossen sein wird?
Bauausführung sehr erschwert und sogar verteuert
wird? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr und für das Post-
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim und Fernmeldewesen: Das ist auf Grund der Infor-
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und mationen, die wir von der Auftragsverwaltung
Fernmeldewesen: Herr Kollege, wenn die betreffen- Nordrhein-Westfalen haben, anzunehmen.
den Landesregierungen an uns mit einem solchen
Projekt herantreten, werden wir das — genau wie Dr. Becker (Mönchengladbach) (CDU/CSU) : Hat
bei allen anderen Vorhaben — im Rahmen unserer die Bundesregierung beim Ausbau der Autobahn
Zuständigkeit sehr sorgfältig prüfen. Ich darf aber B 7 genügend beachtet, ,daß es sich hier um eine
darauf hinweisen, daß die Durchführung solcher wichtige Europa-Verbindung zwischen Holland und
Maßnahmen auch in die Unternehmenspolitik der dem Ruhrgebiet handelt, nachdem die neue Brücke
Deutschen Bundesbahn eingreift, für die ich mich in Venlo fertiggestellt ist?
hier nicht äußern kann. Das heißt also, daß die wirt-
schaftliche Seite der Angelegenheit auch von der
Deutschen Bundesbahn durchgerechnet werden muß. Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr und für das Post-
und Fernmeldewesen: Ja, das ist berücksichtigt. Alle
Vizepräsident Frau Funcke: Keine Zusatz- unsere Planungsmaßnahmen für die siebziger Jahre
frage. Die Frage 82 des Abgeordneten Engelsberger sind auf Grund sehr eingehender wissenschaftlicher
wird schriftlich beantwortet Die Antwort wird als Untersuchungen — auch des grenzüberschreitenden
Anlage abgedruckt. Verkehrs — zustande gekommen.
Ich rufe die Fragen 83 und 84 des Abgeordneten
Dr. Becker (Mönchengladbach) auf: Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere
Aus welchen Gründen sind die Baumaßnahmen an der Ver-
Zusatzfrage.
längerung der Autobahn B 7, die von Düsseldorf bis zum
Neersener Kreuz fertiggestellt wurde, weiter nach Westen bis
Winkelner Kreuz eingestellt worden, obgleich diese Autobahn Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
in der 1. Dringlichkeitsstufe des Bundesplanes für den Ausbau
der Bundesfernstraßen aufgeführt ist, und ist sich die Regierung Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
darüber klar, daß sich durch die starke Verzögerung des wei-
teren Ausbaus schwerwiegende negative wirtschaftliche Kon-
Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, ich darf dann
sequenzen für das Gebiet Mönchengladbach, Rheydt und Viersen die Frage 84 beantworten, die Sie mit aufgerufen
(mit einer Einwohnerzahl von rd. 400 000 Menschen) ergeben?
hatten: Die „Westtangente" Mönchengladbach zwi-
Kann der ursprünglich vorgesehene Baubeginn an der
„Westtangente" Mönchengladbach an dem Stück Dülken über schen Dülken und der B 57 bei Mönchengladbach—
Winkeln bis Mönchengladbach-Holt (B 57) ire Jahre 1971, der
anscheinend in Frage gestellt ist, nicht aufrechterhalten wer-
Holt ist zur Zeit noch eine Baumaßnahme des Landes
den, und bleibt auf jeden Fall gewährleistet, daß dieser wich- Nordrhein-Westfalen. Erst ab 1971 wird der Ab-
tige Bauabschnitt der „Westtangente" im Jahre 1973 vollendet
sein wird? schnitt Dülken bis Hochneukirch — B 230 — in das
4878 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Parlamentarischer Staatssekretär Börner


Autobahnprogramm übernommen. Die dort laufen- Bundespost kein allgemeines Bedürfnis besteht und
den Brückenbauarbeiten werden im Jahre 1971 wei- weil die technische Realisierung und insbesondere
tergeführt, und die Strecke wird bis etwa 1973/74 die betriebliche Abwicklung sehr schwierig sein
fertiggestellt werden. Für den südlich anschließen- würden.
den Abschnitt der „Westtangente" Mönchenglad-
bach bleibt die Baulast beim Land Nordrhein-West- Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
falen. Für den Fortgang der Arbeiten in diesem Ab-
schnitt ist nach wie vor das Land Nordrhein-West- Pieroth (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, da die
falen zuständig. Anrufbarkeit in Großbritannien und in den Ver-
einigten Staaten gewährleistet ist, ist das dort
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage. doch wohl technisch geregelt, und außerdem dürfte
dafür eine gewisse Notwendigkeit vorliegen; sonst
Dr. Becker (Mönchengladbach) (CDU/CSU): Herr hätte man das ja in der Zwischenzeit wieder abge-
Parlamentarischer Staatssekretär, ist die Anbindung schafft.
der Nordtangente der B 7 an die B 230 nach Roer-
mond ebenfalls im Jahre 1973 gewährleistet? Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Fernmeldewesen: Herr Kollege, ich bin nicht sicher,
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und ob die von Ihnen genannten Fernmeldeverwaltun-
Fernmeldewesen: Unter Berücksichtigung der jetzt gen bei einer weiteren Verdichtung des Fernsprech-
zu übersehenden Planungen hoffen wir das errei- verkehrs dieses Prinzip auf die Dauer aufrechter-
chen zu können. Ich darf aber darauf hinweisen, halten können. Ich habe mich gerade auf Grund
daß beim Fernstraßenbau immer Grundstücksschwie- Ihrer Frage einmal umfassend informiert, und ich
rigkeiten hinzukommen können, über die ich heute bin der Meinung, daß es sinnvoll wäre, wenn ich
noch nichts aussagen kann. Ihnen in einem Brief ergänzende Informationen
gäbe, weil das Problem fernmeldetechnisch sehr
Dr. Becker (Mönchengladbach) (CDU/CSU): Eine kompliziert ist.
zweite Zusatzfrage: Herr Parlamentarischer Staats-
sekretär, wäre es nicht sinnvoll, wenn der Bund Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
auch die Baumaßnahmen der gesamten „West-
tangente" übernehmen würde, weil es sich prak- Pieroth (CDU/CSU) : Sosehr ich Ihnen jetzt schon
tisch um die große Linie Roermond-Venlo-Mönchen- im voraus für den Brief danke, frage ich Sie: Wür-
gladbach-Erft handelt, die später bis Karlsruhe wei- den Sie dann bitte bei Beantwortung der Frage in
tergeführt werden soll? Ist diese linksrheinische einem Brief — soweit Sie die Antwort nicht doch
Autobahn nicht auch eine der großen Europastra- gleich geben wollen — den Gesichtspunkt berück-
ßen? sichtigen, daß es weniger gut verdienende Familien-
angehörige gibt, z. B. Studenten und Rentner, die
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim auf diese Art mit besser verdienenden Familien-
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und angehörigen telefonisch in Kontakt treten können —
Fernmeldewesen: Herr Kollege, Sie müssen davon eben deshalb, weil sie angerufen werden —, und
ausgehen, daß die gesetzlichen Bestimmungen, nach würden Sie in Ihrem Gedankengang bitte auch be-
denen wir uns bei Baulastverpflichtungen zu richten rücksichtigen, daß auch anderen das Kleingeld ein-
haben, sehr eng sind. Wir können nur das in unse- mal ausgehen kann, zumindest ab Mitte nächsten
rer Baulast machen, was wirklich durch das Fern- Jahres in noch stärkerem Maße als heute?
straßengesetz gedeckt ist. Es gibt auch die Möglich-
keit, daß andere Baulastträger von uns unterstützt Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
werden. Das ist bisher immer geschehen. Insofern Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
wird sich dieses Problem auch lösen lassen, ohne Fernmeldewesen: Das ist alles richtig. Nur für
daß hier die Baulastverpflichtung auf den Bund die Zeit, wo jemand vor einer öffentlichen Fern-
übergeht. sprechzelle auf einen Anruf wartet, kann darin,
soweit ich das technisch übersehe, kein anderer
Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere telefonieren.
Zusatzfrage.

Ich rufe die Frage 85 des Abgeordneten Pieroth Pieroth (CDU/CSU) : Für 20 Pf kann man anrufen
auf: und zurückgerufen werden.
Ist die Bundesregierung bereit, in allen öffentlichen Telefon-
zellen die technischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß
Benutzer der Telefonzellen von anderen Fernsprechteilnehmern
in den Telefonkabinen angerufen werden können?
Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege, Sie
haben keine Zusatzfragen mehr.
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Bundesregie- Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
rung zieht eine solche Maßnahme nicht in Erwägung, Fernmeldewesen: Es ist sehr schwierig, das jetzt
weil dafür nach den Erfahrungen der Deutschen im Rahmen der Fragestunde zu klären. Es gibt eine
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4879

Parlamentarischer Staatssekretär Börner


ganze Menge Gesichtspunkte, die fernmeldetech- sehen ist und daß wir uns sehr bemühen, die Gleis-
nisch dagegen sprechen. anlagen der Bundesbahn im Raum Hamburg zu ver-
bessern. Ich darf insbesondere darauf hinweisen,
Ich bin gern bereit, Ihnen die ergänzenden Infor-
daß der Bau des Verschiebebahnhofs Maschen, der
mationen zu geben. über 300 Millionen DM kostet, unter dem Gesichts-
punkt der Stärkung des Großraums Hamburg sowie
Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere des ganzen norddeutschen Küstengebiets gesehen
Zusatzfrage. werden muß.

Ich rufe die Frage 86 des Herrn Abgeordneten Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
Storm auf:
Wird die Bundesregierung im Hinblick auf die Erweiterung
der EWG durch den Beitritt skandinavischer Länder die Planun- Storm (CDU/CSU) : Ist die Bundesregierung dann,
gen für die Verkehrsbereiche in Schleswig-Holstein (vor allem wenn weitere Gespräche und Planungen notwendig
Fernstraßenbau, Elektrizifierung der Bundesbahnstrecken, Aus-
bau des- Flughafens Kaltenkirchen, Bau der Fehmarn-Lolland sind, bereit, sich vorher ein wissenschaftliches Gut-
Brücke, Ausbau der Häfen an Nord- und Ostsee bzw, am
Nord-Ostsee-Kanal) überprüfen und evtl. neu gestalten, um achten erstellen zu lassen?
dann der erweiterten „Brückenfunktion" Schleswig-Holsteins
gerecht zu werden?
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Fernmeldewesen: Herr Kollege, alles, was wir pla-
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
nen, erfolgt in sehr enger Zusammenarbeit mit wis-
Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, ich wäre dank-
senschaftlichen Instituten. Jede Planung, die z. B. im
bar, wenn ich die Fragen 86 und 87 gemeinsam
Fernstraßenhaushalt, aber auch bei der Deutschen
beantworten könnte.
Bundesbahn für diesen Raum und für diese Zeit vor-
genommen wird, ist wissenschaftlich abgesichert.
Vizepräsident Frau Funcke: Einverstanden. Dazu verpflichtet uns schon die Höhe der Kosten,
Dann rufe ich auch die Frage 87 des Abgeordneten die ja sehr sorgfältig zu prüfen ist, ehe ein Bau-
Storm auf: auftrag vergeben wird.
Wieweit sind dahin gehende Besprechungen schon mit dem
Land Schleswig-Holstein geführt worden?
Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Zusatzfrage.
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen: Herr Kollege, alle Planungen des Ich rufe die Frage 88 des Herrn Abgeordneten
Bundes berücksichtigen bereits seit Jahren wegen Erpenbeck auf:
der engen internationalen Verflechtungen in Europa Ist die Bundesregierung bereit, durch Ermäßigung der An-
schlußgebühr und Senkung der Grundgebühr für Telefonan-
die Belange des internationalen Verkehrs. Nichts- schlüsse für alleinlebende ältere Menschen, den Auftrag des
Gesetzgebers aus dem Jahre 1961 zu konkretisieren „Schwierig-
destoweniger ist die Bundesregierung bereit, für den keiten, die durch das Alter entstehen, zu überwinden und
Vereinsamung im Alter zu verhüten" (§ 75 BSHG)?
Fall des Beitritts skandinavischer Länder zur EWG
die von Ihnen angesprochenen Planungen — falls
notwendig — zu überprüfen und zu verbessern. Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Spezielle Besprechungen im Hinblick auf die Er- Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen: Herr Kollege, weder die Einrich-
weiterung der EWG sind mit dem Land Schleswig-
tungsgebühren noch die laufenden Grundgebühren
Holstein bisher nicht geführt worden. Allerdings ist
decken die Selbstkosten der Post. Damit stellen sie
darauf hinzuweisen, daß bei allen Planungen des
bereits eine „verbilligte Eintrittskarte" zum öffent-
Bundes, z. B. im Bundesfernstraßenbau und bei der
lichen Fernsprechnetz dar.
Deutschen Bundesbahn, enge Kontakte mit den be-
teiligten Landesverwaltungen gepflogen werden. So Die Deutsche Bundespost ist kraft gesetzlichen
ist z. B. der Bedarfsplan für den Ausbau der Bundes- Auftrags nicht zur Erfüllung allgemeiner Fürsorge-
fernstraßen in enger Zusammenarbeit mit dem maßnahmen berufen. Sie sieht sich als wirtschaft-
Lande Schleswig-Holstein aufgestellt worden. liches Unternehmen deshalb auch nicht in der Lage,
zugunsten bestimmter Personengruppen ganz oder
teilweise auf die Fernsprechgebühren zu verzichten.
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
Der Bund hat zwar die Gesetzgebungskompetenz
für die Sozialhilfe. Mittel aus dem Bundeshaushalt
Storm (CDU/CSU): Haben Sie bei diesen Planun-
stehen aber leider nicht zur Verfügung, da die
gen auch berücksichtigt, wie man den Engpaß in
Durchführung des Gesetzes bei den Ländern liegt
Hamburg, insbesondere den der Bundesbahn, über-
und die Kommunen Träger der Sozialhilfe sind.
winden kann?

Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.


Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen: Ja, Herr Kollege. Sie wissen, daß Erpenbeck (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
im Straßenbau z. B. der Bau des Elbtunnels zügig nachdem der Hessische Verwaltungsgerichtshof ent-
durchgeführt wird, daß darüber hinaus eine weitere schieden hat, daß die Kosten für einen Telefon-
Elbüberquerung im Laufe der nächsten Jahre vorge- anschluß und die Zahlung der laufenden Grund-
4880 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970

Erpenbeck
gebühren nach dem Bundessozialhilfegesetz ein Mit- Wir kommen zur letzten Frage, der Frage 89 des
tel der Altenhilfe sind, frage ich Sie: glaubt die Herrn Abgeordneten Erpenbeck:
Bundesregierung nicht, daß sie aus diesem Urteil Schließt sich die Bundesregierung der Auffassung an, daß
die verstärkte Einrichtung von Telefonanschlüssen für allein-
Konsequenzen zu ziehen hat? lebende ältere Menschen eine wünschenswerte und notwendige
Hilfe bedeuten würde?

Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bitte schön!


Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
Fernmeldewesen: Natürlich. Das steht doch nicht Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
im Gegensatz zu dem, was ich gesagt habe. Ich bin Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
durchaus der Meinung, daß dieses Urteil eine Ver- Fernmeldewesen: Frau Präsidentin, ich möchte nur
pflichtung für die Träger der Sozialhilfe einschließt, anschließen, daß die Deutsche Bundespost ihren Kun-
Entsprechendes auch zu tun. Nur ist die Post für dendienst selbstverständlich laufend verbessern
diese Dinge nicht der richtige Adressat. wird und daß ich für Anregungen dieser Art sehr
dankbar bin.
Vizepräsident Frau Funcke: Eine zweite Zu- Zur Frage des Herrn Kollegen Erpenbeck möchte
satzfrage. ich sagen: Ja, die Bundesregierung ist dieser Auf-
fassung.
Erpenbeck (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
wäre Ihr Haus im Rahmen seiner Zuständigkeiten Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage.
dann bereit, mit Ländern und Gemeinden in diesem
Sinne ein Gespräch zu führen?
Erpenbeck (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
sind Sie der Meinung, daß, wenn im Sinne der Ant-
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim wort auf meine erste Frage entsprechende An
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und schlösse für alte Menschen eingerichtet werden,
Fernmeldewesen: Herr Kollege, sicherlich ist die auch genügend Anschlüsse zur Verfügung stehen?
Bundesregierung bereit, die Fragen, , die Sie anspre-
chen, im Rahmen der gemeinsamen Bemühungen
Börner, Parlamentarischer Staatssekretär beim
um die Lösung der Probleme der alten Menschen
Bundesminister für Verkehr und für das Post- und
mit den Ländern zu besprechen, nur ist es keine
Fernmeldewesen: Herr Kollege, die Frage der Ge-
spezifische Aufgabe der Post. Aber ich fasse Ihre
stellung von Anschlüssen ist eine technische und
Anregung so auf: Es geht darum, daß das zustän-
finanzpolitische Frage erster Ordnung. Sie wissen,
dige Ressort in erster Linie mit den Sozialministern
daß wir eine sehr lange Warteliste haben und daß
der Länder sprechen müßte. Ich werde diese Anre-
sich die Deutsche Bundespost bemüht, diese Warte-
gung an Frau Kollegin Strobel weitergeben.
liste abzubauen. Das steht in engem Zusammenhang
mit der Verbesserung ihrer Kapitalstruktur, die ja
Vizepräsident Frau Funcke: Eine Zusatzfrage zur Zeit, wie Sie wissen, in der politischen Diskus-
des Herrn Abgeordneten Kleinert. sion ist. Ich bitte mir zu gestatten, darauf heute nicht
im einzelnen einzugehen, weil hier praktisch ein
Kleinert (FDP) : Herr Staatssekretär, glauben Sie schwebendes Verfahren berührt wird, nämlich die
nicht, daß es bei der immer häufiger werdenden Be- Diskussion über bestimmte Gebührenkorrekturen.
rufung der Bundespost darauf, daß sie ein wirt-
schaftliches Unternehmen und nicht etwa — ich Vizepräsident Frau Funcke: Keine weitere
glaube, das kann man da hineinlegen — eine Be- Zusatzfrage. Ich danke dem Herrn Parlamentarischen
hörde sei, notwendig sein könnte, auch im Umgang Staatssekretär Börner.
mit dem Publikum eine Entbürokratisierung und
eine Annäherung an die Gepflogenheiten kaufmän- Meine Herren und Damen, wir sind am Ende der
nischer Betriebe, z. B. im Formularwesen, bei Form- Fragestunde und damit auch am Ende unserer heu-
vorschriften für Anträge usw., durchzuführen? tigen Tagesordnung.
Ich berufe das Haus auf Freitag, den 18. Dezem-
Vizepräsident Frau Funcke: Herr Kollege ber 1970, 9 Uhr, ein.
Kleinert die Zusatzfrage steht nicht im unmittel- Die Sitzung ist geschlossen.
baren Zusammenhang mit dem Text der ursprüng-
lichen Frage. Ich kann sie daher nicht zulassen. (Schluß der Sitzung: 15.06 Uhr.)
Deutscher Bundestag - 6. Wahlperiode - 88. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 17. Dezember 1970 4881

Anlage zum Stenographischen Bericht

Anlage Abgeordneter(r) beurlaubt bis einschließlich

Liste der beurlaubten Abgeordneten Heyen 31. 12.


Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Jahn (Braunschweig) * 18. 12.
Dr. Jungmann 31. 1. 1971
Dr. Achenbach * 18. 12. Klinker * 17. 12.
von Alten-Nordheim 18. 12. Dr. Kreile 18. 12.
Dr. Artzinger * 18. 12. Kriedemann * 18. 12.
Barche 15. 1. 1971 Lange * 18. 12.
Dr. Barzel 18. 12. Müller (Aachen-Land) * 17. 12.
Dr. Becker (Mönchengladbach) 18. 12. Frau Dr. Orth * 17. 12.
Blumenfeld 18. 12. Pöhler ** 18. 12.
Dr. Böhme 18. 12. Dr. Pohle 18. 12.
Frau Brauksiepe 18. 12. Rasner 18. 12.
Dasch 18. 12. Richarts * 17. 12.
von Dohnanyi 17. 12. Riedel (Frankfurt) * 18. 12.
Dr. Dollinger 18. 12. Dr. Rinderspacher ** 17. 12.
Dröscher * 17. 12. Roser ** 17. 12.
Eckerland 18. 12. Russe 18. 12.
Dr. Götz 31. 12. Dr. Schmitt-Vockenhausen 18. 12.
Dr. Hein 31. 12. Dr. Schröder (Düsseldorf) 18. 12.
Dr. Hermesdorf (Schleiden) ** 17. 12. Schwabe 18. 12.
Frau Herklotz ** 17. 12. Springorum * 18. 12.
* Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Euro- Steiner 18. 12.
päischen Parlaments Dr. Wörner 18. 12.
** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Ver- Frau Dr. Wolf 18. 12.
sammlung des Europarates Wolfram * 18. 12.

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