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79. Sitzung
Inhalt:
nung des staatlich geprüften deutschen Fragen des Abg. Pfeifer (CDU/CSU) :
Technikers im EWG-Raum Förderung der Schüler von Berufsfach-
Rosenthal, Parlamentarischer schulen
Staatssekretär . . . . . . . 4463 B, C Westphal, Parlamentarischer
Pohlmann (CDU/CSU) 4463 C Staatssekretär 4468 C, D,
4469 A, B
Westphal, Parlamentarischer
Anlagen
Staatssekretär . . . . . . . . 4466 D,
4467 A, B, C Anlage 1
von Alten-Nordheim (CDU/CSU) . 4467 A, C Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 4473 A
Anlagen 2 und 3
Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) : Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Fragen der Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU)
Förderung des Politischen • Arbeits- und Biechele (CDU/CSU) betr. Besteue-
kreises Oberschulen mit öffentlichen rung der Beamtenpensionen 4473 B
Mitteln
Anlage 4
Westphal, Parlamentarischer
Staatssekretär . . . 4467 D, 4468 A, B Schriftliche Antwort auf die Mündlichen
Fragen des Abg. Dr. Arnold (CDU/CSU)
Weigl (CDU/CSU) 4468 A, B betr. Verbesserung der Lage der Patien-
Hansen (SPD) 4468 B ten in den Kliniken 4473 D
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970 4457
79. Sitzung
Staatssekretär Ahlers
Verfügung. Für 1971 wird eine Erhöhung des An- grund stand. Ein Großteil der Informationsmaßnah-
satzes zu diesem Zweck auf 800 000 DM angestrebt, men dieser Art ist ländergebunden. So unterhält
wobei allerdings noch zu klären ist, wie dieses Geld z. B. die Landeszentrale in Düsseldorf ein Referat,
am besten zu dem gewünschten Zweck verwendet das sich speziell mit dieser Thematik befaßt.
werden kann. Die Gastarbeiterzeitungen — das
Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß bei
möchte ich in diesem Zusammenhang sagen —
einer Befragung im Januar/Februar dieses Jahres
haben sich nicht voll bewährt.
von über 1500 Gastarbeitern verschiedener Staats-
Zweitens. In dem Sozialbericht 1970, der im Voll- angehörigkeit festgestellt werden konnte, daß über
text veröffentlicht und auch in ausgewerteter Form 70 v. H. ihre eigene Situation in Deutschland als
der Öffentlichkeit bekanntgemacht worden ist, hat gut und sehr gut bewerten; 95% sind mit ihrem
die Bundesregierung auf die Belastungen hingewie- Arbeitsplatz zufrieden, 50 % bezeichnen sich als
sen, „die sich für die ausländischen Arbeitnehmer in deutschfreundlich und 17 % sogar als besonders
einer ihnen fremden Umwelt und Arbeitsweise, oft deutschfreundlich.
genug bei Trennung von der Familie, ergeben". In
dem Bericht fährt die Bundesregierung dann fort: Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Um so wichtiger erscheinen ihr die Verpflich- Herr Staatssekretär, die Richtlinien der Fragestunde
tungen, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft sehen eine kurze Beantwortung vor. Aber im Hin-
damit eingehen. Volle Eingliederung ins Ar- blick auf die öffentliche Beunruhigung, die die
beitsleben ohne Aufgabe der nationalen Eigen- Meldungen aus München hervorgerufen hatten,
art, soziale Sicherung und andere Dienstleistun- liegt es, glaube ich, im wohlverstandenen Interesse
gen einschließlich der Weiterbildung sind selbst- der deutschen Öffentlichkeit, daß Sie die Fragen
verständliche Erfordernisse, von denen sich die etwas ausführlicher beantwortet haben.
Arbeitsmakpol,nderabi Eine Zusatzfrage des Herrn Kollegen Hussing.
Bundesanstalt für Arbeit leiten lassen müssen.
Ferner hat die Bundesregierung betont, daß die Hussing (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, kön-
Wohnungsversorgung der Gastarbeiter noch erheb- nen Sie mir konkret beantworten — auch im Sinn
liche Anstrengungen sowie Mithilfe und Verständ- meiner Frage 102 —, in welcher Weise, in welchem
nis der Öffentlichkeit erfordert. Umfang, mit wieviel Publikationen und Anzeigen
Drittens. Die Medien der öffentlichen Meinung die Bundesregierung und vielleicht auch Ihr Amt
behandeln die Probleme der Ausländerbeschäfti- tätig geworden ist?
gung durchweg aufmerksam und verantwortungs-
bewußt. Die Rundfunk- und Fernsehanstalten bie- Ahlers, Staatssekretär, Chef des Presse- und In-
ten zahlreiche Sendungen, die sich der Probleme der formationsamtes der Bundesregierung: Herr Abge-
Gastarbeiter annehmen und die zum Teil sowohl ordneter, die Länge meiner Antwort, die sicher nicht
für deutsche als auch für nichtdeutsche Hörer bzw. ganz korrekt war, ergab sich daraus, daß die Be-
Zuschauer bestimmt sind. reiche des Arbeitsministeriums, des Innenministe-
Viertens. Für das Verhältnis der Bundesbürger riums und unseres Amtes angesprochen waren. Ich
zu den Gastarbeitern verweise ich auf die Initia- muß gestehen, daß das Bundespresseamt selber dem
tiven der Bundeszentrale für politische Bildung, die Thema der Aufklärung unserer Bevölkerung, ihrem
generell einen Schwerpunkt ihrer Arbeit in der Verhältnis und ihrer Einstellung zu den Gastarbei-
Bekämpfung von Vorurteilen gegenüber Minder- tern noch keine große Aufmerksamkeit gewidmet
heiten sieht. In diesem Zusammenhang widmet sich hat, jedenfalls nicht im vergangenen Jahr. Das war,
die Bundeszentrale auch permanent den Fragen, die von uns aus gesehen, eine Angelegenheit der Bun-
sich durch die Anwesenheit der Gastarbeiter in der deszentrale für politische Bildung. Aber ich bin mit
Bundesrepublik stellen. Schon 1966 erschien ein dem Bundesministerium für Arbeit übereingekom-
Magazin unter dem Titel „Fremde, Gäste, Freunde", men, daß wir im Zuge der Überprüfung der informa-
das sich mit diesem Thema beschäftigte. Im Tagungs- torischen Betreuung der Gastarbeiter dieses Pro-
bereich werden viele überregionale Veranstaltungen blem gemeinsam behandeln wollen.
gefördert, in deren Rahmen die gesellschaftlichen
Bedingungen der ausländischen Arbeitnehmer eine Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen: Ich rufe die Frage 27 des Herrn Abgeordneten
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Fuchs. von Bockelberg auf:
Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Berichtigungen von
Umsatzsteuerbescheiden im Anschluß an Betriebsprüfungen etc.,
Dr. Fuchs (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, wür- die durch unrichtige Steuerberechnung und unrichtigen Steuer-
ausweis in Rechnungen eines Unternehmers an andere Unter-
den Sie mir zustimmen, daß die Bundeszentrale für nehmer bedingt sind, erhebliche Mehrarbeit (Finanzämter und
Unternehmungen) verursachen, ohne daß bei kongruentem Vor-
politische Bildung in diesem Fall doch überfordert steuerabzug ein steuerliches Ergebnis erzielt wird?
ist, weil sie nicht die notwendige Breitenwirkung
erreichen kann, die für dieses Problem notwendig Herr Staatssekretär!
ist?
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
Ahlers, Staatssekretär, Chef des Presse- und In- beim Bundesminister der Finanzen: Der Bundes-
formationsamtes der Bundesregierung: Herr Abge- regierung ist bekannt, daß die Berichtigung von
ordneter, nur teilweise. Wenn man zu der Auffas- Umsatzsteuerbescheiden, die wegen eines zu nied-
sung kommen sollte, daß eine richtige Werbeaktion rigen Steuerausweises in den Rechnungen eines
etwa im Sinne einer Anzeige zweckmäßig ist, würde Unternehmers an andere Unternehmer im Anschluß
ich Ihnen zustimmen. Wenn man aber auf das Pro- an Betriebsprüfungen durchgeführt wird, Arbeits-
blem einer intensiven Einwirkung auf bestimmte aufwand verursacht, der sich letztlich häufig nicht
Leitgruppen der Bevölkerung abstellen wollte, wäre in einem höheren Umsatzsteueraufkommen nieder-
die Bundeszentrale für politische Bildung mit ihrem schlägt.
landesmäßigen Unterbau sicher besser geeignet, weil Ein Verzicht auf die Durchführung einer Berichti-
die Bundesregierung, vor allem das Bundespresse- gungsveranlagung in diesen Fällen ist nach den
amt, einen solchen Unterbau in den Ländern über- in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften
haupt nicht hat und auch keine Institutionen, in jedoch nicht möglich. Es wäre aber auch nicht
denen sie derartige Veranstaltungen durchführen zweckmäßig.
könnte.
Schon aus grundsätzlichen Erwägungen sollte
die jetzige Regelung beibehalten werden. Es ent-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
spricht nicht den bewährten Grundsätzen des deut-
Eine letzte Zusatzfrage des Abgeordneten Schmidt schen Steuerrechts, die Erhebung einer Steuer von
(Braunschweig) . den Verhältnissen eines Dritten abhängig zu ma-
chen. Darüber hinaus brächte ein Verzicht auf eine
Schmidt (Braunschweig) (SPD) : Herr Staatssekre- Berichtigung der Veranlagung keine Arbeitsent-
tär, Ihren sehr interessanten Ausführungen war un- lastung. Er könnte nur auf die Fälle beschränkt
ter anderem zu entnehmen, daß ein geringer Pro- werden, in denen der Rechnungsempfänger ein
zentsatz der hier in der Bundesrepublik beschäftig- zum vollen . Vorsteuerabzug berechtigter Unter-
ten Gastarbeiter noch nicht die richtige Einstellung nehmer ist. Diese Voraussetzung müßte also bei
zur Bundesrepublik gefunden hat. Wie gedenken Sie den betroffenen Rechnungsempfängern jeweils vor
dieses Problem zu lösen? Durchführung bzw. Nichtdurchführung der Berichti-
gungsveranlagung besonders geprüft werden. Ein
erheblicher und bei der jetzigen Personallage un-
Ahlers, Staatssekretär, Chef des Presse- und In- zumutbarer Arbeitsmehraufwand bei der Verwal-
formationsamtes der Bundesregierung: Herr Abge-
tung wäre die Folge.
ordneter, das ist das komplementäre Problem. Ich
sagte soeben schon, daß wir mit den Möglichkeiten,
die wir durch die Gastarbeiterzeitungen, die wir Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Staatssekretär Dr. Reischl zur Verfügung. Der Fragesteller ist einverstanden. Dann rufe ich
4460 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970
50 bis 60 DM je ha vorkommen und daß dadurch Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage, Herr
gegenüber den holländischen Nachbarn eine echte Kollege.
Wettbewerbsverzerrung aufgetreten ist, die man
praktisch so ausdrücken kann, daß der deutsche Dr. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) :
Bauer erst einmal 3 Zentner Weizen vorweg pro- Dann möchte ich nur noch fragen, ob der Bundes-
duzieren muß, bevor er überhaupt anfängt, mit dem regierung bekannt ist, daß jetzt auch der Deutsche
holländischen Nachbarn zu konkurrieren? Bauernverband die Beseitigung der Grundsteuer A
als ein Mittel zur Kostensenkung nachdrücklich ge-
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär fordert hat.
beim Bundesminister der Finanzen: Diese Tatsache
ist mir nicht bekannt. Ich will es aber gern über- Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
prüfen lassen, um für das ganze Bundesgebiet einen beim Bundesminister der Finanzen: Das ist mir
genauen Überblick zu bekommen. bekannt, aber das kann alles erst im Rahmen der
Steuerreform geprüft werden.
1, Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Sie haben noch eine weitere Zusatzfrage. Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
beim Bundesminister der Finanzen: Herr Kollege, Eine letzte Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Dr.
zunächst darf ich mich mal für den Blumenstrauß Ahrens.
bedanken, den Sie unserer Regierung damit über-
reichen, jedenfalls hinsichtlich ihrer Absichten.
Dr. Ahrens (SPD) : Herr Staatssekretär, teilen
Zu der Frage einer möglichen Beseitigung darf ich Sie meine Auffassung, daß das Recht der Gemeinden
sagen, daß das doch wohl kaum in Frage kommen zur Festsetzung der Hebesätze, das natürlich zu
kann. Die Steuerreformkommission prüft augen- einer unterschiedlichen Belastung der landwirtschaft-
4462 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970
Dr. Ahrens
Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß das von der
lichen Betriebe in den jeweiligen Gemeinden führen EG entwickelte Zollmodell (Plafond mit Zollfreiheit) unprakti-
kann, ein unverzichtbarer Bestandteil der kommuna- kabel ist, und ist sie bejahendenfalls bereit, darauf hinzuwirken,
statt dessen einen stufenweisen Zollabbau vorzusehen?
len Selbstverwaltung ist?
Bitte, Herr Staatssekretär!
Dr. Reischl, Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen: Diese Auffas- Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
sung teile ich selbstverständlich. Nur würde das Bundesminister für Wirtschaft: Die Bundesregie-
nicht ausschließen, daß man durch eine andere Ge- rung ist sich bewußt, daß der Verzicht auf Aus-
staltung der Meßzahlen und durch Rahmenvorschrif- nahmen im EG-Zollpräferenzangebot für Entwick-
ten für die Hebesätze, natürlich ohne Eingriff in lungsländer auch Länder begünstigt, die auf ein-
die kommunale Selbstverwaltung, einen Ausgleich zelnen Gebieten des Textil- und Bekleidungssektors
dafür schaffen kann, daß um der Gerechtigkeit wil- sehr wettbewerbsfähig sind. Trotzdem hält sie das
len die Einheitswerte erhöht werden müssen. von der EG entwickelte System in seiner Gesamtheit
für praktikabel und angebracht, um eine ausrei-
chende Sicherung der heimischen Industrien mit den
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
entwicklungspolitischen Notwendigkeiten zu ver-
Herr Abgeordneter Biechele, Sie haben den Auf-
binden.
ruf Ihrer Frage nur um wenige Sekunden verpaßt.
Aber ich habe leider nach den Bestimmungen über
die Fragestunde keine Möglichkeit, sie noch einmal Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
aufzurufen. Zusatzfrage!
Damit sind die Fragen aus dem Geschäftsbereich
des Bundesministers der Finanzen beantwortet. Herr
van Delden (CDU/CSU) : Nachdem weder die Euro-
Europäische Kommission noch die Bundesregierung
Staatssekretär, ich danke Ihnen.
bisher die von mir an Hand einer Gegenüberstel-
Wir kommen nun zum Geschäftsbereich des Bun- lung aufgezeigten Fehler des Dokuments 116 des
desministers für Wirtschaft. Zur Beantwortung steht Europäischen Parlaments, welches die Grundlage
der Parlamentarische Staatssekretär Rosenthal zur der Erklärung von Herrn Dahrendorf in Sachen Zoll-
Verfügung. Die beiden ersten Fragen werden von präferenz bildet, widerlegt hat, frage ich Sie, ob
dem Abgeordneten Dr. Enders gestellt. — Der Herr Sie mir zustimmen, daß man angesichts dieser Tat-
Abgeordnete ist nicht im Saal. Die Fragen werden sache der Kommission, aber auch dem Ministerrat
schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als als dem Kontrollorgan den Vorwurf einer leicht-
Anlage abgedruckt. fertigen Handlungsweise nicht ersparen kann.
Wir kommen zur Frage 38 des Abgeordneten van
Delden: Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
War sich die Bundesregierung bei der Zustimmung zu dem von Bundesminister für Wirtschaft: Nein, Herr Kollege
der Europäischen Gemeinschaft hinsichtlich der Zollpräferenzen van Delden, ich bin nicht dieser Ansicht.
ausgesprochenen Verzicht auf jegliche textile Ausnahme be-
wußt, daß ein Teil der dadurch bevorzugten Länder bei Textil
und Bekleidung zu den größten, konkurrenzfähigen und billig-
sten Lieferanten des textilen Weltmarktes gehören, die keine Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
Zollpräferenz benötigen?
Weitere Zusatzfrage.
Bitte, Herr Staatssekretär!
van Delden (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär,
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim nachdem Sie hinsichtlich der zweiten Frage ebenso
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege, die wie neulich schon Ihr Herr Minister im Wirt-
Fragen, die Sie stellen und die Fragen Ihrer Kol- schaftsausschuß die Details, in denen bekanntlich
legen — der Teufel steckt, verschwiegen haben und auch
das diesbezügliche — —
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
Einen Moment bitte, Herr Staatssekretär. Ich nehme Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
an, daß Sie die beiden Fragen des Abgeordneten Herr Kollege van Delden, ich wäre Ihnen dank-
van Delden gemeinsam beantworten wollen. bar, wenn Sie Ihre Zusatzfrage auch als Frage und
nicht als Wertung stellen würden.
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Wirtschaft: Ja, ich möchte zu- van Delden (CDU/CSU) : Darf ich Sie dann hin-
nächst diese beiden Fragen gemeinsam beantworten. sichtlich meiner zweiten Frage, auf die Sie im Kern
Ich wollte nur vorher darauf aufmerksam machen, nicht eingegangen sind, fragen, ob Sie bereit sind,
daß die anschließenden Fragen der Kollegen Ott zu prüfen, ob nicht durch diesen Nullzollplafond
und Seiters dasselbe Problem betreffen, so daß wir den Umgehungsgeschäften, der Zollhinterziehung
einen Gesamtkomplex haben. und schließlich der Korruption Vorschub geleistet
wird.
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
Der Fragesteller ist einverstanden. Ich rufe also Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
ferner die Frage 39 des Abgeordneten van Delden Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege van
auf: Delden, ich bin durchaus bereit, auf die Teufel im
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970 4463
Parlamentarischer Staatssekretär Rosenthal
Detail einzugehen. Die Bundesregierung ist der Pohlmann (CDU/CSU) : Ja.
Ansicht, daß das Instrumentarium, das hier vor-
gesehen ist, tatsächlich eine beachtliche Sicherung Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
der heimischen Industrie darstellt, und zwar erstens Bundesminister für Wirtschaft: Der Schutz der Be-
die Mengenplafonds mit der Berechnung nach dem rufsbezeichnung ist an und für sich Sache der Län-
Grundbetrag der Einfuhren aus den Entwicklungs- der, aber die Bundesregierung wird bei der Neu-
ländern im Jahre 1968 plus dem Zusatzbetrag von regelung der Aus- und Fortbildung laut Berufsbil-
5% der letztjährigen Einfuhren aus Drittlän- dungsgesetz dafür sorgen, daß die anderen Berufe,
dern — das ist die erste Sicherung für unsere die bisher, ohne denselben Inhalt und dasselbe Ni-
heimische Industrie —, zweitens die sogenannte veau der Technikerausbildung zu haben, die Berufs-
Pufferregelung, wonach ein einzelnes Entwick- bezeichnung „Techniker" führen, in Zukunft auch
lungsland in der Regel nicht mehr als 50% der im Zusammenhang mit ihrer Berufbezeichnung —
jeweiligen Gesamteinfuhren tätigen kann — auf beispielsweise Fernmeldetechniker — auf das Wort
diesem Gebiet versuchen wir durchzusetzen, daß „Techniker" verzichten müssen.
für einzelne sensible Waren ein geringerer Pro-
zentsatz festgesetzt wird —, drittens Einsatz der
Bundesrepublik für einen angemessenen Vertei- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
zustimmen und dabei bleiben wollen. Ich rufe nunmehr die Fragen 42 und 43 des Abge-
ordneten Seiters auf:
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:-
War sich die Bundesregierung bewußt, daß hinsichtlich der von
Herr Kollege, Sie haben eine letzte Zusatzfrage. der EWG eingeräumten Zollpräferenzen unter den Begünstigten
auch Länder sein werden, die mit dumpingartigen Praktiken
den deutschen Markt zerrütten, und gedenkt sie, diese Länder
(Abg. van Delden: Danke! — Abg. Seiters oder Artikel auszuklammern?
meldet sich zu einer Zusatzfrage.) War sich die Bundesregierung beim Verzicht auf Ausnahmen
darüber im klaren, daß dieser Verzicht zur Liquidation einzelner
— Herr Kollege Seiters, wenn ich das richtig sehe, Wirtschaftszweige führen wird, wenn keine spezielle Ausnahme-
regelung mit bestimmten Lieferländern zustande kommt?
haben Sie zum gleichen Problemkreis Fragen und
haben dazu vier Zusatzfragen. Ich wäre Ihnen dank-
bar, wenn Sie Zusatzfragen dort stellen würden. Seiters (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, ich darf
an die Beantwortung der Fragen des Herrn Kolle-
Ich rufe die Fragen des Herrn Abgeordneten Pohl- gen van Delden anknüpfen und Sie fragen, ob die
mann auf: Bundesregierung bei der Beurteilung der Länder,
Was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um den zur Zeit von denen wir sagen, daß sie mit dumpingartigen
unzureichenden Schutz der Berufsbezeichnung des staatlich ge-
prüften Technikers in der Bundesrepublik Deutschland zu ge- Methoden den deutschen Markt zerrütten, sich auf
währleisten? die Bemerkung beschränken will, daß diese Länder
Was hat die Bundesregierung unternommen, um im EWG- besonders wettbewerbsfähig seien.
und weiteren europäischen Raum eine Anerkennung des staat-
lich geprüften deutschen Technikers und des damit eng verbun-
denen Niederlassungsrechtes in den betreffenden Ländern zu
erreichen? Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bitte, Herr Staatssekretär, ich nehme an, daß auch Bundesminister für Wirtschaft: Nein, Herr Kollege,
diese Fragen im Zusammenhang beantwortet wer- das ist nicht der Fall. Wir werden versuchen, bei
den. solchen Ländern, die Sie meinen, darauf zu dringen,
daß der Schlüssel von 50% auf ein geringeres Maß
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim herabgesetzt wird. Wir sind verhältnismäßig hoff-
Bundesminister für Wirtschaft: Ja, gerne. nungsvoll, dies auch zu erreichen.
Seiters (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, darf darauf achten, insbesondere eine Konzentration die-
ich meine Frage 43 hier als Zusatzfrage stellen? ser Einfuhren einseitig auf Deutschland zu vermei-
den; denn das ist ja die große Gefahr für diese In-
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
dustrie.
Ich sehe nicht, daß der Herr Staatssekretär die
Frage 43 bereits ausdrücklich beantwortet hat. Ich Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
frage deshalb, ob Sie Herr Staatssekretär diese Ich rufe die Fragen 44 und 45 des Abgeordneten Ott
Frage noch gesondert beantworten wollen. auf:
Ist der Bundesregierung bei der Zustimmung zu der letztes
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Fassung der Erklärung der EWG in Sachen Zollpräferenzen be-
kannt gewesen, daß praktisch alle anderen großen Industrie-
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Präsident, ich nationen (z. B. USA - Großbritannien - Japan) für die meisten
hätte genau gesagt, daß diese Frage mit der Schilde- Textil- und Bekleidungspositionen keine Präferenz gewähren,
jedoch als einzige die EWG?
rung des Instrumentariums beantwortet ist. Ich will Warum hat die Bundesregierung unter diesen Umständen auch
noch die zusätzliche Auskunft geben: Es sind auch für den Textil- und Bekleidungsbereich dem Verzicht auf die
Ausnahmen zugestimmt und damit die EG-Textilindustrie ein-
jährliche Überprüfungen dieses Verfahrens möglich. seitig im Vergleich zu derjenigen der anderen Industriestaaten
schlechter gestellt, obwohl in allen OECD-Erklärungen als Ziel
und Bedingung proklamiert wurde, daß alle Industriestaaten
Seiters (CDU/CSU) : Sind Sie denn nicht meiner gleiche Lasten übernehmen?
die am Rande der EWG liegen und ohnehin wesent- Zu einer weiteren Zusatzfrage Herr Abgeordneter
lich größere Schwierigkeiten haben, beeinträchtigt? Ott.
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Ott (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, sind Infor-
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege Fuchs, mationen richtig, wonach in Ihrem Hause vermutet
mir ist klar, daß es um diese Industriezweige in wird, daß auf Grund dieser Zollpräferenzen im Laufe
Deutschland geht. Aber ich bin der Ansicht, daß wir der Zeit ein Teil unserer Textilindustrie damit rech-
gerade diese Industriezweige im Auge gehabt ha- nen muß unterzugehen, weil es mit Rücksicht auf den
ben, als wir das Instrumentarium zusammenstellten. Osthandel, auf politische Beziehungen zum Osten
Bei den weiteren Bemühungen, die wir in den Brüs- und aus anderen Gründen als gerechtfertigt ange-
seler Ausschüssen unternehmen werden, werden wir sehen wird?
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970 4465
Bundesminister für Wirtschaft: Diese Frage kann Eine letzte Zusatztrage des Herrn Abgeordneten
ich Ihnen guten Gewissens mit Nein beantworten. Ott.
nicht immer mit den Ansichten der Textilbetriebe Herr Kollege Ott, ich lasse diese Zusatzfrage nicht
übereinstimmen, in diesem Fall, in all diesen Fra zu, weil sie in keinem mittelbaren und unmittelba-
genkomplexen, die hier angeschnitten worden sind, ren Zusammenhang mit Ihrer Frage 45 steht.
in völliger Übereinstimmung mit der Textilindustrie
befindet? Ott ((CDU/CSU) : Das ist Ansichtssache. Ich war
der Meinung, daß es dazugehört.
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Kollege van Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
Delden, aus meiner früheren Tätigkeit als Leiter Herr Abgeordneter Ott, darüber entscheidet der am-
eines Unternehmens weiß ich, daß in solchen Fragen tierende Präsident.
die Interessen der Unternehmer und der zuständigen
Gewerkschaften oft konform sind. Es ist aber die Ott (CDU/CSU) : Das ist mir bekannt.
Aufgabe des Wirtschaftsministeriums, für das Wohl
des Ganzen zu sorgen, was nicht unbedingt bedeu- Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
tet, daß man jedem Wunsch von jeder Seite nach- Dem Herrn Abgeordneten Dr. Enders muß ich lei-
geben kann. Ich hoffe aber, daß Sie den langen der dasselbe wie dem Herrn Kollegen Biechele er-
Antworten, die ich Ihnen und Ihren Kollegen gege- klären: Sie haben den Aufruf Ihrer Fragen um we-
-
ben habe, entnommen haben, daß uns die Gefahr nige Minuten verpaßt.
einer zu schnellen und zu harten Bedrohung der
Textilindustrie voll bewußt war und bleiben wird. Ich danke Ihnen, Herr Staatssekretär.
Wir kommen nunmehr zu den Fragen aus dem
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen:
-
Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend,
Eine Zusatzfrage des Herrn Abgeordneten Ott. Familie und Gesundheit. Ich rufe zunächst die
Frage 66 des Herrn Abgeordneten Schmidt (Mün-
chen) auf:
Ott (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, da Sie vor- Ist es richtig, daß die Schüler von Abendgymnasien und Kol-
her bei der Beantwortung der Frage des Herrn legs, die keine Eltern mehr haben und auch nicht verheiratet
sind, die verheiratet sind und am Ausbildungsort mit ihrem
Kollegen van Delden erklärt haben, daß im Inter- Ehepartner zusammen wohnen und die von ihren Eltern ge-
esse des Ganzen nicht auf einzelne Branchen Rück- trennt, aber am gleichen Ort wie die Eltern leben, durch das
Ausbildungsförderungsgesetz ein geringeres Stipendium bekom-
sicht genommen werden kann, men, als das bisher nach dem bayerischen Begabtenförderungs-
gesetz der Fall war?
(Abg. Wehner: Das hat er ja wohl nicht
erklärt!) Zur Beantwortung steht der Parlamentarische
Staatssekretär Westphal zur Verfügung.
frage ich Sie: Halten Sie es für richtig, daß aus-
gerechnet ein großer Teil dieser Außenhandels-
politik auf dem Rücken der deutschen Textilindu- Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
strie und damit auf dem Rücken der deutschen Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund-
Textilarbeiter ausgetragen wird? heit: Herr Kollege Schmidt, nach § 10 Abs. 2 des
Ausbildungsförderungsgesetzes ist auch bei Schü-
(Abg. Wehner: Unerhört!)
lern von Abendgymnasien und Kollegs die Lei-
stung des erhöhten Bedarfssatzes bei auswärtiger
Rosenthal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Unterbringung nur zulässig, wenn der Schüler aus
Bundesminister für Wirtschaft: Herr Ott, ich will Gründen der Ausbildung von seiner Familie ge-
jetzt nicht böse werden, aber Sie unterstellen mir trennt untergebracht sein muß, d. h. wenn von der
Antworten, die ich keineswegs gegeben habe. Wohnung der Familie aus eine entsprechende zu-
(Zustimmung bei der SPD.) mutbare Ausbildungsstätte durch tägliche Fahrten
nicht erreicht werden kann. Nach dem bayerischen
Ich habe gesagt, daß wir uns dessen wohl bewußt
Begabtenförderungsgesetz wurde dagegen der er-
sind, daß die Textilindustrie ein besonderes Inter-
höhte Bedarfssatz geleistet, wenn der Schüler — aus
esse hat, im Rahmen dieser Überlegungen, die all-
welchem Grund auch immer — nicht bei seinen
gemeine Überlegungen der Entwicklungspolitik sind,
Eltern wohnte.
geschützt zu werden. Das habe ich ganz deutlich in
dieser Form gesagt. Sie können es im Protokoll Diese strukturelle Veränderung der förderungs-
nachlesen. rechtlichen Bestimmungen allein hätte aber nicht zu
4466 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970
ern, die nicht aus Gründen der Ausbildung außer- Sie haben eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter?
halb der Familie untergebracht sind, mit Inkrafttre-
ten des Ausbildungsförderungsgesetzes der monat- Schmidt (München) (SPD) : Ja. — Jetzt ist im we-
liche Bedarfssatz um 20 DM gemindert; dagegen ist sentlichen die Frage beantwortet, wie das ist, wenn
der Bedarfssatz für diejenigen Schüler, die aus sie von ihren Eltern getrennt am gleichen Ort
Gründen der Ausbildung außerhalb der Familie wohnen. Nach dem Ausbildungsförderungsgesetz
untergebracht sind, um 30 DM gestiegen. sind aber die Schüler benachteiligt, die keine Eltern
mehr haben und nicht verheiratet sind, und auch
Ergänzend weise ich darauf hin, daß seit Inkraft-
die, die verheiratet sind und am Ausbildungsort
treten des Ausbildungsförderungsgesetzes aile
mit ihrem Ehepartner zusammenwohnen. Ist nach
Schüler von Abendgymnasien und Kollegs — unab-
dem Referentenentwurf beabsichtigt, auch diese
hängig von der Art ihrer Unterbringung — eltern-
Schlechterstellung zu beseitigen?
unabhängig gefördert werden, d. h. Ausbildungs-
förderung ohne Anrechnung des Einkommens und
Vermögens der Eltern erhalten. Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund-
heit: Ich bin im Augenblick überfragt. Ich bin gern
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: -
bereit, Ihnen aus dem Referentenentwurf zitierend
Eine Zusatzfrage. eine schriftliche Antwort darauf zu geben.
würden Sie mir zustimmen, wenn ich sage, daß es Meine Damen und Herren, der Herr Kollege Dr.
nicht ganz gerecht ist, bei erwachsenen Menschen Arnold hat gebeten, seine Fragen, die Fragen 68
— bei Besuchern von Abendgymnasien wird es
und 69, schriftlich zu beantworten. Dem wird ent-
sich in der Regel ja um erwachsene Menschen han-
sprochen. Die Antworten werden als Anlage abge-
deln — so zu verfahren, daß sie dann, wenn sie bei
druckt.
ihren Eltern untergebracht sind, einen bestimmten
Förderungssatz erhalten, daß sich dieser Satz aber Ich rufe nunmehr die Frage 70 des Herrn Ab-
dann, wenn sie am gleichen Ort woanders woh- geordneten von Alten-Nordheim auf:
nen — daß muß einem erwachsenen Menschen ja Sind der Bundesregierung Vorbereitungen überwiegend aus-
ländischer und speziell skandinavischer Produzenten bekannt, die
zugestanden werden —, obwohl sie bei ihren El- den deutschen Markt mit einer nicht zu übersehenden Porno-
tern wohnen könnten, mindert? Ist es nicht auch welle zu überschwemmen beabsichtigen, wenn die jetzt vor-
liegenden diesbezüglichen Gesetzentwürfe Rechtskraft erlangen,
eine Einschränkung der persönlichen Freiheit eines und sieht sie der Entwicklung dieses neuen Wirtschaftszweiges
erwachsenen Menschen, wenn man ihn dafür be- bedenkenlos entgegen?
von Alten - Nordheim (CDU/CSU) : Herr Staats- Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen:
sekretär, sind Sie angesichts dieser Vorbereitungen Ich rufe die Frage 72 des Herrn Abgeordneten
nicht der Meinung, daß der Bürger ein Recht darauf Weigl auf:
hat, vor ungewollter Konfrontation geschützt zu Trifft es zu, daß der Politische Arbeitskreis Oberschulen
(PAO) als Mitausrichter einer gegen die Regierung der Ver-
werden? einigten Staaten gerichteten Vietnamkampagne der Kommunisten
öffentliche Mittel, z. B. aus dem Bundesjugendplan, erhält?
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim Der Herr Abgeordnete ist im Saal. Herr Staats-
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund- sekretär!
heit: Der Gesetzentwurf des Herrn Bundesjustiz-
ministers zur Änderung des Sexualstrafrechts, des-
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim
sen erste Lesung in diesem Hohen Hause noch Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit:
bevorsteht, sieht die von Ihnen aufgegriffene Frage Herr Kollege Weigl, der Politische Arbeitskreis
und will dem entgegenwirken. Oberschulen — abgekürzt PAO —, der sich insbe-
sondere um die außerschulische politische Bildung
Vizepräsident Dr. Schmitt - Vockenhausen: der Schüler an weiterführenden Schulen bemüht,
Ich rufe die Frage 71 des Herrn Abgeordneten von wird seit 1956 über den Arbeitskreis für politische
Alten-Nordrheim auf: Bildung e. V. in Bonn aus dem Bundesjugendplan
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß sich der Jugend- gefördert. Im Rahmen der Richtlinien für den Bun-
schutz unter diesen Umständen in der Praxis noch wirksam
durchführen läßt? desjugendplan werden insbesondere Kurse und
Seminare gefördert. Nach diesen Richtlinien sind
Herr Staatssekretär! agitatorische und propagandistische Maßnahmen
von der Förderung ausgenommen. Dies gilt ebenso
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim für die Zuwendungen, die der Arbeitskreis von
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund- anderen Bundesbehörden erhält. Bisher wurden vom
heit: Herr Kollege, der Jugendschutz wird von der PAO keine Förderungsmittel zweckentfremdet.
Bundesregierung auf dem hier angesprochenen Sek- Bei der von Ihnen angesprochenen „Vietnam-
tor außerordentlich ernst genommen. Die Bundes- Kampagne" handelt es sich offenbar um die in der
regierung prüft zur Zeit, welchen Vertriebsbe- Zeit vom 23. bis 31. Oktober 1970 veranstaltete
schränkungen auch künftig pornographische Schrif- „Woche der Solidarität mit den Völkern Vietnams,
ten im Interesse eines wirksamen Jugendschutzes Laos' und Kambodschas — Solidarität mit der Anti-
unterliegen sollen. Sie ist der Auffassung, daß die kriegsbewegung in den USA". Der Bundesvorstand
geltenden und die nach dem Entwurf vorgesehenen des PAO hat nach meinen Feststellungen den Auf-
Rechtsvorschriften Handhaben bieten, einen wirk- ruf zu dieser Woche mit unterschrieben. Er hat sich
samen Jugendschutz zu gewährleisten. aber nicht organisatorisch oder finanziell an dieser
Ich möchte der in diesem Hohen Hause noch be- Aktion beteiligt. Der Aufruf ist im übrigen auch von
vorstehenden ersten Lesung der vom Herrn Bundes- einer Vielzahl von anderen politisch, kirchlich oder
justizminister zu vertretenden Vorlage zur Ände- anderweitig orientierten Jugend- und Studenten-
rung des Sexualstrafrechts nicht vorgreifen, aber verbänden unterschrieben worden.
wir erwarten doch insoweit eine Intensivierung der Ich bin der Auffassung, daß die Förderungswür-
Strafverfolgung nach Beseitigung der fragwürdig digkeit eines Verbandes durch eine solche Solidari-
gewordenen Verbote im Erwachsenenbereich. tätserklärung nicht in Frage gestellt ist. Die Gren-
4468 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 79. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. November 1970
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit: Eine Zusatzfrage, Herr Kollege Pfeifer.
Das werde ich prüfen.
schüler und ,die ganzen 10. Klassen eben nicht einen Keine Zusatzfragen.
relativ kleinen, sondern einen sehr großen Kreis Ich rufe die Frage des Abgeordneten Breidbach
darstellen und daß wir deshalb dazu gekommen sind, auf:
in der zeitlichen und finanziellen Planung dieses Entsprechen die im Wirtschaftsmagazin „Capital" Nr. 11 (No-
Datum vorzusehen. Ich möchte ein Ausbildungs- vemberausgabe 1970) gemachten Angaben den Tatsachen, wonach
bereits vor dem Abschuß des Forschungssatelliten AZUR am
förderungssystem auch lieber schon morgen voll- 8. November 1969 feststand, daß der Satellit die für ihn vor-
gesehenen Aufgaben wegen des Fehlens eines Kontrollgerätes
ständig in Kraft setzen; aber wir können nur stu- im Werte von wenigen 100 DM nicht mehr ausführen kann
fenweise vorgehen. und so durch die Anordnung der verantwortlichen Beamten des
Bundesministers für Bildung und Wissenschaft, wonach der
Start des Satelliten ohne Rücksicht auf seine technische Funk-
tionsfähigkeit erfolgte, das Ausgeben von 80 Millionen DM
Vizepräsident Dr. Schmitt Vockenhausen: - Steuergeldern, ohne den gewünschten Effekt zu erreichen, er-
möglicht wurde?
Ich rufe ,die nächste Frage des Abgeordneten- Pfeifer
auf: Der Abgeordnete ist im Saal. — Herr Staats-
Kann die Bundesanstalt für Arbeit bis zum Inkrafttreten des
Gesetzes vordringlich und übergangsweise die Förderung der in sekretär!
Frage 73 genannten Schüler in dem Umfang übernehmen, der an
sich im Ausbildungsförderungsgesetz vorgesehen ist?
Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staats-
Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär beim sekretär beim Bundesminister für Bildung und Wis-
Bundesminister für Jugend, Familie und Gesund- senschaft: Herr Kollege Breidbach, es entspricht
heit: Ich gebe die Antwort dm Einvernehmen mit dem nicht den Tatsachen, daß vor , dem Start des For-
Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. schungssatelliten AZUR am 8. November 1969 be-
reits feststand, der Satellit habe in irgendeiner
Der Bundesanstalt für Arbeit ist nach § 40 des
Weise einen Mangel aufzuweisen. Das Projekt
Arbeitsförderungsgesetzes die Ausbildungsförde-
AZUR ist ein bilaterales Kooperationsvorhaben
rung für einen begrenzten Bereich übertragen wor-
zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
den. Hierzu ,gehört nicht die Förderung von Berufs-
NASA, wobei die NASA ihrerseits die Träger-
fachschülern. Nach § 242 Abs. 12 des Arbeitsförde-
rakete und die Startdienste kostenlos bereitstellt.
rungsgesetzes kann die Bundesanstalt allerdings bis
An ,der wissenschaftlichen Aufgabenstellung und
zum Inkrafttreten einer umfassenden gesetzlichen
, damit zwangsläufig an der Flugtauglichkeit und
Regelung durch den Bund ausnahmsweise Ausbil-
Funktionstüchtigkeit des Satelliten hatte die NASA
dungsförderung für eine in § 40 nicht genannte Aus-
ein großes und berechtigtes Interesse. Eine umfang-
bildung gewähren, soweit die Ausbildung nicht von reiche Prüfung ergab, daß die Fernkommandoent-
einer anderen Stelle gefördert wird und an der För- schlüsselungseinrichtung, auf die Sie, glaube ich,
derung ein besonderes arbeitsmarktpolitisches Inter- u. a. Bezug nehmen, an Bord des Satelliten den
esse besteht. Der Verwaltungsrat der Bundesanstalt Empfang fremder Funksignale nicht vollständig aus-
für Arbeit wird voraussichtlich demnächst die Frage schloß. Aber nach dem Start und unmittelbar nach
erörtern, ob die Bundesanstalt auf Grund dieser Vor- Auftreten dieser Erscheinung wurde die Funktions-
schrift die Förderung des Berufsfachschulbesuchs, der tüchtigkeit des Satelliten durch besondere Maßnah-
vollständig auf die betriebliche Ausbildung ange- men im Bereich des bodenseitigen Fernkommando
rechnet wird, bis zum 1. Januar 1973 übernehmen betriebs weitgehend gewährleistet, so daß die wis-
soll. senschaftliche Aufgabenstellung voll erfüllt wurde.
Der Betrieb und die innerbetriebliche Organisa- Demgegenüber ist der Mangel an Krankenhaus-
tion der Krankenhäuser sind Angelegenheit des ärzten nicht so groß. Die Zahl der hauptamtlich in
Krankenhausträgers. Der Bund hat keine Möglich- Krankenhäusern tätigen Ärzte betrug 1968 30916.
keit, in die inneren Angelegenheiten der Kranken- Während die Zahl der freipraktizierenden Ärzte seit
häuser einzugreifen. 1961 konstant bei rd. 50 000 liegt, nahm im gleichen
Zeitraum die Zahl der hauptamtlichen Krankenhaus-
Nach einer Untersuchung über die Beschäftigungs- ärzte um rd. 35 % zu. Es ist damit zu rechnen, daß
lage und den optimalen Einsatz von Arbeitskräften der punktuell an einzelnen Orten auftretende Man-
in Krankenanstalten, die im Auftrag des Bundes- gel an Krankenhausärzten in absehbarer Zeit beho-
ministers für Arbeit und Sozialordnung durchgeführt ben werden kann.